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BGH legt EuGH vor: Wann liegt das Tatbestandsmerkmal "infolge einer Verarbeitung" im Sinne von Art. 80 Abs. 2 DSGVO vor

BGH
Beschluss vom 10.11.2022 - I ZR 186/17
App-Zentrum II
Verordnung (EU) 2016/679 Art. 80 Abs. 2; UWG § 8 Abs. 3 Nr. 3; UKlaG §§ 1, 2 Abs. 2 Satz 1
Nr. 11, § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1


Der BGH hat dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt, wann das Tatbestandsmerkmal "infolge einer Verarbeitung" im Sinne von Art. 80 Abs. 2 DSGVO vorliegt.

Leitsatz des BGH:
Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung von Art. 80 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, DSGVO, ABl. L 119 vom 4. Mai 2016, S. 1) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Wird eine Rechtsverletzung "infolge einer Verarbeitung" im Sinne von Art. 80 Abs. 2 DSGVO geltend gemacht, wenn ein Verband zur Wahrung von Verbraucherinteressen seine Klage darauf stützt, die Rechte einer betroffenen Person seien verletzt, weil die Informationspflichten gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 1 DSGVO in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 Buchst. c und e DSGVO über den Zweck der Datenverarbeitung und den Empfänger der personenbezogenen Daten nicht erfüllt worden seien ?

BGH, Beschluss vom 10. November 2022 - I ZR 186/17 - Kammergericht - LG Berlin

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



BVerwG: Keine Verbandsklagebefugnis nach § 4 Abs. 2 UKlaG für Verein wenn Mitglieder mehrheitlich einer Anwaltskanzlei mit ähnlicher Ausrichtung angehören und somit wirtschaftliche Interessen habe

BVerwG
Urteil vom 03.04.2019
8 C 4.18

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass einem Verein keine Verbandsklagebefugnis nach § 4 Abs. 2 UKlaG erteilt werden darf, wenn die Mitglieder mehrheitlich einer Anwaltskanzlei mit ähnlicher Ausrichtung angehören und somit wirtschaftliche Interessen haben.

Die Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts:

Keine Verbandsklagebefugnis bei Verbraucherberatung im wirtschaftlichen Interesse Dritter

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute entschieden, dass ein Verein nur dann in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 Abs. 1 und Abs. 2 Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) eingetragen werden kann, wenn er Verbraucheraufklärung und -beratung im ausschließlichen Interesse der Verbraucher leistet. Das ist nicht der Fall, wenn die Aufklärung und Beratung dem wirtschaftlichen Interesse des Vereins oder Dritter dient.

Der klagende Verein wurde 2002 gegründet. Zu seinen satzungsmäßigen Zwecken gehört die Förderung des Verbraucherschutzes durch Verbraucherberatung und -aufklärung auf dem Gebiet der geschlossenen Fondsmodelle und sonstigen Kapitalanlagemodelle. Seine Gründungsmitglieder gehörten mehrheitlich einer entsprechend spezialisierten Anwaltskanzlei an. 2010 beantragte der Verein die Eintragung in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 Abs. 1 und 2 UKlaG. Vereine, die in diese Liste eingetragen sind, dürfen Ansprüche bei Verstößen gegen die in §§ 1 bis 2 UKlaG benannten Verbraucherrechte auch klageweise geltend machen.

Das Bundesamt für Justiz lehnte den Antrag ab. Widerspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung mit der Begründung zurückgewiesen, die Tätigkeit des Klägers diene in nennenswertem Umfang wirtschaftlichen Interessen der genannten Anwaltskanzlei.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Die Eintragung in die Liste der qualifizierten Einrichtungen setzt nach § 4 Abs. 2 UKlaG nicht nur voraus, dass es zu den satzungsmäßigen Aufgaben des Vereins gehört, Verbraucherinteressen durch nicht gewerbsmäßige Aufklärung und Beratung wahrzunehmen. Zusätzlich muss aufgrund der bisherigen Vereinstätigkeit gesichert erscheinen, dass die satzungsmäßigen Aufgaben auch künftig dauerhaft wirksam und sachgerecht erfüllt werden. Dazu muss die Aufklärung und Beratung bereits in der Vergangenheit tatsächlich im ausschließlichen Interesse der Verbraucher und nicht im wirtschaftlichen Interesse des Vereins oder Dritter erbracht worden sein. Daran fehlt es nach den Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts. Danach betreibt der Kläger seine Aufklärungs- und Beratungstätigkeit auch im wirtschaftlichen Interesse der Anwaltskanzlei. Diese bildet mit ihm eine Zweckgemeinschaft, die u.a. darauf ausgerichtet ist, Mandanten für die Kanzlei zu gewinnen. Der Kläger empfiehlt Mitgliedern, die rechtliche Beratung benötigen, ausschließlich diese Kanzlei. Er wirbt für deren Leistungen mit Honorarermäßigungen, die sie seinen Mitgliedern gewährt, und gibt die Ergebnisse seiner für die Mitglieder durchgeführten Recherchen ausschließlich an Anwälte dieser Kanzlei weiter.

Urteil vom 03. April 2019 - BVerwG 8 C 4.18 -

Vorinstanzen:

OVG Münster, 4 A 1621/14 - Urteil vom 16. April 2018 -

VG Köln, 1 K 3291/12 - Urteil vom 26. Juni 2014 -



BGH: § 3 Abs. 1 SaatG schützt auch Saatgutverbraucherinteressen und ist Marktverhaltensregel nach § 3a UWG

BGH
Urteil vom 02.03.2017
I ZR 194/15
Konsumgetreide
Richtlinie 66/402/EWG; Richtlinie 2005/29/EG Art. 2 Buchst. a; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2;
UWG §§ 3, 3a, 8; SaatG § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Nr. 12, § 3 Abs. 1


Der BGH hat entschieden, dass § 3 Abs. 1 SaatG auch Saatgutverbraucherinteressen schützt und somit Marktverhaltensregel nach § 3a UWG ist.

Leitsätze des BGH:

a) Die Vorschrift des § 3 Abs. 1 SaatG schützt nicht nur das kollektive Interesse an der Sicherstellung des Ernteertrags, sondern gewährleistet im Interesse der Saatgutverbraucher die Bereitstellung unbedenklichen und leistungsfähigen Saatguts. § 3
Abs. 1 SaatG regelt daher im Sinne des § 3a UWG das Marktverhalten.

b) Ein Landwirt, der Saatgut zur Verwendung in seinem Betrieb erwirbt, ist nicht Verbraucher m Sinne des Art. 2 Buchst. a der RL 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken. Er handelt vielmehr im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit.

c) Die "Bestimmung" von Samen zur Erzeugung von Pflanzen oder zum Anbau gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a SaatG ist ein objektives, durch äußere Umstände feststellbares Tatbestandsmerkmal. Ist für denjenigen, der Konsumgetreide gewerblich
in Verkehr bringt, die von seinem Abnehmer später vorgenommene Aussaat des Konsumgetreides aufgrund objektiver Umstände voraussehbar, so liegt eine "Bestimmung" zur Aussaat bereits im Zeitpunkt des Inverkehrbringens vor.

BGH, Urteil vom 2. März 2017 - I ZR 194/15 - OLG Koblenz - LG Koblenz

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: