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EuGH-Generalanwalt: Verbandsklagebefugnis für Verbraucherschutzverbände bei DSGVO-Verstoß - Verletzung der Informationspflicht aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 und Art. 13 Abs. 1 Buchst. c, e DSGVO

EuGH-Generalanwalt
Schlussanträge vom 25.01.2024
C‑757/22
Meta Platforms Ireland Limited
gegen
Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e. V.


Der EuGH-Generalanwalt kommt in seinen Schlussanträgen zu dem Ergebnis, dass die Verbandsklagebefugnis für Verbraucherschutzverbände bei DSGVO-Verstößen u.a. dann anzunehmen ist, wenn es um die Verletzung der Informationspflicht aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 DSGVO und Art. 13 Abs. 1 Buchst. c und e DSGVO geht.

Ergebnis des EuGH-Generalanwalts:
Art. 80 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) ist dahin auszulegen, dass

die Bedingung, wonach eine ermächtigte Einrichtung, um eine Verbandsklage nach dieser Bestimmung erheben zu können, geltend machen muss, dass ihres Erachtens die Rechte einer betroffenen Person aus der DSGVO infolge einer Verarbeitung verletzt worden sind, voraussetzt, dass diese Einrichtung eine Verarbeitung personenbezogener Daten sowie einen Zusammenhang zwischen der Rechtsverletzung und der Verarbeitung behauptet. Die Bedingung ist erfüllt, wenn die Klage im Zusammenhang mit einer Verarbeitung personenbezogener Daten darauf gestützt wird, dass der Verantwortliche die Informationspflicht gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 Buchst. c und e DSGVO verletzt hat, da eine solche Verletzung die Verarbeitung rechtswidrig machen kann.

Die vollständigen Schlussanträge finden Sie hier:


BGH legt EuGH weitere Fragen zur Abmahnbefugnis bzw. Klagebefugnis von Verbraucherschutzverbänden bei DSGVO-Verstößen zur Entscheidung vor

BGH
Beschluss vom 10.11.2022
I ZR 186/17


Der BGH hat dem EuGH weitere Fragen zur Abmahnbefugnis bzw. Klagebefugnis von Verbraucherschutzverbänden bei DSGVO-Verstößen zur Entscheidung vorgelegt.

Die Pressemitteilung des BGH:
BGH legt EuGH erneut eine Frage zur Klagebefugnis von Verbraucherschutzverbänden bei Datenschutzverstößen durch Facebook vor

Der unter anderem für Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat darüber zu entscheiden, ob ein Verstoß des Betreibers eines sozialen Netzwerks gegen die datenschutzrechtliche Verpflichtung, die Nutzer dieses Netzwerks über Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung ihrer Daten zu unterrichten, wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche begründet und von Verbraucherschutzbänden verfolgt werden kann.

Sachverhalt:

Die in Irland ansässige Beklagte, die Meta Platform Ireland Limited (ehemals Facebook Ireland Limited), betreibt das soziale Netzwerk "Facebook". Auf der Internetplattform dieses Netzwerks befindet sich ein "App-Zentrum", in dem die Beklagte den Nutzern ihrer Plattform kostenlos Online-Spiele anderer Anbieter zugänglich macht. Im November 2012 wurden in diesem App-Zentrum mehrere Spiele angeboten, bei denen unter dem Button "Sofort spielen" folgende Hinweise zu lesen waren: "Durch das Anklicken von ‚Spiel spielen‚ oben erhält diese Anwendung: Deine allgemeinen Informationen, Deine-Mail-Adresse, Über Dich, Deine Statusmeldungen. Diese Anwendung darf in deinem Namen posten, einschließlich dein Punktestand und mehr." Bei einem Spiel endeten die Hinweise mit dem Satz: "Diese Anwendung darf Statusmeldungen, Fotos und mehr in deinem Namen posten."

Der Kläger ist der in der Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragene Dachverband der Verbraucherzentralen der Bundesländer. Er beanstandet die Präsentation der unter dem Button "Sofort spielen" gegebenen Hinweise im App-Zentrum als unlauter unter anderem unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs wegen Verstoßes gegen gesetzliche Anforderungen an die Einholung einer wirksamen datenschutzrechtlichen Einwilligung des Nutzers. Ferner sieht er in dem abschließenden Hinweis bei einem Spiel eine den Nutzer unangemessen benachteiligende Allgemeine Geschäftsbedingung. Er hält sich zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen im Wege der Klage vor den Zivilgerichten gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG und § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG für befugt.

Bisheriger Prozessverlauf:

Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren mit Beschluss vom 28. Mai 2020 (I ZR 86/17, GRUR 2020, 896 = WRP 2020, 1182 - App-Zentrum I) ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die in Kapitel VIII, insbesondere in Art. 80 Abs. 1 und 2 sowie Art. 84 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung) getroffenen Bestimmungen nationalen Regelungen entgegenstehen, die - neben den Eingriffsbefugnissen der zur Überwachung und Durchsetzung der Verordnung zuständigen Aufsichtsbehörden und den Rechtsschutzmöglichkeiten der betroffenen Personen - einerseits Mitbewerbern und andererseits nach dem nationalen Recht berechtigten Verbänden, Einrichtungen und Kammern die Befugnis einräumen, wegen Verstößen gegen die Datenschutz-Grundverordnung unabhängig von der Verletzung konkreter Rechte einzelner betroffener Personen und ohne Auftrag einer betroffenen Person gegen den Verletzer im Wege einer Klage vor den Zivilgerichten vorzugehen.

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat dazu mit Urteil vom 28. April 2022
C-319/20, GRUR 2022, 920 = WRP 2022, 684 - Meta Platforms Ireland) entschieden, dass Art. 80 Abs. 2 der VO (EU) 2016/679 einer nationalen Regelung, nach der ein Verband zur Wahrung von Verbraucherinteressen gegen den mutmaßlichen Verletzer des Schutzes personenbezogener Daten ohne entsprechenden Auftrag und unabhängig von der Verletzung konkreter Rechte betroffener Personen Klage mit der Begründung erheben kann, dass gegen das Verbot der Vornahme unlauterer Geschäftspraktiken, ein Verbraucherschutzgesetz oder das Verbot der Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen verstoßen worden sei, nicht entgegensteht, sofern die betreffende Datenverarbeitung die Rechte identifizierter oder identifizierbarer natürlicher Personen aus dieser Verordnung beeinträchtigen kann.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat nach mündlicher Verhandlung vom 29. September 2022 das Verfahren erneut ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob eine Rechtsverletzung "infolge einer Verarbeitung" im Sinne von Art. 80 Abs. 2 DSGVO geltend gemacht wird, wenn ein Verband zur Wahrung von Verbraucherinteressen seine Klage darauf stützt, die Rechte einer betroffenen Person seien verletzt, weil die Informationspflichten gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 1 DSGVO in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 Buchst. c und e DSGVO über den Zweck der Datenverarbeitung und den Empfänger der personenbezogenen Daten nicht erfüllt worden seien.

Die Notwendigkeit einer erneuten Vorlage ergibt sich aus folgenden Umständen: Der Senat ist in seinem ersten Vorlagebeschluss vom 28. Mai 2020 davon ausgegangen, dass sich eine nach deutschem Recht gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG und § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG bestehende Klagebefugnis des Klägers wegen seines im Streitfall allein auf die objektiv-rechtliche Durchsetzung des Datenschutzrechts gerichteten Klagebegehrens nicht den die Rechtsbehelfe, die Haftung und Sanktionen regelnden Bestimmungen des Kapitels VIII der Datenschutz-Grundverordnung und insbesondere nicht den Art. 80 Abs. 1 und 2 DSGVO oder Art. 84 Abs. 1 DSGVO entnehmen lässt. Er hat daher dem Gerichtshof der Europäischen Union mit seinem ersten Vorabentscheidungsersuchen die Frage vorgelegt, ob die Datenschutz-Grundverordnung in Bezug auf die Klagebefugnis eine abschließende Regelung trifft, die der Anwendbarkeit der § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG und § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG entgegensteht.

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat - abweichend von der vom Senat im Vorlagebeschluss vertretenen Ansicht - entschieden, dass sich die Klagebefugnis des Klägers aus Art. 80 Abs. 2 DSGVO ergeben kann. Die in Art. 80 Abs. 2 DSGVO den Mitgliedstaaten eröffnete Möglichkeit, ein Verfahren einer Verbandsklage gegen den mutmaßlichen Verletzer des Schutzes personenbezogener Daten vorzusehen, besteht allerdings nur für den Fall, dass der klagende Verband geltend macht, die Rechte einer betroffenen Person gemäß der Datenschutz-Grundverordnung seien "infolge einer Verarbeitung" verletzt worden. Es ist fraglich, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, wenn - wie im Streitfall - die sich aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1, Art. 13 Abs. 1 Buchst. c und e DSGVO ergebenden Informationspflichten verletzt worden sind. Die erneute Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union dient der Klärung dieser Frage.

Vorinstanzen:

LG Berlin - Urteil vom 28. Oktober 2014 - 16 O 60/13 - CR 2015, 121

Kammergericht Berlin - Urteil vom 22. September 2017 - 5 U 155/14 - GRUR-RR 2018, 115

Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung)

Artikel 4 Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck: …

2. "Verarbeitung" jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung; …

Artikel 12 Transparente Information, Kommunikation und Modalitäten für die Ausübung der Rechte der betroffenen Person

(1) Der Verantwortliche trifft geeignete Maßnahmen, um der betroffenen Person alle Informationen gemäß den Artikeln 13 und 14 …, die sich auf die Verarbeitung beziehen, in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache zu übermitteln; ...

Artikel 13 Informationspflicht bei Erhebung von personenbezogenen Daten bei der betroffenen Person

(1) Werden personenbezogene Daten bei der betroffenen Person erhoben, so teilt der Verantwortliche der betroffenen Person zum Zeitpunkt der Erhebung dieser Daten Folgendes mit: …

c) die Zwecke, für die die personenbezogenen Daten verarbeitet werden sollen, sowie die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung; ...

e) gegebenenfalls die Empfänger oder Kategorien von Empfängern der personenbezogenen Daten ...

Artikel 80 Vertretung von betroffenen Personen

(1) Die betroffene Person hat das Recht, eine Einrichtung, Organisationen oder Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht, die ordnungsgemäß nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet ist, deren satzungsmäßige Ziele im öffentlichem Interesse liegen und die im Bereich des Schutzes der Rechte und Freiheiten von betroffenen Personen in Bezug auf den Schutz ihrer personenbezogenen Daten tätig ist, zu beauftragen, in ihrem Namen eine Beschwerde einzureichen, in ihrem Namen die in den Artikeln 77, 78 und 79 genannten Rechte wahrzunehmen und das Recht auf Schadensersatz gemäß Artikel 82 in Anspruch zu nehmen, sofern dieses im Recht der Mitgliedstaaten vorgesehen ist.

(2) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass jede der in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Einrichtungen, Organisationen oder Vereinigungen unabhängig von einem Auftrag der betroffenen Person in diesem Mitgliedstaat das Recht hat, bei der gemäß Artikel 77 zuständigen Aufsichtsbehörde eine Beschwerde einzulegen und die in den Artikeln 78 und 79 aufgeführten Rechte in Anspruch zu nehmen, wenn ihres Erachtens die Rechte einer betroffenen Person gemäß dieser Verordnung infolge einer Verarbeitung verletzt worden sind.



EuGH: Verbandsklagebefugnis für Verbraucherschutzverbände bei DSGVO-Verstößen mit DSGVO zu vereinbaren und unionsrechtskonform

EuGH
Urteil vom 28.04.2022
C-319/20
Meta Platforms Ireland Limited, vormals Facebook Ireland Limited
gegen
Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e. V.


Der EuGH hat entschieden, dass eine Verbandsklagebefugnis für Verbraucherschutzverbände bei DSGVO-Verstößen mit der DSGVO zu vereinbaren und somit unionsrechtskonform ist.

Tenor der Entscheidung:
Art. 80 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung, nach der ein Verband zur Wahrung von Verbraucherinteressen gegen den mutmaßlichen Verletzer des Schutzes personenbezogener Daten ohne entsprechenden Auftrag und unabhängig von der Verletzung konkreter Rechte betroffener Personen Klage mit der Begründung erheben kann, dass gegen das Verbot der Vornahme unlauterer Geschäftspraktiken, ein Verbraucherschutzgesetz oder das Verbot der Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen verstoßen worden sei, nicht entgegensteht, sofern die betreffende Datenverarbeitung die Rechte identifizierter oder identifizierbarer natürlicher Personen aus dieser Verordnung beeinträchtigen kann.

Die Pressemitteilung des EuGH:

Verbraucherschutzverbände können gegen Verletzungen des Schutzes personenbezogener Daten Verbandsklagen erheben

Solche Klagen können unabhängig von der konkreten Verletzung des Rechts einer betroffenenPerson auf den Schutz ihrer Daten und ohne entsprechenden Auftrag erhoben werden Meta Platforms Ireland, vormals Facebook Ireland, ist die für die Verarbeitung personenbezogener Daten von Nutzern des sozialen Netzwerks Facebook in der Union Verantwortliche.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (Deutschland, im Folgenden: Bundesverband) erhob gegen Meta Platforms Ireland eine Unterlassungsklage, weil diese ihren Nutzern kostenlose Spiele von Drittanbietern zugänglich gemacht habe und dabei gegen die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten, zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs und zum Schutz der Verbraucher verstoßen habe.

Der Bundesgerichtshof (Deutschland) hält die Klage des Bundesverbands für begründet, hegt aber Zweifel an ihrer Zulässigkeit.
Er stellt sich nämlich die Frage, ob einem Verband zur Wahrung von Verbraucherinteressen wie dem Bundesverband seit dem Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) noch die Befugnis zustehe, wegen Verstößen gegen diese Verordnung unabhängig von der konkreten Verletzung von Rechten einzelner betroffener Personen und ohne deren Auftrag im Wege einer Klage vor den Zivilgerichten vorzugehen. Außerdem merkt er an, dass aus der DSGVO abgeleitet werden könne, dass die Prüfung ihrer Einhaltung in erster Linie den Aufsichtsbehörden obliege.

In seinem heutigen Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass die DSGVO einer nationalen Regelung, nach der ein Verband zur Wahrung von Verbraucherinteressen gegen den mutmaßlichen Verletzer des Schutzes personenbezogener Daten ohne entsprechenden Auftrag und unabhängig von der Verletzung konkreter Rechte betroffener Personen Klage mit der Begründung erheben kann, dass gegen das Verbot der Vornahme unlauterer Geschäftspraktiken, ein Verbraucherschutzgesetz oder das Verbot der Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen verstoßen worden sei, nicht entgegensteht, sofern die betreffende Datenverarbeitung die Rechte identifizierter oder identifizierbarer natürlicher Personen aus dieser Verordnung beeinträchtigen kann.

Vorab weist der Gerichtshof darauf hin, dass mit der DSGVO eine grundsätzlich vollständige Harmonisierung der nationalen Rechtsvorschriften zum Schutz personenbezogener Daten vorgenommen worden ist. Allerdings eröffnen einige Bestimmungen der DSGVO den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, zusätzliche nationale Vorschriften, die ihnen einen Ermessensspielraum hinsichtlich der Art und Weise der Durchführung dieser Bestimmungen lassen, vorzusehen, sofern diese Vorschriften nicht gegen den Inhalt und die Ziele dieser Verordnung verstoßen. Insoweit haben die Mitgliedstaaten insbesondere die Möglichkeit, ein Verfahren einer Verbandsklage gegen den mutmaßlichen Verletzer des Schutzes personenbezogener Daten vorzusehen, wobei dies jedoch an eine Reihe von Anforderungen geknüpft ist.

Zunächst einmal fällt ein Verband zur Wahrung von Verbraucherinteressen wie der Bundesverband unter den Begriff einer im Sinne der DSGVO klagebefugten Einrichtung, da er ein im öffentlichen Interesse liegendes Ziel verfolgt, das darin besteht, die Rechte der Verbraucher zu gewährleisten. Der Verstoß gegen Vorschriften über den Verbraucherschutz oder über unlautere Geschäftspraktiken kann nämlich mit einem Verstoß gegen eine Vorschrift über den Schutz personenbezogener Daten einhergehen.

Ferner kann eine solche Einrichtung eine Verbandsklage unabhängig von einem ihr erteilten Auftrag nur dann erheben, wenn „ihres Erachtens“ die Rechte einer betroffenen Person gemäß der DSGVO infolge einer Verarbeitung der personenbezogenen Daten dieser Person verletzt worden sind, ohne dass von ihr verlangt würde, dass sie die Person, die von der Datenverarbeitung
konkret betroffen ist, im Voraus individuell ermittelt und das Vorliegen einer konkreten Verletzung der Rechte aus den Datenschutzvorschriften behauptet.

Eine solche Auslegung steht im Einklang mit dem Ziel der DSGVO, das insbesondere darin besteht, ein hohes Niveau des Schutzes personenbezogener Daten zu gewährleisten.

Schließlich steht die DSGVO nicht nationalen Bestimmungen entgegen, nach denen im Wege von Verbandsklagen gegen Verletzungen der in dieser Verordnung vorgesehenen Rechte gegebenenfalls über Vorschriften zum Schutz der Verbraucher oder zur Bekämpfung unlauterer Geschäftspraktiken vorgegangen werden kann.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


EuGH-Generalanwalt: Verbandsklagebefugnis für Verbraucherschutzverbände bei DSGVO-Verstößen unionsrechtskonform

EuGH-Generalanwalt
Schlussanträge vom 02.12.2021
C-319/20
Facebook Ireland


Der EuGH-Generalanwalt kommt in seinen Schlussanträgen zu dem Ergebnis, dass eine Verbandsklagebefugnis für Verbraucherschutzverbände bei DSGVO-Verstößen unionsrechtskonform ist.

Die Pressemitteilung des EuGH:

Nach Ansicht von Generalanwalt Richard de la Tour können die Mitgliedstaaten Verbraucherschutzverbänden erlauben, gegen Verletzungen des Schutzes personenbezogener Daten Verbandsklagen zu erheben

Diese Klagen müssen auf die Verletzung von Rechten gestützt sein, die den betroffenen Personen unmittelbar aus der Datenschutz-Grundverordnung erwachsen.

In Deutschland wirft der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (im Folgenden: Bundesverband) Facebook Ireland vor, bei der Bereitstellung kostenloser Spiele von Drittanbietern im „App-Zentrum“ der Plattform gegen Vorschriften über den Schutz personenbezogener Daten, zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs und über den Verbraucherschutz verstoßen zu haben. In diesem Zusammenhang erhob der Bundesverband vor den deutschen Gerichten Unterlassungsklage gegen Facebook Ireland.

Der Bundesgerichtshof (Deutschland) führt aus, dass Facebook Ireland den Nutzern die erforderlichen Informationen über den Zweck der Datenverarbeitung und den Empfänger personenbezogener Daten nicht (in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache) übermittelt habe. Somit habe Facebook Ireland
gegen die Datenschutz-Grundverordnung verstoßen.

Der Bundesgerichtshof hat jedoch Zweifel daran, ob die Klage des Bundesverbands zulässig ist. Er stellt sich nämlich die Frage, ob einem Verband zur Wahrung von Verbraucherinteressen wie dem Bundesverband seit dem Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung noch die Befugnis zustehe, wegen Verstößen gegen diese Verordnung unabhängig von der konkreten Verletzung von Rechten einzelner betroffener Personen und ohne deren Auftrag im Wege einer Klage vor den Zivilgerichten vorzugehen.

Aus dem Umstand, dass die Datenschutz-Grundverordnung den Aufsichtsbehörden umfangreiche Überwachungs-, Untersuchungs- und Abhilfebefugnisse einräume, könnte abgeleitet werden, dass es grundsätzlich Sache dieser Behörden sei, die Bestimmungen dieser Verordnung durchzusetzen.

Daher hat der Bundesgerichtshof den Gerichtshof um Auslegung der Datenschutz-Grundverordnung ersucht.

In seinen heutigen Schlussanträgen schlägt Generalanwalt Jean Richard de la Tour dem Gerichtshof vor, die Datenschutz-Grundverordnung dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die es Verbänden zur Wahrung von Verbraucherinteressen erlaubt, unter den Gesichtspunkten des Verbots der Vornahme unlauterer Geschäftspraktiken, des Verstoßes gegen ein Verbraucherschutzgesetz oder des Verbots der Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen gegen den mutmaßlichen Verletzer des Schutzes personenbezogener Daten Klage zu erheben, wenn
die betreffende Verbandsklage auf die Wahrung von Rechten gerichtet ist, die den Personen, die von der beanstandeten Verarbeitung betroffen sind, unmittelbar aus dieser Verordnung erwachsen.

Der Generalanwalt weist darauf hin, dass sich der Gerichtshof in seinem Urteil Fashion ID3 im Hinblick auf die Richtlinie 95/464
, der Vorgängervorschrift der Datenschutz-Grundverordnung, zu einer ähnlichen Frage geäußert habe. Der Gerichtshof habe für Recht erkannt, dass diese Richtlinie einer nationalen Regelung, die es Verbänden zur Wahrung von Verbraucherinteressen erlaubt, gegen den mutmaßlichen Verletzer von Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten Klage zu erheben, nicht entgegensteht.

Nach Auffassung des Generalanwalts können weder die Ersetzung der Richtlinie 95/46 durch eine Verordnung noch der Umstand, dass die Datenschutz-Grundverordnung nunmehr der Vertretung von betroffenen Personen bei Klagen einen Artikel widmet, die Feststellung des Gerichtshofs in diesem Urteil in Frage stellen.

So sei es den Mitgliedstaaten immer noch gestattet, bestimmten Einrichtungen die Möglichkeit einzuräumen, ohne Auftrag der betroffenen Personen und ohne dass vorgebracht werden müsste, dass konkrete Fälle im Hinblick auf individuell bezeichnete
Personen vorlägen, Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher zu erheben, wenn ein Verstoß gegen Bestimmungen dieser Verordnung geltend gemacht werde, mit denen den betroffenen Personen subjektive Rechte verliehen werden sollten.

Dies sei bei der Unterlassungsklage des Bundesverbands gegen Facebook Ireland der Fall. Der Generalanwalt führt ferner aus, dass die Datenschutz-Grundverordnung nationalen Bestimmungen nicht entgegenstehe, die einen Verband zur Wahrung von Verbraucherinteressen die Befugnis verliehen, über Vorschriften zum Schutz der Verbraucher oder zur Bekämpfung unlauterer Geschäftspraktiken eine Unterlassungsklage zur Wahrung der durch diese Verordnung verliehenen Rechte zu erheben.

Solche Vorschriften können nämlich ähnliche Bestimmungen wie die der Datenschutz-Grundverordnung enthalten, insbesondere in Bezug auf die Information der betroffenen Personen über die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten. Folglich könne ein Verstoß gegen eine Vorschrift zum Schutz personenbezogener Daten gleichzeitig zu einem Verstoß gegen Vorschriften über den Verbraucherschutz oder unlautere Geschäftspraktiken führen. Nach Auffassung des Generalanwalts kommt die Wahrung der Kollektivinteressen der Verbraucher durch Verbände dem Ziel der Datenschutz-Grundverordnung, ein hohes Schutzniveau für personenbezogene Daten zu schaffen, besonders entgegen.


Die vollständigen Schlussanträge finden Sie hier:

Volltext BGH liegt vor: Vorlagebeschluss an EuGH - Sind Verbraucherschutzverbände befugt Datenschutzverstöße zu verfolgen und Unterlassungsansprüche geltend zu machen

BGH
Beschluss vom 28.05.2020
I ZR 186/17
App-Zentrum
Verordnung (EU) 2016/679 Art. 80 Abs. 1 und 2, Art. 84 Abs. 1; UWG § 8 Abs. 3 Nr. 3; UKlaG §§ 1, 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 11, § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH legt EuGH vor: Sind Verbraucherschutzverbände befugt Datenschutzverstöße zu verfolgen und Unterlassungsansprüche geltend zu machen ? über die Entscheidung berichtet.

Leitsatz des BGH:

Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung von Kapitel VIII, insbesondere von Art. 80 Abs. 1 und 2 sowie Art. 84 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, ABl. L 119/1 vom 4. Mai 2016, S. 1) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Stehen die Regelungen in Kapitel VIII, insbesondere in Art. 80 Abs. 1 und 2 sowie Art. 84 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 nationalen Regelungen entgegen, die - neben den Eingriffsbefugnissen der zur Überwachung und Durchsetzung der Verordnung zuständigen Aufsichtsbehörden und den Rechtsschutzmöglichkeiten der betroffenen Personen - einerseits Mitbewerbern und andererseits nach dem nationalen Recht berechtigten Verbänden, Einrichtungen und Kammern die Befugnis einräumen, wegen Verstößen gegen die Verordnung (EU) 2016/679 unabhängig von der Verletzung konkreter Rechte einzelner betroffener Personen und ohne Auftrag einer betroffenen Person gegen den Verletzer im Wege einer Klage vor den Zivilgerichten unter den Gesichtspunkten des Verbots der Vornahme unlauterer Geschäftspraktiken oder des Verstoßes gegen ein Verbraucherschutzgesetz oder des Verbots der Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen vorzugehen?

BGH, Beschluss vom 28. Mai 2020 - I ZR 186/17 - Kammergericht - LG Berlin

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



BGH legt EuGH vor: Sind Verbraucherschutzverbände befugt Datenschutzverstöße zu verfolgen und Unterlassungsansprüche geltend zu machen ?

BGH
Beschluss vom 28.05.2020
I ZR 186/17

Der BGH hat dem EuGH die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob Verbraucherschutzverbände befugt sind Datenschutzverstöße zu verfolgen und diesbezüglich Unterlassungsansprüche geltend zu machen.

Die Pressemitteilung des BGH:

BGH legt EuGH die Frage vor, ob Verbraucherschutzverbände befugt sind, Verstöße gegen das Datenschutzrecht zu verfolgen

Der unter anderem für Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundes-gerichtshofs hat darüber zu entscheiden, ob ein Verstoß des Betreibers eines sozialen Netzwerks gegen die datenschutzrechtliche Verpflichtung, die Nutzer dieses Netzwerks über Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung ihrer Daten zu unterrichten, wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche begründet und von Verbraucherschutzbänden durch eine Klage vor den Zivilgerichten verfolgt werden kann.

Sachverhalt:

Die in Irland ansässige Beklagte, die Facebook Ireland Limited, betreibt das soziale Netzwerk "Facebook". Auf der Internetplattform dieses Netzwerks befindet sich ein "App-Zentrum", in dem die Beklagte den Nutzern ihrer Plattform kostenlos Online-Spiele anderer Anbieter zugänglich macht. Im November 2012 wurden in diesem App-Zentrum mehrere Spiele angeboten, bei denen unter dem Button "Sofort spielen" folgende Hinweise zu lesen waren: "Durch das Anklicken von ‚Spiel spielen" oben erhält diese Anwendung: Deine allgemeinen Informationen, Deine-Mail-Adresse, Über Dich, Deine Statusmeldungen. Diese Anwendung darf in deinem Namen posten, einschließlich dein Punktestand und mehr." Bei einem Spiel endeten die Hinweise mit dem Satz: "Diese Anwendung darf Statusmeldungen, Fotos und mehr in deinem Namen posten."

Der Kläger ist der Dachverband der Verbraucherzentralen der Bundesländer. Er beanstandet die Präsentation der unter dem Button "Sofort spielen" gegebenen Hinweise im App-Zentrum als unlauter unter anderem unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs wegen Verstoßes gegen gesetzliche Anforderungen an die Einholung einer wirksamen datenschutzrechtlichen Einwilligung des Nutzers. Ferner sieht er in dem abschließenden Hinweis bei einem Spiel eine den Nutzer unangemessen benachteiligende Allgemeine Geschäftsbedingung. Er hält sich zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen im Wege der Klage vor den Zivilgerichten gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG und § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG für befugt.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, es zu unterlassen, auf ihrer Internetseite in einem App-Zentrum Spiele so zu präsentieren, dass Nutzer der Internetplattform mit dem Betätigen eines Buttons wie "Spiel spielen" die Erklärung abgeben, dass der Betreiber des Spiels über das von der Beklagten betriebene soziale Netzwerk Informationen über die dort hinterlegten personenbezogenen Daten erhält und ermächtigt ist, Informationen im Namen der Nutzer zu übermitteln (posten). Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die in Kapitel VIII, insbesondere in Art. 80 Abs. 1 und 2 sowie Art. 84 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutzgrundverordnung) getroffenen Bestimmungen nationalen Regelungen entgegenstehen, die - neben den Eingriffsbefugnissen der zur Überwachung und Durchsetzung der Verordnung zuständigen Aufsichtsbehörden und den Rechtsschutzmöglichkeiten der betroffenen Personen - einerseits Mitbewerbern und andererseits nach dem nationalen Recht berechtigten Verbänden, Einrichtungen und Kammern die Befugnis einräumen, wegen Verstößen gegen die Datenschutzgrundverordnung unabhängig von der Verletzung konkreter Rechte einzelner betroffener Personen und ohne Auftrag einer betroffenen Person gegen den Verletzer im Wege einer Klage vor den Zivilgerichten vorzugehen. Diese Frage ist in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und der rechtswissenschaftlichen Literatur umstritten. Es wird die Auffassung vertreten, dass die Datenschutzgrundverordnung eine abschließende Regelung zur Durchsetzung der in dieser Verordnung getroffenen datenschutzrechtlichen Bestimmungen enthält und eine Klagebefugnis von Verbänden deshalb nur unter den - im Streitfall nicht erfüllten - Voraussetzungen des Art. 80 der Datenschutzgrundverordnung besteht. Andere halten die in der Datenschutzgrundverordnung zur Rechtsdurchsetzung getroffenen Regelungen nicht für abschließend und Verbände daher weiterhin für befugt, Unterlassungsansprüche wegen des Verstoßes gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen unabhängig von der Verletzung konkreter Rechte einzelner betroffener Personen und ohne Auftrag einer betroffenen Person im Wege der Klage vor den Zivilgerichten durchzusetzen. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat zwar bereits entschieden, dass die Regelungen der - bis zum Inkarafttreten der Datenschutzgrundverordnung am 25. Mai 2018 geltenden - Richtlinie 95/46/EG (Datenschutzrichtlinie) einer Klagebefugnis von Verbänden nicht entgegenstehen (Urteil vom 29. Juli 2019 - C-40/17). Dieser Entscheidung ist aber nicht zu entnehmen, ob diese Klagebefugnis unter Geltung der an die Stelle der Datenschutzrichtlinie getretenen Datenschutzgrundverordnung fortbesteht.

Vorinstanzen:

LG Berlin - Urteil vom 28. Oktober 2014 - 16 O 60/13

Kammergericht Berlin - Urteil vom 22. September 2017 - 5 U 155/14

Die maßgebliche Vorschrift lautet:

Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutzgrundverordnung)

Artikel 80 Vertretung von betroffenen Personen

(1) Die betroffene Person hat das Recht, eine Einrichtung, Organisationen oder Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht, die ordnungsgemäß nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet ist, deren satzungsmäßige Ziele im öffentlichem Interesse liegen und die im Bereich des Schutzes der Rechte und Freiheiten von betroffenen Personen in Bezug auf den Schutz ihrer personenbezogenen Daten tätig ist, zu beauftragen, in ihrem Namen eine Beschwerde einzureichen, in ihrem Namen die in den Artikeln 77, 78 und 79 genannten Rechte wahrzunehmen und das Recht auf Schadensersatz gemäß Artikel 82 in Anspruch zu nehmen, sofern dieses im Recht der Mitgliedstaaten vorgesehen ist.

(2) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass jede der in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Einrichtungen, Organisationen oder Vereinigungen unabhängig von einem Auftrag der betroffenen Person in diesem Mitgliedstaat das Recht hat, bei der gemäß Artikel 77 zuständigen Aufsichtsbehörde eine Beschwerde einzulegen und die in den Artikeln 78 und 79 aufgeführten Rechte in Anspruch zu nehmen, wenn ihres Erachtens die Rechte einer betroffenen Person gemäß dieser Verordnung infolge einer Verarbeitung verletzt worden sind.

Artikel 84 Sanktionen

(1) Die Mitgliedstaaten legen die Vorschriften über andere Sanktionen für Verstöße gegen diese Verordnung - insbesondere für Verstöße, die keiner Geldbuße gemäß Artikel 83 unterliegen - fest und treffen alle zu deren Anwendung erforderlichen Maßnahmen. Diese Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.





BGH: Verbraucherschutzverbände können bei unwirksamen Klauseln in AGB von Unternehmen als Teil des Beseitigungsanspruchs Informationsschreiben an Verbraucher verlangen

BGH
Urteil vom 14.12.2017
I ZR 184/15
Klauselersetzung
UKlaG §§ 1, 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 5; UWG § 3 Abs. 1, §§ 3a, 8 Abs. 1 Satz 1, § 12 Abs. 1 Satz 2


Der BGH hat entschieden, dass Verbraucherschutzverbände bei unwirksamen Klauseln in AGB von Unternehmen als Teil des Beseitigungsanspruchs Informationsschreiben an Verbraucher verlangen kann.

Leitsätze des BGH:

a) Die Bestimmung des § 1 UKlaG gewährt den gemäß § 3 Abs. 1 UKlaG anspruchsberechtigten Stellen gegen den Verwender von gemäß §§ 307 bis 309 BGB unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen keinen Beseitigungsanspruch. Da die Vorschriften über die Kontrolle unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen gemäß § 1 UKlaG und des Lauterkeitsrechts nebeneinander anwendbar sind, kann sich ein Beseitigungsanspruch für eine Verbraucherzentrale als qualifizierte Einrichtung im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG jedoch aus § 3a UWG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG ergeben.

b) Da der Beseitigungsanspruch die Abwehr einer bereits eingetretenen, aber fortwirkenden Beeinträchtigung zum Gegenstand hat, führt der Wegfall des Störungszustands zum Erlöschen des Anspruchs. Fällt der Störungszustand während des Prozesses in den Tatsacheninstanzen weg, weil beispielsweise der Beklagte von sich aus hinreichende Beseitigungshandlungen vornimmt, wird der auf Beseitigung gerichtete Antrag unbegründet, auch wenn der Kläger die Verfahrensdauer nicht zu vertreten hat.

c) Qualifizierten Einrichtungen gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG steht gemäß § 5 UKlaG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG ein Anspruch auf Ersatz der für eine Abmahnung erforderlichen Aufwendungen zu. Erforderlich sind die Abmahnkosten, die tatsächlich entstanden sind und nach Lage des Falls aus der Perspektive des Abmahnenden objektiv notwendig waren. Kosten für die Einschaltung eines Anwalts sind bei einer qualifizierten Einrichtung nur ausnahmsweise bei besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeit, auf Grund derer der Verband mit seiner Ausstattung und Erfahrung nicht in der Lage war, das Geschehen korrekt zu bewerten, erstattungsfähig.

BGH, Urteil vom 14. Dezember 2017 - I ZR 184/15 - OLG Stuttgart - LG Stuttgart

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