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BGH: Sittenwidrigkeit wegen unangemessener Vergütung bei Vertrag über Komposition und Produktion von Musik für Fernsehserie - Zeitpunkt des Vertragsschlusses entscheidend

BGH
Urteil vom 21.04.2022
I ZR 214/20
Dr. Stefan Frank
BGB § 138 Abs. 1 und 2, § 307 Abs. 3 Satz ; AGBG § 8; UrhG § 31 Abs. 5


Der BGH hat entschieden, dass hinsichtlich der Sittenwidrigkeit wegen unangemessener Vergütung bei einem Vertrag über Komposition und Produktion von Musik für eine Fernsehserie der Zeitpunkt des Vertragsschlusses entscheidend ist.

Leitsätze des BGH:
a) Für die Beurteilung, ob Verträge über die Komposition und Produktion von Musik für eine Fernsehserie sowie die Einräumung der Nutzungsrechte an der Musik und deren Verlag wegen eines auffälligen Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung sittenwidrig im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB sind, ist auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen. Zu diesem Zeitpunkt nicht absehbare Entwicklungen bleiben außer Betracht.

b) Die in Form Allgemeiner Geschäftsbedingungen in einem Vertrag über die Komposition und Produktion von Musik für eine Fernsehserie sowie die Einräumung der Nutzungsrechte an der Musik vorgesehene Verpflichtung zum Abschluss eines Verlagsvertrags unterliegt nach § 8 AGBG aF (jetzt: § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB) als privatautonome Gestaltung des vertraglichen Leistungsprogramms nicht der AGBrechtlichen Inhaltskontrolle.

BGH, Urteil vom 21. April 2022 - I ZR 214/20 - OLG Düsseldorf - LG Köln

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


LG Mannheim: Pauschale Übertragung sämtlicher Nutzungsrechte in Journalistenverträgen - Total-Buy-Out-Klausel unzulässig

LG Mannheim
Urteil vom 05.12.2011
7 O 442/11


Das LG Mannheim hat entschieden, dass die pauschale Übertragung sämtlicher Nutzungsrechte in Journalistenverträgen (Total-Buy-Out-Klausel) unzulässig sind.

Im Stretfall ging es um folgende Klausel:
„Dieser Abrechnung sind die jeweiligen Belegexemplare beigefügt. Mit der Bezahlung der vorliegenden Honorarrechnung sind sämtliche Nutzungsrechte, in bekannter oder unbekannter Nutzungsart, umfassend, ausschließlich, räumlich, zeitlich und inhaltlich unbeschränkt abgegolten: Hiervon umfasst sind insbesondere das Printmediarecht inklusive dem Recht zur Erstveröffentlichung, das Recht zur Bearbeitung, Umgestaltung oder Übersetzung, das Recht für Werbezwecke, das Recht der digitalen und sonstigen medialen (TV, Radio) Verwertung und der Datenbanknutzung/Archivnutzung sowie das Recht, die vorgenannten Nutzungsrechte auch auf gesellschaftsrechtlich verbundene Unternehmen übertragen zu können."

Aus den Entscheidungsgründen:
"Die Klausel ist auch nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, weil sie von den wesentlichen Grundgedanken mehrerer gesetzlicher Reglungen des Urheberrechtsgesetzes abweicht und dadurch die Verwendungsgegner unangemessen benachteiligt.

[...] Um eine solche Übertragung im Übermaß handelt es sich vorliegend, da die Verfügungsbeklagte als Verwenderin der Klausel sich ausgehend von einer konkreten Verwendungssituation des vom jeweiligen Journalisten erstellten Beitrages letztlich alle denkbaren Nutzungsrechte übertragen lässt, die sie zudem noch auf gesellschaftlich verbundene Unternehmen weiterübertragen können will. Bereits aus diesem Grund ist die Klausel nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

2. Die Klausel weicht zudem in unangemessener Weise vom gesetzlichen Leitbild des § 31a Abs. 4 UrhG ab, wonach im Voraus auf die Rechte aus § 31a Abs. 1 bis 3 UrhG nicht verzichtet werden kann. Die beanstandete Klausel sieht indes vor, dass auch hinsichtlich unbekannter Nutzungsarten eine weitere Vergütung nicht gefordert werden kann und zudem die Ausübung eines Widerrufs nach § 31 a Abs. 1 S. 3 UrhG ausgeschlossen ist.

3. Schließlich ist die Klausel unwirksam, weil sie aufgrund ihrer Formulierung, dass „sämtliche Nutzungsrechte umfassend, ausschließlich, räumlich, zeitlich und inhaltlich unbeschränkt abgegolten“ sind, eine angemessene Beteiligung des Urhebers an seinem Werk nicht gewährleistet."



Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Ein Verlagsvertrag im Sinne des Verlagsgesetzes kann auch dann vorliegen, wenn der Verleger nur ein einfaches Nutzungsrecht erhalten soll

BGH
Urteil vom 22. April 2010
I ZR 197/07 -
Concierto de Aranjuez
VerlG §§ 1, 8

Leitsatz des BGH:

Ein Verlagsvertrag über ein Werk der Literatur oder der Tonkunst im Sinne des Verlagsgesetzes setzt lediglich voraus, dass der Verfasser sich verpflichtet, dem Verleger das Werk zur Vervielfältigung und Verbreitung für eigene Rechnung zu überlassen, und der Verleger sich verpflichtet, das Werk zu vervielfältigen und zu verbreiten. Der Verfasser hat dem Verleger zwar grundsätzlich das ausschließliche Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung (Verlagsrecht) zu verschaffen. Diese Verpflichtung kann jedoch vertraglich abbedungen werden. Dann steht dem Verleger nur ein einfaches Nutzungsrecht oder eine - allein im Verhältnis zum Verfasser wirkende - schuldrechtliche Befugnis zur Vervielfältigung und Verbreitung des Werkes zu. Dadurch verliert der Vertrag aber nicht seinen Charakter als Verlagsvertrag.
BGH, Urteil vom 22. April 2010 - I ZR 197/07 - OLG München - LG München I

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: