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LG Hamburg: Lizenzschaden bei urheberrechtswidriger Nutzung hochwertiger Fotografien im Internet kann auf Grundlage der MFM-Richtlinien berechnet werden

LG Hamburg
Urteil vom 15.02.2024
310 O 221/23

Das LG Hamburg hat entschieden, dass der Lizenzschaden bei urheberrechtswidriger Nutzung hochwertiger Fotografien im Internet auf Grundlage der MFM-Richtlinien berechnet werden kann.

Aus den Entscheidungsgründen:
1. Die Beklagte hat die fünf streitgegenständlichen Fotos durch Einstellung auf ihrer Internetseite ohne die erforderliche Zustimmung des Klägers als deren Urheber i.S.d. § 19a UrhG öffentlich zugänglich gemacht und i.S.d. § 16 UrhG vervielfältigt. Eine Zustimmung zu einer solchen Nutzung durch die Beklagte hat der Kläger insbesondere nicht im Rahmen der Nutzungseinräumung gegenüber der B. S. GmbH erklärt.

Der Umfang der der B. S. GmbH an den in deren Auftrag erstellten Fotografien eingeräumten Nutzungsrechte ergibt sich bei verständiger Würdigung allein aus den auf der Vorderseite der hierüber erstellten Rechnung (Anlage B1) aufgeführten Positionen, während die Ausführungen auf der Rückseite dieser Rechnung lediglich die vom Kläger grundsätzlich angebotenen Nutzungspakete näher definieren, ohne diese unabhängig vom konkret vereinbarten Leistungsumfang dem jeweiligen Kunden einzuräumen. Damit beschränkten sich die von der B. S. GmbH erworbenen Nutzungsrechte auf die „Basis-Bildnutzungsrechte“ ‒ in den Erläuterungen auf der Rückseite der Rechnung definiert als einfaches, nicht-exklusives Bildnutzungsrecht zur zeitlich und räumlich uneingeschränkten Verwendung durch den Auftraggeber selbst ‒ sowie „erweiterte Bildnutzungsrechte für Presse & PR“ ‒ in den Erläuterungen auf der Rückseite der Rechnung definiert als Recht zur Weitergabe der Aufnahmen an beliebige Presse- und PR-Medien. Ein Recht zur Weitergabe der Bilder an Projektpartner hat die B. S. GmbH hingegen nicht erworben.

Bei der Beklagten handelt es sich unstreitig nicht um ein Presse- oder PR-Unternehmen. Allein der Umstand, dass sie die Bilder zu eigenen PR-Zwecken genutzt hat, genügt dafür ersichtlich nicht.

2. Die Beklagte schuldet dem Kläger für die streitgegenständlichen Verletzungshandlungen ein fiktives Lizenzhonorar in Höhe von 9.150,- € nebst Zinsen sowie Erstattung der für die ausgesprochene vorgerichtliche Abmahnung sowie die Dokumentation des Verstoßes angefallenen Kosten.

a) Der Anspruch auf Zahlung eines fiktiven Lizenzhonorars in der geltend gemachten Höhe ergibt sich aus § 97 Abs. 2 UrhG und § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB i.V.m. § 102a UrhG.

aa) Der Anspruch auf Zahlung eines fiktiven Lizenzhonorars bei unberechtigter Nutzung eines urheberrechtlich geschützten Werks ergibt sich verschuldensunabhängig bereits unter dem Gesichtspunkt der Eingriffskondiktion, § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB i.V.m. § 102a UrhG. Darüber hinaus ist der Beklagten aber auch ein Verschuldensvorwurf i.S.d. § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG zu machen. Es entspricht der verkehrsüblichen Sorgfaltspflicht bei Umgang mit urheberrechtlich geschützten Werken, dass man die Berechtigung zur Nutzung eines Werks prüft und sich darüber Gewissheit verschafft (BGH, Urt. v. 18.03.1960, Az. I ZR 75/58 – Eisrevue II, Rn. 41 f. (juris)). Dass die Beklagte ihre Berechtigung zur Nutzung der streitgegenständlichen Fotografien in diesem Sinne geprüft habe, trägt sich selber bereits nicht vor. Sie beruft sich vielmehr allein darauf, dass sie seitens der B. S. GmbH im Rahmen der Weitergabe der Bilder nicht explizit auf die Urheberschaft des Klägers hingewiesen worden sei. Dies genügt zur Wahrung der insoweit anzuwendenden Sorgfaltsanforderungen ersichtlich nicht.

bb) Der klägerseits geltend gemachte Lizenzschaden in Höhe von 915,- € pro Bild zuzüglich eines 100 %igen Zuschlags für die unterlassene Urheberbenennung ist der Höhe nach nicht zu beanstanden. Die Beklagte ist dieser Berechnung – auch nach gerade zu diesem Zweck erteiltem Hinweis (vgl. Bl. 32 a.E.) – nicht entgegen getreten. Im Übrigen hat der Kläger durch Vorlage entsprechender Rechnungen (Anlagen K6-K11) auch belegt, die von der MFM empfohlenen Honorare (Anlage K12) tatsächlich am Markt für seine Fotografien durchsetzen zu können. Diese weisen bereits für eine dreijährige Nutzung auf einer Homepage unter Urhebernennung ein Honorar von 915,- € aus. Die entsprechende Honorarhöhe erscheint dabei im Hinblick auf die unstreitige professionelle Qualität der streitgegenständlichen Bilder auch für diese durchaus angemessen. Für die unterlassene Urheberbenennung rechtfertigt sich schließlich ein 100 %iger Zuschlag auf das üblicherweise zu zahlende Honorar (BGH, Urt. v. 15.01.2015, Az. I ZR 148/13 – Motorradteile, Rn. 36 ff. (juris)).

cc) Das fiktive Lizenzhonorar ist seit Nutzungsbeginn mit neun Prozentpunkten über Basiszins zu verzinsen. Nach den im Rahmen der Schadensbemessung anzuwendenden Grundsätzen der Lizenzanalogie muss sich der Verletzer so behandeln lassen, als habe er eine vertragliche Lizenz zu angemessenen Bedingungen am Klageschutzrecht erworben. Träfe daher den vertraglichen Lizenznehmer bei verspäteter Lizenzzahlung eine gesetzlich oder vertraglich begründete Verzinsungspflicht, so muss diese Zinspflicht auch für den Verletzer gelten (BGH, Urt. v. 24.11.1981, Az. X ZR 36/80 – Fersenabstützvorrichtung, Rn. 49 (juris)). Der Kläger hat vorliegend unter Vorlage seiner AGB schlüssig dargelegt, bei Lizenzierung seiner Fotos eine Fälligkeit des Lizenzhonorars mit Überlassung der lizenzierten Fotografie zu vereinbaren. Die Beklagte wäre damit bei Nichtzahlung ohne Mahnung nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB in Verzug geraten. Da es sich insoweit um eine Entgeltforderung gehandelt hätte, beläuft sich die Zinshöhe nach § 288 Abs. 2 BGB auf neun Prozentpunkte über Basiszins.

b) Der Anspruch auf Erstattung der für die (berechtigterweise) ausgesprochene Abmahnung angefallenen Kosten ergibt sich in der geltend gemachten Höhe aus § 97a Abs. 3 UrhG.

Der insoweit angesetzte Gegenstandswert von 10.000- € pro Bild für den Unterlassungsanspruch erscheint angemessen. Der Bundesgerichtshof hat bei einer gewerblichen Nutzung eines einfachen Fotos ohne kompositorische Inszenierung, wie es ohne Weiteres im Wege eines Schnappschusses hätte erstellt werden können, im Wege des öffentlich Zugänglichmachens i.S.v. § 19a UrhG einen Unterlassungswert in Höhe von 6.000,- € in der Hauptsache nicht beanstandet (BGH, Urt. v. 13.09.2018, Az. I ZR 187/17 – Sportwagenfoto). Die streitgegenständlichen Fotografien heben sich von einem bloßen Schnappschuss insbesondere durch eine sorgfältige Ausschnittwahl und präzise Ausleuchtung deutlich erkennbar als hochprofessionelle Aufnahmen ab.

Auch der Ansatz einer 1,5-fachen Gebühr ist nicht zu beanstanden. Zum einen erscheint der Ansatz einer 1,5-fachen Gebühr im Hinblick darauf, dass es sich beim Urheberrecht um eine Spezialmaterie handelt, durchaus angemessen. Zum anderen ist die Unbilligkeit nach § 14 Abs. 1 S. 3 RVG im gerichtlichen Verfahren nur auf Rüge zu prüfen (BGH, Urt. v. 17.09.2015, Az. IX ZR 280/14, Rn. 26 (juris)); eine solche Rüge wurde beklagtenseits nicht erhoben.

Soweit die vorgerichtlich angefallenen Kosten auf die gerichtlich geltend gemachten Ansprüche entfallen, erfolgt eine Anrechnung auf die Verfahrensgebühr nach Ziff. 3100 VV-RVG. Insoweit ist, wie beantragt, eine gesonderte Tenorierung veranlasst.

Der Anspruch auf Verzinsung des entsprechenden Betrags ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 BGB. Die Beklagte ist mit Ablauf der mit Schreiben vom 08.11.2022 gesetzten Zahlungsfrist in Verzug geraten.

c) Schließlich besteht nach § 97 Abs. 2 UrhG auch der geltend gemacht Anspruch auf Erstattung von Dokumentationskosten der Firma R. in Höhe von 110,- €. Der Kläger durfte die Einschaltung eines Unternehmens zur professionellen Dokumentation des erfolgten Verstoßes als zur Rechtsverfolgung sachdienlich erachten. Einwendungen werden beklagtenseits insoweit auch nicht erhoben.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Köln: Kein Anspruch auf Abmahnkosten aus § 97a Abs. 3 UrhG bei Bilderklau wenn Abmahnung keine Wiedergabe des gerügten Bilds bzw. Konkretisierung enthält

LG Köln
Urteil vom 20.05.2021
14 O 167/20


Das LG Köln hat entschieden, dass kein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten aus § 97a Abs. 3 UrhG bei Bilderklau im Internet besteht, wenn die Abmahnung entgegen § 97a Abs. 2 UrhG keine Wiedergabe des gerügten Bilds bzw. Konkretisierung enthält

Aus den Entscheidungsgründen:

"Dem Beklagten steht weder ein Anspruch auf (nicht im Wege der Widerklage geltend gemachten) Schadensersatz in Höhe von 2.415,92 € (22.015,92 € abzüglich 19.600,- €) noch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.564,26 € zu. Außerdem hat der Kläger einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 1.564,26 € zzgl. Verzugszinsen seit dem 03.06.2020 aus § 97a Abs. 4 UrhG, §§ 286, 288 BGB.

a) Aus den obigen Erwägungen zur Widerklage ergibt sich spiegelbildlich, dass der Beklagte keinen über 1.113,05 € hinaus gehenden Schadensersatzanspruch gegen den Kläger hat. Der Klageantrag zu 1. ist folglich begründet. Dabei war der Klageantrag nach der übereinstimmenden Erledigungserklärung dahingehend zu korrigieren, dass die Feststellung nur den tenorieren Betrag von 2.415,92 € betrifft.

b) Der Antrag zu 2. der Klage ist ebenfalls begründet, weil der Beklagte gegen den Kläger keinen Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten aus § 97a Abs. 3 UrhG hat, weil die Abmahnung nicht den Anforderungen aus § 97a Abs. 2 UrhG entspricht. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Abmahnung keine Ablichtung oder sonstige eindeutige Konkretisierung des streitgegenständlichen Lichtbilds enthielt und somit die Rechtsverletzung nicht genau bezeichnet war im Sinne von § 97a Abs. 2 Nr. 2 UrhG. Dies genügt bereits, um die Abmahnung unwirksam zu machen. Auf die anderen Einwände des Klägers gegen die Abmahnung kommt es nicht weiter an, sodass weitere Ausführungen entbehrlich sind.

c) Aus den vorstehenden Erwägungen ist auch der Antrag zu 3. der Klage dem Grunde nach begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch aus § 97a Abs. 4 UrhG. Mit Blick auf die Höhe hat der Kläger seine erforderlichen Aufwendungen spiegelbildlich zur Höhe der Abmahnkosten berechnet. Dabei hat er einen Gegenstandswert i.H.v. 29.576,18 € und eine 1,5 Geschäftsgebühr angesetzt und einen Betrag von 1.584,26 € berechnet. Mit Ausnahme der fehlerhaften Berechnung der Gebühr begegnet dies im Ergebnis angesichts der Berühmung von Ansprüchen des Beklagten keinen Bedenken. Der Gegenstandswert errechnet sich zwar aus der Höhe der in der Abmahnung geltend gemachten Ansprüche und zwar Schadensersatz in Höhe von 19.600,- €, dem Unterlassungsanspruch zu 6.000,- € sowie der eigenen Forderung in Höhe von 1.584,26 €, mithin 27.184,26 € (in der Abmahnung geltend gemachte Zinsen in Höhe von 2.415,92 € bleiben als Nebenforderung außer Betracht). Da mit dieser leicht überhöhten Angabe des Gegenstandswerts jedoch kein Gebührensprung verbunden ist, bleibt sie im Ergebnis ohne Folge. Der Ansatz einer 1,5 Geschäftsgebühr ist berechtigt. Eine Gebühr von mehr als 1,3 kann nach Anmerkung zu Nr. 2400 VV RVG nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig ist. Eine höher festgesetzte Gebühr ist voll durch die Gerichte überprüfbar. In der Literatur wird vertreten, dass im Regelfall bei urheberrechtlichen Angelegenheiten von einem hohen Schwierigkeitsgrad auszugehen sei. Es handelt sich um eine Spezialmaterie, die eine umfassende Einarbeitung eines nicht darauf spezialisierten Anwalts erfordert (Fromm/Nordemann, UrhG § 97a Rn. 41). Ob jede urheberrechtliche Angelegenheit einen hohen Schwierigkeitsgrad hat, lässt die Kammer ausdrücklich offen. Im vorliegenden Fall der Abwehr einer sehr hohen Schadensersatzforderung in einem Fall mit beiderseitigem Auslandsbezug ist dieser hohe Schwierigkeitsgrad jedoch anzunehmen und der Ansatz einer 1,5 Geschäftsgebühr angemessen. Jedoch beläuft sich eine 1,5 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300, 1008 VV RVG auf 1.294,50 € (nicht wie vom Klägerbevollmächtigten in seinem vorgerichtlichen Schreiben errechnet: 1564,26 €). Zuzüglich der Auslagen nach Nr. 7001 und 7002 VV RVG von 20,- € errechnen sich damit Nettogebühren von 1.314,50 €. Der Kläger forderte dabei in seinem Schreiben nur den Nettobetrag. Umsatzsteuer dürfte wegen § 3a Abs. 2 UStG auch nicht anfallen, sodass der Kläger nur den Nettobetrag ersetzt verlangen kann. Dass der Kläger Umsatzsteuer in Deutschland oder der Schweiz gezahlt hat und deshalb auch insoweit Ersatz verlangen kann, hat er nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich.

d) Aus dem vorgenannten Betrag kann der Kläger Verzugszinsen gem. § 288 Abs. 1 BGB seit dem 03.06.2020 fordern, weil der Beklagte durch E-Mail seines Rechtsanwalts vom 02.06.2020 die Zahlung von Aufwendungsersatz eindeutig abgelehnt hat (§ 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB).


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BGH: Lizenzierung nach Urheberrechtsverletzung ist nicht ohne weiteres geeignet den objektiven Wert der bloßen zukünftigen Nutzung zu belegen

BGH
Urteil vom 18.06.2020
I ZR 93/19
Nachlizenzierung
UrhG § 97 Abs. 2 Satz 1 und 3; ZPO § 287 Abs. 1 Satz 1 und 2


Der BGH hat entschieden, dass die (Nach-)Lizenzierung nach einer Urheberrechtsverletzung ist nicht ohne weiteres geeignet ist, den objektiven Wert der bloßen zukünftigen Nutzung zu belegen.

Leitsatz des BGH:

Eine Lizenzierung nach Verletzung ist nicht ohne weiteres geeignet, den objektiven Wert der bloßen (zukünftigen) Nutzung zu belegen; entgolten wird damit regelmäßig mehr als nur die einfache Nutzung. Die nach einer Verletzung vereinbarten "Lizenzgebühren" stellen nicht nur die Vergütung dar, die vernünftige Parteien als Gegenleistung für den Wert der künftigen legalen Benutzungshandlung vereinbart hätten; vielmehr bilden sie darüber hinaus regelmäßig eine Gegenleistung für die einvernehmliche Einigung über mögliche Ansprüche aus der vorangegangenen Rechtsverletzung. Dieser bei einem Nachlizenzierungsvertrag gegenüber einer freihändigen Lizenz vergütete "Mehrwert" steht typischerweise der Annahme entgegen, ein solcher Lizenzvertrag habe eine Indizwirkung für den objektiven Wert der angemaßten Benutzungsberechtigung.

BGH, Urteil vom 18. Juni 2020 - I ZR 93/19 - OLG München - LG München I

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EuGH: Doppelter Lizenzschaden bei Urheberrechtsverletzung ist europarechtskonform und verstößt nicht gegen EU-Richtlinie 2004/48/EG

EuGH
Urteil vom 25.01.2017
C‑367/15
Stowarzyszenie „Oławska Telewizja Kablowa“ gegen Stowarzyszenie Filmowców Polskich


Der EuGH hat entschieden, dass ein doppelter Lizenzschaden bei Urheberrechtsverletzungen (Verletzerzuschlag) europarechtskonform ist und nicht gegen EU-Richtlinie 2004/48/EG verstößt.

Tenor der Entscheidung:

Art. 13 der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, wonach der Inhaber des verletzten Rechts des geistigen Eigentums von der Person, die dieses Recht verletzt hat, entweder die Wiedergutmachung des erlittenen Schadens – bei der sämtliche für den Anlassfall maßgebenden Aspekte zu berücksichtigen sind – oder, ohne den tatsächlichen Schaden nachweisen zu müssen, die Zahlung einer Geldsumme verlangen kann, die dem Doppelten der angemessenen Vergütung entspricht, die für die Erteilung der Erlaubnis zur Nutzung des betreffenden Werks zu entrichten gewesen wäre, nicht entgegensteht.


Aus den Entscheidungsgründen:

"Nach den Erwägungsgründen 5 und 6 sowie Art. 2 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 2004/48 sind bei der Auslegung der Bestimmungen der Richtlinie sodann die Verpflichtungen zu berücksichtigen, die sich aus auf den Ausgangsrechtsstreit möglicherweise anzuwendenden internationalen Übereinkünften, etwa dem TRIPS-Übereinkommen, der Berner Übereinkunft und dem Rom-Abkommen, für die Mitgliedstaaten ergeben. Nach Art. 1 des TRIPS-Übereinkommens wie auch nach Art. 19 der Berner Übereinkunft und Art. 2 des Rom-Abkommens können die Vertragsstaaten den Inhabern der betreffenden Rechte einen umfassenderen Schutz als den gewähren, der in diesen Rechtsakten jeweils vorgesehen ist.

Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/48 ist folglich dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, nach der ein Rechtsinhaber, dessen Urhebervermögensrechte verletzt wurden, von der Person, die diese Rechte verletzt hat, eine Wiedergutmachung des verursachten Schadens durch Zahlung einer Geldsumme verlangen kann, die dem Doppelten einer hypothetischen Gebühr entspricht, nicht entgegensteht.

Diese Auslegung kann auch nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass erstens eine Entschädigung, die auf der Grundlage des Doppelten der hypothetischen Gebühr berechnet wird, im Verhältnis zu dem von der geschädigten Partei tatsächlich erlittenen Schaden nicht genau proportional ist. Dies ist nämlich gerade das Wesensmerkmal einer jeden pauschalen Entschädigung, genauso wie bei der, die in Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/48 ausdrücklich vorgesehen ist.

Zweitens wird diese Auslegung auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Richtlinie 2004/48 ausweislich ihres 26. Erwägungsgrundes nicht die Einführung einer Verpflichtung zu einem als Strafe angelegten Schadensersatz bezweckt.

Zum einen kann, anders als das vorlegende Gericht offenbar meint, der Umstand, dass die Richtlinie 2004/48 die Mitgliedstaaten nicht dazu verpflichtet, sogenannten „Strafschadensersatz“ vorzusehen, nämlich nicht dahin ausgelegt werden, dass die Einführung einer solchen Maßnahme verboten wäre.

Zum anderen ist, ohne dass es hierfür einer Entscheidung darüber bedürfte, ob die Einführung von sogenanntem „Strafschadensersatz“ gegen Art. 13 der Richtlinie 2004/48 verstoßen könnte, nicht ersichtlich, dass die für den Ausgangsrechtsstreit maßgebliche Bestimmung eine Verpflichtung zur Zahlung eines derartigen Strafschadensersatzes enthält.

So ist festzustellen, dass im Fall der Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums die bloße Zahlung der hypothetischen Vergütung nicht geeignet ist, eine Entschädigung für den gesamten tatsächlich erlittenen Schaden zu garantieren, weil mit der Zahlung einer solchen Vergütung weder die Erstattung möglicher, mit der Feststellung allfälliger Verletzungshandlungen und ihrer Verursacher verbundener Kosten, auf die im 26. Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/48 verwiesen wird, noch der Ersatz eines möglichen immateriellen Schadens (vgl. zu letztgenanntem Gesichtspunkt Urteil vom 17. März 2016, Liffers, C‑99/15, EU:C:2016:173, Rn. 26) und auch nicht die Zahlung von Zinsen auf die geschuldeten Beträge sichergestellt würde. OTK hat in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass die Zahlung des Doppelten der hypothetischen Vergütung nämlich in der Praxis einer Entschädigung gleichkomme, die geringer ausfalle als die, die der Rechtsinhaber nach den „allgemeinen Grundsätzen“ im Sinne von Art. 79 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a UPAPP verlangen könnte.

Zwar ist nicht auszuschließen, dass der Ersatz eines Schadens, der auf der Grundlage des Doppelten der hypothetischen Vergütung berechnet wurde, den tatsächlich erlittenen Schaden in Ausnahmefällen so eindeutig und beträchtlich überschreitet, dass eine diesbezügliche Forderung einen nach Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2004/48 verbotenen Rechtsmissbrauch darstellen könnte. Aus den von der polnischen Regierung in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärungen wird gleichwohl deutlich, dass das polnische Gericht nach der im Ausgangsverfahren maßgeblichen Regelung in einem solchen Fall nicht an den Antrag des Inhabers des verletzten Rechts gebunden wäre.

Was schließlich drittens das Vorbringen angeht, die geschädigte Partei brauchte, weil sie den Schadensersatz auf der Grundlage des Doppelten der hypothetischen Vergütung berechnen könne, nicht mehr den Kausalzusammenhang zwischen dem das Urheberrecht verletzenden Ereignis und dem erlittenen Schaden nachzuweisen, ist festzustellen, dass dieses Vorbringen auf einer überaus strengen Auslegung des Begriffs „Kausalität“ beruht, nach der der Inhaber des verletzten Rechts einen Kausalzusammenhang nicht nur zwischen diesem Ereignis und dem erlittenen Schaden, sondern auch zwischen diesem Ereignis und der genauen Höhe, auf die sich der Schaden beläuft, nachweisen müsste. Eine solche Auslegung ist jedoch mit dem Konzept einer pauschalen Festlegung der Höhe des Schadensersatzes – und dementsprechend mit Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/48, der eine solche Art von Entschädigung zulässt – unvereinbar.

Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 13 der Richtlinie 2004/48 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, wonach der Inhaber des verletzten Rechts des geistigen Eigentums von der Person, die dieses Recht verletzt hat, entweder die Wiedergutmachung des erlittenen Schadens – bei der sämtliche für den Anlassfall maßgebenden Aspekte zu berücksichtigen sind – oder, ohne den tatsächlichen Schaden nachweisen zu müssen, die Zahlung einer Geldsumme verlangen kann, die dem Doppelten der angemessenen Vergütung entspricht, die für die Erteilung der Erlaubnis zur Nutzung des betreffenden Werks zu entrichten gewesen wäre, nicht entgegensteht."



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OLG Hamm: MFM-Honorarempfehlungen bei Schadensersatzberechung wegen urheberrechtswidriger Verwendung einfacher Produktfotos nach unten zu korrigieren - hier Abschlag 60%

OLG Hamm
Urteil vom 13.02.2014
22 U 98/13


Bei der Verwendung fremder Bilder ohne Zustimmung des Fotografen / Rechteinhabers besteht ein Anspruch auf Schadensersatz. Dieser wird häufig im Wege der Lizenzanalogie verlangt und bestimmt.
Dabei wird gerne auf die MFM-Empfehlungen (Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing) zurückgegriffen. Das OLG Hamm hat nun nochmals bekräftigt, dass die Honorarempfehlungen leidiglich eine Orientierungshilfe und nicht pauschal auf jeden Sachverhalt anzuwenden sind. Bei einfachen Produktfotos ist ein erheblicher Abschlag (im hier entschiedenen Fall ein Abschlag von 60%) vorzunehmen.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die MFM-Empfehlungen gehen auf Befragungen von Bildagenturen, Fotografen und Bildjournalisten zurück. Ziel der Erhebung ist es, eine marktgerechte Übersicht der Vergütungsverhältnisse von Bildnutzungsrechten wiederzugeben. Die MFM-Empfehlungen beruhen also auf den Erfahrungswerten professioneller Marktteilnehmer (vgl. insoweit auch LG Düsseldorf, Urt. v. 24.10.2012, 23 S 66/12, juris, Rn. 11, MMR 2013, 264 = ZUM-RD 2013, 204). Gemessen hieran regeln die MFM-Empfehlungen für die streitgegenständlichen Lichtbilder schon deshalb nicht den bestimmungsgemäß betroffenen Markt, weil kein Berufsfotograf als Rechteinhaber betroffen ist (so auch LG Köln, Hinweisbeschl. v. 16.12.2008, 16 S 9/08, juris, Rn. 5, GRUR-RR 2009, 215; vgl. auch AG Köln, Urt. v. 31.03.2010, 125 C 417/09, juris). Die von einem Berufsfotografen erstellten Lichtbilder sind regelmäßig professionell hergestellt worden und weisen eine hohe Qualität auf. Hinzu kommt, dass die angesetzten Honorare die Einnahmen für die gewerbliche Tätigkeit der Fotografen darstellen; von diesen Zahlungseingängen müssen sie also auch sämtliche ihrer Betriebsausgaben bestreiten. Bei privat erstellten Lichtbildern bestehen dagegen zahlreiche Unterschiede. Zum einen weisen solche Fotos selten die Qualität von Bildern eines professionellen Fotografen auf. Oft fehlen die Erfahrung und auch die technische Ausstattung, um eine vergleichbare Qualität zu erzielen; es liegt auf der Hand, dass die Ergebnisse einer einfachen Kompakt-Digitalkamera, die von einem Amateur bedient wird, zu denen einer von einem erfahrenen Fotografen verwendeten professionellen Kamera, die ein Vielfaches kostet, deutliche Unterschiede aufweisen. Auch der vom Fotografen betriebene Aufwand ist oftmals deutlich geringer (so zutreffend AG Düsseldorf, Urt. v. 13.07.2011, 57 C 1701/11, juris, Rn. 18).

Hieraus folgt, dass die jeweilige Honorarempfehlung der MFM im Rahmen der Schätzung nach § 287 ZPO zwar als Ausgangspunkt verwendet werden kann. In einem zweiten Schritt ist jedoch eine Prüfung dahingehend vorzunehmen, ob das konkrete Lichtbild insgesamt als professionelles Werk anzusehen ist und tatsächlich am Markt entsprechende Preise erzielen könnte, oder ob bei einfacheren Bildern ein prozentualer Abschlag vorzunehmen ist. Eine schematische Übernahme der MFM-Empfehlungen scheidet im Streitfall vor diesem Hintergrund schon deshalb aus, weil sich die streitgegenständlichen Lichtbilder – bei denen es sich um äußerst simple Produktfotografien ohne jedwede Schaffenshöhe handelt – nach den Feststellungen des Sachverständigen X lediglich als semi-professionelle Arbeiten mit erheblichen Qualitätsmankos darstellen.

In Ausübung des im eingeräumten Ermessens schätzt der Senat vor diesem Hintergrund die angemessene Lizenzhöhe auf der Grundlage der MFM-Empfehlungen unter Berücksichtigung eines Abschlags von 60 %, so dass sich ein Anspruch der Klägerin in Höhe von lediglich 5.268,97 € (inkl. Verletzerzuschlag) ergibt und sie zudem Ausgleichung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten lediglich auf der Grundlage eines Gegenstandswertes von bis zu 6.000,00 € verlangen kann."


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LG Hamburg: Domaininhaber haftet jedenfalls ab Kenntnis von der Rechtsverletzung für Urheberrechtsverstoß - Fotoklau im Internet

LG Hamburg
Beschluss vom 24.03.2010
310 O 100/10


Das LG Hamburg hat mit diesem Beschluss nochmals klargestellt, dass der Inhaber einer Domain nach den Grundsätzen der Störerhaftung jedenfalls dann für Urheberrechtsverletzungen über seine Internetdomain haftet, wenn er über die Rechtsverletzung informiert wurde und diese nicht unverzüglich abstellt. Vorliegend hatte ein Online-Shop ein Produktbild aus dem Online-Shop eines Mitbewerbers kopiert und verwendet. Der deutschsprachige Shop wurde von eine Firma in Tschechien betrieben, der Domaininhaber hatte jedoch eine deutsche Anschrift.

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"LG Hamburg: Domaininhaber haftet jedenfalls ab Kenntnis von der Rechtsverletzung für Urheberrechtsverstoß - Fotoklau im Internet" vollständig lesen

LG Düsseldorf: Fotoklau im Internet - Wird ein Foto im Internet ohne Zustimmung und Benennung des Lichtbildners verwendet, ist ein Verletzerzuschlag von 100% gerechtfertigt

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 01.04.2009
12 O 277/08


Der Dauerbrenner Urheberrechtsverletzung durch die unerlaubte Verwendung fremder Lichtbilder beschäftigt immer wieder die Gerichte. Das LG Düsseldorf hat mit dieser Entscheidung noch einmal die gängige Rechtsprechung bestätigt, dass bei der Berechnung des Lizenzschadens die MFM-Richlinien herangezogen werden können und auch ein Verletzerzuschlag von 100 % gerechtfertigt ist, wenn der Lichtbildner nicht benannt wird.

Das Gericht befasst sich zudem mit der Frage, ob auch Bearbeitungen eines Lichtbilds nur mit Zustimmung des Lichtbildners verwendet werden darf. Das Gericht führt hierzu völlig zu Recht aus:

"Dabei ist es rechtlich unerheblich, dass die Klägerin zunächst das Lichtbild der Zeugin X bearbeitet hat. Der Klägerin stand dieses Bearbeitungsrecht zu. Im Fall einer Bearbeitung dahingehend, das ein Teil eines Lichtbildes für eine weitergehende Nutzung verändert wird, lässt dies die Lichtbildnerrechte nach § 72 Abs. 1 UrhG nicht untergehen. Die Klägerin hat lediglich einen Teil, den prägenden Teil, heraus kopiert. Diesen prägenden Teil hat die Beklagte kopiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Schutzgut des § 72 UrhG ist auch ein Teil einer Fotografie (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 72 Rdz. 15). Dem Urheberrechtsgesetz ist keine Einschränkung dahingehend zu entnehmen, dass in einem solchen Fall der Lichtbildner oder der Nutzungsrechtsinhaber die Rechte nach § 72 UrhG verliert."


Ferner weist das Gericht in den Entscheidungsgründen nochmals darauf hin, dass Produktfotos des Lieferanten nicht ohne ausdrückliche Zustimmung des Lichtbildners bzw. Rechteinhabers verwendet werden dürfen:

"Soweit sie vorträgt, sie habe die Fotografie von ihrem Warenlieferanten erhalten, führt dies nicht dazu, dass ihr gleichzeitig die Nutzungsrechte für ein öffentliches Zugänglichmachen eingeräumt worden sind. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es nicht allgemein üblich, dass Lieferanten Produktfotos ihrer Waren ihren Kunden zum Zwecke der Verwendung der Produktbilder zu Präsentationen und des Verkaufs einräumen. Eine schriftliche Vereinbarung diesbezüglich hat die Beklagte nicht behauptet."

Nach wie vor können wir Shop-Betreibern nur empfehlen, eigene Produktfotos zu erstellen.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

"LG Düsseldorf: Fotoklau im Internet - Wird ein Foto im Internet ohne Zustimmung und Benennung des Lichtbildners verwendet, ist ein Verletzerzuschlag von 100% gerechtfertigt" vollständig lesen