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BVerwG: Schutz personenbezogener Daten von Bundestagsabgeordneten geht pressrechtlichem Auskunftsanspruch über Anschaffungen aus Sachmittelpauschale vor

BVerwG
Ur­teile vom 16.03.2016
6 C 65.14
6 C 66.14


Das Bundesverwaltungsgericht hat in zwei Urteilen entschieden, dass der Schutz personenbezogener Daten von Bundestagsabgeordneten einem pressrechtlichen Auskunftsanspruch vorgehen kann. Vorliegend ging es um Anschaffungen von hochwertigen Produkten für die Büroausstattung aus der Sachmittelpauschale.

Die Pressemitteilung des BVerwG:

"Schutz personenbezogener Daten von Abgeordneten des Deutschen Bundestages kann Presseauskünfte zur Büroausstattung ausschließen

Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt in Leip­zig hat heute in zwei Re­vi­si­ons­ver­fah­ren ent­schie­den, unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen Pres­se­ver­tre­ter auf der Grund­la­ge des pres­se­recht­li­chen Aus­kunfts­an­spruchs von der Ver­wal­tung des Deut­schen Bun­des­ta­ges Aus­kunft dar­über er­hal­ten kön­nen, wel­che Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten wel­che An­schaf­fun­gen über die ihnen zu­ste­hen­de Pau­scha­le für Büro- und Ge­schäfts­be­darf ab­ge­rech­net haben.

Die Ab­ge­ord­ne­ten des Deut­schen Bun­des­ta­ges haben die Mög­lich­keit, im Rah­men ihrer Amts­aus­stat­tung nach dem Ab­ge­ord­ne­ten­ge­setz für einen Be­trag von der­zeit 12 000 € jähr­lich Ge­gen­stän­de für den Büro- und Ge­schäfts­be­darf an­zu­schaf­fen (Sach­mit­tel­pau­scha­le). Zu die­sem Zweck hat die Ver­wal­tung des Deut­schen Bun­des­ta­ges für jeden Ab­ge­ord­ne­ten ein Sach­leis­tungs­kon­to ein­ge­rich­tet. Der Klä­ger ist Re­dak­teur einer Ta­ges­zei­tung. Im An­schluss an Pres­se­be­rich­te über das Ein­kaufs­ver­hal­ten von Ab­ge­ord­ne­ten for­der­te er von der be­klag­ten Ver­wal­tung des Deut­schen Bun­des­ta­ges, ihm Zu­gang zu allen Un­ter­la­gen über den Er­werb von Mont­blanc-Schreib­ge­rä­ten und Di­gi­tal­ka­me­ras aus der Sach­mit­tel­pau­scha­le durch Ab­ge­ord­ne­te im Jahr 2009 zu ge­wäh­ren sowie Ab­lich­tun­gen von die­sen Un­ter­la­gen aus­zu­hän­di­gen (Ver­fah­ren BVerwG 6 C 65.14). Dar­über hin­aus be­gehr­te er, ihm unter Nen­nung der Namen Aus­kunft über den Er­werb von iPods aus der Sach­mit­tel­pau­scha­le durch Ab­ge­ord­ne­te im ers­ten Halb­jahr 2010 zu er­tei­len (Ver­fah­ren BVerwG 6 C 66.14). Nach Ver­wei­ge­rung der be­gehr­ten Aus­künf­te hat der Klä­ger Klage er­ho­ben, die in den Vor­in­stan­zen auch in­so­weit er­folg­los ge­blie­ben ist, als sie auf einen pres­se­recht­li­chen Aus­kunfts­an­spruch ge­stützt war.

Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt hat die Re­vi­sio­nen des Klä­gers zu­rück­ge­wie­sen. Die Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten haben ein be­rech­tig­tes In­ter­es­se an der Ver­trau­lich­keit von In­for­ma­tio­nen über die In­an­spruch­nah­me ihrer Sach­mit­tel­pau­scha­le, weil es sich um per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten han­delt, die von der Frei­heit des Man­dats ge­schützt sind. Die Schutz­wür­dig­keit die­ses In­ter­es­ses an Ver­trau­lich­keit ist al­ler­dings ge­min­dert, wenn - na­ment­lich auf der Grund­la­ge zu­nächst ohne Na­mens­nen­nung er­teil­ter oder zu­sam­men­ge­fass­ter An­ga­ben - kon­kre­te An­halts­punk­te für eine miss­bräuch­li­che, ins­be­son­de­re nicht man­dats­be­zo­ge­ne In­an­spruch­nah­me der Sach­mit­tel­pau­scha­le durch Ab­ge­ord­ne­te vor­lie­gen. In einem sol­chen Fall über­wiegt das grund­recht­lich ge­schütz­te In­for­ma­ti­ons­in­ter­es­se der Pres­se, auch unter Nen­nung der Namen über die An­schaf­fun­gen von Ab­ge­ord­ne­ten Aus­kunft zu er­hal­ten. Ein sol­cher Fall war hier nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts nicht ge­ge­ben.



BVerwG 6 C 65.14 - Ur­teil vom 16. März 2016

Vor­in­stan­zen:
OVG Ber­lin-Bran­den­burg 12 B 34.10 - Ur­teil vom 07. Juni 2012
VG Ber­lin 2 K 35.10 - Ur­teil vom 11. No­vem­ber 2010

BVerwG 6 C 66.14 - Ur­teil vom 16. März 2016

Vor­in­stan­zen:
OVG Ber­lin-Bran­den­burg 12 B 40.11 - Ur­teil vom 07. Juni 2012
VG Ber­lin 2 K 178.10 - Ur­teil vom 01. Sep­tem­ber 2011