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Volltext BGH liegt vor: Kein Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung an Hochzeits-Fotografin wegen coronabedingter Verlegung des Hochzeitstermins

BGH
Urteil vom 27.04.2023
VII ZR 144/22
BGB §§ 133, 157, § 275 Abs. 1, §§ 313, 648


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Kein Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung an Hochzeits-Fotografin wegen coronabedingter Verlegung des Hochzeitstermins über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:
1. Verpflichtet sich eine Fotografin zur fotografischen Begleitung einer kirchlichen Hochzeit und der sich anschließenden Feier, wird die geschuldete Leistung nicht deshalb unmöglich, weil die vom Brautpaar mit 104 Gästen geplante Hochzeit und Feier aufgrund der Beschränkungen durch eine Corona-Schutzverordnung in diesem Umfang nicht durchgeführt werden kann und deshalb verlegt wird.

2. Zu einer ergänzenden Vertragsauslegung bei pandemiebedingter Verlegung einer Hochzeit und Hochzeitsfeier.

BGH, Urteil vom 27. April 2023 - VII ZR 144/22 - LG Gießen - AG Gießen

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Kein Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung an Hochzeits-Fotografin wegen coronabedingter Verlegung des Hochzeitstermins

BGH
Urteil vom 27.04.2023
VII ZR 144/22


Der BGH hat entschieden, dass der Auftraggeber keinen Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung an eine Hochzeits-Fotografin wegen coronabedingter Verlegung des Hochzeitstermins hat.

Die Pressemitteilung des BGH:
Bundesgerichtshof zu Vergütungsansprüchen einer Hochzeits-Fotografin nach Verlegung des Hochzeitstermins wegen Beschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie

Der unter anderem für Rechtsstreitigkeiten über Werkverträge zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute über eine Klage auf Rückgewähr einer an eine Hochzeits-Fotografin geleisteten Anzahlung und auf Feststellung, dass ihr keine weiteren Vergütungsansprüche zustehen, weil die Kläger wegen Beschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie den Hochzeitstermin verlegten und deshalb von dem Vertrag zurücktraten bzw. diesen kündigten, entschieden.

Sachverhalt und bisheriger Prozessverlauf:

Die Kläger beabsichtigten, am 1. August 2020 kirchlich zu heiraten. Nachdem der Fotograf, der die standesamtliche Trauung begleitet hatte, zu diesem Termin verhindert war, wandten sich die Kläger an die Beklagte. Mit Schreiben vom 28. Oktober 2019 bedankte sich die Beklagte für "die Beauftragung" und stellte für "Reportage Hochzeit 01.08.2020 (1. Teilbetrag)" 1.231,70 € von der insgesamt vereinbarten Vergütung in Höhe von 2.463,70 € in Rechnung. Die Kläger überwiesen den geforderten "1. Teilbetrag".

Die Kläger beabsichtigten, zu ihrer kirchlichen Hochzeit 104 Gäste einzuladen. Die Durchführung der so geplanten Hochzeit war aufgrund von Beschränkungen im Rahmen der Corona-Pandemie nicht möglich. Die Kläger planten deshalb neu eine Hochzeitsfeier für den 31. Juli 2021 und teilten der Beklagten mit E-Mail vom 15. Juni 2020 mit, für den neuen Termin den Fotografen beauftragen zu wollen, der am 1. August 2020 verhindert gewesen sei. Daraufhin forderte die Beklagte ein weiteres Honorar von 551,45 €, was die Kläger ablehnten. Diese verlangten vielmehr die Rückzahlung der bereits überwiesenen 1.231,70 € und erklärten wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage den "Rücktritt von dem vorstehend bezeichneten Vertrag bzw. dessen Kündigung".

Mit ihrer Klage begehren die Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1.231,70 € und zusätzlicher 309,40 € für außergerichtliche Kosten sowie die Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sind, weitere 551,45 € an die Beklagte zu zahlen.

Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision haben die Kläger ihr Klagebegehren weiterverfolgt.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Kläger zurückgewiesen.

Das Berufungsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die Ansprüche der Kläger auf Rückgewähr der Anzahlung und Feststellung, eine weitere Vergütung von 551,45 € nicht zu schulden, verneint.

Ein Anspruch auf Rückgewähr der Anzahlung folgt nicht daraus, dass der Beklagten die von ihr geschuldete Leistung unmöglich geworden ist. Denn ihr war es trotz der zum Zeitpunkt der geplanten Hochzeitsfeier geltenden pandemiebedingten landesrechtlichen Vorgaben möglich, fotografische Leistungen für eine kirchliche Hochzeit und eine Hochzeitsfeier zu erbringen. Das betreffende Landesrecht erlaubte kirchliche Hochzeiten und Hochzeitsfeiern sowie die Erbringung von Dienstleistungen und Handwerkstätigkeiten. Soweit die Kläger die Hochzeit und die Hochzeitsfeier wegen der nicht einzuhaltenden Abstände von mindestens 1,5 m nicht im geplanten Umfang (104 Gäste) durchführen konnten, führt das nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung.

Der Rückzahlungsanspruch folgt des Weiteren nicht aus einem Rücktrittsrecht der Kläger wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage oder einer ergänzenden Vertragsauslegung. Die ergänzende Vertragsauslegung, die Vorrang vor den Regelungen über die Störung der Geschäftsgrundlage hat, ergibt, dass die pandemiebedingte Verlegung der für den 1. August 2020 geplanten Hochzeit und der Hochzeitsfeier keinen Umstand darstellt, der die Kläger zum Rücktritt vom Vertrag berechtigte. Der Umstand, dass die Kläger nach Absage des vereinbarten Termins nur aus Gründen, die nicht im Verantwortungsbereich der Beklagten liegen, einen anderen Fotografen bevorzugten, ist nach Treu und Glauben unter redlichen Vertragspartnern unerheblich und deshalb im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung nicht zu berücksichtigen.

Den von den Klägern erklärten "Rücktritt" bzw. die "Kündigung" des Vertrags hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise als freie Kündigung des Vertrags (§ 648 Satz 1 BGB) ausgelegt und darauf aufbauend einen Vergütungsanspruch der Beklagten aus § 648 Satz 2 BGB in Höhe von 2.099 € festgestellt. Dementsprechend besteht nicht nur kein Rückzahlungsanspruch der Kläger in Höhe von 1.231,70 €, sondern ist auch die negative Feststellungsklage der Kläger unbegründet. Deshalb können die Kläger schließlich die Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht verlangen.

Vorinstanzen:

AG Gießen - Urteil vom 26.November 2021 - 43 C 63/21
LG Gießen - Urteil vom 21. Juni 2022 - 1 S 1/22

Die maßgebliche Vorschrift lautet:

§ 648 BGB

Der Besteller kann bis zur Vollendung des Werks den Vertrag jederzeit kündigen. Kündigt der Besteller, so ist der Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen; er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.


OLG Nürnberg: Zur Auslegung eines Sponsoring-Vertrags zwischen Sportartikelhersteller und Vermarkter eines international bekannten Sportlers bei Vertragsverstößen

OLG Nürnberg
Urteil vom 27.06.2019
3 U 2801/19


Das OLG Nürnberg hat sich in dieser Entscheidung mit der Auslegung eines Sponsoring-Vertrags zwischen einem Sportartikelhersteller und dem Vermarkter eines international bekannten Sportlers bei Vertragsverstößen befasst.

Leitsätze des Gerichts:

1. Zur Auslegung eines englisch-sprachigen Sponsoring-Vertrags zwischen einem Sportartikelhersteller und einem Unternehmen, das über Vermarktungsrechte eines international bekannten Sportlers verfügt (im Folgenden Vermarkter).

2. Ergibt die Auslegung des Sponsoring-Vertrags, dass der Vermarkter die Pflichten des Sportlers, die Produkte des Sportartikelherstellers zu bewerben, als eigene Pflichten übernommen hat, ist der Sportler bei Vertragsverstößen regelmäßig als Erfüllungsgehilfe des Vermarkters anzusehen.

3. Sind in dem Sponsoring-Vertrag konkrete, terminbezogene Veranstaltungen aufgeführt, zu denen der Sportler die Produkte des Sportartikelherstellers bewerben soll, tritt, wenn der Sportler diese Produkte während der in der Vergangenheit liegenden Veranstaltungen nicht trug, grundsätzlich Unmöglichkeit der Leistungspflicht des Vermarkters für den abgelaufenen Zeitabschnitt ein.

4. Sind die Leistungen des Vermarkters aufgrund der vorangegangenen Kündigung des Rechtevertrags durch den Sportler für den Sportartikelhersteller ohne Interesse und völlig unbrauchbar, besteht in der Regel kein Vergütungsanspruch des Vermarkters.

5. Auch wenn die Auslegung ergibt, dass der im Sponsoring-Vertrag geregelte Anspruch des Sportartikelherstellers auf Zahlung von pauschaliertem Schadensersatz in einem synallagmatischen Verhältnis zum Vergütungsanspruch des Vermarkters steht, führt die Geltendmachung des pauschalierten Schadensersatzes nicht stets dazu, dass der Vermarkter dem Schadensersatzanspruch ohne weiteres seine Vergütungsansprüche entgegensetzen kann.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



AG Essen: Webdesign-Vertrag umfasst ohne entsprechende Regelung nicht die Suchmaschinenoptimierung

AG Essen
Urteil vom 16.03.2017
136 C 237/15


Das AG Essen hat entschieden, dass ein Vertrag zur Erstellung des Designs eines Internetauftritts
(Webdesignvertrag) regelmäßig nicht auch die Suchmaschinenoptimierung umfasst. Dies ist - so das Gericht dem Gutachter folgend - eine Frage der Programmierung. Étwas anderes gilt natürlich, wenn der Webdesign-Vertrag eine entsprechende Regelung enthält

Aus den Entscheidungsgründen:

"Gemäß dem Angebot vom 03.07.2015 schuldete der Kläger die Konzeption und das Design eines Internetauftritts der Beklagten. Wörtlich enthält das Angebot in dem Teil A. Konzeption und Design den Passus: Umsetzung eines suchmaschinenoptimierten 2-sprachigen, (deutsch/englisch) Layouts wie zum Beispiel bei der Mitbewerberseite von B-Fachübersetzungen. Anfrageformular und Referenzlogos auf der Startseite Haupt- und Nebennavigation.

Unter dem Teil B wurden Arbeiten bezüglich der Programmierung der Seite aufgeführt.

Die A-Kontorechnung vom 08.07.2015, welche die Beklagte bezahlt hat, umfasst die Konzeption und Design der Seite bezüglich des A des Angebotes. Diese Arbeiten hat der Kläger ordnungsgemäß erbracht. Der Sachverständige hat überzeugend und nachvollziehbar aufgeführt, dass ein Vergleich seitens des Klägers entwickelte Layouts durchaus mit der Seite der Firma B vergleichbar ist. Der Sachverständige hat dazu aus dem Internet die Seite der Firma B vom 22.03.2015 ausgesucht und mit dem von dem Kläger entwickeltem Layout verglichen. Die Unterschiede betreffen nach seinen Ausführungen lediglich Geschmackfragen. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass der Beklagte mit seiner E-Mail vom 12.08.2015 den Entwurf im Wesentlichen akzeptiert hat.

[...]

Zur fehlenden Suchmaschinenoptimierung führte der Sachverständige aus, dass die Firma Google seit Anfang 2015 eine für mobile Geräte passende Webseite höher bewertet, als eine nur für den PC optimierte Seite. Das gelte allerdings nur für Suchanfragen, die von mobilen Endgeräten gestellt werden. In näherer Darlegungf ührte der Sachverständige weiter aus, dass daher eigentlich zwei Layouts und zwar eins für große PC, bzw. Notebookbildschirme und ein zweites Layout für kleine/mobile Geräte notwendig seien.

Die Erstellung von zwei unterschiedlichen Layouts werden aber gemäß dem Angebot vom 03.07.2015 nicht geschuldet. Nach Auffassung des Gerichtes ist die Optimierung des Layouts für die unterschiedlichen Endgeräte der Nutzers eher eine Frage der Programmierung. Soweit sich daraus die Notwendigkeit von geringfügigen Änderungen des Layouts ergeben, müssten diese in dieser Phase durchgeführt werden."

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: