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OLG Frankfurt: Kein Nachvergütungsanspruch gemäß § 32a UrhG für Urheber der Abbildung des europäischen Kontinents auf Euro-Banknoten

OLG Frankfurt
Urteil vom 29.2.2024
11 U 83/22


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass dem Urheber der Abbildung des europäischen Kontinents, der sich auf den Euro-Banknoten befindet, kein Nachvergütungsanspruch gemäß § 32a UrhG zusteht.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Klage abgewiesen - Kein Nachvergütungsanspruch wegen Darstellung der europäischen Landmasse auf den Euro-Banknoten

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute verkündeter Entscheidung sog. Nachvergütungsansprüche wegen der Darstellung der europäischen Landmasse auf den Euro-Banknoten zurückgewiesen. Die Darstellung der europäischen Landmasse fußt auf einer von der Firma des Klägers lizenzierten Foto-Kollage aus zahlreichen Satellitenbildern. Die vom Kläger begehrte Beteiligung an den der Beklagten jährlich zugewiesenen so genannten Seigniorage-Einkünften scheidet nach Auffassung des OLG bereits deshalb aus, da diese Einkünfte nicht „aus der Nutzung des Werks“, sondern unabhängig von der optischen Gestaltung der Banknoten entstehen.

Der Kläger begehrt Nachvergütung wegen der Abbildung der europäischen Landmasse auf den Euro-Banknoten der ersten (2002) und der zweiten Serie (2019).

Die beklagte EZB ist allein berechtigt, Euro-Banknoten zu genehmigen und sie gemeinsam mit den nationalen Notenbanken auszugeben. Die Gestaltung der Euro-Banknoten war das Ergebnis eines mehrjährigen Prozesses, der mit einem Gestaltungswettbewerb begonnen hatte. Diesen hatte ein österreichischer Designer gewonnen. Seine Entwürfe sahen als eines der Gestaltungselemente eine Abbildung der europäischen Landmasse vor. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten beauftragte die vom Kläger geführte Firma, ihr dafür eine „satellite projection of Europe“ herzustellen und die Rechte an der Nutzung dieser Abbildung für damals 25.000 österreichische Schillinge zu übertragen.

Der Kläger behauptet, er selbst habe auftragsgemäß die streitgegenständliche Bilddatei aus einer Vielzahl von Satellitenbildern als Foto-Collage zusammengesetzt und bearbeitet. Er errechnet sich einen Nachvergütungsanspruch für die überlassene Bilddatei u.a. auf Basis der sog. Seigniorage-Einkünfte. Diese werden der Beklagten jährlich in Höhe von 8% des Werts aller im Euro-Währungsgebiet umlaufenden Geldscheine zugewiesen. Im Wege der Teilklage begehrt er Zahlung von 25.000,00 €. Widerklagend hat die Beklagte beantragt feststellen, dass dem Kläger kein weiterer Anspruch in Höhe von rund 5,5 Mio. € zustehe.

Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben.

Mit der Berufung verfolgte der Kläger erfolglos seinen Zahlungsanspruch in Höhe von 25.000 € weiter. Der für Urheberrecht zuständige 11. Zivilsenat kommt zu dem Ergebnis, dass dem Kläger auch bei einer zu seinen Gunsten unterstellten Urheberschaft an der Datei und der Annahme eines urheberrechtsschutzfähigen Werks kein Nachvergütungsanspruch zusteht. Der urheberrechtliche Nachvergütungsanspruch solle sicherstellen, dass der Schöpfer eines Werkes angemessen an der wirtschaftlichen Werknutzung beteiligt werde. Der Anspruch beziehe sich auf die Erträge und Vorteile „aus der Nutzung des Werkes“. Die vom Kläger angeführten Seigniorage-Einkünfte seien keine derartige wirtschaftliche Nutzung des vom Kläger reklamierten Werks. Sie entstünden ohne jede wirtschaftliche Verwertungshandlung des Werks allein aufgrund der gesetzlichen Vorgaben für die Geldpolitik. „Der Wert der Banknoten - und damit verbunden die Höhe der Seigniorage-Einkünfte - bestimmt sich allein nach ihrem zahlenmäßigen Aufdruck/der Stückelung. Ihre optische Gestaltung wirkt sich weder auf den aufgedruckten Wert noch den Umfang des Umlaufvermögens aus“, vertieft das OLG. Der Umfang des umlaufenden Barvermögens werde rein ökonomisch ermittelt. Auch ohne Verwendung einer Abbildung der Landmasse Europas auf den Banknoten wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, Banknoten im jeweils erforderlichen Umfang und den erforderlichen Größen zu genehmigen und auszugeben. Sie hätte in diesem Fall Seigniorage-Einkünfte in identischer Höhe erhalten.

Darüber hinaus seien die geldwerten Vorteile der Beklagten auch deshalb nicht „aus der Nutzung des Werkes“ entstanden, da die auf den Banknoten dargestellte europäische Landmasse als so genannte freie Benutzung anzusehen sei. Die eigentümlichen Bestandteile des Werkes des Klägers, das sich u.a. durch eine naturgetreue und in den Farben an der Farbskala eines Atlasses orientierten Darstellung auszeichne, träten hinter die eigenschöpferischen Veränderungen der Beklagten zurück. Prägend für die Banknoten sei insbesondere die einheitliche, an der Stückelungsgröße orientierte farbliche Gestaltung. „Der Betrachter nimmt keine naturgetreue Abbildung Europas war, sondern ein grafisches Element mit den Umrissen Europas“, begründet der Senat weiter.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Der Kläger kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde die Zulassung der Revision beim Bundesgerichtshof begehren.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 29.2.2024, Az. 11 U 83/22
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 18.5.2024, Az. 2-06 52/21)

Erläuterungen
§ 32a UrhG Weitere Beteiligung des Urhebers
Hat der Urheber einem anderen ein Nutzungsrecht zu Bedingungen eingeräumt, die dazu führen, dass die vereinbarte Gegenleistung sich unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen des Urhebers zu dem anderen als unverhältnismäßig niedrig im Vergleich zu den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes erweist, so ist der andere auf Verlangen des Urhebers verpflichtet, in eine Änderung des Vertrages einzuwilligen, durch die dem Urheber eine den Umständen nach weitere angemessene Beteiligung gewährt wird. Ob die Vertragspartner die Höhe der erzielten Erträge oder Vorteile vorhergesehen haben oder hätten vorhersehen können, ist unerheblich.



LG Frankfurt: Kein Nachvergütungsanspruch aus § 32a UrhG für Urheber der Abbildung des europäischen Kontinents auf Euro-Banknoten

LG Frankfurt
Urteil vom 18.05.2022
2-06 O 52/21


Das LG Frankfurt hat entschieden, dass dem Urheber der Abbildung des europäischen Kontinents, der sich auf den Euro-Banknoten befindet, kein Nachvergütungsanspruch aus § 32a UrhG zusteht.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Abbildung des europäischen Kontinents auf Euro-Banknoten - Urheber der Bilddatei steht keine Nutzungsvergütung zu

Das Landgericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass der Urheber des Bildes von Europa, das auf allen Euro-Banknoten in abgewandelter Form verwendet wird, keine Vergütung für die Nutzung verlangen kann.

Der Kläger ist Geograf und Karthograph. Er hatte eine Abbildung des europäischen Kontinents erstellt und dafür verschiedene Satellitenbilder und digitale Dateien verwendet, bearbeitet und verändert, Küstenlinien, Fjorde und Inseln verschoben und Oberflächenstrukturen und Farben überarbeitet. Das so geschaffene Bild wurde im Rahmen eines 1996 ausgetragenen Wettbewerbs um die Gestaltung der Euro-Banknoten in dem letztlich als Sieger auserkorenen Entwurf verwendet. Der Kläger übertrug einer europäischen Institution die Nutzungsrechte an der bearbeiteten Satellitenaufnahme und erhielt dafür 2.180 €. Später wurde die Lizenz zur Nutzung des Bildes auf die Europäische Zentralbank übertragen.

Der Kläger hat verlangt, dass die Europäische Zentralbank ihm eine sog. angemessene Vergütung bzw. Nachvergütung nach dem Urhebergesetz zahlt. Für die Vergangenheit hat er 2,5 Mio. Euro gefordert und zusätzlich jährlich 100.000 Euro für die Dauer von weiteren 30 Jahren.

Das Landgericht Frankfurt am Main hat die Klage abgewiesen. Eine Vergütung nach dem Urhebergesetz sei ausgeschlossen, weil ein Werk des Klägers tatsächlich nicht genutzt werde. Die Richterinnen und Richter erklärten in ihrem Urteil: „Zwar wird die Bilddatei des Klägers als Ausgangsprodukt für die Gestaltung verwendet, indem die Satellitenansicht Europas in ihren Umrissen übernommen wird.“ Jedoch weiche die Darstellung auf den Euro-Banknoten so stark von dem Satellitenbild des Klägers ab, dass ein selbständiges, neues Werk geschaffen worden sei. Maßgeblich sei, ob „die dem geschützten älteren Werk entlehnten eigenpersönlichen Züge im neuen Werk zurücktreten, sodass die Benutzung des älteren Werkes durch das neue nur noch als Anregung zu einem neuen, selbständigen Werkschaffen erscheint.“ Das sei vorliegend der Fall: „Bei einem Gesamtvergleich der Bilddatei mit den Euro-Banknoten ist ein Verblassen der eigenschöpferischen Merkmale der Bilddatei anzunehmen.“ Denn der europäische Kontinent werde nur auf einem verhältnismäßig geringen Teil der Banknoten dargestellt. Auf dem Bild des Klägers seien die Landmassen Europas außerdem in naturtypischer Darstellung in grün und dunkelbraun gehalten, während der Kontinent auf den Euro-Banknoten in der jeweiligen Grundfarbe der Stückelung nur einfarbig mit Linienreliefs gestaltet werde. Schließlich sei auf den Geldscheinen von der für eine Satellitenaufnahme prägenden Darstellung der Lebensumwelt, insbesondere der Höhen und Tiefen der Landschaftselemente, vollständig Abstand genommen worden.

Das Urteil vom 18.5.2022 (Aktenzeichen: 2-06 O 52/21) ist nicht rechtskräftig.
Zur Erläuterung
§ 32 Absatz 1 Urhebergesetz:
„Der Urheber hat für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, gilt die angemessene Vergütung als vereinbart. (…)“

§ 32a Absatz 1 Urhebergesetz:
„Hat der Urheber einem anderen ein Nutzungsrecht zu Bedingungen eingeräumt, die dazu führen, dass die vereinbarte Gegenleistung sich unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen des Urhebers zu dem anderen als unverhältnismäßig niedrig im Vergleich zu den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes erweist, so ist der andere auf Verlangen des Urhebers verpflichtet, in eine Änderung des Vertrages einzuwilligen, durch die dem Urheber eine den Umständen nach weitere angemessene Beteiligung gewährt wird. (…)“

§ 23 Absatz 1 Urhebergesetz:
„Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen eines Werkes (…) dürfen nur mit Zustimmung des Urhebers veröffentlicht werden. Wahrt das neu geschaffene Werk einen hinreichenden Abstand zum benutzten Werk, so liegt keine Bearbeitung oder Umgestaltung im Sinne des Satzes 1 vor.“



Volltext BGH liegt vor: Zur Angemessenheit der Nachvergütung nach § 32a UrhG für Chefkameramann des Films "Das Boot"

BGH
Urteil vom 01.04.2021
I ZR 9/18
Das Boot III
UrhG § 32 Abs. 2 Satz 2, § 32a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1

Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Zur Angemessenheit der Nachvergütung nach § 32a UrhG für Kameramann des Films "Das Boot" - Erneut Zurückverweisung an das OLG über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) Bei der Prüfung des auffälligen Missverhältnisses gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 UrhG kommt es ausschließlich auf das Verhältnis zwischen dem Urheber und dem auf weitere Beteiligung in Anspruch genommenen Nutzungsberechtigten an. Gibt es nur einen Vertragspartner, kann die gesamte mit dem Urheber vereinbarte Vergütung ins Verhältnis zu den gesamten vom Nutzungsberechtigten erzielten Erträgen und Vorteilen gesetzt werden. Gibt es dagegen einen Vertragspartner, der mehreren Dritten unterschiedliche Nutzungsrechte eingeräumt hat, kann bei der Prüfung des auffälligen Missverhältnisses nicht die gesamte mit dem Urheber vereinbarte Vergütung zu den gesamten vom Vertragspartner und den Dritten erzielten Erträgen und Vorteilen ins Verhältnis gesetzt werden, sondern nur der Teil der vereinbarten Gegenleistung, der auf die verwerteten Nutzungsrechte entfällt. Es ist deshalb notwendig, auf allen Stufen der Prüfung des Anspruchs auf weitere angemessene Beteiligung gemäß § 32a UrhG die für die Einräumung der von dem jeweiligen Nutzungsberechtigten genutzten Nutzungsrechte (fiktiv) vereinbarte Vergütung ins Verhältnis zu den mit der Nutzung dieser Rechte erzielten Erträgen und Vorteilen zu setzen (Fortführung von BGH, GRUR 2020, 611 Rn. 46, 114, 128, 130 und 158 - Das Boot II).

b) Bei Filmwerken werden Urheber in einer die Vermutung gemäß § 10 Abs. 1 UrhG begründenden Weise üblicherweise im Vor- oder Abspann aufgeführt.

c) Soweit im Abspann eines Filmwerks neben einem "Chefkameramann" weitere "zusätzliche" Kameramänner aufgeführt werden, kommt darin zwar eine Weisungsbefugnis des "Chefkameramanns" und eine korrespondierende Weisungsgebundenheit der "zusätzlichen" Kameramänner zum Ausdruck. Es kann allerdings nicht ohne gesonderte Feststellungen angenommen werden, dass das Weisungsverhältnis über die Organisation und die technische Durchführung der Dreharbeiten hinausgreift und eine die
(Mit-)Urhebereigenschaft begründende eigene schöpferische Leistung der "zusätzlichen" Kameraleute ausschließt.

BGH, Urteil vom 1. April 2021 - I ZR 9/18 - OLG München - LG München I

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Zur Angemessenheit der Nachvergütung nach § 32a UrhG für Kameramann des Films "Das Boot" - Erneut Zurückverweisung an das OLG

BGH
Urteil vom 01.04.2021
I ZR 9/18

Der BGH hat sich abermals zur Angemessenheit der Nachvergütung nach § 32a UrhG für den Chefkameramann des Films "Das Boot" geäußert und seine Rechtsprechung zu § 32a UrhG weiter präzisiert. Erneut kommt es zu einer Zurückverweisung an das OLG.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Zur Vergütung des Chefkameramanns des Filmwerks "Das Boot"

Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat erneut über eine weitere angemessene Beteiligung des Chefkameramanns des Filmwerks "Das Boot" an den von der Produktionsgesellschaft, dem Westdeutschen Rundfunk und dem Videoverwerter erzielten Vorteilen aus der Verwertung des Films entschieden.

Sachverhalt:

Der Kläger war Chefkameramann des in den Jahren 1980/1981 hergestellten Filmwerks "Das Boot". Der Film wurde national und international im Kino, im Fernsehen sowie auf Videokassette und DVD ausgewertet. Die Beklagte zu 1 hat den Film produziert und mit dem Kläger für seine Leistung eine Pauschalvergütung in Höhe von 204.000 DM (104.303,54 €) gegen Einräumung sämtlicher Nutzungsrechte vereinbart. Sie hat den Film an die Beklagten zu 2 und 3 sowie weitere Dritte lizenziert und im Rahmen der "Bavaria Filmtour" auf ihrem Studiogelände in München genutzt. Der Beklagte zu 2 ist der Westdeutsche Rundfunk (WDR). Er hat den Film in seinem Sender und im Gemeinschaftsprogramm der ARD ausgestrahlt sowie entgeltliche Sublizenzen erteilt. Die Beklagte zu 3 hat das Werk auf Grundlage von Lizenzverträgen auf Bildträgern (DVD etc.) in Deutschland und Österreich verbreitet.

Der Kläger macht gegen die Beklagten für nach dem 28. März 2002 erfolgte Werknutzungen jeweils einen Anspruch auf weitere angemessene Beteiligung nach § 32a Abs. 1 UrhG (Beklagte zu 1) und § 32a Abs. 2 UrhG (Beklagte zu 2 und 3) geltend, weil ihre aus der Werknutzung gezogenen Erträgnisse und Vorteile in einem auffälligen Missverhältnis zu seiner Vergütung stünden. Ferner beansprucht er gegenüber der Beklagten zu 1 Vertragsanpassung und gegenüber den Beklagten zu 2 und 3 jeweils Feststellung der Verpflichtung zur künftigen weiteren Beteiligung. Zudem verlangt er von der Beklagten zu 3 Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten. Die Beklagten beantragen jeweils Klageabweisung.

Bisheriger Prozessverlauf:

Der Kläger hat die Beklagten bereits auf einer ersten Klagestufe mit Erfolg auf Erteilung von Auskünften über die jeweils erzielten Erträgnisse und Vorteile in Anspruch genommen (BGH, Urteil vom 22. September 2011 - I ZR 127/10 - Das Boot I).

Seine im vorliegenden Rechtsstreit auf die erteilten Auskünfte gestützte Zahlungsklage hatte vor dem Landgericht teilweise Erfolg (LG München I, ZUM 2016, 776). Auf die Berufung sämtlicher Parteien hat das Oberlandesgericht das Urteil abgeändert und die Beklagte zu 1 zur Zahlung von 162.079,27 € und zur Einwilligung in die Anpassung des streitgegenständlichen Vertrages verurteilt. Die Beklagten zu 2 und 3 hat es zur Zahlung in Höhe von 89.856,59 € bzw. 186.490,74 € verurteilt; zudem hat es für die Zeit ab dem 9. Oktober 2015 bzw. ab dem 1. April 2017 deren Verpflichtung zur Zahlung einer weiteren angemessenen Beteiligung festgestellt. Im Übrigen hat das Berufungsgericht die Klagen abgewiesen (OLG München, GRUR-RR 2018, 225).

In einem weiteren Verfahren hat der Kläger die mit dem Beklagten zu 2 in der ARD organisierten öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten aus § 32a Abs. 2 UrhG in Anspruch genommen (OLG Stuttgart, ZUM-RD 2019, 20). Hierüber hat der Senat durch Zurückverweisung der Sache ans Berufungsgericht entschieden (Urteil vom 20. Februar 2020 - I ZR 176/18, GRUR 2020, 611 - Das Boot II; vgl. dazu die Pressemitteilung Nr. 20/2020).

Mit den vom Senat zugelassenen Revisionen haben die Parteien ihre Anträge weiterverfolgt.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung einer weiteren angemessenen Beteiligung nicht zuerkannt werden.

Der Kläger kann von den Beklagten nach § 32a Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 UrhG eine weitere angemessene Beteiligung beanspruchen, wenn die Vergütung, die er mit der Beklagten zu 1 vereinbart hat, in einem auffälligen Missverhältnis zu den Vorteilen steht, die die Beklagten mit der Verwertung des Films erzielt haben. Ein auffälliges Missverhältnis liegt jedenfalls vor, wenn die vereinbarte Vergütung nur die Hälfte der angemessenen Vergütung beträgt, also der Vergütung, die mit Rücksicht auf die Höhe der erzielten Vorteile üblicher- und redlicherweise zu leisten ist.

Das Berufungsgericht hat seiner Prüfung, ob im Streitfall ein solches auffälliges Missverhältnis besteht, die vereinbarte Pauschalvergütung im Hinblick auf jeden Beklagten in voller Höhe zugrunde gelegt. Es hat dabei nicht berücksichtigt, dass es bei der Prüfung des auffälligen Missverhältnisses gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 UrhG ausschließlich auf das Verhältnis zwischen dem Urheber und dem auf weitere Beteiligung in Anspruch genommenen Nutzungsberechtigten ankommt. Gibt es nur einen Vertragspartner, kann die gesamte mit dem Urheber vereinbarte Vergütung ins Verhältnis zu den gesamten vom Nutzungsberechtigten erzielten Erträgen und Vorteilen gesetzt werden. Gibt es dagegen - wie im vorliegenden Fall - einen Vertragspartner, der mehreren Dritten unterschiedliche Nutzungsrechte eingeräumt hat, muss bei der Prüfung des auffälligen Missverhältnisses jeweils der - zu schätzende - Teil der vereinbarten Gegenleistung, der auf die von dem jeweiligen Nutzungsberechtigten verwerteten Nutzungsrechte entfällt, ins Verhältnis zu den von diesem Nutzungsberechtigten erzielten Erträgen und Vorteilen gesetzt werden.

Das Berufungsgericht hat ferner die von den Beklagten mit der Nutzung der urheberrechtlich geschützten Leistung des Klägers erzielten Vorteile unter indizieller Heranziehung von Vergütungsregelungen in Tarifverträgen und gemeinsamen Vergütungsregeln bestimmt, die nach den Umständen des Streitfalls unmittelbar nicht anwendbar sind. Der Bundesgerichtshof hat diese Bemessung der Vorteile durch das Berufungsgericht gebilligt. Den Gerichten ist für die im Wege der Schätzung zu ermittelnde Höhe des Vorteils nach § 287 Abs. 2 ZPO ein weites Ermessen eingeräumt. In der Revisionsinstanz ist eine solche Schätzung nur eingeschränkt darauf überprüfbar, ob das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung von zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen ist und sämtliche für die Beurteilung bedeutsamen Tatsachen berücksichtigt hat. Danach ist die vom Berufungsgericht vorgenommene Schätzung des Vorteils durch indizielle Heranziehung von nach den Umständen sachgerechten Bewertungsgrundlagen aus Tarifverträgen und gemeinsamen Vergütungsregelungen grundsätzlich nicht zu beanstanden. Die vom Berufungsgericht vorgenommene indizielle Anwendung dieser Regelungen hält der rechtlichen Nachprüfung jedoch nicht in allen Einzelheiten stand (vgl. dazu bereits die Pressemitteilung Nr. 20/2020).

Wegen dieser Berechnungsfehler bei der Prüfung des vom Kläger erhobenen Anspruchs ist der Annahme des Berufungsgerichts, es liege im Verhältnis zu jedem Beklagten ein auffälliges Missverhältnis vor, die Grundlage entzogen. Das Berufungsgericht wird daher im wiedereröffneten Berufungsverfahren erneut zu prüfen haben, ob der auf die Einräumung der bei den Beklagten jeweils in Rede stehenden Rechte entfallende Teil der vereinbarten Pauschalvergütung in einem auffälligen Missverhältnis zu den von den Beklagten mit der Nutzung der urheberrechtlich geschützten Leistung des Klägers erzielten Vorteilen steht und der Kläger von den Beklagten daher eine weitere angemessene Beteiligung beanspruchen kann.

Vorinstanzen:

LG München I - Urteil vom 2. Juni 2016 - 7 O 17694/08

OLG München - Urteil vom 21. Dezember 2017 - 29 U 2619/16

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 32 UrhG Angemessene Vergütung

(1) Der Urheber hat für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, gilt die angemessene Vergütung als vereinbart. Soweit die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist, kann der Urheber von seinem Vertragspartner die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, durch die dem Urheber die angemessene Vergütung gewährt wird.

(2) Eine nach einer gemeinsamen Vergütungsregel (§ 36) ermittelte Vergütung ist angemessen. Im Übrigen ist die Vergütung angemessen, wenn sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem entspricht, was im Geschäftsverkehr nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit, insbesondere nach Dauer, Häufigkeit, Ausmaß und Zeitpunkt der Nutzung, unter Berücksichtigung aller Umstände üblicher- und redlicherweise zu leisten ist.

§ 32a UrhG Weitere Beteiligung des Urhebers

(1) Hat der Urheber einem anderen ein Nutzungsrecht zu Bedingungen eingeräumt, die dazu führen, dass die vereinbarte Gegenleistung unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen des Urhebers zu dem anderen in einem auffälligen Missverhältnis zu den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes steht, so ist der andere auf Verlangen des Urhebers verpflichtet, in eine Änderung des Vertrages einzuwilligen, durch die dem Urheber eine den Umständen nach weitere angemessene Beteiligung gewährt wird. Ob die Vertragspartner die Höhe der erzielten Erträge oder Vorteile vorhergesehen haben oder hätten vorhersehen können, ist unerheblich.

(2) Hat der andere das Nutzungsrecht übertragen oder weitere Nutzungsrechte eingeräumt und ergibt sich das auffällige Missverhältnis aus den Erträgnissen oder Vorteilen eines Dritten, so haftet dieser dem Urheber unmittelbar nach Maßgabe des Absatzes 1 unter Berücksichtigung der vertraglichen Beziehungen in der Lizenzkette. Die Haftung des anderen entfällt. ...

§ 287 ZPO Schadensermittlung; Höhe der Forderung

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. …

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

BGH: Bürge hat kein Widerrufsrecht gemäß § 312g BGB

BGH
Urteil vom 22.09.2020
XI ZR 219/19
BGB §§ 312, 312b, 312g, 765


Der BGH hat entschieden, dass ein Bürge kein Widerrufsrecht gemäß § 312g BGB hat.

Leitsatz des BGH:

Ein Bürge hat kein Widerrufsrecht gemäß § 312g BGB (Abgrenzung zu Senat, Urteil vom 9. März 1993 - XI ZR 179/92, WM 1993, 683).

BGH, Urteil vom 22. September 2020 - XI ZR 219/19 - OLG Hamburg - LG Hamburg

Den Volltext der Entscheidung finden sie hier:

Volltext BGH: Schadensersatz wegen Vertragsverletzung wenn Vertragspartner unter Verletzung einer Gerichtsstandsvereinbarung vor US-Gericht verklagt wird

BGH
Urteil vom 17.10.2019
III ZR 42/19
Schadensersatz, Gerichtsstandsvereinbarung
BGB § 280 Abs. 1


Wir hatten bereits in dem Beirag BGH: Schadensersatz wegen Vertragsverletzung wenn Vertragspartner unter Verletzung einer Gerichtsstandsvereinbarung vor US-Gericht verklagt wird über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) Die Vereinbarung eines inländischen Gerichtsstands kann eine Verpflichtung begründen, Klagen nur an diesem Gerichtsstand zu erheben.

b) Verletzt eine Vertragspartei schuldhaft diese Verpflichtung durch die Klage vor einem US-amerikanischen Gericht, das die Klage wegen fehlender Zuständigkeit abweist und entsprechend US-amerikanischem Prozessrecht ("American rule of costs") eine Kostenerstattung nicht anordnet, ist sie gemäß § 280 Abs. 1 BGB verpflichtet, der anderen Partei die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung zu ersetzen.

BGH, Urteil vom 17. Oktober 2019 - III ZR 42/19 - OLG Köln - LG Bonn

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Schadensersatz wegen Vertragsverletzung wenn Vertragspartner unter Verletzung einer Gerichtsstandvereinbarung vor US-Gericht verklagt wird

BGH
Urteil vom 17.10.2019
III ZR 42/19


Der BGH hat entschieden, dass ein Schadensersatzanspruch wegen Vertragsverletzung bestehen kann, wenn der Vertragspartner unter Verletzung einer wirksam vereinbarten Gerichtsstandvereinbarung, wonach der ausschließliche Gerichtsstand in Deutschland ist, vor einem US-Gericht verklagt wird.

Die Pressemitteilung des BGH:

Schadensersatzanspruch bei Verletzung einer Gerichtsstandvereinbarung durch Klage vor einem
US-amerikanischen Gericht

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass einem Vertragspartner ein Anspruch auf Ersatz der Kosten zustehen kann, die ihm entstanden sind, weil er entgegen der Vereinbarung eines ausschließlichen Gerichtsstands in Deutschland vor einem US-amerikanischen Gericht verklagt worden ist.

Sachverhalt:

Die Parteien sind Telekommunikationsunternehmen. Die Beklagte hat ihren Sitz in Bonn, die Klägerin ist in Washington D.C. ansässig. Sie sind durch ein "Internet Peering Agreement" verbunden, nach dem sie wechselseitig verpflichtet sind, den Datenverkehr der jeweils anderen Partei an sogenannten Peering-Punkten aufzunehmen, in ihrem Netzwerk an die darüber angeschlossenen Kunden weiter zu transportieren und dabei für die erforderliche Übertragungskapazität an den Peering-Punkten innerhalb ihrer Netzwerke zu sorgen. Der Vertrag enthält die Vereinbarung, dass deutsches Recht anwendbar und Gerichtsstand Bonn ist.

Nachdem Bestrebungen der Klägerin, die (kostenlose) Aufstockung von Übertragungskapazitäten zu erreichen, erfolglos geblieben waren, erhob sie im Jahr 2016 Klage vor einem Bundesgericht (District Court) in den USA, mit der sie die Schaffung zusätzlicher Kapazitäten begehrte. Dieses Gericht wies die Klage aufgrund der Gerichtsstandvereinbarung wegen fehlender Zuständigkeit ab. Eine Kostenerstattung findet in den USA nach der "American Rule of Costs" grundsätzlich nicht statt. Der District Court ordnete eine solche auch nicht an.

Die Klägerin erhob nunmehr eine inhaltlich entsprechende Klage vor dem Landgericht Bonn. Mit der Widerklage verlangt die Beklagte Ersatz der ihr durch die Verteidigung gegen die Klage vor dem District Court entstandenen Kosten, die sie auf 196.118,03 USD beziffert.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Die Klägerin hat beschränkt auf die Widerklage Berufung eingelegt. Auf diese hat das Oberlandesgericht die Widerklage abgewiesen.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision der Beklagten das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung dorthin zurückverwiesen.

Die Vereinbarung des Gerichtsstands in Bonn und der Geltung deutschen Rechts ist dahin auszulegen, dass die Parteien verpflichtet sind, Klagen aus dem Vertrag nur in diesem Gerichtsstand zu erheben und widrigenfalls - jedenfalls soweit das angerufene Gericht, wie der District Court, seine Unzuständigkeit erkannt hat der anderen Partei die dadurch entstandenen Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung zu erstatten.

Mit einer solchen Vereinbarung haben die Parteien ihr Interesse zum Ausdruck gebracht, Rechtsstreitigkeiten sowohl in materiell-rechtlicher als auch in prozessualer Hinsicht planbar zu machen. Mit ihr wollen gerade die im internationalen Rechtsverkehr tätigen Vertragsparteien Rechtssicherheit schaffen und (auch wirtschaftliche) Prozessrisiken berechenbar machen. Sie bezwecken mit der Festlegung auf einen konkreten Gerichtsort die Auswahl eines bestimmten Gerichtsstands und wollen insbesondere ein nachträgliches "forum shopping" durch eine Vertragspartei verhindern. Dieser Zweck, Streitigkeiten über die Zuständigkeit und damit auch unnötige Kosten für die Anrufung eines unzuständigen Gerichts zu vermeiden, kann, wenn er durch die Anrufung eines Gerichts unter Verstoß gegen die Vereinbarung konterkariert wird, nur dadurch verwirklicht werden, dass der dadurch belasteten Partei ein Anspruch auf Kostenerstattung zugestanden wird. Mit der Vereinbarung deutschen Rechts insgesamt haben die Parteien zudem sowohl den aus § 280 Abs. 1 BGB folgenden allgemeinen Grundsatz anerkannt, dass eine Nichtbeachtung vertraglicher Pflichten, namentlich auch die pflichtwidrige Anrufung eines Gerichts, einen Ersatzanspruch begründen kann, als auch das Prinzip, dass eine in einem Zivilrechtsstreit unterliegende Partei der anderen zur Erstattung der zur Rechtsverteidigung erforderlichen Kosten verpflichtet ist. Dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allein in der Inanspruchnahme eines staatlichen, gesetzlich geregelten Rechtspflegeverfahrens zur Durchsetzung vermeintlicher Rechte grundsätzlich keine zum Schadensersatz verpflichtende Vertragsverletzung gesehen werden kann, steht dem nicht entgegen. Dieser Grundsatz schützt den verfassungsrechtlich gewährleisteten freien Zugang zu staatlichen Gerichten. Dieser Zugang wird durch das Risiko der Pflicht zur Kostenerstattung, das jeder Klageerhebung innewohnt, nicht in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise eingeschränkt.

Mit ihrer Klage vor dem Bundesgericht in den USA hat die Klägerin diese Verpflichtungen schuldhaft verletzt und sich daher schadensersatzpflichtig gemacht. Da zur Erforderlichkeit der Kosten, die der Beklagten durch die vorsorgliche Einlassung vor dem District Court auch zur Sache entstanden sind, noch Feststellungen erforderlich sind, konnte der Bundesgerichtshof in der Sache nicht abschließend entscheiden und hat die Sache daher an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Vorinstanzen:

LG Bonn – Urteil vom 08.11.2017 - 16 O 41/16

OLG Köln – Urteil vom 26.02.2019 - 3 U 159/17

Die maßgebliche Vorschrift lautet:

§ 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.


LG Dortmund: DSGVO steht Auskunftsanspruch des Mieters auf Benennung der Adresse der Vermieterin bzw. der namentlichen Benennung der Gesellschafter einer GbR nicht entgegen

LG Dortmund
Beschluss vom 18.03.2019
1 S 9/19


Das LG Dortmund hat im Rahmen eines Hinweisbeschlusses dargelegt, dass die Vorgaben der DSGVO einem Auskunftsanspruch des Mieters auf Benennung der Adresse der Vermieterin bzw. der namentlichen Benennung der Gesellschafter der vermietenden GbR nicht entgegen steht. Der Vermieter hat insofern ein berechtigtes Interesse.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Kläger haben gegen die Beklagte aufgrund einer zwischen ihnen bestehenden Sonderbeziehung, resultierend aus dem Mietverhältnis, in welchem die Beklagte die O GbR weitgehend vertritt, den geltend gemachten Auskunftsanspruch.

1. Die Kläger haben ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse an der Benennung der Adresse der Vermieterin bzw. der namentlichen Benennung der entsprechenden Gesellschafter sowie von deren Adressen. Die Kläger haben mit der O GbR einen Mietvertrag abgeschlossen und nach Beendigung des Mietverhältnisses droht nunmehr eine gerichtliche Auseinandersetzung. In diesem Zusammenhang können die Kläger nicht auf die Adresse der Beklagten verwiesen werden bzw. darauf, die Vollstreckung unter dieser Adresse erst einmal zu versuchen. Um die O GbR bzw. deren Gesellschafter in Anspruch nehmen und auch entsprechend vollstrecken zu können, sind die Kläger auf die entsprechenden Adressen und die Namen der Gesellschafter angewiesen.

2. Die Kläger können nicht darauf verwiesen werden, sich die Informationen selber zu beschaffen, sei es durch Einsichtnahme in das Grundbuch oder durch die Einholung von Auskünften des Einwohnermeldeamtes. Die Kläger sind nicht gehalten, sich die notwendigen Informationen über ihre Vertragspartnerin selber zu beschaffen.

3. Auch die DSGVO steht einem Auskunftsanspruch der Kläger nicht entgegen. Die O GbR ist die Vertragspartnerin der Kläger und das Interesse der Vermieterin bzw. ihrer Gesellschafter an der Geheimhaltung ihrer Namen und Adressen vor den eigenen Vertragspartnern überwiegt keineswegs das Auskunftsinteresse der Kläger, vielmehr überwiegt gerade das Interesse der Kläger daran, die ladungsfähige Anschrift der Vermieterin und der Gesellschafter sowie deren Namen zu erfahren. Die Beklagte trägt kein überwiegendes Geheimhaltungsinteresse der Vermieterin bzw. der Gesellschafter vor. Ein solches dürfte angesichts der Tatsache, dass es sich bei den Klägern um die Vertragspartner der O GbR handelt allerdings auch schwerlich vorstellbar sein, zumal die begehrten Daten gerade nicht öffentlich oder an unbeteiligte Dritte bekannt gemacht werden sollen.

4. Soweit die Beklagte vorträgt, die O GbR habe sich die Kläger als Mieter nicht ausgesucht, erschließt sich der Kammer nicht, was die Beklagte mit diesem Vortrag bezweckt bzw. welche Schlüsse daraus gezogen werden sollen. Es ist der Vermieterin unbenommen, sich bei den Vertragsschlüssen durch eine Hausverwaltung vertreten zu lassen, aber das ändert nichts an den sich aus den Verträgen ergebenden Rechten und Pflichten. Die Kläger und die O GbR sind durch einen Mietvertrag miteinander verbunden und aus diesem Vertrag ergeben sich für beide Vertragsparteien Rechte und Pflichten."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



BGH: Zur Haftung des Geschäftsführers einer insolvenzreifen GmbH für Vermögensschäden des Vertragspartners der GmbH

BGH
Urteil vom 21.10.2014
II ZR 113/13
BGB § 823 Abs. 2 Bf, F, i.V.m. InsO § 15a Abs. 1

Leitsatz des BGH:

Hat eine insolvenzreife GmbH die von ihr geschuldete vertragliche Leistung nicht ordnungsgemäß erbracht und ist dadurch die Schädigung des Vermögens des Vertragspartners der GmbH durch deliktisches Handeln eines Dritten begünstigt worden,
besteht darin unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Insolvenzantragspflicht kein die Haftung des Geschäftsführers der GmbH für den eingetretenen Schaden auslösender innerer Zusammenhang zwischen der Verletzung der Insolvenzantragspflicht
durch den Geschäftsführer und dem Vermögensschaden des Vertragspartners der GmbH.

BGH, Urteil vom 21. Oktober 2014 - II ZR 113/13 - OLG Karlsruhe - LG Karlsruhe

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Wettbewerbswidrige Irreführung durch den Begriff "Vertragspartner" in der Werbung eines Autohändler, der nicht "Vertragshändler" des Autoherstellers ist

BGH
Urteil vom 17.03.2011
I ZR 170/08
Ford-Vertragspartner
UWG §§ 3, 5 Abs. 1

Leitsatz des BGH:

Entsteht beim angesprochenen Verkehr durch die Verwendung des Begriffs "Vertragspartner" der unzutreffende Eindruck, der Werbende sei "Vertragshändler" eines Automobilherstellers, so liegt darin eine wettbewerbsrechtlich relevante Irreführung.
BGH, Urteil vom 17. März 2011 - I ZR 170/08 - OLG Dresden - LG Dresden

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: