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BVerwG: Bundesnachrichtendienst muss einem Journalisten Auskunft über Hintergrundgespräche des BND mit anderen Medienvertretern erteilen

BVerwG
Urteil vom 09.11.2023
10 A 2.23


Das BVerwG hat entschieden, dass der Bundesnachrichtendienst einem Journalisten Auskunft über Hintergrundgespräche des BND mit anderen Medienvertretern erteilen muss.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Auskünfte über Hintergrundgespräche beim Bundesnachrichtendienst
Der Bundesnachrichtendienst (BND) ist verpflichtet, einem Journalisten Auskünfte darüber zu erteilen, welche fünf Medien in den Jahren 2019 und 2020 jeweils die meisten Einzelhintergrundgespräche erhalten haben, wie viele Gespräche jeweils geführt wurden und wie hoch jeweils Anteil und Zahl der mit Vertretern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks veranstalteten Gespräche war. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.

Der Kläger ist Journalist einer Tageszeitung. Er begehrt die genannten Auskünfte, die ihm seitens des BND unter Berufung auf nicht vorliegende statistische Auswertungen zunächst nicht erteilt wurden. Später teilte der BND dem Kläger die fünf Medien mit, mit denen im Gesamtzeitraum 2019/2020 am häufigsten Einzelhintergrundgespräche geführt worden sind. Bereits zuvor hatte der BND dem Kläger die im Zeitraum 2019 bis März 2020 besprochenen Themen mitgeteilt.

Die Klage hatte Erfolg. Dem Kläger stehen auf der Grundlage des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs der Presse die begehrten Auskünfte zu. Eine Generierung nicht vorhandener Informationen verlangt der Kläger nicht. Überwiegende öffentliche Interessen und der Schutz der Pressefreiheit der Medien, die an Einzelhintergrundgesprächen teilgenommen haben, stehen der Auskunftserteilung im konkreten Fall nicht entgegen. Im Hinblick auf die durch den BND bereits erteilten Auskünfte wird nicht ersichtlich, dass durch die Herausgabe der begehrten ergänzenden Informationen die Gefahr der Aufdeckung der Recherchen betroffener Medienvertreter durch Dritte signifikant gesteigert wird.

BVerwG 10 A 2.23 - Urteil vom 09. November 2023


BVerwG: Kein vorbeugender Rechtsschutz eines Journalisten gegen BND auf Unterlassung der Anhörung Betroffener bei zukünftigen Medienanfragen

BVerwG
Urteil vom 09.11.2023
10 A 3.23

Das BVerwG hat entschieden, dass ein Journalist gegen den BND einen Anspruch auf Unterlassung der Anhörung Betroffener bei zukünftigen Medienanfragen nicht im Wege des vorbeugendes Rechtsschutzes geltend machen kann.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Kein vorbeugender Rechtsschutz eines Journalisten auf Unterlassungen des BND bei künftigen Anfragen

Ein Journalist, der zu Pressekontakten einer Behörde mit anderen Medienvertretern recherchiert, kann im Hinblick auf seine erst künftigen Auskunftsbegehren nicht verlangen, dass die Behörde auf die Anhörung Betroffener verzichtet. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.

Der Kläger ist Journalist bei einer Tageszeitung. Er hatte verschiedene Auskünfte des Bundesnachrichtendienstes (BND) zu dessen Einzelhintergrundgesprächen mit Vertretern anderer Medien verlangt (vgl. hierzu die Presseinformation Nr. 85/2023 vom heutigen Tage im Verfahren BVerwG 10 A 2.23). Vor Erteilung einer Antwort hatte sich der BND in anonymisierter und abstrahierter Form an die betroffenen Medien gewandt, um zu erfragen, ob dort Einwände gegen entsprechende Auskünfte bestünden. Der Kläger verlangte vom BND die Abgabe einer Erklärung, es bei künftigen Rechercheanfragen zu unterlassen, die betroffenen Medien anzuhören. Der BND lehnte die Abgabe einer entsprechenden Erklärung ab.

Die Unterlassungsklage hat keinen Erfolg; sie ist bereits unzulässig. Sie bezieht sich auf künftige Rechercheanfragen des Klägers zu Hintergrundgesprächen mit Medien mit nicht näher bekanntem Inhalt. Vorbeugender verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz setzt voraus, dass der Kläger das von der Behörde erwartete Verhalten konkret bezeichnet, um dem Gericht eine Rechtmäßigkeitsprüfung zu ermöglichen. Nach dem Vortrag des BND wird es jedoch bei zukünftigen Rechercheanfragen betreffend Hintergrundgespräche nicht in jedem Falle erneut zu einer Anhörung der betroffenen Medien kommen. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer etwaigen Anhörung betroffener Medienvertreter kommt es außerdem einzelfallbezogen auf die betroffenen Belange auf Seiten des Klägers wie auch auf Seiten der anderen Medienvertreter an, im Besonderen auf den Schutz ihres Grundrechts der Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG in Gestalt des Recherchegeheimnisses. Ihre Abwägung ist ohne Kenntnis des näheren Inhalts einer künftigen Rechercheanfrage des Klägers nicht möglich.

BVerwG 10 A 3.23 - Urteil vom 09. November 2023


LG Duisburg: Vorbeugender Unterlassungsanspruch bei Videoaufnahmen durch Nachbarn - Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrecht

LG Duisburg
Urteil vom
3 O 381/15


Das LG Duisburg hat entschieden, dass bei unbefugten Videoaufnahmen durch den Nachbarn auch ein vorbeugender Unterlassungsanspruch gegen zukünftige Aufnahmen besteht. Insofern liegt eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Nach dieser Maßgabe hat der Kläger zu 1. mit dem Klageantrag zu 1. Erfolg. Insoweit steht ihm ein (vorbeugender) Unterlassungsanspruch gem. §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 (analog) zu. Der Kläger konnte sich hierbei nicht auf die spezielleren Vorschriften des KUG berufen, da dessen § 22 die bloße Anfertigung von Bildaufnahmen nicht umfasst (BGH, Urteil vom 25. April 1995 – VI ZR 272/94 –, juris, Rn. 15). Gleiches gilt im Hinblick darauf, dass das Video dem Nachbarn E2 gezeigt wurde. Hierin ist weder ein öffentliches zur Schau stellen, noch eine (körperliche) Verbreitung zu sehen.

Der Beklagte zu 1. hat durch die Anfertigung der Videoaufnahmen rechtswidrig in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers zu 1. eingegriffen. Hiernach besteht die Vermutung, dass dem Kläger eine weitere Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechtes durch den Beklagten zu 1. droht, der diese Vermutung nicht widerlegt hat.

1.

Der Beklagte zu 1. hat, durch die Anfertigung der im Termin vom 26.09.2016 in Augenschein genommenen Videos, das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt.

a)

Die Anfertigung von Videoaufnahmen als solches, berührt grundsätzlich das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen (Vgl. nur Schricker, Urheberrecht, 2. Aufl., § 22 KUG/§ 60 Rn. 11, Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 22 KUG Rn. 13). Da es sich bei dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht jedoch um ein sogenanntes Rahmenrecht handelt, erkennt die h.M., und so auch das erkennende Gericht, keinen allgemeinen, grenzenlosen Schutz vor jeglicher Form von Bildaufnahmen an. Die Frage, ob das allgemeine Persönlichkeitsrecht in rechtswidriger Weise verletzt ist, ist vielmehr im Rahmen einer Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange zu bestimmen, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt.

Nach der Rechtsprechung des BGH kann auch die Herstellung von Bildnissen einer Person, insbesondere die Filmaufzeichnung mittels Videogerät, in der Öffentlichkeit zugänglichen Bereichen und ohne Verbreitungsabsicht einen unzulässigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen darstellen. Ob und in welchem Umfang bereits die Fertigung derartiger Bilder rechtswidrig und unzulässig ist oder aber vom Betroffenen hinzunehmen ist, kann nur unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und durch Vornahme einer unter Berücksichtigung aller rechtlich, insbesondere auch verfassungsrechtlich geschützten Positionen der Beteiligten durchgeführten Güter- und Interessenabwägung ermittelt werden (BGH, Urteil vom 25. April 1995 – VI ZR 272/94 –, juris, Rn. 15).

b)

Für den Kläger zu 1. stellt sich die Videoaufnahme als Eingriff in seine Sozialsphäre dar. Dieser hat sich jedenfalls durch das Verlassen seines Balkones aus seiner Privatsphäre heraus begeben, um mit dem Beklagten zu 1. in einen kommunikativen Kontakt, über das ihm unliebsame Grillen zu treten.

Die Videos, welche das Gericht gemeinsam mit den Parteien in Augenschein genommen hat, zeigen den Kläger zu 1. mit freiem Oberkörper auf dem Dach, der zu seinem Grundstück gehörenden Garage. Dieser schwenkt dort stehend sein T-Shirt in der Luft, um angeblich von dem Beklagtengrundstück ausgehende Rauchimmissionen zu vertreiben. Hierbei bezeichnet er die Beklagten als „Muppetshow“, um anschließend wieder seinen Balkon zu erklettern. Hierbei hört man die von ihm ausgesprochenen Worte: „Machen Sie ruhig Fotos, ich habe von ihnen auch schon welche gemacht.“

Nach dem Eindruck, welchen das Gericht im Rahmen der informatorischen Anhörung von dem Kläger zu 1. gewinnen konnte, ist diesem die Existenz dieser Videos in hohem Maße peinlich und unangenehm. Das Gericht hält nach Inaugenscheinnahme des Videos für absolut verständlich, dass der Kläger sich durch diese Videos lächerlich gemacht fühlt. Der Kläger wird dort in exponierter Stellung, mit freiem Oberkörper, abgebildet. Er ist nicht etwa zufällig Teil der streitgegenständlichen Aufnahmen geworden, sondern gewissermaßen deren Protagonist.

Durch die Anfertigung der Videoaufnahme seitens des Beklagten zu 1., hat der Kläger zu 1. jegliche Verfügungsmacht über die Darstellung seiner eigenen Person verloren. Der Beklagte zu 1. hat sich auf diese Weise in eine Position gebracht, in welcher er frei über die angefertigte, den Kläger lächerlich machende, bildliche Darstellung verfügen, und diese nunmehr selbst oder mit anderen, jederzeit betrachten und potentiell verbreiten kann.

c)


Wägt man hiergegen das Interesse des Beklagten zu 1. an der Anfertigung dieser Videoaufnahmen ab, führt dies nach Ansicht des erkennenden Gerichts zur Annahme einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers zu 1. Hierbei hat das Gericht berücksichtigt, dass an die Rechtfertigung eines möglichen Eingriffs keine hohen Anforderungen zu stellen sind, wenn lediglich die Sozialsphäre des Abgebildeten betroffen ist.

Der Beklagte zu 1. sah sich, nach eigenen Angaben, durch das Verhalten des Klägers zu 1., zu einer Gegenreaktion in Form der Anfertigung der Videoaufnahmen herausgefordert. Ihm ist zuzugeben, dass er sich mit dem oben beschriebenen Verhalten des Klägers zu 1. konfrontiert sah, welches nur als ungewöhnlich bezeichnet werden kann. Fraglos ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger zu 1. sich bewusst entscheiden hat, gegenüber den Beklagten das beschriebene Verhalten an den Tag zu legen. Er hatte also gewissermaßen in der Hand, ob überhaupt die Möglichkeit bestand, ihn in der gegenständlichen exponierten Haltung abzulichten, oder nicht. Diese Umstände konnten sich zu Gunsten des Beklagten zu 1. jedoch nur dann niederschlagen, wenn dieser überhaupt ein schützenswertes Interesse an der Anfertigung der Aufnahmen gehabt hätte.

Ein schützenswertes Interesse des Beklagten zu 1. kann jedoch gerade nicht festgestellt werden. So mag es zwar nachvollziehbar erscheinen, dass der Beklagte zu 1. sich auf Grund des Verhaltens des Klägers zu 1., welches man als sozial inadäquat bezeichnen mag, zu einer Gegenreaktion herausgefordert fühlte. Diese hätte jedoch vernünftiger Weise anders ausfallen müssen und können. So hat eine verbale Kommunikation zwischen den Parteien in der streitgegenständlichen Situation offenbar nicht stattgefunden. Der Beklagte zu 1. hätte, sofern er sich durch das Verhalten des Klägers zu 1. gestört fühlte, darum bitten können, dass er dieses unterlässt. Ein solch vernünftiges Verhalten, auch im Rahmen des offenbar bereits seit längerem zwischen den Parteien schwelenden Nachbarschaftsstreit, an den Tag zu legen, war ihm hier ohne weiteres zuzumuten. Das beschriebene Verhalten des Klägers dauerte allenfalls wenige Minuten an. Das Vorhaben den Kläger hierbei gegebenenfalls zu filmen, hat der Beklagte zu 1. diesem, nach den unbestrittenen Ausführungen des Klägers zu 1. im Rahmen seiner informatorischen Anhörung, nicht angekündigt. Der Kläger zu 1. ging vielmehr zunächst davon aus, er werde möglicherweise fotografiert. Konnte sich in seiner Lage jedoch auch hiergegen nicht zur Wehr setzen.

Soweit die Beklagten das Anfertigen der Aufnahmen mit einer angeblichen Einwilligung des Klägers zu 1. zu rechtfertigen versuchen, greift dieser Einwand nicht durch. Der Kläger hat zwar unstreitig geäußert, der Beklagte zu 1. möge ihn „ruhig fotografieren“. Eine Einwilligung in die Fertigung eines Videoclips ist damit allerdings bereits inhaltlich nicht erklärt. Der Kläger zu 1. hat in seiner informatorischen Anhörung überdies überzeugend geäußert, er habe diese Äußerung lediglich getätigt, da er wütend gewesen sei. Auch dem Video ist zu entnehmen, dass diese Äußerung seitens des Klägers zu 1. offenbar „im Eifer des Gefechts“ getätigt wurde, sodass erhebliche Zweifel an deren Ernsthaftigkeit bestehen, was dem Beklagten ohne weiteres erkennbar war. Dass der Kläger zu 1. die Aufnahmen damit nachträglich genehmigen wollte, denn zu Beginn der Aufnahmen lag unstreitig keine Einwilligung vor, sieht das Gericht damit nicht als erwiesen an. Beweis haben die Beklagten hierzu, abgesehen von der durchgeführten Inaugenscheinnahme der Videos, nicht angetreten.

Das Verhalten des Klägers hatte, auf Grund seiner kurzen zeitlichen Dauer, auch noch keine Beeinträchtigung der Rechtsgüter der Beklagten in einem Ausmaß erreicht, dass diese gewissermaßen in Form der Notwehr oder Selbsthilfe zum „Gegenangriff“ in der beschriebenen Form übergehen durften. Ungeachtet der Frage der Geeignetheit der Anfertigung solcher Aufnahmen, zur Abwehr der in Rede stehenden Beeinträchtigung, hätten hier mildere Mittel zur Verfügung gestanden. Die von dem Beklagten zu 1. beschriebene Bedrohungslage, konnte das Gericht auf dem Video nicht erkennen.

Auch der Einwand, die Aufnahmen seien zum Zwecke der Beweissicherung erforderlich gewesen, überzeugt nicht. Ein strafrechtlich relevantes Verhalten des Klägers ist bereits nicht dargetan. Das Gericht konnte nicht erkennen, dass der Kläger zu 1. ein Verhalten an den Tag gelegt hätte, welches geeignet gewesen sein könnte, die Integrität des Garagendaches zu beeinträchtigen. Ein Hausfriedensbruch kann in dem Besteigen des Garagendaches auch nicht ohne weiteres gesehen werden, da diese noch zu dem Grundstück gehört, auf welchem sich das von den Klägern bewohnte Haus befindet. Sofern sich im Termin herausgestellt hat, dass der Kläger zu 1. die Beklagten als „Muppetshow“ bezeichnet hat, erreicht dies auch nicht das Maß einer Beleidigung i.S.d. § 185 StGB. Der Beklagte zu 1. hat sich hiervon offenbar auch nicht derart beleidigt gefühlt, dass er sich gehalten sah, den nötigen Strafantrag zu stellen. Dies ist jedenfalls nicht vorgetragen.

Hat der Kläger aus den vorstehenden Gründen jedoch kein schützenswertes Interesse an der Anfertigung der Aufnahmen, wird der Kläger durch die Fertigung der Aufnahmen, welche seine Sozialsphäre berühren, zweifelsohne in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Das Filmen der eigenen Person, ohne schützenswertes Eigeninteresse des Filmenden, braucht dieser nicht zu dulden. Aus denselben Gründen stellt sich dieser Eingriff auch als rechtswidrig dar.

2.

Der Beklagte zu 1. ist als derjenige, welcher die Videos angefertigt hat, Handlungsstörer und damit Anspruchsgegener des Klägers zu 1.

3.

Die gem. § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB erforderliche Wiederholungsgefahr, ist durch die unter 1. festgestellte Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers zu 1. vermutet. Diese Vermutung hat der Beklagte nicht widerlegt. Zwar ist ihm zugute zu halten, dass er sich im Hinblick auf die Dome-Kameras einsichtig gezeigt, und das Urteil des Amtsgerichts E offenbar bereitwillig umgesetzt hat. Hieraus ergibt sich jedoch keine hinreichende Gewissheit, dass er in Zukunft davon absehen wird, erneut Abwehrreaktionen, in dem offenbar (nach dem Eindruck der mündlichen Verhandlung) nach wie vor schwelenden Nachbarschaftsstreit, zu ergreifen. Zur Abgabe einer strafbewährten Unterlassungserklärung hat er sich jedenfalls bereits vorgerichtlich nicht bereitgefunden. Auch in der mündlichen Verhandlung hat die Beklagtenseite nach wie vor die Auffassung vertreten, es liege durch die Anfertigung solcher Aufnahmen bereits keine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers vor (zu den Anforderungen an die Widerlegung der Vermutung: Staudinger/Gursky, § 1004 BGB Rn. 220)."

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Verletzungsunterlassungsanspruch durch Mitbewerber wenn unternehmerische Tätigkeit im Zeitpunkt der Verletzung bereits aufgenommen und auch nicht aufgegeben worden war

BGH
Urteil vom 10.03.2016
I ZR 183/14
Stirnlampen
UWG § 2 Abs. 1 Nr. 3, § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 Nr. 1


Leitsätze des BGH:

a) Ein Mitbewerber kann einen Verletzungsunterlassungsanspruch nur mit Erfolg geltend machen, wenn er seine entsprechende unternehmerische Tätigkeit im Zeitpunkt der Verletzungshandlung bereits aufgenommen und im Zeitpunkt der letzten Verhandlung noch nicht aufgegeben hat (Fortführung von BGH, Urteil vom 12. Juli 1995 - I ZR 85/93, GRUR 1995, 697, 699 = WRP 1995, 815 - FUNNY PAPER).

b) Wenn ein Unterlassungsanspruch als Verletzungsunterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG oder als vorbeugender Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 UWG in Betracht kommt, bestimmt sich die Frage, ob es sich um einen Streitgegenstand oder um zwei verschiedene Streitgegenstände handelt, nach den allgemeinen Regeln. Es kommt daher bei einem einheitlichen Klageantrag darauf an, ob es sich um einen einheitlichen Sachverhalt oder um mehrere den Anspruch möglicherweise rechtfertigende Lebenssachverhalte handelt.

c) Die für einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch erforderliche Erstbegehungsgefahr liegt regelmäßig nicht vor, wenn ein Wettbewerber seinen bislang in wettbewerbswidriger Weise betriebenen Handel unter Hinweis auf die Beendigung der Geschäftsbeziehung mit seinem bisherigen Lieferanten sowie darauf ausgesetzt hat, dass er an neuen Produkten arbeite, und zwischen dieser Mitteilung und der Einleitung gerichtlicher Maßnahmen nahezu eineinhalb Jahre vergangen sind, ohne dass der Wettbewerber wieder auf dem Markt aufgetreten ist oder nach außen erkennbare Vorbereitungshandlungen dafür getroffen hat.

BGH, Versäumnisurteil vom 10. März 2016 - I ZR 183/14 - OLG Frankfurt am Main - LG Frankfurt am Main

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: