Skip to content

BGH: Kein Verstoß gegen Unterlassunsgerklärung wenn Lichtbild nur noch durch Direkteingabe von langer URL aufrufbar und nicht mehr in Google-Bildersuche oder Suchmachinen-Cache auffindbar ist

BGH
Urteil vom 27.05.2021
I ZR 119/20
Lautsprecherfoto
UrhG § 15 Abs. 3, § 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 2, § 19a


Der BGH hat entschieden, dass kein Verstoß gegen eine abgegebene Unterlassunsgerklärung vorliegt, wenn ein Lichtbild nur durch Direkteingabe einer langen URL aufrufbar und der Link auch nicht mehr in Diensten wie der Google-Bildersuche oder im Suchmachinen-Cache auffindbar ist.

Leitsatz des BGH:

Das für die Prüfung der öffentlichen Zugänglichmachung relevante Kriterium "recht viele Personen" ist nicht erfüllt, wenn ein Produktfoto, dass zunächst von einem Verkäufer urheberrechtsverletzend auf einer Internethandelsplattform im Rahmen seiner Verkaufsanzeige öffentlich zugänglich gemacht worden war, nach Abgabe einer Unterlassungserklärung des Verkäufers nur noch durch die Eingabe einer rund 70 Zeichen umfassenden URL-Adresse im Internet zugänglich war und nach der Lebenserfahrung davon auszugehen ist, dass die URL-Adresse nur von Personen eingegeben wird, die diese Adresse zuvor - als das Foto vor Abgabe der Unterlassungserklärung noch im Rahmen der Anzeige des Verkäufers frei zugänglich gewesen war - abgespeichert oder sie sonst in irgendeiner Weise kopiert oder notiert haben, oder denen die Adresse von solchen Personen mitgeteilt worden war.

BGH, Urteil vom 27. Mai 2021 - I ZR 119/20 - OLG Frankfurt am Main - LG Frankfurt am Main

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Internet World Business-Beitrag von Rechtsanwalt Marcus Beckmann - Sorgfältig aufräumen - Teure Falle: Haftung für alte Inhalte in Google-Snippets und Google-Cache

In Ausgabe 23/2019, S. 17 der Zeitschrift Internet World Business erschien ein Beitrag von Rechtsanwalt Marcus Beckmann mit dem Titel "Sorgfältig aufräumen - Teure Falle: Haftung für alte Inhalte in Google-Snippets und Google-Cache".

Siehe auch zum Thema: OLG Frankfurt: Wer zur Unterlassung irreführender Werbung verpflichtet ist muss gegenüber Google auch auf Löschung aus dem Suchmaschinen-Cache bzw. Suchindex zeitnah hinwirken

OLG Frankfurt: Wer zur Unterlassung irreführender Werbung verpflichtet ist muss gegenüber Google auch auf Löschung aus dem Suchmaschinen-Cache bzw. Suchindex zeitnah hinwirken

OLG Frankfurt
Urteil vom 22.08.2019
6 U 83/19


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass derjenige, der zur Unterlassung irreführender Werbung verpflichtet ist, auch gegenüber Google auf Löschung aus dem Suchmaschinen-Cache bzw. den Suchindex zeitnah hinwirken muss.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg, nachdem die Antragstellerin ihren Verfügungsantrag teilweise zurückgenommen hat. Hinsichtlich des noch anhängigen Verfügungsantrages mangelt es weder an einem Verfügungsantrag noch an einem Verfügungsgrund.

1.) Soweit die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung einen modifizierten Antrag gestellt hat, ist hierin keine Klageänderung zu sehen. Die Antragstellerin hat schon in ihrer Antragsschrift ihren Verfügungsantrag nicht nur auf ihren vertraglichen Unterlassungsanspruch gestützt, sondern auch auf § 5a UWG unter dem Gesichtspunkt, der Verkehr werde über das Bestehen einer gesetzlichen Garantie in die Irre geführt. Sie hat es aber unterlassen, diesen - in erster Instanz nur hilfsweise - geltend gemachten weiteren Streitgegenstand auch in einer entsprechenden - hilfsweisen - Antragsformulierung abzubilden. Dies hat sie auf einen Hinweis des Senats (§ 139 I 2 ZPO) in der Verhandlung vor dem Senat zulässigerweise nachgeholt.

Aufgrund dessen fehlt es auch nicht an der notwendigen Dringlichkeit. Der Hilfsanspruch war bereits im Verfügungsantrag enthalten; er ist damit nicht erst im Berufungsverfahren geltend gemacht worden.

2.) Die Bewerbung von Stühlen durch die Antragsgegnerin mit einer tatsächlich nicht vorhandenen Herstellergarantie in einem Google-Snippet stellt eine Irreführung über die Rechte des Verbrauchers nach § 5 I 2 Nr. 7 UWG dar, für die die Antragsgegnerin auch verantwortlich ist.

a) § 5 I 2 Nr. 7 UWG untersagt die Irreführung hinsichtlich der Rechte von Verbrauchern, wobei der Begriff der „Rechte des Verbrauchers“ eine weite Bedeutung hat und hiermit, wie sich aus dem Wortlaut der Vorschrift („einschließlich“) ergibt, nicht lediglich Gewährleistungsrechte, sondern sämtliche Rechte des Verbrauchers gemeint sind. Daher stellt auch die Werbung mit einer Herstellergarantie in dem streitgegenständlichen Snippet (Anlage LHR 1), die tatsächlich nicht existiert, eine Irreführung über Verbraucherrechte dar.

b) Für diese Irreführung ist die Antragsgegnerin auch verantwortlich, da sie durch ihr vorangegangenes rechtswidriges Tun eine Garantenpflicht innehatte, aufgrund derer sie bei Google auf eine unverzügliche Entfernung der inkriminierten Seite aus dem Index und dem Cache hätte bewirken müssen, was auch das streitgegenständliche Snippet verhindert hätte.

(1) Zwar haftet als Täter grundsätzlich nur, wer eine eigene Handlung vornimmt. Indes kann das Unterlassen dann einem positiven Tun gleichstehen, wenn eine Erfolgsabwendungspflicht besteht. Diese kann sich grundsätzlich aus Gesetz, Vertrag oder vorausgegangenem gefahrerhöhendem Tun (Ingerenz) ergeben (BGH GRUR 2014, 883, Rnr. 16 - Geschäftsführerhaftung; BGH GRUR 2001, 82, 83 - Neu in Bielefeld I). Zwar kann nicht jedes gefahrerhöhende Tun für sich genommen zu wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflichten führen, da auch erlaubte oder sozial erwünschte Tätigkeiten hierunter fallen können. Jedenfalls aber gesetzlich als unlauter definiertes Handeln löst grundsätzlich die Pflicht aus, diese unlautere Handlung einzustellen.

Ein derartiges gefahrerhöhendes und jedenfalls nach § 3a UWG unlauteres Verhalten liegt hier in der unlauteren Werbung mit einer Herstellergarantie durch die Antragsgegnerin Ende Oktober 2018 (LHR 3), die nicht den Voraussetzungen des § 479 BGB entsprach und in deren Folge die Antragsgegnerin auch eine Unterlassungserklärung abgegeben hat. Nach § 479 Abs. 1 S. 2 BGB muss eine Garantieerklärung den Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers sowie darauf, dass sie durch die Garantie nicht eingeschränkt werden enthalten. Außerdem muss die Garantieerklärung den Inhalt der Garantie und alle wesentlichen Angaben, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind, insbesondere die Dauer und den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes sowie Namen und Anschrift des Garantiegebers enthalten. § 479 Abs. 1 S. 1 BGB verlangt darüber hinaus eine einfache und verständliche Abfassung der Garantieerklärung. An all diesen Voraussetzungen fehlte es hier.

§ 479 BGB stellt auch eine Marktverhaltensregel nach § 3a UWG dar (BGB GRUR 2011, 638 - Werbung mit Garantie), so dass das Verhalten der Antragsgegnerin unlauter war.

(2) In der Folge war der hierdurch begründeten Ingerenz war die Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Verkehrspflicht verpflichtet, den Verstoß unverzüglich abzustellen.

Dieser Pflicht ist sie nicht nachgekommen, da alleine das Entfernen der inkriminierten Seite von der eigenen Homepage hierfür nicht ausreichend ist. Vielmehr hätte sie Google zeitnah nach der Korrektur ihrer wettbewerbswidrigen Internetseite auffordern müssen, die Seite aus dem Suchindex und dem Cache zu entfernen, was die Erzeugung des Snippets - das aufgrund der von der Suchmaschine indizierten Seite des Beklagten noch die „alte“ Fassung der Internetseite wiedergab - am 13.11.2018 durch Google hätte verhindern können. Dies hat sie nicht getan; sie hat erst am 21.11.2018 und damit etwa zwei Wochen nach der Berichtigung ihrer Internet-Seite einen Löschungsantrag für die alte Seite bei Google gestellt.

Analog zum Umfang der Unterlassungsverpflichtung aus einem Unterlassungstitel umfasst die wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht auch hier die Pflicht der Antragsgegnerin, i.R.d. ihm Möglichen und Zumutbaren beim Betreiber der Suchmaschine Google auf eine Löschung des streitgegenständlichen Eintrags hinzuwirken, wobei sich diese Verpflichtung auch auf die Entfernung aus dem Cache erstreckt. Zwar hat ein Schuldner für das selbstständige Handeln Dritter grds. nicht einzustehen. Er ist jedoch gehalten, auf Dritte, deren Handeln ihm wirtschaftlich zugutekommt, einzuwirken, wenn er mit einem Verstoß ernstlich rechnen muss und zudem rechtliche und tatsächliche Einwirkungsmöglichkeiten auf das Verhalten der Dritten hat (BGH GRUR 2014, 595 - Vertragsstrafenklausel). Die streitgegenständlichen Einträge bzw. Treffer bei Google beruhten letztlich auf der eigenen Internetseite der Antragsgegnerin. Damit, dass eine allseits bekannte und gängige Suchmaschine die Einträge auf ihrer Internetseite auffinden und ihre Angaben bei einer Suchanfrage ausweisen wird, musste die Antragsgegnerin rechnen. Es kam ihr auch wirtschaftlich zugute. Folglich war sie gehalten, unverzüglich eigene Recherchen über die Verwendung des Hinweises durchzuführen und jedenfalls den Betreiber der Suchmaschine Google aufzufordern, den streitgegenständlichen Eintrag zu entfernen (vgl. OLG Düsseldorf, MMR 2016, 114; OLG Celle, WRP 2015, 475, 476, Rnr. 18; OLG Stuttgart, WRP 2016, 773. 775, Rnr. 26; Harte-Bavendamm/Hennig-Goldmann, UWG, 4. Aufl., § 8, Rnr. 16; a.A. OLG Zweibrücken, MMR 2016, 831, sowie bei einem Verstoß im nicht gewerblichen Bereich OLG Frankfurt, 11. ZS, GRUR-RR 2019. 289 – Google Cache; zur Übersicht vgl. Sakowski, NJW 2016, 3623). Da Google zudem ein Webmaster-Tool bereithält, über das die Löschung im Cache gespeicherter veralteter oder gelöschter Informationen beantragt und damit ihre Anzeige verhindert werden kann (wie die Antragsgegnerin es ja am 21.11. selbst vorgenommen hat), war es der Antragsgegnerin auch möglich und zumutbar, die Entfernung des streitgegenständlichen Hinweises aus dem Cache zu beantragen.

(3) Dieses Unterlassen der eigentlich notwendigen Handlung führt dazu, dass die Antragsgegnerin hier auch für das von einem Dritten (Google) erstellte Snippet haftet, obwohl auf der verlinkten Seite der Antragsgegnerin zu diesem Zeitpunkt gar keine Werbung mit Herstellergarantie (mehr) auffindbar war.

c) Es fehlt auch nicht an der nach § 5 I UWG notwendigen Geeignetheit, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Im Gegenteil liegt sogar auf der Hand, dass die Werbung mit einer Herstellergarantie einen erheblichen Anlockeffekt hat und den Verkehr dazu veranlassen kann, durch einen Klick auf das Snippet in den Internet-Shop der Antragsgegnerin zu gelangen. Dass er dann dort erkennen mag, dass tatsächlich keine Herstellergarantie angeboten wird, steht der Annahme einer beeinflussbaren geschäftlichen Entscheidung nicht entgegen. Dies liegt nämlich nicht nur dann vor, wenn tatsächlich ein Kaufvertrag geschlossen wird. Das Verbot des § 5 UWG umfasst vielmehr auch die Irreführung, von der lediglich eine Anlockwirkung ausgeht. In der Rechtsprechung des EuGH wird der Begriff der „geschäftlichen Entscheidung“ iSd Art. 2 k UGP-RL, zu deren Vornahme der Verbraucher durch die Irreführung iSd Art. 6 I UGP-RL voraussichtlich veranlasst wird, weit definiert: erfasst ist nicht nur die Entscheidung über den Erwerb oder Nichterwerb eines Produkts, sondern auch damit unmittelbar zusammenhängende, aber vorgelagerte Entscheidungen wie insbesondere das Betreten des Geschäfts (EuGH GRUR 2014, 196 Rnr. 36 - Trento Sviluppo) oder das Aufsuchen eines Verkaufsportals im Internet (BGH GRUR 2017, 1269 Rnr. 19 - MeinPaket.de II). Bereits das Aufsuchen einer Übersichtsseite im Internet, um sich mit einem Produkt im Detail zu beschäftigen, stellt eine geschäftliche Entscheidung in diesem Sinne dar (BGH, GRUR 2019, 746, Rnr. 29 - Energieeffzienzklasse III)."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



OLG Frankfurt: Keine Vertragsstrafe aus Unterlassungserklärung im nicht gewerblichen Bereich wenn Foto noch im Google Cache / der Google-Bildersuche vorübergehend zu finden war

OLG Frankfurt
Urteil vom 12.02.2019
11 U 156/17


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass kein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe aus einer Unterlassungserklärung, die von einer nicht im gewerblichen Bereich handelnden Person abgegeben wurde, besteht, wenn das urheberrechtswidrig verwendete Foto vorübergehend noch im Google Cache / der Google-Bildersuche zu finden war.

"1) Die Voraussetzungen, unter denen sich die Klägerin gegenüber dem Beklagten mit Vertrag vom 7.3.2017 zur Zahlung einer Vertragsstrafe verpflichtet hatte, sind nicht erfüllt.

Zwar hat die Klägerin zuletzt unstreitig gestellt, dass die gegenständliche Photographie am 22.3.2017 noch in der beklagtenseits geschilderten Art und Weise über die Suchmaschine Google abrufbar war. Die unterbliebene Veranlassung einer Löschung aus dem Google Cache stellt jedoch unter den Umständen des vorliegenden Falles keinen Verstoß gegen die vertragliche Unterlassungsvereinbarung dar.

Unterlassungsverträge sind nach den auch sonst für die Vertragsauslegung geltenden Grundsätzen auszulegen. Maßgebend ist demnach der wirkliche Wille der Vertragsparteien (§§ 133, 157 BGB), bei dessen Ermittlung neben dem Erklärungswortlaut die beiderseits bekannten Umstände wie insbesondere die Art und Weise des Zustandekommens und der Zweck der Vereinbarung sowie die Interessenlage der Parteien heranzuziehen sind (BGH Urteil vom 18.9.2014, I ZR 76/13 - CT-Paradies - Rdnr. 57 m.w.Nw.). Die Verpflichtung zur Unterlassung einer Handlung, durch die ein fortdauernder Störungszustand geschaffen wurde, ist bei Fehlen anderweitiger Anhaltspunkte regelmäßig dahin auszulegen, dass sie nicht nur die Unterlassung derartiger Handlungen, sondern auch die Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen zur Beseitigung des Störungszustandes umfasst (BGH aaO Rdnr. 63). Besteht die Verletzungshandlung - wie vorliegend - in der Öffentlich-Zugänglichmachung von Lichtbildern, kann daher grundsätzlich auch verlangt werden, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die bereits in das Internet eingestellten Lichtbilder dort nicht mehr öffentlich zugänglich sind (BGH aaO Rdnr. 67).

Daraus ergibt sich ohne Weiteres - und wird auch von der Klägerin selbst nicht in Abrede gestellt -, dass sich die vertraglich übernommene Unterlassungsverpflichtung der Klägerin nicht darauf beschränkte, das Bild nicht erneut hochzuladen oder sonst zu verlinken, sondern dass sie auch verpflichtet war, es von ihrer Webseite und von ihrem Server zu entfernen, als actus contrarius zu der von ihr veranlassten Einstellung auf ihre Webseite. Die Auslegung der Unterlassungserklärung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände ergibt aber nach Auffassung des Senates nicht, dass die Klägerin sich auch dazu verpflichtet hatte, für die sofortige Beseitigung des Photos im Cache von Suchmaschinen zu sorgen.

Insbesondere kann die Erklärung nicht nach denselben Maßstäben ausgelegt werden, wie sie von der beklagtenseits zitierten Rechtsprechung für die Auslegung von Vertragsstrafeversprechen im gewerblichen Kontext entwickelt wurden (vgl. dazu BGH Urteil vom 18.9.2014, I ZR 76/13 - CT-Paradies; Urteil vom 4.5.2017, I ZR 208/15 - Luftentfeuchter; OLG Düsseldorf, Urteil vom 3.9.2015, 1-15 U 119/14; OLG Karlsruhe, Urteil vom 3.12.2012, 6 U 92/11; OLG Zweibrücken, Urteil vom 19.5.2016, 4 U 45/15). Die Klägerin handelte vorliegend nicht als Teilnehmerin am Wirtschaftsleben. Sie verwendete das streitgegenständiche Blumenphoto zur Illustration der Ankündigung von zwei Seniorennachmittagen; es war damit keinerlei Gewinnerzielungsabsicht verbunden. Für den Beklagten, auf dessen Empfängerhorizont es für die Auslegung des von der Klägerin abgegebenen Unterlassungsversprechens ankommt, war offenkundig, dass die seinerzeit nicht anwaltlich vertretene Klägerin das Vertragsstrafeversprechen nicht im Rahmen einer geschäftlichen Tätigkeit abgab; er hatte auch keinen Grund zu der Annahme, dass es sich bei der Klägerin um einen versierten Internetnutzer handelte, dem ohne entsprechende Hinweise (die der Beklagte ohne Weiteres hätte geben können) die Funktionsweise von Caches bekannt war. Anders als etwa bei der vom Beklagten in Bezug genommenen Entscheidung des KG vom 27.11.2009, 9 U 27/09, bei der die - im Übrigen gewerblich handelnde - Verletzerin in einer besonderen Vertragsbeziehung zu Google stand, aufgrund derer Google gesorgt hatte, dass die Inhalte auf ihrer Webseite gefunden werden konnten, war vorliegend die Notwendigkeit einer Einflussnahme auf Google auch nicht aufgrund einer solchen Vertragsbeziehung für beide Parteien offensichtlich.

Dazu kommt, dass nach gefestigter Rechtsprechung des BGH um so eher eine eng am Wortlaut des Unterlassungsvertrages orientierte Auslegung geboten ist, je höher die vereinbarte Vertragsstrafe im Verhältnis zu dem gesicherten Unterlassungsanspruch ist (Urteil vom 13.2.2003, I ZR 281/01, GRUR 2003, 545, 546 - Hotelfoto; GRUR 2015, 258 [BGH 18.09.2014 - I ZR 76/13] Rdnr. 68 - CT-Paradies.). Anders als bei den beklagtenseits zitierten Entscheidungen, bei der ausweislich des veröffentlichten Tatbestandes eine Vertragsstrafe nach dem Ermessen des Gläubigers vereinbart war, hatte die Klägerin vorliegend eine feste Vertragsstrafe von 5.100 Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung versprochen. Diese Vertragsstrafe konnte bei verständiger Würdigung der Vertragsparteien zwar für eine der Erstverletzung vergleichbare Handlung als angemessen angesehen werden, nicht aber für die nunmehr noch streitgegenständliche Verletzungsform (vgl. OLG Celle, Urteil vom 29.1.2015, 13 U 58/14, wo bei unterlassener Sicherstellung der Löschung von - im Unterschied zum vorliegenden Fall gewerblich genutzten - Seiten im Google-Cache eine Vertragsstrafe von maximal 2.500 Euro als angemessen angesehen war). In Anbetracht dessen, dass durch die vorliegend streitgegenständliche Aufrufbarkeit des Bildes in kleinem Maßstab aus dem Cache für einen absehbaren Zeitraum die Beeinträchtigung der Rechte des Beklagten äußerst gering erscheint, ebenso wie sich hieraus für die Klägerin keinerlei Nutzen mehr ergibt, konnte die von der nicht gewerblich handelnden Klägerin abgegebene Erklärung, sich zu einer Vertragsstrafe von 5.100 Euro zu verpflichten, bei verständiger Würdigung auch vom Beklagten nach §§ 133, 157 BGB nicht dahingehend verstanden werden, dass sie eine derart hohe Vertragsstrafe auch dann zahlen wollte, wenn das Bild noch im Cache eines Internet-Browsers vorhanden war. So hatte auch der BGH in der Entscheidung CT-Paradies die Höhe der Vertragsstrafe (nur) deshalb nicht als relevant für die Auslegung erachtete, weil dort die Höhe dem billigen Ermessen des Klägers vorbehalten war (aao Rdnr. 69).

Soweit der Beklagte der Auffassung ist, es habe der Klägerin oblegen, sich ggf. fachkundigen Rechtsrat über den Umfang ihrer Unterlassungspflichten einzuholen, so wie sie dies nach Erhalt der zweiten Abmahnung getan hat, verkennt sie, dass es vorliegend nicht um die Reichweite von gesetzlichen Handlungs- und Unterlassungspflichten geht, sondern um die Auslegung von Willenserklärungen nach dem Maßstab der §§ 133, 157 BGB. Maßgeblich ist nicht, zu welchen Maßnahmen ein Verletzer aufgrund eines gerichtlichen Unterlassungstitels verpflichtet ist, sondern welche Verpflichtungen der Verletzer in dem Vertragsstrafeversprechen übernommen hatte.

2) Die Beklagte kann jedoch nach § 97a Abs. 3 UrhG Erstattung der erforderlichen Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung vom 22.3.2017 verlangen.

a) Im Hinblick darauf, dass das Photo am 22.3.2017 weiterhin durch Eingabe der klägerseits benannten Suchbegriffe im Internet aufrufbar war, stand dem Beklagten gegenüber der Klägerin ein verschuldensunabhängiger Unterlassungsanspruch nach § 97 Abs. 1 UrhG zu. Die Klägerin hat durch die Einstellung des Photos auf ihrer Webseite einen fortdauernden Verletzungszustand begründet, da das Öffentlich-Zugänglich-Machen eine Dauerhandlung ist (BGH GRUR 2015, 158 - CT-Paradies Rdnr. 67). Dieser Verletzungszustand dauert an, solange das Photo aufgrund der von der Klägerin veranlassten Einstellung im Internet auffindbar ist. Eine fortdauernde Verantwortlichkeit der Klägerin für diesen von ihr als Handlungsstörerin geschaffenen Verletzungszustand und damit eine Passivlegitimation für den Unterlassungsanspruch ergibt sich daraus, dass es ihr, wie beklagtenseits dargelegt, ohne Weiteres möglich und zumutbar gewesen wäre, bei Google eine Löschung aus dem Cache zu erwirken (vgl. BGH Beschluss vom 12.7.2018, I ZB 86/17).

Damit war die gegenständliche Abmahnung berechtigt. Da sie auch den Anforderungen des § 97a Abs. 2 UrhG entsprach, hat die Klägerin die notwendigen Kosten zu erstatten.

b) Allerdings waren die beklagtenseits geforderten Anwaltskosten nicht in der geltend gemachten Höhe erforderlich, da der zugrunde gelegte Gegenstandswert von 15.000 Euro überhöht ist.

aa) Der Wert eines Unterlassungsanspruches bestimmt sich nach dem Interesse des Anspruchstellers an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße. Dieses Interesse ist pauschalierend unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu bewerten und wird maßgeblich durch die Art des Verstoßes, insbesondere seine Gefährlichkeit und Schädlichkeit für den Inhaber des verletzten Schutzrechts bestimmt (BGH Urteil vom 12.5.2016, I ZR 1/15, Rdnr. 33 - Tannöd). Anhaltspunkte für die Beurteilung der mit dem Unterlassungsanspruch abzuwehrenden Gefährdung der Interessen des Inhabers eines nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechts sind sowohl der wirtschaftliche Wert des verletzten Rechts als auch die Intensität und der Umfang der Rechtsverletzung (sogenannter Angriffsfaktor). Der Angriffsfaktor wird insbesondere durch die Stellung des Verletzers und des Verletzten, die Qualität der Urheberrechtsverletzung, den drohenden Verletzungsumfang, die Art der Begehung des Rechtsverstoßes und eine hierdurch etwa begründete Gefahr der Nachahmung durch Dritte sowie subjektive Umstände auf Seiten des Verletzers wie den Verschuldensgrad bestimmt. (BGH aaO Rdnr. 34).

bb) Unter Berücksichtigung dieser Kriterien bewertet der Senat das Interesse des Beklagten an der Unterbindung des konkreten Verstoßes mit maximal 3.000 Euro.

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist hier nicht etwa wegen eines zweiten Verstoßes von einem erhöhten Angriffsfaktor auszugehen. Denn die mit der zweiten Abmahnung gerügte Rechtsverletzung beruht im Gegensatz zur ersten gerade nicht auf einem bewussten Handeln der Klägerin, sondern lediglich auf einem allenfalls fahrlässigen Unterlassen, das dazu geführt hat, dass ein durch die Erstverletzung geschaffener und zwischenzeitlich weitgehend beseitigter rechtwidriger Zustand in geringem Umfang perpetuiert wurde. Die Gefährlichkeit der Rechtsverletzung für den Beklagten war gering, da das Photo nicht mehr aktiv auf der Webseite eingebunden ist, sondern lediglich in verkleinerter Form im Google Cache erschien. Auch nach eigenem Vortrag der Beklagten war davon auszugehen, dass das Photo dort nur noch temporär gespeichert war.

cc) Ausgehend von einem Gegenstandswert zwischen 2000 und 3000 Euro und unter Zugrundelegung einer - klägerseits nicht beanstandeten - 1,3 Gebühr betragen die erstattungsfähigen Kosten 334,75 Euro."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

VGH Bayern: Verlinkung auf rechtswidrige Inhalte als unzulässiges zu Eigen machen - Unterlassungsverfügung durch Behörde berechtigt

VGH Bayern
Beschluss vom 05.01.2018
7 ZB 18.31


Der VGH Bayern hat entschieden, dass die Verlinkung auf rechtswidrige Inhalte ein unzulässiges zu Eigen machen der Inhalte darstellt. Das Gericht bestätigte eine Unterlassungsverfügung der zuständigen Behörde.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid der Beklagten vom 28. Januar 2013, mit dem diese ein von ihm verbreitetes Internetangebot aufgrund seines rechtsextremen Inhalts u.a. missbilligt und ihm die weitere Verbreitung und Zugänglichmachung einer Verlinkung auf seiner Webseite untersagt hat.

Das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg hat die dagegen gerichtete Klage mit Urteil vom 23. Februar 2017 abgewiesen. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten sei, soweit sie mit diesem einen Beschluss der zuständigen Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) umgesetzt habe, nicht zu beanstanden.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzziel weiter. Er macht geltend, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung und das Urteil weiche von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ab.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und den vorgelegten Behördenakt verwiesen.
II.

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 1, 3 und 4 VwGO gestützte Antrag hat keinen Erfolg.

1. Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils) ist nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen des § 124a Abs. 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO entsprechenden Weise darlegt. Zur Darlegung ernstlicher Zweifel muss der Rechtsmittelführer nach Zustellung des vollständigen verwaltungsgerichtlichen Urteils fristgerecht einen tragenden Rechtssatz der Ausgangsentscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellen. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und im Einzelnen darlegen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen nach seiner Auffassung ernstlichen Zweifeln begegnen (stRspr. z.B. BayVGH B.v. 14.7.2017 – 7 ZB 16.1220 – juris m.w.N.).

Diesen Anforderungen genügt der Zulassungsantrag des Klägers nicht. Das Verwaltungsgericht geht zutreffend und mit ausführlicher Begründung davon aus, der Kläger habe sich durch die erfolgte Verlinkung auch die indizierten Inhalte einer anderen Webseite zu Eigen gemacht. Das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren, ihm seien die betreffenden Inhalte tatsächlich nicht bekannt gewesen bzw. er habe sich mittlerweile von diesen distanziert und die fragliche Verlinkung beseitigt, setzt sich mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts insoweit in keiner Weise auseinander und ist deshalb auch nicht geeignet, diese in Frage zu stellen.

Das Gleiche gilt für den Vortrag des Klägers, das Verwaltungsgericht habe mehrere (als gefährdend eingeschätzte) Grafiken falsch beschrieben: Die vom Kläger im Zulassungsverfahren vorgelegten Grafiken zur Illustration „Nationalsozialistischer Wirtschaftsaufbau und seine Grundlagen“, die einen Mann im braunen Hemd vor einer Hakenkreuzflagge und weitere Motive zeigen, entsprechen genau der von der Beklagten und dem Verwaltungsgericht vorgenommenen Beschreibung. Das diesbezügliche Vorbringen des Klägers ist insoweit nicht nachvollziehbar.

Und schließlich ist – entgegen der Auffassung des Klägers – auch die vorgenommene Gebührenfestsetzung ausreichend begründet worden. Insoweit nimmt das Gericht gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug auf die zutreffenden Gründe (S. 38 f.) des angefochtenen Urteils und sieht von einer weiteren Begründung ab

2. Auch der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) wurde nicht in einer den gesetzlichen Erfordernissen (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) genügenden Weise dargelegt. Grundsätzliche Bedeutung in diesem Sinn kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Berufungsentscheidung erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, die im Interesse der Fortbildung des Rechts einer Klärung im Berufungsverfahren bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Berufungsentscheidung erheblichen Rechts- oder Tatsachenfrage voraus, außerdem die Angabe, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll sowie die Darlegung der Entscheidungserheblichkeit (BayVGH B.v. 20.4.2016 – 7 ZB 15.2774 – juris; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72).

Der Antrag auf Zulassung der Berufung erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Dort wird bereits keine konkrete entscheidungserhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert. Vielmehr erschöpft sich das Vorbringen des Klägers in dieser Hinsicht in der Behauptung, die Rechtssache habe „grundsätzliche Bedeutung für die Frage der Haftung für „Hyperlinks“ im Internet“.

3. Der Zulassungsgrund der Divergenz gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist ebenfalls nicht erfüllt und auch nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt. Hierzu muss ein die angefochtene Entscheidung tragender abstrakter, inhaltlich bestimmter Rechtssatz aufgezeigt werden, der zu einem ebensolchen Rechtssatz in einer Entscheidung eines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte in Widerspruch steht (stRspr., z.B. BayVGH B.v. 30.10.2008 – Az. 19 ZB 08.1376). Derartige abstrakte Rechtssätze hat die Antragsbegründung jedoch nicht herausgearbeitet. Insbesondere reicht insoweit der Verweis auf einen Leitsatz des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 27. November 1990 (1 BvR 402/87 – juris „Josefine Mutzenbacher“) nicht aus. Abgesehen davon, dass sich diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf die Freiheit der Kunst (Art. 5 Abs. 3 GG) bezieht und nicht auf die vom Kläger in diesem Zusammenhang beanspruchte Meinungsfreiheit i.S.v. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, genügt die nach Auffassung des Rechtsmittelführers fehlerhafte oder unterbliebene Anwendung eines Rechtssatzes nicht den Zulassungsanforderungen an die Divergenzrüge (vgl. dazu auch: BayVGH B.v. 15.1.2009 – 7 ZB 06.3284 – juris)."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Haftung des Webseitenbetreibers für wettbewerbswidrige Inhalte auf verlinkter Seite - Prüfungspflichten auf Grundlage der Störerhaftung

BGH
Urteil vom 18.06.2015
I ZR 74/14
Haftung für Hyperlink
UWG § 8 Abs. 1


Der BGH hat sich in dieser Entscheidung mit der Frage befasst unter welchen Voraussetzungen ein Webseitenbetreiber für Wettbewerbsverstöße haftet, wenn dieser per Link auf eine andere Webseite mit wettbewerbswidrigen Inhalten verweist. Macht sich der Webseitenbetreiber die fremden Inhalte zu eigen, so haftet dieser wie für eigene Inhalte. Aber auch sonst kann ein Webseitenbetreiber unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung unter Umständen in Anspruch genommen werden. Ist der Rechtsverstoß erkennbar, so haftet der Verlinkende. Ist der Verstoß nicht leicht erkennbar, so kommt eine Haftung in Betracht, wenn er von der Rechtswidrigkeit der Inhalte Kenntnis erlangt oder darüber informiert wird. Dann muss der Verlinkende auch nicht leicht erkennbare Verstöße auf ihre Rechtswidrigkeit überprüfen.

Leitsätze des BGH:

a) Eine Haftung für die Inhalte einer über einen Link erreichbaren Internetseite wird nicht allein dadurch begründet, dass das Setzen des Links eine geschäftliche Handlung des Unternehmers darstellt.

b) Wer sich fremde Informationen zu Eigen macht, auf die er mit Hilfe eines Hyperlinks verweist, haftet dafür wie für eigene Informationen. Darüber hinaus kann, wer seinen Internetauftritt durch einen elektronischen Verweis mit wettbewerbswidrigen Inhalten auf den Internetseiten eines Dritten verknüpft, im Fall der Verletzung absoluter Rechte als Störer und im Fall der Verletzung sonstiger wettbewerbsrechtlich geschützter Interessen aufgrund der Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht in Anspruch genommen werden, wenn er zumutbare Prüfungspflichten verletzt hat.

c) Ist ein rechtsverletzender Inhalt der verlinkten Internetseite nicht deutlich erkennbar, haftet derjenige, der den Link setzt, für solche Inhalte grundsätzlich erst, wenn er von der Rechtswidrigkeit der Inhalte selbst oder durch Dritte Kenntnis erlangt, sofern er sich den Inhalt nicht zu eigen gemacht hat.

d) Der Unternehmer, der den Hyperlink setzt, ist bei einem Hinweis auf Rechtsverletzungen auf der verlinkten Internetseite zur Prüfung verpflichtet, ohne dass es darauf ankommt, ob es sich um eine klare Rechtsverletzung handelt.

BGH, Urteil vom 18. Juni 2015 - I ZR 74/14 - OLG Köln - LG Köln

OLG Düsseldorf: Wer eine Unterlassungserklärung abgibt ist verpflichtet Inhalte aus Google Cache zu entfernen - andernfalls droht eine Vertragsstrafe

OLG Düsseldorf
Urteil vom 03.09.2015
I-15 U 119/14


Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass der Betreiber einer Webseite nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verpflichtet ist, die streitgegenständlichen Inhalte auch im Google-Cache löschen zu lassen. Die Problematik ist nicht neu und sorgt immer wieder für unangenehme Überraschungen, wenn dies nicht vor Abgabe einer Unterlassungserklärung bedacht und berücksichtigt wird. Fundierter anwaltlicher Rat ist vor der Abgabe von Unterlassungserklärungen unumgänglich. Auch helfen wir gern bei der zeitnahen Entfernung von Inhalten aus dem Suchmachinen-Cache.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Der Beklagte war aufgrund der Unterlassungsverpflichtungserklärung vom 05.01.2012 auch verpflichtet, die Suchmaschine Google zur Löschung der streitgegenständlichen Einträge, auch aus dem Cache, aufzufordern.

Die Verpflichtung zur Unterlassung einer Handlung, durch die ein fortdauernder Störungszustand geschaffen wurde, ist mangels abweichender Anhaltspunkte regelmäßig dahin auszulegen, dass sie nicht nur die Unterlassung derartiger Handlungen, sondern auch die Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen zur Beseitigung des Störungszustands umfasst (BGH GRUR 2015, 258 – CT-Paradies). Hat eine Verletzungshandlung einen andauernden rechtswidrigen Verletzungszustand hervorgerufen, besteht neben dem Unterlassungsanspruch ein Beseitigungsanspruch (BGH GRUR 2015, 258 – CT-Paradies; BGH GRUR 1977, 814 – Gebäudefassade). Dabei handelt es sich um selbstständige Ansprüche mit grundsätzlich unterschiedlicher Zielrichtung. Der Gläubiger hat es in der Hand, ob er den einen oder den anderen Anspruch oder aber beide Ansprüche geltend macht. Er kann bei einer solchen Fallgestaltung allerdings auch bereits mit dem Unterlassungsanspruch die Beseitigung des Verletzungszustands verlangen. Das folgt daraus, dass bei einer Dauerhandlung die Nichtbeseitigung des Verletzungszustands gleichbedeutend mit der Fortsetzung der Verletzungshandlung ist (BGH GRUR 2015, 258 – CT-Paradies; BGH GRUR 1977, 814 – Gebäudefassade). Vereinbaren die Parteien in einem solchen Fall eine Unterlassungsverpflichtung, ist regelmäßig davon auszugehen, dass diese auch die Verpflichtung zur Beseitigung des Verletzungszustands umfasst, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie allein die Verpflichtung zur Unterlassung zukünftiger Verletzungshandlungen erfassen soll.

Danach ist die Unterlassungsverpflichtungserklärung des Beklagten vom 05.01.2012 dahin auszulegen, dass sie auch die Verpflichtung umfasst, den durch die ursprüngliche Verwendung des Hinweises „TÜV-Sondereintragungen“ auf der eigenen Internetseite geschaffenen Störungszustand zu beseitigen, soweit es ihm möglich und zumutbar ist.

Vorliegend bestehen nämlich keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Unterlassungsverpflichtungserklärung ausnahmsweise nicht auf die Verpflichtung zur Beseitigung des Verletzungszustands erstreckt. Das Vertragsstrafeversprechen bezieht sich zwar nur auf „zukünftige“ Zuwiderhandlungen, also solche, die nach Zustandekommen der Vereinbarung liegen. Jedoch stellt auch eine fortdauernde Beeinträchtigung eine zukünftige Zuwiderhandlung dar.

Die Unterlassungsverpflichtung umfasst die Pflicht des Beklagten, im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren beim Betreiber der Suchmaschine Google auf eine Löschung des streitgegenständlichen Eintrages hinzuwirken, wobei sich diese Verpflichtung auch auf die Entfernung aus dem Cache erstreckt. Zwar hat ein Schuldner für das selbstständige Handeln Dritter grundsätzlich nicht einzustehen. Er ist jedoch gehalten, auf Dritte, deren Handeln ihm wirtschaftlich zugutekommt, einzuwirken, wenn er mit einem Verstoß ernstlich rechnen muss und zudem rechtliche und tatsächliche Einwirkungsmöglichkeiten auf das Verhalten der Dritten hat. Insoweit kann sich der Schuldner nicht darauf berufen, dass der Verstoß ohne sein Zutun erfolgt ist (BGH GRUR 2014, 595 – Vertragsstrafenklausel). Die streitgegenständlichen Einträge bzw. Treffer bei Google beruhten letztlich auf der eigenen Internetseite des Beklagten. Damit, dass eine allseits bekannte und gängige Suchmaschine die Einträge auf seiner Internetseite auffinden und seine Angaben bei einer Suchanfrage ausweisen wird, musste der Beklagte rechnen. Es kam ihm auch wirtschaftlich zugute. Folglich war er aufgrund der von ihm übernommenen Unterlassungsverpflichtung gehalten, unverzüglich eigene Recherchen über die Verwendung des ihm untersagten Hinweises durchzuführen und jedenfalls den Betreiber der Suchmaschine Google aufzufordern, den streitgegenständlichen Eintrag zu entfernen. Da Google zudem unstreitig ein Webmaster-Tool bereit hält, über das die Löschung im Cache gespeicherter veralteter oder gelöschter Informationen beantragt und damit ihre Anzeige verhindert werden kann, war es dem Beklagten auch möglich und zumutbar, die Entfernung des streitgegenständlichen Hinweises aus dem Cache zu beantragen.

Dass das Herantreten an den Betreiber einer Suchmachine verbunden mit der Aufforderung bestimmte Einträge zu löschen möglich und zumutbar ist, sieht der Beklagte, der dies bezüglich Google konkret nicht in Abrede gestellt hat, an sich ebenso wie seine Korrespondenz mit den Betreibern der Seiten www.B..de, www.C..de, www.D..de und www.I..de bestätigt.

Soweit der Beklagte behauptet, bei Google sei im Zeitpunkt der Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung ein entsprechendes Ergebnis nicht auffindbar gewesen, kann dahin stehen, ob dies zutrifft. Selbst wenn dies zugunsten des Beklagten unterstellt würde, kann nicht außer Acht gelassen werden, dass nach seinem Vortrag jedenfalls bei den Betreibern der oben genannten Internetseiten der entsprechende Eintrag nach Abgabe der Erklärung vorhanden war. Jedenfalls auf den Seiten www.B..de, www.C..de und www.D..de fand sich die streitgegenständliche Werbung auch auf Veranlassung des Beklagten. Damit, dass die Suchmaschine Google diese Einträge solange (also auch noch nach Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung) auffinden und bei einer Recherche anzeigen wird, wie sie im Internet auf diesen Seiten zu finden sind, musste der Beklagte rechnen. Also selbst dann, wenn eine Recherche mittels Google erst nach Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung die streitgegenständliche Werbung aufgezeigt hätte, würde sie (mittelbar) auf der eigenen Internetwerbung des Beklagten beruhen. Gerade wegen dieses Umstandes besteht die oben genannte Pflicht, auf die Löschung hinzuwirken.

Gegen diese ihm obliegende Verpflichtung hat der Beklagte schuldhaft verstoßen. Er ist unterstreitig gegenüber Google nicht tätig geworden; er hat Google nicht einmal aufgefordert, den streitgegenständlichen Eintrag zu löschen. Er hat sich vielmehr auf den Standpunkt gestellt, die Klägerin solle sich selbst an den Betreiber der Suchmaschine wenden (Schreiben vom 07.05.2013, Bl. 20 d. GA).


Den Volltext der Entscheidung finden Sie

Den Volltext der Entscheidung finden Sie
hier:

OLG Celle: Pflicht zur Löschung von Inhalten aus Google-Cache bei strafbewehrter Unterlassungserklärung durch Webseitenbetreiber

OLG Celle
Urteil vom 29.01.2015
13 U 58/14


Das OLG Celle hat entschieden, dass der Betreiber einer Webseite nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verplichtet ist, die streitgegenständliche Inhalte auch im Google-Cache löschen zu lassen. Die Problematik ist nicht neu und sorgt immer wieder für unangenehme Überraschungen. Fundierter anwaltlicher Rat ist vor der Abgabe von Unterlassungserklärungen unumgänglich.

Aus den Entscheidungsgründen:
"Der Schuldner eines Unterlassungsgebots hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die durch die Unterlassungserklärung betroffenen Inhalte seiner Webseite nicht mehr im Internet aufgerufen werden können, weder über die Webseite direkt noch über eine Internetsuchmaschine (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 12. September 2012 - 6 U 58/11, juris Rn. 22 ff.; KG Berlin, Urteil vom 27. November 2009 - 9 U 27/09, juris Rn. 29 ff.; OLG Köln, Beschluss vom 5. Mai 2000 - 6 W 61/99, juris Rn. 4; in Bezug auf den Provider: Köhler in Köhler/Bornkamm, a. a. O, § 12 Rn. 6.7). Dazu gehört es, nicht nur die betroffenen Inhalte durch Änderung oder Löschung der Webseite zu entfernen, sondern auch die Abrufbarkeit wenigstens über Google als die am häufigsten genutzte Suchmaschine im Internet auszuschließen (so auch KG Berlin, Urteil vom 27. November 2009, a. a. O., juris Rn. 31). Dem Schuldner obliegt es dabei, zu überprüfen, ob die auf der Webseite entfernten Inhalte bzw. die gelöschten Webseiten noch über die Trefferliste dieser Suchmaschine aufgerufen werden können. In diesem Fall muss der Schuldner gegenüber Google den Antrag auf Löschung im Google-Cache bzw. auf Entfernung der von der Webseite bereits gelöschten Inhalte stellen.

Soweit teilweise darauf abgestellt wird, dass mangels entgegenstehender Anhaltpunkte der Schuldner nicht (sämtliche oder wenigstens die wichtigsten) Suchmaschinen daraufhin überprüfen (lassen) muss, ob dort noch die alte Seite gespeichert ist, sondern sich darauf verlassen kann, dass diese laufend ihren Datenbestand aktualisieren (OLG Köln, Beschluss vom 25. April 2007 - 6 W 40/07, juris Rn. 9; Brüning in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, a. a. O., Vorb. zu § 12 Rn. 308; Hess in jurisPK-UWG, 3. Aufl., § 12 Rn. 231), stellt dies eine Frage der Zumutbarkeit dar. Der Senat kann dabei dahingestellt bleiben lassen, ob neben Google weitere Suchmaschinen auf die Aufrufbarkeit kontrolliert werden müssen, da der Beklagte hier bereits die Abfrage bei Google unterlassen hat."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: