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EuGH: Weinerzeuger darf seinen Weinbaubetrieb auch dann angeben wenn die Kelterung in fremden Betriebsräumern unter seiner Leitung und ständigen Überwachung erfolgt

EuGH
Urteil vom 23.11.2023
C-354/22


Der EuGH hat entschieden, dass ein Weinerzeuger seinen Weinbaubetrieb auch dann angeben darf, wenn die Kelterung in fremden Betriebsräumern aber unter seiner Leitung und ständigen Überwachung erfolgt.

Die Pressemitteilung des EuGH:
Weinbereitung und -etikettierung: Ein Weinerzeuger darf seinen eigenen Weinbaubetrieb auch dann angeben, wenn die Kelterung in den Betriebsräumen eines anderen Weinerzeugers erfolgt

Dies setzt allerdings voraus, dass während der erforderlichen Zeit nur der namensgebende Weinerzeuger die angemietete Kelteranlage nutzt und die Kelterung unter seiner Leitung und seiner engen und ständigen Überwachung stattfindet.

Ein Weinerzeuger der deutschen Moselregion verwendet die Angaben „Weingut“ und „Gutsabfüllung“ für Wein, den er aus Trauben erzeugt, die von Rebflächen stammen, die er etwa 70 km von seinem eigenen Betrieb entfernt gepachtet hat. Aufgrund eines Vertrags werden die angepachteten Rebflächen von ihrem Eigentümer nach den Vorgaben des namensgebenden Weinerzeugers angebaut. Nach der Weinlese steht eine angemietete Kelteranlage für einen Zeitraum von 24 Stunden ausschließlich für die Verarbeitung der Trauben von den gepachteten Rebflächen nach den önologischen Vorgaben des namensgebenden Weinerzeugers zur Verfügung. Dieser befördert anschließend den hergestellten Wein zu seinen Betriebsräumen.

Nach Auffassung des Landes Rheinland-Pfalz darf der namensgebende Weinerzeuger die fraglichen Angaben nicht für den in den Betriebsräumen des anderen Weinerzeugers hergestellten Wein verwenden. Damit bestimmte Angaben, die wie beispielsweise „Weingut“ auf einen namensgebenden Weinbaubetrieb verweisen, verwendet werden dürfen, verlangt das Unionsrecht1 nämlich, dass das Weinbauerzeugnis ausschließlich aus Trauben gewonnen wird, die von Rebflächen dieses Betriebs stammen, und die Weinbereitung vollständig in diesem Betrieb erfolgt.

Das deutsche Verwaltungsgericht, bei dem der Rechtsstreit anhängig ist, hat den Gerichtshof zu der zuletzt genannten Voraussetzung befragt.

Der Gerichtshof stellt zunächst fest, dass nach dem Unionsrecht die fraglichen Angaben, die eine höhere Qualität gewährleisten sollen, Weinbauerzeugnissen mit geschützter Ursprungsbezeichnung (g. U.) oder geschützter geografischer Angabe (g. g. A.) vorbehalten sind. Das Verwaltungsgericht hat zu prüfen, ob die Rebflächen, die in 70 km Entfernung von dem namensgebenden Weinbaubetrieb angepachtet wurden, von dessen g. U. oder g. g. A. erfasst sind.

Des Weiteren stellt der Gerichtshof fest, dass der Begriff des Betriebs und damit die Verwendung der fraglichen Angaben nicht auf die Flächen beschränkt ist, die im Eigentum des namensgebenden Weinerzeugers stehen oder sich in deren Nähe befinden. Sie können sich auch auf Rebflächen erstrecken, die an einem anderen Ort gepachtet sind, sofern die Arbeiten der Bewirtschaftung und Ernte der Trauben unter der tatsächlichen Leitung, der engen und ständigen Überwachung und der Verantwortung des namensgebenden Weinerzeugers erfolgen.

Wenn diese Voraussetzungen bei der Kelterung in einer für einen kurzen Zeitraum bei einem anderen Betrieb angemieteten Kelteranlage erfüllt sind und diese Kelteranlage für die erforderliche Zeit ausschließlich dem namensgebenden Weinbaubetrieb zur Verfügung gestellt wird, dann kann davon ausgegangen werden, dass die Weinbereitung vollständig im namensgebenden Weinbaubetrieb erfolgt ist.

Dieselben Voraussetzungen gelten darüber hinaus dann, wenn Mitarbeiter des die Kelteranlage vermietenden Weinbaubetriebs die Kelterung durchführen. Dieser Vorgang muss nach den eigenen Vorgaben des namensgebenden Weinbaubetriebs erfolgen. Dieser Betrieb darf sich nicht darauf beschränken, auf etwaige Anweisungen des die Kelteranlage vermietenden Weinbaubetriebs zu verweisen

Tenor der Entscheidung:
1. Art. 54 Abs. 1 Unterabs. 2 der Delegierten Verordnung (EU) 2019/33 der Kommission vom 17. Oktober 2018 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf Anträge auf Schutz von Ursprungsbezeichnungen, geografischen Angaben und traditionellen Begriffen im Weinsektor, das Einspruchsverfahren, Einschränkungen der Verwendung, Änderungen der Produktspezifikationen, die Löschung des Schutzes sowie die Kennzeichnung und Aufmachung in der durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/1375 der Kommission vom 11. Juni 2021 geänderten Fassung

ist dahin auszulegen, dass

der Umstand, dass die Kelterung der von gepachteten Rebflächen stammenden Trauben in einer Anlage stattfindet, die der namensgebende Weinbaubetrieb für einen kurzen Zeitraum bei einem anderen Weinbaubetrieb anmietet, nicht ausschließt, dass die Weinbereitung als im Sinne dieser Bestimmung vollständig im namensgebenden Weinbaubetrieb erfolgt anzusehen ist, sofern diese Anlage für die für den Keltervorgang erforderliche Zeit ausschließlich dem namensgebenden Weinbaubetrieb zur Verfügung gestellt wird und dieser zuletzt genannte Betrieb die tatsächliche Leitung, die enge und ständige Überwachung und die Verantwortung für diesen Vorgang übernimmt.

2. Art. 54 Abs. 1 Unterabs. 2 der Delegierten Verordnung 2019/33 in der durch die Delegierte Verordnung 2021/1375 geänderten Fassung

ist dahin auszulegen, dass

eine Weinbereitung selbst dann vollständig im Sinne dieser Bestimmung im namensgebenden Weinbaubetrieb erfolgt, wenn der Vorgang der Kelterung von Mitarbeitern des dem namensgebenden Weinbaubetrieb die Kelteranlage vermietenden Weinbaubetriebs durchgeführt wurde, sofern der Inhaber des namensgebenden Weinbaubetriebs die tatsächliche Leitung, die enge und ständige Überwachung und die Verantwortung für diesen Vorgang übernimmt. Für die Frage, ob davon ausgegangen werden kann, dass die Weinbereitung im namensgebenden Weinbaubetrieb erfolgt, ist es irrelevant, dass der Weinbaubetrieb, der die Kelteranlage vermietet, ein Eigeninteresse an der Art und Weise der Durchführung der Kelterung hat, insbesondere aufgrund einer Vertragsklausel über einen ertrags- und qualitätsabhängigen Zuschlag je Hektoliter Wein.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG München: Wettbewerbsverstoß wenn mit Bockbierwürze versetzte weinhaltigen Getränke als "Glühwein" angeboten werden

LG München
Urteil vom 17.11.2022
17 HKO 8213/18


Das LG München hat entschieden, dass ein Wettbewerbsverstoß vorliegt, wenn mit Bockbierwürze versetzte weinhaltige Getränke als "Glühwein" angeboten werden.

Die Pressemitteilung des Gericht:
„Wein oder nicht Wein, das ist hier die Frage“ - Wo „Glühwein“ draufsteht, muss auch Glühwein drin sein!

Die unter anderem für das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zuständige 17. Kammer für Handelssachen des Landgerichts München I hat am 17.11.2022 der Klage einer Weinkellerei stattgegeben und einem Brauhaus verboten, seine beiden mit Bockbierwürze versetzten weinhaltigen Getränke als „Glühwein“ im geschäftlichen Verkehr zu bezeichnen.

Der Begriff „Wein“ werde hierdurch in unzulässiger Weise „verwässert“, führte die erkennende Kammer aus. Es liege eine Irreführung von Verbrauchern vor, da diese darüber hinweggetäuscht würden, dass mit den Beigaben der Beklagten ein zusätzlicher Wassergehalt von 2 % in die Getränke der Beklagten gelange. Dies sei für ein Produkt mit der Bezeichnung „Glühwein“ unzulässig.

Glühwein dürfe laut europäischer Verordnung nur Wein, Süßungsmittel und Gewürz enthalten.

Der Wassergehalt, der beim Zuführen von Bockbierwürze in beide weinhaltigen Getränke der Beklagten gelange, sei zu hoch, um das Produkt noch als „Glühwein“ bezeichnen zu können.

In der mündlichen Verhandlung hörte das Gericht zu der Frage, ob Bockbierwürze ein Gewürz ist und somit dem Glühwein beigegeben werden kann, einen Önologen an:

Der in dem Wort „Bockbierwürze“ enthaltene Begriff „Würze“ sei lediglich historisch bedingt und inhaltsstofflich nicht korrekt, so der Sachverständige. Die Bockbierwürze sei kein Gewürz, sondern eine Flüssigkeit, die ein Gewürz empfange. Bierwürze im Allgemeinen habe nichts mit einem Gewürz oder Süßungsmitteln zu tun. Die Bockbierwürze sei gegenüber anderen Gewürzen insbesondere kein hoch konzentrierter Stoff, deshalb sei der Wasserzusatz in den Getränken der Beklagten erheblich.

Dem schloss sich das Gericht an.

Der Wassergehalt in Glühwein unterliege strengen Vorgaben: Nur zum Süßen oder zur Beigabe von Gewürzen sei Wasser zulässig, in so geringer Menge wie möglich, so die erkennende Kammer. An diese Vorgaben habe sich die beklagte Brauerei mit der Beigabe von Bockbierwürze nicht gehalten. Hiermit suggeriere die Beklagte dem Verbraucher bei ihren Getränken vielmehr die Eigenschaften des Traditionsgetränks Glühwein, die diese tatsächlich wegen zu hohen Wassergehalts gar nicht hätten.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Zum Hintergrund:

Zulässige Bestandteile des Glühweins:
In der Verordnung (EG) 251/2014 Anl. II B, Ziff. 8 hat der Gesetzgeber die zulässigen Bestandteile des Glühweins geregelt. Es darf nur ein solches Produkt auf den Markt gebracht und als Glühwein bezeichnet werden, das den traditionell geprägten Zutatenvorgaben des europäischen Gesetzgebers entspricht.

Verordnung (EU) Nr. 251/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Begriffsbestimmung, Beschreibung, Aufmachung und Etikettierung von aromatisierten Weinerzeugnissen sowie den Schutz geografischer Angaben für aromatisierte Weinerzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1601/91 des Rates (europa.eu)

Önologie:
Aufgabenbereich der Önologie ist das technologische Forschen, die Mitarbeit in der Entwicklung von Materialien für die Technik und die Ausrüstung von Kellereien. Bestandteil der Tätigkeit ist auch die Mitarbeit in der Anlage und der Pflege von Weinbergen, die Übernahme der vollen Verantwortung für die Produktion von Traubensaft, Wein und Folgeprodukten aus Wein und die Gewährleistung ihrer Haltbarkeit, die Durchführung von Analysen (physikalische, chemische, mikrobiologische und organoleptische) von weinhaltigen Produkten und die Auswertung und Erörterung der Analysedaten.


LG Berlin: Traubensaftmischung darf nicht als alkoholfreier Wein angeboten werden - Zera Chardonnay Alcohol Free

LG Berlin
Urteil vom 19.05.2022
52 O 273/21


Das LG Berlin hat entschieden, dass eine Traubensaftmischung nicht als alkoholfreier Wein angeboten werden darf ("Zera Chardonnay - Alcohol Free"). Es liegt ein wettbewerbswidriger Verstoß gegen Art. 7 LMIV vor. Ein klarstellender Hinweis auf der Rückseite der Flasche reicht nicht, um die Irreführung auszuräumen.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Köln: Rückabwicklung des Kaufvertrages über Kauf von 36 Flaschen seltener Weine für 300.000 EURO wenn es sich um Fälschungen handelt

OLG Köln
Urteil vom 25.06.2020
28 U 53/19


Das OLG Köln hat wenig überraschend entschieden, dass ein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages über Kauf von 36 Flaschen seltener Weine für 300.000 EURO besteht, wenn es sich dabei um Fälschungen handelt.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Neuer Wein in alten Schläuchen? Händler muss gefälschte hochwertige Weine zurücknehmen

Hochwertige Weine erzielen Spitzenpreise und werden weltweit gehandelt. Nicht immer ist die Ware aber echt, wie sich in einem vom Oberlandesgericht Köln entschiedenen Fall herausgestellt hat.

Die Klägerin ist eine in Bayern ansässige Firma, die mit hochwertigen und seltenen Weinen handelt. Im März 2012 hatte sie von einer Kölner Weinhändlerin 36 Flaschen Rotwein der Weinlage Romanée-Conti - Jahrgänge 2004 - 2007 - zum Preis von fast 300.000 Euro gekauft. Unmittelbar danach verkaufte sie den Wein an einen Händler in Singapur weiter.

Im April 2013 kamen in der Weinbranche Gerüchte auf, dass Teile der auf den Markt gelangten Weine dieser Weinlage gefälscht seien. Mit der Begründung, dass ihre Kundin in Singapur davon ausgehe, dass es sich bei den verkauften Weinen um Fälschungen handele und 34 der 36 Flaschen zurückgeschickt habe, forderte die Klägerin daraufhin die Beklagte zur Rückzahlung des anteiligen Kaufpreises auf. Nachdem die Beklagte zur Zahlung nicht bereit war, machte die Klägerin den Anspruch gerichtlich geltend. Mit Urteil vom 11.07.2019 hatte das Landgericht Köln der Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Rückgabe der betroffenen Flaschen Wein im Wesentlichen stattgegeben. Die gegen das erstinstanzliche Urteil gerichtete Berufung hat der 28. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln nun mit Urteil vom 25.06.2020 zurückgewiesen.

Die Beklagte hatte bestritten, dass es sich bei den von ihr gelieferten Weinen um Fälschungen handele. Mit Hilfe einer speziellen Lupe ließ sich jedoch feststellen, dass nur 2 der 34 Flaschen echt waren. Bei der Erstellung der Etiketten wurde ein besonderes Verfahren angewandt, welches zu einem unverkennbaren Druckergebnis führte. Die Beweisführung überzeugte Landgericht und Oberlandesgericht.

Auch ein weiterer Einwand der Beklagten blieb erfolglos. Sie hatte geltend gemacht, das Landgericht hätte genauer aufklären müssen, ob es sich bei den dem Gericht vorliegenden Flaschen tatsächlich um jene gehandelt habe, die die Beklagte der Klägerin im Jahr 2012 verkauft hatte. Das überzeugte das Oberlandesgericht jedoch nicht. Ein aufmerksamer Mitarbeiter der Klägerin hatte nämlich bei Anlieferung des Weins auf der Rückseite der Rechnung der Beklagten die Flaschennummern notiert. 34 der seinerzeit notierten Nummern fanden sich auf der bei Rückkehr der Weine aus Singapur erstellten Packliste. Sie stimmten außerdem mit den durch das Landgericht in Augenschein genommenen Flaschen überein. Anlass zur weiteren Aufklärung sah der 28. Zivilsenat daher nicht.

Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen.

Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 25.06.2020 - 28 U 53/19.



BVerwG: Zuckerung in der Gärphase bei der Weinherstellung nur zur Erhöhung des Alkoholgehalts und nicht zur Erhöhung der Süße zulässig

BVerwG
Urteil vom 30.01.2020
3 C 6.18


Das BVerwG hat entschieden, dass die Zuckerung in der Gärphase bei der Weinherstellung nur zur Erhöhung des Alkoholgehalts und nicht zur Erhöhung der Süße zulässig.

Die Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts:

Zuckerung bei der Weinherstellung

Die Zuckerung eines Weinerzeugnisses in der Gärphase darf nur der Erhöhung des Alkoholgehalts dienen und nicht zu einer Umgehung des Verbots führen, den Wein mit Zucker (Saccharose) zu süßen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.

Der Kläger ist Inhaber eines Weinguts. Er erhielt für seinen Rieslingwein aus dem Jahrgang 2014 eine amtliche Prüfungsnummer für Qualitätswein. Nachdem die Untersuchung der im Rahmen einer Betriebskontrolle entnommenen Proben einen Restzuckergehalt von 17,1 g/l bei einem Glucose-Fructose-Verhältnis von 47 zu 53 ergeben hatte, gab der Kläger an, bei der zweiten Anreicherung vom März 2015 sei der zugegebene Zucker offenbar nicht vollständig vergoren. Mit Bescheid vom 24. September 2015 nahm die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz den Prüfungsbescheid zurück. Entgegen den im Antragsverfahren gemachten Angaben sei der Wein gesüßt und damit unter Anwendung eines nicht zugelassenen önologischen Verfahrens hergestellt worden. Die Zugabe von Saccharose im Rahmen der Anreicherung bewirke eine unzulässige Süßung, wenn eine ausreichende Vergärung des Zuckers nicht stattgefunden habe.


Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz darf die im Wein vorhandene Restsüße nur von frischen Weintrauben und von Traubenmost, nicht aber von Saccharose-Zugaben herrühren. Die Annahme des Klägers, jegliche Zuckerzugabe, die während der Gärphase nach den gesetzlichen Bestimmungen erfolge, müsse auch im Hinblick auf den im Wein verbleibenden Restzuckergehalt unbedenklich sein, treffe nicht zu. Der vom Kläger noch im März zur Anreicherung zugegebene Kristallzucker sei nur zu 10 % vergoren. Damit liege eine unzulässige Süßung vor.


Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Nach den maßgeblichen Vorschriften des europäischen Weinrechts (Art. 3 Abs. 5 i.V.m. Anhang I D Nr. 1 der Verordnung 606/2009/EG) darf Qualitätswein nicht mit Zucker gesüßt werden. In der Gärphase darf dem Erzeugnis zur Erhöhung des natürlichen Alkoholgehalts nach Maßgabe näherer Bestimmungen (Art. 80 Abs. 1 i.V.m. Anhang VIII Teil 1 der Verordnung 1308/2013/EU) Saccharose zugesetzt werden. Sinn und Zweck dieser sogenannten Anreicherung ist die Erhöhung des vorhandenen Alkoholgehalts und nicht der Restsüße; sie darf nicht zu einer Umgehung des Verbots führen, den Wein mit Zucker zu süßen. Von einer Umgehung ist hier auszugehen. Nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts waren nur 10 % der im März 2015 zugegebenen Saccharose zu Alkohol vergoren. Eine Prüfungsnummer darf einem solchen Wein nicht erteilt werden.

BVerwG 3 C 6.18 - Urteil vom 30. Januar 2020

Vorinstanzen:

OVG Koblenz, 8 A 11751/17 - Urteil vom 27. Februar 2018 -

VG Mainz, 1 K 611/16.MZ - Urteil vom 23. Februar 2017 -




OVG Rheinland-Pfalz: FEDI-Flaschenetikett für teilweise gegorenen Traubenmost ist keine Irreführung der Verbraucher

OVG Rheinland-Pfalz
Urteil vom 13.03.2019
8 A 11522/18.OVG


Das OVG Rheinland-Pfalz hat entschieden, dass die Verwendung eines FEDI-Flaschenetiketts für teilweise gegorenen Traubenmost keine Irreführung der Verbraucher darstellt.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Keine Irreführung der Verbraucher durch "FEDI"-Flaschenetikett für teilweise gegorenen Traubenmost

Es stellt keine Irreführung des Verbrauchers dar, wenn ein teilweise gegorener Traubenmost, der sich nicht mehr in Gärung befindet, in einer fest verschlossenen Flasche mit der Bezeichnung „FEDI“ und der Abbildung einer weißen Feder sowie dem Zusatz „haltbar und dicht verschlossen“ auf dem Etikett in Verkehr gebracht wird. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.

Die klagende Weinkellerei stellt einen teilweise gegorenen Traubenmost her, bei dem die Gärung unterbrochen wurde. Diesen Traubenmost füllt sie in fest verschlossene Flaschen ab, auf denen ein Etikett angebracht ist, worauf das Getränk als „FEDI“ bezeichnet wird. Darüber befindet sich eine weiße Feder, während unter dem Produktnamen die Angabe „teilweise gegorener Traubenmost“ sowie – in größerer Schrift – die Aussage „haltbar und dicht verschlossen“ zu lesen ist. Anlässlich einer Betriebskontrolle durch das Landesuntersuchungsamt wurde die Klägerin darüber belehrt, dass der Begriff „FEDI“ in Verbindung mit der Darstellung einer weißen Feder zur Irreführung geeignet sei, da der Eindruck erweckt werde, es handele sich bei dem Produkt um einen Federweißen. Hiergegen wandte die Klägerin ein, dass es sich tat­sächlich um einen Federweißen handele. Hierfür reiche es aus, dass das Getränk ein teilweise vergorener Traubenmost sei. Dass dieser sich noch in Gärung befinde, sei hingegen nicht erforderlich. Nachdem das beklagte Land Rheinland-Pfalz dem schrift­lich widersprach und an seiner Einschätzung ausdrücklich festhielt, erhob die Klägerin Klage mit dem Ziel, festzustellen, dass der Beklagte nicht berechtigt sei, ihr zu unter­sagen, einen teilweise gegorenen Traubenmost in Verkehr zu bringen, bei dem der Gärvorgang unterbrochen wurde und der in der Etikettierung als „FEDI“ zusammen mit der Abbildung einer weißen Feder – wie oben beschrieben – bezeichnet wird. Das Verwaltungsgericht Trier wies die Klage ab. Auf die Berufung der Klägerin änderte das Oberverwaltungsgericht das verwaltungsgerichtliche Urteil und gab der Klage statt.

Das beklagte Land sei nicht berechtigt, das Inverkehrbringen des von der Klägerin hergestellten teilweise gegorenen Traubenmostes unter der Bezeichnung „FEDI“ und mit der Abbildung einer weißen Feder auf dem Etikett zu untersagen. Es könne dahin­stehen, ob die Verwendung des Begriffs Federweißer nach europarechtlichen oder nationalen Vorschriften ein noch in Gärung befindliches Produkt voraussetze und es sich bei dem von der Klägerin hergestellten Produkt nicht um einen Federweißen in diesem Sinne handele. Selbst wenn beides – wie vom Verwaltungsgericht angenom­men – zu bejahen sein sollte, könne nicht davon ausgegangen werden, dass die auf dem Etikett von der Klägerin verwendeten Angaben irreführend seien. Zwar lehne sich die Bezeichnung „FEDI“ offenkundig an den Begriff Federweißer an. Dieser Eindruck werde noch verstärkt durch die Abbildung einer weißen Feder. Nach der Verbrau­chererwartung handele es sich bei Federweißem jedoch um ein frisches, noch in Gärung befindliches Produkt, das sein Geschmacksbild schnell verändere und des­halb nicht über längere Zeit lagerfähig sei. Dementsprechend verbinde der Durch­schnittsverbraucher mit dem Federweißen die Vorstellung, dass er in einem offenen oder jedenfalls nicht fest verschlossenen Gebinde in vielen Fällen um den Zeitpunkt der Weinlese gewissermaßen „über die Straße“ vertrieben werde. Einer solchen Ver­brauchererwartung entspreche der von der Klägerin hergestellte teilweise gegorene Traubenmost offensichtlich nicht, wie bereits die Aufmachung des Produkts zeige. Dieses werde in einer dicht verschlossenen Flasche mit einem Drehverschluss angeboten. Außerdem werde auf dem Etikett gut lesbar hervorgehoben, dass das Produkt „haltbar und dicht verschlossen“ sei. Damit sei für den Verbraucher auch klar, dass der teilweise gegorene Traubensaft der Klägerin ungeöffnet über einen längeren Zeitraum aufbewahrt werden könne und nicht die Gefahr bestehe, dass er sein Geschmacksbild verändere. Daher seien die Unterschiede zu einem Federweißen nach der Verbrauchererwartung so offenkundig, dass nicht von einer Irreführung eines durchschnittlich informierten Verbrauchers ausgegangen werden könne.

Urteil vom 13. März 2019, Aktenzeichen: 8 A 11522/18.OVG


VG Trier: Bezeichnung Federweißer darf nur für gärende Produkte verwendet werden - ansonsten Verstoß gegen § 25 Weingesetz

VG Trier
Urteil vom 03.05.2018
2 K 14789/17.TR


Das VG Trier hat entschieden, dass die Bezeichnung "Federweißer" nur für gärende Produkte verwendet werden darf. Ansonsten liegt ein Verstoß gegen § 25 Weingesetz vor.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

"Nur gärende Produkte dürfen als „Federweißer“ bezeichnet werden
Unter den Begriff "Federweißer" fallen nur frische, im Zustand der Gärung befindliche Erzeugnisse. Wird die Gärung durch Konservierungsmaßnahmen zeitweise unterbrochen, so ist die Bezeichnung "Federweißer" unzutreffend und geeignet, den Verbraucher irrezuführen. Dies hat die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Trier mit Urteil vom 3. Mai 2018 entschieden.

Die Klägerin hatte einen teilweise gegorenen Traubenmost in den Verkehr gebracht, bei dem der Gärvorgang unterbrochen wurde. Sowohl die Etikettierung, als auch die Bewerbung des Produktes vermittelten dem Durchschnittsverbraucher nach Auffassung der Behörde den Eindruck, es handele sich bei dem Erzeugnis um einen Federweißen. Auf dem Etikett wurde auf die Haltbarkeit des verschlossenen Produktes hingewiesen. In der Folge bemängelte das Landesuntersuchungsamt, die Bezeichnung des Produktes sei zur Irreführung des Verbrauchers geeignet, da es als Federweißer beworben werde, in Wirklichkeit jedoch keiner sei. Diese Rechtsauffassung wurde vom Beklagten bestätigt, wobei er zur Begründung anführte, die Bezeichnung "Federweißer" setzte voraus, dass der Traubenmost in Gärung befindlich sei.

Daraufhin hat die Klägerin die gerichtliche Feststellung begehrt, dass der Beklagte nicht berechtigt sei, ihr zu untersagen, einen teilweise gegorenen Traubenmost unter der streitgegenständlichen Etikettierung in den Verkehr zu bringen. Aus den einschlägigen Vorschriften ergebe sich ihrer Auffassung nach nicht, dass Federweißer ein noch in Gärung befindlicher Traubenmost sein müsse.

Die Klage blieb jedoch erfolglos, denn das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die Darstellung des Produktes der Klägerin als Federweißer gegen die einschlägigen Vorschriften des Weingesetzes verstoße. Sie sei zur Irreführung der Verbraucher geeignet, da das Erzeugnis der Klägerin tatsächlich kein Federweißer sei. Zwar sähen die europarechtlichen Vorschriften nicht vor, dass es sich bei Federweißen um ein gärendes Produkt handeln müsse. Jedoch ergebe sich aus den nationalen Vorschriften, dass die Begrifflichkeit "Federweißer" nur auf solche Produkte zuträfe, die "zum unmittelbaren Verzehr bestimmt" seien. Dies sei indes nur dann der Fall, wenn es sich um ein Produkt handele, das noch gäre. Auch entspräche nur dieses Verständnis dem deutschen Sprachgebrauch, denn der Verbraucher gehe nach seinem an Herkömmlichkeit und Üblichkeit orientierten Sprachverständnis davon aus, dass Federweißer ein im Zustand der Gärung befindliches Erzeugnis sei, im Herbst in offenen Flaschen abgegeben werde und zügig konsumiert werden müsse. Der auf dem Etikett enthaltene Hinweis auf die Haltbarkeit des verschlossenen Produktes, könne eine Irreführung nicht ausschließen, da er vor diesem Hintergrund widersprüchlich sei.

Gegen die Entscheidung können die Beteiligten innerhalb eines Monats die Zulassung der Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beantragen."

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Zur Verwechslungsgefahr zwischen Castell und VIN CASTEL bei Wein

BGH
Urteil vom 31.05.2012
I ZR 112/10
Castell/VIN CASTEL
MarkenG § 5 Abs. 2, § 26 Abs. 1 und 3

Leitsätze des BGH:


a) Solange die nicht abgekürzte Firmenbezeichnung verwendet wird und geschützt ist, kann der Prüfung, ob sich einer ihrer Bestandteile als Schlagwort eignet, nicht allein eine daneben in Gebrauch genommene abgekürzte Firmenbezeichnung zugrunde gelegt werden.

b) Werden Bestandteile einer Firma sowohl für sich betrachtet als auch in ihrer Verbindung vom Verkehr als beschreibende Sachbezeichnung verstanden, so kann ihnen aus originärer Kennzeichnungskraft kein kennzeichenrechtlicher Schutz als Firmenschlagwort zugebilligt werden.

BGH, Urteil vom 31. Mai 2012 - I ZR 112/10 - OLG Frankfurt/Main - LG Frankfurt/Main

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

EuGH: Wein darf nicht mit der Aussage "bekömmlich" beworben werden - Deutsches Weintor eG gegen Land Rheinland-Pfalz

EuGH
Entscheidung vom 06.09.2012
C-544/10
Deutsches Weintor eG
gegen
Land Rheinland-Pfalz


Der EuGH hat entschieden, dass Wein nicht mit der Aussage "bekömmlich" beworben werden darf. Gegenstand des Verfahrens war die Werbung für Pfälzer Weine mit dem Attribut "bekömmlich" unter Hinweis auf die sanfte Säure der jeweiligen Weine.

Grundsätzlich besteht ein generelles Verbot gesundheitsbezogener Angaben für Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent. Nicht anders sei dies - so der EuGH - im vorliegenden Fall, da die Eigenschaft "bekömmlich" die Erhaltung eines guten Gesundheitszustandes suggeriere.

BGH: Verstoß gegen EG-Weinmarktverordnung als Wettbewerbsverstoß - Lorch Premium II

BGH
Urteil vom 30.04.2009
Lorch Premium II
UWG § 4 Nr. 11; EG-WeinMO 1999 Art. 47, Art. 48; EG-WeinBezV Art. 6 Abs. 1

Leitsätze:


a) Bei den Weinbezeichnungsvorschriften der EG-Weinmarktordnung und der EG-Weinbezeichnungsverordnung handelt es sich um gesetzliche Vorschrif-ten im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG, die dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.

b) Zur Bezeichnung eines Weines dürfen nach Art. 47 Abs. 2 lit. c, Anhang VII Abschn. B Nr. 3 EG-WeinMO 1999 auch Angaben über die Qualität des Weines verwendet werden, die nicht ausdrücklich vorgeschrieben (Art. 47 Abs. 2 lit. a, Anhang VII Abschn. A Nr. 1 EG-WeinMO 1999) oder freigestellt (Art. 47 Abs. 2 lit. b, Anhang VII Abschn. B Nr. 1 EG-WeinMO 1999) sind, sofern sie nicht nach Art. 48 EG-WeinMO 1999 und Art. 6 Abs. 1 EG-WeinBezV irreführend sind.

BGH, Urteil vom 30. April 2009 - I ZR 45/07 - OLG Zweibrücken
LG Landau


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: