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OVG Sachsen-Anhalt: Payment-Blocking - Untersagungsverfügung für Zahlungsdienstleistungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel durch gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder rechtmäßig

OVG Sachsen-Anhalt
Beschluss vom 26.10.2023
3 M 72/23


Das OVG Sachsen-Anhalt hat entschieden, dass die Untersagungsverfügung für Zahlungsdienstleistungen (Payment-Blocking) im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel durch die gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder rechtmäßig ist.

Die Pressmitteilung des Gerichts:
Oberverwaltungsgericht bestätigt in einem Eilverfahren Rechtmäßigkeit der Untersagung von Zahlungen für unerlaubtes Glücksspiel (Payment-Blocking)

Der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat mit Beschluss vom 26. Oktober 2023 die Beschwerde einer Veranstalterin von Glücksspielen gegen die Ablehnung ihres Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz gegen eine Untersagungsverfügung für Zahlungsdienstleistungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel zurückgewiesen.

Die in Malta ansässige Antragstellerin bietet Online-Glücksspiele an, die u.a. auf deutschsprachigen Internetseiten abrufbar waren, ohne über die nach dem Glücksspielstaatsvertrag für solche Spiele erforderliche Erlaubnis zu verfügen, sodass ihr das Veranstalten unerlaubter Glücksspiele untersagt wurde.

Die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder mit Sitz in Halle (Saale) hat außerdem einem Zahlungsdienstleister die Mitwirkung an Zahlungen für unerlaubtes Glücksspiel an den Angeboten der Antragstellerin untersagt. Gegen diese Untersagung von Zahlungstransaktionen (sogenanntes Payment-Blocking) ist die Antragstellerin in einem Eilverfahren vorgegangen. Das Verwaltungsgericht Halle (Saale) hat den Antrag mit der Begründung abgelehnt, dass für den Antrag kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe, weil die Antragstellerin aufgrund der fehlenden Erlaubnis kein Glücksspiel in Deutschland betreiben dürfe.

Der 3. Senat hat die Beschwerde der Antragstellerin gegen diesen Beschluss zurückgewiesen. Das Rechtsschutzbedürfnis sei der Antragstellerin zwar nicht abzusprechen, weil von der Untersagungsverfügung Blockadewirkungen auf Ein- und Auszahlungen für nicht verbotene Auslandsspiele ausgehen könnten.

In der Sache sei der Antrag jedoch nicht begründet, weil die gegen den Zahlungsdienstleister gerichtete Untersagungsverfügung nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung rechtmäßig sei. Die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Glücksspielstaatsvertrags, die der Glücksspielbehörde ermögliche, Zahlungsdienstleistungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel zu unterbinden, sei mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes und den unionsrechtlichen Grundfreiheiten des freien Zahlungsverkehrs und des freien Dienstleistungsverkehrs vereinbar.

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei auch im Hinblick darauf, dass sich Anordnungen des Payment-Blocking auch auf Zahlungen für nicht verbotene Glücksspiele im Ausland auswirken können (sogenanntes Overblocking), nicht verletzt. Der Senat gehe zwar davon aus, dass ein Zahlungsdienstleister bei einer Einzahlung nicht mit vollständiger Gewissheit feststellen könne, ob die jeweilige Zahlung aus Deutschland oder aus dem Ausland erfolge. Zahlungsdienstleister könnten aber im Rahmen ihres Vertragsverhältnisses mit dem in der Untersagungsverfügung bezeichneten Glücksspielanbieter Nachweise darüber verlangen, dass der Anbieter hinreichende (technische) Vorkehrungen getroffen habe, um unerlaubtes Glücksspiel auszuschließen. Selbst wenn man davon ausgehe, dass Zahlungsdienstleister letztlich gezwungen seien, die Geschäfte mit einem Glücksspielanbieter vollständig abzubrechen, könnten Anordnungen des Payment-Blocking dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen. Hierzu habe die Glücksspielbehörde im jeweiligen Einzelfall eine Ermessensentscheidung zu treffen. Im konkreten Fall sei die Ermessensentscheidung der Glücksspielbehörde, die mit dem Gefährdungspotential von Online-Glücksspielen und der Bekämpfung von Suchtgefahren begründet worden sei, nicht zu beanstanden, zumal das unerlaubte Glücksspiel in Deutschland eine tragende Säule des Geschäftsbetriebs der Antragstellerin gewesen sei.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26. Oktober 2023 - 3 M 72/23 -

VG Halle, Beschluss vom 21. August 2023 - 7 B 164/23 HAL -


LG Hamburg: Google Gambling Policy im Google-Play Store zulässig - Kein Anspruch auf Werbeeinblendungen für Wettanbieter in Sport-Apps

LG Hamburg
Beschluss vom 05.07.2016
408 HKO 54/16


Das LG Hamburg hat entschieden, dass die Google Gambling Policy im Google-Play Store kartellrechtlich unbedenklich ist und kein Anspruch auf Werbeeinblendungen für Wettanbieter in Sport-Apps besteht. Auch liegt keine wettbewerbsrechtlich unzulässige Behinderung nach § 4 Abs. 4 UWG vor.

Der Volltext der Entscheidung:

Tenor:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerinnen zu 1. und 2. wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Verfahrenswert wird auf Euro 150.000 festgesetzt.

Gründe
I.
Die Antragstellerin möchte erreichen, dass sie auf ihren diversen sog. Sport-Apps weiterhin bezahlte Werbung für Wettanbieter platzieren kann. Dabei ist unstreitig, dass nach den vertraglich einbezogenen Programmrichtlinien für den Vertrieb über den App-Store „G.-Play“ Inhalte oder Dienste, die Online-Glücksspiele unterstützen, generell nicht akzeptiert werden. Darunter fallen auch Sportwetten, um die es der Antragstellerin vorliegend geht. Der Antragstellerin ist es ungeachtet dessen seit August 2013 gelungen, Werbung für Sportwetten in ihre Apps zu integrieren; sie ist jetzt von der Antragsgegnerin ausdrücklich aufgefordert worden, diese Praxis einzustellen.

Die Antragstellerin hält dieser Aufforderung für unzulässig und stützt sich auf unterschiedliche Argumente:

- Obwohl die jetzt angeführte Gambling-Policy seit langer Zeit bestehe, hätten die Antragsgegnerinnen das Anbieten von Apps mit Wettbezug oder mit Bewerbung für Wettanbieter bislang ohne Beanstandung geduldet;

- die Aufforderung sei selektiv und willkürlich nur an einige Anbieter gerichtet worden; nicht aber an bestimmte Wettbewerber der Antragstellerin mit vergleichbaren Angeboten;

- die Antragsgegnerin setzte sich mit dem Verlangen in krassen Widerspruch dazu, dass sie eigene Apps von Sportwettenanbietern zum Verkauf bereit halte;

- die Antragsgegnerin verschaffe sich mit der Durchsetzung des Werbeverbots einen eigenen Wettbewerbsvorteil, indem sie die Anbieter vom Sportwetten indirekt dazu dränge, G.-AdWords Werbung im Rahmen der G.-Suchfunktion zu schalten;

- Werbung für Sportwetten sei heutzutage rechtlich unbedenklich. Ein genereller Ausschluss für Wettwerbung stelle sich als kartellrechtlich relevanter Behinderungsmissbrauch dar.

II.

Ein Anspruch auf Zulassung von Werbeeinblendungen für Wettanbieter für ihre sog. Sport-Apps steht der Antragstellerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu; weder wegen missbräuchlicher Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung (§§ 33, 18, 19 GWB) noch wegen Behinderung (§ 4 Nr. 4 UWG).

Die Kammer kann nicht erkennen, dass es den Antragsgegnerinnen von Rechts wegen untersagt sein soll, Glücksspielwerbung in Form von Sportwetten auf den über den G.-Play Store beziehbaren Apps zu verbieten, wie dies ausweislich der in den Vertrag einbezogenen Gambling-Policy geschieht. Online-Glücksspiele erfreuen sich zwar seit einigen Jahren einer erheblichen Nachfrage. Dies kann aber nicht darüber hinwegtäuschen das Online-Glückspieldienstleistungen zugleich erhebliche Herausforderungen darstellen, was den Schutz der Verbraucher, Minderjähriger und besonders sucht-gefährdeter Gruppen, die Vorbeugung gegen Betrug und Geldwäsche und den Schutz der Integrität des Sports und der Verhütung von Spielabsprachen anbelangt. Dies hat bekanntlich dazu geführt, dass Glücksspiele, Online-Glücksspiele und die Werbung dafür erheblichen ordnungspolitischen Restriktionen unterliegen, wie der Glücksspielstaatsvertrag mit den gerade auch für die Werbung (§ 5 GlüStzV) vorgesehenen Beschränkung deutlich macht. Bekanntlich ist die rechtliche Lage mit der gegenwärtigen Suspendierung von Konzessionsverfahren einigermaßen unübersichtlich. Dies betrifft aber erster Linie das Verhältnis der Anbieter von Sportwetten im Verhältnis zu den obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder. Es ist nicht zu erkennen, warum freien Unternehmen des Wirtschaftsverkehrs gehindert sein sollen, für sich die Entscheidung zu treffen, sich in diesem nach wie vor gräulichem Bereich nicht involvieren zu lassen. Die Antragstellerin erklärt zwar, dass es ihr von vornherein nur darum gehe, Werbung für „erlaubte Anbieter“ einzublenden. Damit ist das Problem aber nicht gelöst, denn bekanntlich gehen die Meinungen darüber stark auseinander, unter welchen Voraussetzungen auf dem Unionsmarkt mit der dort herrschenden Dienstleistungsfreiheit von einer erlaubten Tätigkeit auszugehen ist. Und selbst wenn dies grundsätzlich geklärt sein sollte, wären immer noch Einschränkungen bei der Werbung (§ 5 GlüStzV) zu beachten. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Anbieter des App-Store „G.-Play“ sich der Überprüfung anhand dieser nicht unkomplizierten Rechtslage von vornherein dadurch entzieht, dass er für die von ihm vermittelten Angebote derartige Werbereinblendungen von vornherein ausschließt. Zumal die Überprüfung aufwändig wäre, da sie sich u.U. auf die Inhalte der verlinkten Internetseite der Wettanbieter erstrecken müsste und sowohl diese Inhalte als auch die Werbeeinblendungen als solche einer recht dynamischen Veränderung unterliegen können. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu erkennen, dass der Anbieter des App-Store „G.-Play“ seine Gambling-Policy nicht an einem sachlich vertretbaren Konzept ausgerichtet hat.

Der Vorwurf der Antragstellerin, dass der Anbieter des App-Store „G.-Play“ seine Gambling-Policy selektiv und willkürlich nur gegenüber einigen Anbieter durchsetze, bestimmte Wettbewerber der Antragstellerin demgegenüber unbehelligt blieben, könnte sich im Grundsatz als missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung darstellen. Allerdings reicht hierzu der glaubhaft gemachte Vortrag der Antragstellerin (Ziff. 8 der Anlage Ast. 6) im Tatsächlichen nicht aus. Die Antragstellerin nennt gerade einmal zwei Unternehmen, ohne deren Apps genauer zu bezeichnen und inhaltlich darzustellen. Sie sagt auch nichts dazu, in welchem Umfang Anbieter von Apps das vereinbarte Werbeverbot - gegebenenfalls auch ohne vorausgegangene Abmahnung – beachten, obwohl derartige Werbung naheliegen würde. Auf die sich weiter stellenden Fragen danach, ob Verstöße durch andere Anbieter von der Gegenseite überhaupt zu erkennen waren, so dass eine fehlende Abmahnung sich als Duldung darstellen würde, kommt es deshalb nicht an.

Man wird die Einblendung von Werbung für Sportanbieter auch nicht ohne weiteres damit vergleichen können, dass eigene Apps von Sportwettanbietern bereitgehalten werden oder dass Anbieter vom Sportwetten G.-AdWords Werbung im Rahmen der G.-Suchfunktion schalten. Der Unterschied derartiger Angebote zur Werbeeinblendung besteht darin, dass sie sich von vornherein als solche von Wettanbietern darstellen und sie deshalb einer Überprüfung auf rechtliche Zulässigkeit und sonstige Angemessenheit leichter zugänglich sind, während Werbeeinblendungen nicht gleichermaßen sichtbar sind. Die Frage, ob die von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang angeführten Apps (Anlage Ast. 20) überhaupt für den Abschluss von Sportwetten werben - was von der Gegenseite bestritten wird - kann deshalb dahinstehen. Hinzu kommt, dass Werbung von Glücksspielanbietern von Teilen des Verkehrs als möglicherweise belästigend oder sogar anstößig empfunden wird. Die Intensität stellt sich aber unterschiedlich dar, je nachdem ob sich eine solche Werbung nur bei aktivem Zugriff entfaltet oder ob der Verkehr sich ihr – als Werbung mehr oder weniger kenntlich – passiv ausgesetzt sieht.

Der Vorwurf, dass der Anbieter des App-Store „G.-Play“ das Anbieten von Apps mit Bewerbung für Wettanbieter bislang ohne Beanstandung geduldet habe, ist schon nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Duldung würde voraussetzen, dass der Gegenseite die entsprechenden Werbeinhalte bekannt gewesen sind, sie diese also Verstoß gegen ihre Gambling-Policy erkannt und trotzdem nicht eingeschritten ist. Vorliegend ist ebenso gut denkbar, dass diese Kenntnis gerade nicht vorgelegen hat und die Gegenseite stattdessen davon ausgegangen ist, dass die Antragstellerin sich - entsprechend der vertraglich übernommenen Zusage - vertragstreu verhalte. Dass die Gegenseite den Fall der Antragstellerin - und möglicherweise andere Fälle - nicht früher aufgegriffen hat, kann sich angesichts der Vielzahl von Apps ebenso gut als punktuelle Erscheinung darstellen, ohne dass der Verdacht der Willkür indiziert ist. Und letztlich wird man der Antragsgegnerin mit Blick auf die Vielfalt und Schnelllebigkeit der im Internet angebotenen Glücksspiele einerseits und der ungeklärten rechtlichen Entwicklung für Glücksspielangeboten andererseits auch nicht verwehren können, eine Geschäftspolitik nunmehr konsequent durchzusetzen, die immerhin der vertraglichen Vereinbarung entspricht und der gegenüber sich ein schützenswerter Besitzstand deswegen nicht hat bilden können.

Die Kammer lässt offen, ob eine Verantwortlichkeit der Antragsgegnerin zu 2. überhaupt gegeben ist, was wohl eher nicht der Fall sein dürfte.