Skip to content

LG Hamburg: Geldentschädigung von 60.000 EURO wegen schwerer Persönlichkeitsrechtsverletzung durch wiederholt rechtswidrige Presseberichterstattung

LG Hamburg
Urteil vom 25.09.2015
324 O 161/15


Das LG Hamburg hat entschieden, dass eine Geldentschädigung von 60.000 EURO wegen schwerer Persönlichkeitsrechtsverletzung durch wiederholt rechtswidrige Presseberichterstattung angemessen sein kann.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die zulässige Klage ist auch in der Sache dem Grunde nach, jedoch in der geltend gemachten Höhe begründet. Der Klägerin steht gemäß § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG ein Anspruch auf Geldentschädigung wegen der wiederholten Veröffentlichung von Fotos der Klägerin vom 03.01.2014 vor der Klinik in G. zu.

Ein Geldentschädigungsanspruch setzt voraus, dass eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung und schuldhaftes Handeln vorliegen sowie, dass andere Ausgleichsmöglichkeiten fehlen und ein unabwendbares Bedürfnis für eine Geldentschädigung besteht (vgl. Wenzel-Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung 5. Aufl. 2003, 14. Kap. Rn 102, 115, 120, 127; Soehring, Presserecht 4. Aufl. 2010 § 32 Rn 21ff., 26ff. und 28ff. jeweils mit weiteren Nachweisen). Ob eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, die die Zahlung einer Geldentschädigung erfordert, hängt insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab (BGH NJW 1996, 985, 986 m.w.N.). Nach diesen Kriterien ist vorliegend eine Geldentschädigung erforderlich und geboten. Jedenfalls die wiederholte und hartnäckige Verletzung des Rechts am eigenen Bild (vgl. BGH, Urteil vom 12.12.1995, VI ZR 223/94) stellt eine schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin dar, die nicht zuletzt aufgrund des Umstands, dass es sich jeweils um Bildberichterstattungen handelt, nicht auf andere Weise als durch eine Geldentschädigung ausgeglichen werden kann.

[...]

Die Kammer neigt nicht dazu, in jeder einzelnen Veröffentlichung eine schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin zu erkennen. Zwar ist, wie die vorstehenden Ausführungen deutlich machen, von einem ganz erheblichen Eingriff auszugehen, indes ist unter Berücksichtigung des durch den tragischen Unfall von M. S. ausgelösten außerordentlichen Informationsinteresses der Öffentlichkeit die Schwelle zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Klägerin durch jede einzelne, isoliert betrachtete Veröffentlichung noch nicht erreicht.

Im vorliegenden Fall kommt jedoch zum Tragen, dass die Beklagte über einen Zeitraum von drei Monaten in insgesamt neun Heften, teilweise auf der Titelseite, teilweise großformatig im Innenteil, wieder und wieder das gleiche Motiv, das die Klägerin am 03.01.2014 vor der Klinik in G. zeigt, veröffentlicht hat, obwohl sie spätestens seit dem 17.01.2014 (erste Abmahnung, Anlagenkonvolut K 4) wusste, dass die Klägerin mit der Bildnisveröffentlichung nicht einverstanden ist. Nachfolgend erschienen jedoch weitere vier Beiträge. Spätestens seit dem 17.02.2014 (Zustellung der ersten einstweiligen Verfügung, Anlagenkonvolut K 4) und nachfolgend durch die Zustellung dreier weiterer einstweiliger Verfügungen (Anlagenkonvolute K 8, K 10, K 13) wusste die Beklagte, dass auch Gerichte die Rechtsauffassung der Klägerin teilen. Gleichwohl erfolgten weitere zwei Veröffentlichungen. Und schließlich hatte die Beklagte unter dem 06.03.2014 eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben (Anlagenkonvolut K 17) und unter dem 10.03.2014 die erste einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anerkannt (Anlagenkonvolut K 4) und dennoch erfolgte noch eine weitere Veröffentlichung – jedenfalls soweit dies hier streitgegenständlich ist. In bemerkenswert hartnäckiger Weise hat die Beklagte trotz unmissverständlicher Hinweise der Klägerin und gerichtlicher Gebote Bildnisse der Klägerin vom 03.01.2014 vor der Klinik in G. veröffentlicht.

In jenem Fall ging es um Fotos des dortigen Klägers in unterschiedlichen Situationen, während es vorliegend immer wieder die gleiche Situation am 03.01.2014 vor der Klinik in G. war, die die Beklagten bebildert hat. Der Beklagten war der konkret entgegenstehende Wille der Klägerin mithin bereits seit der ersten Abmahnung im Hinblick auf sämtliche Folgeveröffentlichungen bekannt und es konnte kein Zweifel bestehen, ob eine andere Veröffentlichung aus Sicht der Klägerin möglicherweise anders zu bewerten wäre. Gerade die Identität des Motivs begründet hier in besonders offenkundiger Weise die Hartnäckigkeit der Beklagten bei der Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin.

Dies begründet zugleich das ganz erhebliche Verschulden der Beklagten. Sie hat die Anforderungen an die journalistische Sorgfalt grob missachtet. Die Mitarbeiter der Beklagten hätten wissen und beachten müssen, dass zumindest die Berichterstattungen nach dem 17.01.2014 (erste Abmahnung) und jedenfalls die Berichterstattungen nach dem 17.02.2014 (Zustellung der ersten einstweiligen Verfügung) aufgrund der Wiederholung des Motivs eine gravierende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin darstellten.

Die eingetretene schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin lässt sich nicht in anderer Weise als durch die Zahlung eines immateriellen Schadensersatzes ausgleichen; die gebotene Gesamtabwägung ergibt ein unabwendbares Bedürfnis für die Zuerkennung einer Geldentschädigung. Schon angesichts der dargestellten Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung durch die gezeigte Hartnäckigkeit der Beklagten besteht hier ein derartiges unabwendbares Bedürfnis für die Zuerkennung einer Geldentschädigung. Daneben macht auch der dargestellte ganz erhebliche Grad des Verschuldens der Beklagten die Zuerkennung eines immateriellen Schadensersatzes unabweisbar. Eine anderweitige zumutbare und angemessene Ausgleichsmöglichkeit besteht nicht.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Karlsruhe: Günther Jauch hat Anspruch auf Gegendarstellung auf Titelseite einer Wochenzeitschrift wegen Artikel über angebliche Ehekrise

OLG Karlsruhe
Urteil vom 09.09.2015
6 U 110/15


Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass Günther Jauch einen Anspruch auf Gegendarstellung auf der Titelseite einer Wochenzeitschrift wegen eines Artikels über eine angebliche Ehekrise hat. Die Entscheidung zeigt, dass eine Gegendarstellung eben nicht nur an versteckter Stelle zu erfolgen hat, sondern im Einzelfall auch eine Gegendarstellung an prominenter Stelle in einer Zeitschrift erfolgen muss.

Die Pressemitteilung des OLG Karlsruhe:

"Günther Jauch obsiegt erneut mit Gegendarstellungsanspruch auf Titelseite

Günther Jauch hat Anspruch auf die Veröffentlichung einer Gegendarstellung auf der Titelseite einer Wochenzeitschrift. Der unter anderem für Presserecht zuständige 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe bestätigte am 9.9.2015 eine Entscheidung des Landgerichts Baden-Baden wonach der Verlag die Gegendarstellung „Ich habe im Zusammenhang mit meiner Ehe nichts gestanden“ in entsprechender Schriftgröße auf der Titelseite abdrucken muss. Damit obsiegt Jauch zum wiederholten Male in presserechtlichen Verfahren auch vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe.

Die beklagte Wochenzeitschrift veröffentlichte am 11.4.2015 auf dem Titelblatt neben einem Bild des Moderators und seiner Ehefrau die Schlagzeile „Günther Jauch Schock-Geständnis Steckt seine Ehe in der Krise?“. Nach Auffassung des Senats enthält diese Schlagzeile die Tatsachenbehauptung Günther Jauch habe im Hinblick auf seine Ehe etwas gestanden. Dementsprechend habe der klagende Fernsehmoderator Anspruch auf die verlangte Gegendarstellung „Ich habe im Zusammenhang mit meiner Ehe nichts gestanden“.

Der Inhalt der Gegendarstellung sei auch nicht deshalb offenbar unrichtig, weil der Moderator im Rahmen einer Fernsehsendung gegenüber einem Kandidaten auf dessen Äußerung zu dessen Ehe hin gesagt hatte, dass er dann noch einmal heiraten würde, wenn es in der Ehe „bröckele“, denn damit habe sich der Moderator nicht über den Zustand seiner eigenen Ehe geäußert. Da darüber hinaus die vom Landgericht zugesprochene Gegendarstellung auf der Titelseite in ihrem Umfang auch nicht unangemessen sei, hat der Senat die Berufung des beklagten Verlages zurückgewiesen.

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil vom 9.9.2015 Az.: 6 U 110/15

§ 11 Pressegesetz Baden-Württemberg lautet:

Gegendarstellungsanspruch
(1) Der verantwortliche Redakteur und der Verleger eines periodischen Druckwerks sind verpflichtet, eine Gegendarstellung der Person oder Stelle zum Abdruck zu bringen, die durch eine in dem Druckwerk aufgestellte Tatsachenbehauptung betroffen ist. Die Verpflichtung erstreckt sich auf alle Nebenausgaben des Druckwerks, in denen die Tatsachenbehauptung erschienen ist.
(2) Die Pflicht zum Abdruck einer Gegendarstellung besteht nicht, wenn die betroffene Person oder Stelle kein berechtigtes Interesse an der Veröffentlichung hat, wenn die Gegendarstellung ihrem Umfang nach nicht angemessen ist oder bei Anzeigen, die ausschließlich dem geschäftlichen Verkehr dienen. Überschreitet die Gegendarstellung nicht den Umfang des beanstandeten Textes, so gilt sie als angemessen. Die Gegendarstellung muss sich auf tatsächliche Angaben beschränken und darf keinen strafbaren Inhalt haben. Sie bedarf der Schriftform und muss von dem Betroffenen oder seinem gesetzlichen Vertreter unterzeichnet sein. Der Betroffene oder sein Vertreter kann den Abdruck nur verlangen, wenn die Gegendarstellung dem verantwortlichen Redakteur oder dem Verleger unverzüglich, spätestens innerhalb von drei Monaten nach der Veröffentlichung, zugeht.
(3) Die Gegendarstellung muss in der nach Empfang der Einsendung nächstfolgenden, für den Druck nicht abgeschlossenen Nummer in dem gleichen Teil des Druckwerks und mit gleicher Schrift wie der beanstandete Text ohne Einschaltungen und Weglassungen abgedruckt werden; sie darf nicht in der Form eines Leserbriefs erscheinen. Der Abdruck ist kostenfrei. Wer sich zu der Gegendarstellung in derselben Nummer äußert, muss sich auf tatsächliche Angaben beschränken.
(4) Für die Durchsetzung des Gegendarstellungsanspruchs ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Auf Antrag des Betroffenen kann das Gericht anordnen, dass der verantwortliche Redakteur und der Verleger in der Form des Absatzes 3 eine Gegendarstellung veröffentlichen. Auf dieses Verfahren sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung entsprechend anzuwenden. Eine Gefährdung des Anspruchs braucht nicht glaubhaft gemacht zu werden. Ein Hauptverfahren findet nicht statt.
(5) …"

BGH: Berichterstattung über Besuch des Rosenballs in Monaco durch Charlotte Casiraghi zulässig

BGH
Urteile vom 26. Oktober 2010
VI ZR 190/08
VI ZR 230/08


In den Entscheidungsgründen heißt es:

"Auch die Veröffentlichung der Fotos war gerechtfertigt. Der Rosenball ist ein zeitgeschichtliches Ereignis im Sinne der §§ 22, 23 Kunsturhebergesetz. Sämtliche Fotos wurden dort gefertigt und zeigen – bis auf ein Porträtfoto – außer der Klägerin mehrere der anwesenden Personen, die in dem begleitenden Text auch zum Teil benannt werden. Ein Informationsinteresse ist zu bejahen. Angesichts des beschriebenen Inhalts des Artikels geht es, auch wenn die Klägerin im Mittelpunkt steht, um eine Darstellung der Lebensweise und des Verhaltens in ihren Gesellschaftskreisen, die eine Leitbild- oder Kontrastfunktion für große Teile der Bevölkerung im Blick hat und auch Anlass zu sozialkritischen Überlegungen geben kann. Dem gegenüber ist das Persönlichkeitsrecht der Klägerin durch die Veröffentlichung der sie in keiner Weise negativ darstellenden Fotos allenfalls geringfügig tangiert."


Die vollständige Pressemitteilung des BGH finden Sie hier:


"BGH: Berichterstattung über Besuch des Rosenballs in Monaco durch Charlotte Casiraghi zulässig" vollständig lesen