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LG Hildesheim: Wettbewerbsverstoß - 50 EURO-Amazon-Gutschein für positive Google-Bewertung und Werbung mit diesen Bewertungen ohne Hinweis auf Gegenleistung

LG Hildesheim
Urteil vom 28.12.2021
11 O 12/21


Das LG Hildesheim hat entschieden, dass es wettbewerbswidrig ist, wenn ein Unternehmen einen 50 EURO-Amazon-Gutschein für eine positive Google-Bewertung verspricht und mit diesen Bewertungen ohne Hinweis auf die Gegenleistung wirbt. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale.


Bundestag nimmt den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes - NetzDG an

Der Bundestag hat den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes - NetzDG in der in der vom Rechtsausschuss geänderten Fassung angenommen.

LG Koblenz: Unzulässige Klausel in AGB eines Coaching-Anbieters - Bewertungen im Internet geben die Vertragspartner nur im gegenseitigen Einvernehmen ab

LG Koblenz
Urteil vom 26.01.2021
3 HK O 19/20


Das LG Koblenz hat entschieden, dass eine Klausel in den AGB eines Coaching-Anbieters, wonach die Vertragspartner Bewertungen im Internet nur im gegenseitigen Einvernehmen abgeben, eine unzulässige Benachteiligung des Kunden und damit unzulässig ist. Die AGB sahen zudem eine Vertragsstrafe vor, wenn gegen diese Vorgaben verstoßen werden. Das Gericht sieht in der Klausel zutreffenderweise eine unzulässige Beschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG). Zudem verschafft sich der Anbieter so die Möglichkeit, Kundenbewertungen zu zensieren, was ein Irreführung über die Objektivität der abgegebenen Bewertungen zur Folge hat. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale.


Bundesregierung hat Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) in der Fassung vom 27.04.2020 vorgelegt

Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) in der Fassung vom 27.04.2020 vorgelegt.

Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) verabschiedet

Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) verabschiedet. Auch nach den erneuten Änderungen ist der Ansatz verfehlt und die Umsetzung missglückt.

Die Pressemitteilung des BMJV:

NetzDG- Weiterentwicklung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes

Die Bundesregierung hat am 01.04.2020 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) beschlossen.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht erklärt hierzu:
„Mit der Reform stärken wir die Rechte der Nutzerinnen und Nutzer sozialer Netzwerke. Wir stellen klar: Meldewege müssen für jeden mühelos auffindbar und leicht zu bedienen sein. Wer im Netz bedroht und beleidigt wird, muss die Möglichkeit haben, dies dem sozialen Netzwerk einfach und unkompliziert anzuzeigen. Darüber hinaus vereinfachen wir die Durchsetzung von Auskunftsansprüchen: Wer sich vor Gericht gegen Bedrohungen oder Beleidigungen zur Wehr setzen will, soll die hierfür erforderlichen Daten deutlich leichter herausverlangen können als bisher. Außerdem verbessern wir den Schutz vor unberechtigten Löschungen: Betroffene können künftig verlangen, dass die Entscheidung über die Löschung ihres Beitrags überprüft und begründet wird. Dies erhöht die Transparenz und schützt vor unberechtigten Löschungen.“

Wesentliche Inhalte des Gesetzentwurfs:
Nutzerrechte stärken:
Wird ein eigener Post gelöscht oder ein als rechtswidrig gemeldeter beibehalten, können Nutzerinnen und Nutzer künftig vom sozialen Netzwerk die Überprüfung dieser Entscheidung verlangen. Das Ergebnis dieser Überprüfung muss das soziale Netzwerk gegenüber dem Nutzer bzw. der Nutzerin individuell begründen. Zu diesem Zweck müssen die sozialen Netzwerke ein sogenanntes Gegenvorstellungsverfahren einführen. Zudem wird gesetzlich klargestellt, dass an den Zustellungsbevollmächtigten auch Schriftstücke bei Wiederherstellungsklagen, mit denen eine Nutzerin oder ein Nutzer die Aufhebung einer Löschung (sogenanntes „Put-back“) verlangt, zugestellt werden können. Dadurch wird der Schutz der Nutzerinnen und Nutzer gegen unberechtigte Löschungen und Account-Sperrungen verbessert.

Meldewege nutzerfreundlicher gestalten:
Die Vorgaben für die Verfahren zur Übermittlung von Beschwerden der Nutzerinnen und Nutzer über rechtswidrige Inhalte werden zur Klarstellung um weitere nutzerfreundliche Aspekte ergänzt wie etwa leichte Bedienbarkeit oder Erkennbarkeit des Meldewegs vom Inhalt aus.

Durchsetzung von Auskunftsansprüchen vereinfachen:
§ 14 Telemediengesetz (TMG) wird dahingehend ergänzt, dass zukünftig das mit der Zulässigkeit zur Datenherausgabe befasste Gericht zugleich auch die Verpflichtung des sozialen Netzwerks zur Datenherausgabe anordnen kann. Dadurch wird das Verfahren vereinfacht, das Betroffene anstrengen müssen, um von Anbietern sozialer Netzwerke Auskünfte beispielsweise über die Identität eines Beleidigers zu erhalten.

Aussagekraft der Transparenzberichte erhöhen:

Die Informationspflichten für die halbjährlichen Transparenzberichte werden um verschiedene Aspekte ergänzt. Künftig müssen Veränderungen im Vergleich zu vorherigen Berichten erläutert werden. Zudem müssen die sozialen Netzwerke insbesondere Angaben zur Anwendung und zu Ergebnissen von Gegenvorstellungsverfahren machen und über automatisierte Verfahren zum Auffinden und Löschen von rechtswidrigen Inhalten berichten.
Darüber hinaus muss künftig in den Berichten aufgeführt werden, ob und inwiefern die sozialen Netzwerke unabhängigen Forschungseinrichtungen Zugang zu anonymisierten Daten für wissenschaftliche Zwecke gewähren. Über den Zugang zu anonymisierten Daten der Netzwerke könnten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen wichtige Erkenntnisse gewinnen, welche Personengruppen systematisch - und in Bezug auf welche Eigenschaften - das Ziel rechtswidriger Inhalte im Netz sind und inwiefern abgestimmte und koordinierte Verhaltensweisen von Verfasserinnen und Verfassern rechtswidriger Inhalte vorliegen.

Anlass des Gesetzentwurfs ist die Umsetzung der geänderten Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-RL), die bis zum 19. September 2020 in nationales Recht umzusetzen ist. Die geänderte AVMD-RL sieht Compliance-Pflichten zum Schutz vor strafbaren Inhalten auf Videosharingplattform-Diensten vor, auch für kleinere sowie themenspezifische Anbieter, beispielsweise Plattformen zum Verbreiten von Games-Videos. Entsprechend weitet der Gesetzentwurf den Anwendungsbereich auf solche Anbieter von Videosharingplattform-Diensten aus.

Neben diesen europäischen Vorgaben wird der Anlass genutzt, um auf Basis der bisherigen Erkenntnisse aus der Anwendung des NetzDG Verbesserungen für Nutzerinnen und Nutzer sozialer Netzwerke zu schaffen. Der Gesetzentwurf ergänzt die Änderungen im NetzDG, die mit dem Gesetzentwurf zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität vom 19. Februar 2020 vorgeschlagen wurden.


BMJV: Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG)

Das BMJV hat erneut einen missglückten Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) vorgelegt.

Die Pressemitteilung des BMJV:

Weiterentwicklung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat heute einen Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) veröffentlicht.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht erklärt hierzu:
„Ziel des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes ist es, Hass und Hetze im Netz effektiv und konsequent einzudämmen.
Mit der Weiterentwicklung dieses Gesetzes stellen wir klar: Wer im Netz bedroht und beleidigt wird, muss das dem Netzwerk einfach und unaufwendig melden können – und zwar direkt vom Posting aus. Zudem stärken wir die Nutzerrechte: Nutzerinnen und Nutzer bekommen künftig geeignete Mittel an die Hand, um die Entscheidung von Netzwerken, ein Posting zu löschen oder beizubehalten, überprüfen zu lassen.“

Wesentliche Inhalte des Gesetzentwurfs:

Stärkung der Nutzerrechte: Wenn ein eigenes Posting gelöscht oder ein als rechtswidrig gemeldetes, beibehalten wird, können Nutzerinnen und Nutzer künftig vom sozialen Netzwerk die Überprüfung dieser Entscheidung verlangen. Dafür müssen die Plattformen ein sog. Gegenvorstellungsverfahren einführen. Zudem wird gesetzlich klargestellt, dass an den Zustellungsbevollmächtigten auch Schriftstücke bei Wiederherstellungsklagen zugestellt werden können. Dadurch wird der Schutz gegen unberechtigte Löschungen und Account-Sperrungen verbessert.

Verbesserung der Nutzerfreundlichkeit der Meldewege: Die Vorgaben für die Verfahren zur Übermittlung von Beschwerden über rechtswidrige Inhalte werden klarstellend um weitere Aspekte der Nutzerfreundlichkeit ergänzt (leichte Bedienbarkeit, Erkennbarkeit des Meldewegs vom Inhalt aus).

Vereinfachung der Durchsetzung von Auskunftsansprüchen: § 14 Telemediengesetz (TMG) wird dahingehend ergänzt, dass zukünftig das mit der Zulässigkeit zur Datenherausgabe befasste Gericht zugleich auch die Verpflichtung des sozialen Netzwerks zur Datenherausgabe anordnen kann. Dadurch wird das Verfahren vereinfacht, das Betroffene anstrengen müssen, um von Online-Anbietern Auskünfte beispielsweise über die Identität des Beleidigers zu erhalten.

Erhöhung der Aussagekraft der Transparenzberichte: Die Informationspflichten für die halbjährlichen Transparenzberichte werden um verschiedene Aspekte ergänzt. Künftig müssen insbesondere Angaben zu Personengruppen, die besonders häufig von Hassrede betroffen sind, zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz beim Auffinden und Löschen von Inhalten sowie zur Anwendung und zu Ergebnissen von Gegenvorstellungsverfahren gemacht werden.

Anlass des Gesetzentwurfs ist die geänderte Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-RL), die bis zum 19. September 2020 in nationales Recht umzusetzende Compliance-Vorgaben zu Videosharingplattform-Diensten enthält. Aufgrund der Überschneidungen zum NetzDG, wird die AVMD-RL teilweise dort umgesetzt. Gleichzeitig wird dieser Anlass genutzt, um auf Basis der bisherigen Erkenntnisse aus der Anwendung des NetzDG, Verbesserungen für Nutzerinnen und Nutzer sozialer Netzwerke zu schaffen.

OLG München: Access-Provider kann für Urheberrechtsverletzungen als Störer haften - Vodafone muss Zugriff auf Streamingportal kinox.to sperren

OLG München
Urteil vom 14.06.2018
29 U 732/18


Das OLG München hat entschieden, dass ein Access-Provider für Urheberrechtsverletzungen als Störer haften kann und dem Provider Vodafone verurteilt, seinen Kunden den Zugriff auf das Streamingportal kinox.to zu sperren.

Aus den Entscheidungsgründen:

"a) Für die rechtliche Beurteilung ist von folgenden Maßstäben auszugehen:

aa) Nach Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Inhaber insbesondere des Rechts der öffentlichen Wiedergabe von Werken gerichtliche Anordnungen gegen Vermittler beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zur Verletzung eines Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte genutzt werden. Dem liegt die Erwägung zu Grunde, dass die Vermittler oftmals am besten in der Lage sind, Urheberrechtsverstößen über das Internet ein Ende zu setzen. Auch Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums verpflichtet die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Rechteinhaber eine Anordnung gegen Mittelspersonen beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zwecks Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums in Anspruch genommen werden. Die Modalitäten dieser Anordnungen sind im Recht der Mitgliedstaaten zu regeln. Die Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr steht dem nicht entgegen. Sie lässt vielmehr nach ihrem Art. 12 Abs. 3 bezogen auf Diensteanbieter, die als Vermittler von einem Nutzer eingegebene Informationen in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder den Zugang zu einem Kommunikationsnetz vermitteln, die Möglichkeit unberührt, nach den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten vom Diensteanbieter zu verlangen, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern (vgl. BGH, a.a.O., – Störerhaftung den Access-Providers Tz. 22 m.w.N.).

Die in Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG sowie in Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG zum Ausdruck kommende unionsrechtliche Vorgabe, im Recht der Mitgliedstaaten die Möglichkeit einer Anordnung gegen solche Vermittler sicherzustellen, deren Dienste für rechtsverletzende Handlungen genutzt werden, ist zwingend und lässt den Mitgliedstaaten keinen Umsetzungsspielraum; lediglich hinsichtlich der Modalitäten der unionsrechtlich vorgesehenen Anordnung verbleibt den Mitgliedstaaten ein Gestaltungsspielraum (vgl. BGH, a.a.O., – Störerhaftung des Access-Providers Tz. 34 m.w.N.).

bb) Diesen unionsrechtlichen Vorgaben entsprechen die Regelungen in § 7 und § 8 TMG. Insbesondere ergibt sich aus ihnen, dass andere Access-Provider als solche, die Nutzern einen Internetzugang über ein drahtloses lokales Netzwerk zur Verfügung stellen (im Folgenden: WLAN-Betreiber), als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden können.

(1) Zwar sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 TMG Diensteanbieter i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 TMG für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie die Übermittlung nicht veranlasst, den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben. Nach dem Wortlaut der seit dem 13. Oktober 2017 geltenden Vorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG können diese Diensteanbieter, soweit sie nicht verantwortlich sind, insbesondere nicht wegen einer rechtswidrigen Handlung eines Nutzers auf Schadensersatz oder Beseitigung oder Unterlassung einer Rechtsverletzung in Anspruch genommen werden. Insoweit ist indes zu beachten, dass nach dem allgemeinen Grundsatz des § 7 Abs. 3 Satz 1 TMG Verpflichtungen zur Entfernung von Informationen oder zur Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen aufgrund von gerichtlichen oder behördlichen Anordnungen auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 8 bis 10 TMG unberührt bleiben. Nur für WLAN-Betreiber sieht § 7 Abs. 4 TMG besondere Regelungen vor, welche die Vorgaben aus Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG sowie in Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG abseits der Störerhaftung umsetzen (vgl. BT-Drs. 18/12202, S. 12).

Schon die Schaffung eines besonderen Anspruchsregimes für WLAN-Betreiber in § 7 Abs. 4 TMG zeigt dass im Übrigen gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 TMG die im Bereich der Immaterialgüterrechte anwendbaren, aus einer Analogie zu § 1004 BGB hergeleiteten (vgl. BGH, a.a.O., – Störerhaftung des Access-Providers Tz. 74 m.w.N.) und daher auf den allgemeinen, nicht telemedienbezogenen Gesetzen beruhenden Grundsätze der Störerhaftung von den Haftungsbeschränkungen der §§ 8 bis 10 TMG unberührt bleiben.

Unzutreffend ist die Auffassung der Antragsgegnerin, § 7 Abs. 3 Satz 1 TMG beziehe sich auf aktives Tun – nämlich Entfernung von Informationen oder Sperrung der Nutzung von Informationen –, das sich klar von den auf Unterlassung gerichteten Ansprüchen aus der Störerhaftung unterscheide. Denn die Verpflichtung zur Unterlassung einer Handlung, durch die ein fortdauernder Störungszustand geschaffen wurde, umfasst regelmäßig nicht nur die Unterlassung derartiger Handlungen, sondern auch die Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen zur Beseitigung des Störungszustands (vgl. BGH GRUR 2017, 208 – Rückruf von RESCUE-Produkten Tz. 24 m.w.N.). Das gilt insbesondere auch für Diensteanbieter, die wegen der Verletzung von Prüfpflichten als Störer in Anspruch genommen werden; deren Unterlassungspflicht bezieht sich auf die erforderlichen und ihnen zumutbaren Maßnahmen zur Beseitigung der Rechtsverletzung und zur Verhinderung künftiger Rechtsverletzungen (vgl. BGH GRUR 2013, 1030 – File-Hosting-Dienst Tz. 20), insbesondere auf die Sperrung der Nutzung von Informationen.

Auch kann entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin den Ausführungen auf Seite 11 des Gesetzesentwurfs zum Dritten Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes (BT-Drs. 18/12-202), Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen seien nach § 7 Abs. 3 Satz 1 TMG nur zulässig, wenn sie klar gesetzlich geregelt seien, kein Ausschluss der Störerhaftung entnommen werden. Ist schon der Begriff der Klarheit einer gesetzlichen Regelung seinerseits gänzlich unklar und damit für eine Abgrenzung wenig geeignet, so zeigen gerade die Ausführungen in dem Gesetzesentwurf zu § 7 Abs. 4 TMG, dass die Störerhaftung nur hinsichtlich der WLAN-Betreiber zurückgedrängt werden sollte.

Bleiben demnach die Verpflichtungen anderer Access-Provider als WLAN-Betreiber nach den allgemeinen Gesetzen von den Regelungen der §§ 8 bis 10 TMG unberührt, fänden die Grundsätze der Störerhaftung auf derartige Access-Provider entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin selbst dann Anwendung, wenn § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG auch diese Provider erfasste.

(2) Allerdings ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG andere Access-Provider als WLAN-Betreiber nicht erfasst und schon deshalb diese Provider weiterhin der Störerhaftung unterliegen.

aaa) Bei der Anwendung des innerstaatlichen Rechts ist dieses so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der dargestellten unionsrechtlichen Vorgaben auszulegen (vgl. EuGH GRUR 2011, 1025 – L'Orèal/eBay Tz. 137). Danach kommt die ausschließlich am Wortlaut orientierte Auslegung der Vorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG dahin, dass dadurch jegliche Inanspruchnahme von Vermittlern, deren Dienste für rechtsverletzende Handlungen genutzt werden, ausgeschlossen werde, nicht in Betracht, da sie diese Vorgaben missachtete.

a-1) Die Materialien zum Dritten Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes, mit dem die Regelung des § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG eingeführt wurde, zeigen, dass der Gesetzgeber ausschließlich die Haftung von WLAN-Betreibern regeln wollte. So wurde im Gesetzesentwurf bereits eingangs ausgeführt (BT-Drs. 18/12202, S. 1):
Ziel des vorliegenden Gesetzes ist es, WLAN-Betreibern dahingehend so weit wie möglich Rechtssicherheit zu verschaffen, damit dem gestiegenen Bedürfnis nach einem öffentlichen Zugang zum Internet auch unter Nutzung von WLAN entsprochen werden kann.

Zu § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG führte der Gesetzentwurf aus:
[Diese Vorschrift] soll nach dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 15. September 2016 in der Rechtssache C-484/14 (Mc Fadden gegen Sony Music) klarstellen, was die Koalitionsfraktionen in der Begründung ihrer Änderungsanträge zu § 8 TMG im parlamentarischen Verfahren zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes beabsichtigt hatten.

Im parlamentarischen Verfahren zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes hatte der Bundesrat vorgeschlagen, § 8 Abs. 3 TMG dahin zu fassen, dass der Ausschluss der Verantwortlichkeit gemäß Absatz 1 auch Diensteanbieter von drahtlosen Netzwerken und Funknetzwerken, die sich an einen nicht im Voraus namentlich bestimmten Nutzerkreis richten (öffentliche Funknetzwerke), umfasse (vgl. BT-Drs. 18/6745, S. 13). Dem war die Bundesregierung mit dem Hinweis entgegengetreten, dass sich der Gesetzesentwurf auf die Haftungsfreistellung von Zugangsanbietern beziehe, die Nutzern einen Internetzugang über ein drahtloses lokales Netzwerk zur Verfügung stellen, und die von Bundesrat angeregte Streichung des lokalen Bezugs eine Erweiterung des Haftungsprivilegs darstellte (vgl. BT-Drs. 18/6745, S. 17).

Das zeigt unzweifelhaft, dass auch das Dritte Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes lediglich WLAN-Betreiber, nicht aber andere Access-Provider von der Störerhaftung ausnehmen soll, und der Regelungsgehalt der dadurch geschaffenen Vorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG ideologisch auf diesen Personenkreis zu reduzieren ist.

a-2) Zudem weist das Landgericht zutreffend darauf hin, dass auch die systematische Auslegung diese Auslegung gebietet. Denn wenn § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG unterschiedslos für alle Access-Provider gälte, so hätte die Sonderregelung des § 7 Abs. 4 TMG zur Folge, dass nur noch WLAN-Betreiber, nicht aber die anderen Access-Provider zur Sperrung von Informationen verpflichtet wären, ohne dass ein sachlicher Grund für diese Ungleichbehandlung erkennbar wäre.

bbb) Die im Standpunkt der Antragsgegnerin zu Tage tretende Auffassung, ein Richter verletze seine verfassungsrechtliche Bindung an Gesetz und Recht durch jede Auslegung, die nicht im Wortlaut des Gesetzes vorgegeben ist, umreißt die Aufgabe der Rechtsprechung zu eng. Art. 20 Abs. 3 GG verpflichtet die Gerichte, „nach Gesetz und Recht“ zu entscheiden. Eine bestimmte Auslegungsmethode oder gar eine reine Wortinterpretation schreibt die Verfassung nicht vor. Der Wortlaut des Gesetzes zieht im Regelfall keine starre Auslegungsgrenze. Zu den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung gehört auch die teleologische Reduktion (vgl. BVerfG NJW-RR 2016, 1366 Tz. 50 m.w.N.), wie sie das Landgericht und der Senat im Streitfall vornehmen.

b) Danach steht der Antragstellerin der zuletzt noch geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu. Die Antragsgegnerin hat es zu unterlassen, ihren Kunden Zugang zum streitbefangenen Film zu vermitteln, soweit dieser über den gegenwärtig KINOX.TO genannten Internetdienst unter den im anwaltlichen Informationsschreiben vom 28. November 2017 (Anl. AST 21) aufgeführten Domains kinox.to, kinox.am, kinox.me, kinox.nu, kinox.tv, kinox.sg, kinox.sx oder kinos.to und die IP-Adresse 185.200.190.136 abrufbar ist.

aa) Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden kann, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist. Einer allgemeinen Prüfungspflicht von Diensteanbietern i.S.d. § 8 bis § 10 TMG für die von ihnen übermittelten Dateien steht § 7 Abs. 2 TMG entgegen. Danach sind Diensteanbieter nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten. Nach dieser Vorschrift sind Überwachungspflichten allgemeiner Art ausgeschlossen. Nicht ausgeschlossen sind dagegen Überwachungspflichten in spezifischen Fällen, die innerstaatliche Behörden nach innerstaatlichem Recht anordnen (vgl. BGH, a.a.O., – Störerhaftung des Access-Providers Tz. 21 m.w.N.).

bb) Von diesen Grundsätzen der Störerhaftung ist auch im vorliegenden Fall auszugehen.

(1) Die Antragsgegnerin ist Diensteanbieterin i.S.d. § 2 Nr. 1, § 8 Abs. 1 Satz 1 TMG. Sie vermittelt den Zugang zu einem Kommunikationsnetz, weil sie es über die von ihr bereitgestellten Internetzugänge Dritten ermöglicht, von deren Endgeräten aus auf das Internet zuzugreifen. Durch die Vermittlung des Zugangs hat die Antragsgegnerin einen adäquat kausalen Beitrag zu den vom Landgericht festgestellten Urheberrechtsverletzungen geleistet. Nach dem Erwägungsgrund 59 der RL 2001/29/EG bezieht sich der in der Richtlinie verwendete Begriff des „Vermittlers“ auf jede Person, die die Rechtsverletzung eines Dritten in Bezug auf ein geschütztes Werk in einem Netz überträgt. Zur Rechtsverletzung in diesem Sinne zählt das öffentliche Zugänglichmachen eines Schutzgegenstands. Da der Anbieter von Internetzugangsdiensten durch die Gewährung des Netzzugangs die Übertragung einer solchen Rechtsverletzung im Internet zwischen seinem Kunden und einem Dritten möglich macht, ist der Diensteanbieter an jeder Übertragung zwingend beteiligt, so dass seine Zugangsdienste zu einer Urheberrechtsverletzung genutzt werden (vgl. BGH, a.a.O., – Störerhaftung des Access-Providers Tz. 24 f. m.w.N.).

Die Antragsgegnerin betreibt mit der Vermittlung des Zugangs zum Internet ein von der Rechtsordnung gebilligtes und gesellschaftlich erwünschtes Geschäftsmodell, das als solches nicht in besonderer Weise die Gefahr von Urheberrechtsverletzungen schafft. Ihr dürfen deshalb keine Kontrollmaßnahmen auferlegt werden, die ihr Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährden oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren. Die Auferlegung einer anlasslosen, allgemeinen Überwachungs- oder Nachforschungspflicht kommt daher vorliegend nicht in Betracht. Eine Prüfpflicht der Antragsgegnerin im Hinblick auf die Vermittlung des Zugangs zu dem für die Antragstellerin geschützten Film, deren Verletzung die Wiederholungsgefahr begründen kann, konnte daher erst entstehen, nachdem sie von den Antragstellerin auf eine klare Rechtsverletzung in Bezug auf die konkreten Rechtsverletzungen hingewiesen worden war (vgl. BGH, a.a.O., – Störerhaftung des Access-Providers Tz. 26 f. m.w.N.).

Einen solchen Hinweis hat die Antragstellerin mit anwaltlichen Informationsschreiben vom 28. November 2017 (Anl. AST 21) vorgenommen. Die Antragsgegnerin hat dieser „Abmahnung“ (so BGH, a.a.O., – Störerhaftung des Access-Providers Tz. 27) keine Folge geleistet und den unverändert bestehenden Zugang zu dem beanstandeten Internetangebot KINOX.TO über die in dem Schreiben genannten Wege nicht unterbunden.

(2) Das hinsichtlich der im anwaltlichen Informationsschreiben vom 28. November 2017 (Anl. AST 21) genannten Wege begehrte Verbot ist der Antragsgegnerin auch zumutbar.

aaa) Die Störerhaftung ist zwar gegenüber der Inanspruchnahme des Täters im Grundsatz nicht subsidiär. Im Falle des Betreibers einer Internetplattform, in die Nutzer rechtswidrige Angebote eingestellt haben, bietet die Störerhaftung effektiven Rechtsschutz, weil nicht gegen eine Vielzahl einzelner Anbieter vorgegangen werden muss. Damit ist der vorliegende Fall nicht ohne weiteres vergleichbar, in dem einem Access-Provider abverlangt werden soll den Zugang zu bestimmten Webseiten zu unterbinden. Hier muss nicht statt des Zugangsvermittlers eine Vielzahl von Anbietern, sondern lediglich der Betreiber der beanstandeten Webseiten oder dessen Host-Provider in Anspruch genommen werden, über den die beanstandete Webseite öffentlich zugänglich gemacht wird. Ob die Auffassung der Antragstellerin zutrifft, auch die Nutzer von KINOX.TO handelten als Streaming-Empfänger rechtswidrig (vgl. EuGH GRUR 2017, 610 – Stichting Brein/Wullems [Filmspeler] Tz. 59 ff.), kann hier dahinstehen, da es sich dabei jedenfalls um eine andere Rechtsverletzung, nämlich eine Verletzung des Vervielfältigungsrechts und nicht des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung, handelte.

Im Hinblick darauf, dass der Access-Provider ein von der Rechtsordnung gebilligtes und in Bezug auf Rechtsverletzungen Dritter neutrales Geschäftsmodell verfolgt, ist es im Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit von Überwachungs- und Sperrmaßnahmen angemessen, eine vorrangige Rechtsverfolgung gegenüber denjenigen Beteiligten zu verlangen, die – wie die Betreiber beanstandeter Webseiten – entweder die Rechtsverletzung selbst begangen oder zu der Rechtsverletzung – wie der Host-Provider der beanstandeten Webseiten – durch die Erbringung von Dienstleistungen beigetragen haben. Dagegen kommt die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Zugangsvermittler unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nur in Betracht, wenn der Inanspruchnahme des Betreibers der Webseite jede Erfolgsaussicht fehlt und deshalb andernfalls eine Rechtsschutzlücke entstünde. Für dieses Ergebnis spricht auch der Umstand, dass der Betreiber der Webseite und sein Host-Provider wesentlich näher an der Rechtsgutsverletzung sind als derjenige, der nur allgemein den Zugang zum Internet vermittelt (vgl. BGH, a.a.O., – Störerhaftung des Access-Providers Tz. 82 f. m.w.N.).

bbb) Danach ist im Streitfall die Inanspruchnahme der Antragsgegnerin in dem durch das anwaltliche Informationsschreiben vom 28. November 2017 (Anl. AST 21) vorgegebenen Umfang zumutbar. "

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG München: Vodafone Kabel Deutschland muss Zugriff seiner Kunden auf Streamingportal kinox.to sperren - einstweilige Verfügung der Constantin Film

LG München
Beschluss vom 01.02.2018
7 O 17752/17


Das LG München hat auf Antrag der Constantin Film im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens entschieden, dass Vodafone Kabel Deutschland den Zugriff seiner Kunden auf das Streamingportal kinox.to sperren muss.


01.10.2017 - Netzwerkdurchsetzungsgesetz – NetzDG - Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken in Kraft getreten

Das verfassungsrechtlich problematische Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz – NetzDG) ist am 01.10.2017 in Kraft getreten.

Siehe auch zum Thema

Mehr als nur bedenklich - Regierungsentwurf: Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz – NetzDG)



Netzwerkdurchsetzungsgesetz - NetzDG im Bundesgesetzblatt verkündet - Inkrafttreten 01.10.2017

Das zu Recht kritisierte Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz - NetzDG) wurde heute im Bundesgesetzblatt verkündet und tritt am 01.10.2017 in Kraft.

Siehe auch zum Thema

Mehr als nur bedenklich - Regierungsentwurf: Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz – NetzDG)



PDF-Datei - Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages zum Netzwwerkdurchsetzungsgesetz - NetzDG

Das Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages zur (Un-)Vereinbarkeit des Netzwwerkdurchsetzungsgesetzes - NetzDG mit der Meinungsfreiheit steht als PDF-Datei zur Verfügung:

Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Deutsche Bundestages zum NetzDG

Siehe auch zum Thema: Mehr als nur bedenklich - Regierungsentwurf: Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz – NetzDG)


Mehr als nur bedenklich - Regierungsentwurf: Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz – NetzDG

Die Bundesregierung hat nun den Regierungsentwurf des bereits mehrfach veränderten Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz – NetzDG) beschlossen. Ziel ist es Hasspostings und Fake-News in sozialen Netzwerken zu bekämpfen.

Der Gesetzentwurf wird völlig zu Recht von vielen Seiten kritisiert und ist ein völlig unbrauchbarer Schnellschuss, der in der Praxis zu ganz erheblichen Schwierigkeiten führen wird. Auch handwerklich ist der Entwurf - wie so oft - missglückt.

Insbesondere ist verfassungsrechtlich bedenklich, dass Betreibern sozialer Netzwerke letztlich staatliche Aufgaben auferlegt werden. Die Unterscheidung zulässiger Meinungsäußerung und rechtswidriger Inhalte ist im Grenzbereich immer schwierig und oft eine Frage einer Abwägung im Einzelfall. Im Zweifel werden die Betreiber sozialer Netzwerke Inhalte immer löschen, um Bußgelder zu vermeiden.

Es bleibt zu hoffen, dass spätestens das Bundesverfassungsgericht diesem gesetzgeberischen Unsinn einen Riegel vorschiebt.



Volltext BGH zur Zulässigkeit des Satire-Beitrags in ZDF-Sendung Die Anstalt über Zeit-Herausgeber Joffe und Zeit-Redakteur Bittner liegt vor

BGH
Urteile vom 10.01.2017
VI ZR 561/15 und VI ZR 562/15
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Behauptungen in ZDF-Satire-Sendung Die Anstalt über Zeit-Herausgeber Joffe und Zeit-Redakteur Bittner doch zulässig berichtet. Grundsätzlich sind Äußerungen im Rahmen von Satire-Beiträgen stets im Gesamtzusammenhang zu betrachten und darauf abzustellen, wie ein verständiges und unvoreingenommenes Publikum die Inhalte auffasst.

Leitsatz des BGH:

Zur Erfassung ihres objektiven Sinngehalts muss eine Äußerung in dem Gesamtzusammenhang beurteilt werden, in dem sie gefallen ist. Äußerungen im Rahmen eines satirischen Beitrags sind zudem zur Ermittlung ihres eigentlichen Aussagegehalts
von ihrer satirischen Einkleidung, der die Verfremdung wesenseigen ist, zu entkleiden. Mehr noch als beim geschriebenen Wort ist bei dem in einem Fernsehbeitrag gesprochenen Wort angesichts der Vielzahl der auf einen Moment konzentrierten Eindrücke in den Blick zu nehmen, welche Botschaft bei dem verständigen und unvoreingenommenen Publikum ankommt.

BGH, Urteil vom 10. Januar 2017 - VI ZR 562/15 - Hanseatisches OLG LG Hamburg

Die Volltexte der Entscheidungen finden Sie hier:
VI ZR 562/15
VI ZR 561/15


BGH: Behauptungen in ZDF-Satire-Sendung Die Anstalt über Zeit-Herausgeber Joffe und Zeit-Redakteur Bittner doch zulässig

BGH
Urteile vom 10.01.2017
VI ZR 561/15 und VI ZR 562/15


Der BGH hat entschieden, dass die Behauptungen in der ZDF-Satire-Sendung "Die Anstalt" über Zeit-Herausgeber Joffe und Zeit-Redakteur Bittner über über Verbindung zu transatlantischen Lobby-Organisationen doch zulässig war.

Die Pressemitteilung des BGH:

Bundesgerichtshof zur Ermittlung des Aussagegehalts von Äußerungen in einer Satiresendung

Der Kläger in dem Verfahren VI ZR 561/15 ist Mitherausgeber, der Kläger in dem Verfahren VI ZR 562/15 ist einer der Redakteure der Wochenzeitung "DIE ZEIT". Die Kläger machen gegen die Beklagte, das ZDF, Ansprüche auf Unterlassung von Äußerungen geltend. Die Beklagte strahlte am 29. April 2014 das Satireformat "Die Anstalt" aus. Gegenstand der Sendung war ein Dialog zwischen zwei Kabarettisten, in dem es um die Frage der Unabhängigkeit von Journalisten bei dem Thema Sicherheitspolitik ging. Die Kläger sind der Auffassung, im Rahmen dieses Dialogs sei die unzutreffende Tatsachenbehauptung aufgestellt worden, sie seien Mitglieder, Vorstände oder Beiräte in acht bzw. drei Organisationen, die sich mit sicherheitspolitischen Fragen befassen. Der Kläger in dem Verfahren VI ZR 562/15 ist darüber hinaus der Auffassung, es sei der Wahrheit zuwider behauptet worden, er habe an der Vorbereitung der Rede des Bundespräsidenten vor der Münchener Sicherheitskonferenz im Januar 2014, über die er später als Journalist wohlwollend berichtet hat, mitgewirkt.

Das Oberlandesgericht hat die Beklagte zur Unterlassung der angegriffenen Äußerungen verurteilt. Die vom Senat zugelassenen Revisionen haben zur Aufhebung der Berufungsurteile und zur Abweisung der Klagen geführt, weil das Berufungsgericht den angegriffenen Äußerungen einen unzutreffenden Sinngehalt entnommen hat. Bei korrekter Ermittlung des Aussagegehalts haben die Kabarettisten die oben genannten Aussagen nicht getätigt, so dass sie nicht verboten werden können. Zur Erfassung des Aussagegehalts muss eine Äußerung stets in dem Gesamtzusammenhang beurteilt werden, in dem sie gefallen ist. Äußerungen im Rahmen eines satirischen Beitrags sind zudem zur Ermittlung ihres eigentlichen Aussagegehalts von ihrer satirischen Einkleidung, der die Verfremdung wesenseigen ist, zu entkleiden. Bei einem satirischen Fernsehbeitrag ist in den Blick zu nehmen, welche Botschaft bei einem unvoreingenommenen und verständigen Zuschauer angesichts der Vielzahl der auf einen Moment konzentrierten Eindrücke ankommt. Dies zugrunde gelegt lässt sich dem Sendebeitrag im Wesentlichen nur die Aussage entnehmen, es bestünden Verbindungen zwischen den Klägern und in der Sendung genannten Organisationen. Diese Aussage ist zutreffend.

Vorinstanzen:

LG Hamburg – Entscheidungen vom 21. November 2014 – 324 O 443/14 und 324 O 448/14

Hanseatisches OLG – Entscheidungen vom 8. September 2015 – 7 U 121/14 und 7 U 120/14



OLG Hamburg: Behauptungen in ZDF-Kabarett-Sendung "Die Anstalt" über Zeit-Herausgeber Joffe und Zeit-Redakteur Bittner über Verbindung zu transatlantischen Lobby-Organisationen waren rechtswidrig -

OLG Hamburg
Urteile vom 09.09.2015
7 U 120/14 und 7 U 121/14


Das OLG Hamburg hat entschieden, dass die Behauptungen in der ZDF-Kabarett-Sendung "Die Anstalt" wonach die Zeit-Herausgeber Josef Joffe und der Zeit-Redakteur Dr. Jochen Bittner mit transatlantischen Lobby-Organisationen in Verbindung stehen, rechtswidrig war und die weitere Verbreitung dieser Behauptungen sowie die Wiederholung der entsprechenden Passagen etwa in der ZDF-Mediathek untersagt.