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EuGH-Generalanwalt: Veräußerung einer Datenbank mit personenbezogenen Daten im Zwangsvollstreckungsverfahren kann ohne Zustimmung der Betroffenen DSGVO-konform und zulässig sein

EuGH
Schlussanträge vom 28.02.2024
C-693/22
Verkauf einer Datenbank


Der EuGH-Generalanwalt kommt in seinen Schlussanträgen zu dem Ergebnis, dass die Veräußerung einer Datenbank mit personenbezogenen Daten im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne Zustimmung der Betroffenen DSGVO-konform und zulässig sein kann.

Die Pressemitteilung des EuGH:
Nach Ansicht von Generalanwalt Priit Pikamäe kann eine Datenbank mit personenbezogenen Daten unter bestimmten Voraussetzungen im Rahmen eines Zwangsvollstreckungsverfahrens verkauft werden, auch wenn die von diesen Daten betroffenen Personen dem nicht zugestimmt haben.

Das ist dann der Fall, wenn die mit einem solchen Verkauf verbundene Datenverarbeitung in einer demokratischen Gesellschaft zur Sicherstellung der Durchsetzung eines zivilrechtlichen Anspruchs notwendig und verhältnismäßig ist .
Bei einem polnischen Gericht ist ein Rechtsstreit anhängig zwischen einer Gesellschaft und einem Mitglied des Vorstands einer anderen Gesellschaft, die auf den Online-Verkauf spezialisiert ist und gegenüber der die erstgenannte Gesellschaft eine Forderung hat. Die vermögensrechtliche Haftung dieses Mitglieds kann dann geltend gemacht werden, wenn die Schuldnergesellschaft nicht über hinreichende Vermögenswerte verfügt, um die Forderung der Gläubigergesellschaft zu befriedigen. Das Vorstandsmitglied ist jedoch der Ansicht, dass dies nicht der Fall sei, da die Schuldnergesellschaft u. a. zwei Datenbanken mit Daten von Nutzern der von ihr geschaffenen Online-Plattform besitze. Diese Datenbanken enthalten personenbezogene Daten von Hunderttausenden von Personen, die der Verarbeitung ihrer Daten in Form einer Bereitstellung an Dritte außerhalb dieser Plattform nicht zugestimmt haben.

Das polnische Gericht hat Zweifel, ob die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) es einem Gerichtsvollzieher gestattet, diese Datenbanken in einem Zwangsvollstreckungsverfahren ohne die Zustimmung der von diesen Daten betroffenen Personen zu veräußern, und hat daher den Gerichtshof angerufen.

In seinen Schlussanträgen schlägt Generalanwalt Priit Pikamäe dem Gerichtshof vor, dies zu bejahen.

Seiner Ansicht nach fallen die von dem Gerichtsvollzieher zur Schätzung des Werts der betreffenden Datenbanken und zu ihrer Versteigerung vorgenommenen Handlungen in den Anwendungsbereich der DSGVO. Diese Handlungen umfassten nämlich mindestens das Auslesen, das Abfragen und die Verwendung der personenbezogenen Daten und ihre Bereitstellung an den Erwerber und seien daher als eine „Verarbeitung“ dieser Daten im Sinne dieser Verordnung anzusehen. Zudem meint der Generalanwalt, dass der Gerichtsvollzieher als der für diese Verarbeitung Verantwortliche eingestuft werden müsse.

Außerdem vertritt der Generalanwalt den Standpunk , dass die in Rede stehende Verarbeitung rechtmäßig sei, wenn sie für die Wahrnehmung einer dem Gerichtsvollzieher übertragenen Aufgabe, die in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolge, erforderlich sei.

Schließlich stellt der Generalanwalt fest, dass sich der Zweck der von dem Gerichtsvollzieher vorgenommenen Verarbeitung von dem ursprünglichen Zweck unterscheide, der darin bestanden habe, die Nutzung der in Rede stehenden Online-Plattform zu ermöglichen. Damit diese weitere Verarbeitung als mit der DSGVO vereinbar angesehen werden könne, müsse sie eine in einer demokratischen Gesellschaft notwendige und verhältnismäßige Maßnahme zur Erreichung eines der mit dieser Verordnung verfolgten Ziele im öffentlichen Interesse darstellen. Nach Auffassung des Generalanwalts kann unter diesen Zielen das der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche grundsätzlich die Verarbeitung der vorliegend in Rede stehenden Daten rechtfertigen. Er hebt auch hervor, dass die Prüfung der Verhältnismäßigkeit, die dem polnischen Gericht obliege, eine Abwägung zwischen dem Eigentumsrecht der Gläubigergesellschaft und dem Recht der Nutzer der in Rede stehenden Online-Plattform auf Schutz personenbezogener Daten impliziere.

Die vollständigen Schlussanträge finden Sie hier:

KG Berlin: Preisanpassungsklauseln in den AGB von Netflix und Spotify die einseitiges Preisanpassungsrecht der Streaminganbieter vorsehen unwirksam

KG Berlin
Urteil vom 15.11.2023 - 23 U 15/22 (Netflix)
Urteil vom 15.11.2023 - 23 U 112/22 (Spotify)


Das KG Berlin hat entschieden, dass dass die Preisanpassungsklauseln in den AGB von Netflix und Spotify, die jeweils ein einseitiges Preisanpassungsrecht der Streaminganbieter vorsehen, unwirksam sind.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Kammergericht: Preisanpassungsklauseln in den AGB führender Streaming-Anbieterinnen sind unwirksam

Der 23. Zivilsenat des Kammergerichts hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. Oktober 2023 mit seinen heute in öffentlicher Sitzung verkündeten Berufungsurteilen die Berufungen von zwei führenden Streaming-Anbieterinnen gegen zwei Urteile des Landgerichts Berlin zurückgewiesen und damit die Urteile des Landgerichts bestätigt.

Den Urteilen des Landgerichts Berlin lagen Klagen des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände zugrunde, die auf Untersagung der weiteren Nutzung von Preisanpassungsklauseln in den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Streaming-Anbieterinnen gerichtet waren. Die Streaming-Anbieterinnen hatten es sich in ihren AGB vorbehalten, nach billigem Ermessen einseitig die Preise ihrer Abonnement-Angebote ändern zu können, um gestiegenen Gesamtkosten Rechnung zu tragen. Das Landgericht Berlin hat den Klagen des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände stattgegeben und den Streaming-Anbieterinnen mit Urteilen vom 16. Dezember 2021 und vom 28. Juni 2022 die weitere Nutzung der Klauseln im Geschäftsverkehr mit Verbraucher*innen untersagt. Die Streaming-Anbieterinnen hatten gegen diese Entscheidungen Berufung eingelegt.

Der 23. Zivilsenat des Kammergerichts hat mit seinen Urteilen vom heutigen Tag nun die Entscheidungen des Landgerichts bestätigt. Zur Begründung seiner Entscheidungen hat das Kammergericht hierbei im Wesentlichen ausgeführt, dass es bereits an einem berechtigten Interesse der Streaming-Anbieterinnen fehle, sich das einseitige Recht zur Preisanpassung vorzubehalten. Denn den Streaming-Anbieterinnen sei es ohne erheblichen Aufwand möglich, die Nutzer*innen bei jeder Nutzung des Dienstes um Zustimmung zu einem erhöhten Preis zu ersuchen. Bei mangelnder Zustimmung stehe es den Anbieterinnen frei, das Vertragsverhältnis zu kündigen. Überdies verstießen die Klauseln gegen das für Preisanpassungsklauseln allgemein gültige Gebot der Reziprozität, da sich die Anbieterinnen das Recht vorbehalten, die Preise zu erhöhen, wenn die Kosten steigen, sich aber nicht spiegelbildlich verpflichteten, bei sinkenden Kosten die Preise zu ermäßigen.

Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision zwar nicht zugelassen. Es besteht jedoch die Möglichkeit, gegen die unterbliebene Zulassung der Revision innerhalb eines Monats ab förmlicher Zustellung der Urteile Beschwerde beim Bundesgerichtshof einzulegen.

Kammergericht: Urteile vom 15. November 2023, Aktenzeichen 23 U 15/22 und 23 U 112/22
Landgericht: Urteile vom 16. Dezember 2021, Aktenzeichen 52 O 157/21, und vom 28. Juni 2022, Aktenzeichen 52 O 296/21

Den jeweiligen Volltext finden Sie hier:
Urteil vom 15.11.2023 - 23 U 15/22 (Netflix)
Urteil vom 15.11.2023 - 23 U 112/22 (Spotify)


LG Berlin: LinkedIn darf Do-Not-Track-Einstellung des Browsers nicht ignorieren - Zustimmung zur Sichtbarkeit von Profildaten außerhalb von Linkedin darf nicht vorkonfiguriert sein

LG Berlin
Urteil vom 24.08.2023
16 O 420/19


Das LG Berlin hat entschieden, dass LinkedIn die Do-Not-Track-Einstellung des Browsers nicht ignorieren darf. Ferner darf die Zustimmung zur Sichtbarkeit von Profildaten außerhalb von Linkedin nicht vorkonfiguriert sein.

Aus den Entscheidungsgründen:
d) Die beanstandete Mitteilung verstößt gegen § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 7 UWG.

aa) Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Eine geschäftliche Handlung ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 UWG irreführend, wenn sie unwahre Angaben (Fall 1) oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über — nachfolgend aufgezählte - Umstände enthält (Fall 2). Nach 8 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 Nr. 7 UWG ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über Rechte des Verbrauchers enthält.

[...]
Die von der Beklagten im eigenen Geschäftsinteresse getätigte Mitteilung, nicht auf DNT-Signale zu reagieren, ist bei objektiver Betrachtung darauf gerichtet, Verbraucher davon abzuhalten, bei der Nutzung des Internet-Angebots der Beklagten DNT-Signale einzusetzen oder, falls sie es dennoch tun, den von ihnen damit verfolgten Zweck gegenüber der Beklagten tatsächlich geltend zu machen.
[...]

Die Mitteilung transportiert aber implizit die Rechtsansicht, die der Kläger ihr mit seiner Antragsformulierung beimisst. Die Beklagte bringt nämlich zum Ausdruck, dass sie ein DNT-Signal nicht als wirksamen Widerspruch eines Verbrauchers gegen eine Nachverfolgung seines Nutzerverhaltens ansieht. Dabei wird unterstellt, dass die Beklagte sich nicht bewusst’ rechtswidrig verhalten und trotz eines wirksamen Widerspruchs eines Verbrauchers dessen Daten verarbeiten will. Worauf sich die Beklagte bezieht, wenn sie von einem DNT-Signal spricht, erläutert sie in dem unter Ziff, 5.4 ihrer Datenschutzrichtlinie unter „Erfahren Sie mehr“ verlinkten Dokument (Anlage K 10). Sie erklärt ein DNT-Signal wie folgt: „Derzeit bieten einige Browser — darunter Internet Explorer, Firefox und Safari — eine DNT-Option an, die auf einer DNT-Kopfzeile basiert. Diese Technologie sendet ein Signal an die von dem Browser besuchten Webseiten über die DNT-Einstellungen des Nutzers.“ Bei der in Anlage K 13 wiedergegebenen angegriffenen Mitteilung handelt es sich allerdings nicht um eine im Rahmen der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung geäußerte Rechtsansicht, die gemäß der oben dargestellten Rechtsprechung privilegiert wäre. Sie ist nicht eingebettet in den Kontext einer rechtlichen Auseinandersetzung, in der die Beklagte gegenüber einem Dritten ihre Rechte geltend macht oder verteidigt. Vielmehr befindet sie sich in der Datenschutzrichtlinie der Beklagten, mit der die Beklagte allen ihren Nutzern Informationen zum Datenschutz in dem von ihr betriebenen Netzwerk vermittelt. Die Beklagte behauptet mit der angegriffenen Mitteilung eine eindeutige Rechtslage, die der angesprochene Kunde als Feststellung versteht. Sie suggeriert dem angesprochenen Verbraucher, dass sie nicht verpflichtet ist, DNT-Signale zu beachten, und vermittelt den Eindruck, dass dies rechtskonform ist. Dass sie auf ein rechtskonformes Verhalten Wert legt, unterstreicht die Beklagte durch die einleitende Versicherung, Privatsphäre und Datenschutz sehr ernst zu nehmen. Der angesprochene Kunde kann die Mitteilung in ihrer Gesamtheit nicht anders verstehen, als dass die Benutzung eines DNT-Signals rechtlich irrelevant ist und die Beklagte ein solches Signal nicht zu beachten braucht.

ddd) Diese von der Beklagten vermittelte Rechtsansicht ist jedoch nicht zutreffend. Vielmehr stellt ein DNT-Signal durchaus einen wirksamen Widerspruch gegen eine Datenverarbeitung dar. Das ergibt sich aus Art. 21 Abs. 5 DSGVO. (i) Gemäß Art. 21 Abs. 5 DSGVO kann eine betroffene Person im Zusammenhang mit der Nutzung von Diensten der Informationsgesellschaft ihr — etwa aufgrund Art. 21 Abs. 1 oder Abs. 2 DSGVO begründetes — Widerspruchsrecht mittels automatisierter Verfahren ausüben, bei denen technische Spezifikationen verwendet werden. (ii) Bei dem von der Beklagten betriebenen sozialen Netzwerk handelt es sich um einen Dienst der Informationsgesellschaft in diesem Sinne. Ein Dienst der Informationsgesellschaft ist gemäß Art. 4 Ziff. 25 DSGVO eine Dienstleistung im Sinne des Art. 1 Nr. 1 lit. b der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates, also jede in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung. Darunter fallen auch Internetangebote wie die sozialen Medien (Kühling/Buchner/Herbst, 3. Aufl. 2020, DS-GVO Art. 21 Rn. 42; Paal/Pauly/Martini, 3. Aufl. 2021, DS-GVO Art. 21 Rn. 74). (ii) Das DNT-Signal stellt ein automatisiertes Verfahren dar, das technische Spezifikationen verwendet, und damit unter Art. 21 Abs. 5 DSGVO fällt (Kühling/Buchner/Herbst, 3. Aufl. 2020, DS-GVO Art. 21 Rn. 43; Gola/Heckmann/Schulz, 3. Aufl. 2022, DS-GVO Art. 21 Rn. 35; Schwartmann/Jaspers/Thüsing/Kugelmann/Atzert, 2. Aufl. 2020, DS-GVO/BDSG, Artikel 21 Widerspruchsrecht, Rn. 103;. Spindler/Schuster/Spindler/Dalby, 4. Aufl. 2019, DS-GVO Art. 21 Rn. 16; Albrecht/Jotzo, Das neue Datenschutzrecht der EU (2017), Teil 4: Individuelle Datenschutzrechte Rn. 27, beck-online; Schantz/Wolff, Das neue Datenschutzrecht (2017), Rn. 1235, beck-online). Soweit vereinzelt Zweifel geäußert werden, ob DNT-Signale den Anforderungen von Art. 21 DSGVO genügen, weil ein Widerspruch eine aktive und bewusste Handlung erfordere, die nicht vorliege, wenn stillschweigend und unter Umständen unbewusst eine Voreinstellung nur übernommen werde (BeckOK DatenschutzR/Forgö, 44. Ed. 1.11.2021, DS-GVO Art. 21 Rn. 29), greift dieser Einwand nicht durch. Es ist anzunehmen, dass der Verordnungsgeber diese Ausnahme bewusst implementieren wollte (s. Schwartmann/Jaspers/Thüsing/Kugelmann/Atzert, 2. Aufl. 2020, DS-GVO/BDSG, Artikel 21 Widerspruchsrecht, Rn. 105). Dies entspricht auch dem Zweck 16 0 420/19 - Seite 18 - der DSGVO, die Wahrnehmung von Betroffenenrechten zu erleichtern. q Dem steht auch nicht entgegen, dass das DNT-Signal bei der Einführung des TTDSG zum 1. Dezember 2021 keine ausdrückliche Berücksichtigung gefunden hat.

[...]

2. Der Klageantrag zu 2 ist ebenfalls begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der standardmäßigen Aktivierung von Funktionen zur Sichtbarkeit von Profilinformationen von Mitgliedern außerhalb LinkedIn, wie im Antrag spezifiziert, aus 88 3, 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 7, 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 3 UWG.

[...]

b) Gegenstand des mit der Klage geltend gemachten Unterlassungsantrags ist auch hier die konkrete Verletzungsform, wie im Klageantrag zu 2 durch Abbildung der von der Beklagten verwendeten Voreinstellungen spezifiziert. Der Kläger wendet sich mit dem Klageantrag zu 2 dagegen, dass die Beklagte bei der erstmaligen Anmeldung von Nutzern Voreinstellungen verwendet in der Weise, dass sowohl ein Schalter „Sichtbarkeit außerhalb LinkedIn“ als auch ein Schalter „Öffentliche Sichtbarkeit Ihres Profils" von vornherein aktiviert ist. Die Aktivierung hat zur Folge, dass personenbezogene Daten der Nutzer in Partnerdiensten der Beklagten angezeigt und im Internet für jedermann sichtbar veröffentlicht werden. Der Kläger wendet sich nach Maßgabe des Antrags nicht gegen diese Veröffentlichung, also die Datenverarbeitung, sondern gegen die Voreinstellungen an sich.

c) Die beanstandeten Voreinstellungen verstoßen gegen § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 7 UWG.

aa) Die Voreinstellungen sind eine geschäftliche Handlung im Sinne von & 5 Abs. 1 UWG. Dem Begriff der geschäftlichen Handlung unterfällt gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG das Verhalten einer Person zugunsten des eigenen Unternehmens bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen unmittelbar und objektiv zusammenhängt. Die beanstandeten Voreinstellungen, die Nutzer der Beklagten bei erstmaliger Anmeldung vorfinden, stehen in Zusammenhang mit einem Geschäftsabschluss und sind bei objektiver Betrachtung darauf gerichtet, die Entscheidung des Verbrauchers über den Umfang, in dem er seine Daten zur Verarbeitung zur Verfügung stellt, zu beeinflussen. Stellt der Verbraucher seine Daten in möglichst großem Umfang zur Verfügung, fördert das die Sichtbarkeit und Reichweite des von der Beklagten betriebenen Netzwerks in deren Geschäftsinteresse.

bb) Die Voreinstellungen sind zur Täuschung geeignete Angaben über Verbraucherrechte im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 UWG.

aaa) Der Streitfall betrifft auch hinsichtlich des Klageantrags zu 2 eine geschäftliche Handlung, die sich einem der in § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 UWG aufgeführten Bezugspunkte einer Irreführung zuordnen lässt, nämlich den in § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 Nr. 7 UWG genannten Rechten des Verbrauchers. Wie oben unter IV. 1. d) cc) aaa) ausgeführt, hat der Begriff der Rechte des Verbrauchers eine weite Bedeutung und erfasst nicht nur Angaben über die Existenz bestimmter Rechte, sondern auch über deren Inhalt, Umfang und Dauer sowie etwaige Voraussetzungen für die Geltendmachung. Die streitgegenständlichen Voreinstellungen betreffen das Recht des Verbrauchers, in eine Veröffentlichung seiner Daten auf bestimmten Wegen einzuwilligen oder nicht. bbb) Die angegriffenen Voreinstellungen der Beklagten sind eine Angabe im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 UWG. Sie stellen eine Geschäftshandlung mit Informationsgehalt dar, da sie die Information vermitteln, dass die Beklagte von dem Nutzer eingegebene Daten mit dessen Einwilligung über Partnerdienste bzw. öffentlich zugänglich macht.

bbb) Die angegriffenen Voreinstellungen der Beklagten sind eine Angabe im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 UWG. Sie stellen eine Geschäftshandlung mit Informationsgehalt dar, da sie die Information vermitteln, dass die Beklagte von dem Nutzer eingegebene Daten mit dessen Einwilligung über Partnerdienste bzw. öffentlich zugänglich macht.

ccc) Die Voreinstellungen sind im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 Nr. 7 UWG zur Täuschung über Verbraucherrechte geeignet.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Hannover: Weiternutzung des Kontos ist keine Zustimmung zu einer Vertragsänderung - entsprechende Klausel in AGB der Sparda-Bank Hannover unwirksam

LG Hannover
Urteil vom 28.11.2022
13 O 173/22


Das LG Hannover hat entschieden, dass die Weiternutzung eines Kontos keine Zustimmung zu einer Vertragsänderung darstellt. Eine entsprechende Klausel in den AGB der Sparda-Bank Hannover ist unwirksam. Auch die daraus folgende Geschäftspraxis der Bank ist wettbewerbswidrig.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Volltext BGH liegt vor: Negative eBay-Bewertung mit Zusatz "Versandkosten Wucher!!" kann zulässig sein - keine unzulässige Schmähkritik und von Meinungsfreiheit gedeckt

BGH
Urteil vom 28.09.2022
VIII ZR 319/20
BGB § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Negative eBay-Bewertung mit Zusatz "Versandkosten Wucher!!" kann zulässig sein - keine unzulässige Schmähkritik und von Meinungsfreiheit gedeckt über die Entscheidung berichtet.

Leitsatz des BGH:
§ 8 Nr. 2 Satz 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay, wonach die von Nutzern abgegebenen Bewertungen sachlich gehalten sein müssen und Schmähkritik nicht enthalten dürfen, enthält keine vertraglichen Beschränkungen für die Zulässigkeit von Werturteilen in Bewertungskommentaren von Nutzern, die über die deliktsrechtlichen Grenzen wertender Äußerungen hinausgehen.

BGH, Urteil vom 28. September 2022 - VIII ZR 319/20 - LG Weiden in der Oberpfalz - AG Weiden in der Oberpfalz

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Negative eBay-Bewertung mit Zusatz "Versandkosten Wucher!!" kann zulässig sein - keine unzulässige Schmähkritik und von Meinungsfreiheit gedeckt

BGH
Urteil vom 28.09.2022
VIII ZR 319/20


Der BGH hat entschieden, dass eine negative eBay-Bewertung mit dem Zusatz "Versandkosten Wucher!!" zulässig sein kein.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Zur Zulässigkeit einer negativen Bewertung bei eBay (hier: "Versandkosten Wucher!!")

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute über die Frage entschieden, unter welchen Voraussetzungen der Verkäufer, der ein Produkt über die Internetplattform eBay verkauft, einen Anspruch gegen den Käufer auf Entfernung einer von diesem abgegebenen negativen Bewertung hat.

Sachverhalt:

Der Beklagte erwarb von der Klägerin über die Internetplattform eBay vier Gelenkbolzenschellen für 19,26 € brutto. Davon entfielen 4,90 € auf die dem Beklagten in Rechnung gestellten Versandkosten. Der Verkauf erfolgte auf der Grundlage der zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay, denen die Parteien vor dem Geschäft zugestimmt hatten. Dort heißt es auszugsweise:

"§ 8 Bewertungen

[…]

2. Nutzer sind verpflichtet, in den abgegebenen Bewertungen ausschließlich wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Die von Nutzern abgegebenen Bewertungen müssen sachlich gehalten sein und dürfen keine Schmähkritik enthalten.

[…]".

Nach Erhalt der Ware bewertete der Beklagte das Geschäft in dem von eBay zur Verfügung gestellten Bewertungsprofil der Klägerin mit dem Eintrag "Ware gut, Versandkosten Wucher!!".

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Amtsgericht hat die auf Entfernung dieser Bewertung und Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichtete Klage abgewiesen. Nach Auffassung des Amtsgerichts handele es sich bei der Bezeichnung der Versandkosten als "Wucher" um ein Werturteil, das nur dann unzulässig sei, wenn es sich um eine Schmähkritik handele. Eine solche liege jedoch nicht vor. Die Bewertung weise einen Sachbezug auf, weil sie in einen Zusammenhang mit den Versandkosten gestellt sei.

Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und den Beklagten antragsgemäß zur Entfernung der Bewertung und zum Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt. Aus Sicht des Berufungsgerichts habe der Beklagte eine nachvertragliche Nebenpflicht verletzt (§ 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB). Die Bewertung verstoße gegen das Sachlichkeitsgebot aus § 8 Nr. 2 Satz 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay (nachfolgend: eBay-AGB). Daraus ergebe sich ein über die Abwehr von Schmähkritik hinausgehender Schutz. Bei der Bewertung "Versandkosten Wucher!!" handele es sich um eine überspitzte Beurteilung ohne sachlichen Bezug, die nicht gerechtfertigt sei, weil für einen objektiven Leser nicht erkennbar sei, warum sich die Versandkosten aus Sicht des Käufers als "Wucher" darstellten.

Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Die Revision des Beklagten hatte Erfolg. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Klägerin ein Anspruch auf Entfernung der Bewertung "Versandkosten Wucher!!" nicht zusteht, auch nicht unter dem vom Berufungsgericht herangezogenen Gesichtspunkt einer (nach-)vertraglichen Nebenpflichtverletzung.

Anders als das Berufungsgericht es gesehen hat, enthält die Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 2 der eBay-AGB über die bei Werturteilen ohnehin allgemein geltende (deliktsrechtliche) Grenze der Schmähkritik hinaus keine strengeren vertraglichen Beschränkungen für die Zulässigkeit von Werturteilen in Bewertungskommentaren.

Zwar ist der Wortlaut der Klausel nicht eindeutig. Für das Verständnis, dem Sachlichkeitsgebot in § 8 Abs. 2 Satz 2 der eBay-AGB solle gegenüber dem Verbot der Schmähkritik ein eigenständiges Gewicht nicht zukommen, spricht aber bereits der Umstand, dass hier genaue Definitionen zu dem unbestimmten Rechtsbegriff "sachlich" in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen fehlen. Es liegt in diesem Fall im wohlverstandenen Interesse aller Beteiligten, die Zulässigkeit von grundrechtsrelevanten (Art. 2 Abs. 1, Art. 12 GG [beim Verkäufer], Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG [beim Käufer]) Bewertungen eines getätigten Geschäfts an den gefestigten Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Schmähkritik auszurichten und hierdurch die Anforderungen an die Zulässigkeit von Bewertungskommentaren für die Nutzer und eBay selbst möglichst greifbar und verlässlich zu konturieren. Zudem hätte es der gesonderten Erwähnung der Schmähkritikgrenze nicht bedurft, wenn dem Nutzer schon durch die Vorgabe, Bewertungen sachlich zu halten, eine deutlich schärfere Einschränkung hätte auferlegt werden sollen. Außerdem würde man der grundrechtlich verbürgten Meinungsfreiheit des Bewertenden von vorherein ein geringeres Gewicht beimessen als den Grundrechten des Verkäufers, wenn man eine Meinungsäußerung eines Käufers regelmäßig bereits dann als unzulässig einstufte, wenn sie herabsetzend formuliert ist und/oder nicht (vollständig oder überwiegend) auf sachlichen Erwägungen beruht. Eine solche, die grundrechtlichen Wertungen nicht hinreichend berücksichtigende Auslegung entspricht nicht dem an den Interessen der typischerweise beteiligten Verkehrskreise ausgerichteten Verständnis redlicher und verständiger Vertragsparteien.

Die Grenze zur Schmähkritik ist durch die Bewertung "Versandkosten Wucher!!" nicht überschritten. Wegen seiner das Grundrecht auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG beschränkenden Wirkung ist der Begriff der Schmähkritik nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eng auszulegen. Auch eine überzogene, ungerechte oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Hinzutreten muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll.

Daran fehlt es hier. Bei der Bewertung "Versandkosten Wucher!!" steht eine Diffamierung der Klägerin nicht im Vordergrund. Denn der Beklagte setzt sich - wenn auch in scharfer und möglicherweise überzogener Form - kritisch mit einem Teilbereich der gewerblichen Leistung der Klägerin auseinander, indem er die Höhe der Versandkosten beanstandet. Die Zulässigkeit eines Werturteils hängt nicht davon ab, ob es mit einer Begründung versehen ist.

Vorinstanzen:

AG Weiden in der Oberpfalz – 1 C 140/20 – Urteil vom 22. Juni 2020

LG Weiden in der Oberpfalz – 22 S 17/20 – Urteil vom 28. Oktober 2020

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

Grundgesetz

Artikel 2 [Freie Entfaltung der Persönlichkeit, Recht auf Leben, körperliche Unversehrtheit, Freiheit der Person]

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

[…]

Artikel 5 [Recht der freien Meinungsäußerung, Medienfreiheit, Kunst- und Wissenschaftsfreiheit]

Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. […]

Bürgerliches Gesetzbuch

§ 241 Pflichten aus dem Schuldverhältnis

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

§ 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

[…]

AG München: Einwilligung zur Zusendung von Werbung per E-Mail kann formlos u.a. per E-Mail widerrufen werden ohne dass Newsletterverwaltungssystem genutzt werden muss

AG München
Urteil vom 05.08.2022
142 C 1633/22


Das AG München hat entschieden, dass die Einwilligung zur Zusendung von Werbung per E-Mail formlos u.a. per E-Mail widerrufen werden kann, ohne dass das Newsletterverwaltungssystem des Anbieters genutzt werden muss.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Werbe-E-Mails ohne Zustimmung stellen Eingriff in allgemeines Persönlichkeitsrecht dar

Mit Urteil vom 05.08.2022 untersagte das Amtsgericht München einem Pay-TV Anbieter, im geschäftlichen Verkehr zu Werbezwecken mit dem Kläger per E-Mail Kontakt aufzunehmen, ohne dass dessen ausdrückliche Einwilligung vorliegt. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wurde ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 EUR angedroht, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem oder den Geschäftsführer(n).

Der Kläger betrieb eine E-Mail-Adresse, die er unter anderem für berufliche Zwecke nutzte. Im Dezember 2021 widersprach er der werblichen Nutzung seiner personenbezogenen Daten, indem er eine E-Mail an die Beklagte sandte. Trotzdem erhielt er im Januar 2022 erneut elektronische Post der Beklagten, mit der diese für den Abschuss eines 12monatigen Abos warb.

Der Kläger forderte die Beklagte zunächst außergerichtlich zur Unterlassung auf. Nachdem keine Reaktion erfolgte, habe er Klage erhoben. Der Kläger ist der Ansicht, sein Widerspruch sei wirksam. Dieser könne nach der Datenschutzgrundverordnung jederzeit und insbesondere formlos erfolgen.

Die Beklagte trug vor, dem Kläger sei auf seine Nachricht vom Dezember mitgeteilt worden, dass er ganz einfach die entsprechende Einwilligung im Kundenverwaltungssystem entziehen könne. Da der Kläger dies nicht getan habe, habe sie davon ausgehen können, dass seine Einwilligung weiterhin Bestand haben könne.

Das Gericht gab der Klage vollumfänglich statt. Der zuständige Richter führte in der Begründung aus:

„(…) Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht zu.

Die Verwendung von elektronischer Post für die Zwecke der Werbung gegen den eindeutig erklärten Willen des Klägers stellt einen Eingriff in seine geschützte Privatsphäre und damit in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht dar, § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt den Bereich privater Lebensgestaltung und gibt dem Betroffenen das Recht, im privaten Bereich in Ruhe gelassen zu werden (vgl. Senat, Urteil vom 19. Dezember 1995 - VI ZR 15/95, BGHZ 131, 332, 337; BVerfGE 35, 202, 220; 44, 197, 203).

Hieraus folgt ein Recht des Einzelnen, seine Privatsphäre freizuhalten von unerwünschter Einflussnahme anderer, und die Möglichkeit des Betroffenen, selbst darüber zu entscheiden, mit welchen Personen und gegebenenfalls in welchem Umfang er mit ihnen Kontakt haben will. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann deshalb vor Belästigungen schützen, die von einer unerwünschten Kontaktaufnahme ausgehen. In der bloßen - als solche nicht ehrverletzenden - Kontaktaufnahme kann aber regelmäßig nur dann eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts liegen, wenn sie gegen den eindeutig erklärten Willen des Betroffenen erfolgt, weil ansonsten die Freiheit kommunikativen Verhaltens schwerwiegend beeinträchtigt wäre (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2015 – VI ZR 134/15 –, Rn. 11 - 12, juris).

Die Beklagte stellt nicht in Abrede, dass die von ihr unstreitig nach dem Widerspruch des Klägers übersandten E-Mails Werbung enthalten. Nach dem Widerspruch des Klägers war das Übersenden von Werbung mittels elektronischer Post gem. § 7 Abs.?2 Nr.?3 UWG unzulässig, weil der Beklagten der entgegenstehende Wille des Klägers dann erkennbar war.

Nicht nachvollziehbar ist der Einwand der Beklagten, der Kläger habe in ihrem „Kundenverwaltungssystem“ darüber hinaus noch bestimmte Einstellungen selbst tätigen müssen. Der Widerspruch gegen die Zulässigkeit elektronischer Werbung ist an keine bestimmte Form gebunden; die Verwaltung ihrer Kundendaten obliegt allein der Beklagten und kann nicht auf den Kunden abgewälzt werden.

Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ist auch rechtswidrig. Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr wird durch das festgestellte rechtsverletzende Verhalten der Beklagten indiziert.

(…) Der Kläger hat der werblichen Nutzung seiner Daten ausdrücklich und unmissverständlich gegenüber der Beklagten widersprochen. Der Widerspruch gilt grundsätzlich zeitlich unbeschränkt, so dass für die Annahme einer mutmaßlichen Einwilligung durch die Beklagte künftig ohne weitere hinzutretenden Umstände kein Raum mehr ist. (…)“


Urteil des Amtsgerichts München vom 05.08.2022

Aktenzeichen 142 C 1633/22

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.



BGH: Inbox-Werbung durch Einblendung von Werbung durch den E-Mail-Dienst-Betreiber bedarf der Einwilligung des Nutzers nach genauer Belehrung über Werbemodalitäten

BGH
Urteil vom 13.01.2022
I ZR 25/19
Inbox-Werbung II
Richtlinie 2002/58/EG Art. 2 Satz 2 Buchst. h, Art. 13 Abs. 1; UWG § 7 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2 Nr.


Der BGH hat auf die Entscheidung des EuGH hin entschieden, dass Inbox-Werbung durch Einblendung von Werbung durch den E-Mail-Dienst-Betreiber der Einwilligung des Nutzers nach genauer Belehrung über die Werbemodalitäten bedarf.

Leitsatz des BGH:
Eine wirksame Einwilligung in eine Inbox-Werbung (automatisierte Werbeeinblendung auf bestimmten dafür vorgesehenen Flächen in der E-Mail-Inbox des Nutzers), die eine Werbung unter Verwendung elektronischer Post im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG darstellt, liegt nicht vor, wenn der Nutzer, der eine unentgeltliche, durch Werbung finanzierte Variante eines E-Mail-Dienstes gewählt hat, sich allgemein damit einverstanden erklärt, Werbeeinblendungen zu erhalten, um kein Entgelt für die
Nutzung des E-Mail-Dienstes zahlen zu müssen. Erforderlich ist vielmehr, dass der betroffene Nutzer vor einer Einwilligungserklärung klar und präzise über die genauen Modalitäten der Verbreitung einer solchen Werbung und insbesondere darüber informiert wird, dass Werbenachrichten in der Liste der empfangenen privaten E-Mails angezeigt werden.

BGH, Urteil vom 13. Januar 2022 - I ZR 25/19 - OLG Nürnberg - LG Nürnberg-Fürth

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Bundeskartellamt: Sektoruntersuchung zum Scoring beim Online-Shopping eingeleitet

Das Bundeskartellamt hat eine Sektoruntersuchung zum Scoring beim Online-Shopping eingeleitet.

Die Pressemitteilung des Bundeskartellamtes:
Bundeskartellamt leitet Sektoruntersuchung zum Scoring beim Online-Shopping ein

Das Bundeskartellamt hat eine verbraucherrechtliche Sektoruntersuchung zum „Scoring“ beim Online-Shopping eingeleitet. Hierbei geht es um die Vorgehensweisen von Händlern zur Überprüfung der Bonität, d. h. der Zahlungsfähigkeit von Verbraucherinnen und Verbrauchern beim Online-Shopping.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern ist nicht bewusst, dass ihre Bonität beim Online-Shopping unter Zuhilfenahme sogenannter Score-Werte geprüft wird, vor allem beim beliebten „Kauf auf Rechnung“. In unserer Sektoruntersuchung werden wir untersuchen, ob und in welcher Form die Online-Händler hierüber informieren, wie die Prüfungen ablaufen und welche Kriterien der Bonitätsprüfung eigentlich zugrunde liegen. Dabei beziehen wir Unternehmen ein, die für das Scoring relevant sein könnten, z.B. auch Wirtschaftsauskunfteien, die mit der Erstellung von Score-Werten einen wesentlichen Faktor für die Bonitätsprüfungen an die Online-Händler zuliefern.“

Bonitätsprüfungen dienen der Risikominimierung und sollen Vertragspartnern Aufschluss darüber geben, ob eine Person ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen kann. Grundlage für Bonitätsprüfungen bilden dabei häufig individuelle Score-Werte, die von Wirtschaftsauskunfteien unter Berücksichtigung personenbezogener Daten ermittelt werden und ausdrücken, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Käuferin oder ein Käufer die Rechnung bezahlen wird. Die Durchführung von Bonitätsprüfungen ist an enge datenschutzrechtliche Voraussetzungen, wie z. B. eine freiwillige Einwilligung der betroffenen Person, in die Datenverarbeitung geknüpft.

Die Praxis bei der Bestellung von Waren über den Online-Handel ist diesbezüglich uneinheitlich und in vielen Fällen für Verbraucherinnen und Verbraucher nicht ohne Weiteres nachvollziehbar. Transparenz- und Einwilligungsdefizite könnten Verbrau-cherrechtsverstöße auslösen.

Nach Vorgesprächen mit Expertinnen und Experten und Interessenvertretungen wird das Bundeskartellamt zeitnah schriftliche Befragungen von rund 50 ausgewähl-ten Online-Händlern und großen Wirtschaftsauskunfteien durchführen. Die Ergebnisse der Sektoruntersuchung werden nach Abschluss der Ermittlungen in einem Bericht veröffentlicht.

Die vorliegende Sektoruntersuchung Scoring beim Online-Shopping ist die sechste verbraucherrechtliche Sektoruntersuchung des Bundeskartellamts. Das Bundeskartellamt kann verbraucherrechtliche Verstöße feststellen, verfügt aber nicht über Befugnisse, etwaige Verstöße zu ahnden.



LG Stendal: Verstoß gegen § 7 UWG und Unterlassungsanspruch wenn Newsletter-Bestätigungsmail im Double-opt-in-Verfahren selbst Werbung enthält

LG Stendal
Urteil vom 12.05.2021
22 S 87/20


Das LG Stendal hat entschieden, dass ein Verstoß gegen § 7 UWG vorliegt und ein Unterlassungsanspruch besteht, wenn die Newsletter-Bestätigungsmail im Double-opt-in-Verfahren selbst Werbung enthält.

Aus den Entscheidungsgründen:
I. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch im tenorierten Umfang gemäß §§ 1004 Abs. 1 S. 2, 823 Abs. 1 BGB.

Gemäß § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB kann der Inhaber eines absoluten Rechtsguts im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB im Falle einer Beeinträchtigung des Rechtsguts gegen den Störer auf Unterlassung klagen, wenn weitere Beeinträchtigungen zu besorgen sind.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.

1. Durch die Zusendung der E-Mail, Anlage K 1, Bl. 9 d.A., an die nahezu ausschließlich geschäftlich genutzte E-Mail-Adresse des Klägers ":::::::::@web.de" am 23. Mai 2020 um 15:29 Uhr hat die Beklagte in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers rechtswidrig eingegriffen.

a) Der Zugang der E-Mail bei dem Kläger ist durch den von ihm vorgelegten Ausdruck der E-Mail, die als Empfänger die E-Mail-Adresse des Klägers im Adressfeld ausweist, zur Überzeugung der Kammer belegt. Es ist unstreitig, dass die Beklagte zum streitgegenständlichen Zeitpunkt E-Mails desselben Inhalts im Double-opt-in-Verfahren versandt hat. Dafür, dass es sich nicht um einen Ausdruck einer in diesem Verfahren von der Website der Beklagten generierten E-Mail, sondern um einen zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs eigenständig gefertigten Text handelt, fehlen konkrete Anhaltspunkte. Weder die allgemeine Lebenserfahrung noch die mehrfache Mandatierung des Prozessbevollmächtigten des Klägers in Unterlassungsklagen gegen Bestätigungsmails im Double-opt-in-Verfahren legen einen solchen Missbrauch nahe.

b) Die Zusendung der E-Mail stellt einen rechtswidrigen Eingriff in den Gewerbebetrieb des Klägers dar.

aa) Geschützt ist gemäß §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB nur der unmittelbare Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (vgl. Sprau in: Palandt, BGB, 79. Aufl., § 823 Rn 135 mwN). Ein solcher liegt bereits bei dem Zugang nur einer einzelnen unverlangt zugesendeten Werbe-E-Mail an einen Gewerbetreibenden vor.

Im Rahmen der Prüfung eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gemäß § 823 Abs. 1 BGB kommen zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen die Maßstäbe des § 7 UWG zur Anwendung (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 2017 -VI ZR 721/15, BeckRS 2017, 106320, Rn 15 mwN). Gemäß § 7 Abs. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung, durch die ein Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belä-stigt worden ist, unzulässig. Eine unzumutbare Belästigung ist gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG stets anzunehmen, wenn Werbung unter Verwendung elektronischer Post, ohne dass vorher eine ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt, versandt wird. Dabei sind Marktteilnehmer gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG neben Mitbewerbern und Verbrauchern alle Personen, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig sind, also auch der Consulting-Dienstleistungen erbringende Kläger (vgl. Bähr in: Münchener Kommentar zum Lauterkeitsrecht, 3. Aufl., § 2 Rn 198 ff (199)).

Gegenstand des Schutzes des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes ist die Verhinderung des Eindringens des Werbenden in die geschäftliche Sphäre, insbesondere die Ungestörtheit der Betriebsabläufe des sonstigen Marktteilnehmers. Es soll verhindert werden, dass dem Marktteilnehmer Werbemaßnahmen gegen seinen erkennbaren und mutmaßlichen Willen aufgedrängt werden. Verhindert werden soll darüber hinaus, dass die belästigende Werbung zu einer Bindung von Ressourcen des Empfängers führt. Unverlangt zugesendete E-Mail-Werbung erfolgt betriebsbezogen und beeinträchtigt den Betriebsablauf im Unternehmen des Empfängers. Das Verwenden von E-Mails mit unerbetener Werbung, die der Empfänger jeweils einzeln sichten muss und bei denen ein Widerspruch erforderlich ist, um eine weitere Zusendung zu unterbinden, führt zu einer nicht unerheblichen Belästigung (vgl. BGH aaO; BGH, Urteil vom 12. September 2013 -I ZR 208/12, juris, Rn 15; Urteil vom 20. Mai 2009 -I 218/07, juris). Zudem können, soweit kein festes Entgelt vereinbart ist, zusätzliche Kosten für die Herstellung der Online-Verbindung und die Übermittlung der E-Mail durch den Provider anfallen. Die Zusatzkosten für den Abruf einer einzelnen E-Mail können zwar gering sein. Auch der Arbeitsaufwand für das Aussortieren einer E-Mail kann sich in engen Grenzen halten, wenn sich bereits aus dem Betreff entnehmen lässt, dass es sich um Werbung handelt. Anders fällt die Beurteilung aber aus, wenn es sich um eine größere Zahl unerbetener E-Mails handelt oder wenn der Empfänger der E-Mail ausdrücklich dem weiteren Erhalt von E-Mails widersprechen muss (vgl. BGH, Urteil vom 12. September 2013 -I ZR 208/12-, juris, Rn 15). Mit der häufigen Übermittlung von Werbe-E-Mails ohne vorherige Einwilligung des Empfängers durch verschiedene Absender ist aber immer dann zu rechnen, wenn die Übermittlung einzelner E-Mails zulässig ist. Denn im Hinblick auf die billige, schnelle und durch Automatisierung arbeitssparende Versendungsmöglichkeit ist ohne Einschränkung der E-Mail-Werbung mit einem immer weiteren Umsichgreifen dieser Werbeart zu rechnen. Dies macht bereits die Zusendung einer einzelnen unverlangten Werbe-E-Mail unzulässig (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Mai 2009 -I ZR 218/07-, juris, Rn 12).

bb) Die streitgegenständliche E-Mail war rechtswidrig, da sie unverlangt zugesandte Werbung im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG enthält.

Zwar ist die Bestätigungsmail im Double-opt-in-Verfahren, bei dem nach einer Anmeldung mit einer E-Mail-Adresse das Unternehmen dem Anmeldenden eine Bestätigungsmail zur Verifizierung der Anmeldung schickt, unter Berücksichtigung der Wertungen des § 7 UWG zulässig (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 -I ZR 164/09, juris, Rn 37; BGH, Beschluss vom 16. August 2012 -I ZB 2/12, MMR 2013, 169). Denn die Bestätigungsmail dient dem schützenswerten Zweck, dass sich der Unternehmer des tatsächlich vorliegenden Einverständnisses des Anmeldenden in das nachfolgende Versenden von Werbung versichert. Mit dem Verfahren wird sichergestellt, dass es nicht auf Grund von Falscheingaben zu einer Versendung von E-Mail-Werbung ohne Einwilligung kommt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2011, aaO). Danach ist eine Bestätigungsmail im Double-opt-in-Verfahren auch dann zulässig, wenn sie einen Adressaten erreicht, der sich nicht bei dem werbenden Unternehmen angemeldet hatte (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 17. März 2016 -I-15 U 64/15, juris, Rn 17; OLG Celle, Urteil vom 15. Mai 2014 -13 U 15/14, juris, Rn 19; wohl auch OLG München, Urteil vom 23. Januar 2017 -21 U 4747/15, juris, Rn 8; Micklitz/Schirmbacher in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 4. Aufl., § 7 UWG, Rn 136; aA OLG München, Urteil vom 27. September 2012 -29 U 1682/12, juris, Rn 52).

Dies gilt selbstverständlich nur, wenn die Bestätigungsmail aus dem schützenswerten Motiv versandt wurde, aufgrund einer tatsächlich erfolgten Anmeldung mit einer E-Mail-Adresse zu verifizieren, ob diese dem Anmeldenden gehört. Eine missbräuchlich versendete Bestätigungsmail bleibt nach den Wertungen des § 7 UWG unzulässig. Einen solchen Missbrauch hat der Kläger vorliegend zwar behauptet, indem er in den Raum gestellt hat, die Beklagte habe E-Mail-Adressen angekauft, mithin die angekaufte streitgegenständliche E-Mail-Adresse selbst auf seiner Website eingegeben oder eingeben lassen, um eine an sich zulässige Bestätigungsmail zur werbenden erstmaligen Kontaktaufnahme mit dem Kläger zu nutzen. Es fehlen indes konkrete Anhaltspunkte, von einem solchen Missbrauch seitens der Beklagten auszugehen. Weder hat der Kläger solche dargetan noch sind sie sonst ersichtlich. Zwar mag es der Lebenswirklichkeit entsprechen, dass unlautere Werbemethoden zwar nicht die Regel, aber auch keine vernachlässigenswerte Ausnahme darstellen (vgl. BGH, aaO, Rn 30; Leible in: Münchener Kommentar zum Lauterkeitsrecht, 3. Aufl., § 7 UWG, Rn 174). Der von der Kammer persönlich angehörten Geschäftsführers der Beklagten hat vorliegend indes den Vorwurf der eigenen Eingabe von angekauften E-Mail-Adressen überzeugend zurückgewiesen und erklärt, außer im streitgegenständlichen Fall keine weiteren Abmahnungen erhalten zu haben, was gegen einen systematischen Missbrauch durch die Beklagte spricht.

Danach ist die streitgegenständliche E-Mail, soweit mit ihr zu einer Bestätigung einer Anmeldung auf der Website der Beklagten aufgefordert wird, zulässig. Da die E-Mail über die reine Aufforderung zur Bestätigung hinaus aufgrund der Verwendung des Logos sowie der Sätze "Welcome to ZzZzZzZzZ" und "Hast du Fragen zum Newsletter? Kontaktiere uns über: info@ZzZzZzZzZ.de" einen werbenden Inhalt hat, stellt sie aber einen rechtwidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Beklagten dar. Im Einzelnen:

Der Begriff der Werbung umfasst nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind. Damit ist außer der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch die mittelbare Absatzförderung -beispielsweise in Form der Imagewerbung oder des Sponsoring - erfasst. Werbung ist deshalb in Übereinstimmung mit Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2006/113/EG über irreführende und vergleichende Werbung jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern (vgl. BGH, Urteil vom 12. September 2013 -I ZR 218/12, Rn 17).

Gemessen an dieser weiten Definition des Begriffs Werbung hat die streitgegenständliche Bestätigungsmail werbenden Charakter. Ihr Inhalt geht über den einer zulässigen, schlichten Transaktionsmail hinaus; diese wird durch die Hinzufügung werbender Elemente unzulässig (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 2015 -VI ZR 134/15, Rn 19; Härting in: Härting, Internetrecht, 6. Aufl., Rn 2182; Dr. Ott, Anmerkung zu OLG München, Urteil vom 27. September 2012 -29 U 1682/12, VuR 2013, 99; aA Micklitz/Schirmbacher in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 4. Aufl., § 7 UWG, Rn 137, 173 f; Simon Apel/Steffen Henn, Automatisch generierte Bestätungs-E-Mails als unerlaubte Werbung?, K & R, 2016, 236 ff). Das Logo und der einladende Spruch "Welcome to ZzZzZzZzZ" sind geeignet, anders als durch eine bloße Absenderangabe auf die Marke "ZzZzZzZzZ" einprägsam aufmerksam zu machen und ein Absatz förderndes Kundeninteresse zu erzeugen. Dies hat der Geschäftsführer der Beklagten persönlich angehört indirekt bestätigt, indem er erklärt hat, durch das Weglassen des Logos und des Spruchs "Welcome to ZzZzZzZzZ" sei die Nachfrage nach den Newslettern zurückgegangen. Aber auch der Zusatz "Hast Du Fragen zum Newsletter? Kontaktiere uns über info@ZzZzZzZzZ.de" wirkt mittelbar Absatz fördernd, da mit ihm ein Service, der das Ziel der Kundengewinnung hat, angeboten wird. Diese werbende Wirkung ist umso größer bei einem Adressaten, der durch die Bestätigungsmail erstmals mit der Beklagten in Kontakt kommt, da die Eingabe seiner E-Mail-Adresse auf der Website der Beklagten nicht von ihm veranlasst wurde. Nach Sinn und Zweck des Double-opt-in-Verfahrens sind aber gerade solche Erstkontakte durch die Bestätigungsmail nicht auszuschließen. Darüber hinaus wird einer missbräuchlichen Generierung an sich zulässiger Bestätigungsmails nur dann nachhaltig Einhalt geboten, wenn ein strenger Maßstab an den zulässigen Inhalt der Bestätigungsmail angelegt wird. Ist keinerlei werbender Zusatz erlaubt, so entfällt auch der Anreiz für einen Missbrauch. Für einen strengen Maßstab spricht schließlich auch die gesetzgeberische Wertung in § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG. Danach gibt es keine Bagatellgrenze. Auch "ein bisschen" Werbung in einer E-Mail ist ohne vorherige Einwilligung schlicht unzulässig. Dies gilt unabhängig davon, ob der Adressat ein Verbraucher oder wie vorliegend Gewerbetreibender ist. Dem Gewerbetreibenden ist danach, um einem Umsichgreifen unzulässiger E-Mail-Werbung im Sinne des Gesetzgebers entgegenzuwirken, ein Unterlassungsanspruch wegen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb auch dann zuzugestehen, wenn er eine Bestätigungsmail im Double-opt-in-Verfahren erhält, die nur mit "dezenter" Werbung (vgl. Micklitz/Schirmbacher, aaO, Rn 174) ohne seine vorherige ausdrückliche Einwilligung versehen ist.

Eine Einwilligung des Klägers in die werbenden Elemente der Bestätigungsmail, die in einer von dem Kläger veranlassten Eingabe seiner E-Mail-Adresse auf der Website der Beklagten liegen könnte, hat die hierfür darlegungs- und beweisbelastete Beklagte vorliegend nicht nachgewiesen.

Da es sich bei der streitgegenständlichen E-Mail um Werbung im Sinne von § 7 UWG handelt, hat die Beklagte ferner in rechtswidriger Weise gegen § 7 Abs. 2 Nr. 4 b) UWG iVm § 6 Abs. 1 Nr. 2 TMG verstoßen, da keine ausreichende Identifizierbarkeit der werbenden Beklagten z.B. durch ein Impressum gegeben war.

2. Aufgrund vorangegangener rechtswidriger Beeinträchtigung ist eine Wiederholungsgefahr im Sinne von § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB zu vermuten (vgl. Herrler in: Palandt, BGB, 79. Aufl. § 1004 Rn 32 mwN). Diese Vermutung hat die Beklagte nicht widerlegt.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


EuGH: Inbox-Werbung durch Einblendung von Werbung durch den E-Mail-Dienst-Betreiber bedarf der Zustimmung des Nutzers - andernfalls unzulässige Werbung

EuGH
Urteil vom 25.11.2021
C-102/20
StWL Städtische Werke Lauf a.d Pegnitz


Der EuGH hat entschieden, dass die Inbox-Werbung durch Einblendung von Werbung durch den E-Mail-Dienst-Betreiber der Zustimmung des Nutzers bedarf. Andernfalls handelt es sich um unzulässige Werbung.

Die Pressemitteilung des EuGH:

Inbox advertising: Die Einblendung von Werbenachrichten in der E-Mail-Inbox in einer Form, die der einer tatsächlichen E‑Mail ähnlich ist, stellt eine Verwendung elektronischer Post für die Zwecke der Direktwerbung im Sinne der Richtlinie 2002/58 dar

Diese Nachrichten begründen eine Verwechslungsgefahr, die dazu führen kann, dass ein Nutzer, der auf die der Werbenachricht entsprechende Zeile klickt, gegen seinen Willen auf eine die betreffende Werbung enthaltende Internetseite weitergeleitet wird.

Die Städtische Werke Lauf a.d Pegnitz GmbH (im Folgenden: StWL) und die eprimo GmbH sind zwei miteinander im Wettbewerb stehende Stromlieferanten. Im Auftrag von eprimo schaltete eine Werbeagentur Werbeanzeigen, die in der Einblendung von Bannern in E‑Mail-Postfächern von Nutzern des kostenfreien E‑Mail-Dienstes T-Online bestanden.

Diese Nachrichten wurden eingeblendet, sobald die Nutzer des E-Mail-Dienstes ihre Inbox öffneten, wobei sowohl die betroffenen Nutzer als auch die eingeblendeten Nachrichten zufällig ausgewählt wurden (sog. „Inbox advertising“). Sie unterschieden sich optisch von der Liste der anderen E-Mails des Kontonutzers nur dadurch, dass das Datum durch die Angabe „Anzeige“ ersetzt war, dass kein Absender angegeben war und dass der Text grau unterlegt war. Die Betreffangabe des Listeneintrags enthielt einen Text zur Bewerbung vorteilhafter Preise für Strom und Gas.

StWL war der Ansicht, dass diese Werbepraxis, bei der elektronische Post ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten verwendet werde, gegen die Vorschriften über unlauteren Wettbewerb verstoße. Daher nahm StWL eprimo vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth (Deutschland) auf Unterlassung in Anspruch. Dieses Gericht gab der Klage von StWL statt und
verurteilte eprimo, eine solche Werbung zu unterlassen, da diese eine unzumutbaren Belästigung darstelle und irreführend sei.

Auf die von eprimo beim Oberlandesgericht Nürnberg (Deutschland) eingelegte Berufung stellte dieses Gericht fest, dass diese Werbemaßnahme keine wettbewerbsrechtlich unzulässige geschäftliche Handlung sei.

Der mit der von StWL eingelegten Revision befasste Bundesgerichtshof (Deutschland) ist der Auffassung, dass der Erfolg der Revision von der Auslegung des Unionsrechts abhänge, und hat dem Gerichtshof daher Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Er ersucht den Gerichtshof insbesondere, sich zu der Frage zu äußern, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen eine Praxis, bei der Werbenachrichten in der Inbox eines Nutzers eines E-Mail-Dienstes, der diesem Nutzer unentgeltlich zur Verfügung gestellt und durch die von den Werbekunden bezahlte Werbung finanziert wird, angezeigt werden, als mit den einschlägigen Bestimmungen der Richtlinien 2002/58 und 2005/291 vereinbar angesehen werden kann.

Der Gerichtshof weist erstens darauf hin, dass die Richtlinie 2002/58 u. a. darauf abzielt, die Teilnehmer gegen die Verletzung ihrer Privatsphäre durch unerbetene Nachrichten für Zwecke der Direktwerbung, insbesondere durch automatische Anrufsysteme, Faxgeräte und elektronische Post, einschließlich SMS, zu schützen. Dieses Ziel muss unabhängig von der zugrunde liegenden Technologie gewährleistet sein, weshalb ein weiter und aus technologischer Sicht entwicklungsfähiger Begriff der von dieser Richtlinie erfassten Art von Kommunikation geboten ist.

In Anbetracht der Modalitäten der Verbreitung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Werbenachrichten ist der Gerichtshof der Ansicht, dass eine solche Vorgehensweise eine Verwendung elektronischer Post darstellt, die geeignet ist, das Ziel, die Nutzer vor einer Verletzung ihrer Privatsphäre durch unerbetene Nachrichten für Zwecke der Direktwerbung zu
schützen, zu beeinträchtigen.

Zweitens ist der Gerichtshof der Auffassung, dass bereits die Art der Werbenachrichten, die die Bewerbung von Diensten zum Gegenstand haben, und der Umstand, dass sie in der Form einer E-Mail verbreitet werden, es erlauben, diese Nachrichten als „Nachrichten für die Zwecke der Direktwerbung“ einzustufen. Dem Umstand, dass der Adressat dieser Werbenachrichten nach dem Zufallsprinzip ausgewählt wird, kommt nach Ansicht des Gerichtshofs keinerlei Bedeutung zu; entscheidend ist, dass eine zu kommerziellen Zwecken vorgenommene Kommunikation vorliegt, die einen oder mehrere Nutzer von E-Mail-Diensten direkt und individuell erreicht.

Drittens stellt der Gerichtshof klar, dass die Verwendung elektronischer Post für die Zwecke der Direktwerbung unter der Voraussetzung gestattet ist, dass ihr Empfänger zuvor darin eingewilligt hat. Eine solche Einwilligung muss in einer Willensbekundung der betroffenen Person zum Ausdruck kommen, die ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt.

Der E-Mail-Dienst T-Online wird den Nutzern in Form zweier Kategorien von E-Mail-Diensten angeboten, nämlich zum einen eines unentgeltlichen E-Mail-Dienstes, der durch Werbung finanziert wird, und zum anderen eines entgeltlichen E-Mail-Dienstes ohne Werbung. Der Gerichtshof ist daher der Ansicht, dass der Bundesgerichtshof festzustellen haben wird, ob der betroffene Nutzer, der sich für die unentgeltliche Variante des E-Mail-Dienstes T-Online entschieden hat, ordnungsgemäß über die genauen Modalitäten der Verbreitung einer solchen Werbung informiert wurde und tatsächlich darin einwilligte, Werbenachrichten zu erhalten.

Viertens ist der Gerichtshof zwar der Ansicht, dass die Einblendung dieser Werbenachrichten in der Liste der privaten E-Mails des Nutzers den Zugang zu diesen E-Mails in ähnlicher Weise behindert wie dies bei unerbetenen E-Mails (auch als „Spam“ bezeichnet) der Fall ist, weist aber darauf hin, dass die Richtlinie 2002/58 nicht das Erfordernis vorschreibt, festzustellen, dass die Belastung des Nutzers über eine Belästigung hinausgeht. Zugleich stellt der Gerichtshof fest, dass eine solche Einblendung von Werbenachrichten dem Nutzer jedenfalls tatsächlich eine Belastung auferlegt.

Schließlich ist der Gerichtshof der Ansicht, dass ein Vorgehen, das darin besteht, in der Inbox eines Nutzers eines E-Mail-Dienstes Werbenachrichten in einer Form, die der einer tatsächlichen E-Mail ähnlich ist, einzublenden, unter den Begriff des „hartnäckigen und unerwünschten Ansprechens“ der Richtlinie 2005/29 fällt, wenn die Einblendung dieser Werbenachrichten zum einen so häufig und regelmäßig war, dass sie als „hartnäckiges“ Ansprechen eingestuft werden kann, und zum anderen bei Fehlen einer von diesem Nutzer zuvor erteilten Einwilligung als „unerwünschtes“ Ansprechen eingestuft werden kann.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


EuGH-Generalanwalt: Inbox-Werbung durch Einblendung von Werbung durch den E-Mail-Dienst-Betreiber bedarf der Zustimmung des Nutzers

EuGH-Generalanwalt
Schlussanträge vom 24.06.2021
C-102/20
StWL Städtische Werke Lauf a.d. Pegnitz GmbH gegen eprimo GmbH,
Beteiligte: Interactive Media CCSP GmbH


Der EuGH-Generalanwalt kommt zu dem Ergebnis, dass Inbox-Werbung durch Einblendung von Werbung durch den E-Mail-Dienst-Betreiber der Zustimmung des Nutzers bedarf.

Schlussanträge:

1. Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) in der durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Einblendung von Werbenachrichten in der Inbox eines Nutzers eines E‑Mail-Dienstes in einer Form, die der von E‑Mails ähnlich ist, und an derselben Stelle wie diese E‑Mails, eine „Verwendung … elektronischer Post für die Zwecke der Direktwerbung“ im Sinne dieser Bestimmung darstellt, wobei es insoweit ohne Bedeutung ist, dass die Empfänger dieser Nachrichten nach dem Zufallsprinzip bestimmt werden, und keine Belastung des Nutzers festgestellt werden muss, die über eine Belästigung hinausgeht. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob der Nutzer vor der Einblendung solcher Werbenachrichten in der Inbox seines E‑Mail-Kontos eine zumindest ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgte Einwilligung erteilt hat.

2. Der Begriff „hartnäckiges und unerwünschtes Ansprechen über … E‑Mail“ im Sinne von Nr. 26 des Anhangs I der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) ist dahin auszulegen, dass er Verhaltensweisen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden erfassen kann, die darin bestehen, dass in der Inbox eines Nutzers eines E‑Mail-Dienstes Werbenachrichten in einer Form, die der von E‑Mails ähnlich ist, und an derselben Stelle wie diese eingeblendet werden. Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, zum einen zu prüfen, ob die Einblendung dieser Werbenachrichten so häufig und regelmäßig war, dass sie als „hartnäckiges Ansprechen“ eingestuft werden kann, und zum anderen, ob die Einblendung dieser Nachrichten als „unerwünschtes Ansprechen“ eingestuft werden kann, wobei das Vorliegen oder Fehlen einer von diesem Nutzer vor der Einblendung erteilten Einwilligung und der von ihm geäußerte Widerspruch gegen ein solches werbliches Vorgehen zu berücksichtigen sind.

Die vollständigen Schlussanträge finden Sie hier:




Volltext BGH liegt vor: Unzulässige Klausel in Banken-AGB die Zustimmung des Kunden bei einer Änderung der AGB oder Sonderbedingungen der Bank fingiert

BGH
Urteil vom 27.04.2021
XI ZR 26/20
BGB § 307 Abs. 1 und 2, § 675g Abs. 2, § 305 Abs. 2, § 311 Abs. 1, §§ 145 ff.


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Unzulässige Klausel in Banken-AGB die Zustimmung des Kunden bei einer Änderung der AGB oder Sonderbedingungen der Bank fingiert über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

Die von einer Bank für eine Vielzahl von Vertragsverhältnissen vorformulierten Klauseln

a) "Künftige Änderungen dieser Geschäftsbedingungen und der besonderen Bedingungen werden dem Kunden spätestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens in Textform angeboten.
Hat der Kunde mit der Bank im Rahmen der Geschäftsbeziehung einen elektronischen Kommunikationsweg vereinbart (z.B. […] Online-Banking), können die Änderungen auch auf diesem Wege angeboten werden. Die Zustimmung des Kunden gilt als erteilt, wenn er seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen angezeigt hat. Auf diese Genehmigungswirkung wird ihn die Bank in ihrem Angebot besonders hinweisen.
Werden dem Kunden Änderungen von Bedingungen zu Zahlungsdiensten (z. B. Überweisungsbedingungen) angeboten, kann er den von der Änderung betroffenen Zahlungsdiensterahmenvertrag vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen auch fristlos und kostenfrei kündigen. Auf dieses Kündigungsrecht wird ihn die Bank in ihrem Angebot besonders hinweisen."

b) "Änderungen von Entgelten für Bankleistungen, die von Kunden im Rahmen der Geschäftsverbindung typischerweise dauerhaft in Anspruch genommen werden (zum Beispiel Konto- und Depotführung), werden dem Kunden spätestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens in Textform angeboten.
Hat der Kunde mit der Bank im Rahmen der Geschäftsbeziehung einen elektronischen Kommunikationsweg vereinbart (z.B. das Online-Banking), können die Änderungen auch auf diesem Wege angeboten werden. Die Zustimmung des Kunden gilt als erteilt, wenn er seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung angezeigt hat. Auf diese Genehmigungswirkung wird ihn die Bank in ihrem Angebot besonders hinweisen. Werden dem Kunden die Änderungen angeboten, kann er den von der Änderung betroffenen Vertrag vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen auch fristlos und kostenfrei kündigen. Auf dieses Kündigungsrecht wird ihn die Bank in ihrem Angebot besonders hinweisen. Kündigt der Kunde, wird das geänderte Entgelt für die gekündigte Geschäftsbeziehung nicht zugrunde gelegt.
Die vorstehende Vereinbarung gilt gegenüber Verbrauchern nur dann, wenn die Bank Entgelte für die Hauptleistungen ändern will, die vom Verbraucher im Rahmen der Geschäftsverbindung typischerweise dauerhaft in Anspruch genommen werden. Eine Vereinbarung über die Änderung eines Entgelts, das auf eine über die Hauptleistung hinausgehende Zahlung des Verbrauchers gerichtet ist, kann die Bank mit dem Verbraucher nur ausdrücklich vereinbaren."

sind im Verkehr mit Verbrauchern gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

BGH, Urteil vom 27. April 2021 - XI ZR 26/20 - OLG Köln - LG Köln

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Nachträgliche Erschöpfung des Markenrechts durch Zustimmung des Markeninhabers im Nachhinein

BGH
Urteil vom 25.03.2021
I ZR 37/20
myboshi
Verordnung (EG) Nr. 207/2009 Art. 13 Abs. 1; Verordnung (EU) 2017/1001 Art. 15
Abs. 1; MarkenG § 24 Abs. 1


Der BGH hat entschieden, dass eine nachträgliche Erschöpfung des Markenrechts durch Zustimmung des Markeninhabers im Nachhinein erfolgen kann.

Leitsätze des BGH:

a) Ein Inverkehrbringen im Sinne von § 24 Abs. 1 MarkenG durch eine Veräußerung der mit der Marke versehenen Ware an einen Dritten, der die Ware bereits in Besitz hat, kommt in Betracht, wenn die veräußerte Ware bei dem Dritten gesondert von der übrigen mit der Marke versehenen Ware gelagert und entsprechend markiert wird.

b) Die spätere Veräußerung der mit der Marke versehenen Ware durch die Lizenznehmerin an den Dritten, nachdem dieser die Ware weiterveräußert hat, kann nachträglich zur Erschöpfung des Markenrechts führen, weil der Markeninhaber seine Zustimmung nicht nur im Voraus (als Einwilligung), sondern auch im Nachhinein (als Genehmigung) erteilen kann.

BGH, Urteil vom 25. März 2021 - I ZR 37/20 - OLG München - LG München I

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



HmbBfDI verbietet Facebook personenbezogene Daten von WhatsApp zu eigenen Zwecken zu verarbeiten - auch sofortiger Vollzug angeordnet

Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (HmbBfDI) hat Facebook per Anordnung verboten, personenbezogene Daten von WhatsApp zu eigenen Zwecken zu verarbeiten. Es wurde auch der sofortige Vollzug angeordnet.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Anordnung des HmbBfDI: Verbot der Weiterverarbeitung von WhatsApp-Nutzerdaten durch Facebook

Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (HmbBfDI) hat eine Anordnung erlassen, die der Facebook Ireland Ltd. verbietet, personenbezogene Daten von WhatsApp zu verarbeiten, soweit dies zu eigenen Zwecken erfolgt. Der sofortige Vollzug wurde angeordnet. Dies erfolgt im Rahmen des Dringlichkeitsverfahrens der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), das den Erlass von Maßnahmen mit einer begrenzten Geltungsdauer im jeweiligen Hoheitsgebiet vorsieht.

Hintergrund des Verfahrens ist die Aufforderung an alle Nutzerinnen und Nutzer von WhatsApp, den neuen Nutzungs- und Privatsphärebestimmungen bis zum 15. Mai zuzustimmen. Damit lässt sich WhatsApp weitreichende Befugnisse für eine Datenweitergabe an Facebook einräumen.

Mit den neuen Bedingungen werden die Befugnisse zur Datenverarbeitung formal erneuert und künftig inhaltlich erweitert. Das betrifft u.a. die Auswertung von Standortinformationen, die Weitergabe von Kommunikationsdaten der Nutzer von Unternehmen auf WhatsApp an Drittunternehmen ausdrücklich mit Hinweis auf Facebook, den zusätzlichen Zweck der Sicherstellung der Integrität der Dienste sowie die unternehmensübergreifende Verifizierung des Accounts, um den Dienst auf „angemessene Weise“ zu nutzen. Ferner wird die Nutzung der Daten zur Verbindung mit Produkten von Facebook-Unternehmen eröffnet. Ein berechtigtes Interesse für die Datenverarbeitung bzw. für den Austausch der Daten wird künftig pauschal auch gegenüber minderjährigen Nutzern vorgebracht. Ferner fällt der bislang vorhandene Hinweis weg, dass WhatsApp-Nachrichten nicht für andere sichtbar auf Facebook geteilt werden.

Nach Auswertung des gegenwärtigen Sachstands und Anhörung der Facebook Ireland Ltd. fehlt für eine Verarbeitung durch Facebook zu eigenen Zwecken ungeachtet der von WhatsApp derzeit eingeholten Zustimmung zu den Nutzungsbedingungen eine ausreichende rechtliche Grundlage. Die Bestimmungen zur Datenweitergabe finden sich verstreut auf unterschiedlichen Ebenen der Datenschutzerklärung, sie sind unklar und in ihrer europäischen und internationalen Version schwer auseinanderzuhalten. Zudem sind sie inhaltlich missverständlich und weisen erhebliche Widersprüche auf. Auch nach genauer Analyse lässt sich nicht erkennen, welche Konsequenzen die Zustimmung für die Nutzerinnen und Nutzer hat. Ferner erfolgt die Zustimmung nicht aus freien Stücken, da WhatsApp die Einwilligung in die neuen Bestimmungen als Bedingung für die Weiternutzung der Funktionalitäten des Dienstes einfordert.

Datenschutzrechtliche Grundlagen, die eine eigenständige Verarbeitungsbefugnis durch Facebook begründen könnten, liegen vor diesem Hintergrund nicht vor. Insbesondere kann Facebook kein überwiegendes berechtigtes Interesse an der Verarbeitung der Daten von WhatsApp-Nutzerinnen und -Nutzern geltend machen, da deren Rechte und Freiheiten entgegenstehen. Die Zustimmung erfolgt weder transparent noch freiwillig. Das gilt in besonderer Weise für Kinder. Aus diesen Gründen kommt eine datenschutzrechtliche Einwilligung als Rechtsgrund nicht in Betracht. Die Verarbeitung der Daten der Nutzer von WhatsApp ist für Facebook auch nicht zur Durchführung eines Vertrages erforderlich.

Die Untersuchung der neuen Bestimmungen hat gezeigt, dass die enge Verbindung zwischen den beiden Unternehmen weiter ausgebaut werden soll, damit Facebook die Daten der WhatsApp-Nutzerinnen und -Nutzer jederzeit zu eigenen Zwecken verwenden kann. Für die Bereiche Produktverbesserung und Werbung behält sich WhatsApp die Weitergabe an Facebook-Unternehmen vor, ohne dass es hierzu noch einer Einwilligung der Betroffenen bedarf. In anderen Bereichen ist von einer Nutzung für eigene Zwecke nach Maßgabe der Datenschutzrichtlinie bereits derzeit auszugehen. Darin bzw. in den FAQ wird etwa beschrieben, dass für die Netzwerksicherheit und zur Verhinderung des Sendens von Spam bereits aktuell Daten der WhatsApp-Nutzer wie etwa Telefonnummern und Gerätekennungen zwischen den Unternehmen für gemeinsame Zwecke ausgetauscht werden. Eine Untersuchung der federführenden Aufsichtsbehörde über die tatsächliche Praxis der Datenweitergabe und -nutzung hat es bislang trotz unserer Aufforderung nicht gegeben.

Die Nutzerinnen und Nutzer werden von WhatsApp mit intransparenten Bedingungen für eine weitreichende Datenweitergabe konfrontiert. Gleichzeitig wird behauptet, die beschriebenen Verarbeitungen würden tatsächlich gar nicht ausgeführt, um sie dann zu einem späteren Zeitpunkt schrittweise auf Grundlage des auf Zustimmung der Nutzerinnen und Nutzer gegründeten Rechtsrahmens umzusetzen. Diese Strategie erfolgt gegenwärtig insbesondere bei der neu eingeführten Funktion des Business-Marketings, die es unter Einschluss von Facebook ermöglicht, zum Versenden von Direktwerbung und der Marketingkommunikation unternehmensübergreifend Daten zu verarbeiten. Insgesamt entspricht das Vorgehen sowohl mit Blick auf Datenverarbeitungen, die laut Datenschutzrichtlinie bereits derzeit ausgeführt werden, als auch solchen, die durch Facebook jederzeit umgesetzt werden können, nicht den Vorgaben der DSGVO.

Hierzu Johannes Caspar, Hamburgischer Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit: „Die Anordnung soll die Rechte und Freiheiten der vielen Millionen Nutzerinnen und Nutzer sichern, die deutschlandweit ihre Zustimmung zu den Nutzungsbedingungen geben. Es gilt, Nachteile und Schäden, die mit einem derartigen Black-Box-Verfahren verbunden sind, zu verhindern. Die Datenschutz-Skandale der letzten Jahre von „Cambridge Analytica“ bis hin zu dem kürzlich bekannt geworden Datenleck, von dem mehr als 500 Millionen Facebook-Nutzer betroffen waren, zeigen das Ausmaß und die Gefahren, die von einer massenhaften Profilbildung ausgehen. Das betrifft nicht allein die Privatsphäre, sondern auch die Möglichkeit, Profile zur Beeinflussung von Wählerentscheidungen einzusetzen, um demokratische Entscheidungen zu manipulieren. Die Gefahr ist angesichts von fast 60 Millionen Nutzerinnen und Nutzern von WhatsApp mit Blick auf die in Deutschland im September 2021 anstehenden Bundestagswahlen umso konkreter, da diese Begehrlichkeiten nach Beeinflussung der Meinungsbildung seitens der Anzeigekunden von Facebook wecken werden. Die nun erlassene Anordnung bezieht sich auf die Weiterverarbeitung von WhatsApp-Nutzerdaten und richtet sich an die Adresse von Facebook. Die weltweite Kritik gegen die neuen Nutzungsbedingungen sollte Anlass geben, den Zustimmungsmechanismus noch einmal grundlegend zu überdenken. Ohne Vertrauen der Nutzerinnen und Nutzer kann auf Dauer kein auf Daten gegründetes Geschäftsmodell erfolgreich sein.“

Aufgrund des beschränkten Zeitrahmens der Anordnung im Dringlichkeitsverfahren von lediglich drei Monaten wird der HmbBfDI eine Befassung durch den Europäischen Datenschutzausschuss (EDSA) beantragen, um eine Entscheidung auf europäischer Ebene herbeizuführen.