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VG Neustadt: Landesdatenschutzbeauftragter ist gegenüber Bürgern im Rahmen seiner Beratungs- und Informationstätigkeit nicht an Fristen gebunden

VG Neustadt
Beschluss vom 22.12.2015
4 K 867/15.NW


Das VG Neustadt hat entschieden, dass der Landesdatenschutzbeauftragte gegenüber Bürgern im Rahmen seiner Beratungs- und Informationstätigkeit nicht an Fristen gebunden ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

"1. Nach § 75 VwGO ist eine Untätigkeitsklage zulässig, wenn über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Hier fehlt es sowohl an einem Widerspruch des Klägers als auch an einem Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts. Denn der Kläger begehrte mit seinem Antrag vom 7. Oktober 2014 nicht den Erlass eines Verwaltungsakts im Sinne des § 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz – LVwVfG – i.V.m. § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG –.

Gemäß § 24 Abs. 8 Landesdatenschutzgesetz – LDSG – berät und informiert der LDI die Bürgerinnen und Bürger in Fragen des Datenschutzes und der Datensicherheit, insbesondere über die ihnen bei der Verarbeitung ihrer Daten zustehenden Rechte und über geeignete Maßnahmen des Selbstdatenschutzes. Nach § 29 Abs. 1 LDSG können Betroffene sich jederzeit unmittelbar an den LDI wenden, wenn sie der Ansicht sind, bei der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten in ihren Rechten verletzt worden zu sein. Diese Zugangsmöglichkeit zum LDI stellt, worauf der Beklagte zutreffend hingewiesen hat, eine besondere Ausprägung des Petitionsrechts nach Art. 11 LV dar. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass auf Petitionen und Dienstaufsichtsbeschwerden ergehende Bescheide keine Verwaltungsakte sind (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 1. September 1976 – VII B 101.75 –, NJW 1977, 118 m.w.N.; Bay. VGH, Beschluss vom 11. September 2000 – 12 ZC 00.2290 –, juris). Ein Petitionsbescheid regelt nichts mit unmittelbarer rechtlicher Außenwirkung, sondern stellt nur die tatsächliche Erfüllung der Verpflichtung aus Art 17 Grundgesetz – GG – bzw. Art. 11 LV dar. Nach der zuletzt genannten Vorschrift hat jedermann das Recht, sich mit Eingaben an die Behörden oder an die Volksvertretung zu wenden. Dieses Recht, das unabhängig von den gegen die Behördenentscheidungen eröffneten gerichtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten besteht (VerfGH RP, Beschluss vom 27. September 2002 – VGH B 21/02 –), beinhaltet nur den Anspruch des Grundrechtsträgers auf Entgegennahme seiner Petition, auf (sachliche) Befassung mit seiner Eingabe und auf Bescheidung der Eingabe, aus der ersichtlich wird, dass und mit welchem Ergebnis sie behandelt wurde (BVerfG, Beschluss vom 15. Mai 1992 – 1 BvR 1553/90 –, NJW 1992, 3033; BVerfG; Beschluss vom 26. März 2007 – 1 BvR 138/07 –, juris; Hess. VGH, Beschluss vom 20. März 2013 – 7 D 225/13 –, LKRZ 2013, 284). Art. 11 LV gewährt aber kein Recht auf Erledigung der Petition im Sinne des Petenten und auch keinen Anspruch darauf, Art und Umfang der sachlichen Prüfung der Petition einer gerichtlichen Kontrolle zu unterziehen (BVerfG, Beschluss vom 15. Mai 1992 – 1 BvR 1553/90 –, NJW 1992, 3033, VerfGH Rh-Pf, Beschluss vom 27. Juli 2001 – VGH B 11/01 – sowie Beschluss vom 4. Oktober 1999 – VGH B 9/99 –). Auch Art 19 Abs. 4 Satz 1 GG gebietet nicht die Zulassung von Anfechtungsklagen gegen ablehnende Petitionsbescheide oder Verpflichtungsklagen auf Erlass von positiven Petitionsbescheiden.

Ist die Untätigkeitsklage des Klägers daher von vornherein unstatthaft, muss sich das Gericht nicht mehr mit der Frage auseinander setzen, ob sich das diesbezügliche Verfahren mit Übersendung der Stellungnahme des Beklagten vom 11. September 2015 erledigt hat.


2. Auch wenn man das Begehren des Klägers als Leistungsklage auslegt, hat diese keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Kläger hat zwar einen mit der allgemeinen Leistungsklage durchsetzbaren Anspruch auf Erteilung eines informatorischen Bescheides über die Art und Weise der Erledigung seiner Petition (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25. März 2015 – 15 E 94/15 –, NVwZ-RR 2015, 544; Hess. VGH, Beschluss vom 20. März 2013 – 7 D 225/13 –, LKRZ 2013, 284; Brocker, in: Epping/Hillgruber, Beck'scher Online-Kommentar GG, Stand 1. September 2015, Art. 17 Rn. 29). Wie oben bereits ausgeführt, gewährt Art. 11 LV aber kein Recht auf Erledigung der Petition im Sinne des Petenten und auch keinen Anspruch darauf, Art und Umfang der sachlichen Prüfung der Petition einer gerichtlichen Kontrolle zu unterziehen. Denn dann erhielte das Petitionsrecht die Funktion einer Popularklage. Der Beklagte hat im Übrigen den Anspruch des Klägers auf Entgegennahme seiner Petition, auf sachliche Befassung mit seiner Eingabe und auf Bescheidung der Eingabe, aus der ersichtlich wird, dass und mit welchem Ergebnis sie behandelt wurde, spätestens mit am 11. September 2015 übersandten Schreiben erfüllt.


3. Die Klage hat schließlich auch dann keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn man das Begehren dahingehend auslegt, festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet war, innerhalb einer Frist von drei Monaten über den Antrag des Klägers vom 7. Oktober 2014 zu entscheiden.


Zum einen hat der Kläger weder ein besonderes Interesse für die Feststellung eines in der Vergangenheit liegenden Rechtsverhältnisses (z.B. Rehabilitationsinteresse, Wiederholungsgefahr oder tiefgreifender Grundrechtseingriff, vgl. Kopp/Schenke VwGO, 21. Auflage 2015, § 43 Rn. 25 und § 113 Rn. 136 ff.) dargetan noch ist ein solches Interesse für die Kammer ersichtlich. Infolgedessen ist eine solche Feststellungsklage schon unzulässig.

Zum anderen bestehen auch in der Sache keine Erfolgsaussichten für eine solche Klage. Der LDI ist im Rahmen seiner Beratungs- und Informationstätigkeit gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern in Fragen des Datenschutzes und der Datensicherheit nicht an gesetzliche Fristen gebunden. Es kommt daher auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an, innerhalb welcher Frist der LDI einen Petenten zu bescheiden hat (vgl. näher dazu, dass sich dem Grundgesetz keine allgemein gültigen Zeitvorgaben dafür entnehmen lassen, wann von einer unangemessenen Verfahrensdauer auszugehen ist BVerfG, Beschluss vom 8. Dezember 2015 – 1 BvR 99/11 – Vz 1/15 –, juris). Vorliegend gab der LDI, nachdem sich der Kläger mit seinem Begehren am 7. Oktober 2014 an die Dienststelle des LDI gewandt und um datenschutzrechtliche Überprüfung der Sparkasse ………., Filiale ……… gebeten hatte, dem Kläger schon nach nur neun Tagen eine datenschutzrechtliche Einschätzung zu den aufgeworfenen Fragen ab. Zugleich wies der LDI darauf hin, vor einer abschließenden Bewertung sei zunächst die Stellungnahme der Sparkasse einzuholen."

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