Bescheid Bundeskartellamt 2.9.2003 – B7 69/03 (Ebay: Verstoß Preisbindungsverbot)In dem Kartellordnungswidrigkeitenverfahren gegen ... hat die 7. Beschlussabteilung des Bundeskartellamtes am 2. September 2003 beschlossen: I. Dem Betroffenen wird zur Last gelegt, vorsätzlich gegen § 81 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. §§ 14, 21 Abs. 2, 22 Abs. 1 S. 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der ab 01. Januar 1999 geltenden Fassung (GWB) verstoßen zu haben, indem er sich als Verantwortlicher der Nebenbetroffenen an wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen über die Preisgestaltung von Waren der Nebenbetroffenen beteiligt hat, Dritten Nachteile angedroht hat, um sie zu einem unerlaubten Verhalten zu veranlassen sowie eine unzulässige Empfehlung an die Abnehmer derWaren der Nebenbetroffenen ausgesprochen hat, bei der Weiterveräußerung bestimmte Preise zu fordern. Dies betrifft folgende Sachverhalte: a) Drohung mit Einstellen der Belieferung gegenüber Händlern im [...], wenn diese die ebay- Händler nicht zur Einhaltung der Regeln über die Preisstruktur bei Internetverkäufen veranlassen; b) Drohung mit Einstellen der Belieferung gegenüber denjenigen ebay-Händlern, die sich nicht mit den Regeln über die Preisstruktur bei Internetverkäufen einverstanden erklärt haben, in mindestens 29 Einladungen vom [...]; c) Einigung über die Preisstruktur bei Internetverkäufen mit mindestens 18 ebay-Händlern bei einem Treffen am [...]; d) Aufforderung in per Post und per e-mail verschickten Schreiben am [...] an mindestens 28 Händler, bei denjenigen aufgelisteten ebay-Händlern, die sich nicht mit den Regeln einverstanden erklärt haben, eine deutliche Preisanpassung nach oben durchzusetzen oder diese nicht mehr zu beliefern; e) Empfehlung der Distributorenpreisliste 2003. 2. Es werden folgende Geldbußen festgesetzt: [...] II. Wenn dieser Verpflichtung nicht nachgekommen wird, kann das Oberlandesgericht Düsseldorf nach Ablauf einer Frist von zwei Wochen nach Eintritt der Fälligkeit auf Antrag des Bundeskartellamtes Erzwingungshaft anordnen (§§ 95 Abs. 1, 96 Abs. 1, 99 OWiG; §§ 83, 86 GWB). III. Als Beweismittel dienen die Unterlagen, die bei der Durchsuchung am [...] von dem Betroffenen freiwillig herausgegeben wurden (Asservate 1 bis 4), sowie die Einlassung des Betroffenen. IV. Begründung A. Die Nebenbetroffene produziert und vertreibt elektronische und akkutechnische Erzeugnisse, z.B. für batteriebetriebene Geräte (Ladegeräte/Netzgeräte, Akkus, Batterien, Zubehör, Mobiles Licht). Der Betroffene ist alleiniger Geschäftsführer [...] der Nebenbetroffenen. Er hat zumindest seit dem Jahr 2002 unterschiedliche Maßnahmen zur Einflussnahme auf die Preisgestaltung der Abnehmer der Waren der Nebenbetroffenen unternommen. Im Einzelnen wurden folgende Verstöße nachgewiesen: a) Im [...] 2002 (Blatt 9 des Asservats Nr. 1) und in einem weiteren Schreiben vom [...] (Blatt 10 des Asservats Nr. 1) schrieb die Nebenbetroffene ihre Händler an unter der Überschrift „Preisstabilität im Internet“. Darin wurden die adressierten Händler aufgefordert, bei Belieferung von sog. ebay-Händlern dafür zu sorgen, dass diese bei Verkauf von Waren der Nebenbetroffenen über das Internet im Wesentlichen folgende Bedingungen einhalten: Der Sofortkaufpreis ist der von den Nebenbetroffenen empfohlene Verkaufspreis. Ansonsten werde die Nebenbetroffene die adressierten Händler nicht mehr beliefern. Darin liegt ein nach § 21 Abs. 2 GWB verbotenes Veranlassen zu unerlaubtem Verhalten. Denn die Nebenbetroffene droht ihren Händlern Nachteile in Form von Lieferstop an, um sie dazu zu veranlassen, mit ihren Kunden – den „unwilligen“ ebay-Händlern – gegen § 14 GWB verstoßende Preisbindungsvereinbarungen zu treffen, da diese Bedingungen u.a. Mindestverkaufspreise enthalten. Der BGH wendet § 21 Abs. 2 GWB auch dann an, wenn ein Vertrag, an dem nicht der Einflussnehmende, sondern der Adressat des Einflusses beteiligt wäre, nach § 14 GWB unwirksam wäre (Langen/Bunte § 21 Rdnr. 66; BGH WuW 1737 „markt-intern“). b) Anfang [...] lud die Nebenbetroffene mindestens 29 ebay-Händler zu einem Treffen am [...] ein, bei dem die Einhaltung der Regeln für die Preisstruktur bei Internetverkäufen besprochen werden sollte. In den Einladungen an die ebay-Händler vom [...] (Blatt 12, 15 - 42 des Asservats Nr. 1) hat die Nebenbetroffene denjenigen ebay-Händlern, die sich nicht an die in den letzten Wochen und Monaten kommunizierte Preisstruktur halten, angedroht, sowohl von der Nebenbetroffenen selbst als auch von ihren Vertriebspartnern dauerhaft gesperrt zu werden und damit keine Produkte der Nebenbetroffenen mehr zu erhalten. Auch darin liegt ein nach § 21 Abs. 2 GWB verbotenes Veranlassen zu unerlaubtem Verhalten, indem die Nebenbetroffene diesen ebay-Händlern Nachteile in Form des Abbruchs bestehender Geschäftsbeziehungen androht, um sie dazu zu veranlassen, bei Internetverkäufen die u.a. Mindestverkaufspreise enthaltenden Regeln einzuhalten. Diese Einhaltung darf nach § 14 GWB nicht zum Gegenstand einer vertraglichen Bindung zwischen der Nebenbetroffenen und den ebay- Händlern gemacht werden. Hierin liegt der typische Fall des § 21 Abs. 2 GWB, in dem von einem Hersteller gegen Händler eine Liefersperre verhängt wird, um sie von einer Unterschreitung des vom Hersteller gewünschten Preises bei der Weiterveräußerung abzubringen (Langen/Bunte § 21 Rdnr. 60; BGH WuW/E 5053, 5059 m.w.N.). c) Am [...] hat dann ein Treffen in den Räumen der Nebenbetroffenen stattgefunden, an dem mindestens [...] der eingeladenen ebay-Händler (Teilnehmerliste Blatt 3 des Asservats Nr. 1) sowie Vertreter der Nebenbetroffenen teilnahmen. Bei diesem Treffen haben sich die Nebenbetroffene und die anwesenden ebay-Händler über die Preisstruktur bei Internetverkäufen geeinigt [...]. Mindestens [...] eBay-Händler, die nicht anwesend waren, haben im Vorfeld dem Treffen und den dort verabschiedeten Regeln zugestimmt (Blatt 3 des Asservats Nr. 1). Es wurden im Wesentlichen die oben unter a) dargestellten Regeln vereinbart. Diese Regeln sollten am [...] in Kraft treten. Eine Preisliste mit den Auktionsstartpreisen und den Sofortkaufpreisen wurde den ebay-Händlern übergeben [...]. Diese Regeln enthalten u.a. Mindestverkaufspreise. In der Einigung zwischen der Nebenbetroffenen und den ebay-Händlern liegt eine nach § 14 GWB verbotene Vereinbarung über Waren auf den deutschen Märkten für die betreffenden Produkte, die die ebay-Händler in der Freiheit der Gestaltung ihrer Preise bei Vereinbarungen mit ihren Abnehmern beschränken. d) In mindestens 28 per Post und per e-mail verschickten Schreiben am [...] (Bl. 13, 14 des Asservats 1; Asservat 4) forderte die Nebenbetroffene die adressierten Händler auf, bei denjenigen aufgelisteten ebay-Händlern, die sich nicht mit den Regeln einverstanden erklärt haben (Bl. 5 des Asservats 4), eine deutliche Preisanpassung nach oben durchzusetzen oder diese nicht mehr zu beliefern. Ansonsten werde sie den adressierten Händlern gegenüber ihre Preise erhöhen („die Preisanpassung nach oben über Sie durchführen“). Auch darin liegt ein nach § 21 Abs. 2 GWB verbotenes Veranlassen zu unerlaubtem Verhalten. Denn die Nebenbetroffene droht ihren Händlern Nachteile in Form von Preiserhöhungen an, um sie dazu zu veranlassen, mit ihren Kunden – den „unwilligen“ ebay-Händlern – ebenfalls gegen § 14 GWB verstoßende Preisbindungsvereinbarungen zu treffen. e) Empfehlung der Distributorenpreisliste 2003 Die Nebenbetroffene hat mittels der von ihr verteilten Distributorenpreisliste 2003 (Asservat 2) ihren Abnehmern Preise empfohlen, ohne diese ausdrücklich als unverbindlich zu kennzeichnen. Darin liegt ein Verstoß gegen § 22 Abs. 1 S. 2 GWB, wonach Unternehmen den Abnehmern ihrer Ware nicht empfehlen dürfen, bei der Weiterveräußerung an Dritte bestimmte Preise zu fordern. Diese Vorschrift verbietet sowohl die Empfehlung von Endverbraucher- als auch die von Händlerpreisen; Dritte können Endverbraucher, aber auch (Einzel-)Händler sein (Immenga/Mestmäcker GWB § 22 Rdnr. 33). Zwar gilt nach § 23 GWB unter bestimmten Voraussetzungen § 22 Abs. 1 GWB nicht in Bezug auf Markenwaren, die mit gleichartigen Waren anderer Hersteller im Preiswettbewerb stehen. Eine dieser Voraussetzungen ist jedoch, dass die Empfehlungen ausdrücklich als unverbindlich bezeichnet sind, was vorliegend nicht der Fall war. B. Der Betroffene und die Nebenbetroffene erhielten Gelegenheit, sich zu den erhobenen Vorwürfen zu äußern. Die Vorwürfe wurden vollumfänglich eingeräumt, erstmals bereits bei Ankündigung der Durchsuchung am [...]. C. 1. Die oben unter I. und IV. A. c) dargestellten Vereinbarungen mit den ebay-Händlern werden als mindestens 18 einzelne Taten nach § 14 GWB angesehen, die zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit i.S.v. § 20 OWiG stehen, da die Nebenbetroffene diese Vereinbarungen jeweils bilateral mit mindestens 18 Händlern abgeschlossen hat. Nach der Rechtsprechung des BGH zu § 1 GWB a.F. i.V.m. § 38 GWB a.F. (vgl. BGH, 19.12.1995, KRB 33/95) stellt jede neue Festlegung von Preisen, Quoten oder Kundenzuweisungen eine eigene Tat dar, da dies jeweils eine eigene Absprache bzw. Vereinbarung sei. Dagegen seien einzelne Handlungen, die zur Durchführung der selben Vereinbarung dienen, aufgrund des Begriffs des Hinwegsetzens zu einer Bewertungseinheit zu verbinden und stellten daher keine mehrfache Verletzung des gesetzlichen Tatbestands dar. Da bei § 14 GWB nicht wie bei § 1 GWB eine multilaterale Vereinbarung zwischen den Mitgliedern eines Kartells abgeschlossen wird, sondern einzelne Vereinbarungen zwischen dem Hersteller und den Händlern, ist vorliegend jede der Vereinbarungen zwischen der Nebenbetroffenen und dem jeweiligen ebay-Händler als einzelne Tat zu werten. Dementsprechend können auch die unter I. und IV. A. a), b), d) und e) dargestellten Verstöße gegen § 21 Abs. 2, 22 Abs. 1 S. 2 GWB grundsätzlich hinsichtlich jedes Unternehmens, welches Adressat der Druckausübung oder der Preisempfehlung war, als einzelne Taten angesehen werden. Bei b) wurde das betreffende Schreiben an mindestens 29 ebay-Händler versandt, bei d) an mindestens 28 Händler. Dagegen ist bei a) durch die vorhandenen Beweismittel nicht imeinzelnen belegt, an wie viele Kunden die entsprechenden Schreiben versandt wurden. Auch bei der Preisempfehlung unter e) ist nur die Annahme einer Tat möglich, da nicht genau belegt ist, an wie viele Abnehmer die Preisliste versandt wurde. Die oben unter I. und IV. A. a) bis e) dargestellten Verstöße stellen auch untereinander selbständige Gesetzesverstöße dar, die zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit i.S.v. § 20 OWiG stehen. Weder liegt eine natürliche noch eine rechtliche Handlungseinheit vor. Die Preisempfehlung unter e) ist bereits deshalb gesondert zu betrachten, weil es dabei um die gesamte Preisstruktur beim Verkauf von Produkten der Nebenbetroffenen, nicht nur über das Internet, ging. Die Handlungen unter a) bis d) dienten zwar letztendlich demselben Zweck, nämlich der Durchsetzung bestimmter Preisstrukturen im Internet. Dies geschah jedoch auf unterschiedliche Art und Weise. Den einzelnen Handlungen lagen unterschiedliche Willensentschlüsse, unterschiedliche Intensität, unterschiedliche Adressaten und unterschiedliche Schutzgüter zugrunde, die einzelnen Handlungen dienten nicht der Durchführung der selben Vereinbarung. Auch wurden unterschiedliche Tatbestände verwirklicht. Eine natürliche Handlungseinheit ist nicht gegeben, da die einzelnen Verhaltensweisen nicht in einem so unmittelbaren (räumlichen und zeitlichen) Zusammenhang stehen, dass das gesamte Tätigwerden bei natürlicher Betrachtungsweise objektiv als ein einheitlich zusammengefasstes Tun anzusehen ist. Auch eine rechtliche Handlungseinheit ist damit weder in Form der mehrfachen Verwirklichung eines Tatbestandes noch der sog. fortdauernden oder fortwährenden Handlung noch einer Dauerordnungswidrigkeit gegeben. 2. Der Betroffene hat sich als Geschäftsführer der Nebenbetroffenen als verantwortlich Handelnder vorsätzlich an den genannten Ordnungswidrigkeiten beteiligt, da er die Tatbestandsmerkmale wissend und wollend verwirklicht hat. Dagegen spricht nicht seine Einlassung, er sei sich nicht darüber bewusst gewesen, dass sein Verhalten verboten ist. An die Erkundigungspflichten eines Geschäftsführers sind hohe Anforderungen zu stellen (Immenga/Mestmäcker GWB vor § 81 m.w.N.), so dass diese Fehlbeurteilung allenfalls dazu führt, dass der Betroffene einem unbeachtlichen vermeidbaren Verbotsirrtum unterlag. 3. Durch die von dem Betroffenen begangenen Ordnungswidrigkeiten sind betriebsbezogene Pflichten der Nebenbetroffenen verletzt worden. Gegen sie war daher nach § 30 Abs. 1 OWiG ebenfalls eine Geldbuße festzusetzen. 4. Die Geldbußen sind innerhalb des Bußgeldrahmens nach § 80 Abs. 2 OWiG unter Beachtung von § 17 OWiG festgesetzt worden. Der Betroffene und die Nebenbetroffene haben selbst vorgetragen, dass ein wirtschaftlicher Vorteil für die Nebenbetroffene aus den begangenen Ordnungswidrigkeiten nicht eingetreten sei. Jedenfalls konnte ein solcher durch die Beschlussabteilung nicht festgestellt werden und wird daher nicht abgeschöpft. Bei der Bemessung der Geldbußen war zu Lasten des Betroffenen und der Nebenbetroffenen die Intensität, die Lückenlosigkeit und die Nachhaltigkeit der Maßnahmen zur Preisbindung zu berücksichtigen. Zu Gunsten des Betroffenen und der Nebenbetroffenen wurde berücksichtigt, dass bereits bei Ankündigung der Durchsuchung der Sachverhalt unverzüglich eingeräumt und erläutert und die relevanten Unterlagen freiwillig herausgegeben wurden, ebenso der vermeidbare Verbotsirrtum des Betroffenen. Weiterhin war zu berücksichtigen, dass am Tag nach der Durchsuchung Distributoren, Großhändler und ebay-Händler, die entsprechende Schreiben der Nebenbetroffenen erhalten haben, seitens der Nebenbetroffenen darüber informiert wurden, dass die Maßnahmen nicht durchgeführt werden sollen. Da die am [...] vereinbarten Regeln über die Preisstruktur bei Internetverkäufen und die damit zusammenhängenden Maßnahmen erst zum [...] starten sollten, sind die betreffenden Vereinbarungen noch nicht umgesetzt worden. Dies gilt jedoch nicht für die Maßnahmen, die die Nebenbetroffene im Jahr 2002 bzw. vor dem Treffen vom [...] veranlasst hat. 5. xxxIV. Rechtsbehelfbelehrung Dieser Bußgeldbescheid wird rechtskräftig und vollstreckbar, wenn kein Einspruch eingelegt wird. Der Einspruch kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bußgeldbescheids schriftlich oder zur Niederschrift beim Bundeskartellamt, Kaiser-Friedrich-Str. 16, 53113 Bonn, eingelegt werden. Die Frist ist nur gewahrt, wenn der Einspruch vor Fristablauf dort eingeht. Bei einem Einspruch entscheidet das Oberlandesgericht Düsseldorf aufgrund einer Hauptverhandlung über die Beschuldigung, wobei auch eine für den Betroffenen und/oder die Nebenbetroffene nachteiligere Entscheidung getroffen werden kann. Es kann jedoch auch durch Beschluss entscheiden, wenn der Betroffene beziehungsweise die Nebenbetroffene und die Staatsanwaltschaft diesem Verfahren nicht widersprechen. Weitere Aufsätze, Entscheidungen, Verordnungen und Gesetze finden sie hier Beckmann und Norda - Rechtsanwälte |