Vertrags- und arbeitsrechtliche Probleme beim Outsourcing
von Rechtsanwalt Marcus Beckmann und Rechtsanwältin Anke Norda

Die derzeitige wirtschaftliche Lage fordert Unternehmen zu immer weiteren Rationalisierungsmaßnahmen auf. Insbesondere personalintensive Arbeitsabläufe lassen sich angesichts gestiegener Sozialabgaben kaum noch finanzieren. Ein Ausweg besteht darin Leistungen durch einen externen Dienstleister erbringen zu lassen. Dieser kann durch die Bündelung von Kompetenzen und Ressourcen die vom Unternehmen benötigte Leistung qualitativ hochwertig und kostendeckend erbringen. Im Gegenzug werden eigene Kapazitäten freigesetzt und eine Konzentration auf die jeweiligen Kernkompetenzen ermöglicht. In rechtlicher Hinsicht sind beim Outsourcing sowohl im Verhältnis zum jeweiligen Dienstleister als auch zum Kunden einige Besonderheiten zu beachten. Ferner sind auch einige arbeitsrechtliche Aspekte eng mit dieser Thematik verbunden.

1. Vertragsverhältnis mit dem Kunden
Für den Kunden ändert sich durch die Auslagerung einzelner Arbeitprozesse zunächst nichts. Das Unternehmen haftet auch für die Leistungen des Dienstleisters. Ein Haftungsausschluss für die externen Dienstleister ist regelmäßig nicht oder nur in sehr engen Grenzen möglich. Denkbar ist eine Gestaltungsvariante, bei welcher dem Kunden die Arbeitsteilung offengelegt wird und der Kunde sowohl einen Vertrag mit dem Unternehmen als auch einen Vertrag mit dem Dienstleister über dessen Leistung abschließt. Allerdings scheitert diese Variante im Regelfall schon aus Gründen des Marketings. Der Kunde ist nicht am Abschluss einer Vielzahl von Einzelverträgen interessiert und verlangt nach einem einheitlichen Ansprechpartner. Je nach Art der Leistung kann sich die Frage stellen, ob das Unternehmen überhaupt berechtigt ist, Dritte zur Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten einzuschalten. Dies kann im Einzelfall zu schwierigen Abgrenzungsproblemen führen und sollte entsprechend geregelt werden.

2. Vertragsverhältnis mit dem Dienstleister
Wie bei der Auswahl des Dienstleisters muss das Unternehmen auch bei der Ausgestaltung des Outsourcing-Vertrages eine besonders große Sorgfalt walten lassen. Da es keinen gesetzlichen Vertragstypus „Outsourcing-Vertrag“ gibt und sich die Rechte und Pflichten nach Art der Leistungen stark unterscheiden können, ist die Ausarbeitung eines individuellen möglichst detaillierten Vertrages mit dem Dienstleister unbedingt erforderlich und dringend zu empfehlen. Dabei bietet es sich häufig an, das wesentliche Gerüst der Vertragsbeziehung in einem Rahmenvertrag festzuhalten und die Einzelaufträge in entsprechenden Einzelverträgen zu regeln. Neben Regelungen zur Haftung/Gewährleistung und zu den Zahlungsmodalitäten, sollte sich das Unternehmen die gewünschten Qualitätsmerkmale, technischen Normen, Zertifizierungen vertraglich zusichern lassen. Besonders wichtig ist eine möglichst genaue Leistungsdefinition und die Festlegung von Ausführungs- und Lieferfristen. Auf diese Weise wird der Rückgriff des Unternehmens erleichtert, wenn es seinerseits von seinen Kunden wegen mangelhafter Produkte oder schlechter bzw. verspäteter Leistung in Anspruch genommen wird. In diesem Zusammenhang kann dem Unternehmen auch ein entsprechender Freistellungsanspruch eingeräumt werden. Wird eine längerfristige Zusammenarbeit mit einem Dienstleister vereinbart, so muss sichergestellt werden, dass der Vertrag mit entsprechenden Anpassungs- und/oder Kündigungsklauseln ausgestattet ist. Nur so ist es möglich, dass die notwendige Flexibilität gewahrt wird und das Unternehmen auf Veränderungen des Marktes, den technischen Fortschritt und Kundenwünsche reagieren kann. Ein weiterer regelungsbedürftiger Punkt ist die Frage, ob der Dienstleister wiederum Dritte zur Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten einschalten darf. Besteht die Leistung in der Erstellung eines urheberrechtlich geschützten Werkes (z.B. Erstellung eines Firmenlogos durch einen externen Grafiker), so ist sicherzustellen dass dem Unternehmen bzw. dem Kunden die Nutzungs- und Verwertungsrechte an diesem Werk eingeräumt werden. Schließlich sollten Regelungen zur Geheimhaltung, ein Wettbewerbsverbot und eine Konkurrenzschutzklausel nicht fehlen. So kann verhindert werden, dass der Dienstleister sein erworbenes Wissen nutzt, um direkt mit den Kunden des Unternehmens Geschäftskontakte aufzubauen oder dies anderen Konkurrenten zu ermöglichen.

3. Arbeitsrechtliche Probleme
Schließlich treten beim Outsourcing regelmäßig spezielle arbeitsrechtliche Probleme auf, die mitunter nicht ausreichend oder nicht rechtzeitig beachtet werden. Zunächst muss überlegt werden, ob und wo Mitarbeiter besser eingesetzt werden können und sollen. Ist das Outsourcing mit dem Abbau von Arbeitsplätzen verbunden, so ist rechtzeitig über mögliche betriebsbedingte Kündigungen, den Abschluss von Aufhebungsverträgen und ggf. über die Ausarbeitung eines Sozialplans zu denken. Verfügt das Unternehmen über einen Betriebsrat, so muss das Unternehmen dessen Informations- und Mitbestimmungsrecht berücksichtigen. Der Betriebsrat ist daher bei Bestehen eines Mitbestimmungsrechts möglichst frühzeitig in die Überlegungen mit einzubeziehen. Bei Nichtbeachtung seiner Informations- und Mitbestimmungsrechte kann der Betriebsrat die Rationalisierungsmaßnahme stoppen und ggf. gerichtlich untersagen lassen. Ein weiterer wichtiger Aspekt, der gerade auch besondere Gefahren für den Dienstleister birgt, ist der sogenannte „Teilbetriebsübergang durch Funktionsübertragung“. Danach kann im Einzelfall bereits bei Übertragung einzelner betrieblicher Funktionen die Gefahr bestehen, dass die Arbeitsverhältnisse gemäß § 613a BGB vom Unternehmen auf den externen Dienstleister übergehen, wenn die Aufgaben der Mitarbeiter aufgrund der Funktionsübertragung weggefallen sind. Schließlich können sich auch Probleme unter dem Aspekt der Scheinselbständigkeit ergeben, wenn eine Einzelperson als Dienstleister in Anspruch genommen wird.



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