Das OLG Köln hat im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens entschieden, dass Meta Daten aus öffentlichen Profilen bei Facebook und Instagram für das KI-Training verwenden darf. Das Gericht sah insbesondere keinenn Verstoß gegen die Vorgaben der DSGVO und des DMA.
Die Pressemitteilung des Gerichts: Meta darf Daten aus öffentlich gestellten Nutzerprofilen für KI-Training verwenden
Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hat heute (23.05.2025) in einem Eilverfahren einen Antrag der Verbraucherzentrale NRW e.V. gegen den Mutterkonzern von "Facebook" und "Instagram" abgelehnt, mit dem eine Verarbeitung öffentlich gestellter Nutzerdaten ab der kommenden Woche verhindert werden sollte.
Im April 2025 kündigte die Meta Platforms Ireland Limited (nachfolgend: Meta) öffentlich an, ab dem 27.05.2025 personenbezogene Daten aus öffentlichen Profilen ihrer Nutzer zum Training von Künstlicher Intelligenz zu verwenden. Meta betreibt unter anderem die Dienste "Facebook" und "Instagram". Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V. ist ein qualifizierter Verbraucherverband. Sie geht mit ihrem Antrag vom 12.05.2025 auf Grundlage des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG) gegen Meta vor. Betroffen sind Daten von Verbrauchern und von Dritten in öffentlich gestellten Profilen, soweit die Nutzer keinen Widerspruch eingelegt haben.
Nach vorläufiger und summarischer Prüfung im Rahmen des am 12.05.2025 eingeleiteten Eilverfahrens liegt weder ein Verstoß von Meta gegen Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) noch gegen den Digital Markets Act (DMA) vor. Diese Einschätzung stimmt mit der aufsichtsrechtlichen Bewertung durch die für Meta zuständige irische Datenschutzbehörde überein. Diese führt wegen des Sachverhalts keine aufsichtsrechtlichen Maßnahmen durch und hat angekündigt, die Handlungen zu begleiten. Hinsichtlich der Daten, die von Nutzern nach Mitte des Jahres 2024 öffentlich gestellt wurden, sieht auch der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit die Verarbeitung als rechtlich möglich an. Er wurde in der mündlichen Verhandlung am 22.05.2025 angehört.
Die angekündigte Verwendung der Daten für KI-Trainingszwecke stellt sich bei vorläufiger Betrachtung auch ohne Einwilligung der Betroffenen als rechtmäßig im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Buchstabe f) DSGVO dar. Meta verfolgt mit der Verwendung zum Training von Systemen Künstlicher Intelligenz einen legitimen Zweck. Dieser Zweck kann nicht durch gleich wirksame andere Mittel, die weniger einschneidend wären, erreicht werden. Unzweifelhaft werden für das Training große Datenmengen benötigt, die nicht zuverlässig vollständig anonymisiert werden können. Im Rahmen der Abwägung der Rechte von Nutzern und Meta als Betreiberin überwiegen die Interessen an der Datenverarbeitung. Diese heutige Bewertung beruht unter anderem auf einer Stellungnahme des Europäischen Datenschutzausschusses (EDSA) aus Dezember 2024, welcher die Beklagte durch verschiedene Maßnahmen Rechnung getragen hat. Es sollen ausschließlich öffentlich gestellte Daten verarbeitet werden, die auch von Suchmaschinen gefunden werden. Der Umstand, dass große Mengen von Daten, auch von Dritten einschließlich Minderjährigen und auch sensible Daten im Sinne des Art. 9 DSGVO, betroffen sind, überwiegt bei der Abwägung nicht. Meta hat insoweit wirkungsvolle Maßnahmen ergriffen, welche den Eingriff wesentlich abmildern. Die geplante Verarbeitung wurde bereits im Jahre 2024 angekündigt. Die Nutzer wurden über die Apps und - soweit möglich - auf anderem Wege informiert. Sie haben die Möglichkeit, die Datenverarbeitung durch Umstellung ihrer Daten auf "nicht-öffentlich" oder durch einen Widerspruch zu verhindern. Die verwendeten Daten enthalten keine eindeutigen Identifikatoren wie Name, E-Mail-Adresse oder Postanschrift einzelner Nutzer.
Nach Ansicht des Senats liegt bei vorläufiger und summarischer Prüfung im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens auch kein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 2 DMA vor. Es fehlt bei vorläufiger rechtlicher Würdigung an einer "Zusammenführung" von Daten, weil Meta im Rahmen der beabsichtigten Vorgehensweise keine Daten aus Nutzerprofilen bei verschiedenen Diensten oder aus anderen Quellen im Hinblick auf einen einzelnen konkreten Nutzer kombiniert. Insoweit fehlt es an einschlägiger Rechtsprechung. Dem Senat war im Eilverfahren auch keine in der Rechtsgrundlage vorgesehene Kooperation mit der Europäischen Kommission möglich.
Das heutige Urteil ist in einem Eilverfahren infolge einer summarischen Prüfung ergangen. Es gelten hier abweichende rechtliche Anforderungen, insbesondere an die Beurteilung von streitigem Tatsachenvortrag. Die Parteien können ihre Rechte in einem gesonderten Hauptsacheverfahren wahrnehmen.
Das heute verkündete Urteil ist rechtskräftig. Die Revision zum Bundesgerichtshof findet nicht gegen Entscheidungen eines Oberlandesgerichts im einstweiligen Rechtschutz statt (§ 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Für Verfahren nach dem Unterlassungsklagengesetz sind die Oberlandesgerichte in erster Instanz zuständig. Die örtliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Köln folgt aus dem behaupteten Ort des drohenden Verstoßes gegen Verbraucherschutzgesetze (vergleiche § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UKlG).
Der BGH hat entschieden, dass die Entsperrung eines Mobiltelefons durch das zwangsweise Auflegen des Fingers des Beschuldigten von der Befugnisnorm § 81b Abs. 1 StPO gedeckt sein kann.
Leitsatz des BGH:
Der Versuch der Ermittlungsbehörden, Zugang zu den auf einem Mobiltelefon eines Beschuldigten gespeicherten Daten durch zwangsweises Auflegen von dessen Finger auf den Fingerabdrucksensor zu erlangen, ist von § 81b Abs. 1 StPO in Verbindung mit §§ 94 ff. StPO als
Ermächtigungsgrundlage jedenfalls dann gedeckt, wenn eine zuvor nach §§ 102, 105 Abs. 1
StPO richterlich angeordnete Durchsuchung gerade auch dem Auffinden von Mobiltelefonen
dient und der beabsichtigte Datenzugriff trotz seiner Eingriffsintensität verhältnismäßig ist.
BGH, Beschluss vom 13. März 2025 – 2 StR 232/24 – LG Köln
Das LG Nürnberg hat entschieden, dass ein Autohändler 20 Prozent Wertersatz erhält, wenn der Käufer sein Widerrufsrecht nach der Erstzulassung ausübt.
Aus den Entscheidungsgründen: 1. Bei der Berechnung zugrundezulegen ist dabei nach höchstrichterlicher Rechtsprechung der Händlerverkaufspreis.
Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 357a Abs. 1 BGB, wonach der Verbraucher Wertersatz für den Wertverlust der Ware zu leisten hat. Der Begriff Wertverlust bedeutet die Verringerung des materiellen Werts einer Sache. Der materielle Wert einer Sache drückt sich in ihrem Verkehrswert aus (Senat BGHZ 227, 253 = NJW 2021, 307 Rn. 41). Der Verkehrswert, für den der objektive Wert der Sache maßgeblich ist (Senatsurteil, Rn. 43), ist der Preis, den ein durchschnittlicher Empfänger auf dem für ihn maßgeblichen Ankaufsmarkt hätte zahlen müssen, um die Ware zu erlangen (BeckOGK/Mörsdorf, 1.6.2022, BGB § 357a Rn. 33; Hampe BKR 2021, 709 (710)). Dieser Preis ist für den Käufer eines Kraftfahrzeugs der Händlerverkaufspreis, weil für ihn der Markt der gewerblichen Kraftfahrzeugverkäufer maßgeblich ist. Hingegen hat für ihn der Händlereinkaufspreis keine Bedeutung, weil dieser den Wert beschreibt, den ein gewerblicher Kraftfahrzeughändler im Durchschnitt bereit ist, für den Ankauf eines vergleichbaren, gebrauchten Fahrzeugs zu bezahlen, und dieser Markt dem Verbraucher verschlossen ist (Hampe BKR 2021, 709 (710)).
Nach § 357a Abs. 1 Nr. 1 BGB schuldet der Verbraucher Wertersatz für einen Wertverlust der Ware, sofern der Wertverlust auf einen für die Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Ware nicht notwendigen Umgang mit der Ware zurückzuführen ist. In diesem Fall verliert der Verbraucher das Widerrufsrecht nicht, haftet aber für einen etwaigen Wertverlust der Ware. Damit soll der Wertersatzanspruch den Nachteil ausgleichen, den der Unternehmer dadurch erleidet, dass er die Ware nur zu einem reduzierten materiellen Wert zurückerhält, obwohl dieser Wertverlust auf einen für die Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren nicht notwendigen Umgang mit der Ware zurückzuführen ist. Aufgrund dieses Wertverlusts ist es dem Unternehmer nicht mehr möglich, die Ware zu dem objektiven Wert zu verkaufen, den die Ware hätte, wenn der Verbraucher nur einen für die Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Ware notwendigen Umgang mit der Sache vorgenommen hätte. Damit ist dem Unternehmer hinsichtlich des Gegenstands aufgrund des Wertverlusts zumindest teilweise die Gewinnmöglichkeit genommen, die ihm nach dem Regelungsziel des § 357 VII BGB aF (nunmehr § 357a Abs. 1 BGB) der Verbraucher zu ersetzen hat.
Ein Abstellen auf den objektiven Wert der Ware ohne Gewinnanteil ist nicht zur effektiven und zweckentsprechenden Gewährleistung des Rechts zum Widerruf geboten (vgl. OLG Stuttgart WM 2022, 771 = BeckRS 2021, 39566 Rn. 51). Denn eine gesetzliche Bestimmung, die den Verbraucher verpflichtet, den Wertverlust auszugleichen, der an der Kaufsache eingetreten ist, beeinträchtigt das Widerrufsrecht des Verbrauchers nicht. Mit § 357 VII BGB aF hat der nationale Gesetzgeber Art. 14 II RL 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.10.2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung RL 93/13/EWG des Rates und RL 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung RL 85/577/EWG des Rates und RL 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2011 L 304, 64) umgesetzt. Deren Erwägungsgrund 47 hebt ausdrücklich hervor, dass der Verbraucher zwar sein Widerrufsrecht nicht verlieren soll, wenn er die Ware in einem größeren Maß genutzt hat, als zur Feststellung ihrer Beschaffenheit, ihrer Eigenschaften und ihrer Funktionsweise nötig gewesen wäre, er aber für einen etwaigen Wertverlust der Ware haften soll, ohne dass diese Verpflichtung ihn allerdings davon abhalten soll, sein Widerrufsrecht auszuüben. Nähere Einzelheiten zur Bemessung des Wertverlusts sieht die Richtlinie nicht vor. Dass der Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abgehalten wird, wenn sich der Wertersatzanspruch im Ausgangspunkt nach dem Händlerverkaufspreis bemisst, ist indes nicht erkennbar und wird auch weder von der Anschlussrevision noch von der Gegenmeinung näher begründet. Gleiches gilt nunmehr auch für § 357a BGB.
Etwas anderes würde auch dem in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union verankerten gemeinsamen Grundsatz des Verbots der ungerechtfertigten Bereicherung zuwiderlaufen, der vom EuGH als einer der allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts anerkannt worden ist (vgl. EuGH ECLI:ECLI:EU:C:2020:530 = BeckRS 2020, 15223 Rn. 82 – Tschechische Republik/Kommission). Nach diesem Grundsatz hat eine Person, die einen Verlust erlitten hat, der zu einem Vermögenszuwachs bei einer anderen Person geführt hat, ohne dass ein gültiger Rechtsgrund für diese Bereicherung besteht, gegen den Bereicherten einen Herausgabeanspruch bis zur Höhe dieses Verlusts. Der Verbraucher wäre aber ungerechtfertigt bereichert, wenn er die Ware über einen für die Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise nicht notwendigen Umfang nutzt, den dadurch entstandenen Wertverlust aber nur teilweise ausgleichen müsste (BGH, Urteil vom 25.10.2022 – XI ZR 44/22; NJW 2023, 910 Rn. 60-69, beck-online).
2. Durch die Zulassung des KfZ ist ein erheblicher Wertverlust eingetreten, welcher mit 20% anzusetzen ist (BT-Drucksache 14/16040, S. 199). Die Höhe des Wertverlustes ist gemäß § 287 ZPO zu schätzen (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 2021, 49 Rn. 33; BKR 2021, 711 Rn. 65, beck-online).
Ein Wertersatzanspruch besteht auch bei einem nur unerheblichen Gebrauch der Sache, wenn dieser zur Prüfung nicht erforderlich war (Grüneberg BGB, 84. Auflage 2025, § 357a, Rn. 3). Auch die Höhe des Wertverlustes von 20% ist nicht zu beanstanden. Ein solcher ist sowohl in der Literatur als auch in der Rechtsprechung als angemessen angesehen worden. Anhaltspunkte hiervon abzuweichen, hat das Gericht nicht. Aus Sicht des Gerichts ist daher, auch mangels vorgetragener Anhaltspunkte, eine Schätzung durch das Gericht möglich. Ein Sachverständigengutachten war nicht zu erholen. Es erschließt sich dem Gericht nicht, warum ein Elektrofahrzeug einen geringeren Wertverlust durch die Erstzulassung erleiden sollte, als ein Verbrenner. Tragfähige Argumente hat die Klagepartei hierfür nicht vorgetragen. Das Gericht nimmt daher in Übereinstimmung mit der Literatur und Rechtsprechung einen solchen von 20% an.
Ein Kfz darf, wie im stationären Kfz-Handel üblich, über eine kurze Strecke Probe gefahren werden. Eine den Wert des Kfz erheblich mindernde dauerhafte Zulassung des Kfz hat in diesem Zusammenhang aber zu unterbleiben, weil die Probefahrt alternativ auf Privatgelände oder – naheliegender – unter Verwendung einer vorübergehenden Zulassung gem. § 16 FZV (rotes Kennzeichen) erfolgen kann (BeckOGK/Mörsdorf, 1.8.2024, BGB § 357a Rn. 20, beck-online). Vorliegend hat die Beklagte die Möglichkeit eröffnet, ein ähnliches Fahrzeug Probe zu fahren, wie der Fahrzeugbestellvertrag auf S. 2 (Anlage K1) zeigt.
Wenn der Kunde – wie vorliegend – hingegen zwecks Prüfung der Ware Maßnahmen ergreift, die ihm im stationären Handel nicht zur Verfügung stünden, verpflichtet ihn dies grundsätzlich zum Wertersatz (vgl. BGH, Urt. v. 12.10.2016 – VIII ZR 55/15, Rn. 21 ff. – juris). Dies ist im Fall einer Zulassung des Fahrzeugs zu bejahen, denn in diesem Fall stünde dem Kunden, hier dem Kläger, die Möglichkeit einer Probefahrt, jedoch nicht der Zulassung, zur Verfügung.
3. Die Beklagte hat den Kläger auch gemäß § 357a Abs. 1 Nr. 2 BGB ordnungsgemäß belehrt. Insbesondere ist eine konkrete Belehrung darüber, dass der Pkw durch die Zulassung einen Wertverlust erleidet, nicht erforderlich. Der Verbraucher muss jedoch deutlich und unmissverständlich darüber informiert werden, dass er im Fall des Widerrufs die durch die übermäßige Nutzung entstandene Verschlechterung zu ersetzen hat. Dabei genügt die Verwendung des Textes der Musterwiderrufsbelehrung, damit genügt der Unternehmer den gesetzlichen Anforderungen (Grüneberg, BGB, 84. Auflage 2025, § 357a, Rn. 4).
Die Beklagte hat den Text der Musterwiderrufsbelehrung verwendet, sodass sie ihren gesetzlichen Belehrungspflichten genügt und eine weitere Information nicht erforderlich war. Das Argument der Klagepartei, dass in der Widerrufsbelehrung geschrieben wird, dass bei Widerruf des Vertrags alle Zahlungen, die die Beklagte vom Kläger erhalten hat, einschließlich der Lieferkosten unverzüglich zurückzuzahlen sind, verfängt dabei nicht. Denn die Beklagte hat entsprechend des Textes der Musterwiderrufsbelehrung auf den Wertersatzanspruch hingewiesen.
4. Auch der vom Kläger angeführte, jedoch nicht nachgewiesene, Weiterverkauf des Fahrzeugs durch die Beklagte für einen Betrag von 43.400,00 € führt zu keiner anderen Beurteilung.
Selbst wenn man davon ausginge, dass die Beklagte das Fahrzeug zum genannten Preis weiterveräußert hat, spielt dies für die Wertersatzpflicht des Klägers keine Rolle.
Denn maßgeblich ist bei der Rückgabe des Fahrzeugs an die Beklagte der Händlereinkaufspreis. Entscheidend ist, dass es sich hierbei um den Preis handelt, zu dem der Verbraucher das Fahrzeug veräußern kann (OLG Schleswig BKR 2021, 708 Rn. 52; Müller-Christmann jurisPR-BKR 6/2022 Anm. 4). Dieser Preis stellt zu dem maßgeblichen Zeitpunkt der Rückgabe auch den Wert des Fahrzeugs für den Händler dar. Demgegenüber beinhaltet der Händlerverkaufspreis neben der Gewinnmarge, die auch die Allgemeinkosten des Händlers und seine Bemühungen um den Weiterverkauf des Fahrzeugs abdeckt (zB Erstellung der Verkaufsanzeigen, Zeitaufwand für Verkaufsgespräche und Probefahrten), auch die Kosten eines gewerblichen Händlers, die er vor einem Weiterverkauf zwecks besserer Verkäuflichkeit aufwendet, wie zB für die Aufbereitung des Fahrzeugs (Hampe BKR 2021, 709 (711)). Zudem ist der Preis bei Verkauf eines Gebrauchtwagens durch einen Händler schon deshalb höher, weil dem Käufer bei Fahrzeugerwerb von einem gewerblichen Händler Gewährleistungsrechte zustehen, die bei einem Kauf von einem Privatverkäufer regelmäßig ausgeschlossen werden (BGH, Urteil vom 25.10.2022 – XI ZR 44/22; NJW 2023, 910 Rn. 79, beck-online).
Das VG Hannover hat entschieden, dass ein Cookie-Banner / Cookie-Consent-Tool für technisch nicht notwendige Cookies eine "Alles ablehnen"-Schaltfläche enthalten muss.
Die dazugehörige Pressemitteilung des Landesbeauftragten für den Datenschutz Niedersachsen: Urteil zu manipulativem Cookie-Banner: „Alles ablehnen“-Schaltfläche ist ein Muss
Auf nahezu jeder Webseite im Internet werden Nutzerinnen und Nutzer beim Öffnen mit einem Einwilligungsbanner konfrontiert. Viele weisen eine Schaltfläche mit der Bezeichnung „Alle akzeptieren“ auf, die Nutzerinnen und Nutzer häufig anklicken werden, damit der Einwilligungsbanner verschwindet und der Inhalt der Webseite gelesen werden kann. Mit diesem Klick wird allerdings die Erlaubnis erteilt, dass unter Umständen sehr viele Cookies und andere Trackingtechnologien eingesetzt werden, um detaillierte Nutzerprofile zu generieren und in Echtzeit personalisierte Werbung auf der Webseite auszuspielen.
Der Landesbeauftragte für den Datenschutz in Niedersachsen setzt sich seit vielen Jahren gegen manipulativ gestaltete Einwilligungsbanner und für wirksame – insbesondere informierte und freiwillige – Einwilligungen ein. Das Verwaltungsgericht Hannover hat mit Urteil vom 19. März 2025 die Rechtsauffassung der Datenschutzaufsichtsbehörde Niedersachsen bestätigt und die Rechte von Internetnutzerinnen und -nutzern in Sachen Datenschutz gestärkt: Webseitenbetreiber müssen bei Cookie-Einwilligungsabfragen eine gut sichtbare „Alles ablehnen“-Schaltfläche auf der ersten Ebene im Einwilligungsbanner anbieten, wenn es eine „Alle akzeptieren“-Option gibt. Einwilligungsbanner dürften nicht gezielt zur Abgabe der Einwilligung hinlenken und von der Ablehnung der Cookies abhalten, so das Verwaltungsgericht Hannover in seiner Urteilsbegründung. Andernfalls seien die derart eingeholten Einwilligungen unwirksam, was einen Verstoß gegen das Telekommunikation-Digitale-Dienste-Datenschutz-Gesetz sowie die Datenschutz-Grundverordnung darstellt.
Hintergrund des Verfahrens war eine Anordnung des Landesbeauftragten für den Datenschutz Niedersachsen (LfD) gegenüber einem niedersächsischen Medienhaus. Dieses hatte Cookie-Einwilligungen mittels eines Banners eingeholt – ohne Nutzerinnen und Nutzern eine echte Wahlmöglichkeit zu bieten.
Gericht erkennt mehrere Verstöße
Das Verwaltungsgericht kritisierte die Aufmachung und Gestaltung des Cookie-Banners in mehrerer Hinsicht:
das Ablehnen von Cookies war deutlich umständlicher als das Akzeptieren,
Nutzerinnen und Nutzer wurden durch ständige Banner-Wiederholungen zur Einwilligung gedrängt,
die Überschrift „optimales Nutzungserlebnis“ und die Beschriftung „akzeptieren und schließen“ auf dem Schließen-Button waren irreführend,
der Begriff der „Einwilligung“ fehlte vollständig,
die Zahl der eingebundenen Partner und Drittdienste war nicht ersichtlich und
Hinweise auf das Recht zum Widerruf der Einwilligung und eine Datenverarbeitung in Drittstaaten, außerhalb der EU waren erst nach Scrollen sichtbar.
Das Gericht erkannte, dass Nutzerinnen und Nutzer keine informierte, freiwillige und eindeutige Einwilligung gegeben hatten, wie es die DSGVO verlangt.
Dazu der Landesbeauftragte für den Datenschutz in Niedersachsen, Denis Lehmkemper: „Die allermeisten Menschen sind vermutlich von Cookie-Bannern genervt. Diese erfüllen jedoch eine wichtige Funktion für die Aufrechterhaltung der Privatsphäre im Internet. Genau deshalb setzen sich die Datenschutz-Aufsichtsbehörden für eine echte Wahlmöglichkeit bei der Gestaltung der Banner ein. Diese Wahlmöglichkeit wird von vielen Webseitenbetreibern bisher jedoch nicht umgesetzt. Ich hoffe, das Urteil sendet ein Signal an möglichst viele Anbieter und trägt so dazu bei, datenschutzkonforme Einwilligungslösungen umzusetzen.“
LG Frankfurt
Beschluss vom 11.04.2025 2-06 O 11/25
Das LG Frankfurt hat sich vorliegend mit der Auslegung eines Unterlassungstenors befasst und entschieden, dass eine fehlende deutsche Bedienungsanleitung nicht mit einer unzureichenden deutschen Bedienungsanleitung gleichzusetzen ist. Das Gericht verneint einen kerngleichen Verstoß.
Aus den Entscheidungsgründen: Der Antrag auf Verhängung eines Ordnungsmittels gemäß § 890 Abs. 1 ZPO ist unbegründet.
1. hat der im der Kammer vom 15.01.2025 auferlegten Unterlassungsverpflichtung nicht – auch nicht unter Einbeziehung ihres Verbotskerns – zuwidergehandelt.
a. Ob ein beanstandetes Verhalten von einem gerichtlichem Unterlassungsgebot erfasst wird, hat das für die Zwangsvollstreckung nach § 890 ZPO zuständige Prozessgericht durch Auslegung des Vollstreckungstitels zu beurteilen. Die Auslegung hat vom Tenor der zu vollstreckenden Entscheidung auszugehen. Erforderlichenfalls sind ergänzend die Entscheidungsgründe und die Antrags- oder Klagebegründung heranzuziehen. Umstände, die außerhalb des Titels liegen, sind bei der Auslegung wegen der Formalisierung des Vollstreckungsverfahrens grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Insbesondere ist es ohne Bedeutung, welche sachlich-rechtlichen Ansprüche der Gläubigerin zustehen (BGH, GRUR 2023, 1788 Rn. 14; vgl. BGH, GRUR 2023, 839 Rn. 9; BGH, GRUR 2017, 208 Rn. 35 – Rückruf von RESCUE-Produkten; BVerfG, GRUR 2022, 1089 Rn. 19; jew. mwN).
Das in einem Unterlassungstitel ausgesprochene Verbot erfasst über die mit der verbotenen Form identischen Handlungen hinaus auch im Kern gleichartige Abwandlungen, in denen das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommt. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die kerngleichen Verletzungshandlungen in das Erkenntnisverfahren und die Verurteilung einbezogen wurden. Die Kerntheorie erlaubt es nicht, die Vollstreckung aus einem Unterlassungstitel auf Umstände zu erstrecken, die nicht Gegenstand des vorhergehenden Erkenntnisverfahrens gewesen sind. Eine weitergehende Titelauslegung ist im Hinblick auf den Sanktionscharakter der Ordnungsmittel des § 890 ZPO und das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot unstatthaft (BGH, GRUR 2023, 1788 Rn. 14, 21 m.w.N.; OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 10.05.2024 – 6 W 44/24, GRUR-RS 2024, 19883 Rn. 13). Demgegenüber beschränkt sich die Kerntheorie darauf, ein im „Kern“ feststehendes und bei dessen sachgerechter Auslegung auch eine abweichende Handlung bereits umfassendes Verbot auf Letztere anzuwenden (BGH, GRUR 2014, 706 Rn. 11 ff. – Reichweite des Unterlassungsgebots).
Dies gilt auch dann, wenn das Verbot auf die konkrete Verletzungsform beschränkt ist. Kern der konkreten Verletzungsform sind dabei die Elemente, die eine Verhaltensweise zur Verletzungshandlung machen, also das, was für den Unrechtsgehalt der konkreten Verletzungsform rechtlich charakteristisch ist und ihre Rechtswidrigkeit begründet (OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 10.05.2024 – 6 W 44/24, GRUR-RS 2024, 19883 Rn. 12 m.w.N.). Sind in der Entscheidungsformel bestimmte Verletzungsformen angeführt, so sind danach nur solche Handlungen verboten, die auch hinsichtlich ihrer Gestaltung im Kern den aufgeführten Verletzungsformen gleichgesetzt werden können (LG München I, Urt. v. 20.05.2020 – 7 O 1245/20, GRUR-RS 2020, 12124 Rn. 24). Insoweit muss jedenfalls bei einer im Wortlaut und inhaltlich geänderten Werbung, bei der die Frage der Irreführung neu bzw. auf dieser Grundlage erstmals geprüft werden muss und bei der davon auszugehen ist, dass sie nicht – auch nicht gedanklich – Gegenstand des ursprünglichen Erkenntnisverfahrens war, eine Prüfung unterbleiben und dem Erkenntnisverfahren vorbehalten bleiben (vgl. OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 10.05.2024 – 6 W 44/24, GRUR-RS 2024, 19883 Rn. 17 ff.).
b. Im Streitfall hat die Kammer der Schuldnerin untersagt, Küchenmaschinen auf dem deutschen Markt bereitzustellen und/oder bereitstellen zu lassen, ohne eine Gebrauchs- und Bedienungsanleitung für das Produkt in deutscher Sprache mitzuliefern und/oder mitliefern zu lassen. Zur Begründung der – im Umkehrschluss aus § 922 Abs. 1 S. 2 ZPO grundsätzlich nicht zwingend mit einer Begründung zu versehenden – einstweiligen Verfügung hat die Kammer auf die Begründung der Antragsschrift sowie §§ 3, 3a UWG i.V.m. § 3 Abs. 4, § 6 Abs. 5 ProdSG Bezug genommen.
Gemäß § 3 Abs. 4 ProdSG ist bei der Bereitstellung eines Produkts auf dem Markt eine Gebrauchs- und Bedienungsanleitung für das Produkt in deutscher Sprache mitzuliefern, wenn bei der Verwendung, Ergänzung oder Instandhaltung eines Produkts bestimmte Regeln zu beachten sind, um den Schutz der Sicherheit und Gesundheit von Personen zu gewährleisten. § 6 Abs. 5 ProdSG erstreckt diese Verpflichtung auf den Händler.
c. In Anwendung der oben genannten Grundsätze ist vom Beschluss der Kammer vom 15.01.2025 der Vertrieb von Küchenmaschinen mit einer Bedienungsanleitung wie in Anlage ASt5 zum Ordnungsmittelantrag, die möglicherweise den Anforderungen von § 3 Abs. 4 ProdSG nicht genügt, nicht erfasst.
Wie oben dargestellt, ist bei der Prüfung, ob ein Unterlassungstitel ein Verhalten des Schuldners erfasst oder nicht, gerade nicht darauf abzustellen, ob dem Gläubiger materiell-rechtlich ein Anspruch auf Unterlassung zusteht oder nicht. Es geht vielmehr lediglich darum, ob das mit dem Ordnungsmittelantrag angegriffene Verhalten das Charakteristische der ursprünglich angegriffenen und mittels des Unterlassungstitels untersagten Verhaltens enthält.
Hier wendet sich die Gläubigerin dagegen, dass die Schuldnerin dem Produkt eine Bedienungsanleitung in deutscher Sprache beilegt, die nach ihrer Auffassung den Anforderungen von § 3 Abs. 4 ProdSG inhaltlich nicht genügt. Sie untermauert dies damit, dass eine nicht den Anforderungen des § 3 Abs. 4 ProdSG genügende Bedienungsanleitung lediglich eine „Alibi-Dokumentation“ darstelle (vgl. Klindt, ProdSG, 3. Aufl. 2021, § 3 Rn. 47). § 3 Abs. 4 ProdSG sei nicht schon durch die formale Existenz einer Bedienungsanleitung in deutscher Sprache erfüllt.
Der Gläubigerin ist zuzugeben, dass eine den Anforderungen von § 3 Abs. 4 ProdSG nicht genügende Bedienungsanleitung einen Verstoß gegen diese Norm und damit ein nach §§ 3, 3a UWG unlauteres Verhalten darstellt. Die Kammer hat im hiesigen Eilverfahren vor Erlass der einstweiligen Verfügung vom 15.01.2025 nach dem Vortrag der Gläubigerin, auf die die Kammer Bezug genommen hat, jedoch lediglich geprüft, ob dem Produkt überhaupt eine Bedienungsanleitung in deutscher Sprache beilag. Ob eine solche auch inhaltlich den Anforderungen von § 3 Abs. 4 ProdSG genügte, hat die Kammer hingegen nicht – auch nicht gedanklich – geprüft und auch nicht prüfen können. Dementsprechend stellt das Charakteristische der verbotenen Handlung den Vertrieb ohne Bedienungsanleitung in deutscher Sprache dar.
Es kann – ohne dies unter Zugrundelegung von § 3 Abs. 4 ProdSG inhaltlich näher zu prüfen – im vorliegenden Fall auch nicht davon ausgegangen werden, dass das nunmehr angegriffene Verhalten sich so darstellt, als läge dem Produkt überhaupt keine Bedienungsanleitung bei und es damit vom Verbotskern noch umfasst sei. Die dem Produkt beigefügte Beilage enthält die Überschrift „Deutsche Sicherheitshinweise und Benutzerhandbuch“ und umfasst – jedenfalls formal – „Wichtige Hinweise zur Nutzung der [Name des Herstellers] Original Küchenmaschine“ sowie Angaben zu Aufstellung, Service, Anwendung, Sicherheit, Reinigung und zur Nutzung von Zubehör. Diese Angaben erfolgen jeweils in deutscher Sprache. Ein Verstoß gegen das Charakteristische, vom Unterlassungstenor des Beschlusses erfasste Verhalten, liegt daher nicht vor, unabhängig davon, ob die Beilage gemäß Anlage ASt5 den Anforderungen von § 3 Abs. 4 ProdSG genügt oder nicht.
Das OLG Hamburg hat entschieden, dass ein Online-Shop nicht zwingend eine Bestellung als Gast per Gastzugang ohne Kundenaccount anbieten muss.
Aus den Entscheidungsgründen: a. Dem Kläger steht gegen die Beklagte der mit dem Antrag zu 1.a) im Berufungsrechtszug geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 13 UKlaG i.V.m. Art. 5 Abs. 1 lit. c) DSGVO nicht feststellbar zu. Denn der Kläger kann von der Beklagten nicht mit Erfolg verlangen, es gemäß dem gestellten Antrag im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern zu unterlassen, Waren oder Dienstleistungen im Onlinehandel auf ihrer Website www.......de anzubieten, ohne Verbrauchern einen Gastzugang, also einen Zugang, der auf eine dauerhafte Registrierung unter Angabe von Registrierungsdaten verzichtet und über den nur die zur Durchführung des Vertrages und zur Erfüllung gesetzlicher Pflichten erforderlichen personenbezogenen Daten der Verbraucher erfasst werden, für die Bestellung bereitzustellen, wenn dies erfolgt wie im Antrag zu 1.a) nachfolgend dargestellt.
aa. Der Antrag des Klägers muss bereits deshalb erfolglos bleiben, weil von der Beklagten nicht mit Erfolg - wie allerdings mit dem Antrag zu 1.a) geschehen - verlangt werden kann, einen Zugang einzurichten, über den nur die zur Durchführung des Vertrages und zur Erfüllung gesetzlicher Pflichten erforderlichen personenbezogenen Daten der Verbraucher erfasst werden, nicht aber personenbezogene Daten, deren Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen. Die Verarbeitung ist gemäß Art. 6 DSGVO nicht nur in den vom Kläger zugestandenen Fällen des Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. b) und c) DSGVO rechtmäßig, sondern insbesondere auch im Falle des Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f) DSGVO zur Wahrung berechtigter Interessen des Verantwortlichen. Dies kann der Kläger der Beklagten mit dem Antrag zu 1.a) nicht erfolgreich absprechen.
Eine entsprechende Einschränkung des begehrten Verbots kann vorliegend nicht tenoriert werden. Denn, wie ausgeführt, hat der Kläger hier gerade bestimmt, wie ein Zugang genau einzurichten ist. Eine abweichende Gestaltung hält sich nicht mehr im Rahmen dieses Antrags. Dementsprechend kommt es hier auch auf den Streit der Parteien, ob die Beklagte im Rahmen des Bestellvorgangs hinreichend deutlich über Zweck und Inhalt des Kundenkontos aufkläre, nicht entscheidend an. Auch diesen Vorwurf hat der Antrag zu 1.a) nicht zum Gegenstand.
bb. Unabhängig davon ist, wie bereits vom Landgericht Hamburg in der angefochtenen Entscheidung im Einzelnen ausgeführt worden ist, ein der Beklagten anzulastender Verstoß gegen den Grundsatz der Datenminimierung nicht zu erkennen. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen vollen Umfangs auf die Ausführungen des Landgerichts im Urteil vom 22.02.2024 Bezug genommen. Ergänzend ist insoweit im Hinblick auf das Berufungsvorbringen Folgendes auszuführen:
aaa. Der Kläger zählt als Verbraucherverband allerdings zu den anspruchsberechtigten Stellen gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UKlaG. Er ist in die Liste qualifizierter Einrichtungen im Sinne von § 4 UKlaG beim Bundesamt für Justiz eingetragen (vgl. Anlage K 1, dort Nr. 63).
bbb. Nach § 2 Abs. 1 S. 1 UKlaG kann im Interesse des Verbraucherschutzes auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer in anderer Weise als durch Verwendung oder Empfehlung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vorschriften zuwiderhandelt, die dem Schutz der Verbraucher dienen (Verbraucherschutzgesetze). Nach § 2 Abs. 2 Nr. 13 DSGVO sind Verbraucherschutzgesetze im Sinne dieser Vorschrift insbesondere die Vorschriften der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.04.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) in der jeweils geltenden Fassung, die für die Verarbeitung von Daten von Verbrauchern durch Unternehmer gelten.
ccc. Art. 5 Abs. 1 lit. c) DSGVO bestimmt, dass personenbezogene Daten dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein müssen („Datenminimierung“). Der Grundsatz der Datenminimierung setzt eine Zweckbestimmung voraus und knüpft seine Erfordernisse hieran an, nicht umgekehrt (vgl. BVerwG NJW 2024, 2479, 2485 Rn. 49). Im vorliegenden Fall verstößt die Beklagte durch die Verpflichtung von Bestellinteressenten auf ihrem Online-Marktplatz unter der URL www.......de, auf dem sowohl die Beklagte als auch andere Händler Waren zum Kauf anbieten, zur Anlegung eines Kundenkontos nicht gegen diesen Grundsatz der Datenminimierung.
(1) Der Grundsatz der Datenminimierung ist, wie vom Landgericht in der angefochtenen Entscheidung angenommen, nicht verletzt, wenn die erhobenen und verarbeiteten Daten für den verfolgten Zweck erheblich sind, deren Erhebung also der Erreichung eines legitimen Zieles dient, und die Verarbeitung der personenbezogenen Daten auf das für die verfolgten Zwecke notwendige Maß begrenzt wird. Art. 5 Abs. 1 lit. c) DSGVO stellt sicher, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten durch den festgelegten Zweck begrenzt wird. Der Grundsatz der Datenminimierung verlangt nicht nach einer absoluten Reduzierung oder Beschränkung der Datenmenge; wenn der Zweck der Verarbeitung nur durch die Verarbeitung großer Datenmengen erreicht werden kann, verstößt eine solche Verarbeitung nicht gegen diesen Grundsatz (Herbst in Kühling/Buchner, DS-GVO BDSG, 4. Aufl., Art. 5 DS-GVO Rn. 56). Wie das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, ist eine Datenverarbeitung dann nicht erforderlich, wenn ihr Ziel sich mit einem geringeren Eingriff in die Rechte der betroffenen Person ebenso effektiv erreichen ließe, die personenbezogenen Daten, die verarbeitet werden, also dem Zweck der Datenverarbeitung nicht angemessen sind, sondern eine exzessive Datenverarbeitung oder eine solche für rein hypothetische Zwecke, für die es im Zeitpunkt der Erhebung noch keinen absehbaren Anlass gibt, darstellen.
(a) Insoweit hat die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (im Folgenden: DSK), wie vom Landgericht im angefochtenen Urteil im Einzelnen ausgeführt, mit Beschluss vom 24.03.2022 (Anlage K 7) Hinweise zum datenschutzkonformen Online-Handel mittels eines Gastzugangs erteilt. Auch im Online-Handel gelte, so die DSK, der Grundsatz der Datenminimierung (Art. 5 Abs. 1 lit. c) DSGVO). Danach seien nur die Daten zu erheben, die für die Abwicklung eines einzelnen Geschäfts erforderlich seien. Die zulässige Verarbeitung der personenbezogenen Daten hänge im Einzelfall insbesondere davon ab, ob Kundinnen und Kunden einmalig einen Vertrag abschließen wollten oder eine dauerhafte Geschäftsbeziehung anstrebten. Dazu müssten sie jeweils frei entscheiden können, ob sie ihre Daten für jede Bestellung eingeben und insofern als sogenannter temporärer Gast geführt werden möchten oder bereit seien, eine dauerhafte Geschäftsbeziehung einzugehen, die mit einem fortlaufenden Kundenkonto verbunden sei. Daraus ergebe sich, dass Verantwortliche, die Waren oder Dienstleistungen im Onlinehandel anböten, ihren Kundinnen und Kunden unabhängig davon, ob sie ihnen daneben einen registrierten Nutzungszugang (fortlaufendes Kundenkonto) zur Verfügung stellten, grundsätzlich einen Gastzugang (Online-Geschäft ohne Anlegen eines fortlaufenden Kundenkontos) für die Bestellung bereitstellen müssten. Soweit im Einzelfall besondere Umstände vorlägen, bei denen ein fortlaufendes Kundenkonto ausnahmsweise als für die Erfüllung eines Vertrages erforderlich angesehen werden könne (Art. 6 Abs. 1 lit. b) DSGVO, z.B. für Fachhändler bei bestimmten Berufsgruppen) und mithin hierfür ausnahmsweise keine Einwilligung erforderlich sei, sei dem Grundsatz der Datenminimierung Rechnung zu tragen, indem z.B. das Kundenkonto bei Inaktivität automatisiert nach einer kurzen Frist gelöscht werde.
(b) Auf der Grundlage dieses Beschlusses der DSK hat der HmbBfDI der Beklagten mit Schreiben vom 14.11.2022 (Anlage B 14) mitgeteilt, dass für die Beklagte unter den aktuellen Gegebenheiten die Möglichkeit bestehe, aufgrund besonderer Umstände von dem Grundsatz des Angebots eines Gastzugangs im Online-Handel abweichen zu können. Die Ermöglichung von Gastbestellungen sei, da dem Grundsatz der Datenminimierung anderweitig Rechnung getragen werde, unter den derzeitigen Gegebenheiten nicht zwingend notwendig. Dieser Sichtweise hat sich das Landgericht im angefochtenen Urteil unter Bezugnahme auf die eingeholte amtliche Stellungnahme des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit vom 14.11.2013 angeschlossen.
Auch der Senat teilt im Ergebnis diese Auffassung. Der Grundsatz der Datenminimierung wird durch die Beklagte, anders als es der Kläger mit dem Antrag zu 1.a) geltend macht, nicht verletzt. Entscheidend ist insoweit nicht die Begrifflichkeit, sondern die Einhaltung der Vorgaben insbesondere des Art. 5 Abs. 1 lit. c) DSGVO. Zusammengefasst stellt die Beklagte auf www.......de einen Online-Handelsmarktplatz mit einer Vielzahl angeschlossener Händler bereit, über den eine hohe Zahl an Bestellungen getätigt wird. Für die den Bestellungen nachgelagerte Kommunikation und Rechteausübung fällt ein erheblicher Zeit- und Ressourcenaufwand an. Dieser Aufwand kann für sämtliche Beteiligte mittels der im Kundenkonto zur Verfügung gestellten Kommunikationsmöglichkeiten und Funktionen sowie einer standardmäßig erfolgenden Kontoerstellung deutlich verringert werden. Zwischen einer Bestellung mit und einer Bestellung ohne Kundenkonto bestehen hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Daten praktisch keine Unterschiede. In beiden Fällen ist die Erhebung und Speicherung einer Vielzahl von Daten zulässig. Hinsichtlich dieser Daten bestehen unternehmensseitig in beiden Fällen identische gesetzliche Rechte bzw. Pflichten zur Aufbewahrung, die je nach Art der Daten einen Zeitraum von 3 bis 10 Jahren umfassen. Der wesentliche Unterschied ist die Möglichkeit eines passwortgeschützten Zugangs zu diesen Daten. Bestehen im Einzelfall Bedenken hiergegen, so kann dieser Zugang mit einem entsprechenden Löschungsantrag beseitigt werden; eine regelhafte Löschung erfolgt automatisch nach Ablauf der zivilrechtlichen Verjährungsfrist.
(c) Das Berufungsvorbringen des Klägers begründet keine abweichende Bewertung. Insbesondere ergibt sich aus dem Recht der Verbraucher auf den Schutz personenbezogener Daten und ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung kein abweichendes Ergebnis. Zwingende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hat das Landgericht nicht außer Acht gelassen. Insbesondere hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung nicht verkannt, dass die Voraussetzung der Erforderlichkeit der Datenverarbeitung gemeinsam mit dem Grundsatz der Datenminimierung zu prüfen ist, der in Art. 5 Abs. 1 lit. c) DSGVO verankert ist und verlangt, dass personenbezogene Daten dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein müssen (vgl. EuGH GRUR 2023, 1131, 11 Rn. 109 – Meta Platforms Inc. ua/Bundeskartellamt). Genau dies hat das Landgericht letztlich umfänglich geprüft. Der Kläger setzt im Wesentlichen eigene Wertungen an die Stelle derjenigen des Landgerichts. Daraus ergibt sich kein Fehler des Landgerichts. Der Umfang der zur Anlage eines Kundenkontos bei der Beklagten derzeit unbestritten erhobenen Daten – Form der Anrede, Vorname, Nachname, Straße, Hausnummer, Postleitzahl und Wohnort, E-Mail-Adresse, Telefonnummer, Geburtsdatum, Passwort – ist auch im Ergebnis der vom Senat angestellten Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht zu beanstanden.
Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die volle Namensnennung einer Richterin in einem Buch über Gerichtsverfahren aufgrund der Informations- und Kontrollfunktion der Presse zulässig ist.
Die Pressemitteilung des Gerichts: Namensnennung einer Richterin
Die volle Namensnennung einer Richterin in einem Buch im Zusammenhang mit einem von ihr geleiteten Strafverfahren ist zulässig.
Die Informations- und Kontrollfunktion der Presse begründet ein öffentliches Informationsinteresse an der namentlichen Nennung von Personen, die in amtlicher Funktion oder als Organ der Rechtspflege an einem Gerichtsverfahren mitwirken. Ob der (vollständig) Name genannt wird, können Medienvertreter allein nach publizistischen Interessen entscheiden, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit heute verkündeter Entscheidung.
Die Klägerin ist Richterin. Die Beklagte hat ein Buch mit dem Titel „Rechte Richter“ verlegt. Darin wird an einer Stelle unter bestimmten Überschriften im Zusammenhang mit der Darstellung eines Strafverfahrens, das die Klägerin als Vorsitzende der Strafkammer geleitet hatte, unter Nennung ihres vollständigen Namens eine Äußerung aus der mündlichen Urteilsbegründung wiedergegeben. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung des Buchvertriebs mit ihrer vollen Namensnennung in Anspruch.
Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte auch vor dem zuständigen 16. Zivilsenat des OLG (Pressesenat) keinen Erfolg. Die Klägerin habe nach Abwägung der auf beiden Seiten involvierten Interessen keinen Anspruch, dass das Buch ohne Nennung ihres Namens in den Verkehr gebracht werde, bestätigte das OLG.
Die Namensnennung der Klägerin, deren Verfahrensführung zudem als kritikwürdig beschrieben werde, sei zwar geeignet, sie in ihrem beruflichen und persönlichen Ansehen zu beeinträchtigen. Dem stehe jedoch das überwiegende Interesse der Beklagten auf Meinungsfreiheit und der Wahrnehmung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit an der Berichterstattung gegenüber. Grundsätzlich bestehe wegen der Informations- und Kontrollfunktion der Presse ein öffentliches Informationsinteresse an der namentlichen Nennung von Personen, die in amtlicher Funktion oder als Organ der Rechtspflege an einem Gerichtsverfahren mitwirken. Die Informationsfunktion der Presse erschöpfe sich nicht in der Berichterstattung zu sachlichen Verfahrensinhalten. Der mit Verfassungsrang versehene Öffentlichkeitsgrundsatz von Gerichtsverhandlungen beinhalte die Möglichkeit des (presse)öffentlichen Bekanntwerdens der Namen der mitwirkenden Personen. Dies sei von der Verfassung nicht bloß „hingenommen“ worden, sondern „entspreche der normativen Stoßrichtung“, führte der Senat unter Verweis auf Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weiter aus. „Die Öffentlichkeit der Verhandlung soll unter anderem auch die Möglichkeit eröffnen, personelle Zurechnungszusammenhänge deutlich zu machen und so persönliche Verantwortlichkeiten zu markieren“, ergänzte der Senat.
Für die Namensnennung einer in amtlicher Funktion an einem in der Öffentlichkeit stehenden Strafverfahren mitwirkenden Person sei auch kein zusätzliches „wissenswertes Interesse“ erforderlich. Es komme auch nicht darauf an, ob ein irgendwie geartetes „Bedürfnis“ der Presse an der Namensnennung vorliege. Die Presse dürfe allein nach publizistischen Kriterien entscheiden, „was sie des öffentlichen Interesses für werthält und was nicht“. Dieser Grundsatz gelte nicht nur für tagesaktuelle Presse, sondern auch für dauerhaft als Buch verfügbare Publikationen.
Ein Vorrang des Persönlichkeitsinteresses sei allerdings anzunehmen, wenn die an der Rechtspflege mitwirkenden Personen erhebliche Belästigungen oder eine Gefährdung zu befürchten hätten. Dies sei hier nicht anzunehmen. Schließlich sei die Namensnennung hier auch nicht mit der Darstellung von unwahren oder entstellten Tatsachen über die Klägerin verbunden. Es werde nicht der Eindruck erweckt, bei der Klägerin handele es sich um eine Person mit rechtsextremistischen Einstellungen. Die von der Klägerin befürchtete Gefährdung ihres beruflichen Fortkommens und erhöhte Gefahr verstärkt eingereichter Befangenheitsanträge führten nicht zu einem anderen Abwägungsergebnis. „Eine über das Bekanntwerden ihrer Mitwirkung an dem Strafverfahren und ihre Einschätzung der Beweislage hinausgehende „Prangerwirkung“ vermag der Senat nicht zu erkennen“, betonte der Senat.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Klägerin die Zulassung der Revision beim BGH begehren.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil 8.5.2025, Az. 16 U 11/23
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 16.12.2022, Az. 2-03 O 60/22)
Das OLG Hamburg hat entschieden, dass es nicht dringlichkeitsschädlich ist, wenn ein Markeninhaber bei Markenrechtsverletzungen nicht gegen den Hersteller sondern gegen Händler vorgeht.
Aus den Entscheidungsgründen: cc. Mit dem Landgericht ist auch ein Verfügungsgrund zu bejahen. Die Dringlichkeitsvermutung gem. § 140 Abs. 3 MarkenG ist im Streitfall nicht widerlegt. Auch aus dem Gesichtspunkt des anhängigen Löschungs- und Verfallsverfahrens gegen die Verfügungsmarke ergibt sich – wie vom Landgericht zu Recht angenommen – kein Fehlen der Dringlichkeit. Das hiergegen gerichtete Berufungsvorbringen bleibt ohne Erfolg.
aaa. Die Antragstellerin hat sich vorliegend nicht dringlichkeitsschädlich verhalten.
Die konkrete Verletzungsform, wie sie im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren angegriffen wird, ist der Antragstellerin unwidersprochen erst am 22.05.2024 bekannt geworden. Der Screenshot Anlage Ast 8 weist dieses Datum aus. Die Antragstellerin hat eine erstmalige Kenntnis am 22.05.2024 behauptet und mit der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers U. R. auch glaubhaft gemacht. Auch im Berufungsverfahren behauptet die Antragsgegnerin (bzw. die Nebenintervenientin, was sich die Antragsgegnerin zu eigen gemacht hat) keine frühere Kenntnis der Antragstellerin von der hier angegriffenen Verkaufsanzeige. Der Verfügungsantrag wurde am 17.06.2024 eingereicht.
Der Einwand der Berufung, die Antragstellerin habe sich dringlichkeitsschädlich verhalten, weil sie nicht (schnell genug) gegen die Nebenintervenientin als Herstellerin der betreffenden Stühle vorgegangen sei, bleibt ohne Erfolg. Die Dringlichkeit ist im Verhältnis der Parteien zueinander zu beurteilen; die Kenntnis von gleichartigen Verletzungshandlungen eines Dritten ist grundsätzlich nicht dringlichkeitsschädlich (Jaworski in Ingerl/Rohnke/Nordemann, MarkenG, 4. Aufl., Vor §§ 14-19d Rn. 259 m.w.N.). Die Dringlichkeit ist im Ausgangspunkt nicht durch die Untätigkeit des Antragstellers berührt, der gegen gleichartige Verstöße Dritter nicht vorgegangen ist. Denn die Entscheidung, ob und gegen welchen Verletzer er vorgeht, liegt allein in der Hand des Antragstellers (OLG Hamburg PharmR 2013, 418, 419; Köhler/Feddersen in Köhler/Feddersen, UWG, 43. Aufl., § 12 Rn. 2.19). Dies gilt auch für den Fall, dass der Antragsteller nur gegen den Vertreiber eines Produkts vorgeht, nicht aber gegen dessen Hersteller (Köhler/Feddersen in Köhler/Feddersen, UWG, 43. Aufl., § 12 Rn. 2.19).
Im vorliegenden Streitfall kommt hinzu, dass die Antragstellerin gegen die Nebenintervenientin als Herstellerin der Stühle eine einstweilige Verfügung vom 19.07.2024 erwirkt hat. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass ein Antragsteller bei seiner Rechtsverfolgung kein Prozessrisiko eingehen muss. Es kann von ihm nicht verlangt werden, überhastet und ohne ordnungsgemäße Prüfung einen Verfügungsantrag zu stellen. Er muss das Gericht deshalb erst anrufen, wenn er erstens verlässliche Kenntnis all derjenigen Tatsachen hat, die eine Rechtsverfolgung im einstweiligen Verfügungsverfahren erfolgversprechend machen, und wenn er zweitens die betreffenden Tatsachen in einer solchen Weise glaubhaft machen kann, dass sein Obsiegen sicher absehbar ist (Voß in Cepl/Voß, Prozesskommentar, 3. Aufl., § 940 ZPO Rn. 86). Dass die Antragstellerin vorliegend bereits nach der E-Mail vom 03.05.2024 (Anlage NI 26) mit Erfolg einen Verfügungsantrag gegenüber der Nebenintervenientin mit Sitz in Bosnien-Herzogowina hätte stellen können, davon ist im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren nicht überwiegend wahrscheinlich auszugehen. Die Antragstellerin macht insoweit geltend, eine Lieferung der betreffenden Stühle nach Deutschland habe zunächst nicht festgestellt werden können. Das Angebot der Nebenintervenientin selbst habe die Antragstellerin erst am 17.06.2024 festgestellt. Ein erforderliches bewusstes Sich-Verschließen von der Kenntnis vor dem 17.06.2024 betreffend die Inanspruchnahme der Nebenintervenientin als Herstellerin kann im Streitfall nicht festgestellt werden. Es besteht insoweit keine allgemeine Marktbeobachtungobliegenheit oder Obliegenheit zu ständiger Markenüberwachung (Jaworski in Ingerl/Rohnke/Nordemann, MarkenG, 4. Aufl., Vor §§ 14-19d Rn. 258 m.w.N.).
bbb. Auch im Hinblick auf das anhängige Löschungsverfahren betreffend die deutsche Verfügungsmarke ist ein Verfügungsgrund gegeben. Zwar kann ein Verfügungsgrund zu verneinen sein, wenn ein gleichzeitig anhängiger Löschungsantrag nach der Einschätzung des Verletzungsgerichts hohe Erfolgsaussicht hat (Senat GRUR-RS 2020, 33485 Rn. 78 - smartBASE/smartbase m.w.N.). Erforderlich ist nach der Auffassung des Senats jedoch, dass als so gut wie feststehend angenommen werden kann, dass die Marke zu löschen ist. Derartiges ist hier nicht der Fall. Das durch die Antragsgegnerin betriebene Löschungsverfahren wird nach dem im vorliegenden Verfahren gehaltenen und glaubhaft gemachten Vortrag nicht erfolgreich sein.
Das AG München hat entschieden, das kein wirksamer Vertragsschluss vorliegt, wenn ein "Jetzt Kaufen"-Button mit einem Einkaufswagen-Symbol verbunden ist.
Die Pressemitteilung des Gerichts vom 19.05.2025: Kein Vertragsschluss bei Klick auf „Jetzt Kaufen“ - Kein wirksamer Reisevertrag bei irreführender Gestaltung der Homepage
Die Münchner Klägerin besuchte am 10.11.2021 die Homepage der Beklagten, um nach Reisen im Dezember 2021 zu suchen. Unter den Suchergebnissen befand sich eine Reise nach Dubai für zwei Personen. Die Klägerin gab die Personendaten ein, um den endgültigen Reisepreis zu erfahren.
Anschließend wurde die Klägerin auf eine Homepage weitergeleitet, welche Hinweise zur Unterrichtung von Reisenden bei einer Pauschalreise enthielt. Darunter befand sich ein farblich abgesetzter Kasten mit dem Text „Mit Klick auf „Jetzt kaufen“ akzeptieren Sie die AGB […]. Zudem bestätigen Sie die Richtigkeit der angegebenen Buchungsdaten und dass Sie die Pass-, Visa- Einreise- und Impfbestimmungen, sowie das Formblatt zur Unterrichtung des Reisenden bei einer Pauschalreise erhalten haben.“
Hierunter befand sich der Button „Jetzt kaufen“ mit dem Symbol eines Einkaufswagens daneben. Die Klägerin klickte auf die Schaltfläche „Jetzt kaufen“ und verließ anschließend die Homepage.
Am selben Abend erhielt die Klägerin eine Buchungsbestätigung und Zahlungsaufforderung der Beklagten für eine Reise nach Dubai zu einem Preis von 2.834 €. Da die Klägerin die Zahlung verweigerte, stornierte die Beklagte die Reise und stellte eine Storno-Gebühr in Höhe von 2.692,30 € in Rechnung. Diese bezahlte die Klägerin unter Vorbehalt.
Die Klägerin meint, es sei kein Vertrag zwischen ihr und der Beklagten zustande gekommen, da die Gestaltung der Homepage nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 312j Abs. 3 BGB entspreche. Sie verklagte das Reiseunternehmen daher vor dem Amtsgericht München auf Rückzahlung der 2.692,30 €.
Das Amtsgericht München gab der Klägerin mit Urteil vom 26.01.2023 Recht und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 2.692,30 € nebst Zinsen. In seinem Urteil führte es unter anderem aus:
„[Zwischen] den Parteien wurde schon kein wirksamer Vertrag im Sinne des § 651a I BGB geschlossen. Für den Abschluss eines Vertrages bedarf es zweier übereinstimmender Willenserklärungen, Angebot, § 145 BGB, und Annahme, § 147 BGB. […]
[Es] liegt kein Angebot seitens der Beklagten in dem zur Verfügung stellen der Internetseite mit dem Button „Jetzt kaufen“ […]. Unstreitig hat die Klägerin auf diesen Button geklickt. Allerdings genügt die Gestaltung der Internetseite der Beklagten vor Bestellabschluss nicht den Anforderungen des § 312j III BGB. Denn zwar weist der Text des Buttons „Jetzt kaufen“ auf die Entgeltlichkeit des zu schließenden Vertrages hin. Allerdings kann das Symbol eines Einkaufswagens neben dem Schriftzug dahingehend verstanden werden, dass der Kunde durch das Klicken auf den Button erst seinen Warenkorb befüllt und sich nicht schon am Ende des Buchungsprozesses befindet.
Außerdem ist der Text „Mit Klick auf „Jetzt kaufen“ akzeptieren Sie die AGB […]. Zudem bestätigen Sie die Richtigkeit der angegebenen Buchungsdaten und dass Sie die Pass-, Visa- Einreise- und Impfbestimmungen, sowie das Formblatt zur Unterrichtung des Reisenden bei einer Pauschalreise erhalten haben“ irreführend. Denn durch Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont […] ergibt sich, dass der Kunde durch das Klicken auf den „Jetzt kaufen“ - Button lediglich AGB und Datenschutzbestimmungen akzeptiert, sowie die Richtigkeit der eingegebenen Daten [und] den Erhalt des Formblatts bestätigt. Von der Abgabe einer abschließenden Willenserklärung nach § 145 BGB wegen einer Reise ist dem Text nichts zu entnehmen. Vielmehr legt der Text nahe, dass bei Fortsetzung des Buchungsprozesses noch weitere Erklärungen abzugeben sind. Außerdem fehlt eine Übersicht über die zu buchenden Reise, sowie eine Preisangabe.“
Ein bindendes Angebot der Beklagten sah das Gericht jedoch in der übersandten Buchungsbestätigung. Dieses wurde aber von der Klägerin nicht angenommen.
Urteil des Amtsgerichts München vom 26.01.2023
Aktenzeichen: 191 C 1446/22
Das Urteil ist rechtskräftig.
Das LG Berlin II hat entschieden, dass die datenschutzrechtliche Einwilligung bei Anmeldung eines Google-Kontos nicht DSGVO-konform ist.
Aus den Entscheidungsgründen: l. Der Kläger kann von der Beklagten gem. 88 8 Abs. 1, 3 Nr. 3, 3 Abs. 1, 3a UWG 1.V.m. Art. 5 Abs. 1 lit. a, 6 Abs. 1 S. 1 lit. a DS-GVO sowie gem. 8 2 Abs. 1, 2 Nr. 13 UKlaG 1.V.m. Art. 6 Abs. 1 DS-GVO verlangen, dass diese es unterlässt, ım Rahmen der Registrierung für ein Google-Konto keine freiwillige und in informierter Weise abgegebene Einwilligung in die Verarbeitung personenbezogener Daten in Bezug auf Web- & App-Aktivitäten, YouTube-Verlauf und personalisierte Werbung einzuholen, wenn dies geschieht wıe in Anlage K 3 abgebildet.
1. Die Klagebefugnis ergibt sich aus 8 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG sowie 8 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UKlaG. Art. 80 Abs. 2 DS-GVO steht dem nicht entgegen, insoweit wird auf die Ausführungen unter A. II. verwiesen. Der Kläger ist als qualifizierte Einrichtung im Sinne von $ 4 UKlaG in der Liste des Bundesamtes für Justiz eingetragen.
2. Bei Art. 5 Abs. 1 Ilit. a und Art. 6 Abs. 1 S. 1lit. a DS-GVO handelt es sich um Marktverhaltensregelungen 1.S.d. $ 3a UWG.
Eine Norm regelt das Marktverhalten im Interesse der Mitbewerber, Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer, wenn sie einen Wettbewerbsbezug in der Form aufweist, dass sie die wettbewerblichen Belange der als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in Betracht kommenden Personen schützt. Eine Vorschrift, die dem Schutz von Rechten, Rechtsgütern oder sonstigen Interessen von Marktteilnehmern dient, ist eine Marktverhaltensregelung, wenn das geschützte Interesse gerade durch die Marktteilnahme, also durch den Abschluss von Austauschverträgen und den nachfolgenden Verbrauch oder Gebrauch der erworbenen Ware oder in Anspruch genommenen Dienstleistung berührt wird (BGH, Urt. v. 27.4.2017 - | ZR 215/15, GRUR 2017, 819 Rn. 20, beck-online).
Datenschutzrechtliche Bestimmungen weisen einen wettbewerbsrechtlichen Bezug auf, soweit es um die Zulässigkeit der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Daten geht, etwa zu Zwecken der Werbung, der Meinungsforschung, der Erstellung von Nutzerprofilen, des Adresshandels oder sonstiger kommerzieller Zwecke (OLG Stuttgart, Urteil vom 27.02.2020 - 2 U 257/19 - Reifensofortverkauf, Rn. 79 m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei Art 5 Abs. 1 Iıt. a und Art. 6 Abs. 1 S. 1]lıt. a DS-GVO um Marktverhaltensregelungen. Denn diese Regelungen betreffen die Zulässigkeit der Erhebung von Daten u.a. auch bei der unmittelbaren Teilnahme am Markt, im vorliegenden Fall durch Eröffnung eines Google-Kontos, also bei Eingehung eines Vertrages mit der Beklagten oder der Nutzung des Kontos. Diese wiederum nutzt die Daten u.a. für die Schaltung von Werbung, was die DS-GVO zu regeln sucht (so auch LG Leipzig, Urteil vom 31.5.2023 — 05 O 666/22, MMR 2024, 277 Rn. 87, beck-online; KG, Urteil vom 20.12.2019 - 5 U 9/18 —, Rn. 174, Juris zu Art. 6 Abs. 1 5. 1 lit. a DS-GVO; MüKoUWG/Schaffert, 3. Aufl. 2020, UWG 8 3a Rn. 81, beck-online).
3. Gemäß 8 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG kann im Interesse des Verbraucherschutzes auf Unterlassung und Beseitigung in Anspruch genommen werden, wer in anderer Weise als durch Verwendung oder Empfehlung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vorschriften zuwiderhandelt, die dem Schutz der Verbraucher dienen (Verbraucherschutzgesetze). Eine Norm dient dem Schutz der Verbraucher, wenn der Verbraucherschutz Ihr eigentlicher Zweck ist. Sie kann auch anderen Zwecken dienen; es genügt aber nicht, wenn der Verbraucherschutz in der Norm nur untergeordnete Bedeutung hat oder eine nur zufällige Nebenwirkung iIst. Die Norm muss Verhaltenspflichten des Unternehmers gegenüber dem Verbraucher begründen (vgl. zum Ganzen BGH, Urteil vom 6. Februar 2020 - | ZR 93/18, NJW 2020, 1737 Juris Rn. 15] - SEPA-Lastschrift, mwN).
Die für den Streitfall maßgeblichen Vorschriften der DSGVO fallen unter den Beispielskatalog des 8 2 Abs. 2 Nr. 13 UKlaG.
4. Die Beklagte hat auch gegen Art. 5 Abs. 1 lit. a und Art. 6 Abs. 1 S. 1]lit. a DS-GVO verstoßen.
Gemäß Art 5 Abs. 1 lit. a DS-GVO müssen personenbezogene Daten u.a. auf rechtmäßige Weise und nachvollziehbar (transparent) verarbeitet werden. Art. 6 Abs. 1 DS-GVO nimmt diesen Grundsatz durch die Anforderung auf, dass eine der dort geregelten Bedingungen erfüllt sein muss. Nach Art 6 Abs. 1 S. 1lıt. a DS-GVO ist die Verarbeitung rechtmäßig, wenn die betroffene Person Ihre Einwilligung für einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben hat.
Eine „Einwilligung“ der betroffenen Person ist nach Art. 4 Nr. 11 DS-GVO Jede freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung, mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist.
a) Es fehlt an einer freiwilligen Einwilligung.
Das Tatbestandsmerkmal „frei“” bzw. „freiwillig“ setzt ganz generell voraus, dass die betroffene Person „eine echte oder freie Wahl hat und somit in der Lage ist, die Einwilligung zu verweigern oder zurückzuziehen, ohne Nachteile zu erleiden“ (BeckOK DatenschutzR/Albers/Veit, 50. Ed. 1.8.2024, DS-GVO Art. 6 Rn. 34, beck-online). Die Einwilligung muss daher aufgeklärt erfolgen. Der Betroffene ist darauf hinzuweisen, dass er seine Einwilligung verweigern kann (BeckOK DatenschutzR/Schild, 50. Ed. 1.11.2024, DS-GVO Art. 4 Rn. 128, beck-online).
Inwiefern diejenigen Einwendungen der Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, welche über die Einwendungen des Klägers hinausgehen, überhaupt zu prüfen sind, kann dahinstehen. An der Freiwilligkeit fehlt es jedenfalls aufgrund der vom Kläger bemängelten fehlenden Möglichkeit der vollständigen Ablehnung der Einwilligung in die Datenverarbeitung.
aa) Eine unwirksame Einwilligung liegt deshalb vor, da die „Express-Personalisierung“ lediglich die Möglichkeiten „Bestätigen“ und „Zurück“ vorsieht und nicht unmittelbar eine Ablehnung der Einwilligung möglich ist.
Grundsätzlich ist für eine freiwillige Entscheidung eines Nutzer seine Kenntnis von den Alternativen erforderlich. Hierfür muss die Beklagte die entsprechenden Möglichkeiten eröffnen und/oder eindeutig aufklären. Der Kläger und die Datenschutzbeauftragte lassen bei ihren Bewertungen wie die Beklagte zu Recht bemängelt - den ersten Schritt, die Auswahlmöglichkeit über den Personalisierungsweg, unberücksichtigt. Denn wenn dort eindeutig aufgeführt wird, dass der Weg über die „Express Personalisierung“” die unbedingte Einwilligung bedeutet, während diese bei der „Manuellen Personalisierung“ abgelehnt werden kann, so würde dies für eine aufgeklärte Einwilligung ausreichen. Dies ist allerdings nicht der Fall. Denn unter „Express-Personalisierung“ heißt es: „Nutzen Sie diese Personalisierungseinstellungen, um Inhalte und Werbung zu erhalten, die auf Ihre Interessen abgestimmt sind.“ Dieser Beschreibung lässt sich schon nicht eindeutig entnehmen, dass es überhaupt um eine Einwilligung in eine Datenverarbeitung geht. Aber selbst wenn man dies zugunsten der Beklagten annähme, ist aus dem Text nicht ersichtlich, dass der Nutzer bei Wahl der „Express-Personalisierung“ keine Möglichkeit hat, seine Einwilligung nicht zu erteilen. Aus diesem Grund müssen die beiden Personalisierungsschritte doch jeweils einzeln betrachtet werden. Dann reicht aber allein die tatsächliche Möglichkeit, die Einwilligung, nachdem der Vorgang über die „Express-Personalisierung“ abgebrochen wurde und über „Manuelle Personalisierung“ neu begonnen wurde, ım Rahmen der „Manuellen Personalisierung“ verweigern zu können, nicht aus, um den Nutzer ausreichend über die Möglichkeit der Ablehnung seiner Einwilligung zu Informieren. Vielmehr hätte der Nutzer auch im Rahmen der „Express-Personalisierung“ eindeutig darüber aufgeklärt werden müssen, dass er seine Einwilligung insgesamt verweigern kann, beispielsweise über einen weiteren Button „Ablehnen“. Dies wollte die Beklagte aber offenbar nicht, da der Expressweg dergestalt attraktiver für sie ist.
bb) Aber auch der erteilten Einwilligung über die „Manuelle Personalisierung“ fehlt es an einer Freiwilligkeit. Denn die Beklagte nutzt unstreitig trotz einer fehlenden Einwilligung in „personalisierte Werbung“ über die „allgemeine Werbung“ den Standort des Nutzers in Deutschland. Auch dabei handelt es sich um ein personenbezogenes Datum (vgl. Art. 4 Nr. 1 DS-GVO). Soweit die Beklagte sich hinsichtlich der Zulässigkeit auf die Empfehlungen der EDSA stützt, welche eine kontextbezogene oder allgemeine Werbung als „datenschutzfreundliche Alternative zur personalisierten Werbung“ anerkennt, so verkennt sie, dass die EDSA dabei auf den Bereich der Datenminimierung Bezug nimmt, nicht aber auf die Frage, ob eine wirksame freiwillige Einwilligung vorliegt. Um diese annehmen zu können, muss die Beklagte eine Alternative anbieten, mit der sämtliche Datennutzung verweigert werden kann. Soweit die Beklagte für die Nutzung des Standorts ein sonstiges berechtigtes Interesse behauptet, trägt sie noch nicht einmal vor, welches dieses sein soll.
Aufgrund der prinzipiellen Nutzung des von der Beklagten bezeichneten „allgemeinen Standorts“ besteht für den Nutzer tatsächlich keine Möglichkeit, die Nutzung sämtlicher personenbezogener Daten abzulehnen, weshalb es an der Freiwilligkeit der Einwilligung fehlt.
b) Es fehlt an auch an einer informierten Einwilligung zu einem bestimmten Zweck.
aa) Das Erfordernis der Einwilligung In „informierter Weise“ ist als Ausprägung des in Art. 5 Abs. 1 lit. a DS-GVO niedergelegten Transparenzgrundsatzes zu verstehen (BeckOK DatenschutzR/Albers/Veit, 50. Ed. 1.8.2024, DS-GVO Art. 6 Rn. 36, beck-online). Die Informationspflicht bzgl. der Einwillilgung bezieht sich auf bestimmte Elemente, die für die Entscheidungsfindung wesentlich sind, mindestens umfasst sie aber: die Identität des Verantwortlichen, den Zweck Jjedes Verarbeitungsvorgangs, für den die Einwilligung eingeholt wird, die (Art der) Daten, die erhoben und verwendet werden sowie das Bestehen eines Widerrufsrechts (BeckOK DatenschutzR/Albers/Veit, 50. Ed. 1.8.2024, DS-GVO Art. 6 Rn. 36, beck-online). Hinsichtlich der formalen Gestaltung muss eine einfache, klare und allgemeinverständliche Sprache verwendet werden und zudem muss die Einwilligung leicht zugänglich und deutlich von anderen Sachverhalten klar zu unterscheiden sein (BeckOK DatenschutzR/Albers/Veit, 50. Ed. 1.8.2024, DS-GVO Art. 6 Rn. 36, beck-online).
bb) Vorliegend fehlt es an der Transparenz schon deshalb, da die Beklagte weder über die einzelnen Google-Dienste noch Google-Apps, Google-Websites oder Google-Partner aufklärt, für welche die Daten verwendet werden sollen. Die Reichweite der Einwilligung Ist dem Nutzer schon aus diesem Grund völlig unbekannt. Ob darüber hinaus auch die konkrete Art und Weise der Darstellung, einschließlich der verwendeten Sprache, eine informierte Entscheidung entfallen lassen, kann daher dahinstehen.
Soweilt die Beklagte auf den Inhalt ihrer Datenschutzerklärung verweist, welche weitere Informationen über die „Partner“ und „Dienste“ enthielt und dabei u.a. von zwei Millionen Partnerwebsites die Rede ist, reicht auch diese Aufklärung nicht aus. Denn insoweit bleibt die Information viel zu vage, als dass der Nutzer den Umfang der Nutzung seiner Daten erfassen kann und insbesondere wofür sie bei den „Diensten“ und „Partnern“ genutzt werden. Soweit die Beklagte zu der fehlenden Angabe der Google-Dienste anführt, dass diese zu einem übermäßig langen Informationstext für die Nutzer geführt, was der Transparenz nicht genutzt hätte, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar soll nach den „Leitlinien des Europäischen Datenschutzausschusses ("EDSA") zur Einwilligung“ keine „lange“ Datenschutzbestimmung verwendet werden, allerdings gehört die Information über sämtliche Google-Dienste (Anlage K1), für welche der Nutzer seine Einwilligung erteilt, schon nach dem Erwägungsgrund 42 der DS-GVO zu den Minimalangaben, die für eine informierte Einwilligung erforderlich sind. Demnach soll die betroffene Person nämlich wissen, in welchem Umfang sie ihre Einwilligung erteilt hat, dazu gehört insbesondere die Kenntnis für welche Zwecke ihre personenbezogenen Daten verarbeitet werden. Die Tatsache, dass die Beklagte über die von ihr zur Verfügung gestellte Einwilligung die Erlaubnis zur Nutzung von Daten für über 70 Google-Dienste einholen will, kann nicht dazu führen, dass es ihr erlaubt sein soll, die Dienste nicht wenigstens über die von Ihr genutzte Form des „layered approach” aufzuführen. Dass die Fülle an Diensten zu einer Unübersichtlichkeit deren Angabe führen würde, deutet vielmehr eindrücklich darauf hin, dass die Beklagte den Umfang der Einwilligung in erheblichem Maße überspannt hat. Sofern die Beklagte weiter ausführt, Nutzer könnten durch die Anzeige ihres „Google-Konto-Avatars“ erkennen, wenn es sich bei dem Jeweils genutzten Dienst um einen Google-Dienst handelt, und im Übrigen das Google-Konto bei den Nutzern unterschiedlich genutzt würde, so dass es zu unterschiedlich umfangreicher Nutzung der Daten kommt, so verhilft auch dieser Vortrag zu keiner abweichenden Beurteilung. Die Tatsache, dass die Nutzer nach der Einwilligung durch einen Avatar erkennen können, wann eine Google-Dienst vorliegt, ist zu spät und für die Frage der wirksamen Einwilligung unbeachtlich. Der Umfang muss den Nutzern bei Erteilung der Einwilligung bekannt sein. Auch die Tatsache, dass Nutzer Dienste in unterschiedlichen Umfang nutzen und damit unterschiedlich viele Daten preisgeben, Ist keine Besonderheit bei den Diensten der Beklagten, sondern die Regel. Dass hieraus hergeleitet werden kann, dass eine Information über den Umfang der Einwilligung nur eingeschränkt erfolgen muss, ist nicht nachvollziehbar.
c) Aus den Erwägungen unter b) fehlt es auch an der Einwilligung in einen bestimmten Zweck.
5. Angesichts der ausdrücklichen Bestimmung des 8 12a UKlaG, dass die zuständige inländische Datenschutzbehörde anzuhö6ren ist, führt die Tatasche, dass es sich bei dieser nicht um die federführende Aufsichtsbehörde 1.S.d. DS-GVO handelt, nicht zu einem Ausschluss des Anspruchs. Die DS-GVO selbst macht in Bezug zu den Rechtsbehelfen nach Art. 77 ff. DS-GVO für natürliche Personen, aber auch für den Kläger keine Vorgaben, dass eine Datenschutzbehörde überhaupt einzubinden wäre. 6. Die Wiederholungsgefahr ist gegeben. Neben der bereits durch den Verstoß indizierten Wiederholungsgefahr setzt ein Unterlassungsanspruch auf Grundlage des $ 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG voraus, dass er Im Interesse des Verbraucherschutzes geltend gemacht wird. Hierfür Ist erforderlich, dass der dem Anspruch zugrundeliegende Verstoß die Kollektivinteressen der Verbraucher berührt. Das ist der Fall, wenn der Verstoß in seinem Gewicht und In seiner Bedeutung über den Einzelfall hinausreicht und eine generelle Klärung geboten erscheinen lässt (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2020 - | ZR 93/18, NJW 2020, 1737 Juris Rn. 36] - SEPA-Lastschrift, mwN).
Il. Der Kläger kann von der Beklagten gem. $8 8 Abs. 1, 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 3a UWG. 1I.V.m. Art. 25 Abs. 2 S. 1 DS-GVO sowie gem. 8 2 Abs. 1, 2 Nr. 13 UKlaG 1.V.m. 25 Abs. 2 S. 1 DS-GVO verlangen, dass diese es unterlässt, ım Rahmen der Registrierung die verfügbare Option der Speicherfrist für personenbezogene Daten von 3 Monaten nicht in den vorgegebenen Auswahlmöglichkeiten anzubieten, wenn dies geschieht wie in Anlage K 4 abgebildet.
1. Die Klagebefugnis ergibt sich aus $ 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG sowl'!e 8 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UKlaG. Art. 80 Abs. 2 DS-GVO steht dem nicht entgegen, insoweit wird auf die Ausführungen unter A. II. Verwiesen.
2. Auch bei Art. 25 Abs. 2 S. 1 DS-GVO handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung (Köhler/Feddersen/Köhler/Odörfer, 43. Aufl. 2025, UWG 8 3a Rn. 1./4a, beck-online mit Verweis auf LG Hamburg, Urteil vom 22. Februar 2024 — 327 O 250/22, dort Rn. 62) sowie ein Verbraucherschutzgesetz 1.5.d. $ 2 UklaG.
3. Die Beklagte hat auch gegen Art. 25 Abs. 2 S. 1 DS-GVO verstoßen.
a) Nach Art. 25 Abs. 1 S. 1 DS-GVO hat der Verantwortliche geeignete technische und organisatorische Maßnahmen zu treffen, die sicherstellen, dass durch Voreinstellung nur personenbezogene Daten, deren Verarbeitung für den jeweiligen bestimmten Verarbeitungszweck erforderlich ist, verarbeitet werden.
„Erforderlich“ sind Daten dann, wenn der Verarbeitungszweck sich ohne sie nicht erreichen lässt (Paal/Pauly/Martini, 3. Aufl. 2021, DS-GVO Art. 25 Rn. 45b, beck-online). Nach Erwägungsgrund 39 der DS-GVO soll die Speicherfrist für personenbezogene Daten auf das unbedingt erforderliche Mindestmaß beschränkt bleiben. Für solche Daten, die der Verantwortliche nicht notwendig verarbeiten muss, um die legitimen Zwecke der Verarbeitungserlaubnis erfüllen zu können, ist ihm der Weg der Voreinstellung demgegenüber verschlossen (Paal/Pauly/Martini, 3. Aufl. 2021, DS-GVO Art. 25 Rn. 45b, beck-online).
b) Nach diesen Maßstäben liegt in Bezug auf die „Express-Personalisierung“ eine Verletzung des Art. 25 Abs. 2 S. 1 DSGVO vor, da dort eine Speicherung von mehr als drei Monaten standardmäßig eingestellt ist. Dadurch, dass durch den Nutzer nachträglich unstreitig auch ein Löschen der Daten nach drei Monaten eingestellt werden kann, gibt die Beklagte zu verstehen, dass eine solche Speicherdauer für die von der Beklagten vorgenommene Verarbeitung grundsätzlich ausreicht. Alles, was über eine Speicherung von mehr als drei Monaten hinausgeht, war mithin nicht erforderlich. Gegenteiliges behauptet auch die Beklagte nicht. So führt sie selber aus, dass eine Speicherung von 18 bzw. 36 Monaten eine „optimale Nutzererfahrung“ ermögliche und damit den Zweck der Personalisierung „bestmöglich“ erreichen würde. Bei der Frage der Erforderlichkeit der Datennutzung geht es aber nicht um die bestmögliche Nutzung, sondern um das mindestens Notwendige.
Dass die Speicherdauer im Nachgang der Einwilligung verkürzt werden können, ist hingegen irrelevant. Dass der Anbieter den Nutzern die Möglichkeit eröffnet, Datenschutzeinstellungen des Dienstes jJederzeit selbst zu ändern, genügt nach der Idee des Gesetzgebers dem normativen Auftrag des Art. 25 Abs. 2 DS-GVO nicht (Paal/Pauly/Martini, 3. Aufl. 2021, DS-GVO Art. 25 Rn. 46, beck-online).
c) Schwieriger zu beurteilen ist hingegen die Frage in Bezug auf die „Manuelle Personalisierung“, da dort zwischen drei Varianten der Speicherung gewählt werden konnte und damit eine formelle Voreinstellung nicht gegeben ist. „Voreinstellung“ könnte aber auch derart verstanden werden, dass sie Jede Entscheidungsgestaltung umfasst, die durch Vorgaben des Anbieters eine Verhaltenssteuerung (zulasten Betroffener) erzielt. Darunter könnten auch solche Designmuster fallen, die dem Nutzer zwar kein „angeklicktes Kästchen“ vorgeben, ihn aber dazu nötigen, sich zwischen zwel Alternativen zu entscheiden, die zur Auswahl stehen (s. Paal/Pauly/Martini, 3. Aufl. 2021, DS-GVO Art. 25 Rn. 46a, beck-online). Martini Ist - ohne Verweis auf eine Fundstelle - der Auffassung, dass solche Formen der Verhaltenssteuerung der Gesetzgeber nicht vor Augen hatte, als er Abs. 2 S. 1 erließ. Die Vorschrift beruhe vielmehr auf dem verhaltensökonomischen Default-Gedanken, der an automatisch gesetzte, aber abänderbare Programmvorgaben des Verantwortlichen anknüpft. „Voreinstellung“ setze daher eine vorbereitete Konfiguration voraus (Paal/Pauly/Martini, 3. Aufl. 2021, DS-GVO Art. 25 Rn. 46b, beck-online).
Hintergrund des Art. 25 Abs. 2 S. 1 DS-GVO ist allerdings die Erkenntnis, dass werksseitig vorgegebene Voreinstellungen durch die Nutzer nur selten verändert werden (Baumgartner, ZD 2017, 308, beck-online). Diese Erkenntnis greift Art. 25 Abs. 2 S. 1 DS-GVO auf und verlangt, dass Nutzer keine Änderungen an den Einstellungen vornehmen müssen, um eine möglichst „datensparsame“ Verarbeitung zu erreichen. Vielmehr soll umgekehrt jede Abweichung von den datenminimierenden Voreinstellungen erst durch ein aktives „Eingreifen“ der Nutzer möglich werden (Baumgartner, ZD 2017, 308, beck-online).
Im vorliegenden Fall kann der Nutzer die Länge der Speicherung aktiv auswählen. Dabei wird ihm der Zeitraum von drei Monaten allerdings nicht angeboten, vielmehr wird der Zeitraum von 18 bzw. 36 Monaten voreingestellt. Zwar kann der Nutzer die Speicherung seiner Daten auch gänzlich ablehnen. Allerdings war der Verantwortliche zu dieser Auswahlmöglichkeit schon aufgrund der Freiwilligkeit der Einwilligung (s.o.) verpflichtet, so dass man bei der Beurteilung der Frage der Rechtsmäßigkeit diese Variante unberücksichtigt lassen muss, um die Frage allein bei Betrachtung der beiden verbleibenden Auswahlmöglichkeiten zu beantworten. Soweit die Beklagte anmahnt, dass die Verantwortlichen einen Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Ausgestaltung Ihrer Einwilligungserklärung und so auch hinsichtlich der Auswahl der Monate hätten, so trifft dies gerade aufgrund des Grundsatzes der Datenminimierung in dieser Allgemeinheit eben nicht zu. Unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks der Vorschrift ist die angebotene Auswahl der Beklagten nicht zulässig, da eine echte Wahl für eine Datenminimierung, wie sie auch Art. / Abs. 4 DS-GVO vorsieht, nicht besteht. Das Ziel der DS-GVO, einen wirksamen Schutz der Grundfreiheiten und Grundrechte natürlicher Personen und insbesondere ein hohes Schutzniveau für das Recht jeder Person auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten zu gewährleisten, fordert nach Dafürhalten der Kammer eine strenge Betrachtungsweise.
Der EuGH hat entschieden, dass bei der Werbung eines Online-Shops mit "Bequemer Kauf auf Rechnung“ etwaige einschränkende Voraussetzungen (hier: Bonitätsprüfung) für diese Zahlungsmethode angegeben werden müssen.
Tenor der Entscheidung:
Art. 6 Buchst. c der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“) ist dahin auszulegen, dass eine Werbeaussage auf der Website eines im Onlinehandel tätigen Unternehmens, mit der auf eine bestimmte Zahlungsmodalität hingewiesen wird, unter den Begriff „Angebot zur Verkaufsförderung“ im Sinne dieser Bestimmung fällt, sofern diese Zahlungsmodalität dem Adressaten dieser Aussage einen objektiven und sicheren Vorteil verschafft, der sein Verhalten bei der Entscheidung für eine Ware oder Dienstleistung beeinflussen kann.
Die EU-Kommission hat entschieden, dass TikTok / Bytedance nach vorläufiger Feststellung gegen den Digital Services Act (DSA) verstößt (hier: Fehlendes Repository für Werbung).
Die Pressmeitteilung der EU_Kommission: Kommission stellt vorläufig fest, dass das Anzeigenregister von TikTok gegen das Gesetz über digitale Dienste verstößt
Die Kommission hat TikTok heute von ihrer vorläufigen Auffassung in Kenntnis gesetzt, dass das Unternehmen der Verpflichtung des Gesetzes über digitale Dienste (DSA),ein Repository für Werbung zu veröffentlichen, nicht nachkommt. Ein solches Repository für Werbung ist für Forscher und die Zivilgesellschaft von entscheidender Bedeutung, um Betrugsanzeigen, hybride Bedrohungskampagnen sowie koordinierte Informationsoperationen und gefälschte Werbung, auch im Zusammenhang mit Wahlen, zu erkennen.
Die Kommission hat festgestellt, dass TikTok nicht die erforderlichen Informationen über den Inhalt der Anzeigen, die von den Anzeigen angesprochenen Nutzer und die für die Anzeigen bezahlten Nutzer bereitstellt. Darüber hinaus erlaubt das Repository von TikTok der Öffentlichkeit nicht, auf der Grundlage dieser Informationen umfassend nach Werbung zu suchen, wodurch der Nutzen des Tools eingeschränkt wird.
Die vorläufigen Feststellungen der Kommission beruhen auf einer eingehenden Untersuchung, die unter anderem die Analyse interner Unternehmensdokumente, die Erprobung der Tools von TikTok und Interviews mit Experten auf diesem Gebiet umfasste. Mit der Übermittlung vorläufiger Feststellungen teilt die Kommission TikTok ihre vorläufige Auffassung mit, dass sie gegen das Gesetz über digitale Dienste verstößt. Dies gilt unbeschadet des Ergebnisses der Untersuchung.
Die nächsten Schritte
TikTok hat nun die Möglichkeit, seine Verteidigungsrechte auszuüben, indem es die Unterlagen in der Untersuchungsakte der Kommission prüft und schriftlich auf die vorläufigen Feststellungen der Kommission antwortet. Parallel dazu wird das Europäische Gremium für digitale Dienste konsultiert.
Sollte sich die vorläufige Auffassung der Kommission letztlich bestätigen, kann die Kommission eine Entscheidung über die Nichteinhaltung erlassen, die eine Geldbuße von bis zu 6 % des weltweiten Jahresumsatzes des Anbieters sowie einen erweiterten Überwachungszeitraum auslösen kann, um die Einhaltung der Maßnahmen zu gewährleisten, die der Anbieter zur Behebung des Verstoßes zu ergreifen beabsichtigt. Die Kommission kann auch Zwangsgelder verhängen, um eine Plattform zur Einhaltung zu zwingen.
Hintergrund
Am 19. Februar 2024 leitete die Kommission ein förmliches Verfahren ein, um zu prüfen, ob TikTok möglicherweise gegen das Gesetz über digitale Dienste verstoßen hat. Neben der Werbetransparenz betraf die Einleitung des Verfahrens auch die negativen Auswirkungen, die sich aus der Gestaltung der algorithmischen Systeme von TikTok (wie „Hasenlocheffekte“ und Verhaltenssucht), der Alterssicherung, der Verpflichtung zur Gewährleistung eines hohen Maßes an Privatsphäre, Sicherheit und Schutz für Minderjährige und dem Datenzugriff für Forscher ergeben, für die die Untersuchung fortgesetzt wird.
Darüber hinaus hat die Kommission im Dezember 2024 ein förmliches Verfahren gegen TikTok wegen des Risikomanagements im Zusammenhang mit Wahlen und dem zivilgesellschaftlichen Diskurs eingeleitet, für das die Untersuchung fortgesetzt wird. Diese Untersuchungen werden von der Kommission vorrangig durchgeführt.
Die Kommission hat auch ein Hinweisgeber-Tool eingerichtet, das es Mitarbeitern und anderen Personen mit Kenntnissen ermöglicht, sich anonym an die Kommission zu wenden, um zur Überwachung der Einhaltung durch die Kommission durch benannte sehr große Online-Plattformen (VLOPs) und sehr große Online-Suchmaschinen (VLOSEs) beizutragen.
Der BGH hat entschieden, dass das BPatG erneut über die Löschung der Farbmarke NJW-Orange des Beck Verlages entscheiden muss.
Aus den Entscheidungsgründen: aa) Nach der im vorliegenden Verfahren ergangenen Entscheidung des Senats obliegt es dem Markeninhaber, diejenigen Umstände nachzuweisen, aus denen sich der (Fort-)Bestand seiner Marke ergibt (BGH, GRUR 2021, 1526 [juris Rn. 39] - NJW-Orange). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesgerichtshofs können bei der Beurteilung der Frage, ob eine Marke infolge Benutzung Unterscheidungskraft erlangt hat, der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geografische Verbreitung, die Dauer der Benutzung der Marke, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke sowie Erklärungen von Industrie- und Handelskammern und von anderen Berufsverbänden berücksichtigt werden. Wenn die Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung besondere Schwierigkeiten bereitet, verbietet es das Unionsrecht nicht, die Frage der Unterscheidungskraft der Marke durch eine Verbraucherbefragung klären zu lassen, die häufig das zuverlässigste Beweismittel zur Feststellung der Verkehrsdurchsetzung darstellt. Bei der Frage, ob sich eine Farbe im Verkehr als Marke durchgesetzt hat, wird sich die Feststellung der Verkehrsdurchsetzung im Regelfall erst nach Vorlage eines methodisch einwandfreien Parteigutachtens oder eines von Amts wegen einzuholenden gerichtlichen Sachverständigengutachtens treffen lassen (BGH, GRUR 2021, 1526 [juris Rn. 32] - NJW-Orange, mwN). Ein solches Parteigutachten oder gerichtliches Sachverständigengutachten zur Verkehrsdurchsetzung kann nur dann repräsentative Ergebnisse liefern, wenn der Markeninhaber nicht zeitgleich oder in zeitlichem Zusammenhang mit der demoskopischen Befragung Werbekampagnen startet, die die in Rede stehende Marke besonders hervorheben.
bb) Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Bundespatentgericht bei Berücksichtigung des von der Rechtsbeschwerde als übergangen gerügten Vorbringens der Antragstellerin zu der Erkenntnis gelangt wäre, dass der Markeninhaberin der Nachweis der Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Marke nicht gelungen ist.
OVG Berlin-Brandenburg
Urteil vom 13.05.2025
OVG 12 B 14/23
Das OVG Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass kein Auskunftsanspruch nach Art 15 DSGVO hinsichtlich im Rahmen der Videoüberwachung in S-Bahnen erstellten Aufzeichnungen besteht.
Die Pressemitteilung des Gerichts: Kein Rechtsanspruch auf Herausgabe von Videoaufnahmen in der S-Bahn
Die Betreiberin des öffentlichen S-Bahn-Netzes in Berlin ist nach der Datenschutz-Grundverordnung nicht dazu verpflichtet, Fahrgästen eine Kopie der Videoaufnahmen über ihre Fahrt in der S-Bahn herauszugeben. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat heute eine entsprechende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin (Urteil vom 12. Oktober 2023 – VG 1 K 561/21) im Ergebnis bestätigt.
Der Beigeladene beantragte bei der Klägerin, der S-Bahn Berlin GmbH, die Herausgabe einer Kopie der Videoaufnahmen seiner Fahrt mit der S-Bahn unter Berufung auf das in der Datenschutz-Grundverordnung vorgesehene Auskunftsrecht (Art. 15 Absatz 3 DS-GVO). Die Klägerin verweigerte dies mit Hinweis auf ihr Datenschutzkonzept, das sie mit der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit abgestimmt hatte. Dieses sieht vor, dass die Videoaufnahmen seitens der Klägerin nicht selbst eingesehen werden können und nur bei Auskunftsanfragen der Strafverfolgungsbehörden an diese herausgegeben werden. Im Übrigen erfolgt eine Löschung durch fortlaufende Überschreibung nach 48 Stunden.
Nach Auffassung des 12. Senats handelt es sich bei den Videoaufnahmen um die Verarbeitung personenbezogener Daten. Dennoch durfte die Klägerin die Herausgabe angesichts ihres Datenschutzkonzeptes verweigern. Dieses verfolgt gerade das Ziel, den Wertungen der Datenschutz-Grundverordnung und den Persönlichkeitsrechten der Fahrgäste in größtmöglichem Umfang Rechnung zu tragen. Demgegenüber musste das Interesse des Beigeladenen am Erhalt gerade der Videoaufzeichnung zurücktreten, nachdem er bereits auf sein Gesuch hin von der Klägerin entsprechend Art. 15 Absatz 1 DS-GVO über die Art und Weise sowie Dauer der Datenspeicherung informiert worden war.
Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde zugelassen.
EuGH-Generalanwalt
Schlussanträge vom 08.05.2025 C‑580/23 und C‑795/23
Der EuGH-Generalanwalt hat sich in seinen Schlussanträgen mit den Voraussetzungen der urheberrechtlichen Schutzfähigkeit von Werken der angewandten Kunst befasst.
Ergebnis:
1. Im Unionsrecht besteht zwischen dem geschmacksmusterrechtlichen und dem urheberrechtlichen Schutz kein Regel-Ausnahme-Verhältnis mit der Folge, dass bei der Prüfung der Originalität von Werken der angewandten Kunst höhere Anforderungen zu stellen sind als bei anderen Werkarten.
2. Art. 2 Buchst. a, Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft sind dahin auszulegen, dass ein Werk im Sinne dieser Bestimmungen ein Gegenstand ist, der die Persönlichkeit seines Urhebers widerspiegelt, indem er dessen freie kreative Entscheidungen zum Ausdruck bringt (origineller Gegenstand). Nicht kreativ sind nicht nur Entscheidungen, die durch verschiedene Zwänge vorgegeben sind, die den Urheber bei der Schaffung des fraglichen Gegenstands gebunden haben, sondern auch Entscheidungen, die zwar frei, nicht aber Ausdruck der Persönlichkeit des Urhebers sind, indem sie diesem Gegenstand einen einzigartigen Aspekt verleihen. Insbesondere begründet die Möglichkeit, bei der Schaffung freie Entscheidungen zu treffen, keine Vermutung für deren Kreativität. Umstände wie die Absichten des Urhebers beim Schaffensprozess, seine Inspirationsquellen und die Verwendung bekannter Formen, die Wahrscheinlichkeit einer unabhängigen ähnlichen Schöpfung oder die Anerkennung des Gegenstands in Fachkreisen können bei der Beurteilung der Originalität des fraglichen Gegenstands berücksichtigt werden. Diese Umstände sind jedoch keinesfalls entscheidend, da sich das angerufene Gericht selbst davon überzeugen muss, dass ein origineller Gegenstand vorliegt, um ihn für urheberrechtlich geschützt erklären zu können.
3. Art. 2 Buchst. a, Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 sind dahin auszulegen, dass das angerufene Gericht, um eine Urheberrechtsverletzung feststellen zu können, ermitteln muss, ob kreative Elemente des geschützten Werks wiedererkennbar in den als verletzend beanstandeten Gegenstand übernommen worden sind. Das bloße Fehlen eines anderen Gesamteindrucks zwischen den beiden einander gegenüberstehenden Gegenständen kann für die Feststellung einer solchen Verletzung nicht als ausreichend angesehen werden. Der Begriff „Grad an Originalität“ des geschützten Werks ist für die Zwecke dieser Prüfung irrelevant. Eine unabhängige ähnliche Schöpfung stellt zwar keine Urheberrechtsverletzung dar, doch kann die bloße Möglichkeit einer solchen unabhängigen Schöpfung dann keine Versagung des urheberrechtlichen Schutzes rechtfertigen, wenn eine Vervielfältigung kreativer Elemente des geschützten Werks festgestellt worden ist.