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AG Mannheim: AGB-Klausel in Auftraggeber-AGB nach der Forderungen des Auftragnehmers erst 90 Tage nach Rechnungseingang fällig werden ist unwirksam

AG Mannheim
Urteil vom 22.07.2015
10 C 169/15


Das AG Mannheim hat entschieden, dass eine AGB-Klausel in den Auftraggeber-AGB nach der Forderungen des Auftragnehmers erst 90 Tage nach Rechnungseingang fällig werden, auch im unternehmerischen Rechtsverkehr unwirksam ist, da sie eine unangemessen Benachteiligung darstellt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Regelung gemäß Nr. 8, nach welcher Forderungen des Auftragnehmers am letzten Tag des zweiten Folgemonats nach Rechnungseingang (d.h. im Falle der Ablieferung zu Beginn eines Monats nach 90 Tagen ab Rechnungseingang) fällig sein sollten, stellt einen Verstoß gegen §§ 307, 308 Nr. 1 lit. a BGB dar.

Die vertragliche Fälligkeitsregelung hält einer nach § 307 III BGB angezeigten Inhaltskontrolle nicht stand. Gemäß § 310 I BGB findet die Regelung des § 308 Nr. 1 lit. a BGB auch auf Allgemeine Geschäftsbedingungen Anwendung, die im unternehmerischen Rechtsverkehr Verwendung finden (Lapp/Salamon in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 310 BGB Rn. 5, § 308 Rn. 31). § 308 Nr. 1 lit. a BGB stellt eine Konkretisierung des allgemeinen Klauselverbots der Vereinbarung unangemessen langer Leistungsfristen aus § 308 Nr. 1 BGB für Zahlungs-, Überprüfungs- und Abnahmefristen dar (Lapp/Salamon in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 308 BGB, Rn. 34). Untersagt sind nach § 308 Nr. 1 lit. a BGB Klauseln, mit denen der Verwender sich eine unangemessen lange Zeit für die Erfüllung von Zahlungspflichten gegenüber seinem Vertragspartner ausbedingt. Dabei knüpft die Vorschrift an die unangemessene Benachteiligung an, wie sie Maßstab des § 307 I BGB ist (Lapp/Salamon in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 308 BGB, Rn. 35) und konkretisiert, wann im Zweifelsfall von einer unangemessen langen Zeit auszugehen ist. Die Frist beginnt regelmäßig ab Empfang der Gegenleistung. Sollte dem Schuldner zusätzlich nach Empfang der Gegenleistung eine Rechnung oder gleichwertige Zahlungsaufstellung zugehen, berechnet sich die Frist ab deren Zugang. Zu beachten ist, dass § 308 BGB unbestimmte Rechtsbegriffe enthält, bei deren Vorliegen eine Wertung im Einzelfall zu erfolgen hat. Die Wertung orientiert sich dabei an den Maßstäben des § 307 I S. 1, II BGB. Nach § 308 Nr. 1 lit. a BGB ist die Vereinbarung einer Zahlungsfrist nicht schlechthin unwirksam, da es sich bei den in § 308 BGB normierten Klauselvorbehalten, anders als bei denen des § 309 BGB, gerade um solche mit Wertungsmöglichkeit handelt. Folglich sind die widerstreitenden Interessen der Parteien abzuwägen, wobei die gesetzlichen Bewertungen einzubeziehen sind.

Vorliegend überwiegen die Interessen der Klägerin erheblich. Wie sich aus der Formulierung als Zweifelsfallregelung ergibt, wird im Rahmen des § 308 Nr. 1 lit. A BGB die Darlegungs- und Beweislast für die Angemessenheit der Frist dem unternehmerischen Verwender auferlegt (Lapp/Salamon in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 308 BGB, Rn. 33). Die ein Zwischenspeditionsunternehmen betreibende Beklagte vermag vorliegend jedoch nicht mit ihrer Argumentation durchzudringen, dass ihr aufgrund einer nur minimalen Gewinnmarge ein berechtigtes Interesse daran zukommt, dass sie nach der Durchführung eines von ihr beauftragten Transportes einen möglichst großen zeitlichen Spielraum benötigt, um den Transportvorgang zunächst mit ihrem Auftraggeber abzurechnen, bevor sie den im Verhältnis zum Frachtführer vereinbarten Frachtlohn an diesen ausbezahlt. Dabei kann dahin gestellt bleiben, ob die Gewinnmarge der Beklagten tatsächlich nur Euro 10,00 pro ausgeführten Auftrag beträgt. Entscheidend muss vielmehr sein, dass eine Zahlungsfrist von bis zu 90 Tagen ab Rechnungseingang insbesondere kleinere und mittelständische Frachtführer unangemessen benachteiligen würde, da diese - vorleistungspflichtig - durch die tatsächliche Durchführung des Transportes ganz erhebliche Aufwendungen zu tätigen haben, welche weit über jene des lediglich vermittelnd tätig werdenden Zwischenspediteurs hinausgehen dürften. Insbesondere solche Unternehmen sähen sich einer unbilligen Existenzbedrohung ausgesetzt, wenn sie sich auf eine erst sehr viel später eintretende Fälligkeit einer Forderung verweisen lassen müssten und dies ohne ein verwertbares/durchsetzbares Pfandrecht zu haben."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


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