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BGH: Urheberrechtsverletzung durch Deep-Links, wenn dabei technische Maßnahmen umgangen werden - Session-ID

BGH
Urteil vom 29.04.2010
I ZR 39/08
Session-ID
UrhG § 19a; ZPO § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1


Der BGH hat sich in dieser Entscheidung wieder einmal mit der Deep-Link-Problematik befasst (grundlegend dazu BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 – I ZR 259/00 - Paperboy) und musste nun entscheiden, ob eine Urheberrechtsverletzung vorliegt, wenn der Seitenbetreiber dies durch technische Maßnahmen verhindern will und welche Anforderungen an derartige technische Maßnahmen zu stellen sind.

Der Kläger betreibt eine Seite mit Stadtplänen. Der Zugang zu den Kartenausschnitten ist dabei nur bei Verwendung einer Session-ID möglich, die bei einem Aufruf der Startseite erteilt wird und zeitlich befristet ist. Der Beklagte hatte seine Seite derart programmiert, dass die Nutzer die Kartenausschnitte unter Umgehung der Startseite direkt aufrufen konnten.

Der BGH hat eine Verletzung in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung der Werke aus § 19a UrhG bejaht. In den Entscheidungsgründen heißt es dazu:

"Macht ein Berechtigter ein urheberrechtlich geschütztes Werk ohne technische Schutzmaßnahmen im Internet öffentlich zugänglich, haftet der Linksetzende nicht als Störer oder Täter, weil der Berechtigte dadurch bereits selbst den Nutzern die Vervielfältigung ermöglicht und den Zugang eröffnet hat und der Linksetzende die ohnehin mögliche Vervielfältigung und den ohnehin eröffneten Zugang lediglich erleichtert (BGHZ 156, 1, 12, 14 - Paperboy). Bedient der Berechtigte sich dagegen technischer Schutzmaßnahmen, um den Zugang zu dem geschützten Werk beispielsweise nur bestimmten Nutzern zu eröffnen oder nur auf einem bestimmten Weg zu ermöglichen, macht er das Werk auch nur in dieser eingeschränkten Weise zugänglich. Wer einen Hyperlink setzt, der derartige Schutzmaßnahmen umgeht, eröffnet einen Zugang zum Werk, der ansonsten für diese Nutzer oder auf diesem Weg nicht bestünde. Bedient der Berechtigte sich technischer Schutzmaßnahmen, um den öffentlichen Zugang zu dem geschützten Werk nur auf dem Weg über die Startseite seiner Website zu eröffnen, greift das Setzen eines Hyperlink, der unter Umgehung dieser Schutzmaßnahmen einen unmittelbaren Zugriff auf das geschützte Werk ermöglicht, in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung des Werkes ein."


Es ist dabei nicht erforderlich, dass es sich um eine wirksame technische Schutzmaßnahme im Sinne von § 95a UrhG handelt:

"Das Setzen eines Hyperlink, der unter Umgehung von technischen Schutzmaßnahmen einen unmittelbaren Zugriff auf ein geschütztes Werk ermöglicht, kann daher auch dann in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung des Werkes eingreifen, wenn es sich bei der technischen Schutzmaßnahme nicht um eine wirksame technische Schutzmaßnahme im Sinne des § 95a UrhG handelt. Entscheidend ist allein, dass der Berechtigte überhaupt Schutzmaßnahmen getroffen hat, die für Dritte als solche erkennbar sind."

Leitsätze des BGH
a) Bedient sich ein Berechtigter einer technischen Schutzmaßnahme, um den öffentlichen Zugang zu einem geschützten Werk nur auf dem Weg über die Startseite seiner Website zu eröffnen, greift das Setzen eines Hyperlink, der unter Umgehung dieser Schutzmaßnahme einen unmittelbaren Zugriff auf das geschützte Werk ermöglicht, in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung des Werkes aus § 19a UrhG ein. Bei der technischen Schutzmaßnahme muss es sich nicht um eine wirksame technische Schutzmaßnahme im Sinne des § 95a UrhG handeln. Es reicht aus, dass die Schutzmaßnahme den Willen des Berechtigten erkennbar macht, den öffentlichen Zugang zu dem geschützten Werk nur auf dem vorgesehenen Weg zu ermöglichen.

b) Das Verfahren im ersten Rechtszug leidet im Sinne des § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO an einem wesentlichen Mangel, wenn das bei Verkündung noch nicht vollständig abgefasste Urteil nicht binnen fünf Monaten nach Verkündung schriftlich niedergelegt, von den Richtern besonders unterschrieben und der Geschäftsstelle übergeben worden ist. Auch wenn ein solcher Mangel vorliegt, muss das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil nicht zwingend aufheben und die Sache an das Gericht erster Instanz zurückverweisen.
BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 39/08 - OLG Hamburg
LG Hamburg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

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