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Volltext des Urteils des OLG Hamburg im Rechtsstreit Erdogan gegen Böhmermann wegen des Schmähgedichts liegt vor

OLG Hamburg
Urteil vom 15.05.2018
7 U 34/17


Wir hatten bereits in dem Beitrag OLG Hamburg: Erdogan gegen Böhmermann - Verbreitung von Teilen des Schmähgedichts bleiben auch nach Urteil im Berufungsverfahren untersagt über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des OLG Hamburg:

Auch bei einem einheitlichen, aus mehreren Äußerungen zusammengesetzten Werk kann eine Verletzung von Rechten anderer sich aus nur einzelnen dieser Äußerungen ergeben. Da ein Verbot an die konkrete Verletzungsform anknüpft, mag eine Untersagung des gesamten Werkes in Betracht kommen, wenn die beanstandeten Textteile für die Gesamtkonzeption des Werks oder für das Verständnis des mit ihm verfolgten Anliegens von Bedeutung sind; zwingend ausgesprochen werden muss so ein Gesamtverbot aber nicht, zumal die Beschränkung des Verbots auf einzelne Teile der Gesamtäußerung den Verbreiter weniger belastet als ein Gesamtverbot.

Satire kann, muss aber nicht Kunst im Sinne von Art. 5 Abs. 3 GG sein Kunst im Sinne des Art. 5 Abs. 3 GG ist eine satirische Äußerung nur dann, wenn sie die weiteren Voraussetzungen des verfassungsrechtlich maßgeblichen Kunstbegriffs erfüllt, also ein Werk ist, das ein Produkt freier schöpferischer Gestaltung ist, in der Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden, indem Intuition, Phantasie und Kunstverstand zusammenwirken.

Die in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG garantierte Meinungsfreiheit im allgemeinen und die Freiheit der Äußerung satirischer Beiträge im besonderen schützt die Äußerung von Kritik in einer pointierten, polemischen und überspitzten Weise. Dieser Schutz setzt aber voraus, dass mit der Äußerung auch wirklich eine Kritik vorgebracht wird, sie Elemente enthält, die einen Bezug zu dem Gegenstand der Kritik aufweisen. Je weiter sich der Gehalt einer Äußerung von dem Gegenstand der Kritik entfernt und sich ohne Bezug auf diesen auf die bloße Herabsetzung der Person des Kritisierten fokussiert, desto geringer wird das für den Äußernden streitende Gewicht der Meinungsfreiheit gegenüber dem Gewicht des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der von der Äußerung betroffenen Person.

Das Aussprechen von Beleidigungen mit dem erkennbaren Zweck, die von ihnen betroffene Person verächtlich zu machen, ist auch dann rechtswidrig, wenn ihr die Ankündigung vorausgeht, jetzt werde lediglich ein Beispiel für solche Arten von Äußerungen gegeben, die rechtlich nicht zulässig seien.

Die Weiterverbreitung rechtswidriger Äußerungen durch dritte massenmediale Verbreiter führt nicht dazu, dass der von ihnen betroffenen Person kein Unterlassungsanspruch mehr gegen den Erstverbreiter zustünde. Es wäre mit dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht vereinbar, wenn das rechtswidrige Aussprechen der Beleidigung eines anderen deswegen rechtmäßig werden sollte, weil in den Medien über die Folgen dieser Beleidigung unter Wiedergabe ihres Wortlauts berichtet wird.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



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