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LG Hannover: Angabe eines Preisindikators anstelle des Reisepreises in Reisekatalog ist wettbewerbswidriger Verstoß gegen § 5a Abs. 2 Nr. 1 UWG

LG Hannover
Urteil vom 19.07.2018
74 O 10/18


Das LG Hannover hat entschieden, dass die Angabe eines Preisindikators anstelle des Reisepreises für eine Pauschalreise in einem Reisekatalog ein wettbewerbswidriger Verstoß gegen § 5a Abs. 2 Nr. 1 UWG ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Kläger kann von der Beklagten gem. §§ 3, 5 a Abs. 2, 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2 UWG verlangen, dass diese es künftig unterlässt, unter Darstellung ihres Leistungspaketes sowie der Angabe eines „…-PREISINDIKATORS“ zu werben, ohne gegenüber dem Kunden bezifferte Preisangaben zu machen.

1.

Der Kläger ist als gerichtsbekannter, bundesweit tätiger Verein gem. § 8 As. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt.

2.

Die im Tatbestand wiedergegebene Katalogwerbung verstößt gegen § 5 a Abs. 2 Nr. 1 UWG. Nach dieser Vorschrift handelt unlauter, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält, die dieser je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen und deren Vorenthaltung geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte.

a)

Der Katalog wendet sich an Verbraucher.

b)

Zu den geschäftlichen Handlungen im Sinne der Vorschrift gehören nach der Legaldefinition des § 2 Nr. 9 UWG alle Entscheidungen eines Verbrauchers darüber, „ob und wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen … will, unabhängig davon, ob der Verbraucher sich entschließt, tätig zu werden“. In der Rechtsprechung sind als geschäftliche Entscheidungen im Sinne der Regelung bei richtlinienkonformer Auslegung der Vorschrift auch solche Entscheidungen anzusehen, die mit den darin aufgeführten Entscheidungen unmittelbar zusammenhängen (vgl. EuGH, WRP 2014, 161 Rn. 38 - Trentos Belupo, BGH WRP 2015, Seite 851 Rn. 20). Dazu gehören auch tatsächliche Entscheidungen wie die, ob ein Geschäft betreten werden soll (EuGH, WRP a.a.O.), das Öffnen einer Internetseite, die es ermöglicht, ein beworbenes Produkt zu erwerben oder sich näher damit zu befassen (BGH WRP 2016, 859 Rn. 16, 17). Der von der Beklagten mit der Katalogwerbung angesprochene Verbraucher soll sich gerade, das ist die Intention des Katalogs, mit den darin konkret beschriebenen Reisen befassen und im nächsten Schritt deren Preis durch eine Abfrage im Internet, per E-Mail oder durch Aufsuchen eines Reisebüros erfragen, wie die Beklagte selbst konkret ausgeführt hat. Die Entscheidung darüber, ob der Verbraucher hier eine derartige Preisanfrage vornimmt und eine Internetnachfrage vornimmt, der Beklagten eine Mail übermittelt oder ein Reisebüro aufsucht, stellt nach den o.g. Kriterien der Rechtsprechung eine geschäftliche Handlung i.S.d. § 5 a Abs. 2 Nr. 1 UWG dar.

3.
Deshalb ist die Beklagte gem. § 5 a Abs. 2 UWG verpflichtet, dem Verbraucher unter Berücksichtigung aller Umstände für diese geschäftliche Entscheidung - Preisermittlung - die dafür wesentlichen Informationen zu geben. Im vorliegenden Fall stellt sich die Frage, ob der Preisindikator ausreichend ist, um dem Verbraucher die Information zu geben, die ihn in die Lage versetzen, sachgerecht darüber zu entscheiden, ob er eine Preisanfrage bei der Beklagten vornehmen sollte oder nicht. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich die Katalogwerbung gerade auch an Verbraucher wendet, die nicht internetaktiv sind und gerade deshalb auf der Grundlage von Vorinformationen durch Printmedien darüber entscheiden, ob bzw. bei welchem Veranstalter sie Reisen buchen wollen, welches Reisebüro sie aufsuchen bzw. nach welchen Reisen sie dort nachfragen.

Vor diesem Hintergrund reicht die Preisangabe mit dem Preisindikator ohne Angabe jeder Bezifferung des Reisepreises nicht aus, um konkret festzustellen, ob eine derartige Preisnachfrage seitens des Verbrauchers sinnvoll oder erwägungswert ist.

Tatsächlich wird jeweils bei den „Preisbeispielen“ das komplette Leistungspaket der Beklagten für die entsprechenden Reiseziele und das Hotel dargestellt. Allerdings hängen, wie auch in der mündlichen Verhandlung erörtert, die konkreten Reisepreise üblicherweise von der Buchungszeit und den konkreten Reisedaten ab, die bei attraktiven Reisezeiten in den Sommermonaten bzw. in den Ferienzeiten höher sind (Hauptsaison) als in den weniger nachgefragten Zeiten (Nebensaison). Wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, gibt der Preisindikator keinerlei Hinweis darauf, auf welche Reise- bzw. Buchungsdaten sich der jeweils gesetzte Pfeil zur Preisangabe bezieht, ob es sich dabei um einen Mindestpreis, einen Durchschnittspreis oder einen mit Rabatten für bestimmte Buchungszeiträume versehenen Preis handelt. Auch wird nicht deutlich, innerhalb welcher Preisspanne jeweils die Reisen angeboten werden. In der Verhandlung ist erörtert worden, dass sich der Preisbalken bei den in Rede stehenden Reisen jeweils zwischen 250 € und 1.300 € in 150-Euro-Schritten bewegt. Auch auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung hat der Bevollmächtigte der Klägerin konkret nicht angeben können, ob der jeweils vorgegebene Preisrahmen von 250 - 1.300 € in den wiedergebebenen Beispielen abgedeckt wird, ohne mit der Beklagten Rücksprache zu nehmen. Daraus ergibt sich, dass jedenfalls aus dem Katalog selbst, aufgrund dessen der Verbraucher seine Entscheidung treffen soll, nicht klar ist, in welchem Preisrahmen sich die Reisen bewegen. Wenn selbst der Bevollmächtigte der Beklagten hierzu Nachfrage halten muss, kann die Information des Verbrauchers selbst nicht ausreichend sein, um hier den Preisrahmen auch nur ansatzweise zu beurteilen. Es liegt zwar nahe, mit Rücksicht auf die jeweils identische Reisedauer und den Abflugort München anzunehmen, dass die unterschiedliche Einstufung der im Tatbestand aufgeführten Reisen mit dem Preisindikator im Bereich von etwa 350 - 700 € pro Woche mit der Qualität und Wertigkeit der Reiseleistung im Zusammenhang steht. Zwingend ist dies nicht, da höhere Preise hier auch auf der Grundlage von Preisermittlungen für die Hauptsaison beruhen können, ohne dass dies aus dem Preisindikator hervorgeht und für den Verbraucher ersichtlich und verständlich wird.

Der Verbraucher soll damit für bestimmte, ihn interessierende Reisen eine Preisanfrage in der o.g. Form vornehmen, ohne vorher über Informationen zu verfügen, die ihm z.B. einen Vergleich des Preisniveaus der Angebote der Beklagten untereinander, aber auch mit Angeboten anderer Anbieter ermöglichen könnte. Da für Urlaubsreisen das Preisniveau naturgemäß eine erhebliche Rolle spielt und Verbraucher, zu denen das erkennende Gericht gehört, üblicherweise vorab sich darüber informieren wollen, zu welchem Preissegment Reiseangebote gehören, die sie konkret in die engere Auswahl ziehen und für die sie weitere Nachforschungen anstellen, reichen die vorliegenden Informationen hier nicht aus, um eine informierte geschäftliche Entscheidung darüber zu treffen, ob für bestimmte Angebote eine Preisanfrage erfolgen soll. Hierzu ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zumindest die Angabe eines „Ab“-Preises erforderlich, aber auch ausreichend (EuGH GRUR 2011, Seite 930 TZ 40).

Der Klage war daher stattzugeben.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


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