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OLG Frankfurt: Gleichlautendes Titelschutzrecht wird nicht durch Verwendung von "Rezepturtipp" als Überschrift einer Rubrik für pharmazeutische Beiträge verletzt

OLG Frankfurt
Beschluss vom 18.03.2021
6 W 17/21


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass ein gleichlautendes Titelschutzrecht durch Verwendung von "Rezepturtipp" als Überschrift einer Rubrik für pharmazeutische Beiträge nicht verletzt wird.

Aus den Entscheidungsgründen:

Das Landgericht hat den Eilantrag zu Recht zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin keinen Anspruch aus §§ 5 Abs. 3, 15 Abs. 2 MarkenG auf Unterlassung der Benutzung der Bezeichnung „Rezeptur-Tipp“ bzw. „Rezepturtipp“, wie geschehen auf der Internetseite „d.de“ (Anlage BRP10).

1. Es kann dahinstehen, ob die Antragstellerin an der Bezeichnung „Rezepturtipp“ ein Titelschutzrecht nach § 5 Abs. 3 MarkenG beanspruchen kann. Dies ist allerdings zweifelhaft. Die Antragstellerin verwendet die Angabe für einen Newsletter, der die Unterüberschrift „Rezepturtipp der Woche [nebst Datum]“ trägt (Anlage BRP9). Eine isolierte Verwendung des Begriffs „Rezepturtipp“ ist dort nicht feststellbar. Die Bezeichnung genießt auch keinen isolierten Schutz als Titelschlagwort. Zwar neigt der Verkehr dazu, insbesondere längere Werktitel auf ein markantes Zeichen zu verkürzen (vgl. OLG Frankfurt am Main MMR 2001, 696 - weltonline.de; Hans. OLG Hamburg, Urteil vom 22.3.2006 - 5 U 188/04, Rn 54 - OBELIX). Der Untertitel des Newsletters „Rezepturtipp der Woche“ ist jedoch schon in vollständiger Form hinreichend kurz und prägnant. Es kann nicht angenommen werden, dass der Verkehr zu einer Verkürzung auf den - auch kaum unterscheidungskräftigen - Bestandteil „Rezepturtipp“ tendiert. Soweit die Antragstellerin die Angabe auf ihrer Internetseite als Bezeichnung einer Rubrik isoliert verwendet (Anlage BRP12, 14), liegt keine Benutzung als Werktitel vor. Zwar kann bei periodisch erscheinenden Druckwerken unter Umständen einer bloßen Rubrikbezeichnung Schutz als Werktitel zukommen (vgl. BGH GRUR 2012, 1265, Rn 23 - Stimmt`s?; BGH GRUR 2010, 156 Rn 15 - EILFEL-ZEITUNG). Dies gilt aber in der Regel nicht in gleicher Weise für die Überschriften der Rubriken einer Homepage (Ingerl/Rohnke MarkenG, 3. Aufl., § 5 Rn 76). Sie dienen im Gegensatz zum Domainnamen (vgl. dazu BGH GRUR 2016, 939, Rn 17 - wetter.de) meist nicht der Unterscheidung eines Werkes von einem anderen, sondern erfüllen nur einen inhaltsgliedernden Zweck. Ihnen kommt daher nicht die Funktion eines Werktitels zu. So liegt es auch im Streitfall. Die Rubriküberschrift „Rezepturtipps“ wird vom Verkehr als Sachangabe aufgefasst.

2. Geht man demgegenüber von einem Titelschutzrecht der Antragstellerin an der Bezeichnung „Rezepturtipp“ aus, fehlt es jedenfalls an einer rechtsverletzenden Benutzung seitens der Antragsgegnerin.

a) Dritten ist es nach § 15 Abs. 2 MarkenG untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen. Werktitel dienen grundsätzlich nur der Unterscheidung eines Werkes von anderen, ohne einen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber des Werkes und damit auf eine bestimmte betriebliche Herkunft zu enthalten. Die rechtsverletzende Benutzung eines Werktitels erfordert daher eine titelmäßige Verwendung. Es bedarf einer Verwendung zur Unterscheidung eines Werks von anderen Werken (BGH, Urteil vom 12.11.2009 - I ZR 183/07, Rn 37 - WM-Marken; BGH, Urteil vom 31.1.2019 - I ZR 97/17, Rn 61 - Das Omen).

b) Streitgegenstand des Eilantrags ist die Verwendung der Bezeichnung als Überschrift des Beitrags „Rezeptur-Tipp: Atropin-Augentropfen gegen Kurzsichtigkeit“ (Anlage BRP10). In dem Artikel wird auf eine neue standardisierte Vorschrift für die Herstellung der Augentropfen hingewiesen. Der Beitrag wendet sich an Fachkreise im pharmazeutischen Bereich. Dieser Verkehrskreis wird in der Angabe „Rezeptur-Tipp“ allein einen Hinweis auf den Inhalt des Artikels sehen. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden. Es handelt sich um eine glatt beschreibende Sachangabe, die nicht als Titel eines Werks verstanden wird. Daran ändert sich auch nichts, wenn man entsprechend dem Vortrag in der Beschwerdeschrift davon ausgeht, dass die Antragsgegnerin zahlreiche Beiträge veröffentlicht, die Informationen zu neuen Rezepturen enthalten, und bei denen eine Überschrift mit dem vorangestellten Begriff „Rezeptur-Tipp: …“ verwendet wird (Anlagen BRP 20-30). Es kann nicht angenommen werden, dass es sich hierbei um eine eigene, so bezeichnete Rubrik handelt. Das geht jedenfalls aus den zur Glaubhaftmachung vorgelegten Anlagen nicht hervor. Vielmehr verwendet die Antragsgegnerin den Begriff in sämtlichen Artikeln in einem rein beschreibenden Sinn. Die Bezeichnung ist überaus naheliegend, um Informationen zu neuen Rezepturen zu bezeichnen.

c) Eine Titelverletzung ist entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Serientitels gegeben. In Ausnahmefällen kommt eine mittelbare Verwechslungsgefahr in Betracht, wenn durch ausdrückliche Bezugnahme auf einen älteren Titel der Eindruck eines Serientitels oder geschäftlicher Zusammenhänge erzeugt wird (Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering MarkenG, 12. Aufl., § 15 Rn 77). Bei der Verwendung durch die Antragsgegnerin entsteht für die angesprochenen Fachkreise nicht der Eindruck, die Bezeichnung „Rezepturtipp: …“ sei gewissermaßen Teil einer Serie, nämlich des von der Antragstellerin veröffentlichten „Rezepturtipps der Woche“. Der Verkehr erkennt in der als Überschrift eines redaktionellen Beitrags verwendeten Angabe lediglich einen Sachhinweis auf den Inhalt des Artikels.

3. Ohne Erfolg beruft sich die Antragstellerin schließlich darauf, es bestünde die Befürchtung, die Antragsgegnerin könnte dazu übergehen, ihre „Rezepturtipps“ als Titel ihres wöchentlichen Newsletters veröffentlichen. Eine Erstbegehungsgefahr setzt greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür voraus, dass ein rechtswidriges Verhalten unmittelbar bevorsteht. Es gibt keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin eine titelmäßige Verwendung des Begriffs „Rezepturtipps“ für ihren Newsletter plant. Sie ergeben sich insbesondere nicht auf den insoweit in Bezug genommenen Anlagen BRP31, BRP10.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


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