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Vorratsdatenspeicherung trotz verfassungsrechtlicher Bedenken beschlossen

Der Gesetzegeber hat die Umsetzung der EU-Richlinie zur Vorratsdatenspeicherung trotz erheblicher verfassungsrechtlicher Bedenken beschlossen.

Hier die relevanten Vorschriften im Telekommunikationsgesetz:

§ 113a TKG: Speicherungspflichten für Daten

(1) Wer öffentlich zugängliche Telekommunikationsdienste für Endnutzer erbringt, ist verpflichtet, von ihm bei der Nutzung seines Dienstes erzeugte oder verarbeitete Verkehrsdaten nach Maßgabe der Absätze 2 bis 5 sechs Monate im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zu speichern. Wer öffentlich zugängliche Telekommunikationsdienste für Endnutzer erbringt, ohne selbst Verkehrsdaten zu erzeugen oder zu verarbeiten, hat sicherzustellen, dass die Daten gemäß Satz 1 gespeichert werden, und der Bundesnetzagentur auf deren Verlangen mitzuteilen, wer diese Daten speichert.

(2) Die Anbieter von öffentlich zugänglichen Telefondiensten speichern:
1. die Rufnummer oder andere Kennung des anrufenden und des angerufenen Anschlusses sowie im Falle von Um- oder Weiterschaltungen jedes weiteren beteiligten Anschlusses,
2. den Beginn und das Ende der Verbindung nach Datum und Uhrzeit unter Angabe der zugrunde liegenden Zeitzone,
3. in Fällen, in denen im Rahmen des Telefondienstes unterschiedliche Dienste genutzt werden können, Angaben zu dem genutzten Dienst,
4. im Fall mobiler Telefondienste ferner:
a) die internationale Kennung für mobile Teilnehmer für den anrufenden und den angerufenen Anschluss,
b) die internationale Kennung des anrufenden und des angerufenen Endgerätes,
c) die Bezeichnung der durch den anrufenden und den angerufenen Anschluss bei Beginn der Verbindung genutzten Funkzellen,
d) im Fall im Voraus bezahlter anonymer Dienste auch die erste Aktivierung des Dienstes nach Datum, Uhrzeit und Bezeichnung der Funkzelle,
5. im Fall von Internet-Telefondiensten auch die Internetprotokoll-Adresse des anrufenden und des angerufenen Anschlusses.

Satz 1 gilt entsprechend bei der Übermittlung einer Kurz-, Multimedia- oder ähnlichen Nachricht; hierbei sind anstelle der Angaben nach Satz 1 Nr. 2 die Zeitpunkte der Versendung und des Empfangs der Nachricht zu speichern.

(3) Die Anbieter von Diensten der elektronischen Post speichern:
1. bei Versendung einer Nachricht die Kennung des elektronischen Postfachs und die Internetprotokoll-Adresse des Absenders sowie die Kennung des elektronischen Postfachs jedes Empfängers der Nachricht,
2. bei Eingang einer Nachricht in einem elektronischen Postfach die Kennung des elektronischen Postfachs des Absenders und des Empfängers der Nachricht sowie die Internetprotokoll-Adresse der absendenden Telekommunikationsanlage,
3. bei Zugriff auf das elektronische Postfach dessen Kennung und die Internetprotokoll-Adresse des Abrufenden,
4. die Zeitpunkte der in den Nummern 1 bis 3 genannten Nutzungen des Dienstes nach Datum und Uhrzeit unter Angabe der zugrunde liegenden Zeitzone.

(4) Die Anbieter von Internetzugangsdiensten speichern:
1. die dem Teilnehmer für eine Internetnutzung zugewiesene Internetprotokoll-Adresse,
2. eine eindeutige Kennung des Anschlusses, über den die Internetnutzung erfolgt,
3. den Beginn und das Ende der Internetnutzung unter der zugewiesenen Internetprotokoll-Adresse nach Datum und Uhrzeit unter Angabe der zugrunde liegenden Zeitzone.

(5) Soweit Anbieter von Telefondiensten die in dieser Vorschrift genannten Verkehrsdaten für die in § 96 Abs. 2 genannten Zwecke auch dann speichern oder protokollieren, wenn der Anruf unbeantwortet bleibt oder wegen eines Eingriffs des Netzwerkmanagements erfolglos ist, sind die Verkehrsdaten auch nach Maßgabe dieser Vorschrift zu speichern.

(6) Wer Telekommunikationsdienste erbringt und hierbei die nach Maßgabe dieser Vorschrift zu speichernden Angaben verändert, ist zur Speicherung der ursprünglichen und der neuen Angabe sowie des Zeitpunktes der Umschreibung dieser Angaben nach Datum und Uhrzeit unter Angabe der zugrunde liegenden Zeitzone verpflichtet.

(7) Wer ein Mobilfunknetz für die Öffentlichkeit betreibt, ist verpflichtet, zu den nach Maßgabe dieser Vorschrift gespeicherten Bezeichnungen der Funkzellen auch Daten vorzuhalten, aus denen sich die geografischen Lagen der die jeweilige Funkzelle versorgenden Funkantennen sowie deren Hauptstrahlrichtungen ergeben.

(8) Der Inhalt der Kommunikation und Daten über aufgerufene Internetseiten dürfen auf Grund dieser Vorschrift nicht gespeichert werden.

(9) Die Speicherung der Daten nach den Absätzen 1 bis 7 hat so zu erfolgen, dass Auskunftsersuchen der berechtigten Stellen unverzüglich beantwortet werden können.

(10) Der nach dieser Vorschrift Verpflichtete hat betreffend die Qualität und den Schutz der gespeicherten Verkehrsdaten die im Bereich der Telekommunikation erforderliche Sorgfalt zu beachten. Im Rahmen dessen hat er durch technische und organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass der Zugang zu den gespeicherten Daten ausschließlich hierzu von ihm besonders ermächtigten Personen möglich ist.

(11) Der nach dieser Vorschrift Verpflichtete hat die allein auf Grund dieser Vorschrift gespeicherten Daten innerhalb eines Monats nach Ablauf der in Absatz 1 genannten Frist zu löschen oder die Löschung sicherzustellen.

§ 113b TKG Verwendung der nach § 113a gespeicherten Daten

Der nach § 113a Verpflichtete darf die allein auf Grund der Speicherungsverpflichtung nach § 113a gespeicherten Daten
1. zur Verfolgung von Straftaten,
2. zur Abwehr von erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder
3. zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, des Bundesnachrichtendienstes und des Militärischen Abschirmdienstes

an die zuständigen Stellen auf deren Verlangen übermitteln, soweit dies in den jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen unter Bezugnahme auf § 113a vorgesehen und die Übermittlung im Einzelfall angeordnet ist; für andere Zwecke mit Ausnahme einer Auskunftserteilung nach § 113 darf er die Daten nicht verwenden. § 113 Abs. 1 Satz 4 gilt entsprechend.



Die offizielle Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz finden Sie hier:
Bundestag beschließt Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung

Der Deutsche Bundestag hat heute die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung (2006/24/EG) in deutsches Recht beschlossen.

Der Verabschiedung der EU-Richtlinie gingen lange, zähe Verhandlungen auf europäischer Ebene voraus, in deren Verlauf es Deutschland gegen den Widerstand vieler anderer Mitgliedstaaten gelungen ist, möglichst grundrechtsschonende Regelungen zu vereinbaren. So wurde die Mindestspeicherdauer auf 6 Monate (statt der ursprünglich auf EU-Ebene diskutierten 36 Monate) beschränkt. Auch bei der Frage, welche Daten gespeichert werden, hat sich Deutschland mit seiner restriktiven Linie durchgesetzt. So wurde verhindert, dass Angaben über aufgerufene Internetseiten gespeichert werden müssen. Ebenso hat die Bundesregierung erfolgreich verhindert, dass Verkehrsdaten bei erfolglosen Anrufen stets gespeichert werden müssen. Gleiches gilt für die von vielen EU-Mitgliedstaaten geforderte umfassende Speicherpflicht von Standortdaten bei der Mobilfunktelefonie, um bei längeren Telefonaten mit Ortswechseln Bewegungsbilder von Mobiltelefonierenden erstellen zu können. Die Bundesregierung hat dagegen durch intensive Verhandlungen erreicht, dass nur das Standortdatum bei Beginn des Mobiltelefonats gespeichert werden muss.

Was wird gespeichert?

Es werden nur Verkehrsdaten gespeichert, keine Telekommunkationsinhalte. Telekommunikationsverkehrsdaten sind Daten aus denen sich ergibt, von welchem Anschluss aus zu welchem Anschluss hin wann und wie lange telekommuniziert wurde, also die genutzten Rufnummern und Kennungen, die Uhrzeit und das Datum der Verbindungen. Viele TK-Unternehmen speichern diese Daten schon heute zu geschäftlichen Zwecken; für Abrechnungszwecke ist das nach geltendem Recht 6 Monate lang zulässig, § 97 Abs. 3 Satz 3 Telekommunikationsgesetz (TKG).

Neu hinzu kommt nur, dass bei der Mobilfunktelefonie auch der Standort (angewählte Funkzelle) bei Beginn der Mobilfunkverbindung gespeichert wird. Daten, die Aufschluss über den Inhalt der Kommunikation geben, dürfen dagegen nicht gespeichert werden.

Zu den Telekommunikationsverkehrsdaten gehören neben Telefonverbindungen auch bestimmte Verkehrsdaten, die bei der Kommunikation über das Internet anfallen. Diese müssen nach der EU-Richtlinie künftig ebenfalls gespeichert werden. Deutschland nutzt die Umsetzungsfrist, deshalb müssen erst ab dem 1.1.2009 gespeichert werden:

- von den Internetzugangsanbieter: die zugewiesene IP-Adresse, Beginn und Ende der Internetnutzung und die Anschlusskennung (Rufnummer oder DSL-Kennung); nicht aber, welche Seite besucht wurde;
- von den Anbietern von E-Mail-Diensten: im Wesentlichen die Kennungen der elektronischen Postfächer (E-Mail-Adressen) und die IP-Adressen von Absender bzw. Empfänger nebst Zeitangaben;
- von Internettelefonieanbietern (VoIP): die Rufnummern, Zeitpunkte der Kommunikation und die IP-Adressen.

Auch in diesem Bereich werden also nur Daten über den Internetzugang und die E-Mail-Kommunikation gespeichert.

Wer speichert?

Gespeichert werden die Daten bei den Telekommunikationsunternehmen, nicht beim Staat.

Wie lange wird gespeichert?

Viele der beschriebenen Daten können (und werden in vielen Fällen) schon nach geltendem Recht von den Telekommunikationsunternehmen für geschäftliche Zwecke zwischen 3 und 6 Monaten gespeichert. Neu ist vor allem, dass die Unternehmen künftig nicht nur speichern dürfen, sondern entsprechend der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für 6 Monate speichern müssen, damit eine effektive Strafverfolgung gewährleistet ist.

Wer hat Zugriff auf die Daten?

Die Daten werden - wie bisher – nur beim Telekommunikationsunternehmen gespeichert. Wie bisher schon können Polizei und Staatsanwaltschaft grundsätzlich nur dann auf die Daten zugreifen, wenn dies in einem Ermittlungsverfahren zur Aufklärung einer konkreten Straftat zuvor durch einen richterlichen Beschluss erlaubt wurde. In diesem Beschluss legt der Richter genau fest, welche Daten das Unternehmen aus seinem Bestand herausfiltern und den Strafverfolgungsbehörden übermitteln muss.


Herausgegeben vom Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des
Bundesministeriums der Justiz
Verantwortlich: Eva Schmierer; Redaktion: Dr. Henning Plöger, Dr. Isabel Jahn, Johannes Ferguson, Ulrich Staudigl
Mohrenstr. 37, 10117 Berlin
Telefon 01888 580-9030
Telefax 01888 580-9046
presse@bmj.bund.de

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