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EuG: "Biomarkt" ist beschreibend und kann mangels Unterscheidungskraft nicht als Unionsmarke eingetragen werden

EuG
Urteil vom 13.07.2022
T‑641/21


Das EuG hat entschieden, dass die Zeichnfolge "Biomarkt" beschreibend ist und mangels Unterscheidungskraft nicht als Unionsmarke eingetragen werden kann.

Aus den Entscheidungsgründen:

Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können. Nach Art. 7 Abs. 2 finden die Vorschriften des Abs. 1 ferner auch dann Anwendung, wenn die Eintragungshindernisse nur in einem Teil der Union vorliegen.

Solche Zeichen oder Angaben werden als ungeeignet angesehen, die wesentliche Funktion der Marke zu erfüllen, die darin besteht, die betriebliche Herkunft der Ware oder der Dienstleistung zu identifizieren (Urteile vom 23. Oktober 2003, HABM/Wrigley, C‑191/01 P, EU:C:2003:579, Rn. 30, und vom 27. Februar 2002, Eurocool Logistik/HABM [EUROCOOL], T‑34/00, EU:T:2002:41, Rn. 37).

Mit dem Ausschluss solcher Zeichen oder Angaben von der Eintragung als Marke verfolgt Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass Zeichen oder Angaben, die die Waren oder Dienstleistungen beschreiben, für die die Eintragung beantragt wird, von jedermann frei verwendet werden können. Die Bestimmung erlaubt es daher nicht, dass solche Zeichen oder Angaben durch ihre Eintragung als Marke einem einzigen Unternehmen vorbehalten werden (vgl. Urteil vom 23. Oktober 2003, HABM/Wrigley, C‑191/01 P, EU:C:2003:579, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Damit ein Zeichen unter das in Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 2017/1001 aufgestellte Verbot fällt, muss es zu den fraglichen Waren oder Dienstleistungen einen hinreichend direkten und konkreten Bezug aufweisen, der es den angesprochenen Verkehrskreisen ermöglicht, unmittelbar und ohne weitere Überlegung eine Beschreibung der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen oder eines ihrer Merkmale zu erkennen (vgl. Urteile vom 12. Januar 2005, Deutsche Post EURO EXPRESS/HABM [EUROPREMIUM], T‑334/03, EU:T:2005:4, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 22. Juni 2005, Metso Paper Automation/HABM [PAPERLAB], T‑19/04, EU:T:2005:247, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Der beschreibende Charakter eines Zeichens lässt sich nur danach, wie die angesprochenen Verkehrskreise es verstehen, und in Bezug auf die betreffenden Waren oder Dienstleistungen beurteilen (vgl. Urteil vom 25. Oktober 2005, Peek & Cloppenburg/HABM [Cloppenburg], T‑379/03, EU:T:2005:373, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerin in Bezug auf die Definition der maßgeblichen Verkehrskreise weder die von der Beschwerdekammer in Rn. 17 der angefochtenen Entscheidung getroffene Schlussfolgerung beanstandet, wonach sich die Großhandelsdienstleistungen an ein Fachpublikum und die anderen Waren und Dienstleistungen an allgemeine Verkehrskreise richteten, noch die Möglichkeit für die Beschwerdekammer, ihre Beurteilung auf den deutschsprachigen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise zu beschränken.

In Bezug auf den beschreibenden Charakter des Wortbestandteils „Biomarkt“ ist erstens festzustellen, dass dieser Begriff von den maßgeblichen Verkehrskreisen naturgemäß mit den deutschen Begriffen „Bio“ bzw. „Markt“ gleichgesetzt werden wird. Was die einzelnen Bedeutungen dieser Begriffe betrifft, so beanstandet die Klägerin weder die Beurteilung der Beschwerdekammer, wonach Verkaufsstätten, die in der deutschen Sprache durch zusammengesetzte Begriffe mit dem Bestandteil „-markt“ bezeichnet würden, Supermärkte, Drogeriemärkte, Fachmärkte, Großmärkte und Kaufmärkte umfassten, noch die Feststellung, dass zum einen das Wort „bio“ auf den Gedanken der Achtung der Umwelt, der Verwendung natürlicher Stoffe bzw. ökologischer Herstellungsverfahren hinweise und zum anderen dieser Begriff in Bezug auf landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lebensmittel als Hinweis auf Methoden des biologischen Landbaus verwendet werde.

Das Vorbringen der Klägerin, der Wortbestandteil „Biomarkt“ in seiner Gesamtheit sei im Gegensatz zum Ausdruck „Biosupermarkt“ eine Wortneuschöpfung sowie ein von ihr erfundener Phantasiebegriff, greift nicht durch. Nach ständiger Rechtsprechung hat eine Marke, die aus einer sprachlichen Neuschöpfung oder einem Wort mit mehreren Bestandteilen besteht, von denen jeder Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird, selbst einen die Merkmale dieser Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Charakter im Sinne des Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen der Neuschöpfung bzw. dem Wort und der bloßen Summe ihrer Bestandteile besteht. Dies setzt voraus, dass die Neuschöpfung bzw. das Wort aufgrund der Ungewöhnlichkeit der Kombination in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen einen Eindruck erweckt, der hinreichend weit von dem abweicht, der bei bloßer Zusammenfügung der ihren Bestandteilen zu entnehmenden Angaben entsteht, und somit über die Summe dieser Bestandteile hinausgeht. Insoweit ist auch die Analyse des fraglichen Ausdrucks anhand der maßgeblichen lexikalischen und grammatikalischen Regeln von Bedeutung (vgl. Urteil vom 28. April 2021, Freistaat Bayern/EUIPO [GEWÜRZSOMMELIER], T‑348/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:228, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Jedoch handelt es sich vorliegend bei dem Wortbestandteil „Biomarkt“ in seiner Gesamtheit um eine einfache Kombination zweier Begriffe der deutschen Sprache, die vom deutschsprachigen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise leicht verstanden werden. Dieser Wortbestandteil wird, wie die Beschwerdekammer in Rn. 24 der angefochtenen Entscheidung zu Recht feststellte, von diesen Verkehrskreisen als Hinweis auf eine Verkaufsstätte wie einen Supermarkt oder auf einen Fachmarkt für Erzeugnisse aus biologischem Landbau, besonders Lebensmittel, und für Produkte, zu deren Herstellung natürliche Stoffe und ökologische Herstellungsverfahren verwendet werden, wahrgenommen. Der Begriff „bio“ steht nämlich unter Beachtung der Syntax der deutschen Sprache vor dem Begriff „Markt“, so dass die Verbindung dieser beiden Begriffe strukturell nicht ungewöhnlich, sondern vielmehr im Deutschen geläufig ist. Da die Anmeldemarke somit in ihrer Gesamtheit aus einer Begriffskombination besteht, die den Grammatikregeln der deutschen Sprache entspricht, erzeugt die Aneinanderreihung dieser Begriffe im Deutschen keinen anderen Gesamteindruck als den der Summe dieser Bestandteile und ist daher nicht geeignet, ihren beschreibenden Charakter für die fraglichen Waren und Dienstleistungen zu mindern, zumal diese Begriffe einen verständlichen Ausdruck bilden.

Das Vorbringen der Klägerin, wonach der Begriff „Biomarkt“ bis zu dessen aktuellster Auflage keinen Eingang in das deutsche Rechtschreibwörterbuch Duden – die deutsche Rechtschreibung gefunden habe, ist unerheblich. Selbst wenn der fragliche Begriff nicht in Wörterbüchern aufgeführt wäre, wäre ein solcher Umstand für die Prüfung des beschreibenden Charakters ohne Bedeutung (Urteile vom 12. Januar 2000, DKV/HABM [COMPANYLINE], T‑19/99, EU:T:2000:4, Rn. 26, und vom 7. Juli 2011, Cree/HABM [TRUEWHITE], T‑208/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:340, Rn. 25). Im Übrigen bezog sich die Beschwerdekammer in Rn. 20 der angefochtenen Entscheidung auf das Online-Wörterbuch Duden und auf das deutsche Universalwörterbuch Duden, und hat klargestellt, in Letzterem sei der Begriff „Biomarkt“ seit 2011 aufgeführt. Wie die Beschwerdekammer in derselben Randnummer der angefochtenen Entscheidung dargelegt hat, ergibt sich aus dem Duden-Online-Wörterbuch, dass der Begriff „Biomarkt“ als „Verkaufsstätte für Erzeugnisse (besonders Lebensmittel) aus dem biologischen Anbau“ und „Markt für Bioprodukte“ definiert ist. Selbst wenn der Wortbestandteil „Biomarkt“ der Anmeldemarke zum damaligen Zeitpunkt eine Wortneuschöpfung der Klägerin gewesen sein sollte, folgt aus dem Vorstehenden, dass die allgemeine Behauptung der Klägerin, wonach dieser Bestandteil als Phantasiebegriff verstanden werde, so dass er nicht beschreibend sei, zurückzuweisen ist.

Dass es im Deutschen einen anderen Begriff gibt, um sich auf das Konzept von Supermärkten zu beziehen, die Bioprodukte anbieten, nämlich „Biosupermarkt“, ist ebenfalls unerheblich, da feststeht, dass der Ausdruck „Biomarkt“ im Deutschen auch existiert, um auf dieses Konzept Bezug zu nehmen. Die Anmeldemarke ist nämlich selbst dann von der Eintragung auszuschließen, wenn es andere Zeichen oder Angaben gibt, die gebräuchlicher sind als die, aus denen sie besteht, um dieselben Merkmale der in der Anmeldung aufgeführten Waren oder Dienstleistungen zu bezeichnen. Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 2017/1001 muss die Marke zwar, um unter das dort genannte Eintragungshindernis zu fallen, „ausschließlich“ aus Zeichen oder Angaben bestehen, die zur Bezeichnung von Merkmalen der betreffenden Waren oder Dienstleistungen dienen können, doch verlangt diese Bestimmung nicht, dass die betreffenden Zeichen oder Angaben die alleinige Art und Weise der Bezeichnung der fraglichen Merkmale sind (vgl. Urteil vom 13. September 2016, Paglieri Sell System/EUIPO [APOTEKE], T‑563/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:467, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

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