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LG Karlsruhe: Kein Verstoß gegen Unterlassungserklärung und keine Vertragsstrafe wenn wettbewerbswidrige Inhalte noch im Internetarchiv Wayback Machine aufrufbar sind

LG Karlsruhe
16.02.2023
13 O 2/23 KfH


Das LG Karlsruhe hat entschieden, dass kein Verstoß gegen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung vorliegt und somit kein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe besteht, wenn die streitgegenständlichen wettbewerbswidrigen Inhalte noch im Internetarchiv Wayback Machine aufrufbar sind

Aus den Entscheidungsgründen:
"Es stellt keinen Verstoß gegen eine Unterlassungsverpflichtung dar, es nicht zu verhindern, dass alte Webseiten-Versionen mit der zu unterlassenden Werbung, die aus der Zeit vor Zustandekommen des Unterlassungsvertrags stammen, in einem von Dritten selbständig betriebenen Web-Archiv weiterhin auffindbar sind, welches von üblichen Internet-Suchmaschinen nicht durchsucht werden kann.
[...]
(3) Hiergegen kann die Klägerin nicht einwenden, dass – was im Ansatz zutreffend ist – die Erfül-- lung der hier eingegangenen Unterlassungsverpflichtung davon abhängig ist, dass zunächst die Quelle fortdauernder Störungen beseitigt werden muss, sodass die Beseitigung quasi notwendige Voraussetzung der Unterlassung ist und als deren Teilaspekt erscheint. Der Schuldner muss alle ihm im Einzelfall zumutbaren Anstrengungen unternehmen, um künftige Zuwiderhandlungen zu verhindern (BGH, GRUR 2018, 1183 Rn. 9 – Wirbel um Bauschutt; MüKoUWG/Fritzsche, 3. Aufl. 2022, UWG § 8 Rn. 136 m.w.N.; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Feddersen, 41. Aufl. 2023, UWG § 12 Rn. 5.4a). Insbesondere ist auf Suchmaschinenbetreiber hinzuwirken, da deren Cache häufig Beiträge im Internet noch verfügbar hält, die auf der Originalseite bereits seit länge rem gelöscht worden sind (OLG Köln, GRUR-RR 2020, 276 Rn. 43 m.w.N.). Denn bei einer Dau erhandlung – hier: auf der Homepage vorgehaltene Inhalte – ist die Nichtbeseitigung des Verlet--zungszustands gleichbedeutend mit der Fortsetzung der Verletzungshandlung (BGH, GRUR 2015, 258 Rn. 64 – CT-Paradies). Dementsprechend musste die Beklagte sowohl ihre Home page anpassen als auch auf Suchmaschinenbetreiber einwirken. Beides ist indes unstreitig und mit Erfolg geschehen. Die fragliche Werbung findet sich nicht mehr auf der Homepage und wird auch bei einer Google-Suche oder mittels sonstiger Suchma schinen nicht gefunden. Mit dem Anbieter der Wayback Machine musste die Beklagte schon des wegen nicht in Kontakt treten, weil die bloße Auffindbarkeit einer dortigen Archivierung, wie darge--legt, schon nicht den Charakter einer geschäftlichen Handlung der Unterlassungsschuldnerin trägt. Die bloße Auffindbarkeit früherer Werbung hätte also schon ursprünglich nicht verboten werden können, so dass sich etwaige Beseitigungspflichten der Beklagten auch nicht auf diese Internetquelle erstreckten.

(4) Es kommt hinzu, dass der Schuldner eines Unterlassungsanspruchs grundsätzlich nicht für das selbstständige Handeln Dritter einzustehen hat (BGH, GRUR 2014, 595 Rn. 26 – Vertragsstrafenklausel; BGH, GRUR 2017, 208 Rn. 30 – Rückruf von RESCUE-Produkten; BGH, GRUR 2017, 823 Rn. 29 – Luftentfeuchter). Das entbindet ihn zwar im Rahmen seiner durch Auslegung ermittelten positiven Handlungspflicht nicht davon, auf Dritte einzuwirken. Dies gilt jedoch nur für Dritte, deren Handeln ihm wirtschaftlich zugutekommt und bei denen er mit (weiteren) Verstößen ernstlich rechnen muss (BGH, GRUR 2014, 595 Rn. 26 – Vertragsstrafenklausel; BGH, GRUR 2017, 208 Rn. 30 – Rückruf von RESCUE-Produkten; BGH, GRUR 2017, 823 Rn. 29 – Luftentfeuchter; BGH, GRUR 2018, 1183 Rn. 11, 19 – Wirbel um Bauschutt). Im Streitfall kommt die Archivierung und Vorhaltung veralteter Homepage-Versionen der Beklagten wirtschaftlich nicht zugute. Die Klägerin hat auch nicht dargetan, wie dies der Fall sein sollte. Außer ihrem Prozessbevollmächtigten, der gezielt auf der Suche nach einer (vermeintlichen) Verletzung des Unterlassungsgebots unter Nutzung seiner Fachkenntnisse die Wayback Machine im Netz aufgesucht und einen Stand der Homepage der Beklagten zeitlich vor der Unterlassungserklärung angesteuert hat, kommt, wie ausgeführt, kein Marktteilnehmer auf die Idee, im Internet an dieser Stelle nachzuforschen und das Aufgefundene noch dazu als aktuelle Werbung der Beklagten zu interpretieren."



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