LG Köln bleibt bei seiner Rechtsprechung - Kauf von Fototapete umfasst keine Lizenz für Nutzung im Internet z.B. auf Fotos von Räumlichkeiten
LG Köln
Urteil vom 11.04.2024
14 O 75/23
Das LG Köln hat seine (zu Recht kritisierte) Rechtsprechung bestätigt, wonach der Kauf einer Fototapete keine Lizenz für die Nutzung im Internet z.B. auf Fotos von Räumlichkeiten umfasst.
Aus den Entscheidungsgründen:
1. Die Voraussetzungen einer Urheberrechtsverletzung des Beklagten liegen vor.
a) Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Dies steht zur Überzeugung der Kammer fest, wobei sich der Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin, Herr O. K., zunächst auf die Vermutung aus § 10 Abs. 1 UrhG berufen kann. Für den Übergang der Rechte von Herrn K. auf die Klägerin liegen hinreichende Indizien vor.
aa) Wer auf den Vervielfältigungsstücken eines erschienenen Werkes oder auf dem Original eines Werkes der bildenden Künste in der üblichen Weise als Urheber bezeichnet ist, wird bis zum Beweis des Gegenteils als Urheber des Werkes angesehen (§ 10 Abs. 1 Halbsatz 1 UrhG). Die Regelung ist gemäß § 72 Abs. 1 UrhG bei Lichtbildern entsprechend anwendbar. Demnach wird derjenige, der auf den Vervielfältigungsstücken eines erschienenen Lichtbildes in der üblichen Weise als Lichtbildner angegeben ist, bis zum Beweis des Gegenteils als dessen Lichtbildner angesehen.
bb) Bei den auf der Internetseite des Klägers eingestellten Fotografien (Anlagen K9-K11) handelt es sich um Vervielfältigungsstücke von Lichtbildern.
Bei einem Vervielfältigungsstück (Werkstück) handelt es sich begriffsnotwendig um die körperliche Festlegung eines Werkes (vgl. BGH, Urteil vom 18. Mai 1955 - I ZR 8/54, BGHZ 17, 267, 269 f. - Grundig-Reporter; Urteil vom 22. Januar 2009 - I ZR 19/07, GRUR 2009, 942 Rn. 25 - Motezuma). Das Eingreifen der Urhebervermutung setzt daher voraus, dass die Urheberbezeichnung auf einem körperlichen Werkexemplar angebracht worden ist. Sie ist dagegen nicht anwendbar, wenn ein Werk lediglich in unkörperlicher Form wiedergegeben wird (Thum in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 4. Aufl., § 10 Rn. 19; Wiebe in Spindler/Schuster, Recht der Elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 10 UrhG Rn. 5). Bei einer unkörperlichen Wiedergabe des Werkes - wie etwa einem öffentlichen Vortrag oder einer öffentlichen Aufführung - kann der Urheber die Richtigkeit der Namensangabe nicht in gleichem Maße überwachen, wie es bei der Anbringung der Urheberbezeichnung auf dem Original oder auf Vervielfältigungsstücken des Werkes möglich ist (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zum Urheberrechtsgesetz, BT-Drucks. IV/270, S. 42).
Ein körperliches Werkexemplar und damit ein Vervielfältigungsstück im Sinne von § 10 Abs. 1 UrhG liegt allerdings auch dann vor, wenn ein Werk in das Internet gestellt worden ist. Das Einstellen eines Werkes in das Internet setzt eine Übertragung des Werkes auf eine Vorrichtung zur wiederholbaren Wiedergabe von Bild- und Tonfolgen und damit eine Vervielfältigung (§ 16 Abs. 2 UrhG) - also die Herstellung eines Vervielfältigungsstücks (§ 16 Abs. 1 UrhG) - des Werkes voraus. Wird etwa die elektronische Datei eines Lichtbildes auf die Festplatte eines Servers hochgeladen, um sie auf diese Weise in das Internet einzustellen, wird damit ein Vervielfältigungsstück des Lichtbildes hergestellt. Danach kann es die Vermutung der Urheberschaft begründen, wenn eine Person auf einer Internetseite als Urheber bezeichnet wird (vgl. OLG Köln, WRP 2014, 977 Rn. 17; LG Berlin, ZUM-RD 2011, 416, 417; vgl. auch LG Frankfurt a.M., ZUM-RD 2009, 22, 23; Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl., § 10 Rn. 6a). Der Umstand, dass in das Internet eingestellte Werke darüber hinaus in unkörperlicher Form öffentlich zugänglich gemacht werden und eine solche unkörperliche öffentliche Wiedergabe die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 UrhG nicht erfüllt, steht einer Anwendung dieser Vorschrift nicht entgegen (zitiert nach: BGH, Urteil vom 18. September 2014 – I ZR 76/13 – CT-Paradies, Rn. 32 ff., juris).
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Wie sich aus den – als solchen unstreitigen – Screenshots von dem Internetauftritt des Klägers unter www.entfernt.com, die sich im Übrigen durch Besuch der Webseite als richtig erweisen, ergibt, ist der Fotograf K. jedenfalls in der URL namentlich benannt. Er ist jedoch auf der Webseite auch an den eingestellten Lichtbildern ausdrücklich mit seinem Namen als Urheber bezeichnet. Dies ergibt sich auf der Webseite im Wege des „Mouseover“, bei dem sich am unteren Rand des Bildes ein schwarzer Balken mit weißer Schrift öffnet, der den Text „(…) by O. K.“ enthält.
Die deshalb zugunsten des Herrn K. streitende Vermutung der Urheberschaft aus § 10 Abs. 1 ist von dem Beklagten auch nicht erschüttert worden. Das Bestreiten mit Nichtwissen genügt hierfür ersichtlich nicht. Andere durchgreifende Zweifel, etwa als Reaktion auf den klägerischen Vortrag zur Entstehungsgeschichte der einzelnen Bilder, sind jedenfalls nicht mit einem Beweisangebot verbunden.
Dass der Fotograf K. seine Rechte an die Betreiberin der Webseite „R.“, ggf. die Z. Gmbh & Co. KG, derart übertragen haben könnte, dass er selbst keine weiteren Rechte mehr an die Klägerin hätte übertragen können, ist schon nicht hinreichend von Beklagtenseite vorgetragen. Dass dies nicht der Fall war, ist mit Blick auf den Tatbestand und die Gründe des Kammerurteils vom 18.8.2022 – 14 O 350/21, (MMR 2023, 462) insoweit auch gerichtsbekannt.
cc) Für den Übergang von urheberrechtlichen Verwertungsrechten von Herrn K. auf die Klägerin legt diese als Anlage K1 drei Bestätigungen vor, die von Herrn K. unterzeichnet sind. Selbst wenn man insoweit das Bestreiten einer rechtsgeschäftlichen Übertragung von Verwertungsrechten von Herrn K. auf die Klägerin als zulässig ansehen wollte, stellen die Bestätigungen in Anlage K1 jedenfalls ein ausreichendes Indiz dar, auf dessen Grundlage die Kammer von der Aktivlegitimation der Klägerin ausgeht. Dies folgt zudem aus dem Umstand, dass Herr K. auch Geschäftsführer der Klägerin ist und damit das hiesige prozessuale Verhalten offensichtlich billigt. Im Übrigen sind diverse andere Verfahren der Klägerin bei der Kammer anhängig, in der zum Teil dieselben Motive gegenständlich sind. Zweifel an der hinreichenden Rechteeinräumung bzw. –übertragung bestehen folglich nicht.
Die von dem Beklagten vorgetragenen Einwendungen gegen die Formulierung der Rechteübertragung sind unerheblich. Es werden ausgehend von der Formulierung der Schreiben in Anlage K1 offensichtlich auch Rechte für das Territorium der Bundesrepublik Deutschland eingeräumt. Die Nutzungsrechtevereinbarung ist auch entgegen der Verteidigung nicht „unbestimmt und nichtssagend“, sondern vielmehr ausschließlich und zeitlich, räumlich sowie inhaltlich allumfassend.
b) Der Beklagte hat die drei Fotografien der Klägerin auch öffentlich zugänglich gemacht. § 19a UrhG behält dem Urheber mit dem Recht der öffentlichen Zugänglichmachung das ausschließliche Recht vor, sein geschütztes Werk dadurch zu nutzen, dass es im Internet oder sonstigen Netzwerken Mitgliedern der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Durch das Einstellen in seinen eigenen Internetauftritt hat der Beklagte die Fotografien des Klägers im vorstehenden Sinne öffentlich zugänglich gemacht.
c) Dies erfolgte auch rechtswidrig. An dieser Ansicht der Kammer, die sie bereits im Kammerurteil vom 18.08.2022 – 14 O 350/21 (MMR 2023, 462) ausführlich begründet hat, hält die Kammer insbesondere auch im Lichte der im Nachgang ergangenen Rechtsprechung des LG Düsseldorf, Urteil vom 19.04.2023 - 12 O 129/22, ZUM 2023, 539 (im Weiteren „Urteil des LG Düsseldorf“) sowie des OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.02.2024 – 20 U 56/23, GRUR-RS 2024, 1629 (im Weiteren „Urteil des OLG Düsseldorf“ und des LG Stuttgart, Urteil vom 25.10.2022 - 17 O 39/22, GRUR-RS 2022, 48323 („Urteil des LG Stuttgart“) fest.
Im Einzelnen:
aa) Vorab stellt die Kammer klar, dass eine Anwendung der Schranke des § 57 UrhG nach der maßgeblichen höchstrichterlichen deutschen Rechtsprechung vorliegend nicht in Betracht kommt (im Urteil des OLG Düsseldorf wurde dies ausdrücklich offengelassen).
(1) Nach § 57 UrhG ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken zulässig, wenn sie als unwesentliches Beiwerk neben dem eigentlichen Gegenstand der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe anzusehen sind. Die Bestimmung erfasst auch das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung im Sinne von § 19 a UrhG (BGH, GRUR 2015, 667, 668, Rn. 15 – Möbelkatalog). Die Frage, ob ein urheberrechtlich geschütztes Werk gemäß § 57 UrhG lediglich als unwesentliches Beiwerk in Bezug auf den eigentlichen Nutzungsgegenstand anzusehen ist, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls aus der Sicht eines objektiven Durchschnittsbetrachters zu beantworten.
Daraus ergibt sich, dass für die Qualifizierung eines Werkes als unwesentliches Beiwerk im Sinne von § 57 UrhG der Äußerungszusammenhang maßgeblich ist, der vom Durchschnittsbetrachter nach den Umständen unschwer als Ganzes wahrgenommen und beurteilt werden kann. Dabei sind die Besonderheiten des Mediums zu berücksichtigen, in dem das urheberrechtlich geschützte Werk benutzt wird. Da die Bewertung als unwesentliches Beiwerk im Sinne von § 57 UrhG die Beurteilung des inhaltlichen Zusammenhangs zwischen dem Werk und dem Hauptgegenstand voraussetzt, hängt der Umfang des Gegenstands einer einheitlichen Beurteilung des Durchschnittsbetrachters außerdem davon ab, ob und inwieweit im Einzelfall inhaltliche Bezüge den Aussagegehalt des Gegenstands der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe bestimmen (BGH, GRUR 2015, 667, 668, Rn. 22 – Möbelkatalog).
Für die Bejahung der Schutzschranke des § 57 UrhG reicht es nicht aus, dass das urheberrechtlich geschützte Werk aus Sicht des objektiven Betrachters in Bezug auf den Hauptgegenstand der Verwertung im Hintergrund steht. Nach dem Wortlaut der Schrankenbestimmung ist vielmehr weitergehend erforderlich, dass das Werk im Verhältnis zum Hauptgegenstand der Wiedergabe unwesentlich ist. Von einer Unwesentlichkeit in diesem Sinn ist auszugehen, wenn das Werk weggelassen oder ausgetauscht werden könnte, ohne dass dies dem durchschnittlichen Betrachter auffiele oder ohne dass die Gesamtwirkung des Hauptgegenstands in irgendeiner Weise beeinflusst wird.
Aber auch ein bei der Betrachtung des Hauptgegenstands der Verwertung vom Betrachter als solches tatsächlich wahrgenommenes Werk kann als unwesentliches Beiwerk anzusehen sein, wenn ihm nach den Umständen des Einzelfalls keine noch so geringfügige inhaltliche Beziehung zum Hauptgegenstand der Verwertung zuzubilligen ist, sondern es durch seine Zufälligkeit und Beliebigkeit für diesen ohne jede Bedeutung ist. Hierzu reicht eine bloß untergeordnete Beziehung nicht aus. Bei der gebotenen engen Auslegung der Schrankenbestimmung ist unwesentlich im Sinne von § 57 UrhG vielmehr nur ein Werk, das neben dem Gegenstand der eigentlichen Verwertung selbst eine geringe oder nebensächliche Bedeutung nicht erreicht.
Eine derart untergeordnete Bedeutung kann dem mitverwerteten Werk regelmäßig nicht mehr zugewiesen werden, sobald es erkennbar stil- oder stimmungsbildend oder eine bestimmte Wirkung oder Aussage unterstreichend in den eigentlichen Gegenstand der Verwertung einbezogen wird, einen dramaturgischen Zweck erfüllt oder sonst charakteristisch ist (BGH, GRUR 2015, 667, 670, Rn. 27 – Möbelkatalog).
(2) In Anwendung dieser Grundsätze können die streitgegenständlichen Fotografien vorliegend in ihrer konkreten Verwendung nicht als unwesentliches Beiwerk des Gästezimmers angesehen werden. Vielmehr werden die streitgegenständlichen Fotografien in Form der Fototapete erkennbar als zentrales Element der Fotos verwendet. Die Fotos sind gerade dafür gedacht, die Tapezierarbeiten des Beklagten als Referenz abzubilden. Die Motive der Fototapete bilden also ersichtlich den wesentlichen Teil der zu Werbezwecken ins Internet eingestellten Lichtbilder.
Die Fototapete mit den darauf großflächig abgebildeten Fotos des Klägers kann auch nicht weggelassen oder ausgetauscht werden, ohne dass dies dem durchschnittlichen Betrachter auffiele (BGH, Urteil vom 17. November 2014 – I ZR 177/13 – Möbelkatalog, Rn. 27, juris). Nach eigenem Vortrag des Beklagten sollen die Fototapeten gerade das Hauptmotiv der Lichtbilder auf der Webseite darstellen. Insofern liegt der hiesige Fall bereits anders als die im früheren Kammerurteil sowie in den oben genannten Urteilen aus Düsseldorf und Stuttgart betroffenen Fällen von Hotels, Ferienhäusern oder SPA-Bereichen einer solchen touristischen Einrichtung. Vorliegend kommt es gerade nicht darauf an, dass der Hotelier o.Ä. primär die Räume darstellen wollte. Vielmehr stellt der Beklagte als Maler und Tapezierer fremde Räume dar, in denen er Werkleistungen erbracht hat, um somit seine handwerklichen Fähigkeiten zu illustrieren.
(3) Soweit in der Literatur, namentlich durch Wypchol (ZUM 2023, 688), eine EuGH-Vorlage zur Frage der Auslegung des Art. 5 Abs. 3 lit. i InfoSocRL angeregt wird, sieht die Kammer vorliegend davon ab. Insofern eignet sich dieser Fall bereits deshalb nicht, weil hier nicht im Ansatz fraglich sein kann, dass die in der Fototapete vervielfältigten Lichtbilder hier im Zentrum der Verwertung durch den Beklagten stehen. Es handelt sich vorliegend weder um ein „unwesentliches Beiwerk“ im Sinne der deutschen Norm, noch um eine „beiläufige Einbeziehung“ im Wortlautsinne der InfoSocRL. Dies könnte in anderen Fallgestaltungen anders sein. Jedenfalls ist die Kammer jedoch der Ansicht, dass angesichts der aktuell beim BGH anhängigen Revisionsverfahren zu ähnlich gelagerten „Fototapeten-Fällen“ (vgl. BGH Pressemitteilung Nr. 051/2024, abrufbar über die Webseite des BGH), es dem BGH nach Art. 267 Abs. 3 AEUV obliegt, zu entscheiden, ob der EuGH anzurufen ist. Die Kammer hält sich nicht dazu berufen, insoweit einer solchen Entscheidung vorzugreifen.
bb) Der Beklagte kann sich auch nicht auf die Einräumung von Nutzungsrechten durch den Fotografen K., ggf. vermittelt durch Dritte, berufen.
Die Darlegungs- und Beweislast für die behauptete Einräumung bzw. deren Umfang und Reichweite der Nutzungsrechte (Spezifizierungslast) trägt hier der Beklagte als Verwerter (BGHZ 131, 8, 14; OLG Hamburg GRUR 1991, 599, 600 – Rundfunkwerbung). Wer sich auf die Nutzungsberechtigung beruft, muss konkret darlegen und beweisen, dass er die hierfür einschlägigen Rechte in dem von ihm behaupteten Umfang erworben hat (BGH, Urteil vom 27. September 1995 – I ZR 215/93, GRUR 1996, 121 – Pauschale Rechtseinräumung; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – I ZR 18/09 – Der Frosch mit der Maske, Rn. 29 nach juris).
Dies gelingt dem Beklagten nicht.
(1) Eine ausdrückliche, schriftliche oder mündliche Vereinbarung über die Einräumung von Nutzungsrechten ist zwischen den Parteien bzw. zwischen Herrn K. als Fotograf und früherem Rechteinhaber nicht vorgenommen worden (so im Ausgangspunkt auch das Urteil des LG Düsseldorf).
Soweit der Beklagte insgesamt vier Rechnungen über den Kauf von Fototapeten (Anlage B1) vorlegt, scheint dies bereits nicht auf den vorliegenden Fall zu passen, weil nur eine der vier Rechnungen laut Artikelbeschreibung eines der drei hier gegenständlichen Lichtbildmotive betrifft. So wird in der Rechnung der Z. GmbH & Co. KG vom 12.08.2011 das Lichtbild „Stonewall of nature“ benannt, was dem dritten im ursprünglichen Antrag zu 1) dargestellten Lichtbild entspricht. Die anderen drei vorgelegten Rechnungen betreffen offenbar andere Lichtbilder, die hier nicht gegenständlich sind. Insoweit bleibt der Beklagtenvortrag für die beiden Lichtbilder „Pile of wood“ und „Cocktailbar“ mit Blick auf eine mögliche Lizenzkette schon unerheblich, weil hier weder ein konkreter rechtsgeschäftlicher Kontakt mit Herrn K. als Urheber noch mit einer anderen natürlichen oder juristischen Person bzw. rechtsfähigen Personengesellschaft vorgetragen wird, von der der Beklagte überhaupt Nutzungsrechte eingeräumt hätte erhalten können.
Doch auch mit Blick auf die genannte Rechnung liegt hierin jedenfalls keine ausdrückliche Nutzungsrechteeinräumung in Form einer Unterlizenz durch die Z. GmbH & Co. KG an den Beklagten. Wie bereits im früheren Kammerurteil ausgeführt, besagt die Rechnung als solche nichts anderes, als dass der Beklagte eine Fototapete (Maße 360 x 270) zum dort angegebenen Preis (hier: 138,95 €) gekauft hat. Der Vertrag bezieht sich demnach zunächst nur auf die Übertragung des dinglichen Eigentums an dem Vervielfältigungsstück der streitgegenständlichen Fotographie. Durch diesen Verbreitungsakt im Sinne von § 17 UrhG ist betreffend dieses von dem Beklagten erworbenen Vervielfältigungsstück der Tapete Erschöpfung im Sinne von § 17 Abs. 2 UrhG eingetreten.
Von der Übertragung urheberrechtlicher Nutzungsrechte ist hingegen keine Rede in der Rechnung. AGB bzw. sonstige Vertragsinhalte werden vom Beklagten vorliegend nicht vorgetragen.
(2) Es kommt demnach darauf an, ob der Beklagte sich auf eine konkludente Rechteeinräumung berufen kann. Ein solches durch konkludent erklärte Willenserklärungen zu Stande gekommenes Rechtsgeschäft ist zwar grundsätzlich für eine Rechteeinräumung geeignet. Ein solches Rechtsgeschäft ist im hiesigen Fall – genauso wie im Fall des früheren Kammerurteils – jedoch nicht zu Stande gekommen.
(i) Wie bereits zuvor geht die Kammer davon aus, dass ebenso wie der Abschluss des zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäfts die Einräumung von Nutzungsrechten grundsätzlich formfrei möglich ist; sie kann also auch mündlich oder konkludent geschehen. Für die Rechtseinräumung ist nur hinsichtlich Rechten für unbekannte Nutzungsarten Schriftform vorgeschrieben (§ 31a Abs. 1 Satz 1 UrhG). Allerdings ist gerade bei konkludenten Erklärungen Zurückhaltung geboten, damit der Wille des Urhebers nicht lediglich fingiert wird (Ohly, in: Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 6. Auflage 2020, § 31, Rn. 11). Vor allem ist durch Auslegung im Lichte des Übertragungszweckgedankens (§ 31 Abs. 5 UrhG) zu ermitteln, ob die Einräumung eines Nutzungsrechts oder ggf. eine schlichte Einwilligung gewollt ist.
Nutzungsrechte können formlos, also auch mündlich oder stillschweigend (vgl. OLG Frankfurt a. M. ZUM-RD 2015, 100, 104 – Landeswappen) eingeräumt werden (vgl. Ohly, in: Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 6. Auflage 2020, Vor §§ 31 ff. Rn. 30).
Aufgrund des dinglichen Charakters der (einfachen oder ausschließlichen) Rechtseinräumung kommt sie stillschweigend nur dann in Betracht, wenn angesichts der Gesamtumstände nach dem objektiven Inhalt der Erklärung unzweideutig zum Ausdruck gekommen ist, der Erklärende wolle über sein Urheberrecht in der Weise verfügen, dass er einem Dritten daran ein bestimmtes Nutzungsrecht einräume (so BGH, GRUR 2010, 628 Rn. 29 – Vorschaubilder). Das bloße Einstellen von Abbildungen urheberrechtlich geschützter Werke ins Internet genügt hierfür nicht, insbesondere wenn durch Anbringung eines Urhebervermerks urheberrechtliche Befugnisse vorbehalten bleiben sollen (BGH, GRUR 2010, 628 Rn. 30; BGH GRUR 2012, 602 Rn. 15 – Vorschaubilder II).
Sind bei der Einräumung eines Nutzungsrechts die Nutzungsarten nicht ausdrücklich einzeln bezeichnet, so bestimmt sich gemäß § 31 Abs. 5 Satz 1 UrhG nach dem von beiden Parteien zugrunde gelegten Vertragszweck, auf welche Nutzungsarten es sich erstreckt. Entsprechendes gilt nach § 31 Abs. 5 Satz 2 UrhG für die Frage, ob ein Nutzungsrecht eingeräumt wird, ob es sich um ein einfaches oder ausschließliches Nutzungsrecht handelt, wie weit Nutzungsrecht und Verbotsrecht reichen und welchen Einschränkungen das Nutzungsrecht unterliegt. Danach räumt der Urheber Nutzungsrechte im Zweifel nur in dem Umfang ein, den der Vertragszweck unbedingt erfordert (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2016 - I ZR 25/15, GRUR 2017, 266 [juris Rn. 44] = WRP 2017, 320 - World of Warcraft I; Urteil vom 2. Juni 2022 – I ZR 140/15 – YouTube II, Rn. 50, juris).
(ii) Dem hält das Urteil des LG Düsseldorf wie folgt entgegen:
„(…) Ist deshalb davon auszugehen, dass die Beklagte die Tapete von einem Händler erwarb, der diese wiederum von einem autorisierten Hersteller erworben hatte, so muss von einem Erwerb von Nutzungsrechten ausgegangen werden.
(…)
Bei sachgerechter Würdigung der Gesamtumstände muss davon ausgegangen werden, dass … „autorisierten Herstellern“ die Rechte zur Herstellung der Tapete und die urheberrechtlichen Nutzungsrechte zum Zwecke der Weiterübertragung an die Endkunden, ggf. über Zwischenhändler, übertrug, die zur vertragsgemäßen Nutzung der Tapete erforderlich waren. Weil die vertragsgemäße Nutzung der Tapete eine feste Verbindung der Tapete mit den Räumen vorsieht und eine Beseitigung der Tapete im Rahmen der vertraglich vorausgesetzten Nutzung von vornherein ausscheidet, ist aus Sicht eines redlichen Urhebers anzunehmen, dass autorisierte Hersteller den Abnehmern die Rechte einräumen sollten, die auch urheberrechtlich zu einer vertragsgemäßen Nutzung der Tapete erforderlich waren. Hierzu war – unabhängig von einer Nutzung der Tapete in privaten oder gewerblichen Räumen – das Recht erforderlich, Vervielfältigungen der Tapete im Rahmen der Erstellung von Lichtbildern der Räume zu fertigen sowie diese Lichtbilder zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen bzw. diese Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen. Von dem Erwerber einer Fototapete kann üblicher Weise nicht erwartet werden, dass dieser sicherstellt, dass keine Fotos in den mit der Tapete ausgestatteten Räumen gefertigt werden oder die Tapete jeweils abgedeckt oder retuschiert wird.
Die Kammer teilt die Auffassung des Landgerichts Köln (Urteil vom 18.08.2022, AZ. 14 O 350/21) nicht, wenn es dort in den Entscheidungsgründen heißt, dass für den Verkauf der Fototapete keine Übertragung eines Nutzungsrechts erforderlich sei und sich der Verkauf einer Fototapete auf den Vertragszweck der dinglichen Übereignung der Tapete erstrecke. Es kann nicht außer Acht gelassen werden, dass der Verwendungszweck einer Tapete darin besteht, Räume dauerhaft zu dekorieren, in denen Fotos erstellt werden und unter verschiedensten Umständen hiervon Bilder ins Internet gelangen, die Fototapeten also vervielfältigt und öffentlich zugänglich gemacht werden. Es erscheint unabhängig davon, ob die Fototapete von einem Unternehmer oder einer Privatperson erworben wird, vollkommen fernliegend, dass eine entsprechende Nutzung ausgeschlossen oder von einer weiteren Lizensierung abhängig ist. Sowohl autorisierte Hersteller als auch der Fotograf verschließen ihre Augen unredlich vor dem Offensichtlichen, wenn sie bei dem Verkauf der Fototapete nicht berücksichtigen, dass diese als Teil ihrer ordentlichen Nutzung abfotografiert und ins Internet gestellt wird. Sowohl bei dem Einsatz der Tapete in gewerblich genutzten Räumen als auch bei der Verwendung in Privaträumen kommt es nahezu zwangsläufig dazu, dass Lichtbilder aus unterschiedlichsten Motiven gefertigt werden. So fertigen Hotelbesitzer oder Restaurantbetreiber Fotos von den Räumen, um ihre Räumlichkeiten in einer Online-Werbung, über einen Internetauftritt in Form der eigenen Webseite oder eines Auftritts in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Instagram potentiellen Kunden zu präsentieren. Interessenten sollen sich so einen Gesamteindruck von dem Stil und der Atmosphäre der Räumlichkeiten verschaffen können. Eine Wandtapete prägt den Gesamteindruck eines Raumes maßgeblich. Eine Fotografie eines Raumes ohne Abbildung der Wandtapete führt zu einer verfremdeten und verzerrten Darstellung des jeweiligen Raumes. Würde der Eigentümer einer Räumlichkeit die Fototapete retuschieren, so würde er sich in der Öffentlichkeit zu Recht der Kritik aussetzen, seine Räumlichkeiten anders zu bewerben, als diese sich in der Realität darstellen. Kein Eigentümer eines Cafés oder Restaurants erwirbt eine Tapete und tapeziert damit seinen Gastraum, wenn dies dazu führt, dass er diesen nicht auf Internetauftritten abbilden kann. Auch bei Privatpersonen ist ohne Weiteres vorhersehbar, dass z.B. bei privaten Feiern oder auch bei der Weiterveräußerung des Objektes, in welchem die Fototapete angebracht ist, Lichtbilder erstellt und in sozialen Netzwerken geteilt werden. Niemand kann erwarten, dass im Rahmen von Familienfeiern oder einer Weiterveräußerung Lichtbilder gefertigt werden, auf denen die Fototapete beseitigt, verhängt oder retuschiert ist. Da eine Fototapete regelmäßig das Raumbild bestimmt, wird der dahingehende Konflikt nicht über § 57 UrhG aufgelöst.
Nach Auffassung der Kammer ist es als branchenüblich anzusehen, dass keine gesonderte Vergütung für Rechte an der öffentlichen Zugänglichmachung und Vervielfältigung von Lichtbildern der mit Fototapeten ausgestatteten Räumlichkeiten bezahlt wird. Die Inaugenscheinnahme der Webseiten von Baumärkten (z.B. Hornbach) oder anderen Fototapeten-Vertreibern ergibt, dass keine Branchenübung besteht, die Rechte gegen zusätzliche Vergütung auf dem Markt anzubieten, was dafür spricht, dass Rechte mit der Grundvergütung abgegolten und auch übertragen wurden. Entgegen der Auffassung des Landgerichts Köln im Urteil vom 18.08.2022 (AZ. 14 O 350/21) hat es deshalb nicht nahegelegen, einen entsprechenden Passus in die Rechnung aufzunehmen und dafür einen höheren Preis zu zahlen. Ein solches Angebot findet sich auf dem Markt nicht. Auch die Klägerin, die von … vertreten wird, behauptet nicht, dass sie eine entsprechende Lizensierung angeboten hat.
Neben der Üblichkeit muss sich der Urheber der weitreichenden stillschweigenden Einräumung bewusst gewesen sein (vgl. BGH GRUR 2004, 938, 939). Dies ist vorliegend zu bejahen. Die vorstehenden Begleitumstände sprechen dafür, dass, redliches Verhalten unterstellt, ein entsprechender Wille zur Einräumung von Nutzungsrechten im dargestellten Umfang bestand. Hinzu kommt, dass … geschäftsführender Gesellschafter der … war, es also in der Hand hatte, die Umstände des Vertriebs der Tapeten zu gestalten. Er nahm trotz der sich aufdrängenden urheberrechtlichen Konsequenzen im Rahmen der üblichen Nutzung der Fototapeten keine Hinweise auf ein „Fotografierverbot“ oder die Notwendigkeit einer weiteren Lizensierung auf. Auch trägt er nicht vor, von ihm autorisierte Hersteller zu entsprechenden Hinweisen veranlasst zu haben.
Der Annahme einer konkludenten Rechteeinräumung steht nicht entgegen, dass die Klägerin ausdrücklich vorträgt, dass der Nutzung für Fototapeten lediglich die Einräumung einfacher Nutzungsrechte zu Grunde lag. Die Klägerin, deren gesetzlicher Vertreter der Fotograf ist, stellt den Sachverhalt, der – lauteres Verhalten der Beteiligten unterstellt – aus den vorstehenden Erwägungen aus Sicht der Kammer die Annahme einer konkludenten Rechteübertragung gebietet, nicht in Abrede. Wie vorstehend dargestellt, geht die Kammer auch nicht von einer Übertragung ausschließlicher Nutzungsrechte aus.“
Das Urteil des OLG Düsseldorf stellt dazu fest:
„Denn der Beklagten sind mit Erwerb der streitgegenständlichen Fototapeten konkludent urheberrechtliche Nutzungsrechte an den Tapeten eingeräumt worden. Zur Begründung kann zunächst vollumfänglich auf die zutreffenden Erwägungen des Landgerichts Bezug genommen werden, auf die zwecks Vermeidung von Wiederholungen umfassend verwiesen wird und die sich der Senat nach eigener Prüfung zu eigen macht.
(…)
Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die von der Beklagten erworbenen, zur Dekoration der Räumlichkeiten des Hotels „…“ verwendeten und auf den öffentlich zugänglich gemachten Fotografien der Räumlichkeiten sichtbaren Fototapeten mit der Zustimmung und auf Veranlassung von Herrn B. in den Verkehr gelangt sind.
(…)
Die Annahme des Landgerichts, Herr B. habe – über eine seiner Vertriebsgesellschaften für auf der Grundlage seiner Fotografien angefertigten Fototapeten –, z.B. die X. GmbH & Co. KG – den Käufern der Fototapeten konkludent ein einfaches Nutzungsrecht mit dem Inhalt eingeräumt, dass diese zur Ablichtung des Raumes mit der an der Wand angebrachten Fototapete und zum öffentlichen Zugänglichmachung dieser Lichtbilder berechtigt seien, weist keine Rechtsfehler auf.
Die vertragsgemäße Nutzung einer Fototapete sieht ihre untrennbare Verbindung mit dem Raum vor. Nachdem sie mit der Wand verklebt wurde, dient sie zum einen der Dekoration des Raumes. Darüber hinaus gehört zu ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung – sowohl in privaten, als auch in gewerblichen Räumen –, dass von dem mit der Fototapete ausgestatteten Raum Lichtbilder gefertigt sowie diese verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden. Denn bei lebensnaher Betrachtung kann von dem Erwerber einer Fototapete im Rahmen einer vertragsgemäßen Nutzung nicht erwartet werden sicherzustellen, dass keine Lichtbilder in dem mit der Fototapete ausgestattetem Raum gefertigt werden oder die Fototapete abgedeckt oder auf den gefertigten Lichtbildern nachträglich retuschiert wird. Hätte der Erwerber um diese gravierende Einschränkung der bestimmungsgemäßen Nutzung gewusst, so ist zu erwarten, dass er die Fototapete niemals erworben hätte; die Fototapeten wären schlicht unverkäuflich. Angesichts dieser Sach- und Rechtslage kommt es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob sich der Fotograf einer stillschweigenden Einräumung einfacher Nutzungsrechte im dargestellten Umfang bewusst war. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist jedenfalls davon auszugehen und Gegenteiliges trägt auch die Klägerin nicht vor, dass der Fotograf ein wirtschaftliches Interesse an dem Verkauf der Rechte an den von ihm gefertigten Fotos und damit letztlich auch an dem Verkauf der Fototapeten hatte. Eine Vertragsauslegung, die faktisch zu einer Unverkäuflichkeit der Fototapeten führt, widerspricht den allgemein anerkannten Auslegungsgrundsätzen gemäß §§ 133, 157 BGB, da sie schlicht nicht sach- und interessengerecht ist.“
(iii) Vorab weist die Kammer darauf hin, dass der vorstehend dargelegte Meinungsstreit zwischen der hiesigen Kammer und dem LG sowie OLG Düsseldorf für den hiesigen Fall nur bedingt aussagekräftig ist. Die Kammer kann den Ausführungen der Düsseldorfer Spruchkörper nicht entnehmen, dass die dort geschilderte besondere Interessenlage für diejenigen Personen, in deren Räumen die Fototapete befestigt wird, auch auf Handwerker wie den Beklagten zu übertragen sind. Denn anders als dem Wohnungsbesitzer oder dem Inhaber bzw. Betreiber eines gewerblich genutzten Raumes, in dem eine Fototapete fest verklebt ist, ist der Beklagte nicht auf eine bildliche Darstellung eben dieses Raums angewiesen bzw. kann diese faktisch nicht verhindern. Ganz im Gegenteil, der Beklagte als Tapezierer nutzt hier ein Foto seiner Werkleistung in einem fremden Raum nur und einzig zum Zweck der Darstellung seiner Fähigkeiten, um weitere Kunden zu werben. Es stünde ihm aber frei, andere Referenzarbeiten auf seiner Webseite zu präsentieren. Dies mag zwar dazu führen, dass er Referenzarbeiten mit Fototapeten ggf. überhaupt nicht auf seiner Webseite präsentieren darf. Ihm bleibt es aber frei, urheberrechtlich freie Tapeten zu präsentieren. Insofern kommt es den Kunden wohl auch darauf an, dass die Werkleistung ordentlich erfolgt und nicht auf die konkrete Tapete.
Allein vor diesem Hintergrund erkennt die Kammer auch ohne Konflikt mit der oben dargestellten Rechtsprechung von LG und OLG Düsseldorf keinen Grund, hier von einer konkludenten Nutzungsrechteeinräumung in der Kette von Herrn K. über die Z. Gmbh & Co. KG (siehe Bl. 216 GA) auf den Beklagten (ggf. noch vermittelt durch seinen Auftraggeber als Besitzer des Wohnraums) auszugehen. Nach der Zweifelsregelung bei der Anwendung der Zweckübertragungslehre zugunsten des Urhebers ist in der hiesigen Konstellation erst recht davon auszugehen, dass das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung der Lichtbilder, die auf der Fototapete zu sehen sind, nicht konkludent an den Beklagten eingeräumt worden ist.
(iv) Im Übrigen überzeugen die Ausführungen des LG und des OLG Düsseldorf in rechtlicher Hinsicht nicht. Sie führen konsequent zu Ende gedacht dazu, dass für eine Vielzahl von urheberrechtlichen Schutzgegenständen vom Urheber bzw. Rechteinhaber allein durch angeblich schlüssiges Verhalten sehr weit reichende Nutzungsrechte eingeräumt werden, die zudem scheinbar beliebig unterlizenziert werden können. Dies ist jedoch weder mit der Rechtsgeschäftslehre noch mit der Zweckübertragungslehre noch mit sonstigen urheberrechtlichen Grundsätzen in Einklang zu bringen.
Das LG Düsseldorf hält es im Vertriebsweg einer Fototapete, d.h. im Verhältnis des Urhebers zum Hersteller und Vertreiber der Fototapeten sowie ggf. einbezogenen Zwischenhändlern für erforderlich, dass dort bereits ein (an den Endkunden unterlizensierbares) Recht eingeräumt wird, wonach „Vervielfältigungen der Tapete im Rahmen der Erstellung von Lichtbildern der Räume“ gefertigt werden dürfen sowie das Recht „diese Lichtbilder zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen bzw. diese Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen“. Von dem Erwerber einer Fototapete könne üblicher Weise nicht erwartet werden, dass dieser sicherstellt, dass keine Fotos in den mit der Tapete ausgestatteten Räumen gefertigt werden oder die Tapete jeweils abgedeckt oder retuschiert wird.
Die Kammer kann diese Erforderlichkeit in dieser Absolutheit bereits nicht nachvollziehen. Zwar mag es sein, dass ein faktisches und rechtliches Bedürfnis der Endkunden von Fototapeten an einem solchen Nutzungsrecht besteht. Ein solches Bedürfnis führt aber nicht bereits dazu, dass ein solches Nutzungsrecht durch den Urheber bzw. Rechteinhaber rechtsgeschäftlich konkludent eingeräumt wird. Ein solches Bedürfnis ist vielmehr die Grundlage für eine Schranke des Urheberrechts, die hier aber nach den obigen Ausführungen nicht eingreift.
Es ist vielmehr zu beachten, dass vorliegend das LG Düsseldorf eine hypothetische Korrektur der Vertragsbeziehungen innerhalb der ersten Glieder der Lizenzkette vornimmt. Es ist dem (streitigen Teil des) Tatbestands des Urteils des LG Düsseldorf zu entnehmen, dass „in der Vergangenheit die Bilder mit Zustimmung von … für Fototapeten genutzt worden [seien]. Dieser Nutzung habe die Einräumung einfacher, für die Herstellung und den Vertrieb von Fototapeten erforderlicher Nutzungsrechte durch … zugrunde gelegen. Autorisierten Herstellern habe er nur gestattet, die Fototapeten zu verkaufen.“ Dies deckt sich mit den Feststellungen der Kammer in ihrem früheren Kammerurteil.
Nach diesem (scheinbar streitigen) Vortrag bestand aber offenbar eine ausdrückliche Regelung zwischen dem Fotografen K. und den Fototapetenherstellern; jedenfalls sind hier wie dort keine Feststellungen zu einer anderweitigen Vereinbarung auf dieser Ebene der Lizenzkette getroffen. Bei gebotener Auslegung nach §§ 133, 157 BGB der Vereinbarung zwischen dem Fotografen und dem Fototapetenhersteller sind hiermit keine unterlizensierbaren Rechte zur öffentlichen Zugänglichmachung der Motive der Fototapeten durch Kunden eingeräumt worden. Das Recht, Unterlizenzen zu gewähren, steht dem Urheber zu, § 35 UrhG, wonach selbst der ausschließliche Lizenznehmer nur mit Zustimmung des Urhebers weitere Unterlizenzen einräumen darf; hier stehen nur einfache Lizenzen an die Tapetenhersteller im Raum, auf § 35 Abs. 2 iVm § 34 Abs. 1 S. 2 UrhG kommt es gar nicht erst an. Dem Urheber – auf dieser ersten Ebene der Lizenzkette – dieses Recht zu beschneiden, steht deshalb nach Auffassung der Kammer die gesetzgeberische Wertung entgegen.
Wenn man nun auf dieser ersten Stufe der Lizenzkette bereits die Zweckübertragungslehre nach § 31 Abs. 5 UrhG anwenden wollte, was nur bei Unklarheiten der Rechteklausel zulässig wäre, müsste man nach der Argumentation des LG Düsseldorf hier bereits fordern, dass der Urheber zeitlich unbeschränkte, beliebig oft und an beliebige Personen unterlizensierbare Nutzungsrechte zur Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung für unüberschaubare Nutzungsarten einräumen müsste. Dies obschon in seinem Vertragsverhältnis allein notwendig ist, dass der Fototapetenhersteller die Lichtbilder in der Nutzungsart „Fototapete“ vervielfältigt gem. § 16 UrhG und sodann vertreibt gem. § 17 UrhG. Dies vermag die Kammer nicht mit der grundsätzlich den Urheber, nicht den Verwerter schützenden Zweckübertragungslehre in Einklang zu bringen.
Sodann folgt aus der Argumentation des LG Düsseldorf, dass auf der nächsten Stufe der Lizenzkette der Fototapetenhersteller an den Käufer ein vom Kaufpreis bereits vollständig abgegoltenes Recht zur Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung als Unterlizenz einräumt. Nach der von der Kammer vertretenen Ansicht hat der Tapetenhersteller bzw. –verkäufer über diese Rechte jedoch nie verfügt. Selbst wenn man also auf dieser Stufe wiederum im Wege der Zweckübertragungslehre diese weitgehenden Rechte einräumen wollte, so würde dies am fehlenden Rechtsbestand beim Tapetenhersteller scheitern. Folge wäre ein „gutgläubiger Erwerb“, der nach allgemeiner Meinung im Urheberrecht nicht existiert (statt aller: Dreier/Schulze/Schulze, 7. Aufl. 2022, UrhG § 31 Rn. 24 mwN: „Niemand kann also mehr Rechte übertragen, als er tatsächlich besitzt.“).
Zusammenfassend würde die Argumentation des LG Düsseldorf also dazu führen, bei dem Urheber, hier Herrn K., einen rechtsgeschäftlichen Willen anzunehmen, den er nie ausdrücklich geäußert hat und der ihm auch durch schlüssiges Verhalten nicht unterstellt werden kann.
- Fortsetzung-
Urteil vom 11.04.2024
14 O 75/23
Das LG Köln hat seine (zu Recht kritisierte) Rechtsprechung bestätigt, wonach der Kauf einer Fototapete keine Lizenz für die Nutzung im Internet z.B. auf Fotos von Räumlichkeiten umfasst.
Aus den Entscheidungsgründen:
1. Die Voraussetzungen einer Urheberrechtsverletzung des Beklagten liegen vor.
a) Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Dies steht zur Überzeugung der Kammer fest, wobei sich der Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin, Herr O. K., zunächst auf die Vermutung aus § 10 Abs. 1 UrhG berufen kann. Für den Übergang der Rechte von Herrn K. auf die Klägerin liegen hinreichende Indizien vor.
aa) Wer auf den Vervielfältigungsstücken eines erschienenen Werkes oder auf dem Original eines Werkes der bildenden Künste in der üblichen Weise als Urheber bezeichnet ist, wird bis zum Beweis des Gegenteils als Urheber des Werkes angesehen (§ 10 Abs. 1 Halbsatz 1 UrhG). Die Regelung ist gemäß § 72 Abs. 1 UrhG bei Lichtbildern entsprechend anwendbar. Demnach wird derjenige, der auf den Vervielfältigungsstücken eines erschienenen Lichtbildes in der üblichen Weise als Lichtbildner angegeben ist, bis zum Beweis des Gegenteils als dessen Lichtbildner angesehen.
bb) Bei den auf der Internetseite des Klägers eingestellten Fotografien (Anlagen K9-K11) handelt es sich um Vervielfältigungsstücke von Lichtbildern.
Bei einem Vervielfältigungsstück (Werkstück) handelt es sich begriffsnotwendig um die körperliche Festlegung eines Werkes (vgl. BGH, Urteil vom 18. Mai 1955 - I ZR 8/54, BGHZ 17, 267, 269 f. - Grundig-Reporter; Urteil vom 22. Januar 2009 - I ZR 19/07, GRUR 2009, 942 Rn. 25 - Motezuma). Das Eingreifen der Urhebervermutung setzt daher voraus, dass die Urheberbezeichnung auf einem körperlichen Werkexemplar angebracht worden ist. Sie ist dagegen nicht anwendbar, wenn ein Werk lediglich in unkörperlicher Form wiedergegeben wird (Thum in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 4. Aufl., § 10 Rn. 19; Wiebe in Spindler/Schuster, Recht der Elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 10 UrhG Rn. 5). Bei einer unkörperlichen Wiedergabe des Werkes - wie etwa einem öffentlichen Vortrag oder einer öffentlichen Aufführung - kann der Urheber die Richtigkeit der Namensangabe nicht in gleichem Maße überwachen, wie es bei der Anbringung der Urheberbezeichnung auf dem Original oder auf Vervielfältigungsstücken des Werkes möglich ist (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zum Urheberrechtsgesetz, BT-Drucks. IV/270, S. 42).
Ein körperliches Werkexemplar und damit ein Vervielfältigungsstück im Sinne von § 10 Abs. 1 UrhG liegt allerdings auch dann vor, wenn ein Werk in das Internet gestellt worden ist. Das Einstellen eines Werkes in das Internet setzt eine Übertragung des Werkes auf eine Vorrichtung zur wiederholbaren Wiedergabe von Bild- und Tonfolgen und damit eine Vervielfältigung (§ 16 Abs. 2 UrhG) - also die Herstellung eines Vervielfältigungsstücks (§ 16 Abs. 1 UrhG) - des Werkes voraus. Wird etwa die elektronische Datei eines Lichtbildes auf die Festplatte eines Servers hochgeladen, um sie auf diese Weise in das Internet einzustellen, wird damit ein Vervielfältigungsstück des Lichtbildes hergestellt. Danach kann es die Vermutung der Urheberschaft begründen, wenn eine Person auf einer Internetseite als Urheber bezeichnet wird (vgl. OLG Köln, WRP 2014, 977 Rn. 17; LG Berlin, ZUM-RD 2011, 416, 417; vgl. auch LG Frankfurt a.M., ZUM-RD 2009, 22, 23; Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl., § 10 Rn. 6a). Der Umstand, dass in das Internet eingestellte Werke darüber hinaus in unkörperlicher Form öffentlich zugänglich gemacht werden und eine solche unkörperliche öffentliche Wiedergabe die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 UrhG nicht erfüllt, steht einer Anwendung dieser Vorschrift nicht entgegen (zitiert nach: BGH, Urteil vom 18. September 2014 – I ZR 76/13 – CT-Paradies, Rn. 32 ff., juris).
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Wie sich aus den – als solchen unstreitigen – Screenshots von dem Internetauftritt des Klägers unter www.entfernt.com, die sich im Übrigen durch Besuch der Webseite als richtig erweisen, ergibt, ist der Fotograf K. jedenfalls in der URL namentlich benannt. Er ist jedoch auf der Webseite auch an den eingestellten Lichtbildern ausdrücklich mit seinem Namen als Urheber bezeichnet. Dies ergibt sich auf der Webseite im Wege des „Mouseover“, bei dem sich am unteren Rand des Bildes ein schwarzer Balken mit weißer Schrift öffnet, der den Text „(…) by O. K.“ enthält.
Die deshalb zugunsten des Herrn K. streitende Vermutung der Urheberschaft aus § 10 Abs. 1 ist von dem Beklagten auch nicht erschüttert worden. Das Bestreiten mit Nichtwissen genügt hierfür ersichtlich nicht. Andere durchgreifende Zweifel, etwa als Reaktion auf den klägerischen Vortrag zur Entstehungsgeschichte der einzelnen Bilder, sind jedenfalls nicht mit einem Beweisangebot verbunden.
Dass der Fotograf K. seine Rechte an die Betreiberin der Webseite „R.“, ggf. die Z. Gmbh & Co. KG, derart übertragen haben könnte, dass er selbst keine weiteren Rechte mehr an die Klägerin hätte übertragen können, ist schon nicht hinreichend von Beklagtenseite vorgetragen. Dass dies nicht der Fall war, ist mit Blick auf den Tatbestand und die Gründe des Kammerurteils vom 18.8.2022 – 14 O 350/21, (MMR 2023, 462) insoweit auch gerichtsbekannt.
cc) Für den Übergang von urheberrechtlichen Verwertungsrechten von Herrn K. auf die Klägerin legt diese als Anlage K1 drei Bestätigungen vor, die von Herrn K. unterzeichnet sind. Selbst wenn man insoweit das Bestreiten einer rechtsgeschäftlichen Übertragung von Verwertungsrechten von Herrn K. auf die Klägerin als zulässig ansehen wollte, stellen die Bestätigungen in Anlage K1 jedenfalls ein ausreichendes Indiz dar, auf dessen Grundlage die Kammer von der Aktivlegitimation der Klägerin ausgeht. Dies folgt zudem aus dem Umstand, dass Herr K. auch Geschäftsführer der Klägerin ist und damit das hiesige prozessuale Verhalten offensichtlich billigt. Im Übrigen sind diverse andere Verfahren der Klägerin bei der Kammer anhängig, in der zum Teil dieselben Motive gegenständlich sind. Zweifel an der hinreichenden Rechteeinräumung bzw. –übertragung bestehen folglich nicht.
Die von dem Beklagten vorgetragenen Einwendungen gegen die Formulierung der Rechteübertragung sind unerheblich. Es werden ausgehend von der Formulierung der Schreiben in Anlage K1 offensichtlich auch Rechte für das Territorium der Bundesrepublik Deutschland eingeräumt. Die Nutzungsrechtevereinbarung ist auch entgegen der Verteidigung nicht „unbestimmt und nichtssagend“, sondern vielmehr ausschließlich und zeitlich, räumlich sowie inhaltlich allumfassend.
b) Der Beklagte hat die drei Fotografien der Klägerin auch öffentlich zugänglich gemacht. § 19a UrhG behält dem Urheber mit dem Recht der öffentlichen Zugänglichmachung das ausschließliche Recht vor, sein geschütztes Werk dadurch zu nutzen, dass es im Internet oder sonstigen Netzwerken Mitgliedern der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Durch das Einstellen in seinen eigenen Internetauftritt hat der Beklagte die Fotografien des Klägers im vorstehenden Sinne öffentlich zugänglich gemacht.
c) Dies erfolgte auch rechtswidrig. An dieser Ansicht der Kammer, die sie bereits im Kammerurteil vom 18.08.2022 – 14 O 350/21 (MMR 2023, 462) ausführlich begründet hat, hält die Kammer insbesondere auch im Lichte der im Nachgang ergangenen Rechtsprechung des LG Düsseldorf, Urteil vom 19.04.2023 - 12 O 129/22, ZUM 2023, 539 (im Weiteren „Urteil des LG Düsseldorf“) sowie des OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.02.2024 – 20 U 56/23, GRUR-RS 2024, 1629 (im Weiteren „Urteil des OLG Düsseldorf“ und des LG Stuttgart, Urteil vom 25.10.2022 - 17 O 39/22, GRUR-RS 2022, 48323 („Urteil des LG Stuttgart“) fest.
Im Einzelnen:
aa) Vorab stellt die Kammer klar, dass eine Anwendung der Schranke des § 57 UrhG nach der maßgeblichen höchstrichterlichen deutschen Rechtsprechung vorliegend nicht in Betracht kommt (im Urteil des OLG Düsseldorf wurde dies ausdrücklich offengelassen).
(1) Nach § 57 UrhG ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken zulässig, wenn sie als unwesentliches Beiwerk neben dem eigentlichen Gegenstand der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe anzusehen sind. Die Bestimmung erfasst auch das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung im Sinne von § 19 a UrhG (BGH, GRUR 2015, 667, 668, Rn. 15 – Möbelkatalog). Die Frage, ob ein urheberrechtlich geschütztes Werk gemäß § 57 UrhG lediglich als unwesentliches Beiwerk in Bezug auf den eigentlichen Nutzungsgegenstand anzusehen ist, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls aus der Sicht eines objektiven Durchschnittsbetrachters zu beantworten.
Daraus ergibt sich, dass für die Qualifizierung eines Werkes als unwesentliches Beiwerk im Sinne von § 57 UrhG der Äußerungszusammenhang maßgeblich ist, der vom Durchschnittsbetrachter nach den Umständen unschwer als Ganzes wahrgenommen und beurteilt werden kann. Dabei sind die Besonderheiten des Mediums zu berücksichtigen, in dem das urheberrechtlich geschützte Werk benutzt wird. Da die Bewertung als unwesentliches Beiwerk im Sinne von § 57 UrhG die Beurteilung des inhaltlichen Zusammenhangs zwischen dem Werk und dem Hauptgegenstand voraussetzt, hängt der Umfang des Gegenstands einer einheitlichen Beurteilung des Durchschnittsbetrachters außerdem davon ab, ob und inwieweit im Einzelfall inhaltliche Bezüge den Aussagegehalt des Gegenstands der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe bestimmen (BGH, GRUR 2015, 667, 668, Rn. 22 – Möbelkatalog).
Für die Bejahung der Schutzschranke des § 57 UrhG reicht es nicht aus, dass das urheberrechtlich geschützte Werk aus Sicht des objektiven Betrachters in Bezug auf den Hauptgegenstand der Verwertung im Hintergrund steht. Nach dem Wortlaut der Schrankenbestimmung ist vielmehr weitergehend erforderlich, dass das Werk im Verhältnis zum Hauptgegenstand der Wiedergabe unwesentlich ist. Von einer Unwesentlichkeit in diesem Sinn ist auszugehen, wenn das Werk weggelassen oder ausgetauscht werden könnte, ohne dass dies dem durchschnittlichen Betrachter auffiele oder ohne dass die Gesamtwirkung des Hauptgegenstands in irgendeiner Weise beeinflusst wird.
Aber auch ein bei der Betrachtung des Hauptgegenstands der Verwertung vom Betrachter als solches tatsächlich wahrgenommenes Werk kann als unwesentliches Beiwerk anzusehen sein, wenn ihm nach den Umständen des Einzelfalls keine noch so geringfügige inhaltliche Beziehung zum Hauptgegenstand der Verwertung zuzubilligen ist, sondern es durch seine Zufälligkeit und Beliebigkeit für diesen ohne jede Bedeutung ist. Hierzu reicht eine bloß untergeordnete Beziehung nicht aus. Bei der gebotenen engen Auslegung der Schrankenbestimmung ist unwesentlich im Sinne von § 57 UrhG vielmehr nur ein Werk, das neben dem Gegenstand der eigentlichen Verwertung selbst eine geringe oder nebensächliche Bedeutung nicht erreicht.
Eine derart untergeordnete Bedeutung kann dem mitverwerteten Werk regelmäßig nicht mehr zugewiesen werden, sobald es erkennbar stil- oder stimmungsbildend oder eine bestimmte Wirkung oder Aussage unterstreichend in den eigentlichen Gegenstand der Verwertung einbezogen wird, einen dramaturgischen Zweck erfüllt oder sonst charakteristisch ist (BGH, GRUR 2015, 667, 670, Rn. 27 – Möbelkatalog).
(2) In Anwendung dieser Grundsätze können die streitgegenständlichen Fotografien vorliegend in ihrer konkreten Verwendung nicht als unwesentliches Beiwerk des Gästezimmers angesehen werden. Vielmehr werden die streitgegenständlichen Fotografien in Form der Fototapete erkennbar als zentrales Element der Fotos verwendet. Die Fotos sind gerade dafür gedacht, die Tapezierarbeiten des Beklagten als Referenz abzubilden. Die Motive der Fototapete bilden also ersichtlich den wesentlichen Teil der zu Werbezwecken ins Internet eingestellten Lichtbilder.
Die Fototapete mit den darauf großflächig abgebildeten Fotos des Klägers kann auch nicht weggelassen oder ausgetauscht werden, ohne dass dies dem durchschnittlichen Betrachter auffiele (BGH, Urteil vom 17. November 2014 – I ZR 177/13 – Möbelkatalog, Rn. 27, juris). Nach eigenem Vortrag des Beklagten sollen die Fototapeten gerade das Hauptmotiv der Lichtbilder auf der Webseite darstellen. Insofern liegt der hiesige Fall bereits anders als die im früheren Kammerurteil sowie in den oben genannten Urteilen aus Düsseldorf und Stuttgart betroffenen Fällen von Hotels, Ferienhäusern oder SPA-Bereichen einer solchen touristischen Einrichtung. Vorliegend kommt es gerade nicht darauf an, dass der Hotelier o.Ä. primär die Räume darstellen wollte. Vielmehr stellt der Beklagte als Maler und Tapezierer fremde Räume dar, in denen er Werkleistungen erbracht hat, um somit seine handwerklichen Fähigkeiten zu illustrieren.
(3) Soweit in der Literatur, namentlich durch Wypchol (ZUM 2023, 688), eine EuGH-Vorlage zur Frage der Auslegung des Art. 5 Abs. 3 lit. i InfoSocRL angeregt wird, sieht die Kammer vorliegend davon ab. Insofern eignet sich dieser Fall bereits deshalb nicht, weil hier nicht im Ansatz fraglich sein kann, dass die in der Fototapete vervielfältigten Lichtbilder hier im Zentrum der Verwertung durch den Beklagten stehen. Es handelt sich vorliegend weder um ein „unwesentliches Beiwerk“ im Sinne der deutschen Norm, noch um eine „beiläufige Einbeziehung“ im Wortlautsinne der InfoSocRL. Dies könnte in anderen Fallgestaltungen anders sein. Jedenfalls ist die Kammer jedoch der Ansicht, dass angesichts der aktuell beim BGH anhängigen Revisionsverfahren zu ähnlich gelagerten „Fototapeten-Fällen“ (vgl. BGH Pressemitteilung Nr. 051/2024, abrufbar über die Webseite des BGH), es dem BGH nach Art. 267 Abs. 3 AEUV obliegt, zu entscheiden, ob der EuGH anzurufen ist. Die Kammer hält sich nicht dazu berufen, insoweit einer solchen Entscheidung vorzugreifen.
bb) Der Beklagte kann sich auch nicht auf die Einräumung von Nutzungsrechten durch den Fotografen K., ggf. vermittelt durch Dritte, berufen.
Die Darlegungs- und Beweislast für die behauptete Einräumung bzw. deren Umfang und Reichweite der Nutzungsrechte (Spezifizierungslast) trägt hier der Beklagte als Verwerter (BGHZ 131, 8, 14; OLG Hamburg GRUR 1991, 599, 600 – Rundfunkwerbung). Wer sich auf die Nutzungsberechtigung beruft, muss konkret darlegen und beweisen, dass er die hierfür einschlägigen Rechte in dem von ihm behaupteten Umfang erworben hat (BGH, Urteil vom 27. September 1995 – I ZR 215/93, GRUR 1996, 121 – Pauschale Rechtseinräumung; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – I ZR 18/09 – Der Frosch mit der Maske, Rn. 29 nach juris).
Dies gelingt dem Beklagten nicht.
(1) Eine ausdrückliche, schriftliche oder mündliche Vereinbarung über die Einräumung von Nutzungsrechten ist zwischen den Parteien bzw. zwischen Herrn K. als Fotograf und früherem Rechteinhaber nicht vorgenommen worden (so im Ausgangspunkt auch das Urteil des LG Düsseldorf).
Soweit der Beklagte insgesamt vier Rechnungen über den Kauf von Fototapeten (Anlage B1) vorlegt, scheint dies bereits nicht auf den vorliegenden Fall zu passen, weil nur eine der vier Rechnungen laut Artikelbeschreibung eines der drei hier gegenständlichen Lichtbildmotive betrifft. So wird in der Rechnung der Z. GmbH & Co. KG vom 12.08.2011 das Lichtbild „Stonewall of nature“ benannt, was dem dritten im ursprünglichen Antrag zu 1) dargestellten Lichtbild entspricht. Die anderen drei vorgelegten Rechnungen betreffen offenbar andere Lichtbilder, die hier nicht gegenständlich sind. Insoweit bleibt der Beklagtenvortrag für die beiden Lichtbilder „Pile of wood“ und „Cocktailbar“ mit Blick auf eine mögliche Lizenzkette schon unerheblich, weil hier weder ein konkreter rechtsgeschäftlicher Kontakt mit Herrn K. als Urheber noch mit einer anderen natürlichen oder juristischen Person bzw. rechtsfähigen Personengesellschaft vorgetragen wird, von der der Beklagte überhaupt Nutzungsrechte eingeräumt hätte erhalten können.
Doch auch mit Blick auf die genannte Rechnung liegt hierin jedenfalls keine ausdrückliche Nutzungsrechteeinräumung in Form einer Unterlizenz durch die Z. GmbH & Co. KG an den Beklagten. Wie bereits im früheren Kammerurteil ausgeführt, besagt die Rechnung als solche nichts anderes, als dass der Beklagte eine Fototapete (Maße 360 x 270) zum dort angegebenen Preis (hier: 138,95 €) gekauft hat. Der Vertrag bezieht sich demnach zunächst nur auf die Übertragung des dinglichen Eigentums an dem Vervielfältigungsstück der streitgegenständlichen Fotographie. Durch diesen Verbreitungsakt im Sinne von § 17 UrhG ist betreffend dieses von dem Beklagten erworbenen Vervielfältigungsstück der Tapete Erschöpfung im Sinne von § 17 Abs. 2 UrhG eingetreten.
Von der Übertragung urheberrechtlicher Nutzungsrechte ist hingegen keine Rede in der Rechnung. AGB bzw. sonstige Vertragsinhalte werden vom Beklagten vorliegend nicht vorgetragen.
(2) Es kommt demnach darauf an, ob der Beklagte sich auf eine konkludente Rechteeinräumung berufen kann. Ein solches durch konkludent erklärte Willenserklärungen zu Stande gekommenes Rechtsgeschäft ist zwar grundsätzlich für eine Rechteeinräumung geeignet. Ein solches Rechtsgeschäft ist im hiesigen Fall – genauso wie im Fall des früheren Kammerurteils – jedoch nicht zu Stande gekommen.
(i) Wie bereits zuvor geht die Kammer davon aus, dass ebenso wie der Abschluss des zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäfts die Einräumung von Nutzungsrechten grundsätzlich formfrei möglich ist; sie kann also auch mündlich oder konkludent geschehen. Für die Rechtseinräumung ist nur hinsichtlich Rechten für unbekannte Nutzungsarten Schriftform vorgeschrieben (§ 31a Abs. 1 Satz 1 UrhG). Allerdings ist gerade bei konkludenten Erklärungen Zurückhaltung geboten, damit der Wille des Urhebers nicht lediglich fingiert wird (Ohly, in: Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 6. Auflage 2020, § 31, Rn. 11). Vor allem ist durch Auslegung im Lichte des Übertragungszweckgedankens (§ 31 Abs. 5 UrhG) zu ermitteln, ob die Einräumung eines Nutzungsrechts oder ggf. eine schlichte Einwilligung gewollt ist.
Nutzungsrechte können formlos, also auch mündlich oder stillschweigend (vgl. OLG Frankfurt a. M. ZUM-RD 2015, 100, 104 – Landeswappen) eingeräumt werden (vgl. Ohly, in: Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 6. Auflage 2020, Vor §§ 31 ff. Rn. 30).
Aufgrund des dinglichen Charakters der (einfachen oder ausschließlichen) Rechtseinräumung kommt sie stillschweigend nur dann in Betracht, wenn angesichts der Gesamtumstände nach dem objektiven Inhalt der Erklärung unzweideutig zum Ausdruck gekommen ist, der Erklärende wolle über sein Urheberrecht in der Weise verfügen, dass er einem Dritten daran ein bestimmtes Nutzungsrecht einräume (so BGH, GRUR 2010, 628 Rn. 29 – Vorschaubilder). Das bloße Einstellen von Abbildungen urheberrechtlich geschützter Werke ins Internet genügt hierfür nicht, insbesondere wenn durch Anbringung eines Urhebervermerks urheberrechtliche Befugnisse vorbehalten bleiben sollen (BGH, GRUR 2010, 628 Rn. 30; BGH GRUR 2012, 602 Rn. 15 – Vorschaubilder II).
Sind bei der Einräumung eines Nutzungsrechts die Nutzungsarten nicht ausdrücklich einzeln bezeichnet, so bestimmt sich gemäß § 31 Abs. 5 Satz 1 UrhG nach dem von beiden Parteien zugrunde gelegten Vertragszweck, auf welche Nutzungsarten es sich erstreckt. Entsprechendes gilt nach § 31 Abs. 5 Satz 2 UrhG für die Frage, ob ein Nutzungsrecht eingeräumt wird, ob es sich um ein einfaches oder ausschließliches Nutzungsrecht handelt, wie weit Nutzungsrecht und Verbotsrecht reichen und welchen Einschränkungen das Nutzungsrecht unterliegt. Danach räumt der Urheber Nutzungsrechte im Zweifel nur in dem Umfang ein, den der Vertragszweck unbedingt erfordert (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2016 - I ZR 25/15, GRUR 2017, 266 [juris Rn. 44] = WRP 2017, 320 - World of Warcraft I; Urteil vom 2. Juni 2022 – I ZR 140/15 – YouTube II, Rn. 50, juris).
(ii) Dem hält das Urteil des LG Düsseldorf wie folgt entgegen:
„(…) Ist deshalb davon auszugehen, dass die Beklagte die Tapete von einem Händler erwarb, der diese wiederum von einem autorisierten Hersteller erworben hatte, so muss von einem Erwerb von Nutzungsrechten ausgegangen werden.
(…)
Bei sachgerechter Würdigung der Gesamtumstände muss davon ausgegangen werden, dass … „autorisierten Herstellern“ die Rechte zur Herstellung der Tapete und die urheberrechtlichen Nutzungsrechte zum Zwecke der Weiterübertragung an die Endkunden, ggf. über Zwischenhändler, übertrug, die zur vertragsgemäßen Nutzung der Tapete erforderlich waren. Weil die vertragsgemäße Nutzung der Tapete eine feste Verbindung der Tapete mit den Räumen vorsieht und eine Beseitigung der Tapete im Rahmen der vertraglich vorausgesetzten Nutzung von vornherein ausscheidet, ist aus Sicht eines redlichen Urhebers anzunehmen, dass autorisierte Hersteller den Abnehmern die Rechte einräumen sollten, die auch urheberrechtlich zu einer vertragsgemäßen Nutzung der Tapete erforderlich waren. Hierzu war – unabhängig von einer Nutzung der Tapete in privaten oder gewerblichen Räumen – das Recht erforderlich, Vervielfältigungen der Tapete im Rahmen der Erstellung von Lichtbildern der Räume zu fertigen sowie diese Lichtbilder zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen bzw. diese Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen. Von dem Erwerber einer Fototapete kann üblicher Weise nicht erwartet werden, dass dieser sicherstellt, dass keine Fotos in den mit der Tapete ausgestatteten Räumen gefertigt werden oder die Tapete jeweils abgedeckt oder retuschiert wird.
Die Kammer teilt die Auffassung des Landgerichts Köln (Urteil vom 18.08.2022, AZ. 14 O 350/21) nicht, wenn es dort in den Entscheidungsgründen heißt, dass für den Verkauf der Fototapete keine Übertragung eines Nutzungsrechts erforderlich sei und sich der Verkauf einer Fototapete auf den Vertragszweck der dinglichen Übereignung der Tapete erstrecke. Es kann nicht außer Acht gelassen werden, dass der Verwendungszweck einer Tapete darin besteht, Räume dauerhaft zu dekorieren, in denen Fotos erstellt werden und unter verschiedensten Umständen hiervon Bilder ins Internet gelangen, die Fototapeten also vervielfältigt und öffentlich zugänglich gemacht werden. Es erscheint unabhängig davon, ob die Fototapete von einem Unternehmer oder einer Privatperson erworben wird, vollkommen fernliegend, dass eine entsprechende Nutzung ausgeschlossen oder von einer weiteren Lizensierung abhängig ist. Sowohl autorisierte Hersteller als auch der Fotograf verschließen ihre Augen unredlich vor dem Offensichtlichen, wenn sie bei dem Verkauf der Fototapete nicht berücksichtigen, dass diese als Teil ihrer ordentlichen Nutzung abfotografiert und ins Internet gestellt wird. Sowohl bei dem Einsatz der Tapete in gewerblich genutzten Räumen als auch bei der Verwendung in Privaträumen kommt es nahezu zwangsläufig dazu, dass Lichtbilder aus unterschiedlichsten Motiven gefertigt werden. So fertigen Hotelbesitzer oder Restaurantbetreiber Fotos von den Räumen, um ihre Räumlichkeiten in einer Online-Werbung, über einen Internetauftritt in Form der eigenen Webseite oder eines Auftritts in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Instagram potentiellen Kunden zu präsentieren. Interessenten sollen sich so einen Gesamteindruck von dem Stil und der Atmosphäre der Räumlichkeiten verschaffen können. Eine Wandtapete prägt den Gesamteindruck eines Raumes maßgeblich. Eine Fotografie eines Raumes ohne Abbildung der Wandtapete führt zu einer verfremdeten und verzerrten Darstellung des jeweiligen Raumes. Würde der Eigentümer einer Räumlichkeit die Fototapete retuschieren, so würde er sich in der Öffentlichkeit zu Recht der Kritik aussetzen, seine Räumlichkeiten anders zu bewerben, als diese sich in der Realität darstellen. Kein Eigentümer eines Cafés oder Restaurants erwirbt eine Tapete und tapeziert damit seinen Gastraum, wenn dies dazu führt, dass er diesen nicht auf Internetauftritten abbilden kann. Auch bei Privatpersonen ist ohne Weiteres vorhersehbar, dass z.B. bei privaten Feiern oder auch bei der Weiterveräußerung des Objektes, in welchem die Fototapete angebracht ist, Lichtbilder erstellt und in sozialen Netzwerken geteilt werden. Niemand kann erwarten, dass im Rahmen von Familienfeiern oder einer Weiterveräußerung Lichtbilder gefertigt werden, auf denen die Fototapete beseitigt, verhängt oder retuschiert ist. Da eine Fototapete regelmäßig das Raumbild bestimmt, wird der dahingehende Konflikt nicht über § 57 UrhG aufgelöst.
Nach Auffassung der Kammer ist es als branchenüblich anzusehen, dass keine gesonderte Vergütung für Rechte an der öffentlichen Zugänglichmachung und Vervielfältigung von Lichtbildern der mit Fototapeten ausgestatteten Räumlichkeiten bezahlt wird. Die Inaugenscheinnahme der Webseiten von Baumärkten (z.B. Hornbach) oder anderen Fototapeten-Vertreibern ergibt, dass keine Branchenübung besteht, die Rechte gegen zusätzliche Vergütung auf dem Markt anzubieten, was dafür spricht, dass Rechte mit der Grundvergütung abgegolten und auch übertragen wurden. Entgegen der Auffassung des Landgerichts Köln im Urteil vom 18.08.2022 (AZ. 14 O 350/21) hat es deshalb nicht nahegelegen, einen entsprechenden Passus in die Rechnung aufzunehmen und dafür einen höheren Preis zu zahlen. Ein solches Angebot findet sich auf dem Markt nicht. Auch die Klägerin, die von … vertreten wird, behauptet nicht, dass sie eine entsprechende Lizensierung angeboten hat.
Neben der Üblichkeit muss sich der Urheber der weitreichenden stillschweigenden Einräumung bewusst gewesen sein (vgl. BGH GRUR 2004, 938, 939). Dies ist vorliegend zu bejahen. Die vorstehenden Begleitumstände sprechen dafür, dass, redliches Verhalten unterstellt, ein entsprechender Wille zur Einräumung von Nutzungsrechten im dargestellten Umfang bestand. Hinzu kommt, dass … geschäftsführender Gesellschafter der … war, es also in der Hand hatte, die Umstände des Vertriebs der Tapeten zu gestalten. Er nahm trotz der sich aufdrängenden urheberrechtlichen Konsequenzen im Rahmen der üblichen Nutzung der Fototapeten keine Hinweise auf ein „Fotografierverbot“ oder die Notwendigkeit einer weiteren Lizensierung auf. Auch trägt er nicht vor, von ihm autorisierte Hersteller zu entsprechenden Hinweisen veranlasst zu haben.
Der Annahme einer konkludenten Rechteeinräumung steht nicht entgegen, dass die Klägerin ausdrücklich vorträgt, dass der Nutzung für Fototapeten lediglich die Einräumung einfacher Nutzungsrechte zu Grunde lag. Die Klägerin, deren gesetzlicher Vertreter der Fotograf ist, stellt den Sachverhalt, der – lauteres Verhalten der Beteiligten unterstellt – aus den vorstehenden Erwägungen aus Sicht der Kammer die Annahme einer konkludenten Rechteübertragung gebietet, nicht in Abrede. Wie vorstehend dargestellt, geht die Kammer auch nicht von einer Übertragung ausschließlicher Nutzungsrechte aus.“
Das Urteil des OLG Düsseldorf stellt dazu fest:
„Denn der Beklagten sind mit Erwerb der streitgegenständlichen Fototapeten konkludent urheberrechtliche Nutzungsrechte an den Tapeten eingeräumt worden. Zur Begründung kann zunächst vollumfänglich auf die zutreffenden Erwägungen des Landgerichts Bezug genommen werden, auf die zwecks Vermeidung von Wiederholungen umfassend verwiesen wird und die sich der Senat nach eigener Prüfung zu eigen macht.
(…)
Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die von der Beklagten erworbenen, zur Dekoration der Räumlichkeiten des Hotels „…“ verwendeten und auf den öffentlich zugänglich gemachten Fotografien der Räumlichkeiten sichtbaren Fototapeten mit der Zustimmung und auf Veranlassung von Herrn B. in den Verkehr gelangt sind.
(…)
Die Annahme des Landgerichts, Herr B. habe – über eine seiner Vertriebsgesellschaften für auf der Grundlage seiner Fotografien angefertigten Fototapeten –, z.B. die X. GmbH & Co. KG – den Käufern der Fototapeten konkludent ein einfaches Nutzungsrecht mit dem Inhalt eingeräumt, dass diese zur Ablichtung des Raumes mit der an der Wand angebrachten Fototapete und zum öffentlichen Zugänglichmachung dieser Lichtbilder berechtigt seien, weist keine Rechtsfehler auf.
Die vertragsgemäße Nutzung einer Fototapete sieht ihre untrennbare Verbindung mit dem Raum vor. Nachdem sie mit der Wand verklebt wurde, dient sie zum einen der Dekoration des Raumes. Darüber hinaus gehört zu ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung – sowohl in privaten, als auch in gewerblichen Räumen –, dass von dem mit der Fototapete ausgestatteten Raum Lichtbilder gefertigt sowie diese verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden. Denn bei lebensnaher Betrachtung kann von dem Erwerber einer Fototapete im Rahmen einer vertragsgemäßen Nutzung nicht erwartet werden sicherzustellen, dass keine Lichtbilder in dem mit der Fototapete ausgestattetem Raum gefertigt werden oder die Fototapete abgedeckt oder auf den gefertigten Lichtbildern nachträglich retuschiert wird. Hätte der Erwerber um diese gravierende Einschränkung der bestimmungsgemäßen Nutzung gewusst, so ist zu erwarten, dass er die Fototapete niemals erworben hätte; die Fototapeten wären schlicht unverkäuflich. Angesichts dieser Sach- und Rechtslage kommt es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob sich der Fotograf einer stillschweigenden Einräumung einfacher Nutzungsrechte im dargestellten Umfang bewusst war. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist jedenfalls davon auszugehen und Gegenteiliges trägt auch die Klägerin nicht vor, dass der Fotograf ein wirtschaftliches Interesse an dem Verkauf der Rechte an den von ihm gefertigten Fotos und damit letztlich auch an dem Verkauf der Fototapeten hatte. Eine Vertragsauslegung, die faktisch zu einer Unverkäuflichkeit der Fototapeten führt, widerspricht den allgemein anerkannten Auslegungsgrundsätzen gemäß §§ 133, 157 BGB, da sie schlicht nicht sach- und interessengerecht ist.“
(iii) Vorab weist die Kammer darauf hin, dass der vorstehend dargelegte Meinungsstreit zwischen der hiesigen Kammer und dem LG sowie OLG Düsseldorf für den hiesigen Fall nur bedingt aussagekräftig ist. Die Kammer kann den Ausführungen der Düsseldorfer Spruchkörper nicht entnehmen, dass die dort geschilderte besondere Interessenlage für diejenigen Personen, in deren Räumen die Fototapete befestigt wird, auch auf Handwerker wie den Beklagten zu übertragen sind. Denn anders als dem Wohnungsbesitzer oder dem Inhaber bzw. Betreiber eines gewerblich genutzten Raumes, in dem eine Fototapete fest verklebt ist, ist der Beklagte nicht auf eine bildliche Darstellung eben dieses Raums angewiesen bzw. kann diese faktisch nicht verhindern. Ganz im Gegenteil, der Beklagte als Tapezierer nutzt hier ein Foto seiner Werkleistung in einem fremden Raum nur und einzig zum Zweck der Darstellung seiner Fähigkeiten, um weitere Kunden zu werben. Es stünde ihm aber frei, andere Referenzarbeiten auf seiner Webseite zu präsentieren. Dies mag zwar dazu führen, dass er Referenzarbeiten mit Fototapeten ggf. überhaupt nicht auf seiner Webseite präsentieren darf. Ihm bleibt es aber frei, urheberrechtlich freie Tapeten zu präsentieren. Insofern kommt es den Kunden wohl auch darauf an, dass die Werkleistung ordentlich erfolgt und nicht auf die konkrete Tapete.
Allein vor diesem Hintergrund erkennt die Kammer auch ohne Konflikt mit der oben dargestellten Rechtsprechung von LG und OLG Düsseldorf keinen Grund, hier von einer konkludenten Nutzungsrechteeinräumung in der Kette von Herrn K. über die Z. Gmbh & Co. KG (siehe Bl. 216 GA) auf den Beklagten (ggf. noch vermittelt durch seinen Auftraggeber als Besitzer des Wohnraums) auszugehen. Nach der Zweifelsregelung bei der Anwendung der Zweckübertragungslehre zugunsten des Urhebers ist in der hiesigen Konstellation erst recht davon auszugehen, dass das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung der Lichtbilder, die auf der Fototapete zu sehen sind, nicht konkludent an den Beklagten eingeräumt worden ist.
(iv) Im Übrigen überzeugen die Ausführungen des LG und des OLG Düsseldorf in rechtlicher Hinsicht nicht. Sie führen konsequent zu Ende gedacht dazu, dass für eine Vielzahl von urheberrechtlichen Schutzgegenständen vom Urheber bzw. Rechteinhaber allein durch angeblich schlüssiges Verhalten sehr weit reichende Nutzungsrechte eingeräumt werden, die zudem scheinbar beliebig unterlizenziert werden können. Dies ist jedoch weder mit der Rechtsgeschäftslehre noch mit der Zweckübertragungslehre noch mit sonstigen urheberrechtlichen Grundsätzen in Einklang zu bringen.
Das LG Düsseldorf hält es im Vertriebsweg einer Fototapete, d.h. im Verhältnis des Urhebers zum Hersteller und Vertreiber der Fototapeten sowie ggf. einbezogenen Zwischenhändlern für erforderlich, dass dort bereits ein (an den Endkunden unterlizensierbares) Recht eingeräumt wird, wonach „Vervielfältigungen der Tapete im Rahmen der Erstellung von Lichtbildern der Räume“ gefertigt werden dürfen sowie das Recht „diese Lichtbilder zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen bzw. diese Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen“. Von dem Erwerber einer Fototapete könne üblicher Weise nicht erwartet werden, dass dieser sicherstellt, dass keine Fotos in den mit der Tapete ausgestatteten Räumen gefertigt werden oder die Tapete jeweils abgedeckt oder retuschiert wird.
Die Kammer kann diese Erforderlichkeit in dieser Absolutheit bereits nicht nachvollziehen. Zwar mag es sein, dass ein faktisches und rechtliches Bedürfnis der Endkunden von Fototapeten an einem solchen Nutzungsrecht besteht. Ein solches Bedürfnis führt aber nicht bereits dazu, dass ein solches Nutzungsrecht durch den Urheber bzw. Rechteinhaber rechtsgeschäftlich konkludent eingeräumt wird. Ein solches Bedürfnis ist vielmehr die Grundlage für eine Schranke des Urheberrechts, die hier aber nach den obigen Ausführungen nicht eingreift.
Es ist vielmehr zu beachten, dass vorliegend das LG Düsseldorf eine hypothetische Korrektur der Vertragsbeziehungen innerhalb der ersten Glieder der Lizenzkette vornimmt. Es ist dem (streitigen Teil des) Tatbestands des Urteils des LG Düsseldorf zu entnehmen, dass „in der Vergangenheit die Bilder mit Zustimmung von … für Fototapeten genutzt worden [seien]. Dieser Nutzung habe die Einräumung einfacher, für die Herstellung und den Vertrieb von Fototapeten erforderlicher Nutzungsrechte durch … zugrunde gelegen. Autorisierten Herstellern habe er nur gestattet, die Fototapeten zu verkaufen.“ Dies deckt sich mit den Feststellungen der Kammer in ihrem früheren Kammerurteil.
Nach diesem (scheinbar streitigen) Vortrag bestand aber offenbar eine ausdrückliche Regelung zwischen dem Fotografen K. und den Fototapetenherstellern; jedenfalls sind hier wie dort keine Feststellungen zu einer anderweitigen Vereinbarung auf dieser Ebene der Lizenzkette getroffen. Bei gebotener Auslegung nach §§ 133, 157 BGB der Vereinbarung zwischen dem Fotografen und dem Fototapetenhersteller sind hiermit keine unterlizensierbaren Rechte zur öffentlichen Zugänglichmachung der Motive der Fototapeten durch Kunden eingeräumt worden. Das Recht, Unterlizenzen zu gewähren, steht dem Urheber zu, § 35 UrhG, wonach selbst der ausschließliche Lizenznehmer nur mit Zustimmung des Urhebers weitere Unterlizenzen einräumen darf; hier stehen nur einfache Lizenzen an die Tapetenhersteller im Raum, auf § 35 Abs. 2 iVm § 34 Abs. 1 S. 2 UrhG kommt es gar nicht erst an. Dem Urheber – auf dieser ersten Ebene der Lizenzkette – dieses Recht zu beschneiden, steht deshalb nach Auffassung der Kammer die gesetzgeberische Wertung entgegen.
Wenn man nun auf dieser ersten Stufe der Lizenzkette bereits die Zweckübertragungslehre nach § 31 Abs. 5 UrhG anwenden wollte, was nur bei Unklarheiten der Rechteklausel zulässig wäre, müsste man nach der Argumentation des LG Düsseldorf hier bereits fordern, dass der Urheber zeitlich unbeschränkte, beliebig oft und an beliebige Personen unterlizensierbare Nutzungsrechte zur Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung für unüberschaubare Nutzungsarten einräumen müsste. Dies obschon in seinem Vertragsverhältnis allein notwendig ist, dass der Fototapetenhersteller die Lichtbilder in der Nutzungsart „Fototapete“ vervielfältigt gem. § 16 UrhG und sodann vertreibt gem. § 17 UrhG. Dies vermag die Kammer nicht mit der grundsätzlich den Urheber, nicht den Verwerter schützenden Zweckübertragungslehre in Einklang zu bringen.
Sodann folgt aus der Argumentation des LG Düsseldorf, dass auf der nächsten Stufe der Lizenzkette der Fototapetenhersteller an den Käufer ein vom Kaufpreis bereits vollständig abgegoltenes Recht zur Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung als Unterlizenz einräumt. Nach der von der Kammer vertretenen Ansicht hat der Tapetenhersteller bzw. –verkäufer über diese Rechte jedoch nie verfügt. Selbst wenn man also auf dieser Stufe wiederum im Wege der Zweckübertragungslehre diese weitgehenden Rechte einräumen wollte, so würde dies am fehlenden Rechtsbestand beim Tapetenhersteller scheitern. Folge wäre ein „gutgläubiger Erwerb“, der nach allgemeiner Meinung im Urheberrecht nicht existiert (statt aller: Dreier/Schulze/Schulze, 7. Aufl. 2022, UrhG § 31 Rn. 24 mwN: „Niemand kann also mehr Rechte übertragen, als er tatsächlich besitzt.“).
Zusammenfassend würde die Argumentation des LG Düsseldorf also dazu führen, bei dem Urheber, hier Herrn K., einen rechtsgeschäftlichen Willen anzunehmen, den er nie ausdrücklich geäußert hat und der ihm auch durch schlüssiges Verhalten nicht unterstellt werden kann.
- Fortsetzung-
Auf der anderen Seite überzeugt auch die Schutzwürdigkeit des Tapetenkäufers nicht, von dem „üblicher Weise nicht erwartet werden [könne], dass dieser sicherstellt, dass keine Fotos in den mit der Tapete ausgestatteten Räumen gefertigt werden oder die Tapete jeweils abgedeckt oder retuschiert wird.“ Mit dieser Argumentation könnte man nach Ansicht der Kammer diverse Fallgestaltungen von Urheberrechtsverletzungen zu Unrecht legitimieren. Denn allein der Kauf eines Buches rechtfertigt nicht die öffentliche Zugänglichmachung des Sprachwerks. Der Kauf einer CD oder DVD rechtfertigt nicht die öffentliche Wiedergabe der Inhalte. Das fehlende Unrechtsbewusstsein beim Filesharing rechtfertigt nicht die damit einhergehende Rechtsverletzung und so weiter. Es ist vielmehr Aufgabe des Verwerters, sich über seine Rechtesituation aufzuklären und sein Verhalten entsprechend anzupassen oder ausreichende Nutzungsrechte zu erwerben.
An dieser Ansicht der Kammer ändern auch die Ausführungen zum Verwendungszweck der Fototapete nichts. Denn auch dies ist kein Charakteristikum der Tapete. Denn auch andere Vervielfältigungsstücke von urheberrechtlichen Werken sind dafür gedacht, im privaten oder öffentlichen Raum dargestellt zu werden und könnten jederzeit im Hintergrund von Fotografien oder Videoaufnahmen auftauchen. So hat jedes Poster, sei hiermit ein Lichtbild(werk) oder ein Werk der angewandten oder freien Kunst vervielfältigt, den Verwendungszweck, an einer Wand befestigt zu werden. Gleichwohl erkennt die Kammer nicht, dass bei jedem Erwerb eines Posters ein derart weitgehendes Nutzungsrecht für jedermann besteht, wie es das LG Düsseldorf für den Fototapetenfall herausarbeitet. Dies wird besonders plastisch, wenn man statt der hiesigen Fototapete einen Kunstdruck eines bekannten Kunstwerks eines noch lebenden Künstlers nimmt, der in einem Museumsshop für einen moderaten Preis von 20,- € gekauft wird, wobei das Originalgemälde für mehrere Millionen Euro versteigert worden ist. In einem solchen Fall erscheint es der Kammer schlechthin ausgeschlossen, dass der bekannte Künstler dem Posterhersteller und nachfolgend dem Posterkäufer eine nicht gesondert zu vergütende Lizenz zur Vervielfältigung für private Fotografien und auch noch der öffentlichen Zugänglichmachung dieser Fotografien, etwa auf Social Networks, einräumt. Wenn man aber in dem gerade konstruierten Fall keine solche Lizenz annehmen kann, dann besteht kein Grund, dies für die Fallkonstellation „Fototapete“ anzunehmen. Ähnlich ist die Situation mit Gemälden, Statuen oder auch urheberrechtlich geschützten Möbeln. Die Problematik erinnert auch an das für Filmproduktionen notwendige Rechteclearing, weil insoweit auch nicht ungefragt urheberrechtlich oder etwa auch markenrechtlich geschützte Gegenstände oder Zeichen gezeigt werden dürfen. Wiederum zeigt sich, dass Kern der hiesigen Problematik das Fehlen einer passenden Schrankenregelung ist (vgl. dazu auch etwa Kraul/Vetter, ZUM-RD 2023, 318, 320).
Der Argumentation des LG Düsseldorf betreffend die Unmöglichkeit eines „Fotografierverbots“ oder das Bedürfnis nach korrekter Darstellung der Räume im Hotelierbereich steht ferner entgegen, dass eine naheliegende Lösung der Problematik unerwähnt bleibt. Eine einmal angebrachte Fototapete kann auch wieder entfernt werden und durch eine nicht urheberrechtlich geschützte Gestaltung ersetzt werden. Insofern steht dem Hotelier o.Ä. durchaus noch ein gewisser Handlungsspielraum zu, sei dieser auch mit Kosten verbunden. Auch vor diesem Hintergrund ist die Herleitung einer weitgehenden Lizenz zu Lasten des Urhebers und zur Legalisierung einer von der Allgemeinheit nicht als problematisch angesehen Verwertung abzulehnen.
Soweit es nach dem Urteil des LG Düsseldorf als branchenüblich anzusehen sein soll, dass keine gesonderte Vergütung für Rechte an der öffentlichen Zugänglichmachung und Vervielfältigung von Lichtbildern der mit Fototapeten ausgestatteten Räumlichkeiten bezahlt wird, erscheint dies nach Auffassung der Kammer ebenfalls nicht überzeugend. Denn es lässt sich genauso fragen, ob einer der Rechteverwerter, etwa einer der Hoteliers oder im hiesigen Fall der Beklagte als Handwerker, bei der Z. GmbH & Co. KG oder bei der Klägerin eine Lizenz für eine zukünftige Nutzungsberechtigung nachgefragt haben.
Verwerter müssen sich grds. umfassend und lückenlos nach den erforderlichen Rechten erkundigen (Prüfungspflicht). Werden Rechte übertragen, so genügt es in aller Regel nicht, sich auf Zusicherungen hinsichtlich des Bestands und Umfangs der Rechte sowie der Übertragungsbefugnis zu verlassen. Vielmehr muss der Verwerter die Kette der einzelnen Rechtsübertragungen vollständig überprüfen. Gewerbliche Verwerter – wie hier der Beklagte – unterliegen dabei erhöhten Prüfungsanforderungen (vgl. insofern zum Sorgfaltsmaßstab für das Verschulden: Wandtke/Bullinger/v. Wolff/Bullinger, 6. Aufl. 2022, UrhG § 97 Rn. 60).
Dazu, dass der Beklagte sich über die Nutzungsrechte, deren Dauer, Einräumung oder möglichen Ablauf bei der Z. GmbH & Co. GK oder der Klägerin auch nur erkundigt hätte, trägt der Beklagte indes nichts vor.
Damit ist offen, ob sich insoweit – abseits einer wie auch immer gearteten Branche – im konkreten Verhältnis zwischen Rechteinhaber und Rechteverwerter eine Vergütungspraxis ergibt. Dabei mag es sein, dass Fototapeten nicht – etwa wie Abonnements für Sportliveveranstaltungen – in verschiedenen Rechtevarianten am Markt angeboten werden. Aber auch dies vermag nicht dazu zu führen, dass der Urheber hier durch angeblich schlüssiges Verhalten einen wesentlichen Anteil seiner Verwertungsrechte ohne nennenswerte Lizenzvergütung verliert. Denn auch Vervielfältigungsstücke anderer urheberrechtlich geschützter Werke werden zum Einheitspreis verkauft, etwa Bücher, und eine weitergehende Verwertung, etwa in diesem Fall eine öffentliche bzw. öffentlich zugänglich gemachte Lesung des Buchinhalts, müsste vom Rechteinhaber autorisiert werden, wofür dieser aller Wahrscheinlichkeit nach eine Lizenzgebühr fordern wird.
Schlussendlich kann die Kammer die Ausführungen des LG Düsseldorf nicht teilen, wenn dies ausführt, dass der Fotograf K. „trotz der sich aufdrängenden urheberrechtlichen Konsequenzen im Rahmen der üblichen Nutzung der Fototapeten keine Hinweise auf ein ‚Fotografierverbot‘ oder die Notwendigkeit einer weiteren Lizensierung auf [genommen habe].“ Auch habe er nicht vorgetragen, von ihm autorisierte Hersteller zu entsprechenden Hinweisen veranlasst zu haben. Dies hält die Kammer für nicht mit den Grundsätzen des Urheberrechts in Einklang zu bringen. Denn es ist grundsätzlich nicht Aufgabe des Urhebers, sich Rechte zu reservieren. Es ist umgekehrt, dass der Urheber ein absolutes Recht hat und er nur insoweit Rechte einräumt, wie er dies ausdrücklich erklärt oder es im Wege der Zweckübertragungslehre unter Wahrung des Zweifelssatzes, wonach ihm seine Rechte weitestgehend verbleiben sollen, anzunehmen ist. Der fehlende Hinweis des Urhebers an den potentiellen Werknutzer, dass dieser das Werk nicht frei verwerten darf, kann vor diesem Hintergrund logischerweise nicht zur Annahme einer Lizenzierung führen. Wie ausgeführt, trifft vielmehr den Verwerter eine Prüfungs- und Erkundigungspflicht.
Nach diesen Erwägungen überzeugt die Kammer auch nicht das Urteil des OLG Düsseldorf, insbesondere nicht die Auslegung, wonach die Fototapeten ohne Einräumung von Nutzungsrechten schlicht unverkäuflich wären und der Fotograf K. an einem solchen Zustand kein Interesse gehabt haben könne, mithin er mit der vom LG Düsseldorf hergeleiteten Rechteeinräumung an die Kunden einverstanden gewesen sein müsse. Dabei greifen auch insoweit die oben dargestellten Zweifel mit Blick auf die Rechtsgeschäftslehre durch. Allein das Interesse des Urhebers am Verkauf möglichst vieler Vervielfältigungsstücke ersetzt in einer Lizenzkette nicht die auf jeder Stufe vorzunehmende Betrachtung der rechtsgeschäftlichen Lizenzbeziehungen.
(v) Nach alledem ist die Kammer auch im hiesigen Fall der Ansicht, dass bei dem Verkauf der Fototapete an den Beklagten keine Übertragung eines Nutzungsrechts an ihn erforderlich war. Durch den Kauf der Fototapete und das fachgerechte Anbringen an eine Wand sind die dem Urheber vorbehaltenen Verwertungsrechte (§§ 15 ff. UrhG) nicht tangiert. Mangels konkreter Nutzungsrechteregelung im Verhältnis zwischen Tapetenverkäufer und Beklagtem sind auch bei Anwendung der Zweckübertragungslehre keine Nutzungsrechte für den Beklagten als konkludent vereinbart anzusehen. Hinzu kommt, dass der Fototapetenverkäufer, den der Beklagte nur für eines der drei streitgegenständlichen Lichtbilder konkretisieren konnte, nicht über entsprechende Rechte verfügte, weil dieser vom Fotografen K. bereits keine diesbezüglichen Rechte eingeräumt erhalten hatte. Der Beklagte konnte wie oben dargestellt auch nicht gutgläubig Nutzungsrechte erwerben.
Eines wie auch immer gearteten Hinweises auf „reservierte Rechte“ bzw. eine Belehrung der Käufer über den Umfang der Nutzungsrechte hat es nicht bedurft. Es ist Sache des Werkverwerters, sich über den Umfang der eigenen Berechtigung zu vergewissern. Daraus kann kein Indiz für eine konkludent erklärte Willenserklärung des Urhebers für das Ob und/oder das Wie eines Nutzungsrechts gefolgert werden.
cc) Die Rechtswidrigkeit entfällt im hiesigen Fall auch nicht – wie es etwa das LG Düsseldorf ergänzend begründet – aus einer Einwilligung des Urhebers gem. § 183 BGB. Da wie oben ausführlich ausgeführt keine rechtsgeschäftlichen Beziehungen zwischen der Klägerin bzw. dem Urheber K. auf der einen Seite und dem Beklagten auf der anderen Seite bestehen, mag man zwar an das Rechtsinstitut der „schlichten Einwilligung“ denken (vgl. BGH, ZUM 2010, 580, Rn. 33 ff. – Vorschaubilder I).
Der BGH führte dort zur Frage der Rechtswidrigkeit der Einbindung von Thumbnails bei der Suchmaschine Google – nach ausführlicher Ablehnung einer konkludenten Nutzungsrechteeinräumung – aus, dass der dortigen Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zustehe, wenn sie zwar der Beklagten kein entsprechendes Nutzungsrecht eingeräumt und ihr die Werknutzung auch nicht schuldrechtlich gestattet habe, ihrem (schlüssigen) Verhalten aber die objektive Erklärung entnommen werden könne, sie sei mit der Nutzung ihrer Werke durch die Bildersuchmaschine der Beklagten einverstanden. Ein Berechtigter, der Texte oder Bilder im Internet ohne Einschränkungen frei zugänglich macht, muss nach diesem Urteil mit den nach den Umständen üblichen Nutzungshandlungen rechnen. Danach hatte sich die dortige Klägerin mit dem Einstellen der Abbildungen ihrer Werke in das Internet, ohne diese gegen das Auffinden durch Suchmaschinen zu sichern, mit der Wiedergabe ihrer Werke in Vorschaubildern der Suchmaschine der Beklagten einverstanden erklärt.
Die Kammer hält diesen Fall jedoch nicht mit der hiesigen Fallgestaltung für vergleichbar. Denn bei der Konstellation „Vorschaubilder I“ handelt es sich um Schutzgegenstände, die bereits im Internet öffentlich zugänglich gemacht waren und sodann von der für die Benutzung des Internets grundlegenden Internetsuchmaschine indexiert und wiederum auf Suchanfrage des Nutzers hin angezeigt worden sind. Es tritt hierbei jedenfalls kein Medien- bzw. Verwertungsartwechsel ein.
Hingegen ist es vorliegend so, dass der Urheber K. einem oder mehreren anderen Unternehmen im Ausgangspunkt Rechte zur Herstellung von physischen Vervielfältigungsstücken eingeräumt hat und diese Unternehmen dann den Tapetenkäufern auch nur dieses Vervielfältigungsstück verkauft, übergeben und übereignet haben. Was aber nun streitgegenständlich auf Nutzerseite ist, ist die Überführung in eine andere Nutzungsart und Verwertungsform, wenn nun (meist) digitale Fotos oder Videos mit dem geschützten Lichtbild als (Teil-) Motiv erstellt und sodann auch noch im Internet öffentlich zugänglich gemacht werden. Anders als im Fall der Vorschaubilder erfolgt hier eine erheblich umfangreichere Verwertung durch die lizenzlosen Verwerter. Gerade angesichts dieser nahezu uferlosen Folgen der Annahme einer „schlichten“ Einwilligung sind hier strenge Anforderungen daran zu stellen, ob eine solch weitgehende objektive Erklärung dem (schlüssigen) Verhalten des Urhebers K. entnommen werden kann.
Dies vermag die Kammer nicht zu erkennen. Wiederum erschöpft sich der Beitrag des Urhebers maßgeblich darin, Nutzungsrechte für eine bestimmte und eng umrissene Nutzungsart an einen Dritten einzuräumen. Dabei ist es zutreffend, dass der Urheber davon ausgehen musste, dass die Fototapete auch an Wände angebracht werden und folglich Gegenstand weiterer Verwertungsmaßnahmen der Fototapetenkäufer oder weiterer Personen, die sich in den entsprechend dekorierten Räumen aufhalten, sein können. Jedoch hält die Kammer in einer solchen Situation für entscheidend, dass die Zweitverwertung (insbesondere) von Lichtbildern eine übliche Einnahmequelle von Fotografen darstellt. Der Geschäftsführer der Klägerin durfte insoweit mit ebenso berechtigten Interessen davon ausgehen, dass Fototapetenkäufer für eine urheberrechtlich relevante Verwertung der Fototapeten Lizenzen erwerben. Andernfalls wäre die Anwendung der „schlichten“ Einwilligung immer bei jeder Art von Auftragsfotografie anzunehmen, weil der Fotograf immer davon ausgehen müsste, dass der Auftragnehmer ein Interesse an der umfassenden Verwertung der Lichtbilder hat. Damit würde schlussendlich die rechtsgeschäftliche Einräumung von Nutzungsrechten unterlaufen und die „schlichte“ Einwilligung faktisch zu einer Schranke des Urheberrechts werden, die nicht mit gesetzlichen Vergütungsansprüchen abgegolten wird. Aus diesem Grunde hält die Kammer die Entscheidung des BGH in Sachen „Vorschaubilder“ für eine enge Ausnahmekonstellation für die besondere Situation der Internetsuchmaschinen. Eine unbesehene Verallgemeinerung auf andere Konstellationen, insbesondere die hiesige Fototapetenkonstellation, hält die Kammer für nicht geboten.
Auch die vom LG Düsseldorf an dieser Stelle ins Feld geführte „Parfumflakon“-Entscheidung (BGH ZUM 2000, 1082) passt nach Ansicht der Kammer nicht. Der Rechtsgedanke der „übergesetzlichen“ Verbreitung über die Grenzen des § 17 Abs. 2 UrhG hinaus kann hier nicht als Freibrief für jede Verwertung der Fototapetenkäufer oder sonstiger Personen angewendet werden. Denn der Verbreitungsvorgang ist – wie auch das LG Düsseldorf erkennt – mit Verkauf der Tapete und spätestens mit Anbringung an der Wand beendet. Wenn man nun hier eine weitgehende Verbreitung auch für Verwertungshandlungen der Motive der an der Wand angebrachten Fototapete annehmen wollte, so würde faktisch eine Lizenz oder schlichte Einwilligung zur unauflösbaren Einheit mit dem einzelnen Vervielfältigungsstück werden. Auch dies würde wiederum das urheberrechtliche System auf den Kopf stellen und die Rechtsposition des Urhebers derart entleeren, dass sie nur noch zur Formalposition ohne wirtschaftlichen Wert verkommen würde.
Schließlich überzeugt auch nicht der vom LG Düsseldorf angestellte Vergleich mit der Situation zwischen Grundstückseigentümer und Urheber im Rahmen der Nutzung eines urheberrechtlich geschützten Bauwerks (vgl. zu einer solchen Konstellation kürzlich OLG Celle, Urteil vom 27.02.2024, 13 U 57/23; siehe auch Kammerurteil vom 20.10.2022 - 14 O 12/22, GRUR-RS 2022, 35743). Die Situation ist schon deshalb nicht vergleichbar, weil die Fototapete nicht das Bauwerk als solches zum urheberrechtlich geschützten Werk macht. Vielmehr ist es die bewusste Entscheidung des Fototapetenkäufers, diese an seine Wände zu befestigen. Durch diese Befestigung erhält der Urheber der Motive der Fototapete kein Recht zur Mitbestimmung, ob die Fototapete nunmehr jemals wieder entfernt werden darf – anders als im Fall des Umbaus oder Abrisses eines urheberrechtlich geschützten Werks. Insofern steht es, worauf die Kammer oben bereits hingewiesen hat, dem Käufer der Fototapete bzw. dem Besitzer der Räume, in denen die Fototapete angebracht ist, jederzeit frei, die Tapete wieder zu entfernen. Dabei verkennt die Kammernicht, dass dies temporär nicht möglich ist. Die urheberrechtliche Problematik folgt aber aus der bewussten Entscheidung zur Anbringung der Fototapete, sei sie auch in Unkenntnis der urheberrechtlichen Rechtslage getroffen worden. Die Kammer überzeugt es nicht, dass durch die bewusste Entscheidung des Fototapetenkäufers zur Anbringung der Tapete sodann automatisch eine wie auch immer dogmatisch zu bewertende Nutzungsberechtigung zur öffentlichen Zugänglichmachung folgt. Denn dann hätte es schließlich der Verwerter eines Werks alleine und ohne Mitspracherecht des Urhebers in der Hand, sich eine umfassende Nutzungsberechtigung durch faktisches Handeln zu sichern. Dies stellte das urheberrechtlich und allgemein deliktsrechtliche Rechtfertigungssystem auf den Kopf.
d) Schließlich ist das Verhalten der Klägerin auch nicht rechtsmissbräuchlich oder verstößt gegen Treu und Glauben gem. § 242 BGB.
Die Kammer geht auch an dieser Stelle grundsätzlich weiterhin davon aus, dass von einem Rechtsmissbrauch dann auszugehen ist, wenn das beherrschende Motiv des Anspruchstellers sachfremde Ziele sind (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 2005 - I ZR 300/02, GRUR 2006, 243 Rn. 16 = WRP 2006, 354 - MEGA SALE; BGH, GRUR 2016, 961 Rn. 15 Herstellerpreisempfehlung bei Amazon). Die Annahme eines Rechtsmissbrauchs erfordert eine sorgfältige Prüfung und Abwägung der maßgeblichen Einzelumstände (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 2011 - I ZR 174/10, GRUR 2012, 730 Rn. 47 = WRP 2012, 930 - Bauheizgerät; BGH, GRUR 2016, 961 Rn. 15 - Herstellerpreisempfehlung bei Amazon). Ein Anhaltspunkt für eine rechtsmissbräuchliche Rechtsverfolgung kann sich daraus ergeben, dass der Anspruchsteller mehrere gleichartige oder in einem inneren Zusammenhang stehende Rechtsverstöße gegen eine Person oder mehrere Personen ohne sachlichen Grund in getrennten Verfahren verfolgt und dadurch die Kostenlast erheblich erhöht (zum Lauterkeitsrecht vgl. BGH, GRUR 2006, 243 Rn. 16 MEGA SALE; BGH, Urteil vom 22. Oktober 2009 - I ZR 58/07, GRUR 2010, 454 Rn. 19 = WRP 2010, 640 - Klassenlotterie; Urteil vom 19. Juli 2012 I ZR 199/10, GRUR 2013, 307 Rn. 19 = WRP 2013, 329 - Unbedenkliche Mehrfachabmahnung; zum Urheberrecht vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2012 - I ZR 106/10, GRUR 2013, 176 Rn. 14 f. = WRP 2013, 336 - Ferienluxuswohnung; vgl. auch BGH, Beschluss vom 20. November 2012 - VI ZB 1/12, NJW 2013, 1369 Rn. 9 f.; BGH, Urteil vom 6. Oktober 2016 – I ZR 25/15 – World of Warcraft I, Rn. 23).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Daran ändern auch die an dieser Stelle anderslautenden Urteile des LG Düsseldorf und des OLG Düsseldorf nichts. Auch das Urteil des LG Stuttgart führt nicht dazu, dass die Kammer vorliegend einen Verstoß der Klägerin gegen § 242 BGB annehmen würde.
Die Ansicht des LG Düsseldorf, dass dem Urheber K. „ein gesetz-, sitten- oder vertragswidriges Verhalten“ vorzuwerfen wäre, teilt die Kammer nicht. Das Urteil des LG Düsseldorf enthält insoweit folgende Begründung:
„Soweit er über die von ihm autorisierten Hersteller Fototapeten vertrieben hat, ohne den Erwerbern entsprechende urheberrechtliche Nutzungsrechte für eine Nutzung einzuräumen (Vervielfältigung durch Erstellen von Lichtbildern der mit den Fototapeten ausgestatteten Räume und deren öffentliches Zugänglichmachen), die jedenfalls den äußeren Umständen nach ohne Weiteres vorhersehbar war, hat er sich vertragswidrig verhalten. Die Erwerber der Tapeten durften im Hinblick auf die notwendige untrennbare Verbindung der Tapeten mit den Wänden davon ausgehen, dass sie Lichtbilder der Räume fertigen und diese auch öffentlich zugänglich machen durften, soweit kein gegenteiliger Hinweis erfolgte. Da es … als Geschäftsführer der … oder im Rahmen der Autorisierung anderer Hersteller in der Hand hatte, einen entsprechenden Hinweis zu erteilen, hat er die urheberrechtlichen Verletzungshandlungen, aus denen die geltend gemachten Ansprüche hergeleitet werden sollen, selbst provoziert.“
Diese Begründung vermag die Kammer nicht nachzuvollziehen. Denn wie oben dargestellt, ist es zunächst einmal unverfänglich, dass der Urheber im Verhältnis zu den Fototapetenherstellern nur beschränkte Nutzungsrechte eingeräumt hat. Nach Ansicht der Kammer kann hier nicht über das Verdikt des Rechtsmissbrauchs in die Vertragsfreiheit von Lizenzvertragsparteien eingegriffen werden und hier auf erster Stufe einer Lizenzkette ein weitergehender Nutzungsumfang erzwungen werden, als dieser von den Vertragsparteien vereinbart war. Im Übrigen wäre mit dieser Argumentation wiederum jede Art der Zweitlizensierung durch Fotografen grundsätzlich in der Gefahr, dass man sie als rechtsmissbräuchlich ansehen würde. In so einem Fall wären auch die bekannten Zweitlizensierungsfälle, etwa die allgemein bekannte sog. Bademodenrechtsprechung (vgl. etwa beispielhaft OLG Köln, Urteil vom 28.10.2016 – 6 U 206/15, BeckRS 2016, 138806) potentiell rechtsmissbräuchliches Verhalten, weil der Fotograf seinem Auftraggeber keine unterlizensierbaren Rechte eingeräumt hatte. Dieses Ergebnis ist ersichtlich nicht angemessen.
Die Kammer kann auch nicht das im Urteil des OLG Düsseldorf herausgearbeitete widersprüchliche Verhalten auf Klägerseite erkennen. Das OLG Düsseldorf zitiert insoweit das Urteil des LG Stuttgart. Soweit dort jeweils geurteilt worden ist, dass durch das Inverkehrbringen der Fototapeten der vermeintliche Urheber der hierfür genutzten Fotos einen Vertrauenstatbestand geschaffen habe, weil die dortige Beklagte (sprich der Käufer der Fototapete) vernünftigerweise davon ausgehen dürfe, dass die nunmehr angegriffene Nutzung der Fototapete von der Einwilligung des Urhebers bzw. Rechteinhabers gedeckt sei und sich dieser auch nicht in seinen Interessen beeinträchtigt fühlen würde, stimmt die Kammer dem nicht zu. Die Kammer verweist insofern auf die obigen Ausführungen, wonach zwischen a) dem Kaufvertrag über die Fototapete, b) der Übergabe und Übereignung der konkreten Sache und c) der dinglichen Einräumung von Nutzungsrechten zu unterscheiden ist. Diese drei Aspekte des einheitlichen Lebenssachverhalts sind abstrakt und getrennt zu bewerten. Die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf und des LG Düsseldorf folgern nunmehr aus dem Verkauf und der Übereignung der Tapete einen Vertrauenstatbestand dahingehend, dass auch Lizenzrechte sozusagen akzessorisch übergehen müssten. Die Kammer weist wieder darauf hin, dass diese Ansicht systemwidrig ist. Mit dem Kauf eines Vervielfältigungsstückes geht in aller Regel keine Pflicht des Urhebers des vervielfältigten Werks einher, dem Nutzer mehr Rechte einzuräumen als für den Vertragszweck erforderlich. Wenn man aber wie die Kammer oben im Rahmen der Betrachtung etwaiger Lizenzverhältnisse nicht über die Vertragszwecklehre dazu kommt, dass dem Käufer einer Fototapete Nutzungsrechte für die hier betroffene öffentliche Zugänglichmachung einzuräumen sind, so verbietet es sich, die Geltendmachung von Rechten wegen ungenehmigter Verwertung als rechtsmissbräuchlich anzusehen.
Wiederum kommt es auch hier nicht darauf an, dass der Urheber bzw. Fototapetenverkäufer dem Tapetenkäufer keinen Hinweis auf nicht enthaltene Nutzungsrechte erteilt hat (so aber ausdrücklich das Urteil des OLG Düsseldorf). Es ist grundsätzlich Sache des Verwerters, sich um eine ausreichende Berechtigung zu sorgen. Urheber bzw. Rechteinhaber müssen sich hingegen nicht ausdrücklich Rechte vorbehalten oder reservieren. Unter dieser Prämisse ist auch in der hiesigen Fallgestaltung kein rechtsmissbräuchliches Geschäftsmodell der Klägerin oder des Urhebers K. zu erkennen. Denn das Geschäft mit der Fototapete ist im Ausgangspunkt rechtlich nicht zu beanstanden. Der Urheber hat beschränkte Nutzungsrechte an die Fototapetenhersteller eingeräumt und dafür wahrscheinlich eine Lizenzgebühr erhalten. Der Fototapetenhersteller hat dann die Fototapeten für einen bestimmten Kaufpreis an die Käufer veräußert. Der Urheber K. bzw. die Klägerin als Rechteholding hat im Nachgang, vorliegend etwa zehn Jahre nach dem Verkaufsdatum der Fototapeten, unlizenzierte Verwertungen der streitgegenständlichen Lichtbilder festgestellt und damit einhergehende urheberrechtliche Ansprüche geltend gemacht. Die erkennende Kammer, die im Schwerpunkt mit Urheberrechtsstreitsachen befasst ist, hat in ihrer alltäglichen Praxis mit diversen Fällen der Zweit- oder Mehrfachverwertung von urheberrechtlichen Schutzgegenständen, insbesondere auch Lichtbildern, zu tun. In der Gesamtschau dieser Fälle erscheint das Vorgehen der Klägerin nicht als sittlich auf einer niederen Stufe stehend, die als rechtsmissbräuchlich erscheint. Es ist auch kein widersprüchliches Verhalten erkennbar, vielmehr erkennt die Kammer eine – bei gebotener sachlicher Betrachtung – reguläre Durchsetzung von urheberrechtlichen Ansprüchen. Es ist insbesondere nicht rechtsmissbräuchlich, wegen eigenständiger Rechtsverletzungen gesonderte Verfahren einzuleiten (vgl. BGH, GRUR 2013, 176 Rn. 23 – Ferienluxuswohnung; BGH, Urteil vom 6. Oktober 2016 – I ZR 25/15 – World of Warcraft I, Rn. 27 a.E.).
2. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Auskunft zu. Der Anspruch auf Auskunft und gegebenenfalls Rechnungslegung folgt aus § 242 BGB in erweiterter Auslegung der §§ 259, 260 BGB. Der Verletzte kann zur Vorbereitung eines bezifferten Schadensersatzanspruchs vom Verletzer Auskunft und Rechnungslegung verlangen; dieser nichtselbstständige, so genannte akzessorische Auskunftsanspruch ist im Urheberrecht ebenso wie im gewerblichen Rechtsschutz gewohnheitsrechtlich anerkannt.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, da für die Bemessung des im vorliegenden Klageverfahren nur mit einem Feststellungsantrag geltend gemachten Schadensersatzanspruches die Zeitdauer der Verletzung erheblich sein kann.
3. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzpflicht nach § 97 Abs. 2 UrhG wegen der oben ausführlich beschriebenen Rechtsverletzung.
Das für die Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) folgt daraus, dass der Kläger vor der Erteilung der Auskunft keine Kenntnis vom Umfang der Rechtsverletzungen von Seiten des Beklagten hat und damit seinen Schadensersatzanspruch gemäß § 97 Abs. 2 UrhG nicht abschließend beziffern kann.
Der Beklagte handelte auch schuldhaft. Die Schutzrechtsverletzung muss schuldhaft erfolgen, also jedenfalls fahrlässig begangen werden, indem die im Verkehr erforderliche Sorgfalt, § 276 Abs. 1 S. 2 BGB, außer Acht gelassen wird. An das Maß der zu beachtenden Sorgfalt werden bei den absolut geschützten urheberrechtlichen Rechtspositionen strenge Anforderungen gestellt (vgl. BGH, GRUR 1998, 568 (569) – Beatles-Doppel-CD). Derjenige, der von fremden Lichtbildern Gebrauch macht, indem er diese in seinem Internetauftritt veröffentlicht, muss sich vergewissern, dass dies mit Erlaubnis des Berechtigten geschieht (vgl. Wolff, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 2009, § 97, Rn. 52). Insoweit besteht eine Prüfungs- und Erkundigungspflicht. Da ein gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten im Urheberrecht ausscheidet (allgemeine Meinung, vgl. etwa BGH, Beschluss vom 3. Februar 2011 – I ZR 129/08 – UsedSoft; BGH, Urteil vom 26. März 2009 – I ZR 153/06 – Reifen Progressiv; Wandtke/Grunert in: Wandtke/Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrecht, 4. Auflage 2014, Vor §§ 31 f., Rn. 47, mit weiteren Nachweisen), schließt dies eine Überprüfung der Rechtekette mit ein, von der ein etwaiger Lizenzgeber seine behauptete Rechtsposition ableitet (s. dazu auch schon oben Ziff. 1. c) iv)
Dass der Beklagte für seine geplante Nutzung als Referenzfotos sich über den ausreichenden Erwerb der Nutzungsrechte an den streitgegenständlichen Fotografien bei dem Kauf der Fototapete auch nur erkundigt hätte, trägt der Beklagte nicht vor. Der Beklagte hielt sich offenbar ohne rechtliche Prüfung für berechtigt, die Fotos der angerbrachten Fototapete als Referenz verwenden zu dürfen. Dies war nach den obigen Ausführungen rechtsirrig. Auf den Umstand, dass weder der Urheber K. noch der Verkäufer der Fototapete auf Einschränkungen, Beschränkungen, Lizenzverpflichtungen o. ä. hingewiesen hatte, kommt es auch an dieser Stelle nicht an. Zuletzt kann sich der Beklagte auch nicht auf den oben ausführlich dargestellten Meinungsstreit in der Rechtsprechung berufen, weil die Verwertung durch den Beklagten offensichtlich schon vor der Verkündung sowohl des früheren Kammerurteils als auch des diesem widersprechenden Urteils des LG Düsseldorf begonnen hat. Insofern hätte es dem Beklagten oblegen, bereits vor Beginn der Verwertung seine Nutzungsberechtigung oder etwa das Vorliegen einer „schlichten“ Einwilligung rechtlich zu prüfen; bei schwierigen Rechtsfragen muss gegebenenfalls sachkundiger Rechtsrat eingeholt werden.
(Wandtke/Bullinger/v. Wolff/Bullinger, 6. Aufl. 2022, UrhG § 97 Rn. 60). Im Zweifel hätte er dann von der Verwertung Abstand nehmen müssen, um einen Fahrlässigkeitsvorwurf auszuschließen.
Die vollständige Entscheidung finden Sie hier:
An dieser Ansicht der Kammer ändern auch die Ausführungen zum Verwendungszweck der Fototapete nichts. Denn auch dies ist kein Charakteristikum der Tapete. Denn auch andere Vervielfältigungsstücke von urheberrechtlichen Werken sind dafür gedacht, im privaten oder öffentlichen Raum dargestellt zu werden und könnten jederzeit im Hintergrund von Fotografien oder Videoaufnahmen auftauchen. So hat jedes Poster, sei hiermit ein Lichtbild(werk) oder ein Werk der angewandten oder freien Kunst vervielfältigt, den Verwendungszweck, an einer Wand befestigt zu werden. Gleichwohl erkennt die Kammer nicht, dass bei jedem Erwerb eines Posters ein derart weitgehendes Nutzungsrecht für jedermann besteht, wie es das LG Düsseldorf für den Fototapetenfall herausarbeitet. Dies wird besonders plastisch, wenn man statt der hiesigen Fototapete einen Kunstdruck eines bekannten Kunstwerks eines noch lebenden Künstlers nimmt, der in einem Museumsshop für einen moderaten Preis von 20,- € gekauft wird, wobei das Originalgemälde für mehrere Millionen Euro versteigert worden ist. In einem solchen Fall erscheint es der Kammer schlechthin ausgeschlossen, dass der bekannte Künstler dem Posterhersteller und nachfolgend dem Posterkäufer eine nicht gesondert zu vergütende Lizenz zur Vervielfältigung für private Fotografien und auch noch der öffentlichen Zugänglichmachung dieser Fotografien, etwa auf Social Networks, einräumt. Wenn man aber in dem gerade konstruierten Fall keine solche Lizenz annehmen kann, dann besteht kein Grund, dies für die Fallkonstellation „Fototapete“ anzunehmen. Ähnlich ist die Situation mit Gemälden, Statuen oder auch urheberrechtlich geschützten Möbeln. Die Problematik erinnert auch an das für Filmproduktionen notwendige Rechteclearing, weil insoweit auch nicht ungefragt urheberrechtlich oder etwa auch markenrechtlich geschützte Gegenstände oder Zeichen gezeigt werden dürfen. Wiederum zeigt sich, dass Kern der hiesigen Problematik das Fehlen einer passenden Schrankenregelung ist (vgl. dazu auch etwa Kraul/Vetter, ZUM-RD 2023, 318, 320).
Der Argumentation des LG Düsseldorf betreffend die Unmöglichkeit eines „Fotografierverbots“ oder das Bedürfnis nach korrekter Darstellung der Räume im Hotelierbereich steht ferner entgegen, dass eine naheliegende Lösung der Problematik unerwähnt bleibt. Eine einmal angebrachte Fototapete kann auch wieder entfernt werden und durch eine nicht urheberrechtlich geschützte Gestaltung ersetzt werden. Insofern steht dem Hotelier o.Ä. durchaus noch ein gewisser Handlungsspielraum zu, sei dieser auch mit Kosten verbunden. Auch vor diesem Hintergrund ist die Herleitung einer weitgehenden Lizenz zu Lasten des Urhebers und zur Legalisierung einer von der Allgemeinheit nicht als problematisch angesehen Verwertung abzulehnen.
Soweit es nach dem Urteil des LG Düsseldorf als branchenüblich anzusehen sein soll, dass keine gesonderte Vergütung für Rechte an der öffentlichen Zugänglichmachung und Vervielfältigung von Lichtbildern der mit Fototapeten ausgestatteten Räumlichkeiten bezahlt wird, erscheint dies nach Auffassung der Kammer ebenfalls nicht überzeugend. Denn es lässt sich genauso fragen, ob einer der Rechteverwerter, etwa einer der Hoteliers oder im hiesigen Fall der Beklagte als Handwerker, bei der Z. GmbH & Co. KG oder bei der Klägerin eine Lizenz für eine zukünftige Nutzungsberechtigung nachgefragt haben.
Verwerter müssen sich grds. umfassend und lückenlos nach den erforderlichen Rechten erkundigen (Prüfungspflicht). Werden Rechte übertragen, so genügt es in aller Regel nicht, sich auf Zusicherungen hinsichtlich des Bestands und Umfangs der Rechte sowie der Übertragungsbefugnis zu verlassen. Vielmehr muss der Verwerter die Kette der einzelnen Rechtsübertragungen vollständig überprüfen. Gewerbliche Verwerter – wie hier der Beklagte – unterliegen dabei erhöhten Prüfungsanforderungen (vgl. insofern zum Sorgfaltsmaßstab für das Verschulden: Wandtke/Bullinger/v. Wolff/Bullinger, 6. Aufl. 2022, UrhG § 97 Rn. 60).
Dazu, dass der Beklagte sich über die Nutzungsrechte, deren Dauer, Einräumung oder möglichen Ablauf bei der Z. GmbH & Co. GK oder der Klägerin auch nur erkundigt hätte, trägt der Beklagte indes nichts vor.
Damit ist offen, ob sich insoweit – abseits einer wie auch immer gearteten Branche – im konkreten Verhältnis zwischen Rechteinhaber und Rechteverwerter eine Vergütungspraxis ergibt. Dabei mag es sein, dass Fototapeten nicht – etwa wie Abonnements für Sportliveveranstaltungen – in verschiedenen Rechtevarianten am Markt angeboten werden. Aber auch dies vermag nicht dazu zu führen, dass der Urheber hier durch angeblich schlüssiges Verhalten einen wesentlichen Anteil seiner Verwertungsrechte ohne nennenswerte Lizenzvergütung verliert. Denn auch Vervielfältigungsstücke anderer urheberrechtlich geschützter Werke werden zum Einheitspreis verkauft, etwa Bücher, und eine weitergehende Verwertung, etwa in diesem Fall eine öffentliche bzw. öffentlich zugänglich gemachte Lesung des Buchinhalts, müsste vom Rechteinhaber autorisiert werden, wofür dieser aller Wahrscheinlichkeit nach eine Lizenzgebühr fordern wird.
Schlussendlich kann die Kammer die Ausführungen des LG Düsseldorf nicht teilen, wenn dies ausführt, dass der Fotograf K. „trotz der sich aufdrängenden urheberrechtlichen Konsequenzen im Rahmen der üblichen Nutzung der Fototapeten keine Hinweise auf ein ‚Fotografierverbot‘ oder die Notwendigkeit einer weiteren Lizensierung auf [genommen habe].“ Auch habe er nicht vorgetragen, von ihm autorisierte Hersteller zu entsprechenden Hinweisen veranlasst zu haben. Dies hält die Kammer für nicht mit den Grundsätzen des Urheberrechts in Einklang zu bringen. Denn es ist grundsätzlich nicht Aufgabe des Urhebers, sich Rechte zu reservieren. Es ist umgekehrt, dass der Urheber ein absolutes Recht hat und er nur insoweit Rechte einräumt, wie er dies ausdrücklich erklärt oder es im Wege der Zweckübertragungslehre unter Wahrung des Zweifelssatzes, wonach ihm seine Rechte weitestgehend verbleiben sollen, anzunehmen ist. Der fehlende Hinweis des Urhebers an den potentiellen Werknutzer, dass dieser das Werk nicht frei verwerten darf, kann vor diesem Hintergrund logischerweise nicht zur Annahme einer Lizenzierung führen. Wie ausgeführt, trifft vielmehr den Verwerter eine Prüfungs- und Erkundigungspflicht.
Nach diesen Erwägungen überzeugt die Kammer auch nicht das Urteil des OLG Düsseldorf, insbesondere nicht die Auslegung, wonach die Fototapeten ohne Einräumung von Nutzungsrechten schlicht unverkäuflich wären und der Fotograf K. an einem solchen Zustand kein Interesse gehabt haben könne, mithin er mit der vom LG Düsseldorf hergeleiteten Rechteeinräumung an die Kunden einverstanden gewesen sein müsse. Dabei greifen auch insoweit die oben dargestellten Zweifel mit Blick auf die Rechtsgeschäftslehre durch. Allein das Interesse des Urhebers am Verkauf möglichst vieler Vervielfältigungsstücke ersetzt in einer Lizenzkette nicht die auf jeder Stufe vorzunehmende Betrachtung der rechtsgeschäftlichen Lizenzbeziehungen.
(v) Nach alledem ist die Kammer auch im hiesigen Fall der Ansicht, dass bei dem Verkauf der Fototapete an den Beklagten keine Übertragung eines Nutzungsrechts an ihn erforderlich war. Durch den Kauf der Fototapete und das fachgerechte Anbringen an eine Wand sind die dem Urheber vorbehaltenen Verwertungsrechte (§§ 15 ff. UrhG) nicht tangiert. Mangels konkreter Nutzungsrechteregelung im Verhältnis zwischen Tapetenverkäufer und Beklagtem sind auch bei Anwendung der Zweckübertragungslehre keine Nutzungsrechte für den Beklagten als konkludent vereinbart anzusehen. Hinzu kommt, dass der Fototapetenverkäufer, den der Beklagte nur für eines der drei streitgegenständlichen Lichtbilder konkretisieren konnte, nicht über entsprechende Rechte verfügte, weil dieser vom Fotografen K. bereits keine diesbezüglichen Rechte eingeräumt erhalten hatte. Der Beklagte konnte wie oben dargestellt auch nicht gutgläubig Nutzungsrechte erwerben.
Eines wie auch immer gearteten Hinweises auf „reservierte Rechte“ bzw. eine Belehrung der Käufer über den Umfang der Nutzungsrechte hat es nicht bedurft. Es ist Sache des Werkverwerters, sich über den Umfang der eigenen Berechtigung zu vergewissern. Daraus kann kein Indiz für eine konkludent erklärte Willenserklärung des Urhebers für das Ob und/oder das Wie eines Nutzungsrechts gefolgert werden.
cc) Die Rechtswidrigkeit entfällt im hiesigen Fall auch nicht – wie es etwa das LG Düsseldorf ergänzend begründet – aus einer Einwilligung des Urhebers gem. § 183 BGB. Da wie oben ausführlich ausgeführt keine rechtsgeschäftlichen Beziehungen zwischen der Klägerin bzw. dem Urheber K. auf der einen Seite und dem Beklagten auf der anderen Seite bestehen, mag man zwar an das Rechtsinstitut der „schlichten Einwilligung“ denken (vgl. BGH, ZUM 2010, 580, Rn. 33 ff. – Vorschaubilder I).
Der BGH führte dort zur Frage der Rechtswidrigkeit der Einbindung von Thumbnails bei der Suchmaschine Google – nach ausführlicher Ablehnung einer konkludenten Nutzungsrechteeinräumung – aus, dass der dortigen Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zustehe, wenn sie zwar der Beklagten kein entsprechendes Nutzungsrecht eingeräumt und ihr die Werknutzung auch nicht schuldrechtlich gestattet habe, ihrem (schlüssigen) Verhalten aber die objektive Erklärung entnommen werden könne, sie sei mit der Nutzung ihrer Werke durch die Bildersuchmaschine der Beklagten einverstanden. Ein Berechtigter, der Texte oder Bilder im Internet ohne Einschränkungen frei zugänglich macht, muss nach diesem Urteil mit den nach den Umständen üblichen Nutzungshandlungen rechnen. Danach hatte sich die dortige Klägerin mit dem Einstellen der Abbildungen ihrer Werke in das Internet, ohne diese gegen das Auffinden durch Suchmaschinen zu sichern, mit der Wiedergabe ihrer Werke in Vorschaubildern der Suchmaschine der Beklagten einverstanden erklärt.
Die Kammer hält diesen Fall jedoch nicht mit der hiesigen Fallgestaltung für vergleichbar. Denn bei der Konstellation „Vorschaubilder I“ handelt es sich um Schutzgegenstände, die bereits im Internet öffentlich zugänglich gemacht waren und sodann von der für die Benutzung des Internets grundlegenden Internetsuchmaschine indexiert und wiederum auf Suchanfrage des Nutzers hin angezeigt worden sind. Es tritt hierbei jedenfalls kein Medien- bzw. Verwertungsartwechsel ein.
Hingegen ist es vorliegend so, dass der Urheber K. einem oder mehreren anderen Unternehmen im Ausgangspunkt Rechte zur Herstellung von physischen Vervielfältigungsstücken eingeräumt hat und diese Unternehmen dann den Tapetenkäufern auch nur dieses Vervielfältigungsstück verkauft, übergeben und übereignet haben. Was aber nun streitgegenständlich auf Nutzerseite ist, ist die Überführung in eine andere Nutzungsart und Verwertungsform, wenn nun (meist) digitale Fotos oder Videos mit dem geschützten Lichtbild als (Teil-) Motiv erstellt und sodann auch noch im Internet öffentlich zugänglich gemacht werden. Anders als im Fall der Vorschaubilder erfolgt hier eine erheblich umfangreichere Verwertung durch die lizenzlosen Verwerter. Gerade angesichts dieser nahezu uferlosen Folgen der Annahme einer „schlichten“ Einwilligung sind hier strenge Anforderungen daran zu stellen, ob eine solch weitgehende objektive Erklärung dem (schlüssigen) Verhalten des Urhebers K. entnommen werden kann.
Dies vermag die Kammer nicht zu erkennen. Wiederum erschöpft sich der Beitrag des Urhebers maßgeblich darin, Nutzungsrechte für eine bestimmte und eng umrissene Nutzungsart an einen Dritten einzuräumen. Dabei ist es zutreffend, dass der Urheber davon ausgehen musste, dass die Fototapete auch an Wände angebracht werden und folglich Gegenstand weiterer Verwertungsmaßnahmen der Fototapetenkäufer oder weiterer Personen, die sich in den entsprechend dekorierten Räumen aufhalten, sein können. Jedoch hält die Kammer in einer solchen Situation für entscheidend, dass die Zweitverwertung (insbesondere) von Lichtbildern eine übliche Einnahmequelle von Fotografen darstellt. Der Geschäftsführer der Klägerin durfte insoweit mit ebenso berechtigten Interessen davon ausgehen, dass Fototapetenkäufer für eine urheberrechtlich relevante Verwertung der Fototapeten Lizenzen erwerben. Andernfalls wäre die Anwendung der „schlichten“ Einwilligung immer bei jeder Art von Auftragsfotografie anzunehmen, weil der Fotograf immer davon ausgehen müsste, dass der Auftragnehmer ein Interesse an der umfassenden Verwertung der Lichtbilder hat. Damit würde schlussendlich die rechtsgeschäftliche Einräumung von Nutzungsrechten unterlaufen und die „schlichte“ Einwilligung faktisch zu einer Schranke des Urheberrechts werden, die nicht mit gesetzlichen Vergütungsansprüchen abgegolten wird. Aus diesem Grunde hält die Kammer die Entscheidung des BGH in Sachen „Vorschaubilder“ für eine enge Ausnahmekonstellation für die besondere Situation der Internetsuchmaschinen. Eine unbesehene Verallgemeinerung auf andere Konstellationen, insbesondere die hiesige Fototapetenkonstellation, hält die Kammer für nicht geboten.
Auch die vom LG Düsseldorf an dieser Stelle ins Feld geführte „Parfumflakon“-Entscheidung (BGH ZUM 2000, 1082) passt nach Ansicht der Kammer nicht. Der Rechtsgedanke der „übergesetzlichen“ Verbreitung über die Grenzen des § 17 Abs. 2 UrhG hinaus kann hier nicht als Freibrief für jede Verwertung der Fototapetenkäufer oder sonstiger Personen angewendet werden. Denn der Verbreitungsvorgang ist – wie auch das LG Düsseldorf erkennt – mit Verkauf der Tapete und spätestens mit Anbringung an der Wand beendet. Wenn man nun hier eine weitgehende Verbreitung auch für Verwertungshandlungen der Motive der an der Wand angebrachten Fototapete annehmen wollte, so würde faktisch eine Lizenz oder schlichte Einwilligung zur unauflösbaren Einheit mit dem einzelnen Vervielfältigungsstück werden. Auch dies würde wiederum das urheberrechtliche System auf den Kopf stellen und die Rechtsposition des Urhebers derart entleeren, dass sie nur noch zur Formalposition ohne wirtschaftlichen Wert verkommen würde.
Schließlich überzeugt auch nicht der vom LG Düsseldorf angestellte Vergleich mit der Situation zwischen Grundstückseigentümer und Urheber im Rahmen der Nutzung eines urheberrechtlich geschützten Bauwerks (vgl. zu einer solchen Konstellation kürzlich OLG Celle, Urteil vom 27.02.2024, 13 U 57/23; siehe auch Kammerurteil vom 20.10.2022 - 14 O 12/22, GRUR-RS 2022, 35743). Die Situation ist schon deshalb nicht vergleichbar, weil die Fototapete nicht das Bauwerk als solches zum urheberrechtlich geschützten Werk macht. Vielmehr ist es die bewusste Entscheidung des Fototapetenkäufers, diese an seine Wände zu befestigen. Durch diese Befestigung erhält der Urheber der Motive der Fototapete kein Recht zur Mitbestimmung, ob die Fototapete nunmehr jemals wieder entfernt werden darf – anders als im Fall des Umbaus oder Abrisses eines urheberrechtlich geschützten Werks. Insofern steht es, worauf die Kammer oben bereits hingewiesen hat, dem Käufer der Fototapete bzw. dem Besitzer der Räume, in denen die Fototapete angebracht ist, jederzeit frei, die Tapete wieder zu entfernen. Dabei verkennt die Kammernicht, dass dies temporär nicht möglich ist. Die urheberrechtliche Problematik folgt aber aus der bewussten Entscheidung zur Anbringung der Fototapete, sei sie auch in Unkenntnis der urheberrechtlichen Rechtslage getroffen worden. Die Kammer überzeugt es nicht, dass durch die bewusste Entscheidung des Fototapetenkäufers zur Anbringung der Tapete sodann automatisch eine wie auch immer dogmatisch zu bewertende Nutzungsberechtigung zur öffentlichen Zugänglichmachung folgt. Denn dann hätte es schließlich der Verwerter eines Werks alleine und ohne Mitspracherecht des Urhebers in der Hand, sich eine umfassende Nutzungsberechtigung durch faktisches Handeln zu sichern. Dies stellte das urheberrechtlich und allgemein deliktsrechtliche Rechtfertigungssystem auf den Kopf.
d) Schließlich ist das Verhalten der Klägerin auch nicht rechtsmissbräuchlich oder verstößt gegen Treu und Glauben gem. § 242 BGB.
Die Kammer geht auch an dieser Stelle grundsätzlich weiterhin davon aus, dass von einem Rechtsmissbrauch dann auszugehen ist, wenn das beherrschende Motiv des Anspruchstellers sachfremde Ziele sind (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 2005 - I ZR 300/02, GRUR 2006, 243 Rn. 16 = WRP 2006, 354 - MEGA SALE; BGH, GRUR 2016, 961 Rn. 15 Herstellerpreisempfehlung bei Amazon). Die Annahme eines Rechtsmissbrauchs erfordert eine sorgfältige Prüfung und Abwägung der maßgeblichen Einzelumstände (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 2011 - I ZR 174/10, GRUR 2012, 730 Rn. 47 = WRP 2012, 930 - Bauheizgerät; BGH, GRUR 2016, 961 Rn. 15 - Herstellerpreisempfehlung bei Amazon). Ein Anhaltspunkt für eine rechtsmissbräuchliche Rechtsverfolgung kann sich daraus ergeben, dass der Anspruchsteller mehrere gleichartige oder in einem inneren Zusammenhang stehende Rechtsverstöße gegen eine Person oder mehrere Personen ohne sachlichen Grund in getrennten Verfahren verfolgt und dadurch die Kostenlast erheblich erhöht (zum Lauterkeitsrecht vgl. BGH, GRUR 2006, 243 Rn. 16 MEGA SALE; BGH, Urteil vom 22. Oktober 2009 - I ZR 58/07, GRUR 2010, 454 Rn. 19 = WRP 2010, 640 - Klassenlotterie; Urteil vom 19. Juli 2012 I ZR 199/10, GRUR 2013, 307 Rn. 19 = WRP 2013, 329 - Unbedenkliche Mehrfachabmahnung; zum Urheberrecht vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2012 - I ZR 106/10, GRUR 2013, 176 Rn. 14 f. = WRP 2013, 336 - Ferienluxuswohnung; vgl. auch BGH, Beschluss vom 20. November 2012 - VI ZB 1/12, NJW 2013, 1369 Rn. 9 f.; BGH, Urteil vom 6. Oktober 2016 – I ZR 25/15 – World of Warcraft I, Rn. 23).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Daran ändern auch die an dieser Stelle anderslautenden Urteile des LG Düsseldorf und des OLG Düsseldorf nichts. Auch das Urteil des LG Stuttgart führt nicht dazu, dass die Kammer vorliegend einen Verstoß der Klägerin gegen § 242 BGB annehmen würde.
Die Ansicht des LG Düsseldorf, dass dem Urheber K. „ein gesetz-, sitten- oder vertragswidriges Verhalten“ vorzuwerfen wäre, teilt die Kammer nicht. Das Urteil des LG Düsseldorf enthält insoweit folgende Begründung:
„Soweit er über die von ihm autorisierten Hersteller Fototapeten vertrieben hat, ohne den Erwerbern entsprechende urheberrechtliche Nutzungsrechte für eine Nutzung einzuräumen (Vervielfältigung durch Erstellen von Lichtbildern der mit den Fototapeten ausgestatteten Räume und deren öffentliches Zugänglichmachen), die jedenfalls den äußeren Umständen nach ohne Weiteres vorhersehbar war, hat er sich vertragswidrig verhalten. Die Erwerber der Tapeten durften im Hinblick auf die notwendige untrennbare Verbindung der Tapeten mit den Wänden davon ausgehen, dass sie Lichtbilder der Räume fertigen und diese auch öffentlich zugänglich machen durften, soweit kein gegenteiliger Hinweis erfolgte. Da es … als Geschäftsführer der … oder im Rahmen der Autorisierung anderer Hersteller in der Hand hatte, einen entsprechenden Hinweis zu erteilen, hat er die urheberrechtlichen Verletzungshandlungen, aus denen die geltend gemachten Ansprüche hergeleitet werden sollen, selbst provoziert.“
Diese Begründung vermag die Kammer nicht nachzuvollziehen. Denn wie oben dargestellt, ist es zunächst einmal unverfänglich, dass der Urheber im Verhältnis zu den Fototapetenherstellern nur beschränkte Nutzungsrechte eingeräumt hat. Nach Ansicht der Kammer kann hier nicht über das Verdikt des Rechtsmissbrauchs in die Vertragsfreiheit von Lizenzvertragsparteien eingegriffen werden und hier auf erster Stufe einer Lizenzkette ein weitergehender Nutzungsumfang erzwungen werden, als dieser von den Vertragsparteien vereinbart war. Im Übrigen wäre mit dieser Argumentation wiederum jede Art der Zweitlizensierung durch Fotografen grundsätzlich in der Gefahr, dass man sie als rechtsmissbräuchlich ansehen würde. In so einem Fall wären auch die bekannten Zweitlizensierungsfälle, etwa die allgemein bekannte sog. Bademodenrechtsprechung (vgl. etwa beispielhaft OLG Köln, Urteil vom 28.10.2016 – 6 U 206/15, BeckRS 2016, 138806) potentiell rechtsmissbräuchliches Verhalten, weil der Fotograf seinem Auftraggeber keine unterlizensierbaren Rechte eingeräumt hatte. Dieses Ergebnis ist ersichtlich nicht angemessen.
Die Kammer kann auch nicht das im Urteil des OLG Düsseldorf herausgearbeitete widersprüchliche Verhalten auf Klägerseite erkennen. Das OLG Düsseldorf zitiert insoweit das Urteil des LG Stuttgart. Soweit dort jeweils geurteilt worden ist, dass durch das Inverkehrbringen der Fototapeten der vermeintliche Urheber der hierfür genutzten Fotos einen Vertrauenstatbestand geschaffen habe, weil die dortige Beklagte (sprich der Käufer der Fototapete) vernünftigerweise davon ausgehen dürfe, dass die nunmehr angegriffene Nutzung der Fototapete von der Einwilligung des Urhebers bzw. Rechteinhabers gedeckt sei und sich dieser auch nicht in seinen Interessen beeinträchtigt fühlen würde, stimmt die Kammer dem nicht zu. Die Kammer verweist insofern auf die obigen Ausführungen, wonach zwischen a) dem Kaufvertrag über die Fototapete, b) der Übergabe und Übereignung der konkreten Sache und c) der dinglichen Einräumung von Nutzungsrechten zu unterscheiden ist. Diese drei Aspekte des einheitlichen Lebenssachverhalts sind abstrakt und getrennt zu bewerten. Die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf und des LG Düsseldorf folgern nunmehr aus dem Verkauf und der Übereignung der Tapete einen Vertrauenstatbestand dahingehend, dass auch Lizenzrechte sozusagen akzessorisch übergehen müssten. Die Kammer weist wieder darauf hin, dass diese Ansicht systemwidrig ist. Mit dem Kauf eines Vervielfältigungsstückes geht in aller Regel keine Pflicht des Urhebers des vervielfältigten Werks einher, dem Nutzer mehr Rechte einzuräumen als für den Vertragszweck erforderlich. Wenn man aber wie die Kammer oben im Rahmen der Betrachtung etwaiger Lizenzverhältnisse nicht über die Vertragszwecklehre dazu kommt, dass dem Käufer einer Fototapete Nutzungsrechte für die hier betroffene öffentliche Zugänglichmachung einzuräumen sind, so verbietet es sich, die Geltendmachung von Rechten wegen ungenehmigter Verwertung als rechtsmissbräuchlich anzusehen.
Wiederum kommt es auch hier nicht darauf an, dass der Urheber bzw. Fototapetenverkäufer dem Tapetenkäufer keinen Hinweis auf nicht enthaltene Nutzungsrechte erteilt hat (so aber ausdrücklich das Urteil des OLG Düsseldorf). Es ist grundsätzlich Sache des Verwerters, sich um eine ausreichende Berechtigung zu sorgen. Urheber bzw. Rechteinhaber müssen sich hingegen nicht ausdrücklich Rechte vorbehalten oder reservieren. Unter dieser Prämisse ist auch in der hiesigen Fallgestaltung kein rechtsmissbräuchliches Geschäftsmodell der Klägerin oder des Urhebers K. zu erkennen. Denn das Geschäft mit der Fototapete ist im Ausgangspunkt rechtlich nicht zu beanstanden. Der Urheber hat beschränkte Nutzungsrechte an die Fototapetenhersteller eingeräumt und dafür wahrscheinlich eine Lizenzgebühr erhalten. Der Fototapetenhersteller hat dann die Fototapeten für einen bestimmten Kaufpreis an die Käufer veräußert. Der Urheber K. bzw. die Klägerin als Rechteholding hat im Nachgang, vorliegend etwa zehn Jahre nach dem Verkaufsdatum der Fototapeten, unlizenzierte Verwertungen der streitgegenständlichen Lichtbilder festgestellt und damit einhergehende urheberrechtliche Ansprüche geltend gemacht. Die erkennende Kammer, die im Schwerpunkt mit Urheberrechtsstreitsachen befasst ist, hat in ihrer alltäglichen Praxis mit diversen Fällen der Zweit- oder Mehrfachverwertung von urheberrechtlichen Schutzgegenständen, insbesondere auch Lichtbildern, zu tun. In der Gesamtschau dieser Fälle erscheint das Vorgehen der Klägerin nicht als sittlich auf einer niederen Stufe stehend, die als rechtsmissbräuchlich erscheint. Es ist auch kein widersprüchliches Verhalten erkennbar, vielmehr erkennt die Kammer eine – bei gebotener sachlicher Betrachtung – reguläre Durchsetzung von urheberrechtlichen Ansprüchen. Es ist insbesondere nicht rechtsmissbräuchlich, wegen eigenständiger Rechtsverletzungen gesonderte Verfahren einzuleiten (vgl. BGH, GRUR 2013, 176 Rn. 23 – Ferienluxuswohnung; BGH, Urteil vom 6. Oktober 2016 – I ZR 25/15 – World of Warcraft I, Rn. 27 a.E.).
2. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Auskunft zu. Der Anspruch auf Auskunft und gegebenenfalls Rechnungslegung folgt aus § 242 BGB in erweiterter Auslegung der §§ 259, 260 BGB. Der Verletzte kann zur Vorbereitung eines bezifferten Schadensersatzanspruchs vom Verletzer Auskunft und Rechnungslegung verlangen; dieser nichtselbstständige, so genannte akzessorische Auskunftsanspruch ist im Urheberrecht ebenso wie im gewerblichen Rechtsschutz gewohnheitsrechtlich anerkannt.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, da für die Bemessung des im vorliegenden Klageverfahren nur mit einem Feststellungsantrag geltend gemachten Schadensersatzanspruches die Zeitdauer der Verletzung erheblich sein kann.
3. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzpflicht nach § 97 Abs. 2 UrhG wegen der oben ausführlich beschriebenen Rechtsverletzung.
Das für die Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) folgt daraus, dass der Kläger vor der Erteilung der Auskunft keine Kenntnis vom Umfang der Rechtsverletzungen von Seiten des Beklagten hat und damit seinen Schadensersatzanspruch gemäß § 97 Abs. 2 UrhG nicht abschließend beziffern kann.
Der Beklagte handelte auch schuldhaft. Die Schutzrechtsverletzung muss schuldhaft erfolgen, also jedenfalls fahrlässig begangen werden, indem die im Verkehr erforderliche Sorgfalt, § 276 Abs. 1 S. 2 BGB, außer Acht gelassen wird. An das Maß der zu beachtenden Sorgfalt werden bei den absolut geschützten urheberrechtlichen Rechtspositionen strenge Anforderungen gestellt (vgl. BGH, GRUR 1998, 568 (569) – Beatles-Doppel-CD). Derjenige, der von fremden Lichtbildern Gebrauch macht, indem er diese in seinem Internetauftritt veröffentlicht, muss sich vergewissern, dass dies mit Erlaubnis des Berechtigten geschieht (vgl. Wolff, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 2009, § 97, Rn. 52). Insoweit besteht eine Prüfungs- und Erkundigungspflicht. Da ein gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten im Urheberrecht ausscheidet (allgemeine Meinung, vgl. etwa BGH, Beschluss vom 3. Februar 2011 – I ZR 129/08 – UsedSoft; BGH, Urteil vom 26. März 2009 – I ZR 153/06 – Reifen Progressiv; Wandtke/Grunert in: Wandtke/Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrecht, 4. Auflage 2014, Vor §§ 31 f., Rn. 47, mit weiteren Nachweisen), schließt dies eine Überprüfung der Rechtekette mit ein, von der ein etwaiger Lizenzgeber seine behauptete Rechtsposition ableitet (s. dazu auch schon oben Ziff. 1. c) iv)
Dass der Beklagte für seine geplante Nutzung als Referenzfotos sich über den ausreichenden Erwerb der Nutzungsrechte an den streitgegenständlichen Fotografien bei dem Kauf der Fototapete auch nur erkundigt hätte, trägt der Beklagte nicht vor. Der Beklagte hielt sich offenbar ohne rechtliche Prüfung für berechtigt, die Fotos der angerbrachten Fototapete als Referenz verwenden zu dürfen. Dies war nach den obigen Ausführungen rechtsirrig. Auf den Umstand, dass weder der Urheber K. noch der Verkäufer der Fototapete auf Einschränkungen, Beschränkungen, Lizenzverpflichtungen o. ä. hingewiesen hatte, kommt es auch an dieser Stelle nicht an. Zuletzt kann sich der Beklagte auch nicht auf den oben ausführlich dargestellten Meinungsstreit in der Rechtsprechung berufen, weil die Verwertung durch den Beklagten offensichtlich schon vor der Verkündung sowohl des früheren Kammerurteils als auch des diesem widersprechenden Urteils des LG Düsseldorf begonnen hat. Insofern hätte es dem Beklagten oblegen, bereits vor Beginn der Verwertung seine Nutzungsberechtigung oder etwa das Vorliegen einer „schlichten“ Einwilligung rechtlich zu prüfen; bei schwierigen Rechtsfragen muss gegebenenfalls sachkundiger Rechtsrat eingeholt werden.
(Wandtke/Bullinger/v. Wolff/Bullinger, 6. Aufl. 2022, UrhG § 97 Rn. 60). Im Zweifel hätte er dann von der Verwertung Abstand nehmen müssen, um einen Fahrlässigkeitsvorwurf auszuschließen.
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