LAG Köln: Freischaltung der Website eines Konkurrenzunternehmens kann Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot darstellen und eine außerordenrtliche Kündigung rechtfertigen
LAG Köln
Urteil vom 06.06.2024
6 Sa 606/23
Das LAG Köln hat entschieden, dass die Freischaltung der Website eines Konkurrenzunternehmens den Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot darstellen und eine außerordenrtliche Kündigung rechtfertigen kann.
Aus den Entscheidungsgründen:
II. Das Rechtsmittel bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Es kann daher insgesamt auf die ausführlichen Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen werden. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich daher auf Konkretisierungen, soweit sie durch die Berufungsbegründung veranlasst sind.
Die fristlose Kündigung vom 26.05.2023 hat das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien wirksam beendet. Die Firma K GmbH ist ein Konkurrenzunternehmen der Beklagten; seit der Freischaltung der Internetseite war sie werbend am Markt tätig; der Kläger hat durch die Weiterleitung von Kundenmails der Beklagten diese Firma unterstützt und damit gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen; dieser Wettbewerbsverstoß stellt einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB dar; die Kündigung ist innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB ausgesprochen worden; sie ist als ultima ratio verhältnismäßig und interessengerecht; eine Abmahnung war gemäß § 314 Abs. 2 Satz 2 BGB entbehrlich.
Die Rügen des Klägers gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts führen zu keinem anderen Ergebnis.
1. Die Auffassung des Klägers, bei der K GmbH handele es sich nicht um ein Konkurrenzunternehmen der Beklagten, versteht die erkennende Berufungskammer nicht. Daran hat sich auch auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung und durch die darauf abgegebenen Erklärungen des Klägers und seines Prozessbevollmächtigten nichts geändert: Abfall, Kunststoff, Logistik, Beratung. Selten sind Firmenprofile so deckungsgleich wie hier.
2. Mit seiner Auffassung, eine freigeschaltete Internetpräsenz sei keine werbende Tätigkeit, hat der Kläger das Bundesarbeitsgericht nicht an seiner Seite. Der 5. Leitsatz des von beiden Parteien zitierten Urteils vom 24.10.2021 - 10 AZR 8/19 - ist eindeutig: Mit der Freischaltung der Internetpräsenz beginnt die werbende Tätigkeit der fraglichen Firma. Ob der Kläger die Seite selbst freigeschaltet hat oder ob er selbst (Mehrheits-) Inhaber der Firma war, ist für die Frage, ob die Firma werbend tätig war oder nicht, unerheblich.
3. Gegenstand der fristlosen Kündigung wegen eines Wettbewerbsverstoßes ist die Prognose, dass in der Zukunft ein Vertrauensverhältnis nicht mehr bestehen und nicht mehr aufgebaut werden kann. Diese Prognose für die Zukunft ist gerechtfertigt, wenn in der Vergangenheit etwas geschehen ist, was die Arbeitgeberin als Loyalitätsverstoß betrachten kann. Es kommt daher darauf an, was der Kläger tut und nicht darauf, was er verdient. Ob also die Konkurrenzfirma Umsatz oder gar Gewinn erwirtschaftet hat, ist entgegen der Auffassung des Klägers irrelevant.
4. Wer im Vertrieb tätig ist, arbeitet mit Netzwerken, Adressen und Informationen. Wenn diese Informationen im Netz frei verfügbar sind, mögen sie einfacher zu schöpfen sein, als im gegenteiligen Fall. Das bedeutet aber nicht, dass die Weiterleitung von Kunden-Emails an Konkurrenzunternehmen dadurch unbedenklich werden, dass die Weiterleitung nur einen Internetlink betrifft. Denn das Finden dieser Adresse gehört zur Tätigkeit des Vertrieblers.
5. Der Kläger hat vertragswidrig eine Vielzahl an Emails weitergeleitet. Deshalb kommt es auf die eine Email vom 13.04.2023 nicht an und erst recht nicht auf die Frage, ob die Worte „eine sehr interessante Idee“ ironisch gemeint waren oder nicht. Die Annahme von Ironie ist allerdings an dieser Stelle auch nicht plausibel. Hier ist die Berufungskammer erneut der gleichen Auffassung wie das Arbeitsgericht, welches die Behauptung des Klägers nach den Maßstäben des § 286 ZPO als Schutzbehauptung betrachtet hat.
6. Die Einlassung des Klägers, er habe die Emails seiner Arbeitgeberin an seinen Bruder, den Geschäftsführer eines Konkurrenzunternehmens, weitergeleitet, um dessen Kenntnisse und Erfahrungen als Kunststoffexperten zu nutzen, ist nicht plausibel und kann nicht mit dem Inhalt der Emails in Einklang gebracht werden. In keiner der Emails bittet der Kläger seinen Bruder um Rat und nirgends kommt dort eine Motivation des Klägers zum Ausdruck, sich von seinem Bruder (oder dessen Firma) helfen lassen zu müssen.
7. Insgesamt ist die Berufungskammer mit dem Arbeitsgericht nach dem Maßstab des § 286 ZPO einer Meinung, dass der Kläger vorsätzlich ein Konkurrenzunternehmen seiner Arbeitgeberin unterstützt und damit verbotenen Wettbewerb betrieben hat. Das reicht als wichtiger Grund im Sinne des § 626 BGB. Hinsichtlich der Interessenabwägung und der Verhältnismäßigkeit kann wieder auf die Entscheidung des Arbeitsgerichts Bezug genommen werden.
Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:
Urteil vom 06.06.2024
6 Sa 606/23
Das LAG Köln hat entschieden, dass die Freischaltung der Website eines Konkurrenzunternehmens den Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot darstellen und eine außerordenrtliche Kündigung rechtfertigen kann.
Aus den Entscheidungsgründen:
II. Das Rechtsmittel bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Es kann daher insgesamt auf die ausführlichen Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen werden. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich daher auf Konkretisierungen, soweit sie durch die Berufungsbegründung veranlasst sind.
Die fristlose Kündigung vom 26.05.2023 hat das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien wirksam beendet. Die Firma K GmbH ist ein Konkurrenzunternehmen der Beklagten; seit der Freischaltung der Internetseite war sie werbend am Markt tätig; der Kläger hat durch die Weiterleitung von Kundenmails der Beklagten diese Firma unterstützt und damit gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen; dieser Wettbewerbsverstoß stellt einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB dar; die Kündigung ist innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB ausgesprochen worden; sie ist als ultima ratio verhältnismäßig und interessengerecht; eine Abmahnung war gemäß § 314 Abs. 2 Satz 2 BGB entbehrlich.
Die Rügen des Klägers gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts führen zu keinem anderen Ergebnis.
1. Die Auffassung des Klägers, bei der K GmbH handele es sich nicht um ein Konkurrenzunternehmen der Beklagten, versteht die erkennende Berufungskammer nicht. Daran hat sich auch auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung und durch die darauf abgegebenen Erklärungen des Klägers und seines Prozessbevollmächtigten nichts geändert: Abfall, Kunststoff, Logistik, Beratung. Selten sind Firmenprofile so deckungsgleich wie hier.
2. Mit seiner Auffassung, eine freigeschaltete Internetpräsenz sei keine werbende Tätigkeit, hat der Kläger das Bundesarbeitsgericht nicht an seiner Seite. Der 5. Leitsatz des von beiden Parteien zitierten Urteils vom 24.10.2021 - 10 AZR 8/19 - ist eindeutig: Mit der Freischaltung der Internetpräsenz beginnt die werbende Tätigkeit der fraglichen Firma. Ob der Kläger die Seite selbst freigeschaltet hat oder ob er selbst (Mehrheits-) Inhaber der Firma war, ist für die Frage, ob die Firma werbend tätig war oder nicht, unerheblich.
3. Gegenstand der fristlosen Kündigung wegen eines Wettbewerbsverstoßes ist die Prognose, dass in der Zukunft ein Vertrauensverhältnis nicht mehr bestehen und nicht mehr aufgebaut werden kann. Diese Prognose für die Zukunft ist gerechtfertigt, wenn in der Vergangenheit etwas geschehen ist, was die Arbeitgeberin als Loyalitätsverstoß betrachten kann. Es kommt daher darauf an, was der Kläger tut und nicht darauf, was er verdient. Ob also die Konkurrenzfirma Umsatz oder gar Gewinn erwirtschaftet hat, ist entgegen der Auffassung des Klägers irrelevant.
4. Wer im Vertrieb tätig ist, arbeitet mit Netzwerken, Adressen und Informationen. Wenn diese Informationen im Netz frei verfügbar sind, mögen sie einfacher zu schöpfen sein, als im gegenteiligen Fall. Das bedeutet aber nicht, dass die Weiterleitung von Kunden-Emails an Konkurrenzunternehmen dadurch unbedenklich werden, dass die Weiterleitung nur einen Internetlink betrifft. Denn das Finden dieser Adresse gehört zur Tätigkeit des Vertrieblers.
5. Der Kläger hat vertragswidrig eine Vielzahl an Emails weitergeleitet. Deshalb kommt es auf die eine Email vom 13.04.2023 nicht an und erst recht nicht auf die Frage, ob die Worte „eine sehr interessante Idee“ ironisch gemeint waren oder nicht. Die Annahme von Ironie ist allerdings an dieser Stelle auch nicht plausibel. Hier ist die Berufungskammer erneut der gleichen Auffassung wie das Arbeitsgericht, welches die Behauptung des Klägers nach den Maßstäben des § 286 ZPO als Schutzbehauptung betrachtet hat.
6. Die Einlassung des Klägers, er habe die Emails seiner Arbeitgeberin an seinen Bruder, den Geschäftsführer eines Konkurrenzunternehmens, weitergeleitet, um dessen Kenntnisse und Erfahrungen als Kunststoffexperten zu nutzen, ist nicht plausibel und kann nicht mit dem Inhalt der Emails in Einklang gebracht werden. In keiner der Emails bittet der Kläger seinen Bruder um Rat und nirgends kommt dort eine Motivation des Klägers zum Ausdruck, sich von seinem Bruder (oder dessen Firma) helfen lassen zu müssen.
7. Insgesamt ist die Berufungskammer mit dem Arbeitsgericht nach dem Maßstab des § 286 ZPO einer Meinung, dass der Kläger vorsätzlich ein Konkurrenzunternehmen seiner Arbeitgeberin unterstützt und damit verbotenen Wettbewerb betrieben hat. Das reicht als wichtiger Grund im Sinne des § 626 BGB. Hinsichtlich der Interessenabwägung und der Verhältnismäßigkeit kann wieder auf die Entscheidung des Arbeitsgerichts Bezug genommen werden.
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