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OLG München: Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Nr. 2, S. 2 OlympSchG durch Verwendung eines dem Olympischen Emblem ähnlichen Logos in Anzeige für Gewinnspiel

OLG München
Urteil vom 26.09.2024
6 U 254/23 e


Das OLG München hat entschieden, dass ein Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Nr. 2, S. 2 OlympSchG durch Verwendung eines dem Olympischen Emblem ähnlichen Logos in der Anzeige für ein Gewinnspiel vorliegt.

Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist zulässig, insbesondere genügen die gestellten Anträge den Bestimmtheitsanforderungen nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag – und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung – nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, letztlich dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (st. Rspr., vgl., nur BGH, WRP 2023, 222, Rn. 53 – Hautfreundlicher Desinfektionsschaum).

2. Diesen Anforderungen genügt der zuletzt gestellte Unterlassungsantrag des Klägers. Zum einen hat er auf Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass er die Verwendung des konkret in der streitgegenständlichen Publikation verwendeten Zeichens (und nicht eine solche des olympischen Emblems in identischer Form) beanstandet. Zum anderen nimmt der Kläger in seinen Anträgen explizit Bezug auf die konkrete Verletzungsform, so dass er dadurch hinreichend deutlich zum Ausdruck bringt, was mit der allgemein gehaltenen Formulierung „Werbung für Waren und/oder Dienstleistungen“ gemeint ist.
II.

Die Klage ist auch begründet. Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass dem Kläger ein Unterlassungsanspruch aus § 5 Abs. 1 OlympSchG zusteht, da die Beklagte ein Emblem entgegen § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2 OlympSchG benutzt hat, das dem olympischen Emblem ähnlich ist und wegen dieser Ähnlichkeit unmittelbare Verwechslungsgefahr besteht.

1. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des OlympSchG bestehen nicht.

Der Bundesgerichtshof erachtete die gegen das OlympSchG vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken für unbegründet (BGH GRUR 2014, 1215 – OlympiaRabatt). Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, sind die Ausführungen des Bundesgerichtshofs zur Verfassungskonformität des OlympSchG überwiegend allgemein gehalten und auch auf den hier vorliegenden Fall der Verwendung des olympischen Emblems bzw. eines derart ähnlichen Emblems wie im Streitfall anzuwenden. Der grundrechtlich geschützte Bereich der Pressefreiheit i.S.d. Art. 5 Abs. 2 S. 2 GG wird durch die Regelung in § 3 Abs. 1 OlympSchG in zulässiger Weise eingeschränkt. Die Pressefreiheit steht unter dem Schrankenvorbehalt des Art. 5 Abs. 2 GG. Hiernach findet die Pressefreiheit ihre Schranke in den allgemeinen Gesetzen. Bei dem OlympSchG handelt es sich um ein allgemeines Gesetz in diesem Sinne. Das OlympSchG richtet sich nicht gegen die Meinungsfreiheit oder Pressefreiheit an sich, sondern bezweckt lediglich den Schutz des olympischen Emblems und der olympischen Bezeichnungen und dient damit einem schützenswerten Rechtsgut der Allgemeinheit, insbesondere da es auch der Möglichkeit einer Austragung Olympischer Spiele in Deutschland dient (s. auch BGH GRUR 2014, 1215, Rn. 18 ff – Olympia Rabatt).

2. Der Kläger ist für Deutschland gem. § 2 OlympSchG aktivlegitimiert.

3. Die Beklagte hat mit der Verwendung des streitgegenständlichen Emblems gegen § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 OlympSchG verstoßen.

a. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte das streitgegenständliche Emblem in der Werbung für ihre Waren oder Dienstleistungen verwendet hat im Sinne des § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OlympSchG.

aa. Der Ansicht der Beklagten, die Gewinnspielanzeige sei dem redaktionellen Teil der Zeitschrift zuzuordnen, da sie sich aus aktuellem Anlass mit den Olympischen Spielen beschäftige, und daher nicht als Werbung im Sinne des § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OlympSchG anzusehen, kann nicht gefolgt werden.

Werbung ist jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerkes oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern (BGH, GRUR 2009, 980 Rn. 13 = NJW 2009, 2958 – E-Mail-Werbung ll, BGH GRUR 2013, 1259 Rn. 17 – Empfehlungs-E-Mail). Der Begriff der Werbung ist weit zu verstehen und erfasst daher nicht nur unmittelbar produktbezogene Werbung, sondern auch die mittelbare Absatzförderung, etwa durch Imagewerbung oder Sponsoring (vgl. BGH GRUR 2016, 530 Rn. 16-„NoReply“- E-Mails; BGH GRUR 2016, 946 Rn. 27 – Freunde finden).

Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass der werbliche Charakter der Gewinnspielanzeige im Vordergrund steht und es sich nicht um einen rein redaktionellen Beitrag der Beklagten handelt.

Zwar sind Preisrätsel und Gewinnspiele – wie von der Beklagten angeführt – grundsätzlich dem redaktionell gestalteten und zu verantwortenden Bereich einer Zeitschrift im weiteren Sinne zuzuordnen (BGH GRUR 2021, 643 Rn. 18, Urlaubslotto). Der Leser wird in dem Gewinnspiel jedoch auch eine Form der Eigenwerbung des Verlags für sein Produkt TV .. und ... erkennen und es daher anders beurteilen als Beiträge, die zum engeren redaktionellen Bereich zählen (BGH GRUR 2013, 644 Rn. 17, Preisrätselgewinnauslobung V). Zwar „beschäftigt“ sich das Gewinnspiel der Beklagten mit den Olympischen Spielen 2021 und hat insoweit einen redaktionellen Anteil, als sich die Gewinnspielfrage auf den Austragungsort der Olympischen Spiele 2021 bezieht.

Nach der konkreten Aufmachung und Gestaltung der Anzeige steht der werbliche Charakter jedoch klar im Vordergrund. Die Gewinnspielanzeige dient nach der Gesamtschau in erster Linie der Absatzsteigerung der gesamten Zeitschrift und damit der Förderung des Absatzes von Printerzeugnissen der Beklagten. Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, wird der Name der Zeitschrift besonders hervorgehoben und farblich hinterlegt. Die Gewinnsumme wird prominent dargestellt. Direkt darunter erfolgt blickfangmäßig die Darstellung des streitgegenständlichen Emblems, welches somit in der Werbung für die Ware TV ... und ... verwendet wird.

bb. Auch unter Berücksichtigung der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 2 S. 2 GG und der nach der Wechselwirkungslehre vorzunehmenden Interessenabwägung im konkreten Fall, ergibt sich keine andere Bewertung. Für die Abwägung ist von maßgebender Bedeutung, ob die Presse im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert und damit den Informationsbedarf des Publikums erfüllt und zur Bildung der öffentlichen Meinung beiträgt (vgl. BGH GRUR 2009, S. 86 Rn 15). Der Informationswert der Gewinnspielanzeige ist vorliegend derart gering, dass ein schützenswerter Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung hinter dem Interesse des Klägers zurücktritt. Der Leser wird noch nicht einmal über den Austragungsort der Olympischen Spiele informiert, es wird lediglich die Frage hiernach aufgeworfen.

b. Eine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 3 Abs. 1 S. 2 OlympSchG liegt vor. Nach der Gesetzesbegründung ist umso eher eine Verwechslungsgefahr im Sinne der Vorschrift anzusehen, je ähnlicher die Embleme sind (BT-Drs. 15/1669, S. 10). Im vorliegenden Fall ist das streitgegenständliche Emblem nur bei genauer Betrachtung und im unmittelbarem Zeichenvergleich von dem olympischen Emblem zu unterscheiden, so dass unmittelbare Verwechslungsgefahr gegeben ist, was sich bereits daran zeigt, dass sämtliche Prozessbeteiligten inkl. der Beklagten bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat davon ausgegangen sind, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Zeichen um das olympische Emblem i.S.v. § 1 Abs. 2 OlympSchG handelt und nicht lediglich um ein mit diesem hochgradig ähnliches Zeichen, welches sich nur dadurch vom in Anlage 1 zum OlympSchG wiedergegebenen Emblem unterscheidet, dass die Ringe nicht ineinander verschlungen sind.

c. Es kommt nicht darauf an, ob mit der Verwendung des olympischen Emblems ein den Zielen der Olympischen Bewegung zuwiderlaufender Imagetransfer einhergeht.

Eine Beeinträchtigung der Wertschätzung der Olympischen Spiele ist bei einer Verwendung des olympischen Emblems sowie bei der Verwendung eines ähnlichen Emblems, bei dem unmittelbare Verwechslungsgefahr besteht, anders als bei der Verwendung der olympischen Bezeichnungen nicht erforderlich.

Zwar hat der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung zum OlympSchG klargestellt, dass der Schutzbereich des Gesetzes auf Fälle beschränkt ist, bei denen ein „den Zielen der Olympischen Bewegung zuwiderlaufender Imagetransfer“ stattfindet:
„Dabei wird jedoch kein markengleicher Schutz geschaffen, sondern der Schutzbereich des Rechts nur so weit gefasst, als es erforderlich ist, einen den Zielen der Olympischen Bewegung zuwiderlaufenden Imagetransfer zu verhindern.“ (BT-Drs. 15/1669, S.1)

Hieraus folgt jedoch nicht, dass auch für die Verwendung des olympischen Emblems in der Werbung im Sinne des § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OlympSchG von dem zusätzlichen Erfordernis eines Imagetransfers auszugehen ist. Der Gesetzgeber hat ebenso wie im Wortlaut auch in der Gesetzesbegründung zum OlympSchG klar zwischen der Verwendung des olympischen Emblems und der olympischen Bezeichnungen unterschieden und für die Verwendung des olympischen Emblems eine hohe Schutzintensität festgestellt:
„Der Gesetzesentwurf begründet ein ausschließliches Recht auf die Verwendung und Verwertung des olympischen Emblems für das Nationale Olympische Komitee für Deutschland und das Internationale Olympische Komitee. […]
Unzulässig ist danach die unbefugte Verwendung des olympischen Emblems im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen, in der Werbung für Waren oder Dienstleistungen. […].
Gleiches gilt mit Einschränkungen für bestimmte olympische Bezeichnungen. Der Schutz beschränkt sich hier entsprechend seiner Zielsetzung darauf, den nicht dem Gedanken der Olympischen Bewegung entsprechenden Imagetransfer zu verhindern.“ (BT-Drs. 15/1669, S.8)

Demzufolge ist es Dritten nach § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OlympSchG untersagt, das olympische Emblem in der Werbung für Waren oder Dienstleistungen zu verwenden, ohne dass es darauf ankommt, ob dadurch eine Verwechslungsgefahr hervorgerufen wird oder die Wertschätzung der Olympischen Spiele oder der Olympischen Bewegung ausgenutzt oder beeinträchtigt wird – während die Verwendung der olympischen Bezeichnungen (auch in identischer Form) nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 OlympSchG in der Werbung nur unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen verboten ist. Die für das olympische Emblem statuierte hohe Schutzintensität muss gleichermaßen für ein Emblem gelten, das dem olympischen Emblem wie vorliegend derart ähnlich ist, dass es – wenn überhaupt – nur bei genauer Betrachtung von diesem unterschieden werden kann. Denn besteht wie vorliegend die Gefahr, dass der angesprochene Verkehr das verwendete Zeichen für das olympische Emblem hält, ist eine derartige Verwendung ebenso zu untersagen wie diejenige des olympischen Emblems selbst. In den Fällen der unmittelbaren Verwechslungsgefahr kann es daher nicht zusätzlich auf eine Beeinträchtigung der Wertschätzung der Olympischen Spiele ankommen.

4. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, kann sich die Beklagte nicht auf den Ausnahmetatbestand des § 4 Nr. 2 OlympSchG stützen. Die Norm ist bereits nicht einschlägig, da sich die Vorschrift nicht auf den Fall der Verwendung des olympischen Emblems bezieht, sondern nur auf die Verwendung der olympischen Bezeichnungen. Auch unter Berücksichtigung des Normzwecks und der Systematik des OlympSchG ergibt sich keine andere Wertung. Der Gesetzgeber hat für die Verwendung des olympischen Emblems einen besonders hohen Schutz statuiert. Eine mit der zulässigen beschreibenden Verwendung der olympischen Bezeichnungen vergleichbare Situation liegt in diesen Fällen gerade nicht vor. § 23 MarkenG kommt nicht zur Anwendung, da die Vorschrift von § 4 OlympSchG verdrängt wird.

5. Die Beklagte kann sich nicht auf § 3 Abs. 3 OlympSchG berufen. Danach gelten die Absätze 1 und 2 nicht für die Kennzeichnung eines nach § 2 UrhG geschützten Werkes sowie für die Werbung hierfür, wenn das Werk sich mit den Olympischen Spielen oder der Olympischen Bewegung im weitesten Sinne befasst.

Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei der Gewinnspielanzeige oder der Gesamtausgabe der Zeitschrift um ein nach § 2 UrhG geschütztes Werk handelt.

In jedem Fall wurde das streitgegenständliche Emblem vorliegend nicht zur Kennzeichnung der Gewinnspielanzeige oder der Zeitschrift insgesamt oder zur Werbung für ein mit dem Emblem gekennzeichnetes Werk verwendet. Die Verwendung des Emblems diente vielmehr ausschließlich der Bewerbung der Zeitschrift TV ... und ... als Veranstalterin des Gewinnspiels. Diesen Fall erfasst § 3 Abs. 3 OlympSchG gerade nicht.

6. Die für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr ist – wie das Landgericht ebenfalls zu Recht und mit zutreffender Begründung festgestellt hat – gegeben. Auch wenn § 5 Abs. 1 OlympSchG selbst eine Begehungsgefahr – anders als z.B. § 14 Abs. 5 MarkenG – nicht explizit fordert, ist eine solche indes angesichts dessen, dass der Unterlassungsanspruch seiner Natur nach zukünftige Benutzungshandlungen betrifft, Anspruchsvoraussetzung (so auch die Gesetzesbegründung zum OlympSchG, BT-Drs. 15/1669, S. 11 zu § 5 Abs. 1). Hier liegt sie in Form der Wiederholungsgefahr vor, die aufgrund der bereits erfolgten Verletzungshandlung zu vermuten ist (st. Rspr., vgl. BGH, WRP 2023, 709, Rn. 14 – Unterwerfung durch PDF) und nicht – insbesondere nicht durch eine ernst gemeinte, den Anspruchsgegenstand uneingeschränkt abdeckende, eindeutige und unwiderrufliche Unterlassungserklärung unter Übernahme einer angemessenen Vertragsstrafe für den Fall zukünftiger Zuwiderhandlung widerlegt wurde (BGH, WRP 2023, 709, Rn. 17 – Unterwerfung durch PDF). Da die Beklagte mit Schreiben vom 29.09.2021 (Anlage K11) bereits keine Unterlassungserklärung abgegeben, sondern nur angekündigt hat, und nach dieser zudem die Kerntheorie ausdrücklich keine Anwendung finden sollte (der Unterlassungsanspruch mithin nicht vollständig abgedeckt sein sollte), besteht die Wiederholungsgefahr fort.

III. Das Landgericht hat ferner zu Recht angenommen, dass dem Kläger auch die Folgeansprüche auf Auskunft und Schadenersatzfeststellung zustehen, § 242 BGB, § 5 Abs. 2 OlympSchG. Insbesondere ist das erforderliche Verschulden auf Seiten der Beklagten anzunehmen und dienen die begehrten Auskünfte auch der Berechnung eines dem Kläger entstandenen Schadens.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

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