LG Stuttgart: Datenschutzwidrige Speicherung von Meta Business Tools Off-Site-Daten durch Facebook wenn dies ohne Einwilligung des Nutzers erfolgt
LG Stuttgart
Urteil vom 05.02.2025
27 O 190/23
Das LG Stuttgart hat entschieden, dass die Speicherung von Meta Business Tools Off-Site-Daten durch Facebook datenschutzwidrig ist, wenn dies ohne Einwilligung des Nutzers erfolgt.
Aus den Entscheidungsgründen:
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie teilweise begründet.
1. Der Klageantrag Ziffer 3 ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte seine personenbezogenen Daten unverändert am gespeicherten Ort belässt und sie erst löscht, wenn der Kläger sie hierzu auffordert.
a) Soweit der Kläger sich zur Begründung dieses Anspruchs darauf stützt, dass nach Art. 18 Abs. 2 DSGVO Daten nur mit seiner Einwilligung verarbeitet werden dürfen, wobei unter Verarbeitung gemäß Art. 4 Nr. 2 DSGVO auch die Löschung falle, greift das nicht durch.
Tatbestandlich setzt ein Anspruch nach Art. 18 Abs. 2 DSGVO voraus, dass die Verarbeitung gemäß Art. 18 Abs. 1 DSGVO eingeschränkt wurde. Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob die Voraussetzungen des Art. 18 Abs. 1 Buchst b DSGVO vorliegen und der Kläger deshalb von der Beklagten eine Einschränkung der Verarbeitung verlangen kann. Denn unabhängig davon ist die Verarbeitung jedenfalls derzeit nicht eingeschränkt im Sinne von Art. 4 Nr. 3 DSGVO. Denn gemäß Art. 4 Nr. 3 DSGVO ist eine Einschränkung der Verarbeitung die Markierung gespeicherter personenbezogener Daten mit dem Ziel, ihre künftige Verarbeitung einzuschränken. Wie sich aus Erwägungsgrund 67 der DSGVO ergibt, muss für eine Einschränkung der Verarbeitung durch Einrichtung geeigneter Verfahren bzw. technische Maßnahmen ferner sichergestellt sein, dass die markierten Daten nur noch für eingeschränkte Zwecke nach Art. 18 Abs. 2 DSGVO verarbeitet werden (vgl. Herbst in Kühling/Buchner DSGVO/BDSG, 4. Aufl., Art. 18 DSGVO Rn. 29). Die bei der Beklagten gespeicherten personenbezogenen Daten des Klägers erfüllen diese Anforderungen nicht und sind somit nicht in der Verarbeitung eingeschränkt.
Selbst wenn dem Kläger ein Anspruch auf Einschränkung der Verarbeitung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst b DSGVO zustehen sollte, hat er derzeit keinen Anspruch nach Art. 18 Abs. 2 DSGVO, da dies voraussetzen würde, dass die Verarbeitung der Daten zuvor bereits eingeschränkt wurde. Dies ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut der Norm („Wurde die Verarbeitung eingeschränkt…“) als auch der systematischen Unterscheidung in Art. 18 Abs. 1 und Abs. 2 DSGVO zwischen den zeitlich und inhaltlich aufeinander aufbauenden Ansprüchen des Betroffenen. Die Rechte aus Art. 18 Abs. 2 DSGVO stehen dem Betroffenen daher erst dann zu, nachdem die Verarbeitung nach Art. 18 Abs. 1 DSGVO eingeschränkt wurde (Herbst in Kühling/Buchner DSGVO/BDSG, 4. Aufl., Art. 18 DSGVO Rn. 34), woran es im Streitfall gerade fehlt.
b) Dem Kläger steht auch nicht aus § 1004 BGB iVm § 823 Abs. 1 BGB ein Anspruch darauf zu, dass die Beklagte seine personenbezogenen Daten ab sofort unverändert am gespeicherten Ort belässt und sie erst löscht, wenn der Kläger sie hierzu auffordert.
Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob ein Unterlassungsanspruch des nationalen Rechts neben der DSGVO anwendbar ist oder ob diese insoweit Sperrwirkung entfaltet. Wird die Anwendbarkeit eines Unterlassungsanspruchs im rechtlichen Ausgangspunkt zu Gunsten des Klägers unterstellt, so besteht ein Unterlassungsanspruch jedenfalls in der Sache nicht. Denn die Beklagte ist gerade nach dem Grundsatz der Speicherbegrenzung gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst e DSGVO verpflichtet, die Speicherung personenbezogener Daten zeitlich auf das notwendige Mindestmaß zu begrenzen. Außerhalb des Anwendungsbereichs des Art. 18 Abs. 2 DSGVO stünde es in Widerspruch zu diesem gesetzlichen Grundsatz, wenn man dem Verantwortlichen die Löschung der Daten verbieten würde.
2. Der Klageantrag Ziffer 4 ist begründet.
a) In tatsächlicher Hinsicht steht auf der Grundlage der Parteianhörung des Klägers zur vollen Überzeugung des Gerichts (§ 286 ZPO) fest, dass die Beklagte auf Drittwebseiten oder Apps angefallene Daten des Klägers speichert.
Wie der Kläger im Rahmen der Parteianhörung glaubhaft angegeben hat, besucht er regelmäßig die Internetseite bild.de. Überdies hat er den Vorhalt seines Prozessbevollmächtigten auf der Grundlage der diesem gegenüber schriftlich gemachten Angaben des Klägers bestätigt, dass er gelegentlich die Websites PayPal.com, jameda.de, shop-apotheke.de, eventim.de, ikea.de, zalando.de und netflix.com nutze. Es handelt sich hierbei sämtlich um Internetseiten, welche Facebook Business Tools installiert haben. Damit steht fest, dass es in der Vergangenheit zur Übermittlung von auf diesen Seiten angefallenen Daten des Klägers an die Beklagte gekommen ist.
b) Es kann dahinstehen, ob die bloße Entgegennahme von Daten, welche Drittunternehmen der Beklagten im Rahmen der Facebook Business Tools übermittelt haben, als „Erheben“ von Daten durch die Beklagte im Sinne von Art. 4 Nr. 2 DSGVO anzusehen ist und ob im Hinblick auf die Übermittlung personenbezogener Daten des Klägers die Betreiber der Drittwebseiten oder Apps hierzu die Einwilligung des Klägers eingeholt haben. Denn jedenfalls speichert die Beklagte die Daten, wofür sie sich nicht auf eine vom Anbieter der Drittwebseite oder App eingeholte Einwilligung berufen kann.
aa) Social-Media-Anbieter wie die Beklagte sind bei der Erhebung von Off-Site-Daten gemeinsam mit Drittunternehmen Verantwortliche im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DSGVO für den Datenerhebungsvorgang (EuGH, Urteil vom 29.07.2019 – C-40/17, GRUR 2019, 977 Rn. 81 ff.). Es obliegt jedoch nicht dem Social-Media-Anbieter, sondern (nur) dem Drittunternehmen als Initiator des Datenverarbeitungsprozesses, die Einwilligung der betroffenen Person einzuholen (EuGH, aaO Rn. 102). Dieser Differenzierung liegt die Vorstellung zugrunde, dass die gemeinsame Verantwortlichkeit nicht zwangsläufig eine gleichwertige Verantwortlichkeit zur Folge hat, und dass der Grad der Verantwortlichkeit jedes Mitverantwortlichen unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen ist (EuGH, aaO Rn. 70). Sollten die vom Kläger besuchten Drittwebseiten sowie Apps die Einwilligung des Klägers zur Weiterleitung von Daten an die Beklagte eingeholt haben, so rechtfertigte dies die Entgegennahme der Daten durch die Beklagte folglich auch dann, wenn dieser Vorgang auch in der Person der Beklagten als „Erheben“ von Daten zu qualifizieren sein sollte.
bb) Ob der Kläger beim Besuch von Drittwebsites oder der Benutzung von Apps, die Meta Business Tools eingebunden haben - namentlich der regelmäßigen Nutzung von bild.de sowie der gelegentlichen Nutzung von PayPal.com, jameda.de, shop-apotheke.de, eventim.de, ikea.de, zalando.de und netflix.com - seine Einwilligung erteilt hat, dass Daten über seine „Events“ an die Beklagte weitergeleitet werden, ist offen.
Soweit die Beklagte vorbringt, dass nach der mit ihrem jeweiligen Vertragspartner der Meta Business Tools getroffenen Vereinbarung es diesem obliege, die für die Weiterleitung von Daten erforderliche Einwilligung beim jeweiligen Nutzer der Website oder App einzuholen, bestehen erhebliche Zweifel, ob die Beklagte mit der Bereitstellung der Meta Business Tools tatsächlich das Ziel verfolgt, nur im Falle positiv erteilter Einwilligung Daten übermittelt zu erhalten. Die technische Ausgestaltung der Meta Business Tools legt eher die Annahme nahe, dass die Datenübermittlung in jedem Fall stattfinden solle. Denn ihren Vertragspartnern der Meta Business Tools stellt die Beklagte Cookies („fbc“ und „fbc“) zur Verfügung, welche auf den Websites der Vertragspartner als eigene Cookies („First Party Cookies“) installiert werden können. Blockiert ein Nutzer in seinem Browser Drittanbietercookies („Third Party Cookies“), so können diese von der Beklagten bereitgestellten Cookies gleichwohl gesetzt werden, weil es sich nicht in diesem Sinne um Drittanbietercokies handelt. Damit erfüllen die Meta Business Tools ihre Funktion der Weiterleitung von Daten auch dann, wenn beim Surfen im Internet sensibilisierte Einstellungen zum Schutz der Privatsphäre vorgenommen werden, was typischerweise keine Einwilligung zur Weiterleitung von Daten vermuten lässt. Auch bewirbt die Beklagte ihre sog. Conversions API gerade damit, dass dieses Tool Events von Nutzern aggregieren kann, die sich gegen die Nutzung ihrer Daten entscheiden haben (sog. Meta Playbook der Beklagten, Anlage K 11, S. 23).
cc) Entscheidend kommt es nicht darauf an, ob der Beklagten Daten des Klägers ohne seine Einwilligung weitergeleitet worden sind. Denn jedenfalls fehlt die erforderliche Einwilligung des Klägers in die Speicherung der Daten durch die Beklagte.
(1) Wird unterstellt, dass die Vertragspartner der Beklagten im Rahmen der Meta Business Tools auf allen vom Kläger besuchten Websites oder verwendeten Apps die Einwilligung des Klägers in die Weiterleitung von Daten an die Beklagte eingeholt haben, so bedarf die Speicherung dieser Daten gleichwohl einer gesonderten Rechtfertigung. Denn die Speicherung von Daten als Aufbewahrung zum Zweck weiterer Verarbeitung oder Nutzung stellt nach Art. 4 Nr. 2 DSGVO einen eigenständigen Fall der Datenverarbeitung dar, wobei im Hinblick auf die Speicherung die Beklagte nicht mehr gemeinsam mit dem Drittunternehmen handelt, sondern die Speicherung allein durch die Beklagte erfolgt. Auch die Beklagte selbst bringt zutreffend vor, dass es nach der Übermittlung von Daten durch Drittunternehmen an die Beklagte der Beklagten obliege, für die anschließende Verarbeitung dieser Daten eine eigene Rechtsgrundlage nach Art. 6 DSGVO herzustellen (Duplik vom 03.12.2024 Rn. 40 = eAkte Bl. 365).
Soweit die Beklagte in der Klageerwiderung und in der Duplik die Auffassung vertreten hat, die vom Kläger beanstandete Datenverarbeitung finde gar nicht statt, weil die Beklagte aufgrund der vom Kläger verweigerten Einwilligung beim Kläger Off-Site-Daten nicht für personalisierte Werbung nutze, geht dies jedoch am Klägervortrag vorbei. Denn der Kläger hat der Beklagten bereits in der Klageschrift (S. 27 = eAkte Bl. 27) vorgeworfen, dass die Beklagte lediglich die Möglichkeit biete, der Nutzung der Daten für personalisierte Werbung zu widersprechen, jedoch der Sammlung und Speicherung der Daten nicht widersprochen werden könne. Dass die Beklagte die ihr übermittelten Off-Site-Daten speichert, auch wenn ein Facebook-Nutzer - wie der Kläger - in deren Nutzung für die Anzeige personalisierter Werbung nicht eingewilligt hat, ist in tatsächlicher Hinsicht jedenfalls zuletzt unstreitig (Schriftsatz der Beklagten vom 17.01.2025 = eAkte Bl. 544).
(2) Es liegt weder eine Einwilligung des Klägers in die Datenspeicherung vor (Art. 6 Abs. 1 Buchst a DSGVO), noch ist die Speicherung durch eine der in Art. 6 Abs. 1 Buchst b bis f DSGVO genannten Tatbestände gerechtfertigt.
Die Notwendigkeit für die Erfüllung eines Vertrags oder vorvertragliche Maßnahmen gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst b DSGVO kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Beklagte es ihren Nutzern gerade freistellt, ob die Off-Site-Daten für nutzerspezifische Werbung verwendet werden dürfen. Damit ist die Nutzung von Off-Site-Daten kein notwendiger Bestandteil des Vertragsverhältnisses, was die Beklagte auch nicht behauptet hat. Dass eine Ansammlung der Daten, welche bei - wie im Streitfall - verweigerter Einwilligung für personalisierte Werbung gar nicht zur Verfügung stehen, zur Erfüllung des Vertragsverhältnisses über ein Facebook-Konto aus anderen Gründen notwendig wäre, hat die Beklagte nicht dargelegt.
Die Speicherung ist auch nicht zur Wahrung der berechtigten Interessen der Beklagten erforderlich (Art. 6 Abs. 1 Buchst f DSGVO). Soweit die Beklagte vorgebracht hat, sie speichere die Off-Site-Daten, um die Sicherheit ihrer Server zu schützen und um sicherzustellen, dass Kriminelle die streitgegenständlichen Business Tools nicht ausnutzen, um über diese Produkte Spam, Scraping oder andere Cyberangriffe durchzuführen, wird der Rechtfertigungstatbestand berechtigter Interessen nicht schlüssig dargelegt. Es erscheint geradezu widersinnig, dass die Beklagte deshalb über bei ihr gespeicherte Daten verfügen müsste, um die missbräuchliche Verwendung eben dieser Daten zu bekämpfen, welche die Beklagte im Übrigen überhaupt nicht benötigt und mit welchen sie - da es sich um auf Drittwebseiten und Apps angefallene Daten handelt - auch überhaupt nichts zu schaffen hat, sofern sie die Daten nicht für personalisierte Werbung nutzen darf.
Verweigert ein Facebook-Nutzer die Einwilligung, Off-Site-Daten für personalisierte Werbung zu nutzen, so liegt der einzig rechtmäßige Umgang mit aufgrund der Meta Business Tools der Beklagten übermittelten Daten dieses Nutzers darin, die Daten zu löschen. Weshalb die Beklagte die Daten gleichwohl nicht löscht, bleibt im Dunkeln. Entscheidend kommt es auf die von der Beklagten mit der Datenakkumulation verfolgten Zwecke nicht an. Da die Beklagte als Verantwortliche für die Datenspeicherung nach Art. 5 Abs. 2 DSGVO die Beweislast für einen Rechtfertigungstatbestand trägt (vgl. EuGH, Urteil vom 24.02.2022 - C-175/20, EuZW 2022, 527 Rn. 77, 81) und ein Rechtfertigungstatbestand schon nicht schlüssig vorgetragen ist, ist die Speicherung rechtswidrig.
c) Nachdem die Beklagte die von Drittwebseiten oder Apps im Rahmen der Facebook Business Tools ihr übermittelten Daten rechtswidrig speichert, kann der Kläger nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO die Löschung verlangen.
3. Der Klageantrag Ziffer 5 ist dem Grunde nach, aber nicht in der geltend gemachten Höhe begründet.
a) Wie ausgeführt, steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass im Rahmen von Facebook Business Tools auf Drittwebseiten oder Apps angefallene Daten des Klägers an die Beklagte übermittelt worden sind und von dieser gespeichert werden, ohne dass hierfür ein Rechtfertigungstatbestand vorläge. Der Kläger hat auch nachgewiesen, dass ihm ein immaterieller Schaden erwachsen ist (Art. 82 Abs. 1 DSGVO).
Der Betroffene eines Datenschutzrechtsverstoßes muss nachweisen, dass ihm über den bloßen Verstoß hinaus ein immaterieller Schaden entstanden ist (EuGH, Urteil vom 25.01.2024 – C-687/21, EuZW 2024, 278 Rn. 60; vom 11.04.2024 – C-741/21, NJW 2024, 1561 Rn. 36). Dabei kann aber selbst ein nur kurzzeitiger Verlust der Kontrolle des Betroffenen über seine personenbezogenen Daten einen immateriellen Schaden darstellen, ohne dass dieser Begriff des immateriellen Schadens den Nachweis zusätzlicher negativer Folgen erforderte (EuGH, Urteil vom 04.10.2024 – C-200/23, NJW 2025, 40 Rn. 156). Der Betroffene muss aber jedenfalls nachweisen, dass er einen Schaden in Form des Kontrollverlusts erlitten habe (EuGH, Urteil vom 20.06.2024 - C-590/22, ZIP 2024, 2035 Rn. 33; BGH, Urteil vom 18.11.2024 – VI ZR 10/24, NJW 2025, 298 Rn. 31 f.).
Gemessen hieran ist dem Kläger ein Schaden erwachsen. Es steht fest, dass der Kläger Webseiten besucht hat, welche Facebook Business Tools nutzen und daher Daten an die Beklagte übermittelt hat. Diese Daten kann der Kläger zwar von seinem Nutzerkonto trennen, so dass sie diesem nicht mehr zugeordnet werden können, er kann sie jedoch nicht durch Konfiguration seines Kontos löschen. Welchen Zweck die Beklagte mit diesen angesammelten Daten verfolgt, bleibt im Dunkeln. Dadurch hat der Kläger keine Kontrolle damit, was mit den auf Drittwebseiten angefallenen Eventdaten bei der Beklagten geschieht.
b) Bei der Höhe des dem Kläger zuzuerkennenden Schadensersatzes berücksichtigt das Gericht, dass einerseits eine Mehrzahl von Datenübertragungen gegenständlich ist, weil der Kläger mehrere Webseiten unter Einbindung von Facebook Business Tools besucht hat, namentlich bild.de regelmäßig. Andererseits hat der Kläger im Rahmen der Parteianhörung nicht den Eindruck erweckt hat, als verursache dieser Umstand ihm größeren seelischen Schmerz, vielmehr gab er lediglich an, es wäre ihm lieber, die Daten würden gelöscht. Unter Abwägung dieser Gesichtspunkte erachtet das Gericht einen Anspruch auf immateriellen Schadensersatz in Höhe von 300 € als angemessen.
Soweit der Kläger vorgebracht hat, es müsse auch der Gesichtspunkt der Prävention gegen künftige Verstöße sowie der Vergeltung zu berücksichtigen sein, handelt es sich hierbei um Umstände, welche im Rahmen von Art. 82 Abs. 1 DSGVO nicht von Bedeutung sind, nachdem diese Regelung ausschließlich eine Ausgleichsfunktion erfolgt (EuGH, Urteil vom 11.04.2024 - C-741/22, NJW 2024, 1561 Rn. 59 f., 64 f.). Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des aus Art. 1 und 2 GG abgeleiteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts sei ein höherer immaterieller Schadensersatz zuzuerkennen. Unabhängig von der Frage, inwieweit neben Art. 82 Abs. 1 DSGVO der Rückgriff auf weitergehende Schadensersatznormen nach nationalem Recht überhaupt eröffnet ist, liegt jedenfalls kein solcher Sachverhalt vor, bei welchem der Rechtsschutz von Würde und Ehre des Menschen als verkümmert anzusehen wäre, wenn nicht eine Sanktion in Form einer Geldentschädigung verhängt würde (vgl. zu diesem Maßstab BGH, Urteil vom 17.12.2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 40 mwN). Immerhin lassen sich die von der Beklagten gesammelten Daten vom Nutzerkonto trennen. Auch wenn sich diese Trennung für den Nutzer wie den Kläger nicht kontrollieren lässt und er sich auf deren Unumkehrbarkeit jedenfalls nicht verlassen kann, so gibt es doch keinen Anhaltspunkt für eine nennenswert fühlbare Beeinträchtigung des Klägers durch die rechtswidrige Datenspeicherung bei der Beklagten.
Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:
Urteil vom 05.02.2025
27 O 190/23
Das LG Stuttgart hat entschieden, dass die Speicherung von Meta Business Tools Off-Site-Daten durch Facebook datenschutzwidrig ist, wenn dies ohne Einwilligung des Nutzers erfolgt.
Aus den Entscheidungsgründen:
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie teilweise begründet.
1. Der Klageantrag Ziffer 3 ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte seine personenbezogenen Daten unverändert am gespeicherten Ort belässt und sie erst löscht, wenn der Kläger sie hierzu auffordert.
a) Soweit der Kläger sich zur Begründung dieses Anspruchs darauf stützt, dass nach Art. 18 Abs. 2 DSGVO Daten nur mit seiner Einwilligung verarbeitet werden dürfen, wobei unter Verarbeitung gemäß Art. 4 Nr. 2 DSGVO auch die Löschung falle, greift das nicht durch.
Tatbestandlich setzt ein Anspruch nach Art. 18 Abs. 2 DSGVO voraus, dass die Verarbeitung gemäß Art. 18 Abs. 1 DSGVO eingeschränkt wurde. Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob die Voraussetzungen des Art. 18 Abs. 1 Buchst b DSGVO vorliegen und der Kläger deshalb von der Beklagten eine Einschränkung der Verarbeitung verlangen kann. Denn unabhängig davon ist die Verarbeitung jedenfalls derzeit nicht eingeschränkt im Sinne von Art. 4 Nr. 3 DSGVO. Denn gemäß Art. 4 Nr. 3 DSGVO ist eine Einschränkung der Verarbeitung die Markierung gespeicherter personenbezogener Daten mit dem Ziel, ihre künftige Verarbeitung einzuschränken. Wie sich aus Erwägungsgrund 67 der DSGVO ergibt, muss für eine Einschränkung der Verarbeitung durch Einrichtung geeigneter Verfahren bzw. technische Maßnahmen ferner sichergestellt sein, dass die markierten Daten nur noch für eingeschränkte Zwecke nach Art. 18 Abs. 2 DSGVO verarbeitet werden (vgl. Herbst in Kühling/Buchner DSGVO/BDSG, 4. Aufl., Art. 18 DSGVO Rn. 29). Die bei der Beklagten gespeicherten personenbezogenen Daten des Klägers erfüllen diese Anforderungen nicht und sind somit nicht in der Verarbeitung eingeschränkt.
Selbst wenn dem Kläger ein Anspruch auf Einschränkung der Verarbeitung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst b DSGVO zustehen sollte, hat er derzeit keinen Anspruch nach Art. 18 Abs. 2 DSGVO, da dies voraussetzen würde, dass die Verarbeitung der Daten zuvor bereits eingeschränkt wurde. Dies ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut der Norm („Wurde die Verarbeitung eingeschränkt…“) als auch der systematischen Unterscheidung in Art. 18 Abs. 1 und Abs. 2 DSGVO zwischen den zeitlich und inhaltlich aufeinander aufbauenden Ansprüchen des Betroffenen. Die Rechte aus Art. 18 Abs. 2 DSGVO stehen dem Betroffenen daher erst dann zu, nachdem die Verarbeitung nach Art. 18 Abs. 1 DSGVO eingeschränkt wurde (Herbst in Kühling/Buchner DSGVO/BDSG, 4. Aufl., Art. 18 DSGVO Rn. 34), woran es im Streitfall gerade fehlt.
b) Dem Kläger steht auch nicht aus § 1004 BGB iVm § 823 Abs. 1 BGB ein Anspruch darauf zu, dass die Beklagte seine personenbezogenen Daten ab sofort unverändert am gespeicherten Ort belässt und sie erst löscht, wenn der Kläger sie hierzu auffordert.
Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob ein Unterlassungsanspruch des nationalen Rechts neben der DSGVO anwendbar ist oder ob diese insoweit Sperrwirkung entfaltet. Wird die Anwendbarkeit eines Unterlassungsanspruchs im rechtlichen Ausgangspunkt zu Gunsten des Klägers unterstellt, so besteht ein Unterlassungsanspruch jedenfalls in der Sache nicht. Denn die Beklagte ist gerade nach dem Grundsatz der Speicherbegrenzung gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst e DSGVO verpflichtet, die Speicherung personenbezogener Daten zeitlich auf das notwendige Mindestmaß zu begrenzen. Außerhalb des Anwendungsbereichs des Art. 18 Abs. 2 DSGVO stünde es in Widerspruch zu diesem gesetzlichen Grundsatz, wenn man dem Verantwortlichen die Löschung der Daten verbieten würde.
2. Der Klageantrag Ziffer 4 ist begründet.
a) In tatsächlicher Hinsicht steht auf der Grundlage der Parteianhörung des Klägers zur vollen Überzeugung des Gerichts (§ 286 ZPO) fest, dass die Beklagte auf Drittwebseiten oder Apps angefallene Daten des Klägers speichert.
Wie der Kläger im Rahmen der Parteianhörung glaubhaft angegeben hat, besucht er regelmäßig die Internetseite bild.de. Überdies hat er den Vorhalt seines Prozessbevollmächtigten auf der Grundlage der diesem gegenüber schriftlich gemachten Angaben des Klägers bestätigt, dass er gelegentlich die Websites PayPal.com, jameda.de, shop-apotheke.de, eventim.de, ikea.de, zalando.de und netflix.com nutze. Es handelt sich hierbei sämtlich um Internetseiten, welche Facebook Business Tools installiert haben. Damit steht fest, dass es in der Vergangenheit zur Übermittlung von auf diesen Seiten angefallenen Daten des Klägers an die Beklagte gekommen ist.
b) Es kann dahinstehen, ob die bloße Entgegennahme von Daten, welche Drittunternehmen der Beklagten im Rahmen der Facebook Business Tools übermittelt haben, als „Erheben“ von Daten durch die Beklagte im Sinne von Art. 4 Nr. 2 DSGVO anzusehen ist und ob im Hinblick auf die Übermittlung personenbezogener Daten des Klägers die Betreiber der Drittwebseiten oder Apps hierzu die Einwilligung des Klägers eingeholt haben. Denn jedenfalls speichert die Beklagte die Daten, wofür sie sich nicht auf eine vom Anbieter der Drittwebseite oder App eingeholte Einwilligung berufen kann.
aa) Social-Media-Anbieter wie die Beklagte sind bei der Erhebung von Off-Site-Daten gemeinsam mit Drittunternehmen Verantwortliche im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DSGVO für den Datenerhebungsvorgang (EuGH, Urteil vom 29.07.2019 – C-40/17, GRUR 2019, 977 Rn. 81 ff.). Es obliegt jedoch nicht dem Social-Media-Anbieter, sondern (nur) dem Drittunternehmen als Initiator des Datenverarbeitungsprozesses, die Einwilligung der betroffenen Person einzuholen (EuGH, aaO Rn. 102). Dieser Differenzierung liegt die Vorstellung zugrunde, dass die gemeinsame Verantwortlichkeit nicht zwangsläufig eine gleichwertige Verantwortlichkeit zur Folge hat, und dass der Grad der Verantwortlichkeit jedes Mitverantwortlichen unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen ist (EuGH, aaO Rn. 70). Sollten die vom Kläger besuchten Drittwebseiten sowie Apps die Einwilligung des Klägers zur Weiterleitung von Daten an die Beklagte eingeholt haben, so rechtfertigte dies die Entgegennahme der Daten durch die Beklagte folglich auch dann, wenn dieser Vorgang auch in der Person der Beklagten als „Erheben“ von Daten zu qualifizieren sein sollte.
bb) Ob der Kläger beim Besuch von Drittwebsites oder der Benutzung von Apps, die Meta Business Tools eingebunden haben - namentlich der regelmäßigen Nutzung von bild.de sowie der gelegentlichen Nutzung von PayPal.com, jameda.de, shop-apotheke.de, eventim.de, ikea.de, zalando.de und netflix.com - seine Einwilligung erteilt hat, dass Daten über seine „Events“ an die Beklagte weitergeleitet werden, ist offen.
Soweit die Beklagte vorbringt, dass nach der mit ihrem jeweiligen Vertragspartner der Meta Business Tools getroffenen Vereinbarung es diesem obliege, die für die Weiterleitung von Daten erforderliche Einwilligung beim jeweiligen Nutzer der Website oder App einzuholen, bestehen erhebliche Zweifel, ob die Beklagte mit der Bereitstellung der Meta Business Tools tatsächlich das Ziel verfolgt, nur im Falle positiv erteilter Einwilligung Daten übermittelt zu erhalten. Die technische Ausgestaltung der Meta Business Tools legt eher die Annahme nahe, dass die Datenübermittlung in jedem Fall stattfinden solle. Denn ihren Vertragspartnern der Meta Business Tools stellt die Beklagte Cookies („fbc“ und „fbc“) zur Verfügung, welche auf den Websites der Vertragspartner als eigene Cookies („First Party Cookies“) installiert werden können. Blockiert ein Nutzer in seinem Browser Drittanbietercookies („Third Party Cookies“), so können diese von der Beklagten bereitgestellten Cookies gleichwohl gesetzt werden, weil es sich nicht in diesem Sinne um Drittanbietercokies handelt. Damit erfüllen die Meta Business Tools ihre Funktion der Weiterleitung von Daten auch dann, wenn beim Surfen im Internet sensibilisierte Einstellungen zum Schutz der Privatsphäre vorgenommen werden, was typischerweise keine Einwilligung zur Weiterleitung von Daten vermuten lässt. Auch bewirbt die Beklagte ihre sog. Conversions API gerade damit, dass dieses Tool Events von Nutzern aggregieren kann, die sich gegen die Nutzung ihrer Daten entscheiden haben (sog. Meta Playbook der Beklagten, Anlage K 11, S. 23).
cc) Entscheidend kommt es nicht darauf an, ob der Beklagten Daten des Klägers ohne seine Einwilligung weitergeleitet worden sind. Denn jedenfalls fehlt die erforderliche Einwilligung des Klägers in die Speicherung der Daten durch die Beklagte.
(1) Wird unterstellt, dass die Vertragspartner der Beklagten im Rahmen der Meta Business Tools auf allen vom Kläger besuchten Websites oder verwendeten Apps die Einwilligung des Klägers in die Weiterleitung von Daten an die Beklagte eingeholt haben, so bedarf die Speicherung dieser Daten gleichwohl einer gesonderten Rechtfertigung. Denn die Speicherung von Daten als Aufbewahrung zum Zweck weiterer Verarbeitung oder Nutzung stellt nach Art. 4 Nr. 2 DSGVO einen eigenständigen Fall der Datenverarbeitung dar, wobei im Hinblick auf die Speicherung die Beklagte nicht mehr gemeinsam mit dem Drittunternehmen handelt, sondern die Speicherung allein durch die Beklagte erfolgt. Auch die Beklagte selbst bringt zutreffend vor, dass es nach der Übermittlung von Daten durch Drittunternehmen an die Beklagte der Beklagten obliege, für die anschließende Verarbeitung dieser Daten eine eigene Rechtsgrundlage nach Art. 6 DSGVO herzustellen (Duplik vom 03.12.2024 Rn. 40 = eAkte Bl. 365).
Soweit die Beklagte in der Klageerwiderung und in der Duplik die Auffassung vertreten hat, die vom Kläger beanstandete Datenverarbeitung finde gar nicht statt, weil die Beklagte aufgrund der vom Kläger verweigerten Einwilligung beim Kläger Off-Site-Daten nicht für personalisierte Werbung nutze, geht dies jedoch am Klägervortrag vorbei. Denn der Kläger hat der Beklagten bereits in der Klageschrift (S. 27 = eAkte Bl. 27) vorgeworfen, dass die Beklagte lediglich die Möglichkeit biete, der Nutzung der Daten für personalisierte Werbung zu widersprechen, jedoch der Sammlung und Speicherung der Daten nicht widersprochen werden könne. Dass die Beklagte die ihr übermittelten Off-Site-Daten speichert, auch wenn ein Facebook-Nutzer - wie der Kläger - in deren Nutzung für die Anzeige personalisierter Werbung nicht eingewilligt hat, ist in tatsächlicher Hinsicht jedenfalls zuletzt unstreitig (Schriftsatz der Beklagten vom 17.01.2025 = eAkte Bl. 544).
(2) Es liegt weder eine Einwilligung des Klägers in die Datenspeicherung vor (Art. 6 Abs. 1 Buchst a DSGVO), noch ist die Speicherung durch eine der in Art. 6 Abs. 1 Buchst b bis f DSGVO genannten Tatbestände gerechtfertigt.
Die Notwendigkeit für die Erfüllung eines Vertrags oder vorvertragliche Maßnahmen gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst b DSGVO kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Beklagte es ihren Nutzern gerade freistellt, ob die Off-Site-Daten für nutzerspezifische Werbung verwendet werden dürfen. Damit ist die Nutzung von Off-Site-Daten kein notwendiger Bestandteil des Vertragsverhältnisses, was die Beklagte auch nicht behauptet hat. Dass eine Ansammlung der Daten, welche bei - wie im Streitfall - verweigerter Einwilligung für personalisierte Werbung gar nicht zur Verfügung stehen, zur Erfüllung des Vertragsverhältnisses über ein Facebook-Konto aus anderen Gründen notwendig wäre, hat die Beklagte nicht dargelegt.
Die Speicherung ist auch nicht zur Wahrung der berechtigten Interessen der Beklagten erforderlich (Art. 6 Abs. 1 Buchst f DSGVO). Soweit die Beklagte vorgebracht hat, sie speichere die Off-Site-Daten, um die Sicherheit ihrer Server zu schützen und um sicherzustellen, dass Kriminelle die streitgegenständlichen Business Tools nicht ausnutzen, um über diese Produkte Spam, Scraping oder andere Cyberangriffe durchzuführen, wird der Rechtfertigungstatbestand berechtigter Interessen nicht schlüssig dargelegt. Es erscheint geradezu widersinnig, dass die Beklagte deshalb über bei ihr gespeicherte Daten verfügen müsste, um die missbräuchliche Verwendung eben dieser Daten zu bekämpfen, welche die Beklagte im Übrigen überhaupt nicht benötigt und mit welchen sie - da es sich um auf Drittwebseiten und Apps angefallene Daten handelt - auch überhaupt nichts zu schaffen hat, sofern sie die Daten nicht für personalisierte Werbung nutzen darf.
Verweigert ein Facebook-Nutzer die Einwilligung, Off-Site-Daten für personalisierte Werbung zu nutzen, so liegt der einzig rechtmäßige Umgang mit aufgrund der Meta Business Tools der Beklagten übermittelten Daten dieses Nutzers darin, die Daten zu löschen. Weshalb die Beklagte die Daten gleichwohl nicht löscht, bleibt im Dunkeln. Entscheidend kommt es auf die von der Beklagten mit der Datenakkumulation verfolgten Zwecke nicht an. Da die Beklagte als Verantwortliche für die Datenspeicherung nach Art. 5 Abs. 2 DSGVO die Beweislast für einen Rechtfertigungstatbestand trägt (vgl. EuGH, Urteil vom 24.02.2022 - C-175/20, EuZW 2022, 527 Rn. 77, 81) und ein Rechtfertigungstatbestand schon nicht schlüssig vorgetragen ist, ist die Speicherung rechtswidrig.
c) Nachdem die Beklagte die von Drittwebseiten oder Apps im Rahmen der Facebook Business Tools ihr übermittelten Daten rechtswidrig speichert, kann der Kläger nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO die Löschung verlangen.
3. Der Klageantrag Ziffer 5 ist dem Grunde nach, aber nicht in der geltend gemachten Höhe begründet.
a) Wie ausgeführt, steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass im Rahmen von Facebook Business Tools auf Drittwebseiten oder Apps angefallene Daten des Klägers an die Beklagte übermittelt worden sind und von dieser gespeichert werden, ohne dass hierfür ein Rechtfertigungstatbestand vorläge. Der Kläger hat auch nachgewiesen, dass ihm ein immaterieller Schaden erwachsen ist (Art. 82 Abs. 1 DSGVO).
Der Betroffene eines Datenschutzrechtsverstoßes muss nachweisen, dass ihm über den bloßen Verstoß hinaus ein immaterieller Schaden entstanden ist (EuGH, Urteil vom 25.01.2024 – C-687/21, EuZW 2024, 278 Rn. 60; vom 11.04.2024 – C-741/21, NJW 2024, 1561 Rn. 36). Dabei kann aber selbst ein nur kurzzeitiger Verlust der Kontrolle des Betroffenen über seine personenbezogenen Daten einen immateriellen Schaden darstellen, ohne dass dieser Begriff des immateriellen Schadens den Nachweis zusätzlicher negativer Folgen erforderte (EuGH, Urteil vom 04.10.2024 – C-200/23, NJW 2025, 40 Rn. 156). Der Betroffene muss aber jedenfalls nachweisen, dass er einen Schaden in Form des Kontrollverlusts erlitten habe (EuGH, Urteil vom 20.06.2024 - C-590/22, ZIP 2024, 2035 Rn. 33; BGH, Urteil vom 18.11.2024 – VI ZR 10/24, NJW 2025, 298 Rn. 31 f.).
Gemessen hieran ist dem Kläger ein Schaden erwachsen. Es steht fest, dass der Kläger Webseiten besucht hat, welche Facebook Business Tools nutzen und daher Daten an die Beklagte übermittelt hat. Diese Daten kann der Kläger zwar von seinem Nutzerkonto trennen, so dass sie diesem nicht mehr zugeordnet werden können, er kann sie jedoch nicht durch Konfiguration seines Kontos löschen. Welchen Zweck die Beklagte mit diesen angesammelten Daten verfolgt, bleibt im Dunkeln. Dadurch hat der Kläger keine Kontrolle damit, was mit den auf Drittwebseiten angefallenen Eventdaten bei der Beklagten geschieht.
b) Bei der Höhe des dem Kläger zuzuerkennenden Schadensersatzes berücksichtigt das Gericht, dass einerseits eine Mehrzahl von Datenübertragungen gegenständlich ist, weil der Kläger mehrere Webseiten unter Einbindung von Facebook Business Tools besucht hat, namentlich bild.de regelmäßig. Andererseits hat der Kläger im Rahmen der Parteianhörung nicht den Eindruck erweckt hat, als verursache dieser Umstand ihm größeren seelischen Schmerz, vielmehr gab er lediglich an, es wäre ihm lieber, die Daten würden gelöscht. Unter Abwägung dieser Gesichtspunkte erachtet das Gericht einen Anspruch auf immateriellen Schadensersatz in Höhe von 300 € als angemessen.
Soweit der Kläger vorgebracht hat, es müsse auch der Gesichtspunkt der Prävention gegen künftige Verstöße sowie der Vergeltung zu berücksichtigen sein, handelt es sich hierbei um Umstände, welche im Rahmen von Art. 82 Abs. 1 DSGVO nicht von Bedeutung sind, nachdem diese Regelung ausschließlich eine Ausgleichsfunktion erfolgt (EuGH, Urteil vom 11.04.2024 - C-741/22, NJW 2024, 1561 Rn. 59 f., 64 f.). Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des aus Art. 1 und 2 GG abgeleiteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts sei ein höherer immaterieller Schadensersatz zuzuerkennen. Unabhängig von der Frage, inwieweit neben Art. 82 Abs. 1 DSGVO der Rückgriff auf weitergehende Schadensersatznormen nach nationalem Recht überhaupt eröffnet ist, liegt jedenfalls kein solcher Sachverhalt vor, bei welchem der Rechtsschutz von Würde und Ehre des Menschen als verkümmert anzusehen wäre, wenn nicht eine Sanktion in Form einer Geldentschädigung verhängt würde (vgl. zu diesem Maßstab BGH, Urteil vom 17.12.2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 40 mwN). Immerhin lassen sich die von der Beklagten gesammelten Daten vom Nutzerkonto trennen. Auch wenn sich diese Trennung für den Nutzer wie den Kläger nicht kontrollieren lässt und er sich auf deren Unumkehrbarkeit jedenfalls nicht verlassen kann, so gibt es doch keinen Anhaltspunkt für eine nennenswert fühlbare Beeinträchtigung des Klägers durch die rechtswidrige Datenspeicherung bei der Beklagten.
Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:
Trackbacks
Die Kommentarfunktion wurde vom Besitzer dieses Blogs in diesem Eintrag deaktiviert.
Kommentare
Ansicht der Kommentare: Linear | Verschachtelt