Skip to content

BMJV: Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes gegen sogenannte Feindeslisten - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches

Das BMVJ hat den Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches - Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes gegen sogenannte Feindeslisten vorgelegt.

Aus dem Entwurf:

A. Problem und Ziel
Die Existenz der in den letzten Jahren bekannt gewordenen sogenannten Feindeslisten führt zu einer erheblichen Verunsicherung in der Bevölkerung und bei den Betroffenen. Unter „Feindeslisten“ sind Sammlungen von Daten, vor allem Adressdaten, aber auch Informationen über persönliche Umstände oder Fotos, von Personen zu verstehen, die – vorwiegend im Internet – verbreitet und zum Teil mit ausdrücklichen oder subtilen Drohungen oder Hinweisen verbunden werden, wie beispielsweise, die Person könne „ja mal Besuch bekommen“ oder „gegen so jemanden müsse man mal etwas unternehmen“.

Die Betroffenen, meist politisch oder gesellschaftlich engagierte Personen, empfinden die Nennung auf einer solchen „Feindesliste“ mitunter als einschüchternd, weil sie befürchten, Opfer von Straftaten zu werden. Ein solches Verbreiten von Daten kann sich auch auf Personen beziehen, die nicht bereits in der Öffentlichkeit stehen (sogenanntes Outing). Es kann Einzelpersonen und Personenmehrheiten gleichermaßen betreffen. Von der Öffentlichkeit werden „Feindeslisten“ als verunsichernd oder sogar bedrohlich wahrgenommen. Ist das Verbreiten der Daten zugleich geeignet, die Bereitschaft anderer zu wecken oder zu fördern, Straftaten gegen die genannten Personen zu begehen, beeinträchtigt die hierdurch entstehende Verängstigung der Bevölkerung zugleich das friedliche Zusammenleben. Die bestehenden Strafvorschriften erfassen das Phänomen der „Feindeslisten“ regelmäßig nicht oder nur teilweise. Der Entwurf zielt auf die Erstreckung des strafrechtlichen Schutzes auch dieser Konstellationen.

Durch den Entwurf sollen zudem zwei durch das 59. Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Verbesserung des Persönlichkeitsschutzes bei Bildaufnahmen vom 9. Oktober 2020 (BGBl. I S. 2075) entstandene redaktionelle Fehler im Regelungstext des § 201a Absatz 4 des Strafgesetzbuches (StGB) korrigiert werden.

B. Lösung; Nutzen

Der Entwurf sieht mit § 126a StGB-E die Einführung eines neuen Straftatbestandes nach § 126 StGB (Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten) vor, der ebenfalls den öffentlichen Frieden schützt. Als Tathandlung soll das in einer bestimmten Art und Weise erfolgte Verbreiten personenbezogener Daten mehrerer Personen oder auch einer einzelnen Person erfasst werden, wenn dies öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Inhalten geschieht. Über den neuen Inhaltsbegriff (§ 11 Absatz 3 StGB) wird damit sowohl das Verbreiten von verkörperten Inhalten mit solchen Daten (zum Beispiel Flugblättern) als auch – in der Praxis bedeutsamer – von entsprechenden Inhalten im Internet erfasst. Der neue Straftatbestand dient dem verbesserten Schutz der allgemeinen Rechtssicherheit und des friedlichen Zusammenlebens der Bürgerinnen und Bürger sowie des Vertrauens auf diesen Zustand, der durch das Phänomen sogenannter Feindeslisten erheblich beeinträchtigt wird. In § 201a StGB werden die erforderlichen Korrekturen vorgenommen.

[...]

§ 126a [ENTWURF] Gefährdendes Verbreiten personenbezogener Daten

(1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) personenbezogene Daten einer anderen Person in einer Art und Weise verbreitet, die geeignet ist, diese Person oder eine ihr nahestehende Person der Gefahr
1. eines gegen sie gerichteten Verbrechens oder

2. einer gegen sie gerichteten sonstigen rechtswidrigen Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutendem Wert

auszusetzen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Handelt es sich um nicht allgemein zugängliche Daten, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

(3) § 86 Absatz 3 gilt entsprechend.“