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OLG Frankfurt: Werbung mit Apothekerverband-Preis "Medikament des Jahres" verstößt gegen § 11 I 1 Nr. 2 HWG und ist wettbewerbswidrig

OLG Frankfurt
Urteil vom 12.02.2015
6 U 184/14


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die Werbung mit dem Apothekerverband-Preis "Medikament des Jahres" bzw. "Erkältungsmedikament des Jahres" gegen § 11 I 1 Nr. 2 HWG verstößt und wettbewerbswidrig ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Der Antragsteller hat gegen die Antragsgegnerin einen Anspruch auf Unterlassung der angegriffenen Werbung aus §§ 8 I, II Nr. 2, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 11 I S. 1 Nr. 2 HWG. Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass es sich bei den streitgegenständlichen Werbeaussagen um Empfehlungen von einer im Gesundheitswesen tätigen Person handelt.


a) Die Werbeverbote des § 11 I HWG stellen Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG dar. Sie dienen dem Schutz der Verbraucher vor einer unsachlichen Beeinflussung.

b) Der Gesetzgeber hat mit der Neufassung des § 11 I S. 1 Nr. 2 HWG die Vorgabe des Art. 90 lit. f) der Richtlinie 2001/83/EG vom 06.11.2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel nahezu wortidentisch übernommen. Die Bestimmung lautet:

Die Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel darf keine Elemente enthalten, die sich auf eine Empfehlung von Wissenschaftlern, von im Gesundheitswesen tätigen Personen oder von Personen beziehen, die weder Wissenschaftler noch im Gesundheitswesen tätige Personen sind, die aber aufgrund ihrer Bekanntheit zum Arzneimittelverbrauch anregen können;

Mit der Richtlinie 2001/83/EG sollte nicht nur ein Mindeststandard festgelegt werden, sondern es ist eine vollständige Harmonisierung des Bereichs der Arzneimittelwerbung erfolgt (EuGH GRUR 2008, 267, Tz. 39 - Gintec). Die Auslegung hat daher autonom anhand des Wortlauts, des Aufbaus und der Ziele der Richtlinie zu erfolgen (EuGH GRUR 2005, 507 Rn. 30 ff. - Peak Holding). Die Erwägungen des nationalen Gesetzgebers bei der Umsetzung treten demgegenüber zurück.

c) Der Bundesverband der Apotheker gehört zu den im Gesundheitswesen tätigen Personen gemäß Art. 90 lit. f) der Richtlinie, die aufgrund ihrer Bekanntheit zum Arzneimittelverbrauch anregen können.

[...]
d) Die Angabe „Erkältungsmedikament des Jahres 2014 - Gewählt vom Bundesverband Deutscher Apotheker“ und das Siegel des Bundesverbands Deutscher Apotheker mit der Aussage „Medikament des Jahres 2014“ stellen im Kontext der angegriffenen Werbung Empfehlungen im Sinne von Art. 90 lit. f) der Richtlinie dar.

aa) Das Siegel ist mit einem Sternchenhinweis versehen, in dessen Quellenangabe der Begriff „Empfehlung“ ausdrücklich verwendet wird. Dort heißt es:

„Bundesverband Deutscher Apotheker. Handbuch zur Empfehlungshäufigkeit von OIC-Produkten in der Präparategruppe interne Mittel bei grippalen Infekten, 2014.“

Die von der Werbung angesprochenen Verbraucher gehen aufgrund dieser Angabe davon aus, dass es sich bei dem beworbenen Präparat um das von Apothekern am häufigsten empfohlene Erkältungsarzneimittel handelt. Sie sehen darin nicht allein einen statistischen Hinweis auf das umsatzstärkste Mittel. Sie gehen davon aus, dass der Bundesverband sich die Empfehlung seiner Mitglieder zu Eigen macht.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin versteht der Verkehr die Angabe „Erkältungsmedikament des Jahres 2014“ nicht nur als Ergebnis objektiv ermittelter Daten. Die Antragsgegnerin teilt schon nicht mit, welche konkreten Daten insoweit erhoben worden sind. Durch den Begriff „gewählt“ wird dem Verkehr jedenfalls suggeriert, dass sich die erhobenen Daten auf eine subjektive Wertung der Apotheker und nicht nur auf Verkaufszahlen oder dergleichen beziehen. Die Verbraucher gehen davon aus, dass es sich um das von Apothekern am häufigsten empfohlene Medikament handelt."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: