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BGH: § 1 Abs. 5 BO Zahnärzte Nordrhein ist Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG - keine vertragliche Verpflichtung die Unabhängigkeit der Berufsausübung gefährdet

BGH
Urteil vom 21.03.2015
I ZR 183/13
Erfolgsprämie für die Kundengewinnung
UWG § 4 Nr. 11; NordrheinZÄBerufsO § 1 Abs. 5; BGB § 305c Abs. 2


Leitsätze des BGH:

a) Die Bestimmung des § 1 Abs. 5 BO Zahnärzte Nordrhein, nach der der Zahnarzt keine Verpflichtung eingehen soll, die seine Unabhängigkeit bei der Berufsausübung beeinträchtigen kann, stellt eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG dar.

b) Ein Geschäftsmodell, an dem sich ein Zahnarzt beteiligt, ist mit § 1 Abs. 5 BO Zahnärzte Nordrhein unvereinbar, wenn es die Gefahr begründet, dass ein Zahnarzt sich bei der Behandlung nicht am Patientenwohl orientiert, sondern an seinen eigenen wirtschaftlichen Interessen. Eine solche Gefahr ergibt sich nicht aus Bestimmungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen
des Betreibers des Geschäftsmodells, die die Auslegung zulassen, dass der Zahnarzt die Behandlung eines Patienten aus medizinischen Gründen ohne Kostennachteile ablehnen kann.

BGH, Urteil vom 21. Mai 2015 - I ZR 183/13 - KG Berlin - LG Berlin

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




BGH: § 7 Satz 1 ElektroG ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG - Dauerhafte Kennzeichnung erfordert Mindestmaß an Unzerstörbarkeit

BGH
Urteil vom 09.07.2015
I ZR 224/13
Kopfhörer-Kennzeichnung
UWG § 4 Nr. 11; ElektroG § 7 Satz 1; Richtlinie 2012/19/EU Art. 12 Abs. 3 Unterabs. 2 Satz 1,
Art. 15 Abs. 2; BGB § 157 Gh, § 339

Leitsätze des BGH:


a) Die Bestimmung des § 7 Satz 1 ElektroG stellt insofern eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG dar, als sie den Schutz der Mitbewerber vor einer Belastung mit höheren Entsorgungskosten infolge nicht gekennzeichneter Elektrogeräte durch andere Marktteilnehmer bezweckt.

b) Das in § 7 Satz 1 ElektroG geregelte Erfordernis der Dauerhaftigkeit der Kennzeichnung steht jedenfalls seit 13. August 2012 mit dem Unionsrecht in Einklang.

c) Die Kennzeichnung eines Elektro- oder Elektronikgeräts ist als dauerhaft im Sinne von § 7 Satz 1 ElektroG anzusehen, wenn sie ein Mindestmaß an Unzerstörbarkeit aufweist und auch sonst nicht unschwer zu entfernen ist.

d) Mehrere Zuwiderhandlungen gegen ein Vertragsstrafeversprechen können als ein einziger Verstoß zu werten sein, wenn sie gleichartig sind, unter Außerachtlassung derselben Pflichtenlage begangen worden sind, zeitlich in einem engen Zusammenhang stehen und der Handelnde sein Verhalten als wettbewerbskonform angesehen hat (im Anschluss an
BGHZ 146, 318, 329 ff. - Trainingsvertrag).

BGH, Urteil vom 9. Juli 2015 - I ZR 224/13 - OLG Celle - LG Hannover

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OLG Frankfurt: Arbeitnehmerüberlassung ohne erforderliche Erlaubnis nach § 1 AÜG ist kein Wettbewerbsverstoß

OLG Frankfurt
Urteil vom 29.01.2015
6 U 63/14


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die Arbeitnehmerüberlassung ohne erforderliche Erlaubnis nach § 1 AÜG kein Wettbewerbsverstoß darstellt. Nach Ansicht des Gerichts handelt es sich bei der Erlaubnispflicht nicht um eine Marktverhaltensregel im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Erlaubnispflicht in § 1 AÜG ist eine Marktzutrittsregel. Verstöße gegen Marktzutrittsregelungen werden von § 4 Nr. 11 UWG erfasst, wenn diese Normen zugleich Marktverhaltensregelungen darstellen (BGH GRUR 2009, 881, Tz. 14 - Überregionaler Krankentransport). Eine solche (Doppel)funktion liegt in der Regel dann vor, wenn die Betätigung auf einem bestimmten Markt einer öffentlich-rechtlichen Erlaubnis bedarf und die betreffende Norm damit gleichzeitig im Interesse der Marktpartner eine bestimmte Qualität, Sicherheit oder Unbedenklichkeit der angebotenen Waren oder Dienstleistungen sicherstellen will (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Auflage, Rn. 11.49 zu § 4 UWG m. w. N.). Diese Schutzfunktion besitzen z.B. Vorschriften, die als Voraussetzung für die Ausübung bestimmter Tätigkeiten - etwa ärztlicher Behandlungen, anderer freiberuflicher oder aber handwerklicher Tätigkeiten - im Interesse des Schutzes der Allgemeinheit den Nachweis besonderer fachlicher Fähigkeiten fordern (vgl. BGH GRUR 2002, 825, 826 - Elektroarbeiten; MünchKomm/Schaffert UWG, 2. Aufl., Rn 73 zu § 4 Nr. 11 UWG m. w. N.). Das ist hier aber nicht der Fall:

a) Die Regelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und namentlich die in § 1 AÜG festgelegte Erlaubnispflicht haben eine sozialpolitische Zielsetzung. Sie sollen den arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Schutz der überlassenen Arbeitnehmer sicherstellen. Dies kommt bereits in der Begründung des Regierungsentwurfs vom 15. 6. 1971 zum Ausdruck, wonach das Gesetz dazu dienen soll, bei der Arbeitnehmerüberlassung Verhältnisse herzustellen, die den Anforderungen des sozialen Rechtsstaats entsprechen und die eine Ausbeutung der betroffenen Arbeitnehmer ausschließen (BT-Drs. VI/2309, S. 9). Auf die darauf bezogenen weiteren Ausführungen in dem angefochtenen Urteil kann zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden. Ergänzend ist lediglich anzumerken, dass eine besondere fachliche Qualifikation des Verleihers im Antragsverfahren gar nicht verlangt wird, es genügt vielmehr, dass er seine Zuverlässigkeit nachweist (§§ 2, 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG).

b) Arbeitnehmerschutzvorschriften dienen regelmäßig allein den Interessen der Arbeitnehmer und weisen deshalb nicht den erforderlichen Marktbezug auf (MünchKomm/Schaffert aaO., Rn 62 zu § 4 Nr. 11 UWG). Arbeitnehmer sind keine Marktteilnehmer am Markt derjenigen Produkte oder Dienstleistungen, an deren Herstellung oder Erbringung sie mitwirken (Harte/Henning/v. Jagow, UWG, 3. Aufl., Rn 33 zu § 4 Nr. 11 UWG)."


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