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BGH: Fernsehsender der wettbewerbsrechtliche Prüfungspflicht auf konzernangehöriges Unternehmen überträgt haftet auf Grundlage der Beauftragtenhaftung nach § 8 Abs. 2 UWG

BGH
Urteil vom 23. Februar 2023 - I ZR 155/21
Rundfunkhaftung II
UWG §§ 3a, 8 Abs. 2; GlüStV 2012 § 5 Abs. 5; GlüStV 2021 § 5 Abs. 7


Der BGH hat entschieden, dass ein Fernsehsender, der seine wettbewerbsrechtliche Prüfungspflicht auf ein konzernangehöriges Unternehmen überträgt, auf Grundlage der Beauftragtenhaftung nach § 8 Abs. 2 UWG für eine unzureichende Prüfung haftet.

Leitsatz des BGH:
Ein Rundfunkveranstalter, der seine wettbewerbsrechtliche Prüfungspflicht auf ein anderes konzernangehöriges Unternehmen überträgt, kann für eine unzureichende Prüfung durch dieses Unternehmen nach § 8 Abs. 2 UWG haften.

BGH, Urteil vom 23. Februar 2023 - I ZR 155/21 - OLG München - LG München I

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Volltext BGH liegt vor: Affiliate-Programm-Anbieter haftet nicht für irreführende Werbung von Affiliate-Partner wenn dieser im Rahmen eines eigenen Produkt- oder Dienstleistungsangebots tätig wird

BGH
Urteil vom 26.01.2023
I ZR 27/22
Haftung für Affiliates
UWG § 8 Abs. 2

Wir hatten bereits in dem Beitrag "BGH: Anbieter eines Affiliate-Programms haftet nicht für irreführende Werbung von Affiliate-Partner wenn dieser im Rahmen eines eigenen Produkt- oder Dienstleistungsangebots tätig wird - Amazon" über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:
a) Der innere Grund für die Zurechnung der Geschäftstätigkeit des Beauftragten gemäß § 8 Abs. 2 UWG liegt vor allem in einer dem Betriebsinhaber zugutekommenden Erweiterung des Geschäftsbetriebs und einer gewissen Beherrschung des Risikobereichs durch den Betriebsinhaber (Anschluss an BGH, Urteil vom 7. Oktober 2009 - I ZR 109/06, GRUR 2009, 1167 [juris Rn. 21] = WRP 2009, 1520 - Partnerprogramm, mwN).

b) Entwickeln Affiliates eigene Produkte oder Dienstleistungen, deren Inhalt sie nach eigenem Ermessen gestalten und zum Verdienst von Provisionen bei verschiedenen Anbietern einsetzen, ist die Werbung über den Affiliate-Link ein Teil des Produkts, das inhaltlich von den Affiliates in eigener Verantwortung und im eigenen Interesse gestaltet wird. Die Links werden von ihnen nur gesetzt, um damit zu ihren Gunsten Provisionen zu generieren. Ein solcher eigener Geschäftsbetrieb eines Affiliates stellt keine Erweiterung des Geschäftsbetriebs des Betriebsinhabers dar.

BGH, Urteil vom 26. Januar 2023 - I ZR 27/22 - OLG Köln - LG Köln

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Anbieter eines Affiliate-Programms haftet nicht für irreführende Werbung von Affiliate-Partner wenn dieser im Rahmen eines eigenen Produkt- oder Dienstleistungsangebots tätig wird - Amazon

BGH
Urteil vom 26.01.2023
I ZR 27/22

Das BGH hat entschieden, dass der Anbieter eines Affiliate-Programms (hier: Amazon) nicht für irreführende Werbung von Affiliate-Partnern haftet, wenn diese im Rahmen eines eigenen Produkt- oder Dienstleistungsangebots tätig werden.

Die Pressemitteilung des BGH:

Zur wettbewerbsrechtlichen Haftung für Affiliate-Partner

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Betreiber eines Affiliate-Programms nicht für die irreführende Werbung eines Affiliate-Partners haftet, wenn dieser im Rahmen eines eigenen Produkt- oder Dienstleistungsangebots tätig geworden ist und es deshalb an einer Erweiterung des Geschäftsbetriebs des Betreibers des Affiliate-Programms fehlt.

Sachverhalt:

Die Klägerin ist eine Matratzenherstellerin. Die Beklagten sind Gesellschaften der Amazon-Gruppe und in unterschiedlichen Funktionen am Betrieb der Online-Verkaufsplattform "Amazon" beteiligt. Im Rahmen des von der Beklagten zu 1 betriebenen Amazon-Partnerprogramms steht es Dritten, sogenannten Affiliates, frei, auf der eigenen Webseite Links auf Angebote der Verkaufsplattform zu setzen. Wird dadurch ein Verkauf vermittelt, erhält der Affiliate als Provision einen prozentualen Anteil am Kaufpreis. Im Jahr 2019 warb ein Affiliate auf seiner Webseite, die sich im weitesten Sinne mit den Themen Schlaf und Matratzen befasste und zumindest optisch einem redaktionellen Online-Magazin entsprach, unter anderem für Matratzen unter Verwendung von Links auf entsprechende Angebote auf der Verkaufsplattform. Die Klägerin hält die Werbung des Affiliates für irreführend und hat die Beklagten, denen der Wettbewerbsverstoß ihres Affiliates gemäß § 8 Abs. 2 UWG zuzurechnen sei, auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die beanstandete Werbung sei zwar irreführend und daher wettbewerbswidrig. Die Beklagten hafteten für diesen Wettbewerbsverstoß des Affiliates aber nicht als Täter oder Teilnehmer. Auch die Voraussetzungen einer Haftung des Unternehmensinhabers für Beauftragte nach § 8 Abs. 2 UWG lägen nicht vor.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Der innere Grund für die Zurechnung der Geschäftstätigkeit des Beauftragten gemäß § 8 Abs. 2 UWG liegt vor allem in einer dem Betriebsinhaber zugutekommenden Erweiterung des Geschäftsbetriebs und einer gewissen Beherrschung des Risikobereichs durch den Betriebsinhaber. Unter Berücksichtigung der Ausgestaltung des Amazon-Partnerprogramms sowie der beanstandeten Webseite des Affiliates fehlt es im Streitfall an einer solchen Erweiterung des Geschäftsbetriebs der Beklagten zu 1 und damit am inneren Grund der Zurechnung gemäß § 8 Abs. 2 UWG. Entwickeln Affiliates eigene Produkte oder Dienstleistungen - hier eine Internetseite mit redaktionell gestalteten Beiträgen zu den Themen Schlaf und Matratzen -, deren Inhalt sie nach eigenem Ermessen gestalten und zum Verdienst von Provisionen bei verschiedenen Anbietern einsetzen, ist die Werbung über den Affiliate-Link ein Teil des Produkts, das inhaltlich von den Affiliates in eigener Verantwortung und im eigenen Interesse gestaltet wird. Die Links werden von ihnen nur gesetzt, um damit zu ihren Gunsten Provisionen zu generieren. Ein solcher eigener Geschäftsbetrieb eines Affiliates stellt keine Erweiterung des Geschäftsbetriebs der Beklagten zu 1 dar.

Es fehlt im Streitfall auch an der für eine Haftung nach § 8 Abs. 2 UWG erforderlichen Beherrschung des Risikobereichs durch die Beklagte zu 1. Der Affiliate wird bei der Verlinkung nicht in Erfüllung eines Auftrags beziehungsweise der mit Amazon geschlossenen Vereinbarung tätig, sondern im Rahmen des von ihm entwickelten Produkts und allein im eigenen Namen und im eigenen Interesse. Die Beklagte zu 1 musste sich einen bestimmenden und durchsetzbaren Einfluss auch nicht sichern, weil sie mit dem Produkt des Affiliates ihren Geschäftsbetrieb nicht erweitert hat.

Vorinstanzen:

LG Köln - Urteil vom 20. Mai 2021 - 81 O 62/20

OLG Köln - Urteil vom 11. Februar 2022 - 6 U 84/21

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 3 Abs. 1 UWG

Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

§ 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 UWG

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. …

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.



OLG Frankfurt: Lohnsteuerhilfeverein haftet nach Grundsätzen der Beauftragtenhaftung für unlautere Werbemaßnahmen eines Beratungsstellenleiters

OLG Frankfurt
Urteil vom 24.06.2021
6 U 84/20


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass ein Lohnsteuerhilfeverein nach den Grundsätzen der Beauftragtenhaftung für unlautere Werbemaßnahmen eines Beratungsstellenleiters haftet.

Aus den Entscheidungsgründen:

"2. Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Unterlassung aus §§ 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2, 3, 3a UWG in Verbindung mit §§ 5, 8 StBerG zu, nicht für Gewerbetreibende geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen anzubieten.

a) Die Klägerin ist - wie das Landgericht zu Recht und von der Berufung unbeanstandet angenommen hat - nach § 8 III Nr. 2 UWG aktivlegitimiert (vgl. zu einer Steuerberaterkammer als K.d.ö.R. auch BGH GRUR 2021, 742 Rn 15 - Steuerberater-LLP - m.w.N.).

b) Die angegriffene Werbung verstößt gegen §§ 5, 8 StBerG und ist damit nach §§ 3, 3a UWG unlauter.

aa) Nach § 5 StBerG dürfen andere als die in den §§ 3, 3a und 4 bezeichneten Personen und Vereinigungen nicht geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, insbesondere nicht geschäftsmäßig Rat in Steuersachen erteilen. Ausgenommen von dem Verbot sind nach § 6 Nr. 3 und 4 bestimmte mechanische Vorgänge bei der Buchhaltung. Aus § 8 StBerG, der für Berechtigte vorsieht, auf die Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen hinzuweisen, ist abzuleiten, dass nicht berechtigten Personen auch nicht gestattet ist, für die Erbringung solcher Dienstleistungen zu werben (BGH GRUR 2021, 742 Rn 18 - Steuerberater-LLP). Bei dem Verbot, das den Zutritt zum Markt der Steuerberatungsdienstleistungen zum Schutz der Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer regelt, handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG (vgl. BGH GRUR 2002, 77, 80 - Rechenzentrum).

bb) Der Beklagte gehört nicht zu dem befugten Personenkreis, der gegenüber Gewerbetreibenden entsprechende Leistungen erbringen darf. Zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen sind nach § 4 Ziff. 11 StBerG zwar auch Lohnsteuerhilfevereine - zu denen der Beklagte gehört - befugt, jedoch nur in eingeschränktem Umfang. Sie dürfen nur für ihre Mitglieder tätig werden, soweit es nicht um Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit geht (§ 4 Ziff. 11 b StBerG).

cc) Aus dem auf dem Foto nach Anlage K1 dargestellten Aufsteller und dem Plakat geht hervor, dass die Fertigung von Steuererklärungen sowie die Beratung (auch) für Gewerbetreibende und Selbständige angeboten wird. Nach der Verkehrsauffassung sind der Aufsteller und das Plakat dem Beklagten zuzuordnen. Beide Werbemittel befinden sich unmittelbar neben dem Schaufenster des Beklagten, auf dem großflächig das Vereinsemblem und der Slogan „Steuererklärung? Wir machen das“ angebracht sind. Über dem Plakat befindet sich außerdem ein fahnenartiges, über den Weg ragendes Schild, das ebenfalls auf die Beratungsstelle des Beklagten hinweist. Ein Passant, der die Werbung wahrnimmt, wird sie daher dem Beklagten zuordnen. Dem steht nicht entgegen, dass auf dem Schaufenster als Adressaten der Leistungen nur Arbeitnehmer, Beamte und Rentner aufgelistet sind. Der Verkehr wird daraus nicht ableiten, dass der Aufsteller und das Plakat, die einen erweiterten Adressatenkreis vorsehen, einem anderen Leistungserbringer zuzuordnen sind. Entgegen der Ansicht des Beklagten erschließt sich vorbeilaufenden Passanten auch nicht, dass der Geschäftsstellenleiter des Beklagten an derselben Adresse in separaten Räumen einen eigenen Beratungsservice anbietet. Aufsteller und Plakat weisen in keiner Weise auf eine andere Person als Leistungserbringer hin. Die Werbemittel werden vom Verkehr dem blickfangmäßig auf dem Schaufenster aufgeführten Beklagten zugeordnet. Es liegt damit ein Verstoß gegen §§ 5, 8 StBerG vor.

c) Der Beklagte ist für den Wettbewerbsverstoß auch verantwortlich. Er kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, das Werbematerial stamme von seinem Beratungsstellenleiter Herr A, der die Werbung - anders als von § 8 Abs. 2 UWG vorausgesetzt - nicht für das Unternehmen des Beklagten, sondern für seinen eigenen Buchhaltungsservice aufgestellt habe. Der Beklagte hat es jedenfalls pflichtwidrig unterlassen, Herrn A zu veranlassen, die Werbung zu entfernen bzw. klarzustellen, für wen sie gelten soll.

aa) Ein Unterlassen kann positivem Tun nur gleichgestellt werden, wenn der Täter rechtlich dafür einzustehen hat, dass der tatbestandliche Erfolg nicht eintritt, und dieses Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands durch ein Tun entspricht. Erforderlich ist eine Garantenstellung des Täters, die ihn nach einer wertenden Betrachtung verpflichtet, den deliktischen Erfolg abzuwenden. Eine Garantenstellung kann sich aus vorhergehendem gefährdenden Tun (Ingerenz), Gesetz, Vertrag oder der Inanspruchnahme von Vertrauen ergeben (BGH GRUR 2020, 543 Rn 34 - Kundenbewertungen auf Amazon).

bb) Eine entsprechende Erfolgsabwendungspflicht ergibt sich vorliegend daraus, dass Herr A als Beratungsstellenleiter beim Beklagten selbst in leitender Funktion tätig ist. Der Beklagte nimmt das Vertrauen in Anspruch, dass seine leitenden Mitarbeiter nicht ein scheinbar dem Beklagten zuzuordnendes unzulässiges Beratungsangebot bewerben und die Tätigkeit für den Beklagten für eigene wirtschaftliche Interessen ausnutzen. Dem steht nicht entgegen, dass Herr A weder gesetzlicher Vertreter des Beklagten ist noch angeblich in dessen Namen Erklärungen abgeben kann (Anlage K3). Der Beklagte hat die Pflicht, im Rahmen seiner vertraglichen Möglichkeiten auf den Beratungsstellenleiter einzuwirken. Soweit der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, in dem Vertrag mit Herrn A werde auf die Beschränkungen des Steuerberatergesetzes hingewiesen, reicht dies nicht aus. Es hätte konkret dargelegt werden müssen, welche vertraglichen Vorkehrungen getroffen wurden und wie diese überwacht werden. Daran fehlt es. Es ist nicht ersichtlich, welcher Verantwortliche des Beklagten die Tätigkeit von Herrn A auf welche Weise überwacht hat.

cc) Es kann damit dahinstehen, ob Herr A auch "verfassungsmäßig berufener Vertreter" des Beklagten im Sinne der §§ 31, 89 BGB ist. Dafür spricht aber seine Funktion als Leiter einer örtlichen Beratungsstelle. Für die Einordnung als verfassungsmäßiger Vertreter kommt es nicht allein auf die gesellschaftsrechtliche Vertretungsbefugnis an. Nach der Rechtsprechung des BGH ist verfassungsmäßig berufener Vertreter eine Person, der durch allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, für die Gesellschaft wesensmäßige Funktionen zur selbstständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, so dass er die Gesellschaft im Rechtsverkehr repräsentiert (BGH NJW 2007, 2490). Davon ist bei einem Beratungsstellenleiter in der Regel auszugehen.2. Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Unterlassung aus §§ 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2, 3, 3a UWG in Verbindung mit §§ 5, 8 StBerG zu, nicht für Gewerbetreibende geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen anzubieten.

a) Die Klägerin ist - wie das Landgericht zu Recht und von der Berufung unbeanstandet angenommen hat - nach § 8 III Nr. 2 UWG aktivlegitimiert (vgl. zu einer Steuerberaterkammer als K.d.ö.R. auch BGH GRUR 2021, 742 Rn 15 - Steuerberater-LLP - m.w.N.).

b) Die angegriffene Werbung verstößt gegen §§ 5, 8 StBerG und ist damit nach §§ 3, 3a UWG unlauter.

aa) Nach § 5 StBerG dürfen andere als die in den §§ 3, 3a und 4 bezeichneten Personen und Vereinigungen nicht geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, insbesondere nicht geschäftsmäßig Rat in Steuersachen erteilen. Ausgenommen von dem Verbot sind nach § 6 Nr. 3 und 4 bestimmte mechanische Vorgänge bei der Buchhaltung. Aus § 8 StBerG, der für Berechtigte vorsieht, auf die Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen hinzuweisen, ist abzuleiten, dass nicht berechtigten Personen auch nicht gestattet ist, für die Erbringung solcher Dienstleistungen zu werben (BGH GRUR 2021, 742 Rn 18 - Steuerberater-LLP). Bei dem Verbot, das den Zutritt zum Markt der Steuerberatungsdienstleistungen zum Schutz der Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer regelt, handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG (vgl. BGH GRUR 2002, 77, 80 - Rechenzentrum).

bb) Der Beklagte gehört nicht zu dem befugten Personenkreis, der gegenüber Gewerbetreibenden entsprechende Leistungen erbringen darf. Zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen sind nach § 4 Ziff. 11 StBerG zwar auch Lohnsteuerhilfevereine - zu denen der Beklagte gehört - befugt, jedoch nur in eingeschränktem Umfang. Sie dürfen nur für ihre Mitglieder tätig werden, soweit es nicht um Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit geht (§ 4 Ziff. 11 b StBerG).

cc) Aus dem auf dem Foto nach Anlage K1 dargestellten Aufsteller und dem Plakat geht hervor, dass die Fertigung von Steuererklärungen sowie die Beratung (auch) für Gewerbetreibende und Selbständige angeboten wird. Nach der Verkehrsauffassung sind der Aufsteller und das Plakat dem Beklagten zuzuordnen. Beide Werbemittel befinden sich unmittelbar neben dem Schaufenster des Beklagten, auf dem großflächig das Vereinsemblem und der Slogan „Steuererklärung? Wir machen das“ angebracht sind. Über dem Plakat befindet sich außerdem ein fahnenartiges, über den Weg ragendes Schild, das ebenfalls auf die Beratungsstelle des Beklagten hinweist. Ein Passant, der die Werbung wahrnimmt, wird sie daher dem Beklagten zuordnen. Dem steht nicht entgegen, dass auf dem Schaufenster als Adressaten der Leistungen nur Arbeitnehmer, Beamte und Rentner aufgelistet sind. Der Verkehr wird daraus nicht ableiten, dass der Aufsteller und das Plakat, die einen erweiterten Adressatenkreis vorsehen, einem anderen Leistungserbringer zuzuordnen sind. Entgegen der Ansicht des Beklagten erschließt sich vorbeilaufenden Passanten auch nicht, dass der Geschäftsstellenleiter des Beklagten an derselben Adresse in separaten Räumen einen eigenen Beratungsservice anbietet. Aufsteller und Plakat weisen in keiner Weise auf eine andere Person als Leistungserbringer hin. Die Werbemittel werden vom Verkehr dem blickfangmäßig auf dem Schaufenster aufgeführten Beklagten zugeordnet. Es liegt damit ein Verstoß gegen §§ 5, 8 StBerG vor.

c) Der Beklagte ist für den Wettbewerbsverstoß auch verantwortlich. Er kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, das Werbematerial stamme von seinem Beratungsstellenleiter Herr A, der die Werbung - anders als von § 8 Abs. 2 UWG vorausgesetzt - nicht für das Unternehmen des Beklagten, sondern für seinen eigenen Buchhaltungsservice aufgestellt habe. Der Beklagte hat es jedenfalls pflichtwidrig unterlassen, Herrn A zu veranlassen, die Werbung zu entfernen bzw. klarzustellen, für wen sie gelten soll.

aa) Ein Unterlassen kann positivem Tun nur gleichgestellt werden, wenn der Täter rechtlich dafür einzustehen hat, dass der tatbestandliche Erfolg nicht eintritt, und dieses Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands durch ein Tun entspricht. Erforderlich ist eine Garantenstellung des Täters, die ihn nach einer wertenden Betrachtung verpflichtet, den deliktischen Erfolg abzuwenden. Eine Garantenstellung kann sich aus vorhergehendem gefährdenden Tun (Ingerenz), Gesetz, Vertrag oder der Inanspruchnahme von Vertrauen ergeben (BGH GRUR 2020, 543 Rn 34 - Kundenbewertungen auf Amazon).

bb) Eine entsprechende Erfolgsabwendungspflicht ergibt sich vorliegend daraus, dass Herr A als Beratungsstellenleiter beim Beklagten selbst in leitender Funktion tätig ist. Der Beklagte nimmt das Vertrauen in Anspruch, dass seine leitenden Mitarbeiter nicht ein scheinbar dem Beklagten zuzuordnendes unzulässiges Beratungsangebot bewerben und die Tätigkeit für den Beklagten für eigene wirtschaftliche Interessen ausnutzen. Dem steht nicht entgegen, dass Herr A weder gesetzlicher Vertreter des Beklagten ist noch angeblich in dessen Namen Erklärungen abgeben kann (Anlage K3). Der Beklagte hat die Pflicht, im Rahmen seiner vertraglichen Möglichkeiten auf den Beratungsstellenleiter einzuwirken. Soweit der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, in dem Vertrag mit Herrn A werde auf die Beschränkungen des Steuerberatergesetzes hingewiesen, reicht dies nicht aus. Es hätte konkret dargelegt werden müssen, welche vertraglichen Vorkehrungen getroffen wurden und wie diese überwacht werden. Daran fehlt es. Es ist nicht ersichtlich, welcher Verantwortliche des Beklagten die Tätigkeit von Herrn A auf welche Weise überwacht hat.

cc) Es kann damit dahinstehen, ob Herr A auch "verfassungsmäßig berufener Vertreter" des Beklagten im Sinne der §§ 31, 89 BGB ist. Dafür spricht aber seine Funktion als Leiter einer örtlichen Beratungsstelle. Für die Einordnung als verfassungsmäßiger Vertreter kommt es nicht allein auf die gesellschaftsrechtliche Vertretungsbefugnis an. Nach der Rechtsprechung des BGH ist verfassungsmäßig berufener Vertreter eine Person, der durch allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, für die Gesellschaft wesensmäßige Funktionen zur selbstständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, so dass er die Gesellschaft im Rechtsverkehr repräsentiert (BGH NJW 2007, 2490). Davon ist bei einem Beratungsstellenleiter in der Regel auszugehen."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



OLG Karlsruhe: Amazon haftet nicht nach den Grundsätzen der Beauftragtenhaftung gemäß § 8 Abs. 2 UWG für Wettbewerbsverstöße seiner Affiliates

OLG Karlsruhe
Urteil vom 13.05.2020
6 U 127/19


Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass mazon haftet nach den Grundsätzen der Beauftragtenhaftung (§ 8 Abs. 2 UWG) für Wettbewerbsverstöße seiner Affiliates haftet.

Aus den Entscheidungsgründen:

"3. Ob der Klägerin ein Unterlassungsanspruch zusteht, beurteilt sich nach deutschem Recht.

Das anwendbare Recht ist nach den Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-II-Verordnung) zu bestimmen. Nach deren Art. 6 Abs. 1 ist auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus unlauterem Wettbewerbsverhalten das Recht des Staates anzuwenden, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden sind oder wahrscheinlich beeinträchtigt werden. Das anwendbare Recht bestimmt sich damit maßgeblich nach dem Marktort. Danach ist deutsches Recht anzuwenden, weil in Deutschland durch das von der Klägerin beanstandete Verhalten durch die Webseite www.xyz.de auf die Entschließung der deutschen Verbraucher eingewirkt werden soll und damit droht, dass deren Interessen beeinträchtigt werden.

4. Die Klägerin ist für den geltend gemachten Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG jedenfalls gegenüber der Beklagten Ziff. 2 antragsbefugt. Denn die Klägerin ist Mitbewerberin der Beklagte Ziff. 2. Die Antragsbefugnis der Klägerin bezüglich der weiteren Beklagten kann aus den in Ziff. 6 genannten Gründen offenbleiben.

a) Mitbewerber im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG ist jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist immer dann gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und daher das Wettbewerbsverhalten des einen den anderen beeinträchtigen, d.h. im Absatz behindern oder stören kann. Dies setzt voraus, dass sich die beteiligten Unternehmen auf demselben sachlich, räumlich und zeitlich relevanten Markt betätigen, ohne dass sich der Kundenkreis und das Angebot der Waren oder Dienstleistungen vollständig decken müssen (vergleiche BGH WRP 2014, 552 Rn. 15 – Werbung für Fremdprodukte, BGH GRUR 2007,1079 Rn. 22 – Bundesdruckerei; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl., § 2 Rn. 108 ff.).

b) Die Beklagte Ziff. 2 verkauft unter anderem Matratzen. Auch die Klägerin verkauft Matratzen. Zwischen der Klägerin und der Beklagten Ziff. 2 besteht daher ein konkretes Wettbewerbsverhältnis. Die Klägerin ist Mitbewerberin der Beklagten Ziff. 2.

c) Ob es nach den oben genannten Maßstäben an einem solchen konkreten Wettbewerbsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten Ziff. 1 und Ziff. 3 deshalb fehlt, da der von diesen Geförderte (Betreiber der Website www.xyz.de) selbst nicht Wettbewerber der Klägerin ist, oder ob dieses unter dem Aspekt der Förderung fremden Wettbewerbs bejaht werden kann, kann aus den in Ziff. 6 genannten Gründen offen bleiben.

5. Der Senat lässt, da der Verfügungsantrag schon aus anderen Gründen zurückzuweisen ist, offen, ob die angegriffene Werbung auf www.xyz.de gemäß Anlage AS 1 wegen des Erweckens objektiver Matratzenempfehlungen und Produktvergleiche irreführend im Sinne des § 5 UWG und darüber hinaus als verschleierte Werbemaßnahme nach § 5 a Abs. 6 UWG und wegen fehlender Aufklärung nach § 5 a Abs. 2 UWG über das Affiliate-Verhältnis unlauter ist. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob der Hinweis auf der Website „Die Redaktion von Xyz.de arbeitet unabhängig von Herstellern. Dabei verlinken wir auf ausgewählte Online-Shops und Partner, von denen wir ggf. eine Vergütung erhalten“ (Wiedergabe in Antragsschrift S. 14 unter Hinweis auf Anl. AS 1 und 10) der von der Klägerin behaupteten Irreführung nach dem Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise ausreichend entgegenwirkt.

6. Für die - hier unterstellte - unlautere geschäftliche Handlung haben die Beklagten nicht einzustehen.

a) Schuldner der in § 8 Abs. 1 UWG geregelten Abwehransprüche ist jeder, der durch sein Verhalten den objektiven Tatbestand einer Zuwiderhandlung selbst, durch einen anderen oder gemeinschaftlich mit einem anderen adäquat kausal verwirklicht oder sich als Teilnehmer an der deliktischen Handlung eines Dritten beteiligt. Dabei haftet im Fall einer Verbreitung wettbewerbswidriger Äußerungen in Medien neben dem Verbreitenden selbst jeder an der Weitergabe und der Verbreitung beteiligte, soweit sein Verhalten eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG darstellt. Zu Recht macht die Klägerin weder bezüglich der Beklagten Ziff. 2, noch bezüglich der übrigen Beklagten eine (Mit-)Täterschaft oder Gehilfenschaft an dem vom Inhaber und Betreiber der Website www.xyz.de angeblich begangenen Wettbewerbsverstoß geltend. Es fehlt insoweit an der für die Haftung für eigene Handlungen erforderlichen Kenntnis der Beklagten von dem beanstandeten Wettbewerbsverstoß vor der Abmahnung durch die Klägerin.

b) Die Klägerin macht aber geltend, die Unlauterkeit der Werbung gemäß Anlage AS 1 auf der Webseite www.xyz.de könne den Beklagten nach § 8 Abs. 2 UWG wie eine eigene Handlung zugerechnet werden.

aa) Dem Inhaber eines Unternehmens werden nach § 8 Abs. 2 UWG Zuwiderhandlungen seiner Mitarbeiter und Beauftragten (ohne Entlastungsmöglichkeit) wie eigene Handlungen zugerechnet, weil die arbeitsteilige Organisation des Unternehmens die Verantwortung für die geschäftliche Tätigkeit nicht beseitigen soll. Der Unternehmensinhaber, dem die Geschäftstätigkeit seiner Beauftragten zugute kommt, soll sich bei seiner Haftung nicht hinter dem von ihm abhängigen Dritten verstecken können (BGH GRUR 2009, 1167 Rn. 21 – Partnerprogramm). Der innere Grund für die Zurechnung der Geschäftstätigkeit des Beauftragten liegt vor allem in einer dem Betriebsinhaber zugute kommenden Erweiterung des Geschäftsbetriebs und einer gewissen Beherrschung des Risikobereichs durch den Betriebsinhaber (BGH GRUR 1995, 605, 607 –Franchise-Nehmer; GRUR 2009, 1167 Rn. 21 – Partnerprogramm). Deshalb ist es unerheblich wie die Beteiligten ihre Rechtsbeziehung ausgestaltet haben. Beauftragter kann auch ein selbstständiges Unternehmen sein, etwa eine Werbeagentur (vergl. BGH GRUR 1993, 772, 774 – Anzeigenrubrik I; BGHZ 124, 230, 237 – Warnhinweis). Entscheidend ist, dass der Werbepartner in die betriebliche Organisation des Betriebsinhabers in der Weise eingegliedert ist, dass der Erfolg der Geschäftstätigkeit des beauftragten Unternehmens dem Betriebsinhaber zugute kommt und der Betriebsinhaber einen bestimmenden, durchsetzbaren Einfluss auf diejenige Tätigkeit des beauftragten Unternehmens hat, in deren Bereich das beanstandete Verhalten fällt (BGH GRUR 2009, 1167 Rn. 21 – Partnerprogramm; GRUR 19 95, 605, 607 – Franchise-Nehmer; GRUR 2005, 864, 865 – Meißner Dekor II). Dabei kommt es nicht darauf an, welchen Einfluss sich der Betriebsinhaber gesichert hat, sondern welchen Einfluss er sich sichern konnte und musste (BGH GRUR 1995, 605, 607 – Franchise-Nehmer). Der Unternehmensinhaber haftet daher gegebenenfalls auch für ohne sein Wissen und gegen seinen Willen von einem Beauftragten begangene Rechtsverstöße. Dabei ist anerkannt, dass - entgegen der Auffassung der Beklagten - die Mehrstufigkeit eines Beauftragungsverhältnisses der Anwendung des § 8 Abs. 2 UWG nicht entgegensteht (BGH MD 2012, 802 Juris Rn. 7; BGHZ 28, 1, 13 – Bruchteilsgemeinschaft II; BGH GRUR 2012, 82 Rn. 13 – Auftragsbestätigung).

Allerdings haftet der Auftraggeber nicht als Unternehmensinhaber im Sinne von § 8 Abs. 2 UWG, wenn das betreffende geschäftliche Handeln nicht der Geschäftsorganisation des Auftraggebers, sondern derjenigen eines Dritten oder aber des Beauftragten selbst zuzurechnen ist. Die Haftung nach § 8 Abs. 2 UWG erstreckt sich nicht auf jegliche geschäftliche Tätigkeit des (Unter-)Beauftragten.

Maßgeblich für die Haftung der Beklagten nach § 8 Abs. 2 UWG ist vielmehr, ob der Werbende auf der Webseite www.xyz.de so in die betriebliche Organisation der Beklagten als Betriebsinhaber eingegliedert ist, dass der Erfolg der Geschäftstätigkeit seiner Webseite als beauftragtes Unternehmen den Beklagten als Betriebsinhaber zugute kommt und darüber hinaus die Beklagten als Betriebsinhaber einen bestimmenden, durchsetzbaren Einfluss auf diejenige Tätigkeit des Inhabers der Webseite als beauftragtes Unternehmen haben, in deren Bereich das beanstandete Verhalten fällt.

bb) Der Werbende auf der Webseite www.xyz.de ist nicht in der von § 8 Abs. 2 UWG geforderten Weise in die betriebliche Organisation der Beklagten als Betriebsinhaber eingegliedert. Eine Zurechnung des von ihm – hier unterstellten Wettbewerbsverstoßes – auf die Beklagten scheidet daher aus.

(1) Das bloße Nennen einer Bezugsquelle oder das einseitige Setzen eines Links durch den Inhaber der Webseite www.xyz.de (“Verkauf durch Amazon“) würde nicht zur Annahme eines Auftragsverhältnisses seitens der Beklagten gegenüber dem Inhaber und Betreiber der Webseite www.xyz.de führen. Der Betreiber der Webseite hat aber nicht nur einen schriftlichen Hinweis auf die Bezugsquelle der Matratzen angegeben, sondern er hat es durch Bereitstellung des Links gemäß dem Amazon-Partnerprogramm ermöglicht, dass die Interessenten unmittelbar auf das Angebot der Beklagten bzw. der auf dem dortigen Marketplace tätigen Händler zugreifen können. Der Link ist Folge eines von der Beklagten Ziff. 1 betriebenen Partnerprogrammes, im Rahmen dessen die Beklagte Ziff. 1 das Setzen des Links unter bestimmten Voraussetzungen gestattet und damit die Verbindung zwischen den Affiliates als Werbepartner und den die Waren anbietenden Händlern herstellt.

(2) Ob die Vereinbarung zur Teilnahme am Amazon-Partnerprogramm, der in den Anlagen AG 2/AS 14 vorliegt, den Inhaber oder Betreiber der Domain www.xyz.de zum Beauftragten der Beklagten Ziff. 1 und mittelbar der Beklagten Ziff. 2 und 3 macht, oder ob dieser statt im Rahmen eines Auftrags und eingegliedert in die betriebliche Organisation der Beklagten, für sich als selbstständiges Unternehmen handelt, muss sich aus dem Inhalt des Amazon-Partnerprogramms und der Beantwortung der Frage ergeben, inwieweit sich die Beklagten einen für ein Auftragsverhältnis ausreichenden Einfluss sichern konnten und mussten. Nicht ergeben kann sich dies unmittelbar aus dem BSA-Vertrag der Beklagten Ziff. 3 mit den auf dem Marketplace tätigen Händlern. Da der Affiliate nicht Vertragspartner des BSA-Vertrages mit der Beklagten Ziff. 3 ist, kann sich aus diesem kein Einfluss der Beklagten Ziff. 3 auf ihn ergeben.

(i) Das Landgericht hat zum Inhalt des Amazon-Partnerprogramms festgestellt, dass über das Partnerprogramm registrierte Affiliates (also Werbepartner wie der Inhaber und Betreiber der Webseite www.xyz.de) Links auf Unterseiten von Amazon.de setzen können. Dies hat die Folge, dass dann, wenn Kunden über den Affiliate-Link auf Amazon.de geführt werden und einen Kauf tätigen, der Affiliate von der Beklagten Ziff. 1 eine so genannte Werbekostenerstattung (also eine Provision) erhält. Im Fall der Webseite www.xyz.de führt der Link in manchen Fällen direkt auf das Amazon-Angebot einer Matratze durch die Beklagte Ziff. 2 („Verkauf und Versand durch Amazon“) und in anderen Fällen führt der Link zu einem Händler, der die beworbene Matratze auf dem von der Beklagten Ziff. 3 betriebenen Amazon-Marketplace verkauft. Die Beklagte Ziff. 1 vermittelt den Drittanbietern den Zugang zur technischen Infrastruktur des Amazon Marketplace. Verkauft ein Händler auf dem Amazon-Marketplace eine Ware, erhält der Betreiber des Amazon-Marketplace, also die Beklagte Ziff. 3, eine Provision von dem Händler.

(ii) Nach der Ausgestaltung des Partnerprogrammes sind die Werbepartner des Amazon-Partnerprogramms gemäß Anlagen AG 2/AS 14 (und damit auch der Inhaber und Betreiber der Webseite www.xyz.de) insoweit in die betriebliche Organisation der Beklagten eingegliedert, als der Erfolg der Werbung der Werbepartner (also auf der Webseite www.xyz.de) den Beklagten finanziell zugute kommt.

Im Fall dessen, dass der Link zu einem Verkauf durch die Beklagte Ziff. 2 selbst führt, profitiert diese unmittelbar von der Werbung, in dem Fall, dass der Link zu einem Händler führt und dieser sein Produkt auf dem Amazon-Marktplace verkauft, besteht der finanzielle Vorteil im Erhalt der Provision von dem Händler. Auch die Beklagte Ziff. 1 profitiert als technischer Betreiber der Webseite amazon.de und als diejenige, die den Drittanbietern Zugang zur technischen Infrastruktur des Amazon Marketplace vermittelt, allgemein vom Absatz der über den Link erfolgten Verkäufe. Anderenfalls würde sie keine Provisionen (Werbekostenzuschüsse) für über den Link getätigte Käufe an die Affiliates auskehren. Die Werbepartnerschaft ist ausweislich der Ziff. 6 des Amazon-Partnerprogrammvertrages auch auf Dauer ausgelegt, die Provisionszahlungen richteten sich nach der Anzahl der zu einem Kauf führenden Weiterleitungen in dem jeweiligen Abrechnungszeitraum.

iii) Fraglich ist damit allein, ob die Beklagten über den Umstand des finanziellen Profitierens hinaus auch über einen bestimmenden, durchsetzbaren Einfluss auf die Werbetätigkeit ihrer Werbepartner wie auf den Inhaber und Betreiber der Website www.xyz.de verfügen.

Der Bundesgerichtshof hat die Verantwortlichkeit des Betreibers einer solchen Werbepartnerschaft für den vom Werbepartner begangenen Markenverstoß als Beauftragten nach § 14 Abs. 7 MarkenG bejaht (Urt. v. 7.10.2009 GRUR 2009, 1167 – Partnerprogramm). Für die Zurechnung einer Handlung nach § 8 Abs. 2 UWG gelten dieselben Voraussetzungen, denn für die Auslegung des § 14 Abs. 7 MarkenG greift die Rechtsprechung uneingeschränkt auf die zu § 8 Abs. 2 UWG (und § 14 As. 3 UWG a.F.) geltenden Grundsätze einer weiten Haftung des Geschäftsherrn für Beauftragte zurück (BGH GRUR 2005, 864 f. – Meißner Dekor II; GRUR 2009, 1167 Juris Rn. 21– Partnerprogramm).

Allerdings unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von demjenigen, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs „Partnerprogramm“ zugrunde lag. Zwar muss auch hier sich ein interessierter Werbepartner auf der Internetseite der dortigen Beklagten anmelden und sich für das Partnerprogramm der Beklagten „bewerben“. Anders als in dem vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall, ist jedoch nicht ersichtlich, dass die Zulassung als Werbepartner von einer Prüfung der Internetseite des Bewerbers von Seiten der Beklagten abhängt. Die Links müssen lediglich der Vereinbarung entsprechen und es müssen die von der Beklagtenseite bereitgestellten markierten Link-Formate verwendet werden (Ziff. 1 der Vereinbarung über das Amazon-Partnerprogramm). Nach Ziff. 4 gewährleisten nicht etwa die Beklagten, sondern der Partner selbst, dass dieser seine Webseite erstellt, pflegt und betreibt und dass weder dessen Teilnahme am Partnerprogramm, noch die Erstellung, Pflege oder der Betrieb der Webseite gegen anwendbare gesetzliche Bestimmungen, Verordnungen, Vorschriften, Anordnungen, Konzessionen, Richtlinien, Verhaltenskodizes, Branchenstandards, Selbstregulierungsregeln, Gerichtsurteile und -beschlüsse oder andere Auflagen (…) verstoßen. In Ziff. 12 letzter Absatz wird festgehalten, dass das Verhältnis zwischen dem Werbepartner und der Beklagtenseite ein solches unabhängiger Vertragspartner sei und dass keine Bestimmung dieser Vereinbarung eine Partnerschaft, ein Joint-Venture, ein Vertretungsverhältnis, eine Franchisevereinbarung, eine Handelsvertreterbeziehung oder ein Anstellungsverhältnis zwischen der Beklagtenseite bzw. jeweils verbundenen Unternehmen und dem Werbepartner begründet. Ein Auftragsverhältnis sollte demnach mit dieser Vereinbarung erkennbar nicht begründet werden. Anders als in dem vom Bundesgerichtshof zu beurteilenden Fall „Partnerprogramm“ ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagtenseite den Bewerber nach Prüfung der Internetseite, also der Prüfung des Inhalts der Internetseite, zulässt und diesem unter bestimmten Voraussetzungen Zugang zu einem internen Partnerbereich gewährt, wo diesem dann Dienste zur Verfügung gestellt werden, wie z.B. der Zugriff auf die Datenbank des Unternehmers. Nur auf der Grundlage des dortigen Sachverhalts hatte der Bundesgerichtshofs angenommen, dass sich die dortige Beklagte einen bestimmenden Einfluss auf ihre Werbepartner sicherte. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Vorliegend hat sich zwar die Beklagte Ziff. 1 als Vertragspartner der Werbepartner Ziff. 12 ebenfalls Rechte vorbehalten. Dort heißt es:

„Ferner dürfen wir (a) Informationen über ihre Webseite und die Nutzer ihrer Webseite, die wir im Zusammenhang mit ihrer Darstellung von Partner-Links und Programminhalten erhalten, überwachen, aufzeichnen, nutzen und weitergeben (beispielsweise dass ein bestimmter Amazon-Kunde vor dem Kauf eines Produktes auf der Amazon-Webseite über einen auf ihrer Webseite platzierten Partner Link auf die Amazon-Webseite kann, (b) ihre Webseite prüfen, überwachen und anderweitig untersuchen, um die Einhaltung dieser Vereinbarung sicherzustellen und (c) die in ihrer Webseite dargestelltes Logo und die auf ihrer Webseite dargestellte Implementierung von Programminhalten als Best-Praktice-Beispiele in unseren Schulungsmaterialien nutzen, reproduzieren, verbreiten und darstellen.“

Aus dieser Regelung ergibt sich aber kein bestimmender, durchsetzbarer Einfluss auf die Werbetätigkeit des Inhabers und Betreiber der Webseite www.xyz.de durch die Beklagten Ziff. 1 sowie der weiteren Beklagten. Diesen konnten und mussten sich die Beklagten bei dieser Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses auch bei wertender Betrachtung nicht sichern. Zwar haben sich die Beklagten nach der vorgenannten Regelung vorbehalten, die Webseite des Werbepartners zu prüfen, zu überwachen und anderweitig zu untersuchen. Dies ist aber auf die Einhaltung der Vereinbarung beschränkt. Erkennbar bezieht sich die Regelung auf die Überwachung der Webseite hinsichtlich der mit der Partner-Vereinbarung einzugehenden Verpflichtungen, also der Form der Gestaltung des Links, des ausreichenden Hinweises auf die Provisionszahlungen und nicht etwa als Möglichkeit auf eine Einflussnahme auf die allgemeine Werbetätigkeit des Werbepartners. Nicht vorgesehen ist, dass die Website des Affiliate-Partners „abgenommen“ oder aber an der Werbedarstellung des Produktes selbst von Seiten der Beklagten mitgewirkt wird. Auch der Umstand, dass die Beklagte Ziff. 1 in der Beschreibung des Partnerprogramms sich vorbehält, zur Unterstützung der Werbung für Produkte oder Leistungen, Daten, Bilder, Texte, Linkformate, Widgets, Links, Marketing-Inhalte und andere -Verlinkungtools, Schnittstellen für Anwendungsprogramme und weitere Informationen im Zusammenhang mit dem Partnerprogramm zur Verfügung zu stellen, ergibt keinen bestimmenden Einfluss der Beklagtenseite auf den Inhaber und Betreiber der Webseite www.xyz.de als deren Werbepartner. Dieser ist mit der Vereinbarung auch keine Verpflichtung zum Setzen von Links auf seiner Homepage eingegangen. Dieser handelt ausweislich dieser Vereinbarung und bei wertender Betrachtung vielmehr selbständig, allein in eigener Verantwortung, für sich und nicht als Beauftragter der Beklagten.

Damit fehlt es an der für die Anwendung nach § 8 Abs. 2 UWG erforderlichen Eingliederung in die betriebliche Organisation der Beklagten als Betriebsinhaber und ist der Antrag der Klägerin auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen. Der Klägerin steht der geltend gemachte Verfügungsanspruch nicht zu. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim bleibt damit im Ergebnis ohne Erfolg."

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Frankfurt: Unternehmen haftet Wettbewerbsverstöße des von ihm beauftragten Leadlieferanten zur Kundengewinnung

LG Frankfurt
Urteil vom 19.03.2019
3-06 O 5/18


Das LG Frankfurt hat entschieden, dass ein Unternehmen (hier ein Versicherungsmakler) für Wettbewerbsverstöße des von ihm beauftragten Leadlieferanten zur Kundengewinnung haftet. Das Unternehmen hat sicherzustellen, dass Kunden in wettbewerbsrechtich zulässiger Weise angeworben werden. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale.

LG Frankfurt: Unternehmen haftet für Wettbewerbsverstöße seiner Handelsvertreter nach den Grundsätzen der Beauftragtenhaftung nach § 8 Abs. 2 UWG

LG Frankfurt
Urteil vom 09.11.2018
3-10 O 40/18


Das LG Frankfurt hat entschieden, dass ein Unternehmen für Wettbewerbsverstöße seiner Handelsvertreter nach den Grundsätzen der Beauftragtenhaftung nach § 8 Abs. 2 UWG haftet.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Es liegt ein Wettbewerbsverstoß der für die Beklagte tätigen selbstständigen Handelsvertreterin X vor. Die von dieser geschaltete streitgegenständliche Immobilienanzeige stellt sich als wettbewerbswidrig dar, was zwischen den Parteien auch nicht im Streit steht.

Der BGH hat nunmehr explizit in seinen Urteilen vom 05.10.2017 (I ZR 4/17, BeckRS 2017, 141966 und I ZR 232/16, GRUR 2018, 438 - Energieausweis) entschieden, dass die Bestimmung des § 16a EnEV eine dem Schutz der Verbraucher dienende Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG (§ 4 Nr. 11 UWG aF) darstellt. Ein Immobilienmakler ist zwar nicht Adressat der Informationspflichten des § 16a EnEV. Er ist aber gemäß § 5a Abs. 2 und 4 UWG verpflichtet, in einer Immobilienanzeige den Energieverbrauch des Gebäudes anzugeben, wenn ein Energieausweis vorliegt. Dazu muss die Anzeige die in § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 5 EnEV angeführten Angaben enthalten.

Die Handelsvertreterin X warb als Immobilienmaklerin in der streitgegenständlichen Immobilienanzeige in der … Zeitung, Ausgabe vom 14.10.2017, für den Verkauf der Wohnimmobilie "Saniertes Reihenhaus …, 114 m² Wohnfläche" zum Kaufpreis von 350.000,00 EUR mit dem Hinweis "B: 85,6 kWh/m2a, Kl. C". Ein Energieausweis war danach zum Zeitpunkt der Schaltung dieser Immobilienanzeige unstreitig für die vorstehend genannte Immobilie vorhanden, so dass die Handelsvertreterin X verpflichtet war, auch die nach § 16a Abs. 1 Ziffern 3 und 4 EnEV vorgeschriebenen Angaben zu den im Energieausweis genannten wesentlichen Energieträgern für die Heizung und zum Baujahr des Gebäudes zu machen, was sie unterlassen hat.

c.

Bei der den Wettbewerbsverstoß begehenden Handelsvertreterin X handelt es sich um eine Beauftragte der Beklagten im Sinne von § 8 II UWG. Danach ist die Beklagte passivlegitimiert.

Beauftragter im Sinne vom § 8 II UWG kann auch ein selbstständiges Unternehmen sein, das in die betriebliche Organisation des Betriebsinhabers in der Weise eingegliedert ist, dass der Erfolg seiner Geschäftstätigkeit dem Betriebsinhaber zu Gute kommt und dieser auf das Unternehmen einen bestimmenden und durchsetzbaren Einfluss hat. Ob der Betriebsinhaber von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, diesen Einfluss auszuüben, spielt dabei keine Rolle. Die Erfolgshaftung des Betriebsinhabers für Wettbewerbshandlungen Dritter setzt voraus, dass dieser den Risikobereich in einem gewissen Umfang beherrscht und ihm ein bestimmender und durchsetzbarer Einfluss jedenfalls auf diejenige Tätigkeit eingeräumt ist, in deren Bereich das fragliche Verhalten fällt. Erforderlich ist daher, dass sich - anders als bei den üblichen Lieferbeziehungen zwischen dem Großhandel und dem Einzelhandel - die Einflussmöglichkeiten des Betriebsinhabers auf alle das Vertriebssystem des Vertragspartners kennzeichnenden wesentlichen Vorgänge erstrecken und dass auch die von den Kunden zu treffenden Maßnahmen zwangsläufig vom Willen des Betriebsinhabers abhängen (vgl. BGH, GRUR 2011, 543 - Änderung der Voreinstellung III, Rn. 11, 13).

Insoweit hat das OLG Frankfurt am Main (OLG Frankfurt am Main, MMR 2012, 678, 678) diesbezüglich zusammenfassend ausgeführt:

"Soweit sich ein Unternehmen beim Absatz der von ihm vertriebenen Waren oder Dienstleistungen weiterer Personen oder Unternehmen bedient, hängt die Frage, ob diese Dritte als Beauftragte i.S.v. § 8 Abs. 2 UWG angesehen werden können, nach der Rspr. des BGH (vgl. BGH GRUR 2011, 543 [= MMR 2011, 406 m. Anm. Berger] Rdnr. 13 ff. - Änderung der Voreinstellung III m.w.Nw.) entscheidend davon ab, ob dem Betriebsinhaber ein bestimmender und durchsetzbarer Einfluss jedenfalls auf diejenige Tätigkeit des Dritten eingeräumt ist, in deren Bereich das fragliche Verhalten fällt, oder ob es sich bei dem Dritten nach seiner wirtschaftlichen Funktion um einen selbstständigen Absatzmittler handelt. Maßgebliches Abgrenzungskriterium ist dabei insb., ob der Absatzmittler die Leistung dem anderen Unternehmen selbst abkauft und dann im eigenen Namen und zu seinen eigenen Konditionen weiterverkauft (Eigenhändler bzw. "Reseller", vgl. BGH, a.a.O., Rdnr. 14), oder ob er nur als Vertreter des Betriebsinhabers in dessen Namen und auf dessen Rechnung die Leistungen vermittelt. Während im letztgenannten Fall eine Beauftragtenstellung zu bejahen ist (vgl. hierzu auch - für ein von einer Versicherung eingeschaltetes Call-Center - Senat, U. v. 11.8.2011 - 6 U 182/10), ist der Eigenhändler in der Regel als selbstständiger Absatzmittler einzustufen, der die Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 Abs. 2 UWG nicht erfüllt; etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn der Eigenhändler - etwa auf Grund eines Vertragshändlervertrags - in besonderer Weise in die Vertriebsorganisation des Unternehmens eingegliedert ist, dem das Verhalten des Händlers zugerechnet werden soll (vgl. hierzu BGH, a.a.O., Rdnr. 15 m.w.Nw.)." (Hervorhebungen durch die Kammer)

Soweit sich die Beklagte für ihre Auffassung insbesondere auf das genannte BGH-Urteil "Änderung der Voreinstellung III (GRUR 2011, 543) und das genannte OLG Frankfurt-Urteil vom 09.02.2012 - 6 U 130/11 (MMR 2012, 678) beruft, greift dies gerade nicht durch. Es liegt nach Auffassung der Kammer auf der Hand, dass die Handelsvertreterin X als Handelsvertreterin der Beklagten in ihrer Stellung nicht ansatzweise vergleichbar ist mit einem Reseller wie er Gegenstand der genannten BGH-Entscheidung war. Aus der Stellung als Handelsvertreter folgt vielmehr, dass Frau X im Namen und auf Rechnung der Beklagten handelt und für diese Geschäfte vermittelt (vgl. auch Anlagen K22 "Jahresabschluss der Beklagten" und K23).

Daraus ergibt sich zunächst einmal, dass der Erfolg der Geschäftstätigkeit der Handelsvertreterin X der Beklagten als Geschäftsherrin zu Gute kommt.

Insoweit kann auch nicht zweifelhaft sein, dass Frau X in die Vertriebsorganisation der Beklagten eingegliedert ist und dass damit der Beklagten grundsätzlich die Möglichkeit zusteht, auf die Vertriebstätigkeit ihrer Handelsvertreter bestimmenden und durchsetzbaren Einfluss zu nehmen. Ob sie von dieser Möglichkeit Gebrauch macht ist unerheblich. Aus dem von dem Kläger dargestellten Internetauftritt der Beklagten, dem Auftritt der Handelsvertreter unter der Marke der Beklagten und angesichts der Schulungen der Handelsvertreter durch die Beklagte ist für die Kammer nicht zweifelhaft, dass die Handelsvertreter der Beklagten als deren Beauftragte im Sinne von § 8 II UWG anzusehen sind. Es ist insbesondere für die Beklagte möglich, über den Handelsvertretervertrag auf die (Vertriebs-)Tätigkeiten ihrer Handelsvertreter maßgeblichen Einfluss zu nehmen. Nach Auffassung der Kammer untermauert die Beklagte durch die Vorlage des § 6 des Handelsvertretervertrags zwischen der Beklagten und Frau X (Bl. 77 d.A.) dies sogar. In § 6 I Handelsvertretervertrag hat sich die Beklagte gerade Informationspflichten und Untersagungsrechte einräumen lassen.

Bereits im Urteil vom 25.09.1970 (I ZR 47/69, GRUR 1971, 119 - Branchenverzeichnis) hat der BGH ausgeführt: "Daß danach ein Handelsvertreter in der Regel erst recht als zum Betrieb des Unternehmers gehörend angesehen werden muß, für den er arbeitet, liegt auf der Hand. Hiermit steht im Einklang, daß der Unternehmer gemäß § 13 Abs. 3 UWG für die Handlungen des Vertreters einstehen muß, ohne sich entlasten zu können. Auch im Sinne dieser Vorschrift gehört der Handelsvertreter zum geschäftlichen Betrieb des Unternehmers".

Nach all dem ist davon auszugehen, dass die für die Beklagte tätige selbstständige Handelsvertreterin X als deren Beauftragte im Sinne von § 8 II UWG anzusehen ist."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Frankfurt: Zur Haftung eines Unternehmens für wettbewerbswidrige Werbung nach den Grundsätzen der Beauftragtenhaftung

OLG Frankfurt
Urteil vom 05.08.2010
6 U 67/09
§ 8 Abs. 2 UWG


Das OLG Frankfurt hat sich in dieser Entscheidung mit der Beauftragtenhaftung nach § 8 Abs. 2 UWG befasst und entschieden, dass sich eine Goldankaufsagentur die ohne sein Wissen geschaltete Werbung seines Ankäufers nach § 8 Abs. 2 UWG zurechnen lassen muss, wenn die Anzeige auf die Agentur zugeschnitten ist.

Aus den Entscheidungsgründen:
"Die Beklagte war für diesen Wettbewerbsverstoß auch verantwortlich, weil sie sich insoweit das Verhalten der Fa. A-GmbH selbst dann nach § 8 II UWG zurechnen lassen muss, wenn die Anzeige ohne Veranlassung und Kenntnis der Beklagten durch die Fa. A-GmbH geschaltet worden ist (ebenso in einem ähnlich gelagerten Fall OLG München, Beschluss vom 20.5.2009 – 29 W 1405/09; Anlage LLR 8). Die Anzeige betraf weder eine allgemeine Werbung für das von der A unterhaltene Agenturankaufsystem noch eine Gemeinschaftswerbung für mehrere Agenturen, sondern eine individuell auf die Agentur der Beklagten ausgerichtete Werbung. Jedenfalls unter diesen Umständen muss der Betreiber des Agentursystems als Beauftragter der Agentur i.S.v. § 8 II UWG eingestuft werden, weil eine solche Werbung normalerweise allein zum eigenen betrieblichen Bereich der Agentur gehört. Überlässt die Agentur diese Werbetätigkeit vollständig dem mit ihm vertraglich verbundenen Betreiber des Agentursystems, sind die Voraussetzungen für ein Beauftragtenverhältnis im wettbewerbsrechtlichen Sinn erfüllt, weil die Agentur einen Teil ihrer betrieblichen Tätigkeit ihrem Vertragspartner überträgt und zumindest die Möglichkeit hätte, sich durch entsprechende Gestaltung des Vertrages einen bestimmenden und durchsetzbaren Einfluss auf dessen Tätigkeit zu sichern; dass die Beklagte dies im vorliegenden Fall unterlassen hat, steht ihrer Haftung nach § 8 II UWG nicht entgegen (vgl. Köher/Bornkamm, UWG, 27. Aufl., Rdz. 2.41 zu § 8 m.w.N.)."

Das vollständige Urteil finden Sie hier: