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VG Berlin: Kein Auskunftsanspruch nach Art 15 DSGVO hinsichtlich im Rahmen der Videoüberwachung in S-Bahnen gewonnenen Aufzeichnungen da Aufwand unverhältnismäßig

VG Berlin
Urteil vom 12.10.2023
1 K 561/21


Das VG Berlin hat entschieden, kein Auskunftsanspruch nach Art 15 DSGVO hinsichtlich im Rahmen der Videoüberwachung in S-Bahnen gewonnenen Aufzeichnungen besteht, da der Aufwand unverhältnismäßig wäre.

Aus den Entscheidungsgründen:
Letztlich kann jedoch offenbleiben, ob die im Rahmen der Videoüberwachung in den S-Bahnen der Klägerin gewonnenen Aufzeichnungen – allgemein bzw. im vorliegenden Sachverhalt – personenbezogene Daten darstellen. Denn der Beigeladene hatte, unter keinem Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zurverfügungstellung einer Kopie der Videoaufzeichnungen.

Der insoweit nach dem allgemeinen Günstigkeitsprinzip (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 27. November 1980 - 2 C 38.79, juris Rn. 39) darlegungsbelastete Beigeladene hat schon nicht nachgewiesen, dass – was von der zuvor aufgeworfenen Frage des Personenbezugs der Daten zu unterscheiden ist – er tatsächlich die „betroffene Person“ i.S.d. Art. 15 DSGVO ist, deren Bilddaten zu dem von ihm angegebenen Zeitraum in dem von ihm benannten Zug der Klägerin gespeichert wurden. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hingewiesen, dass, um die Herausgabe an unberechtigte Dritte ausschließen zu können, eine zweifelsfreie Übereinstimmung der Person des Auskunftsbegehrenden mit der Person des auf den Videos Abgebildeten gewährleistet werden muss. Hierfür reichen aber allein Angaben, wie der Beigeladenen sie gemacht hat (Zeitraum der Beförderung, Zugnummer, äußeres Erscheinungsbild und Verhaltensweise der Person) nicht aus. Denn es erscheint beispielsweise denkbar, dass ein Antragsteller derartige Angaben zu einer anderen Person macht, die ihm etwa deshalb bekannt sind, weil er mit ihr zusammen in einem der Züge der Klägerin gefahren ist, um so an die Videoaufzeichnungen dieser Person zu gelangen. Unabhängig von der Frage, ob überhaupt – und wenn ja auf welche Art und Weise – verlässlich die Identität eines Antragstellers mit einer im Rahmen der Videoaufzeichnung erfassten Person überprüft werden könnte, erscheint dies im vorliegenden Fall ferner schon deshalb ausgeschlossen, weil der Beigeladene seinen eigenen Angaben zufolge anlässlich der Zugfahrt eine Mund-Nasen-Bedeckung trug und seine Gesichtszüge daher nicht erkennbar waren. Auf die von den Beteiligten in diesem Zusammenhang aufgeworfene Frage, ob aus Art. 11 DSGVO abgeleitet werden kann, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, weitere Anstrengungen zu unternehmen, um einen Auskunftsbegehrenden auf den Videoaufzeichnungen zu identifizieren, kommt es damit nicht mehr an.

Hinzu kommt, dass der Klägerin die Auskunftserteilung auch wegen eines dafür zu treibenden unverhältnismäßigen Aufwandes nicht zumutbar war. Hierzu hat das Amtsgericht Pankow in einem Verfahren, in dem der Beigeladene die Klägerin, gestützt auf Art. 82 DSGVO, wegen der Zurückweisung eines weiteren Auskunftsbegehrens auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen hat, Folgendes ausgeführt (Urteil vom 28. März 2022 - 4 C 199/21, juris):

„Hinsichtlich des hierauf basierenden Auskunftsanspruch gemäß Art. 15 DSGVO ist der Beklagten das Erfüllen dieses Auskunftsanspruchs jedoch aufgrund unverhältnismäßigen Aufwands unzumutbar gemäß § 275 Abs. 2 BGB (vgl. Gola/Franck, DS-GVO, Kommentar, 1. Aufl. 2017, Art. 15, Rn. 30). Aufgrund des Ausnahmecharakters von § 275 Abs. 2 BGB und aufgrund der zentralen Bedeutung des Auskunftsanspruchs gemäß Art. 15 DSGVO sind strenge Maßstäbe an die Unverhältnismäßigkeit eines Auskunftsbegehrens anzulegen. Insbesondere besteht ein Verweigerungsrecht nur bei einem groben Missverhältnis zwischen Aufwand und Leistungsinteresse.

Ein solch grobes Missverhältnis besteht jedoch hier. Denn das Transparenzinteresse des Klägers ist äußerst gering. Insbesondere war er sich des Ob, Wie und Was der Datenverarbeitung bewusst (vgl. Gola/Franck, DS-GVO, Kommentar, 1. Aufl. 2017, Art. 15, Rn. 2). Der Kläger wusste genau, dass und in welchem Umfang personenbezogene Daten erhoben werden. Der Normzweck von Art. 15 DSGVO - das Bewusstwerden über die Datenverarbeitung - war daher weitestgehend schon erfüllt. Der hier vorliegende Sachverhalt ist gerade nicht einer Situation vergleichbar, bei der sich ein Auskunftsbegehrender einen Überblick über verarbeitete personenbezogene Daten verschaffen will, die gegebenenfalls länger in der Vergangenheit zurücklegen, oder bei den Daten zu unterschiedlichen Anlässen verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung durch die Beklagte ist von vornherein auf 48 Stunden zeitlich und örtlich auf die Züge der Beklagten begrenzt. Dem Kläger und jedem anderen Dritten ist es zumutbar, sich innerhalb des kurzen Zeitraums von 48 Stunden zu erinnern, wann eine Dienstleistung der Beklagten in Anspruch genommen wurde und wann entsprechend eine Verarbeitung personenbezogener Daten stattgefunden hat. Mit Blick auf den sehr kurzen Zeitraum ist der vom Kläger beklagte Kontrollverlust nicht erkennbar. Wie der Kläger selbst darlegt, wurde er zudem von der Beklagten auch über sämtliche von Art. 15 Abs. 1 lit. a - h DSGVO erfassten Aspekte der Datenverarbeitung, einschließlich Verarbeitungszweck, Dauer der Verarbeitung und Beschwerderecht informiert. Auch insoweit ist der Normzweck von Art. 15 DSGVO der Vergewisserung über "Existenz, Zwecke, Absichten und Rechtsfolgen" der Datenverarbeitung erfüllt (vgl. Paal/Pauly Datenschutzgrundverordnung, Bundesdatenschutzgesetz, 3. Aufl. 2021, Art. 15 Rn. 3). Welches darüber hinausgehende Interesse der Kläger an der konkreten Gestalt der Videoaufzeichnung hat, hat er nicht hinreichend dargelegt und erschließt sich nicht. Denn für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Videoaufzeichnung als einen wesentlichen Zweck von Art. 15 DSGVO bedarf der Kläger der konkreten Gestalt der Videoaufzeichnung nicht. Unabhängig von der konkreten Auflösung der Videoaufzeichnung oder der möglichen Erfassung von biometrischen Daten, steht der Eingriffscharakter der Aufzeichnung im Wesentlichen fest. Entsprechend gering ist das von Art. 15 DSGVO geschützte Vergewisserungsinteresse des Klägers.

Demgegenüber hat die Beklagte substantiiert dargelegt, dass die Erfüllung des Auskunftsanspruchs durch Verhinderung der automatischen Löschung und anschließenden Auskunft an den Kläger einen erheblichen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft bedeutet. Dass ein solcher Aufwand einem Auskunftsbegehren entgegenstehen kann, ist europarechtlich anerkannt (vgl. EuGH, Urteil v. 19.10.2016 C-582/14). Zum einen verfügt die Beklagte über keine Software zur Gesichtserkennung. Entsprechend komplex wäre es für die Beklagte, den Kläger aufgrund seiner Angaben zu identifizieren. Die Beklagte hat insoweit substantiiert vorgetragen, dass erhebliche Ressourcen zur Identifizierung von Personen nötig wären und dass die datenschutzgerechte Entnahme der Kassetten aufgrund von Anreisezeiten zu den Zügen und Sicherheitsvorkehrungen aufwendig sind. Zum anderen würde die Auskunft an den Kläger erfordern, dass die Beklagte ihre Betriebsvereinbarung mit Hinblick auf die Auswertung der Speicherkassetten anpasst und diese selbst auswertet, bzw. Dritte hiermit beauftragt. Eine Anpassung ihrer Prozesse, zum Beispiel durch die Anschaffung einer Software zur automatisierten Gesichtserkennung oder über eine zentrale Speicherung der Videoaufzeichnungen, bedeuten jedoch ebenso einen erheblichen Aufwand und begegnen darüber hinaus erheblichen datenschutzrechtlichen Bedenken. Die Beklagte hat insoweit dargelegt, dass ihre dezentralisierten Verarbeitungsprozesse gerade dem Datenschutz dienen. Wäre sie zu einer längeren Speicherung aufgrund des Verlangens des Klägers verpflichtet, wären notwendig auch die durch Art. 15 Abs. 4 DSGVO geschützten Interessen von Dritten betroffen. Aufgrund der datenschutzrechtlichen Verpflichtung der Beklagten gegenüber Dritten ist diese Drittbetroffenheit auch im Rahmen der gemäß § 275 Abs. 2 BGB erforderlichen Prüfung des Äquivalenzinteresses von Kläger und Beklagten zu berücksichtigen. Denn selbst wenn die Verpixelung oder anderweitige Unkenntlichmachung von Dritten technisch möglich ist, dürfte diese Identifizierung und Unkenntlichmachung regelmäßig nicht zuverlässig innerhalb von 48 Stunden, gegebenenfalls in sogar noch kürzeren Zeiträumen zu leisten sein. Daher würden bei einer längeren Speicherung nach einem Auskunftsersuchen notwendig die Datenschutzrechte von Dritten beeinträchtigt. Der Kläger verkennt insoweit, dass die von ihm begehrte Auskunft die strengen Löschfristen von § 20 Abs. 5 Bln DSG i. v. m. Art 17 DSGVO gegenüber Dritten und hiermit ein zentrales normatives datenschutzrechtliches Anliegen aufzuweichen droht. Aufgrund dessen tritt mit Blick auf den erheblichen Ressourcenaufwand der Beklagten, sowie Datenschutzrechten von Dritten, der begrenzte Erkenntnisgewinn des Klägers an der konkreten Gestalt der Videoaufzeichnung zurück, weswegen von einem groben Missverhältnis zwischen Leistungsinteresse und Aufwand gemäß § 275 Abs. 2 BGB auszugehen ist.

Es kann insoweit dahinstehen, ob ein Verweigerungsrecht der Beklagten auch aus einer analogen Anwendung von Art. 14 Abs. 5 DSGVO folgt. Ebenso kann dahinstehen, ob die vom Kläger begehrte längere Speicherung der personenbezogenen Daten und anschließender Auskunft hierüber bereits wegen eines Verstoßes gegen § 20 Abs. 5 Bln DSG rechtlich unmöglich ist, § 275 Abs. 1 BGB.“


Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer an. Zwar ist in Art. 15 DSGVO keine ausdrückliche Ausnahme wegen unverhältnismäßigen Aufwands vorgesehen. Der durch das Amtsgericht herangezogene § 275 Abs. 2 BGB beinhaltet jedoch einen allgemeinen Rechtsgedanken, der auch in Erwägungsgrund 62 der DSGVO zum Ausdruck kommt. Danach darf eine Leistung verweigert werden, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Gebots von Treu und Glauben, das nach Art. 8 Abs. 2 Satz 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und Art. 5 Abs. 1 lit. a DSGVO über dem gesamten Verarbeitungsvorgang steht, in einem groben Missverhältnis zum Leistungsinteresse des Gläubigers steht (vgl. Franck in: Gola/Heckmann, DSGVO - BDSG, 3. Aufl. 2022, Art. 15 Rn. 51 m.w.N.). Insoweit hat das Amtsgericht deutlich gemacht, dass zwar der Einwand der Klägerin, es sei nicht erkennbar, welchen Zweck der Beigeladene mit seinem Auskunftsanspruch verfolge, nicht unmittelbar verfängt, dass aber jedenfalls mittelbar das offenkundig nur geringe Informationsinteresse des Beigeladenen bei der vorzunehmenden Abwägung zu seinen Lasten zu berücksichtigen ist. Dies gilt gleichermaßen für die durch das Amtsgericht betonte Kollision des vom Beigeladenen geltend gemachten Anspruches mit der nach § 20 Abs. 5 BlnDSG gesetzlich vorgesehenen automatischen Löschung der Daten, die dem Schutz der Interessen aller anderen durch die Videoüberwachung erfassten Personen dient. Dieser ließe sich durch eine Unkenntlichmachung ihrer Gesichter nicht im gleichen Maße gewährleisten wie durch eine vorbehaltlose Löschung der gespeicherten Daten. Diese Unkenntlichmachung wäre, neben dem größeren datenschutzrechtlichen Risiko des Missbrauchs im Vergleich zu einer Löschung, zudem mit einigem Aufwand verbunden.

Schon aus diesem Grund bestand auch kein Anspruch des Beigeladenen auf Verhinderung der automatischen Löschung der Daten. Weder die Regelung in Art. 17 Abs. 3 lit.b) DSGVO noch die Rechte aus Art. 18 Abs. 1 lit. c) DSGVO standen dem entgegen, weil mit den dort angeführten rechtlichen Verpflichtungen der Klägerin bzw. den Rechtsansprüchen des Beigeladenen nicht die Auskunftsrechte i.S.d. Art. 15 DSGVO, sondern außerhalb der DSGVO liegende Rechtsansprüche gemeint sind. Hierfür spricht schon in systematischer Hinsicht, dass die genannten Regelungen ansonsten leerliefen, weil die Möglichkeit der zukünftigen Geltendmachung etwaiger Auskunftsansprüche in jedem Fall einer Löschung entgegenstünde. Im Übrigen spricht auch der Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 lit. c) DSGVO gegen die Annahme, dass die Verhinderung der Löschung von Daten verlangt werden darf, nur um einen nach Art. 15 DSGVO bestehenden Auskunftsanspruch über jene Daten zu sichern. Denn danach ist Voraussetzung, dass die Daten zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen „benötigt“ werden – diese also nicht unmittelbar bzw. selbst Gegenstand des geltend gemachten Anspruchs sind.

Letztlich wäre, selbst wenn die Klägerin mit der Verweigerung der Auskunftserteilung gegen die Regelungen der DSGVO verstoßen hätte, die deswegen ausgesprochene Verwarnung deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte das ihr insoweit nach Art. 58 Abs. 2 lit. b) DSGVO eröffnete Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat.

Die Beklagte ist hierbei eigenem Bekunden nach davon ausgegangen, dass im Falle der Feststellung eines Datenschutzverstoßes zumindest eine Verwarnung auszusprechen sei, weil dies die mildeste der in Art. 58 Abs. 2 DSGVO vorgesehenen datenschutzrechtlichen Aufsichtsmaßnahmen darstelle. Dabei hat die Beklagte außer Acht gelassen, dass auch Sachverhaltskonstellationen denkbar sind, in denen sich trotz eines festgestellten Datenschutzverstoßes die Aussprache einer Verwarnung – wegen der Geringfügigkeit des Verstoßes auf der einen und den damit auf der anderen Seite für den Adressaten verbundenen Folgen – als unverhältnismäßig darstellen und damit gegen das rechtsstaatliche Übermaßverbot verstoßen würde. Der Beklagten kommt daher nicht nur ein Auswahlermessen hinsichtlich der Frage zu, wie bzw. mit welchem der in Art. 58 DSGVO vorgesehenen Mittel sie auf einen datenschutzrechtlichen Verstoß reagiert, sondern auch ein Entschließungsermessen dahin, ob sie im Einzelfall von einem Einschreiten absieht. Da die Beklagte dieses ihr eröffnete Ermessen im vorliegenden Fall unstreitig nicht ausgeübt hat, ist der Bescheid wegen Ermessensausfalls rechtswidrig. Es kann daher offenbleiben, ob der Bescheid – angesichts der oben aufgezeigten Diskrepanz zwischen dem geringfügigen Informationsinteresse des Beigeladenen einerseits und dem durch die Klägerin für eine Auskunftserteilung zu betreibenden erheblichen Aufwand andererseits – auch wegen Ermessensüberschreitung rechtswidrig ist.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


VG Berlin: Auskunftsanspruch aus Art. 15 DSGVO gegen öffentlichen Stelle kann nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b BDSG Geheimhaltungsinteresse entgegenstehen

VG Berlin
Urteil vom 24.10.2022
2 K 149/21


Das VG Berlin hat entschieden, dass einem Auskunftsanspruch aus Art. 15 DSGVO gegen eine öffentlichen Stelle nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b BDSG ein Geheimhaltungsinteresse entgegenstehen kann. Diese Vorschrift ist von der Öffnungsklausel gemäß Art. 23 Abs. 1 Buchst. e DSGVO gedeckt.

II. Mit dem Antrag, dem Kläger Datenkopien der ihn betreffenden personenbezogenen Daten gemäß Art. 15 Abs. 3 DS-GVO zur Verfügung zu stellen, ist die Klage ebenfalls teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.

Soweit die Beklagte die Einsicht in die ihn betreffenden Passagen des Dokuments Nr. 13 und in die Dokumente Nr. 26 und Nr. 36 (mit Ausnahme der das Abstimmungsverhalten im Verwaltungsrat betreffenden Passagen) zugesichert hat, fehlt dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis.

Im Übrigen steht ihm der Anspruch gemäß Art. 15 Abs. 3 DS-GVO nicht zu. Soweit das Dokument Nr. 13 Informationen über Vorgänge enthält, die den Kläger nicht betreffen, handelt es sich bereits nicht um personenbezogene Daten im Sinne von Art. 4 Nr. 1 DS-GVO. Der Übersendung einer Datenkopie der übrigen Dokumente steht § 34 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 33 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b des Bundesdatenschutzgesetzes - BDSG - entgegen. Danach besteht das Recht auf Auskunft der betroffenen Person gemäß Art. 15 DS-GVO nicht, wenn die Erteilung der Information die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden oder sonst dem Wohle des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde und deswegen das Interesse der betroffenen Person an der Informationserteilung zurücktreten muss.

Zu dem hiernach geschützten „Wohle des Bundes“ zählen die Beziehungen der Bundesrepublik zur EPO und ihren Mitgliedstaaten. Aus dem oben Gesagten folgt, dass die Bekanntgabe der begehrten Informationen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einen Nachteil für diese Beziehungen haben kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. November 2020 – BVerwG 20 F 5/20NVwZ 2021, 415 Rn. 17 ff.). Dies gilt auch für die Dokumente Nr. 48 und CA/C 16/17, 17/17 und 19/17. Dokument Nr. 48 ist ein Vermerk des BMJV mit einer Zusammenfassung der 156. Sitzung des Verwaltungsrats. Insoweit gilt das oben Gesagte. Die Dokumente CA/C 16/17, 17/17 und 19/17 sind der Kategorie C zugeordnet, die gemäß Art. 13 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3 GOVR der Vertraulichkeit unterliegen und gegen deren Bekanntgabe sich der Präsident des Verwaltungsrats mit Schreiben vom 24. August 2020 gewandt hat.

Das Interesse des Klägers an der Informationserteilung muss hinter dem Geheimhaltungsinteresse zurücktreten. Das Interesse der Beklagten, die positiven Beziehungen zur EPO und ihren Mitgliedstaaten zu schützen und die mit der Offenlegung verbundene Gefahr einer Beeinträchtigung der vertraulichen Zusammenarbeit, haben ein hohes Gewicht. Demgegenüber hat der Kläger nicht dargelegt, worin sein Informationsinteresse besteht. Er hat lediglich auf die Betroffenheit personenbezogener Daten hingewiesen.

§ 33 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b BDSG ist entgegen der Auffassung des Klägers von der Öffnungsklausel des Art. 23 Abs. 1 Buchst. e DS-GVO gedeckt (Eßer, in: Eßer/Kramer/v. Lewinski, DSGVO/BDSG, 6. Auflage 2018, § 32 Rn. 14; Franck, in: Gola/Heckmann, DS-GVO/BDSG, 3. Auflage 2022, § 32 Rn. 26; Golla, in: Kühling/Buchner, DS-GVO/BDSG, 3. Auflage 2020, § 32 Rn. 13; Greve, in: Sydow, BDSG, 2020, § 32 Rn. 23). Der Begriff des „sonstigen wichtigen Ziels“ erfasst jedes wichtige Gemeinwohlziel, das in seinem Gewicht den in Art. 23 Abs. 1 Buchst. a–d DS-GVO oder den Regelbeispielen in Art. 23 Abs. 1 Buchst. e DS-GVO gleichkommt (Stender-Vorwachs/Wolff, in: BeckOK Datenschutzrecht, Stand: 2021, Art. 23 DS-GVO Rn. 37). Hierzu zählt das allgemeine öffentliche Interesse am Schutz internationaler Beziehungen.


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