Skip to content

Rechtstip: Änderungen der Vorschriften zum Widerrufsrecht - neue Widerrufsbelehrung seit dem 11.06.2010

Zum 11.06.2010 hat der Gesetzgeber durch das "Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht" die Vorschriften zum Widerrus- und Rückgaberecht erneut geändert und endlich einige Missstände und Wertungswidersprüche beseitigt. Alte und neue Probleme bleiben dennoch.

Das Muster des Gesetzgebers finden Sie hier:
Muster: Widerrufsbelehrung in der ab dem 11.06.2010 gültigen Fassung

Musterwiderrufsbelehrung mit Gesetzesrang
Endlich hat es der Gesetzgeber, geschafft eine Musterwiderrufsbelehrung mit Gesetzesrang zu schaffen. Dazu wurden die Vorschriften der BGB-Informationspflichtenverordnung (BGB-InfoV) in das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) verschoben. Auf diese Weise sind Gerichte an das gesetzliche Muster gebunden. Leider ist das neue Muster nicht mit der aktuellen EuGH-Rechtsprechung zum Wertersatz für die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme (EuGH, Urteil vom 03.11.2009 - C-489/07) in Einklang zu bringen. Obwohl diese Entscheidung schon länger bekannt ist, hat es der Gesetzgeber leider nicht geschafft, diese zu berücksichtigen. Eine neue Musterwiderrufsbelehrung ist bereits in Arbeit. Wenn an anderer Stelle behauptet wird, dass das neue gesetzliche Muster "abmahnsicher" sei, so ist dies sicher eine gewagte These. Jeder Anbieter sollte Risiko und Nutzen abwägen und entscheiden, ob er Wertersatz für die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme verlangen will oder nicht.

Wichtig: Änderung der Widerrusfbelehrung in den eigenen Angeboten
Seit dem 11.06.2010 ist die Verwendung des alten Musters nicht mehr gestattet. Die relevanten Vorschriften der BGB-InfoV befinden sich nun im EGBGB. Daher müssen die in der Widerrusfbelehrung enthaltenen Verweise entsprechend geändert werden. Auch spricht die Musterwiderrufsbelehrung nunmehr von "14 Tagen" und nicht mehr von "zwei Wochen". Die Anpassung der Widerrufsbelehrung an die neue Musterwiderrufsbelehrung sollte mit großer Sorgfalt erfolgen.

Gleichbehandlung verschiedener Vertragsschlussmodelle - 14 Tage Widerrufsfrist auch bei eBay
Aufgrund einer missglückten Formulierung der alten Vorschriften zum Widerrufsrecht war die herrschende Ansicht in der Rechtsprechung zu dem Ergebnis gekommen, dass nur eine einmonatige Widerrufsfrist eingeräumt werden darf, wenn eine Belehrung in Textforum (Email, Fax, Brief) nach Vertragsschluss erfolgt. Dies führte dazu, dass bei Vertragsschlussmodellen wie bei eBay keine Widerrufsfrist von 14 Tagen eingeräumt werden durfte, sondern diese einen Monat betrug. Zudem konnte in einem solchen Fall kein Wertersatz für die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme verlangt werden. Diese Ungleichbehandlung wurde beseitigt. Nunmehr genügt es, wenn der Käufer unverzüglich nach Vertragsschluss in Textform belehrt wird. Der Gesetzgeber führt in des Gesetzesbegründung dazu aus, dass dieses Kriterium erfüllt ist, wenn die Belehrung in Textform spätestens einen Tag nach Vertragsschluss erfolgt. Kann z.B. ein eBay-Anbieter dies nicht gewährleisten, so muss er es bei einer Widerrufsfrist von 1 Monat belassen und kann auch keinen Wertersatz für die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme verlangen.

Alte Unterlassungserklärungen und Vertragsstrafen
Wer in der Vergangenheit eine Unterlassungerklärung abgegeben hat (z.B. wegen der Widerrufsfrist bei eBay) muss dringend vor Änderung seiner Widerrufsbelehrung prüfen, ob durch die Anpassung an die neue Rechtslage womöglich eine Vertragsstrafe fällig wird. (siehe dazu auch Rechtstip: Unterlassungserklärung und Vertragsstrafe - was ist bei der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zu bedenken). Unterlassungserklärungen werden bei einer Gesetzesänderung nach wohl überwiegender Ansicht nicht automatisch unwirksam, sondern müssen unter Hinweis auf die Änderungen der Gesetzeslage gekündigt werden bzw. es besteht ein Anspruch auf Anpassung des Unterlassungsvertrages wegen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage.

Fazit
Der Gesetzgeber hat es wieder einmal nicht geschafft, eine wasserdichte und der aktuellen Rechtsprechung angepasste Musterbelehrung zur Verfügung zu stellen. Die Vorschriften sind nach wie vor viel zu kompliziert und sprachlich misslungen.


Muster: Widerrufsbelehrung in der ab dem 11.06.2010 gültigen Fassung

Muster
Widerrufsbelehrung
in der ab dem 11.06.2010 gültigen Fassung
Anlage 1 (zu Artikel 246 § 2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB)

Muster
für die Widerrufsbelehrung


Widerrufsbelehrung

Widerrufsrecht

Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von [14 Tagen] 1 ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) [oder – wenn Ihnen die Sache vor Fristablauf überlassen wird – durch Rücksendung der Sache] 2 widerrufen. Die Frist beginnt nach Erhalt dieser Belehrung in Textform 3. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs [oder der Sache] 2. Der Widerruf ist zu richten an: 4

Widerrufsfolgen 5
Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z. B. Zinsen) herauszugeben. 6 Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, müssen Sie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten. 7 [Bei der Überlassung von Sachen gilt dies nicht, wenn die Verschlechterung der Sache ausschließlich auf deren Prüfung – wie sie Ihnen etwa im Ladengeschäft möglich gewesen wäre – zurückzuführen ist. Im Übrigen können Sie die Pflicht zum Wertersatz für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung vermeiden, indem Sie die Sache nicht wie Ihr Eigentum in Gebrauch nehmen und alles unterlassen, was deren Wert beeinträchtigt. 8 Paketversandfähige Sachen sind auf unsere [Kosten und] 9 Gefahr zurückzusenden. Nicht paketversandfähige Sachen werden bei Ihnen abgeholt.] 2 Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen innerhalb von 30 Tagen erfüllt werden. Die Frist beginnt für Sie mit der Absendung Ihrer Widerrufserklärung [oder der Sache] 2, für uns mit deren Empfang.
Besondere Hinweise 10
Finanzierte Geschäfte 11
(Ort), (Datum), (Unterschrift des Verbrauchers) 12


Gestaltungshinweise:
1 Wird die Belehrung nicht spätestens bei, sondern erst nach Vertragsschluss mitgeteilt, lautet der Klammerzusatz „einem Monat“. In diesem Fall ist auch Gestaltungshinweis 8 einschlägig, wenn der dort genannte Hinweis nicht spätestens bei Vertragsschluss in Textform erfolgt. Bei Fernabsatzverträgen steht eine unverzüglich nach Vertragsschluss in Textform mitgeteilte Widerrufsbelehrung einer solchen bei Vertragsschluss gleich, wenn der Unternehmer den Verbraucher gemäß Artikel 246 § 1 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB unterrichtet hat.

2 Der Klammerzusatz entfällt bei Leistungen, die nicht in der Überlassung von Sachen bestehen.

3 Liegt einer der nachstehenden Sonderfälle vor, ist Folgendes einzufügen:
a) bei schriftlich abzuschließenden Verträgen: „ , jedoch nicht, bevor Ihnen auch eine Vertragsurkunde, Ihr schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt worden ist“;
b) bei Fernabsatzverträgen (§ 312b Abs. 1 Satz 1 BGB) über die
aa) Lieferung von Waren: „ , jedoch nicht vor Eingang der Ware beim Empfänger (bei der wiederkehrenden Lieferung gleichartiger Waren nicht vor Eingang der ersten Teillieferung)“;
bb) Erbringung von Dienstleistungen: „ , jedoch nicht vor Vertragsschluss“;
in beiden Fällen ist der Zusatz wie folgt zu vervollständigen: „und auch nicht vor Erfüllung unserer Informationspflichten gemäß Artikel 246 § 2 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 und 2 EGBGB“;
c) bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr (§ 312e Abs. 1 Satz 1 BGB): „ , jedoch nicht vor Erfüllung unserer Pflichten gemäß § 312e Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Artikel 246 § 3 EGBGB“;
d) bei einem Kauf auf Probe (§ 454 BGB): „ , jedoch nicht, bevor der Kaufvertrag durch Ihre Billigung des gekauften Gegenstandes für Sie bindend geworden ist“;
e) bei Teilzeit-Wohnrechteverträgen (§ 481 Abs. 1 Satz 1 BGB): „ , jedoch nicht, bevor wir Ihnen sämtliche in § 2 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV bestimmten Angaben schriftlich mitgeteilt haben“.
Wird für einen Vertrag belehrt, der unter mehrere der vorstehenden Sonderfälle fällt (z. B. ein Fernabsatzvertrag über die Lieferung von Waren im elektronischen Geschäftsverkehr), sind die jeweils zutreffenden Ergänzungen zu kombinieren (in dem genannten Beispiel wie folgt: „ , jedoch nicht vor Eingang der Ware beim Empfänger (bei der wiederkehrenden Lieferung gleichartiger Waren nicht vor Eingang der ersten Teillieferung) und auch nicht vor Erfüllung unserer Informationspflichten gemäß Artikel 246 § 2 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 und 2 EGBGB sowie unserer Pflichten gemäß § 312e Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Artikel 246 § 3 EGBGB“).

4 Einsetzen: Namen/Firma und ladungsfähige Anschrift des Widerrufsadressaten.
Zusätzlich können angegeben werden Telefaxnummer, E-Mail-Adresse und/oder, wenn der Verbraucher eine Bestätigung seiner Widerrufserklärung an den Unternehmer erhält, auch eine Internet-Adresse.

5 Dieser Absatz kann entfallen, wenn die beiderseitigen Leistungen erst nach Ablauf der Widerrufsfrist erbracht werden. Dasselbe gilt, wenn eine Rückabwicklung nicht in Betracht kommt (z. B. Hereinnahme einer Bürgschaft).

6 Bei Widerrufsrechten nach § 485 Abs. 1 BGB ist folgender Satz einzufügen:
„Eine Vergütung für geleistete Dienste sowie für die Überlassung der Nutzung von Wohngebäuden müssen Sie nicht zahlen.“
7 Bei Fernabsatzverträgen über Dienstleistungen ist folgender Satz einzufügen:
„Dies kann dazu führen, dass Sie die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen müssen.“

8 Wenn ein Hinweis auf die Wertersatzpflicht gemäß § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB und eine Möglichkeit zu ihrer Vermeidung nicht spätestens bei Vertragsschluss in Textform erfolgt, ist anstelle dieses Satzes folgender Satz einzufügen: „Für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung müssen Sie keinen Wertersatz leisten.“ Bei Fernabsatzverträgen steht ein unverzüglich nach Vertragsschluss in Textform mitgeteilter Hinweis einem solchen bei Vertragsschluss gleich, wenn der Unternehmer den Verbraucher rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragserklärung in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel entsprechenden Weise über die Wertersatzpflicht und eine Möglichkeit zu ihrer Vermeidung unterrichtet hat.

9 Ist entsprechend § 357 Abs. 2 Satz 3 BGB eine Übernahme der Versandkosten durch den Verbraucher vereinbart worden,
kann der Klammerzusatz weggelassen werden. Stattdessen ist hinter „zurückzusenden.“ Folgendes einzufügen:
„Sie haben die Kosten der Rücksendung zu tragen, wenn die gelieferte Ware der bestellten entspricht und wenn der Preis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von 40 Euro nicht übersteigt oder wenn Sie bei einem höheren Preis der Sache zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht die Gegenleistung oder eine vertraglich vereinbarte Teilzahlung erbracht haben. Anderenfalls ist die Rücksendung für Sie kostenfrei.“

10 Bei einem Widerrufsrecht gemäß § 312d Abs. 1 BGB, das für einen Fernabsatzvertrag über die Erbringung einer Dienstleistung gilt, ist hier folgender Hinweis aufzunehmen:
„Ihr Widerrufsrecht erlischt vorzeitig, wenn der Vertrag von beiden Seiten auf Ihren ausdrücklichen Wunsch vollständig erfüllt ist, bevor Sie Ihr Widerrufsrecht ausgeübt haben.“
Bei einem Widerrufsrecht nach § 485 Abs. 1 BGB ist hier folgender Hinweis aufzunehmen:
„Die Widerrufsfrist verlängert sich auf einen Monat, wenn Ihnen nicht bereits vor Vertragsschluss ein Prospekt über das Wohnungsobjekt ausgehändigt worden ist oder wenn der Prospekt nicht in der Sprache des Staates, dem Sie angehören oder in dem Sie Ihren Wohnsitz haben, abgefasst ist. Ist der Prospekt in Deutsch abgefasst, gilt dies, wenn Sie Bürger oder Bürgerin eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, nur, wenn Sie um einen Prospekt in der oder einer der Amtssprachen Ihres Heimatlandes gebeten und ihn nicht erhalten haben. Bei Widerruf müssen Sie ggf. auch die Kosten einer notariellen Beurkundung erstatten, wenn dies im Vertrag ausdrücklich bestimmt ist.“
Diese Rubrik entfällt, wenn keiner der vorgenannten Fälle einschlägig ist.

11 Der nachfolgende Hinweis für finanzierte Geschäfte kann entfallen, wenn ein verbundenes Geschäft nicht vorliegt:
„Haben Sie diesen Vertrag durch ein Darlehen finanziert und widerrufen Sie den finanzierten Vertrag, sind Sie auch an den Darlehensvertrag nicht mehr gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn wir gleichzeitig Ihr Darlehensgeber sind oder wenn sich Ihr Darlehensgeber im Hinblick auf die Finanzierung unserer Mitwirkung bedient. Wenn uns das Darlehen bei Wirksamwerden des Widerrufs oder der Rückgabe bereits zugeflossen ist, tritt Ihr Darlehensgeber im Verhältnis zu Ihnen hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs oder der Rückgabe in unsere Rechte und Pflichten aus dem finanzierten Vertrag ein. Letzteres gilt nicht, wenn der vorliegende Vertrag den Erwerb von Finanzinstrumenten (z. B. von Wertpapieren, Devisen oder Derivaten) zum Gegenstand hat. Wollen Sie eine vertragliche Bindung so weitgehend wie möglich vermeiden, widerrufen Sie beide Vertragserklärungen gesondert.“
Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts ist Satz 2 des vorstehenden Hinweises
wie folgt zu ändern:
„Dies ist nur anzunehmen, wenn die Vertragspartner in beiden Verträgen identisch sind oder wenn der Darlehensgeber über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinausgeht und Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördert, indem er sich dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt.“

12 Ort, Datum und Unterschriftsleiste können entfallen. In diesem Fall sind diese Angaben entweder durch die Wörter „Ende der Widerrufsbelehrung“ oder durch die Wörter „Ihr(e) (einsetzen: Firma des Unternehmers)“ zu ersetzen.