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BGH-Entscheidung zur Zulässigkeit der Schüler-Werbeaktion "Zwei Euro für jede Eins" des Media-Markts liegt im Volltext vor - Werbung gegenüber Minderjährigen

BGH
Urteil vom 03.04.2014
I ZR 96/13
Zeugnisaktion
UWG Nr. 28 Anh. zu § 3 Abs. 3, § 4 Nr. 1 und 2


Wir hatten bereits in dem Beitrag "BGH: Zulässige Werbung gegenüber Kindern mit Zeugnisaktion - Kaufpreisermäßigung von 2 € für jede Eins im Zeugnis durch Media-Markt" über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) Eine unmittelbare Aufforderung zum Kauf gemäß Nr. 28 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG setzt voraus, dass sich der Kaufappell auf ein konkretes Produkt oder mehrere konkrete Produkte richtet. Daran fehlt es, wenn in der Werbung kein konkretes Produkt genannt, sondern das gesamte Warensortiment beworben wird.

b) Die im Rahmen einer "Zeugnisaktion" an Schulkinder gerichtete Werbung eines Elektronik-Fachmarktes mit einem Preisnachlass für jede Eins im Zeugnis verstößt nicht gegen § 4 Nr. 1 und Nr. 2 UWG, wenn für die Kinder aufgrund der Werbung der Umfang der Preisermäßigung klar erkennbar ist.

BGH, Urteil vom 3. April 2014 - I ZR 96/13 - OLG München - LG Passau

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Zulässige Werbung gegenüber Kindern mit Zeugnisaktion - Kaufpreisermäßigung von 2 € für jede Eins im Zeugnis durch Media-Markt

BGH
Urteil vom 03.04.2014
I ZR 96/13
Zeugnisaktion


Der BGH hat sich in dieser Entscheidung mit einer Werbeaktion des Media Marktes befasst. Dieser hatte eine Zeugnisaktion beworben, wonach Schülern eine Kaufpreisermäßigung von 2 € für jede Eins im Zeugnis angeboten wurde. Der BGH kommt zu dem Ergebnis, dass es sich um eine zulässige Werbung gegenüber Kindern handelt. Es liegt - so der BGH - weder ein unsachlicher Einfluss auf die Entscheidungsfreiheit noch eine Ausnutzung der Unerfahrenheit von Schülern vor.

Nr. 28 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG ist nach Ansicht des BGH nicht einschlägig (siehe dazu "BGH: Unzulässige Werbung gegenüber Minderjährigen durch direkte Ansprache, Duzen und Anglizismen - Volltext der Runes of Magic Entscheidung liegt vor"), da sich die Werbung nicht auf konkrete Produkte, sondern auf das gesamte Sortiment bezieht.

Die Pressemitteilung des BGH:

"Bundesgerichtshof zur Zulässigkeit einer an Kinder gerichteten Werbung


Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute über die Zulässigkeit einer "Zeugnisaktion" eines Elektronik-Fachmarktes entschieden. Die Beklagte warb in einer Zeitungsanzeige mit einer Werbeaktion, bei der Schüler eine Kaufpreisermäßigung von 2 € für jede Eins im Zeugnis erhielten. In der Anzeige wurde darauf hingewiesen, dass die Ermäßigung für alle von der Beklagten angebotenen Warenbereiche gelten sollte. Der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen hält diese Werbung für unlauter, da sie die angesprochenen Schüler in unzulässiger Weise zum Kauf auffordere und deren geschäftliche Unerfahrenheit ausnutze.

Das Landgericht hat den auf Unterlassung gerichteten Antrag abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Nach Ansicht des Berufungsgerichts enthält die Werbung zwar eine an Kinder gerichtete Aufforderung zum Kauf. Sie verstoße aber nicht gegen die Verbotsnorm der Nummer 28 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG*, weil sich der allgemeine Kaufappell nicht auf konkrete Produkte, sondern auf das gesamte Sortiment der Beklagten beziehe. Die Werbung übe auch keinen unangemessenen unsachlichen Einfluss auf die Entscheidungsfreiheit der angesprochenen Schulkinder aus und nutze auch nicht deren geschäftliche Unerfahrenheit aus. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Verurteilung der Beklagten.

Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Er hat angenommen, dass es an einem hinreichenden Produktbezug im Sinne von DNummer 28 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG fehlt. Diese Bestimmung setzt voraus, dass ein auf bestimmte Produkte gerichteter Kaufappell vorliegt. Eine allgemein auf das gesamte Warensortiment bezogene Kaufaufforderung genügt nicht.

Der Bundesgerichtshof hat - wie das Berufungsgericht - auch einen Wettbewerbsverstoß gemäß § 4 Nr. 1 und Nr. 2 UWG verneint. Bei der gebotenen unionsrechtskonformen Auslegung dieser Vorschriften im Lichte von Art. 8 und 9 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken kann weder ein unangemessener unsachlicher Einfluss auf die Entscheidungsfreiheit noch eine Ausnutzung der Unerfahrenheit der von der Werbung angesprochenen Schulkinder angenommen werden.

Urteil vom 3. April 2014 - I ZR 96/13 - Zeugnisaktion

LG Passau – Urteil vom 26. Juli 2012 – 3 O 843/11

OLG München – Urteil vom 6. Dezember 2012 – 6 U 3496/12

Karlsruhe, den 3. April 2014

*Nr. 28 Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG lautet:

Eine unzulässige geschäftliche Handlung im Sinne des § 3 Abs. 3 UWG ist die in eine Werbung einbezogene unmittelbare Aufforderung an Kinder, selbst die beworbene Ware zu erwerben oder die beworbene Dienstleistung in Anspruch zu nehmen oder ihre Eltern oder andere Erwachsene dazu zu veranlassen."