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OLG Frankfurt: Wettbewerbswidriges Abfangen von Kunden durch Verteilen von Handzetteln im Einfahrtbereich des Kundenparkplatzes eines Mitbewerbers

OLG Frankfurt am Main
Urteil vom 06.10.2016
6 U 61/16


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass durch Verteilen von Handzetteln im Einfahrtbereich des Kundenparkplatz eines Mitbewerbers vorliegtein wettbewerbswidriges Abfangen von Kunden , wenn diese durch den Zettelverteiler unzumutbar belästigt werden.


Aus den Entscheidungsgründen:

"3. Die Antragstellerin kann von der Antragsgegnerin gemäß §§ 8 I, 4 Nr. 4 UWG verlangen, es zu unterlassen, im Einfahrtbereich ihres Geschäftsbetriebes gezielt und individuell Kunden anzusprechen und Handzettel zu verteilen.

a) Das Abwerben von Kunden gehört zum Wesen des Wettbewerbs und kann nur unter besonderen Umständen als unlauter angesehen werden. Ein unlauteres Abfangen von Kunden liegt nach ständiger Rechtsprechung des BGH nur dann vor, wenn sich der Werbende gewissermaßen zwischen den Mitbewerber und dessen Kunden stellt, um diesem eine Änderung seines Kaufentschlusses aufzudrängen (BGH GRUR 2011, 166 Rn. 30 [BGH 12.05.2010 - I ZR 214/07] - Rote Briefkästen m.w.N.). Es bedarf einer unangemessenen Einwirkung auf Kunden, die dem Mitbewerber bereits zuzurechnen sind (BGH WRP 2014, 424 Rn. 35 [BGH 22.01.2014 - I ZR 164/12] - wetteronline.de). Es müssen also zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Die angesprochenen Kunden müssen bereits dem Mitbewerber zuzurechnen sein (dazu b); es muss in unangemessener Weise auf sie eingewirkt worden sein (dazu c).

b) Die Antragsgegnerin hat Verbraucher angesprochen, die auf dem Weg zum Geschäft der Antragstellerin waren und damit als ihre Kunden anzusehen waren. Der Begriff des zum Kauf entschlossenen Kunden darf nicht zu eng verstanden werden. Auch vorgelagerte geschäftliche Entscheidungen, wie das Betreten eines Geschäftslokals werden erfasst (Köhler in Köhler/Bornkamm, 34. Aufl., § 4 Rn. 4.25). Zwischen den Parteien ist teilweise streitig, in welchen Bereichen sich der Mitarbeiter der Antragsgegnerin mit seinen Werbeflyern aufhielt. Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts hat der Mitarbeiter der Antragsgegnerin Passanten in dem gelb markierten Bereich auf dem Google-Earth-Ausdruck, Bl. 70 d.A., angesprochen. Dieser Bereich erfasst unter anderem den rot markierten Zufahrtsweg zum Geschäft der Antragstellerin. Unerheblich ist, dass an diesem Weg noch weitere Betriebe, z.B. eine B-Schule und ein C-Studio, angesiedelt sind. Trotzdem erreichte die Antragsgegnerin auf diese Weise nahezu sämtliche Kunden, die auf dem Weg zur Antragstellerin waren. Die Aktion zielte offensichtlich auch gerade darauf ab.

c) Es liegt eine unangemessene Einwirkung vor. Die Frage der Unangemessenheit hängt insbesondere von den eingesetzten Mitteln ab. Es ist eine Gesamtabwägung aller Umstände erforderlich.

aa) Das Verteilen von Handzetteln in unmittelbarer Nähe zum Mitbewerber reicht für sich genommen nicht aus (Köhler in Köhler/Bornkamm, aaO, § 4 Rn. 4.29; anders noch die frühere Rechtsprechung, die von einem überholten Verbraucherleitbild ausging, vgl. BGH GRUR 1986, 547, 548 - Handzettelwerbung). Es ist wettbewerbskonform, wenn Kunden die Möglichkeit gegeben wird, sich über ein alternatives Angebot zu informieren. Das Landgericht hat daher zu Recht dem ursprünglichen Antrag nicht entsprochen, mit dem das Verteilen von Handzetteln in einem Umkreis von 100 m zum Geschäftslokal der Antragstellerin verboten werden sollte.

bb) Die Unangemessenheit der Mittel ist u. a. zu bejahen, wenn die potentiellen Kunden im Sinne des § 7 UWG unzumutbar belästigt werden (BGH GRUR 2009, 416 Rn. 16 [BGH 02.10.2008 - I ZR 48/06] - Küchentiefstpreis-Garantie). Davon ist nach den Gesamtumständen im vorliegenden Fall auszugehen. Dass der betroffene Mitbewerber auch nach § 7 UWG vorgehen kann, schließt den Anspruch aus § 4 Nr. 4 UWG nicht aus (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, aaO, § 4 Rn. 4.25).

(1) Entgegen der Ansicht des Landgerichts kann insoweit nicht auf die fehlende Erkennbarkeit des Zettelverteilers als Werbender abgestellt werden. Eine unzumutbare Belästigung ist zwar anzunehmen, wenn Passanten durch eine Person gezielt und individuell angesprochen werden, die nicht sofort als Werbender erkennbar ist (vgl. BGH GRUR 2004, 699, 701 [BGH 01.04.2004 - I ZR 227/01] - Ansprechen in der Öffentlichkeit I; Senat, GRUR 2008, 353 Rn. 34). Der Senat hat an die sofortige Erkennbarkeit auch strenge Anforderungen gestellt und dem Beklagten insoweit eine sekundäre Darlegungslast zugewiesen (Senat, aaO, Rn. 54). Im Streitfall besteht jedoch für die Feststellung des Landgerichts, der Verteiler sei weder durch seine Kleidung noch auf andere Weise als Werbender erkennbar gewesen (LGU 15), keine ausreichende Grundlage. Die Antragstellerin weist in der Berufungserwiderung zu Recht darauf hin, dass die fehlende Erkennbarkeit von keiner Partei vorgetragen wurde (Bl. 253, 254 d.A.). Die zur Akte gelangten Fotos, auf die das Landgericht seine Feststellung allein stützt (Bl. 37 d.A.), sind in diesem Punkt nicht hinreichend ergiebig und deutlich.

(2) Die Grenze zur Unzumutbarkeit wurde im Streitfall aber schon dadurch überschritten, dass der Werbende an Autos herantrat, deren Fahrer und Beifahrer sich aufgrund der Verkehrslage dem Ansprechen und der Zettelverteilung nicht ohne weiteres entziehen konnten. Wie auf den Fotos erkennbar ist, hatte sich teilweise eine Fahrzeugschlange gebildet, die die Fahrzeuge zum Stehenbleiben oder Langsamfahren zwang (Bl. 37 d.A.). In einer derartigen Situation ist es schwierig dem Werbenden auszuweichen. Es liegt nahe, dass viele Autofahrer den Handzettel allein deshalb entgegennehmen, um nicht unhöflich zu erscheinen. Andere haben Sorge, im Fall des Ignorierens beschimpft oder anderweitig stärker bedrängt zu werden. Ob der Werbende zusätzlich sogar noch an die Scheiben klopfte, um die Fahrer zum Öffnen zu bewegen und sie individuell ansprechen zu können, ist nicht von entscheidender Bedeutung. Das Verhalten der Antragsgegnerin stellt sich als unzumutbare Belästigung der Kunden der Antragstellerin dar. Die Antragstellerin wurde dadurch gezielt behindert. Es kommt hinzu, dass die Aktion am ...12., einem für den Verkauf von frischen Xwaren besonders wichtigen Umsatztag stattfand.

3. Der vom Landgericht ausgesprochene Verbotstenor greift allerdings zu weit. Er erfasst nach seinem Wortlaut auch zulässige Verhaltensweisen wie etwa das unaufdringliche Verteilen von Handzetteln an Fußgänger durch eine klar als Werbender erkennbare Person. Erst die Gesamtumstände (Herantreten an verkehrsbedingt haltende Autos) führen zur Unlauterkeit. Der Tenor war daher im Rahmen von § 938 ZPO entsprechend zu konkretisieren."

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Düsseldorf: Verstoß gegen Messe-AGB durch Verteilung von Werbung ist nicht wettbewerbswidrig

OLG Düsseldorf
Urteil vom 25.08.2015
I-20 U 22/14


Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass eine Verstoß gegen die AGB einer Messe durch Verteilung von Werbung auf der Messe nicht wettbewerbswidrig ist. Mitbewerber können daher nicht Unterlassung verlangen.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Der Unterlassungsanspruch besteht indes nicht. Die Klägerin hat gegen die Beklagte weder aus § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit den jeweiligen Geschäftsbedingungen des Messeveranstalters, noch – wie das Landgericht angenommen hat – aus § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 10 UWG einen Anspruch auf Unterlassung der beanstandeten Werbemaßnahmen.

Ein Anspruch aus § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG scheitert bereits daran, dass es sich bei den Geschäftsbedingungen der jeweiligen Messeveranstalter, die ein Verteilen von Werbemitteln außerhalb der eigenen Standfläche verbieten, schon nicht um gesetzliche Vorschriften im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG handelt. Gesetzliche Vorschriften im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG sind lediglich Rechtsnormen, die in Deutschland Geltung beanspruchen (BGH GRUR 2005, 960, 961 – Friedhofsruhe). Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der jeweiligen Messeveranstalter sind indes privatautonome Regelungen und keine Rechtsnormen. Sie mögen zwar unter Umständen das Marktverhalten der Aussteller regeln, es kommt ihnen aber schon keine Normqualität zu (OLG Hamm, GRUR-RR 2011, 218, 219 – Drei Angebote). Anders als Rechtsnormen gelten Allgemeine Geschäftsbedingungen nur im Verhältnis zwischen den jeweiligen Vertragsparteien und nur dann, wenn sie wirksam in den Vertrag einbezogen worden sind. Dann ist es aber Sache des jeweiligen Messeveranstalters, die Einhaltung der Vertragsbedingungen durchzusetzen. Ein einer allgemein gültigen Rechtsnorm vergleichbarer Fall liegt daher bei der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gerade nicht vor, so dass auch eine entsprechende Anwendung von § 4 Nr. 11 UWG ausscheidet (OLG Hamm, GRUR-RR 2011, 218, 219 – Drei Angebote). Es kommt daher nicht darauf an, dass die Regelung ausschließlich der Sicherheit (Freihalten von Fluchtwegen) dient und gerade keine Marktverhaltensregelung im Interesse der übrigen Marktteilnehmer darstellt.

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist das Verhalten der Beklagten auch nicht nach § 4 Nr. 10 UWG unter dem Gesichtspunkt der gezielten Behinderung wettbewerbswidrig. Gemäß § 4 Nr. 10 UWG handelt insbesondere unlauter im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG, wer Mitbewerber gezielt behindert. Dabei reicht nicht eine bloße Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeit eines Wettbewerbers, denn der Wettbewerb ist darauf angelegt, auf Kosten der Mitbewerber einen Wettbewerbsvorsprung zu erzielen. Ihrer Natur nach ist damit jede geschäftliche Handlung gegenüber einem Mitbewerber geeignet, Mitbewerber in ihrer wettbewerblichen Entfaltung zu beeinträchtigen. Daher müssen weitere Umstände hinzukommen, die die Unlauterkeit begründen. Das Gesetz umschreibt diese Umstände als „gezielt“. Als „gezielt“ ist eine Behinderung anzusehen, wenn bei objektiver Würdigung aller Umstände des Einzelfalls die beanstandete Handlung in erster Linie nicht auf die Förderung der eigenen wettbewerblichen Entfaltung, sondern auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers gerichtet ist.

Zwar ist schon unstreitig, dass sich Mitarbeiter der Beklagten mit den sehr großflächigen und auffälligen Taschen zeitweise in der Nähe des Messestandes der Klägerin aufgehalten haben und es ist auch davon auszugehen, dass sie dort unter Umständen kürzere Zeit verweilt haben. Ob sie dabei die Taschen aktiv verteilt haben oder – wie die Beklagte behauptet – nur auf Anfrage weitergegeben haben, mag dahin stehen. Eine gezielte Behinderung der Klägerin in dem vorbeschriebenen Sinne kann nicht festgestellt werden.

Zwar wird eine unlautere Behinderung angenommen, wenn auf (potentielle) Kunden, die bereits dem Mitbewerber zuzurechnen sind, in unangemessener Weise eingewirkt wird, um sie als eigene Kunden zu gewinnen. Der Werbende darf sich nicht gleichsam zwischen den Interessenten und den Mitbewerber schieben, um ihm eine Änderung seiner geschäftlichen Entscheidung aufzudrängen (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. § 4 Rn. 10.25). Dass sich die beanstandete Werbemaßnahme überhaupt an Personen richtete, die schon der Klägerin in diesem Sinne zuzurechnen waren, lässt sich nicht feststellen. Nach den übereinstimmenden Bekundungen der auf der Messe anwesenden Mitarbeiter der Klägerin und der Beklagten, nämlich der Zeugin H., des Zeugen F., des Zeugen S. und des Zeugen R. kann eben nur ein bloße Abgabe einzelner Taschen in der Nähe des Messestandes der Klägerin festgestellt werden. Die dort verkehrenden Messebesucher waren aber der Klägerin noch nicht zuzurechnen.

Ob an der älteren Rechtsprechung festzuhalten ist, dass eine Werbung in unmittelbarer Nähe eines Mitbewerbers schon allein unter diesem Gesichtspunkt als „Abfangen von Kunden“ eine gezielte Behinderung darstellt, kann hier offen bleiben (vgl. zu der Kritik: Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 4 Rn, 10.29a), denn auch nach dieser Rechtsprechung liegt eine gezielte Behinderung nur dann vor, wenn durch dieses „Abfangen“ das Aufsuchen des Geschäfts des Mitbewerbers verhindert wird (BGH GRUR 1986, 547, 548 – Handzettelverteilung). Wird hingegen lediglich potentiellen Interessenten deutlich gemacht, dass es mehrere Anbieter dieser Dienstleistung gibt, wie dies der Effekt der hier streitigen Werbung ist, bietet dies allenfalls Veranlassung, die Angebote der Parteien zu vergleichen, hindert also nicht die wettbewerbliche Entfaltung der Klägerin. Soweit die Klägerin insoweit behauptet hat, die Mitarbeiter der Beklagten hätten Kunden gleichsam vom Stand der Klägerin abgedrängt, hat die hierzu durchgeführte Beweisaufnahme dies nicht bestätigt. Die Zeugin H., am Stand tätige Mitarbeiterin der Klägerin, hat dies nicht beobachtet. Auch der Zeuge R. hat bekundet, dass seiner Beobachtung nach der Zugang zum Stand der Klägerin nicht behindert wurde. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist eine gezielte Behinderung der Klägerin nicht festzustellen."



Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Stuttgart: Werbung mit Einlösen von Gutscheinen von Mitbewerbern ist nicht wettbewerbswidrig

OLG Stuttgart
Urteil vom 02.07.2015
2 U 148/14


Das OLG Stuttgart hat entschieden, dass es nicht wettbewerbswidrig ist, wenn die Drogeriemarktkette Müller im Rahmen einer Werbeaktion auch Gutscheine anderer Drogeriemärkte und Parfümerien einlöst. Weder liegt eine unzulässige Behinderung noch ein wettbewerbswidriges Abfangen von Kunden vor.


LG Ulm: Drogeriemarktkette Müller darf auch Gutscheine anderer Drogeriemärkte und Parfümerien einlösen - Kein Wettbewerbsverstoß

LG Ulm
Urteil vom 20.11.2014
11 O 36/14 KfH


Das LG Ulm hat entschieden, dass es nicht wettbewerbswidrig ist, wenn die Drogeriemarktkette Müller im Rahmen einer Werbeaktion auch Gutscheine anderer Drogeriemärkte und Parfümerien einlöst. Weder liegt eine unzulässige Behinderung noch ein wettbewerbswidriges Abfangen von Kunden vor.

BGH-Entscheidung zur Wettbewerbswidrigkeit von Tippfehler-Domains liegt im Volltext vor - wetteronline.de

BGH
Urteil vom 22.01.2014
I ZR 164/12
wetteronline.de
BGB § 12; UWG § 4 Nr. 10


Wir hatten bereits in dem Beitrag "BGH: Tippfehler-Domains - Unlauteres Abfangen von Kunden und somit als unlautere Behinderung nach § 4 Nr. 10 UWG wettbewerbswidrig - wetteronline.de ./. wetteronlin.de" über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) Das Verwenden eines Domainnamens (hier: "wetteronlin.de"), der aus der fehlerhaften Schreibweise einer bereits zuvor registrierten Internetadresse (hier: "wetteronline.de") gebildet ist (sog. "Tippfehler-Domain"), verstößt unter dem Gesichtspunkt des Abfangens von Kunden gegen das Verbot unlauterer Behinderung gemäß § 4 Nr. 10 UWG, wenn der Internetnutzer auf eine Internetseite geleitet wird, auf der er nicht die zu erwartende Dienstleistung (hier: Wetterinformationen), sondern lediglich Werbung (hier: Werbung für Krankenversicherungen) vorfindet.

b) Wird der Internetnutzer auf der Internetseite, die er bei versehentlicher Eingabe der "Tippfehler-Domain" erreicht, sogleich und unübersehbar auf den Umstand aufmerksam gemacht, dass er sich nicht auf der Internetseite befindet, die er aufrufen wollte, wird eine unlautere Behinderung regelmäßig zu verneinen sein.

BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 - I ZR 164/12 - OLG Köln - LG Köln

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Tippfehler-Domains - Unlauteres Abfangen von Kunden und somit als unlautere Behinderung nach § 4 Nr. 10 UWG wettbewerbswidrig - wetteronline.de ./. wetteronlin.de

BGH
Urteil vom 22.01.2014
I ZR 164/12
wetteronline.de ./. wetteronlin.de


Der BGH hat entschieden, dass Tippfehler-Domains auch bei kennzeichenrechtlich nicht unterscheidungskräftigen Bezeichnungen als Unlauteres Abfangen von Kunden und somit als unlautere Behinderung nach § 4 Nr. 10 UWG regelmäßig wettbewerbswidrig sind. Bei einer nicht unterscheidungskräftigen da beschreibenden Domain kann der Wettbewerbsverstoß - so der BGH - ggf. ausgeräumt werden, wenn der Internetnutzer Nutzer auf der sich öffnenden Internetseite "sogleich und unübersehbar auf den Umstand hingewiesen" wird, dass es sich nicht um ein Angebot. Wir halten diese Einschränkung für sehr problematisch, das Missbrauch durch Tippfehler-Domains so Tür und Tor geöffnet ist. Ausgehend von seiner Rechtsansicht hat der BGH einen Anspruch auf Löschung der Domain abgelehnt.

Die Pressemitteilung des BGH:

"Bundesgerichtshof zur wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit sogenannter "Tippfehler-Domains"


Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute über die Zulässigkeit eines Domainnamens entschieden, der bewusst in einer fehlerhaften Schreibweise eines bereits registrierten Domainnamens angemeldet ist.

Die Klägerin betreibt unter dem Domainnamen "www.wetteronline.de" im Internet einen Wetterdienst. Der Beklagte ist Inhaber des Domainnamens "wetteronlin.de". Nutzer, die durch einen Tippfehler auf die Internetseite des Beklagten gelangen, werden von dort auf eine Internetseite weitergeleitet, auf der für private Krankenversicherungen geworben wird. Für jeden Aufruf dieser Internetseite erhält der Beklagte ein Entgelt. Die Klägerin hat geltend gemacht, sie werde dadurch, dass der Beklagte Interessenten, die auf ihre Seite gelangen wollten, auf eine andere Internetseite umleite, in unlauterer Weise behindert und zugleich werde ihr Namensrecht verletzt. Sie hat den Beklagten daher auf Unterlassung der Benutzung und Einwilligung in die Löschung des Domainnamens "www.wetteronlin.de" sowie auf Auskunftserteilung in Anspruch genommen und die Feststellung der Schadensersatzpflicht begehrt.

Das Landgericht hat den Beklagten im Wesentlichen antragsgemäß verurteilt. Die Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat angenommen, die geltend gemachten Ansprüche bestünden sowohl unter dem Gesichtspunkt einer wettbewerbswidrigen Behinderung als auch wegen Verletzung des Namensrechts der Klägerin.

Auf die Revision des Beklagten hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen, soweit die Klageanträge auf die Verletzung des Namensrechts gestützt waren. Der Bundesgerichtshof hat eine für den Namensschutz erforderliche namensmäßige Unterscheidungskraft der Bezeichnung "wetteronline" verneint, weil es sich um einen rein beschreibenden Begriff handelt. Mit "wetteronline" wird der Geschäftsgegenstand der Klägerin bezeichnet, "online" Informationen und Dienstleistungen zum Thema "Wetter" anzubieten.

Dagegen hat der Bundesgerichtshof angenommen, dass die konkrete Benutzung der "Tippfehler-Domain" unter dem Gesichtspunkt des Abfangens von Kunden gegen das Verbot unlauterer Behinderung gemäß § 4 Nr. 10 UWG verstößt, wenn der Nutzer auf der sich öffnenden Internetseite nicht sogleich und unübersehbar auf den Umstand hingewiesen wird, dass er sich nicht auf der Seite "wetteronline.de" befindet. Den auf eine unlautere Behinderung gestützten Antrag auf Einwilligung in die Löschung des Domainnamens "wetteronlin.de" hat der Bundesgerichtshof abgewiesen, weil eine rechtlich zulässige Nutzung denkbar ist und die bloße Registrierung des Domainnamens die Klägerin nicht unlauter behindert.

Urteil vom 22. Januar 2014 - I ZR 164/12 - wetteronline.de

LG Köln - Urteil vom 9. August 2011 - 81 O 42/11,

OLG Köln - Urteil vom 10. Februar 2012 - 6 U 187/11,

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