Skip to content

OLG Köln: Wettbewerbsrechtliche Abmahnung bei offensichtlich fehlendem Wettbewerbsverhältnis rechtsmissbräuchlich - Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten für Abwehr der Abmahnung

OLG Köln
Urteil vom 28.02.2020
6 U 238/19


Das OLG Köln hat entschieden, dass eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung bei offensichtlich fehlendem Wettbewerbsverhältnis rechtsmissbräuchlich ist. Der Abgemahnte hat in einem solchen Fall auch einen Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten für die Abwehr der Abmahnung aus § 8 Abs. 4 S. 2 UWG.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Der Mensch ist mit dem Gecko nicht vergleichbar - Zur Rechtsmissbräuchlichkeit einer Abmahnung bei offensichtlich fehlendem Wettbewerbsverhältnis

Wer Nahrungsergänzungsmittel für Menschen verkauft, steht nicht im Wettbewerb mit Verkäufern von Nahrungsergänzungsmitteln für Geckos. Das hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln mit Urteil vom 28.02.2020 entschieden.

Der Kläger betreibt einen Onlinehandel u.a. mit Nahrungsergänzungsmitteln für Geckos, während der Beklagte ebenfalls im Onlineversand u.a. Nahrungsergänzungsmittel für Menschen verkauft. Der Kläger hatte in seinem Onlineshop eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung verwandt. Der Beklagte hatte ihn deswegen abgemahnt und die Erstattung seiner außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangt. Der Kläger wiederum hatte seinerseits einen Anwalt zur Rechtsverteidigung beauftragt.

Der Kläger wollte mit der Klage den Ersatz seiner Rechtsanwaltskosten erreichen. Er hat die Ansicht vertreten, dass die Abmahnung nicht nur unberechtigt gewesen sei und deshalb keinen Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten begründet habe, sondern dass die Abmahnung auch rechtsmissbräuchlich gewesen sei, sodass ihm nach § 8 Abs. 4 S. 2 UWG die zur Verteidigung erforderlichen Anwaltskosten zu erstatten seien.

Das Landgericht Köln hatte die Klage auf Erstattung der außergerichtlichen Anwaltskosten des Klägers in erster Instanz abgewiesen, weil es die Abmahnung zwar für unberechtigt, aber nicht für rechtsmissbräuchlich hielt. Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hat mit Urteil vom 28.02.2020 das klageabweisende Urteil des Landgerichts Köln teilweise abgeändert und dem Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten aus einem Streitwert von 5.000 Euro zugesprochen.

Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beklagte die Abmahnung auf einen Aspekt gestützt habe, der offensichtlich nicht geeignet sei, ein Wettbewerbsverhältnis zu begründen. Unternehmer, die Futter und Nahrungsergänzungsmittel für Geckos vertreiben, stünden offensichtlich nicht mit Unternehmern, die Nahrungsergänzungsmittel für Menschen vertreiben, im Wettbewerb. Aus dem offensichtlichen Fehlen des Wettbewerbsverhältnisses könne geschlossen werden, dass es dem Beklagten nicht - und erst recht nicht in erster Linie - auf das Abstellen des Wettbewerbsverstoßes angekommen sei. Der Beklagte habe sich offensichtlich nicht inhaltlich mit der Website des Klägers befasst, weil ihm dann aufgefallen wäre, dass das Abstellen auf Nahrungsergänzungsmitteln zur Begründung eines Wettbewerbsverhältnisses abwegig ist. Aus Sicht eines wirtschaftlich denkenden Unternehmers konnte eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung des Klägers die wirtschaftlichen Interessen eines Shopbetreibers, der mit Geckos nichts zu tun hat, aber sonst eine Vielzahl diverser Produkte vertreibt, nicht berühren, vor allem nicht mit der Argumentation, dass beide Nahrungsergänzungsmittel vertreiben würden. Triebfeder und das beherrschende Motiv für die Abmahnung sei nicht die Unlauterkeit des gegnerischen Verhaltens und die eigene Betroffenheit als Mitbewerber gewesen, sondern es hätten offensichtlich andere sachfremde Motive im Vordergrund gestanden. Der Kläger erhalte daher gem. § 8 Abs. 4 S. 2 UWG Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen.

Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 28.02.2020 - Az. 6 U 238/19.





OLG Düsseldorf: Erstattungsfähigkeit der Patentanwaltskosten für Mitwirkung an Abwehr von patentrechtlicher Abmahnung

OLG Düsseldorf
Beschluss vom 31.08.2018
I-2 W 14/17


Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass Patentanwaltskosten für Mitwirkung an der Abwehr einer patentrechtlichen Abmahnung erstattungsfähig sind.

Aus den Entscheidungsgründen:

1.Die von der Klägerin angemeldeten Gebühren ihres Patentanwalts sind gemäß § 143 Abs. 3 PatG erstattungsfähig, weshalb die Rechtspflegerin diese zu Unrecht nicht in die Kostenfestsetzung einbezogen hat. Etwas anderes gilt jedoch in Bezug auf die ebenfalls angemeldeten Reisekosten des Patentanwalts der Klägerin.

a)
Nach § 143 Abs. 3 PatG sind die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Patentstreitsache entstandenen Kosten in Höhe der dem Rechtsanwalt nach § 13 RVG i.V.m. dem Vergütungsverzeichnis erwachsenen Gebühren zu erstatten.

Bezüglich der Kosten für die Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Patentstreitsache ist nicht zu prüfen, ob die Mitwirkung des Patentanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung i.S. des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO notwendig war (vgl. BGH, GRUR 2003, 639, 640 – Kosten des Patentanwalts I; GRUR 2011, 754 Rn. 17 – Kosten des Patentanwalts II; GRUR 2012, 756 Rn. 20 – Kosten des Patentanwalts III [jew. zu § 140 III MarkenG]; Senat, GRUR-RR 2012, 305, 307 – Unberechtigte Patentberühmung; GRUR-RR 2012, 308 f. – Fahrbare Betonpumpen). Auf die sachliche Notwendigkeit der Mitwirkung des Patentanwalts kommt es für die Erstattungsfähigkeit der Gebühren auf Grund der Regelung des § 143 Abs. 3 PatG damit nicht an; die für die Mitwirkung des Patentanwalts geschuldeten Gebühren sind in Patentstreitsachen stets erstattungsfähig. Ob der Patentanwalt im Rahmen seiner Mitwirkung auch technische oder patentrechtliche Fragen zu beantworten hatte, ist ohne Belang (Senat, GRUR-RR 2012, 305, 307; GRUR-RR 2012, 308, 309).

aa)Bei der dem vorliegenden Rechtsstreit zugrunde liegenden Klage auf Erstattung der Kosten für ein vorgerichtliches Abwehrschreiben im Anschluss an eine Abmahnung wegen Patentverletzung handelte es sich um eine Patentstreitsache im Sinne von § 143 Abs. 1 PatG.

Patentstreitsachen sind nach § 143 Abs. 1 PatG alle Klagen, durch die ein Anspruch aus einem der im Patentgesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird. Der Begriff der Patentstreitsache ist grundsätzlich weit auszulegen (BGH, GRUR 2011, 662 – Patentstreitsache; Senat, GRUR-RR 2012, 305 – Unberechtigte Patentberühmung; Benkard/Grabinski/Zülch, PatG, 11. Aufl., § 143 PatG Rn. 1). Zu den Patentstreitsachen zählen alle Klagen, die einen Anspruch auf eine Erfindung oder aus einer Erfindung zum Gegenstand haben oder sonst wie mit einer Erfindung eng verknüpft sind (BGH, GRUR 2011, 662 Rn. 9 – Patentstreitsache; GRUR 2013, 756 Rn. 10 – Patentstreitsache II). Hierzu können insbesondere Klagen gehören, deren Anspruchsgrundlage sich aus einem Patent oder einer nicht geschützten Erfindung ergibt (BGH, GRUR 2011, 662 Rn. 9 – Patentstreitsache; GRUR 2013, 756 Rn. 10 – Patentstreitsache II), wobei aber auch Klagen, deren Anspruchsgrundlage sich nicht aus dem Patentgesetz ergibt, unter den Begriff der Patentstreitsache fallen können (Senat, GRUR-RR 2012, 305). Daher unterfallen z.B. auch wettbewerbsrechtliche oder deliktsrechtliche Klagen gegen Patentberühmungen oder Anspruchsberühmungen § 143 Abs. 3 PatG (vgl. hierzu Senat, GRUR-RR 2012, 305).

Um eine Patentstreitsache handelt es sich auch bei einer Klage auf Erstattung der Kosten für eine Abmahnung wegen Patentverletzung (vgl. OLG Frankfurt, GRUR-RR 2012, 307; GRUR-RR 2001, 199; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2006, 302 [jew. zu § 140 III MarkenG]; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 9. Aufl., Kap. C Rn. 35; Schulte/Rinken/Kühnen, PatG, 9. Aufl., § 143 Rn. 9 Ziff. 21; BeckOK Patentrecht, Fitzner/Lutz/Bodewig/Kircher, Edition 5, § 143 Rn. 15; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 140 Rn. 11; a.A. Busse/Kaess, PatG, 8. Aufl., § 143 Rn. 67). Denn die Abmahnung diente der Durchsetzung von Ansprüchen nach §§ 139 ff PatG. Der Streit geht bei einer anschließenden Klage auf Kostenerstattung zwar nur noch um die Kosten der Abmahnung. Ein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten – aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683 S. 1, 670 BGB) und/oder aus § 139 Abs. 3 PatG – besteht aber nur dann, wenn die in Rede stehende Abmahnung berechtigt war. Bei einer entsprechenden Kostenerstattungsklage ist daher regelmäßig die Berechtigung der Abmahnung und sind damit auch die ihr zugrunde liegenden patentrechtlichen Ansprüche zu prüfen. Muss der Anspruch auf Erstattung der Kosten einer Abmahnung wegen Patentverletzung im Wege einer Klage geltend gemacht werden, handelt es sich deshalb bei einer solchen Erstattungsklage stets um eine Patentstreitsache im Sinne von § 143 Abs. 1 PatG. Dies gilt unabhängig davon, ob der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten als Schadensersatzanspruch auf § 139 Abs. 3 PatG oder auf die Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag gestützt wird (vgl. zum MarkenG: OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2006, 302, 303; Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 140 Rn. 11). Denn es ist – wie ausgeführt – nicht erforderlich, dass der jeweils geltend gemachte Anspruch auf eine patentrechtliche Vorschrift gestützt wird.

Eine Kostenerstattungsklage gegen den Schutzrechtsverletzer ist vor diesem Hintergrund nicht mit einer Honorarklage eines Rechts- oder Patentanwalts gegen seinen Mandanten aus patentrechtlicher Beratungs- oder Vertretungstätigkeit vergleichbar (vgl. auch Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 140 Rn. 11), bei der es sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (GRUR 2013, 756 – Patentstreitsache II) nicht notwendigerweise schon deswegen um eine Patentstreitsache handelt, weil der Gegenstand des zugrunde liegenden Auftrags sich auf eine Erfindung bezogen oder ein Patent oder eine Patentanmeldung betroffen hat. Die für eine solche Honorarklage geltenden Grundsätze finden auf eine Kostenerstattungsklage daher keine Anwendung.

Handelt es sich damit bei einer Klage auf Erstattung von Abmahnkosten um eine Patentstreitsache, wenn es sich bei der Abmahnung um eine solche aus einem Patent handelte und Gegenstand der Abmahnung folglich eine patentrechtliche Angelegenheit war, so kann für eine Klage auf Erstattung der Kosten für ein vorgerichtliches Abwehrschreiben gegen eine solche Abmahnung, wie sie vorliegend von der Klägerin erhoben wurde, nichts anderes gelten. Mit einer solchen Klage wird ein Schadensersatzanspruch wegen unberechtigter Abmahnung aus einem Patent geltend gemacht. Klagen auf Schadensersatz wegen unberechtigter Geltendmachung patentrechtlicher Ansprüche gehören ebenso wie Klagen auf Unterlassung der Geltendmachung patentrechtlicher Ansprüche zu den Patentstreitsachen im Sinne von § 143 Abs. 1 PatG (Schulte/Rinken/Kühnen, a.a.O., § 143 Rn. 9 Ziff. 4). Dies gilt insbesondere für Klagen wegen unberechtigter Verwarnung (vgl. OLG Hamburg, Mitt. 1982, 154; LG Düsseldorf, Urt. v. 9.4.2014 – 4a O 121/14, BeckRS 2015, 15909; LG Frankfurt, Mitt. 2014, 30, 32; Benkard/Grabinski/Zülch, a.a.O., § 143 PatG Rn. 4; Busse/Kaess, a.a.O., § 143 Rn. 62; Schulte/Rinken/Kühnen, a.a.O., § 143 Rn. 9 Ziff. 16; Benkard/Grabinski/Zülch, a.a.O., § 143 PatG Rn. 4). Bei einer Klage auf Ersatz der Kosten für ein Abschlussschreiben auf eine patentrechtliche Abmahnung handelt es sich um eine Schadensersatzklage wegen unberechtigter Schutzrechtsverwarnung. Diese ist zwar nur auf den Ersatz der durch die Abwehr der Abmahnung entstandenen Anwaltskosten gerichtet. Voraussetzung für einen entsprechenden Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB (unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb), wie er hier von der Klägerin geltend gemacht wurde, ist jedoch, dass die vorausgegangene Abmahnung unberechtigt war. Vor diesem Hintergrund ist auch bei einer solchen Kostenerstattungsklage regelmäßig die Berechtigung der Abmahnung und sind damit auch die ihr zugrunde liegenden patentrechtlichen Ansprüche zu prüfen.

Der Senat verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass im Einzelfall die Situation eintreten kann, dass die Kosten des für das außergerichtliche Abmahn- oder Abwehrschreiben zusätzlich beauftragten Patentanwalts nicht erstattungsfähig sind, während im nachfolgenden Prozess, in dem (nur noch) die Kosten für das Abmahn- bzw. Abschlussschreiben eingeklagt werden, die Kosten des in diesem Rechtsstreit mitwirkenden Patentanwalts nach § 143 Abs. 3 PatG erstattungsfähig sind. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann, wenn neben einem Rechtsanwalt auch ein Patentanwalt an der Abmahnung wegen einer Patentverletzung mitgewirkt hat, die Erstattung der durch die Mitwirkung des Patentanwalts entstandenen Kosten nach §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB oder § 139 PatG nur beansprucht werden, wenn der Anspruchsteller darlegt und nachweist, dass die Mitwirkung des Patentanwalts erforderlich war (BGH, GRUR 2011, 754 Rn. 13 – Kosten des Patentanwalts II [Markensache]). Ebenso kann, wenn neben einem Rechtsanwalt auch ein Patentanwalt an der Abwehr einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung mitgewirkt hat, die Erstattung der durch die Mitwirkung des Patentanwalts entstandenen Kosten nach §§ 677, 683 S. 1, § 670 BGB nur beansprucht werden, wenn der Anspruchsteller darlegt und nachweist, dass die Mitwirkung des Patentanwalts erforderlich war (BGH, GRUR 2012, 756 – Kosten des Patentanwalts III [Markensache]). Die Regelung des § 143 Abs. 3 PatG, die nur für Kosten gilt, die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts in einem Rechtsstreit entstanden sind und nicht für Kosten, die– wie Abmahnkosten oder Kosten für die Abwehr einer Schutzrechtsverwarnung – durch die Mitwirkung eines Patentanwalts außerhalb eines Rechtsstreits angefallen sind, ist insoweit weder unmittelbar noch analog anwendbar. Darin, dass deshalb der Fall eintreten kann, dass die Kosten des für das Abmahn- oder Abwehrschreiben zusätzlich beauftragten Patentanwalts nicht erstattungsfähig sind, während im nachfolgenden gerichtlichen Verfahren, in dem die Kosten für das außergerichtliche Abmahn- bzw. Abschlussschreiben eingeklagt werden, die Kosten des in diesem Rechtsstreit mitwirkenden Patentanwalts nach § 143 Abs. 3 PatG erstattungsfähig sind, mag ein gewisser „Wertungswiderspruch“ liegen. Dies allein kann es jedoch nicht rechtfertigen, die Regelung des § 143 Abs. 3 PatG auf Kostenerstattungsklagen nicht anzuwenden (vgl. OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2006, 302, 303 [zu § 140 III MarkenG]).

bb)

Da es sich bei der dem vorliegenden Rechtsstreit zugrunde liegenden Kostenerstattungsklage um eine Patentstreitsache handelte, kommt es für die Erstattungsfähigkeit der angemeldeten Patentanwaltsgebühren nicht darauf an, ob die Mitwirkung des Patentanwalts der Klägerin hier zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung sachlich notwendig war. Es ist daher ohne Belang, dass sich die Beklagte in ihrer Klageerwiderung vom 20.09.2016 nur noch gegen die Höhe des von der Klägerin in Ansatz gebrachten Gegenstandswerts und die Höhe der ersetzt begehrten Geschäftsgebühr gewandt und sie außerdem die Erstattungsfähigkeit der Kosten für die zusätzliche Hinzuziehung eines Patentanwalts für die Abwehr der Abmahnung bestritten hat, sie hingegen dem Vortrag der Klägerin, wonach die Abmahnung vom 05.06.2010 mangels einer Patentbenutzung unberechtigt war, nicht entgegengetreten ist.

cc) Eine Mitwirkung ihres Patentanwalts an dem zugrunde liegenden Rechtsstreit hat die Klägerin hinreichend dargetan und glaubhaft gemacht. Für die Mitwirkung des Patentanwalts bei der Vorlage der Klage genügt hier, dass dessen Mitwirkung zu Beginn des Verfahrens in der Klageschrift (S. 2 [Bl. 2 GA]) angezeigt worden ist und die Klägerin zuletzt eine auf das vorliegende Verfahren bezogene Kostenrechnung ihres Patentanwaltes vorgelegt hat. Wie sich aus dem Sitzungsprotokoll des Landgerichts vom 17.01.2017 (Bl. 37 GA) ergibt und zwischen den Parteien auch unstreitig ist, hat der Patentanwalt außerdem an der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht, in der auch der Prozessvergleich geschlossen worden ist, teilgenommen. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin ist er auch in die Vergleichsverhandlungen mit einbezogen worden, die zum Abschluss des Vergleichs geführt haben. Einer näheren Darlegung der konkreten Tätigkeit des Patentanwalts, insbesondere bei der Vorlage der Klageschrift, bedarf es unter diesen Umständen nicht. Aufgrund der dargetanen Mitwirkung ist auch für den Patentanwalt sowohl eine Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) als auch eine Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) als auch eine Einigungsgebühr (Nr. 1003 VV RVG) entstanden.


b)

Nicht erstattungsfähig sind jedoch die von der Klägerin ebenfalls angemeldeten Auslagen ihres Patentanwalts (Reisekosten einschließlich Abwesenheitsgeld) für die Terminswahrnehmung vor dem Landgericht. Denn diese waren zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich.

aa) Die Erstattungsfähigkeit der Auslagen des Patentanwalts hängt nach § 143 Abs. 3 PatG davon ab, ob sie im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren (Senat, GRUR-RR 2012, 308, 311 – Fahrbare Betonpumpe; Benkard/Grabinski/Zülch, PatG, 11. Aufl., § 143 PatG Rn. 26). Die Kosten einer Reise des Patentanwalts zum Verhandlungstermin in einer Patentstreitsache sind zwar in aller Regel als erstattungsfähig anzusehen (Benkard/Grabinski/Zülch, a.a.O., § 143 PatG Rn. 26). Etwas anderes kann aber ausnahmsweise gelten, wenn bereits vorher verlässlich feststeht, dass in dem Termin überhaupt keine technischen und/oder patentrechtlichen Fragen zu erörtern sind (vgl. hierzu auch Senat, GRUR-RR 2012, 308, 311 – Fahrbare Betonpumpe).

So verhält es sich hier. Denn die Beklagte hat sich in ihrer Klageerwiderung vom 20.09.2016 nur noch gegen die Höhe des von der Klägerin in Ansatz gebrachten Gegenstandswerts und die Höhe der ersetzt begehrten Geschäftsgebühr gewandt sowie außerdem bloß die Erstattungsfähigkeit der Kosten für die zusätzliche Hinzuziehung eines Patentanwalts für die Abwehr der Abmahnung bestritten. Dem Vortrag der Klägerin, wonach die Abmahnung vom 05.06.2010 mangels einer Patentbenutzung unberechtigt war, ist sie hingegen nicht entgegengetreten. Sie hat vielmehr in ihrer Klageerwiderung ausgeführt, dass das mit der Abmahnung beanstandete Produkt der Klägerin keine Verriegelungsstifte aufweise, welche in dem Abmahnpatent jedoch eine übergeordnete Rolle spielten (Bl. 28 GA). Sie hat damit eingeräumt, dass die mit der Abmahnung angegriffene Ausführungsform der Klägerin von der technischen Lehre dieses Patents keinen Gebrauch macht, und hiermit zugleich zugestanden, dass ihre Abmahnung mangels Vorliegens einer Patentverletzung durch die Klägerin unberechtigt war. Gegenteiliges hat sie auch in der Folge nicht geltend gemacht. Unter diesen Umständen war hier auszuschließen, dass im Verhandlungstermin vor dem Landgericht technische und/oder patentrechtliche Fragen noch irgendeine Rolle spielen. Unter diesen Umständen bestand für die Wahrnehmung des Verhandlungstermins durch den Patentanwalt der Klägerin neben ihrem Rechtsanwalt keine Notwendigkeit mehr.

bb) Von den angemeldeten Patentanwaltskosten in Höhe von insgesamt 2.370,11 EUR sind damit die Kosten (Bahnkosten; Hotelkosten; Abwesenheitsgeld) für die Wahrnehmung des Termins vor dem Landgericht in Abzug zu bringen. Diese belaufen sich auf insgesamt 397,11 EUR.

cc) Die erstattungsfähigen Patentanwaltskosten der Klägerin belaufen sich folglich auf 1.973,00 EUR. Die in diesem Betrag enthaltene Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen in Höhe von 20,00 EUR ist ausgleichsfähig. In entsprechender Anwendung von Nr. 7001 VV RVG sind Entgelte des Patentanwalts für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen in einer Patentstreitsache regelmäßig in voller Höhe erstattungsfähig, wobei anstelle der tatsächlichen Auslagen die Pauschale in Höhe von 20 % der Gebühren bis zu höchstens 20,00 EUR nach Nr. 7002 VV RVG gewählt werden kann (Benkard/Grabinski/Zülch, a.a.O., § 143 PatG Rn. 26). Das gilt auch im Streitfall. Zwar hatte die Beklagte auf das anwaltliche Abwehrschreiben der Klägerin mit Schreiben vom 29.06.2015 die Abmahnung hinsichtlich sämtlicher mit dieser geltend gemachter Ansprüche zurückgenommen und sich dazu verpflichtet, aus der Abmahnung keine weiteren Rechte gegen die Klägerin herzuleiten. Gleichzeitig hatte die Beklagte in diesem Schreiben jedoch erklärt, dass sämtliche wechselseitigen Ansprüche im Zusammenhang mit der Angelegenheit abgegolten und die Sache erledigt sei. Einen Kostenerstattungsanspruch der Klägerin hatte sie vorprozessual dem Grunde nach nicht anerkannt. Außerdem hatte sie mit anwaltlichem Schreiben vom 14.07.2015 noch ausgeführt, dass es sich keinesfalls um unberechtigte Vorwürfe gehandelt habe, welche eine Zahlungspflicht von ihr begründen würden (Bl. 5 GA). Vor diesem Hintergrund musste die Klägerin vorprozessual noch damit rechnen, dass es in einem Rechtsstreit auf Erstattung der Kosten für die Abwehr der gegnerischen Abmahnung auf die Berechtigung der Abmahnung ankommt und damit technische und/oder patentrechtliche Fragen eine Rolle spielen können.



Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



OLG Frankfurt: Wettbewerbsverstoß durch unrichtige Wiedergabe höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Abwehr von Ansprüchen gegenüber Verbrauchern

OLG Frankfurt
Urteil vom 17.11.2011
6 U 126/11


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegen kann, wenn ein Unternehmen gegenüber einem Verbraucher höchstricherliche Rechtsprechung in Erwiderungsschreiben unrichtig wiedergibt, um so berechtigte Ansprüche von Verbrauchern abzuwehren. Eine durchaus nicht unproblematische Entscheidung, ist doch die selektive oder unrichtige Wiedergabe von Rechtsprechung juristisches Tagesgeschäft.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: