Skip to content

LG Düsseldorf: Tchibo hat weder einen kartellrechtlichen noch einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen Aldi Süd wegen des Verkaufs von Kaffee zu günstigen Preisen

LG Düsseldorf
Urteil vom 156.01.2024
14d O 14/24


Das LG Düsseldorf hat entschieden, das Tchibo weder einen kartellrechtlichen noch einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen Aldi Süd wegen des Verkaufs von Kaffee zu günstigen Preisen hat..

Aus den Entscheidungsgründen:
Der Klägerin steht gegen die Beklagten kein Unterlassungsanspruch aus § 33 Abs. 1 GWB i.V.m. § 20 Abs. 3 S. 1 GWB zu.

Gemäß § 33 Abs. 1 GWB ist u.a. bei Verstoß gegen eine Vorschrift des Teils 1 des GWB der Rechtsverletzer gegenüber dem Betroffenen zur Beseitigung der Beeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr zur Unterlassung verpflichtet. Gemäß § 20 Abs. 3 S. 1 GWB dürfen Unternehmen mit gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern überlegener Marktmacht ihre Marktmacht nicht dazu ausnutzen, solche Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar unbillig zu behindern. Eine unbillige Behinderung im Sinne dieser Vorschrift liegt gemäß § 20 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 GWB insbesondere vor, wenn ein Unternehmen Lebensmittel unter Einstandspreis anbietet, es sei denn, dies ist jeweils sachlich gerechtfertigt. Das Anbieten von Lebensmitteln unter Einstandspreis ist gemäß § 20 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 GWB sachlich gerechtfertigt, wenn es geeignet ist, den Verderb oder die drohende Unverkäuflichkeit der Waren beim Händler durch rechtzeitigen Verkauf zu verhindern sowie in vergleichbar schwerwiegenden Fällen.

Vorliegend kann dahinstehen, ob Klägerin gegenüber den Beklagten eine „kleine oder mittlere Wettbewerberin“ ist und das Verbot des § 20 Abs. 3 S. 1 GWB überhaupt anwendbar ist (dazu 1.). Jedenfalls liegt keine unbillige Behinderung der Klägerin durch die Beklagten vor (dazu 2.).

1. Es kann letztlich offenbleiben, ob die Beklagten über eine überlegene Marktmacht gegenüber der Klägerin als „kleine oder mittlere Wettbewerberin“ verfügt.

a) Allerdings kann die Klägerin entgegen der Auffassung der Beklagten nicht bereits deshalb aus dem Schutzbereich des § 20 Abs. 3 S. 1 GWB ausgeschlossen werden, weil sie schon wegen ihrer absoluten Größe kein „kleiner oder mittlerer Wettbewerber“ sein könne.

Für die Abgrenzung, welche Wettbewerber auf dem relevanten Markt als kleine und mittlere Unternehmen anzusehen sind, kommt es allein auf das (horizontale) Verhältnis der Unternehmensgrößen der in Betracht stehenden Unternehmen an; die generelle Festlegung einer absoluten Obergrenze ist nicht möglich (Markert, in: Immenga/Mestmäcker, 7. Aufl. 2024, § 20 GWB Rn. 207; Nothdurft, in: Langen/Bunte, 14. Aufl. 2022, § 20 GWB Rn. 140 f.). Das entspricht auch der Auffassung des BGH, der gegen die Einstufung als kleines oder mittleres Unternehmen nach absoluten Zahlen anführt, dass die Verhältnisse auf dem jeweils maßgeblichen Markt nicht ausgeblendet werden dürfen (BGH NJW 2003, 205, 206 – Konditionenanpassung). Deshalb sei eine unter funktionalen Gesichtspunkten vorzunehmende Prüfung erforderlich, die von den Besonderheiten des jeweils relevanten Marktes ausgeht.

b) Die Prüfung hat von dem Markt für Kaffeeprodukte auszugehen.

Die Feststellung einer überlegenen Marktmacht gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern lässt sich nur für die Tätigkeit von Unternehmen auf einzelnen, in sachlicher, räumlicher und zeitlicher Hinsicht abgegrenzten Märkten bestimmen (Markert, in: Immenga/Mestmäcker, 7. Aufl. 2024, § 20 GWB Rn. 204; Nothdurft, in: Langen/Bunte, 14. Aufl. 2022, § 20 GWB Rn. 133).

Der sachliche Markt, auf dem die Klägerin und die Beklagten jeweils tätig sind und der hier betroffen ist, ist der Markt für Kaffeeprodukte. Dieser ist insbesondere von dem Sortimentsmarkt „Lebensmitteleinzelhandel“ abzugrenzen, bei dem es um die Nachfrage an einem Produktbündel geht. Auf diesem Markt ist die Klägerin aber gerade nicht tätig. Auch durch die Präsenz auf diesem Markt durch ihr Depot-Geschäft u.a. bei Lebensmitteleinzelhändlern wird sie gerade nicht selbst zur Anbieterin des Sortiments dieser Händler. Es kommt daher auf die Verhältnisse des Markts für Kaffeeprodukte und insofern insbesondere darauf an, welche Marktmacht ein großer Lebensmitteleinzelhändler wie V. auf dem Markt für dieses Produktsegment entfalten kann.

c) Der Vortrag der Parteien ist hier nicht ausreichend, um eine etwaige Überlegenheit der Beklagten gegenüber der Klägerin auf dem Markt für Kaffeeprodukte feststellen zu können. Die Parteien haben nur zum Gesamtumsatz der jeweiligen Unter-nehmensgruppen vorgetragen, ohne im Einzelnen auf die Umsätze, Marktanteile und die spezifischen Verhältnisse des Marktes für Kaffeeprodukte einzugehen.

Festgehalten werden soll dennoch Folgendes: Trotz des erforderlichen Einzelmarkt-bezuges kommt es in Betracht, die Ressourcenvorteile der Beklagten unter dem Gesichtspunkt zu würdigen, dass sie diesen langfristig wirksame, erweiterte Verhaltensspielräume – auch auf dem Markt für Kaffeeprodukte – vermitteln könnten (vgl. dazu Nothdurft, in: Langen/Bunte, 14. Aufl. 2022, § 20 GWB Rn. 135). Die finanziellen Ressourcen und das breite Sortiment der Beklagten könnten es diesen ermöglichen, auf die Marktverhältnisse im Markt für Kaffeeprodukte in einer stärkeren Weise einzuwirken, als es ihr Marktanteil auf diesem Markt grundsätzlich zuließe. Auch der BGH hat bei der Prüfung überlegener Marktmacht darauf abgestellt, dass die überragenden finanziellen Ressourcen eines in einen großen internationalen Handelskonzern eingebundenen Unternehmens dieses in die Lage versetzt, eine Verlustpreisstrategie für einzelne Produkte über einen längeren Zeitraum durchzustehen (vgl. BGH NJW 2003, 1736, 1737 – Wal-Mart). Das könnte allerdings ausgeschlossen sein, wenn die Klägerin über den langfristig gesicherten höheren Marktanteil verfügt (vgl. dazu erneut Nothdurft, in: Langen/Bunte, 14. Aufl. 2022, § 20 GWB Rn. 135 m.w.N.). Außerdem könnten die Verhaltensspielräume der Beklagten dadurch begrenzt sein, dass auch die Klägerin, nicht zuletzt durch ihre Einbindung in den D.-Konzern, über ganz erhebliche finanzielle Ressourcen verfügt. Letztlich kann all dies aber dahinstehen.

2. Es liegt jedenfalls keine unbillige Behinderung der Klägerin durch die Beklagten vor.

Die Parteien gehen zu Recht übereinstimmend davon aus, dass die Voraussetzungen des Regelbeispiels des § 20 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 GWB hier nicht vorliegen (dazu a)). Die Voraussetzungen der Generalklausel des § 20 Abs. 3 S. 1 GWB liegen hier mangels Verdrängungsabsicht bzw. Gefahr einer nachhaltigen Beeinträchtigung der strukturellen Voraussetzungen für einen wirksamen Wettbewerb ebenfalls nicht vor (dazu b)). Schließlich sind die Voraussetzungen der Generalklausel für die Fallgruppe des Anbietens von Lebensmitteln unter Herstellungskosten auch nicht aufgrund der Wertungen des Regelbeispiels zu modifizieren (dazu c)).

a) Das Regelbeispiel des § 20 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 GWB greift hier mangels Vorliegen eines „Einstandspreises“ nicht.

Durch den Begriff des „Einstandspreises“, der in § 20 Abs. 3 S. 3 GWB legaldefiniert wird, ist das strenge Verbot des § 20 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 GWB praktisch auf den Handel mit fremdbezogenen Waren und Dienstleistungen begrenzt und gilt nicht für selbst hergestellte Waren oder erbrachte Dienstleistungen (vgl. Bosch, in: Bechtold/Bosch, 11. Aufl. 2025, § 20 GWB Rn. 34 f.; Markert, in: Immenga/ Mestmäcker, 7. Aufl. 2024, § 20 GWB Rn. 219). Das gilt auch für vertikal integrierte Unternehmen, bei denen zwar ein Preis an ein konzernzugehöriges Unternehmen zu zahlen ist, sich aber ein „Einstandspreis“ nicht anhand objektiver Kriterien ermitteln lässt (vgl. Westermann, in MüKo Wettbewerbsrecht, 4. Aufl. 2022, § 20 GWB Rn. 96). Danach fehlt es auch bei dem hier vorliegenden Bezug der Kaffeeprodukte der Beklagten von der konzernzugehörigen J. an einem „Einstandspreis“.

b) Die Voraussetzungen der Generalklausel des § 20 Abs. 3 S. 1 GWB liegen nicht vor.

aa) Zur Beurteilung, ob die Ausnutzung einer überlegenen Marktmacht kleinere oder mittlere Wettbewerber unbillig behindert, ist eine Interessenabwägung unter Berück-sichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes vorzunehmen (BGH NJW 1995, 2293, 2294 – Hitlisten-Platten; auch zum Folgenden). Wettbewerbsmaßnahmen von Unternehmen mit überlegener Markt-macht sind nicht schon deshalb als unbillige Behinderung kleiner oder mittlerer Wettbewerber anzusehen, weil sie dazu beitragen können, die Lage von kleinen oder mittleren Unternehmen im Wettbewerb zu verändern oder einzelne Wettbewerber oder Gruppen von Wettbewerbern zu verdrängen; denn dem wirksamen Wettbewerb ist eine solche Wirkung eigen. Eine unbillige Behinderung liegt danach nur vor, wenn in Verdrängungsabsicht gehandelt wird oder kleine oder mittlere Wettbewerber in ihren wettbewerblichen Betätigungsmöglichkeiten derart behindert werden, dass daraus die Gefahr einer nachhaltigen Beeinträchtigung der strukturellen Voraussetzungen für einen wirksamen Wettbewerb – einschließlich des Wettbewerbs durch kleine oder mittlere Unternehmen – erwächst.

Bei der Beurteilung von Unter-Kosten-Verkäufen anhand des § 20 Abs. 3 GWB ist davon auszugehen, dass es dem Unternehmer grundsätzlich freisteht, seine Preisgestaltung in eigener Verantwortung vorzunehmen (BGH NJW 1995, 2293, 2294 – Hitlisten-Platten; auch zum Folgenden). Dementsprechend sind auch Unter-Kosten-Verkäufe und die Werbung für diese grundsätzlich zulässig. Der Kaufmann muss nicht auf einen Stückgewinn ausgehen. Es ist vielmehr jedenfalls in Handelsbetrieben mit breitem Sortiment zulässig, auf die Werbewirkung eines Unter-Kosten-Angebots zu setzen, um mit dem Absatz des gesamten Angebots ein möglichst günstiges Betriebsergebnis zu erzielen. Die Gefahr einer nachhaltigen Beeinträchtigung der strukturellen Voraussetzungen für einen wirksamen Wettbewerb kann nicht schon dann angenommen werden, wenn Unter-Kosten-Angebote nicht nur gelegentlich, sondern systematisch im Wettbewerb eingesetzt werden. Dies gilt schon deshalb, weil mit der Feststellung eines systematischen Vorgehens noch nichts über den Umfang und die Marktbedeutung der Maßnahmen ausgesagt ist.

bb) Nach diesen Maßstäben ist hier weder eine Verdrängungsabsicht der Beklagten, noch eine Gefahr einer nachhaltigen Beeinträchtigung der strukturellen Voraussetzungen für einen wirksamen Wettbewerb auf dem Markt für Kaffeeprodukte festzustellen.

(1) Im Ausgangspunkt ist festzuhalten, dass nach den zutreffenden Ausführungen des BGH grundsätzlich nichts gegen das im Lebensmitteleinzelhandel verbreitet vorzu-findende und auch hier von den Beklagten eingesetzte Konzept einer Mischkalku-lation einzuwenden ist. Bei diesem Ansatz zielt der Kaufmann nicht darauf ab, mit jedem einzelnen Produkt seines Sortiments einen größtmöglichen Gewinn zu erzielen. Vielmehr setzt er die Werbewirkung von verlustbringenden Angebotspreisen für einzelne Produkte ein, um die Kunden dazu zu veranlassen, den Einkauf eines größeren Warenbündels bei ihm vorzunehmen. Da die Verbraucher ein „One-stop-shopping“ bevorzugen, ist es nachvollziehbar, dass ein solches Konzept dem Lebensmitteleinzelhändler ein besseres Betriebsergebnis verspricht und deshalb betriebswirtschaftlich vernünftig ist (vgl. dazu auch Monopolkommission, Sondergutachten „Preiskontrollen in Energiewirtschaft und Handel? Zur Novellierung des GWB“, 2007, Rn. 57; zuletzt abgerufen am 06.01.2025 unter https://www.monopolkommission.de/images/PDF/SG/s47_volltext.pdf; im Folgenden: Monopolkommission, 2007).

Auf dieser Grundlage hat der BGH ebenfalls zutreffend ausgeführt, dass auch der systematische Einsatz dieser Strategie diese noch nicht unzulässig macht.

(2) Eine Verdrängungsabsicht der Beklagten gegenüber kleinen und mittleren Wett-bewerbern auf dem Markt für Kaffeeprodukte kann hier nicht festgestellt werden, da ihre Strategie gerade den dauerhaften, nachvollziehbaren Zweck der Förderung des eigenen Absatzes im Rahmen einer Mischkalkulation verfolgt und ihre Preisgestaltung deshalb auf einer kaufmännisch vertretbaren Kalkulation beruht. Es ist gerade nicht ersichtlich, dass die Beklagten eine kaufmännisch eigentlich unvertretbare, nur kurz- bis mittelfristig durchzuhaltende Strategie einsetzen, mit der sie zeitweise Verluste in Kauf nehmen – was sie durch ihre Finanzkraft aushalten könnten –, um kleine und mittlere Wettbewerber von dem Markt für Kaffeeprodukte zu verdrängen und anschließend die Preise anheben zu können.

Eine solche Strategie verspräche auch keinen Erfolg. Denn zum einen bestehen Preiserhöhungsspielräume nur dann, wenn es auf einem Markt erhebliche Marktzutrittsbarrieren gibt (vgl. Monopolkommission, 2007, Rn. 58). Davon ist bei dem Markt für Kaffeeprodukte nicht auszugehen. Die Ausführungen der Klägerin zur Preisgestaltung im Markt für Kaffeeprodukte zeigen anschaulich, dass der mit Abstand größte Kostenfaktor der Einkauf des Rohkaffees ist und der Aufwand zur Röstung des Kaffees finanziell überschaubar ist. Deshalb ist von einer hohen Wirksamkeit potentiellen Wettbewerbs auf dem Markt für Kaffeeprodukte auszu-gehen, die einem Preiserhöhungsspielraum der Beklagten entgegensteht. Zum anderen findet der Preiswettbewerb im Lebensmitteleinzelhandel primär zwischen den großen Unternehmen aus der Spitzengruppe statt (vgl. Monopolkommission, 2007, Rn. 59). Auch deshalb ließe eine Verdrängung kleiner und mittelständischer Wettbewerber auf dem Markt für Kaffeeprodukte nicht das Entstehen von Preiserhöhungsspielräumen für die Beklagten erwarten.

(3) Es ist auch keine Gefahr einer nachhaltigen Beeinträchtigung der strukturellen Voraussetzungen für einen wirksamen Wettbewerb auf dem Markt für Kaffeeprodukte festzustellen.

Zum einen sind Intensität und Häufigkeit der Maßnahmen der Beklagten begrenzt.

Zwar ist der Grad der Unterschreitung der Herstellungskosten teilweise durchaus hoch, wie die Berechnungen der Klägerin – auch unter Berücksichtigung der mit diesen verbundenen Unsicherheiten und der Einwendungen der Beklagten – zeigen und wie indiziell auch schon dadurch deutlich wird, dass die Beklagten mit Reduktionen von bis zu 50 % auf die regulären Preise werben. Dem steht allerdings gegenüber, dass die Häufigkeit der Angebotswochen und der Umfang der jeweils betroffenen Produkte überschaubar sind. Obwohl sich der Antrag der Klägerin nur auf die drei Angebotswochen ab dem 11.12.2023, 18.12.2023 und 12.02.2024 bezieht, gehören auch die nachfolgenden Angebotswochen zum Streitstoff, soweit sie Rückschlüsse auf die Strategie der Beklagten und deren Auswirkungen auf den Wettbewerb zulassen. Im Jahr 2024 waren insgesamt 7 von 52 Kalenderwochen von den Angeboten der Beklagten betroffen. Das entspricht einem Anteil von ca. 13,5 % bzw. durchschnittlich einer Angebotswoche alle ca. 7,5 Wochen. Von den Angeboten war jeweils nur ein kleiner Ausschnitt des insgesamt 25 Sorten umfassenden Kaffee-Sortiments der Beklagten betroffen, nämlich jeweils zwei bis fünf wechselnde Produkte. Wie die Übersicht der Klägerin über die Wiederholungen der betroffenen Produkte zeigt (Anlage K 59, S. 10), war im Jahr 2024 kein Produkt von mehr als drei Angebotswochen betroffen.

Vor diesem Hintergrund erscheint es fernliegend, dass ein nennenswerter Anteil der Verbraucher seinen Kaffeebedarf alleine durch Nutzung der Angebotswochen der Beklagten zu decken vermag. Dies auch deshalb, weil die Anzahl und Staffelung der Angebotswochen für die Verbraucher nicht vorherzusehen sind. Das spricht dagegen, dass das Vorgehen der Beklagten die strukturellen Voraussetzungen für einen wirksamen Wettbewerb auf dem Markt für Kaffeeprodukte gefährdet.

Zum anderen fehlt es an einer solchen Gefahr hier aber selbst dann, wenn man im Hinblick auf Häufigkeit und Intensität der Maßnahmen der Beklagten eine Veränderung der Strukturen auf dem Markt für Kaffeeprodukte dahingehend für möglich hält, dass Fachhändler erhebliche Marktanteile gegenüber den Beklagten einbüßen könnten. Denn in einem auf die grundsätzliche Freiheit des Wettbewerbes ausgerichteten System kann nicht die Aufrechterhaltung einer bestimmten Marktstruktur verlangt werden, die zu einem gewissen Zeitpunkt vorgefunden wird. Das ist auch mit der Wendung der „Gefahr einer nachhaltigen Beeinträchtigung der strukturellen Voraussetzungen für einen wirksamen Wettbewerb“ nicht gemeint. Selbst wenn dauerhaft kein Mitbewerber mit den Preisen der Beklagten für Kaffeeprodukte mithalten könnte, wären die strukturellen Voraussetzungen für einen wirksamen Wettbewerb auf diesem Markt nicht gefährdet, weil den Mitbewerbern die Möglichkeit bleibt, sich etwa durch ein differenziertes Sortiment, besondere Qualität oder Beratung hervorzuheben. Das unterscheidet den vorliegenden Fall von dem Unter-Kosten-Verkauf von standardisierten Lebensmitteln wie Zucker oder Milch, bei denen neben dem Preis keine solchen Möglichkeiten zur Differenzierung bestehen.

c) Schließlich sind die Voraussetzungen des § 20 Abs. 3 S. 1 GWB für die Fallgruppe des Anbietens von Lebensmitteln unter Herstellungskosten auch nicht aufgrund der Wertungen des Regelbeispiels des § 20 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 GWB zu modifizieren.

Mit dem Regelbeispiel hat der Gesetzgeber an das Angebot von Lebensmitteln unter Einstandspreis durch ein marktmächtiges Unternehmen die (unwiderlegliche) Vermutung geknüpft, dass dieses damit eine Strategie zu Lasten der geschützten Gruppe von kleinen und mittleren Wettbewerbern unter Einsatz seiner überlegenen Marktmacht betreibt (vgl. BGH NJW 2003, 1736, 1738 – Wal-Mart). Nach Auffassung der Klägerin muss die dahinterstehende Wertung des Gesetzgebers auch bei der Anwendung der Generalklausel berücksichtigt werden. Es wäre dann Raum dafür, in ähnlich gelagerten Fallgruppen wie womöglich dem Angebot von Lebensmitteln unter Herstellungskosten die Anforderungen der Generalklausel abzusenken.

Richtig ist jedoch, dass das Gesetz nur für Angebote unter Einstandspreis eine Vermutung der Unbilligkeit enthält und für andere Niedrigpreisstrategien an den anerkannten Voraussetzungen der Generalklausel festzuhalten ist (so auch Westermann, in MüKo Wettbewerbsrecht, 4. Aufl. 2022, § 20 GWB Rn. 93). Es entzieht sich der gerichtlichen Bewertung, welche – auch politischen – Erwägungen den Gesetzgeber im Einzelnen dazu bewogen haben, einerseits das sehr strenge Verbot des Angebots unter Einstandspreis zu schaffen und dieses andererseits nicht auf Angebote produzierender Unternehmen unter Herstellungskosten zu erstrecken. Weitergehende Regelungsvorschläge lagen ihm vor (vgl. dazu Markert, in: Immenga/Mestmäcker, 7. Aufl. 2024, § 20 GWB Rn. 219 mit Nachweisen) und sind auch seither unterbreitet, aber bisher nicht umgesetzt, worden. Der „Kontrast zwischen der Aktivität des Gesetzgebers im Bereich der Regelbeispiele und seiner Passivität bezüglich der Generalklausel“ (Nothdurft, in: Langen/Bunte, 14. Aufl. 2022, § 20 GWB Rn. 154) spricht dafür, dass über den Anwendungsbereich des Regelbeispiels hinaus eine bewusste Nichtregelung durch den Gesetzgeber vorliegt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es auch normativ jedenfalls nicht zwingend, die Fallgruppen der Angebote von Lebensmitteln unter Einstandspreis sowie unter Herstellungskosten gleich zu behandeln. Die vom Gesetzgeber mit dem Regelbeispiel in den Blick genommenen Händler kaufen Waren lediglich zu einem bestimmten Einstandspreis ein und verkaufen diese sodann zu einem bestimmten Verkaufspreis wieder. Eine Unterschreitung des Einstandspreises mag dabei für den Gesetzgeber bereits den starken Verdacht missbräuchlichen Verhaltens begründen. Demgegenüber sind die Hersteller von Waren an einer grundsätzlich komplexen Wertschöpfung beteiligt. Das mag es für den Gesetzgeber rechtfertigen, hinsichtlich ihrer Preisgestaltung eine größere Zurückhaltung an den Tag zu legen.

Nun wendet die Klägerin einerseits ein, dass die Wertschöpfung bei der Verarbeitung von Rohkaffee gerade nicht besonders komplex sei, und andererseits, dass die zunehmende vertikale Integration des Lebensmitteleinzelhandels in den letzten Jahren eine neue Bewertung dieser Zusammenhänge erfordern könnte. Das sind jedoch politische Forderungen, die an den Gesetzgeber zu richten wären. Ob und ggf. wie die von ihm bisher gegen (bloße) Lebensmittelhändler gerichtete Missbrauchsvermutung auch auf vertikal integrierte Händler, womöglich beschränkt auf zu definierende „wenig komplexe“ Produkte, ausgeweitet werden sollte, kann nur Gegenstand einer ergebnis-offenen, politischen Diskussion sein.

Auf dieser Grundlage kann auch aus der Verwendung der Regelbeispielstechnik durch den Gesetzgeber nichts Anderes abgeleitet werden. Zwar ist der Klägerin methodisch Recht zu geben, dass der Gesetzgeber mit der Verwendung eines Regelbeispiels regelmäßig zum Ausdruck bringt, die Voraussetzungen der Generalklausel seien in dem Regelbeispiel erfüllt. Dann wäre es folgerichtig, dass die Wertungen des Regelbeispiels auch auf die Generalklausel „zurückwirken“ können. Die Regelung des § 20 Abs. 3 GWB ist jedoch atypisch: Im Kern handelt es sich bei § 20 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 GWB um einen eigenständigen Verbotstatbestand, der lediglich rechtstechnisch als Regelbeispiel ausgestaltet wurde (Nothdurft, in: Langen/Bunte, 14. Aufl. 2022, § 20 GWB Rn. 152). Das zeigt sich alleine daran, dass nach der Vorschrift bereits eine einmalige, wenig gewichtige Unterschreitung des Einstandspreises eines Lebensmittels etwa im Rahmen einer Werbeaktion zur Produkteinführung untersagt ist, bei der ein Zusammenhang mit der Ausnutzung überlegener Marktmacht sowie eine Verdrängungsabsicht bzw. Gefahr einer nachhaltigen Beeinträchtigung der strukturellen Voraussetzungen für einen wirksamen Wettbewerb an sich nicht vorliegt.

Man mag es für dogmatisch unstimmig halten, dass diese einschränkenden Merkmale nach diesem Verständnis bei der Generalklausel Geltung beanspruchen, aber bei dem Regelbeispiel nicht (vgl. Nothdurft, in: Langen/Bunte, 14. Aufl. 2022, § 20 GWB Rn. 152). Es ist aber nicht Aufgabe des Gerichts, diese Unstimmigkeit durch Auslegung zu beseitigen, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Gesetzgeber sie bewusst geschaffen hat. So liegt es hier.

Eine analoge Anwendung des § 20 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 GWB scheidet nach alledem ebenfalls aus, da es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt, aber auch die Vergleichbarkeit der Interessenlagen zweifelhaft erscheint.

II. Der Klägerin steht gegen die Beklagten auch aus § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG i.V.m. § 3 Abs. 1 UWG kein Unterlassungsanspruch zu.

Gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 UWG kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer eine nach § 3 UWG oder § 7 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt. Gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG stehen die Ansprüche jedem Mitbewerber zu, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt. Gemäß § 3 Abs. 1 UWG sind unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig.

Es kann dahinstehen, ob im Rahmen der Generalklausel des § 3 Abs. 1 UWG an der Fallgruppe der allgemeinen Marktbehinderung festzuhalten ist. Dem ist entgegen-zuhalten, dass eine solche Fallgruppe erstens in jüngerer Zeit keinen praktischen Anwendungsbereich mehr erkennen lässt, zweitens in ihren inhaltlichen Kriterien ausgesprochen vage ist und drittens Gefahr läuft, mit spezialgesetzlichen Rege-lungen in Konflikt zu geraten (vgl. zum Ganzen Köhler/Alexander, in: Köhler/ Feddersen, UWG, 43. Aufl. 2025, § 4 Rn. 5.1 ff.). Insbesondere dürfen die Wertungen der speziellen Tatbestände der §§ 19 ff. GWB nicht unterlaufen werden.

Jedenfalls liegen die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 UWG – auch unter Berück-sichtigung dieser Gesichtspunkte – hier nicht vor. Der BGH hat einen Fall der allgemeinen Marktbehinderung nach § 3 Abs. 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der Preisunterbietung angenommen, wenn die Preisunterbietung sachlich nicht gerecht-fertigt ist und dazu führen kann, dass Mitbewerber vom Markt verdrängt werden und der Wettbewerb dadurch auf diesem Markt völlig oder nahezu aufgehoben wird (BGH GRUR 2009, 416 – Küchentiefstpreis-Garantie). Es kann auf die Ausführungen zu den vergleichbaren Maßstäben des § 20 Abs. 3 S. 1 GWB verwiesen werden (unter I. 2. b)). Es wäre widersprüchlich und systemwidrig, eine unbillige Behinderung i.S.d. § 20 Abs. 3 S. 1 GWB zu verneinen, aber für das gleiche Verhalten jedoch eine unlautere geschäftliche Handlung in Form einer allgemeinen Marktbehinderung nach § 3 Abs. 1 UWG anzunehmen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Frankfurt: Keine Irreführung durch Bezeichnung "Dubai-Schokolade" auch wenn diese nicht aus Dubai stammt - inzwischen beschreibend für Schokolade mit Pistazien und Engelshaar

LG Frankfurt
Beschluss vom 21.01.2025
2-06 O 18/25


Das LG Frankfurt hat entschieden, dass keine Irreführung durch Verwendung der Produktbezeichnung "Dubai-Schokolade" vorliegte, auch wenn diese nicht aus Dubai stammt. Nach Ansicht des Gerichts ist sieht die Verkehrsauffassung die Bezeichnung inzwischen als beschreibend für Schokolade mit Pistazien und Engelshaar bzw. anderen ähnlich süßen Komponenten.

Aus den Entscheidungsgründen:
Es fehlt an einem Verfügungsanspruch. Ein solcher ergibt sich weder aus §§ 128 Abs. 1 S. 1, § 126 Abs. 1, § 127 Abs. 1 MarkenG i.V.m. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG noch aus § 5 Abs. 1, § 8 UWG.

Nach den genannten Vorschriften des Markengesetzes kann derjenige, der eine geografische Herkunftsangabe im Sinne von § 126 MarkenG im geschäftlichen Verkehr für Waren benutzt, die nicht aus dem Gebiet stammen, das durch die geografische Herkunftsangabe bezeichnet wird, von den nach § 8 Abs. 3 UWG zur Geltendmachung von Ansprüchen Berechtigten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn bei der Benutzung eine Gefahr der Irreführung über die geografische Herkunft besteht. Gemäß § 127 Abs. 1 MarkenG dürfen geografische Herkunftsangaben im geschäftlichen Verkehr nicht für Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, die nicht aus dem Ort, der Gegend, dem Gebiet oder dem Land stammen, das durch die geografische Herkunftsangabe bezeichnet wird, wenn bei der Benutzung solcher Namen, Angaben oder Zeichen für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft eine Gefahr der Irreführung über die geografische Herkunft besteht. Insoweit ist die Bestimmung des § 127 Abs. 1 MarkenG unionsrechtskonform dahingehend einschränkend auszulegen, dass bei der Beurteilung der Frage, ob eine Gefahr der Irreführung über die geografische Herkunft des Produkts besteht, bei Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln mit der geografischen Herkunft etwa verbundene besondere Qualitäts- oder Eigenschaftsvorstellungen unberücksichtigt bleiben (BGH, GRUR 2016, 741 – Himalaya-Salz).

Ob eine Irreführung vorliegt, ist am Maßstab der Verkehrsauffassung zu beurteilen. Von der Gefahr einer Irreführung ist auszugehen, wenn die angegriffene Bezeichnung bei einem nicht unwesentlichen Teil der Verkehrskreise eine unrichtige Vorstellung über die geographische Herkunft der Produkte hervorruft (Ingerl/Rohnke/Nordemann, MarkenG, 4. Aufl. 2023, § 127 Rn. 3 m.w.N.).

Insoweit ist zunächst zu beachten, dass es sich bei dem angegriffenen Produkt nicht um einen Rohstoff oder ein einheitliches Produkt handelt, sondern – wie dem angesprochenen Verkehrskreis bekannt ist und es sich auch aus der bildlichen Anpreisung ergibt – um ein aus mehreren Bestandteilen bestehendes Lebensmittel handelt. Dem angesprochenen Verkehr ist angesichts des häufig weltweiten Ursprungs von Bestandteilen solcher Lebensmittel darüber hinaus bekannt, dass es nicht ungewöhnlich ist, wenn einzelne Bestandteile aus verschiedenen Herkunftsländern stammen. Dementsprechend wird der angesprochene Verkehr auch den typischerweise auf der Rückseite angebrachten Pflichtangaben (wie Herkunftskennzeichnungen von Lebensmitteln) bei einem solchen Produkt mehr Aufmerksamkeit schenken als er dies bei Produkten bestehend aus im Wesentlichen einem Bestandteil (z.B. Kaffee oder Schaumwein) tun würde. Daher wird der angesprochene Verkehrskreis gerade bei nur aus einem Bestandteil bestehenden Produkten im Zusammenhang mit einer geographischen Angabe auch eher davon ausgehen, dass diese die Herkunft (zumindest) des Hauptbestandteils angibt, beispielsweise „Kaffee Costa Rica“, „Kaffee Peru“ oder ähnliches. Bei einem zusammengesetzten Produkt – wie hier – wird der Verkehr hingegen eher erwarten, dass die Bestandteile nicht aus einem Land stammen und deshalb die Verwendung einer Herkunftsangabe in geringerem Umfang als Hinweis darauf auffassen, woher die Bestandteile oder Teile hiervon stammen oder wo das Produkt insgesamt hergestellt wurde.

Angesichts dieser Umstände und unter Berücksichtigung dessen, dass es sich bei der angegriffenen „Dubai-Schokolade“ um ein aus mehreren Bestandteilen nach einem bestimmten Rezept hergestelltes Lebensmittel handelt, wird der Verkehr daher bereits im Ausgangspunkt einerseits der Herkunftskennzeichnung (hier: „MIT SCHOKOLADE; PISTAZIEN UND KADAYIF AUS EU/-NICHT-EU“) eher Beachtung schenken und andererseits davon ausgehen, dass es sich bei der Verwendung des Wortbestandteils „Dubai“ um eine Art der Zubereitung oder ein Rezept handelt, das aus Dubai stammt, ohne dass er zwingend davon ausgeht, dass die Einzelbestandteile aus Dubai stammen oder das Gesamtprodukt in Dubai zusammen- bzw. hergestellt worden ist.

Dies zugrunde gelegt geht die Kammer in Anwendung der oben dargestellten Grundsätze für den vorliegenden Streitfall nicht davon aus, dass ein nicht unwesentlicher Teil der Verkehrskreise hinsichtlich des hier angegriffenen Angebots der Antragsgegnerin einer unrichtigen Vorstellung über die geographische Herkunft der Produkte erliegt. Insoweit schließt die Kammer nicht aus, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit die angesprochenen Verkehrskreise jedenfalls zu einem nicht unwesentlichen Teil davon ausgegangen sind, dass Produkte, die mit „Dubai“ gekennzeichnet sind, tatsächlich aus Dubai stammen. Selbst wenn eine solche Vorstellung jedoch bei nicht unwesentlichen Teilen der angesprochenen Verkehrskreise bestanden haben sollte, ist dies zum Zeitpunkt der Entscheidung der Kammer nicht mehr der Fall.

Wie der Kammer aus eigener Anschauung bekannt ist, ist um die „Dubai-Schokolade“ im Allgemeinen in Deutschland in den letzten Monaten ein regelrechter „Hype“ entstanden, der dazu geführt hat, dass eine Vielzahl von Produkten mittlerweile mit dem Zusatz „Dubai“ gekennzeichnet werden, wenn sie mit Pistazien und ggf. anderen Produkten hergestellt werden, ohne dass die angesprochenen Verkehrskreise davon ausgingen, dass die Produkte aus Dubai stammen. Der Kammer bekannt sind insoweit „Dubai“-Eis, -Kaffeegetränke, gebrannte Mandeln (auf dem Weihnachtsmarkt) und viele mehr. Ferner ist der Kammer – auch schon vor der Beantragung der hiesigen einstweiligen Verfügung – bekannt, dass – wie es auch die Antragsgegnerin vorgetragen hat – Rezepte für die Herstellung von „Dubai-Schokolade“ kursieren und vielfach umgesetzt werden. Jedenfalls durch diesen Gebrauch des Zusatzes „Dubai“ hat sich dieser – auch mit Wirkung für den Begriff „Dubai-Schokolade“ – eher zu einem Gattungsbegriff gewandelt, der insbesondere die Verwendung von Pistazien und Engelshaar oder ähnlichen süßen Produkten erfasst.

Dies gilt auch und gerade unter Berücksichtigung der von der Antragstellerin konkret angegriffenen Aufmachung. Das Produkt der Beklagten ist als „DUBAI SCHOKOLADE Zartbitter“ bezeichnet und trägt eine durchgehend in deutscher Sprache gefasste Aufschrift. Gestaltungsmerkmale, die weiter auf eine Herkunft aus Dubai hinweisen, fehlen – anders als z.B. im Verfahren vor dem Landgericht Köln, Beschl. v. 20.12.2024 – 33 O 513/24, Anlage ASt11) vollständig.

Das Landgericht Köln hat in dieser Entscheidung bereits die Bezeichnung „Dubai Chocolate“ ausreichen lassen. Dem folgt die Kammer wie oben dargestellt nicht in dieser Allgemeinheit.

Das Landgericht Köln hat jedoch darüber hinaus maßgeblich darauf abgestellt, dass die dort jeweils angegriffenen Verpackungen weitere Hinweise auf eine Herkunft des Produkts aus Dubai enthielten, nämlich einerseits die Verwendung der englischen Sprache („Dubai Chocolate“) und einer weiteren Sprache, die der Verbraucher nicht kenne, ferner ein Aufkleber, der darauf hinweise, dass das Produkt importiert sei. Die Kammer folgt insoweit dem Landgericht Köln dahingehend, dass zusätzliche Gestaltungsmerkmale – auch in der Werbung – bei nicht unwesentlichen Teilen des Verkehrs trotz der obigen Grundannahmen den Eindruck hervorrufen könnten, dass das Produkt aus Dubai stamme. An solchen Merkmalen fehlt es jedoch im Streitfall. Ganz im Gegenteil weist die Werbung ausdrücklich auf eine „Qualitäts-Eigenmarke“ der Beklagten hin, was einem Eindruck, das Produkt stamme aus Dubai, seinerseits entgegenwirkt.

Aus den oben genannten Gründen scheidet nach Auffassung der Kammer auch eine Irreführung gemäß § 5 Abs. 1, 2 Nr. 1 UWG aus.

Die vollständige Entscheidung finden Sie hier:

LG Düsseldorf: Keine Herkunftstäuschung gem. § 4 Nr. 3 lit. a) UWG hinsichtlich einer für Massenmarkt produzierten Lichterkette mangels wettbewerblicher Eigenart

LG Düsseldorf
Urteil vom 03.11.2022
14c O 21/21


Das LG Düsseldorf hat entschieden, dass keine Herkunftstäuschung gem. § 4 Nr. 3 lit. a) UWG hinsichtlich einer für den Massenmarkt produzierten Lichterkette mangels wettbewerblicher Eigenart vorliegt.

Aus den Entscheidungsgründen:
Der Klägerin stehen keine Ansprüche aus wettbewerblichem Nachahmungsschutz gemäß §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 9 Satz 1, 3 Abs. 1, 4 Nr. 3 lit. a) UWG zu. Es liegt keine unlautere Nachahmung durch Herbeiführung einer vermeidbaren Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft der Lichterketten im Sinne des § 4 Nr. 3 lit. a) UWG vor.

Im Einzelnen:

1. Die Kammer unterstellt zugunsten der Klägerin, dass diese Herstellerin der von ihr vertriebenen Lichterkette ist. Dann ist sie als Mitbewerberin der Beklagten gemäß §§ 2 Abs. 1 Nr. 4, 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG aktivlegitimiert.

2. Bei dem gewerblichen Anbieten und Inverkehrbringen der angegriffenen Lichterketten durch die Beklagte handelte es sich auch um geschäftliche Handlungen im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG.

3. Indes lag keine vermeidbare Herkunftstäuschung im Sinne des § 4 Nr. 3 lit. a) UWG vor.

Gemäß § 4 Nr. 3 lit. a) UWG handelt unlauter, wer Waren anbietet, die eine Nachahmung der Waren eines Mitbewerbers sind, wenn er dadurch eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt.

Der Vertrieb eines nachahmenden Erzeugnisses kann wettbewerbswidrig sein, wenn das nachgeahmte Produkt über wettbewerbliche Eigenart verfügt und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen. So verhält es sich, wenn die Nachahmung geeignet ist, eine Herkunftstäuschung hervorzurufen und der Nachahmer geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäuschung unterlässt. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen, so dass bei einer größeren wettbewerblichen Eigenart und einem höheren Grad der Übernahme geringere Anforderungen an die besonderen Umstände zu stellen sind, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen und umgekehrt (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 01.07.2021, I ZR 137/20, Rn. 15 – Kaffeebereiter; BGH, Urt. v. 20.09.2018, Az. I ZR 71/17, Rn. 11 – Industrienähmaschinen; BGH, Urt. v. 16.11.2017, Az. I ZR 91/16, Rn. 13 – Handfugenpistole).

a. Die Lichterkette der Klägerin weist schon nicht die erforderliche wettbewerbliche Eigenart auf, weil es sich um eine „Massenware“ handelt, bei der der Verkehr keinen Wert auf die Herkunft aus einem bestimmten Betrieb legt.

aa. Einem Erzeugnis kommt wettbewerbliche Eigenart zu, wenn seine konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen. Maßgeblich für die Bestimmung der wettbewerblichen Eigenart ist der Gesamteindruck des nachgeahmten Erzeugnisses. Dieser kann auch durch Gestaltungsmerkmale bestimmt oder mitbestimmt werden, die zwar nicht für sich genommen, aber in ihrem Zusammenwirken geeignet sind, im Verkehr auf die Herkunft des nachgeahmten Produkts aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 01.07.2021, I ZR 137/20, Rn. 20 – Kaffeebereiter; BGH, Urt. v. 16.11.2017, Az. I ZR 91/16, Rn. 14 – Handfugenpistole; BGH, Urt. v. 15.12.2016, Az. I ZR 197/15, Rn. 19 – Bodendübel).

Für die wettbewerbliche Eigenart kommt es nicht darauf an, dass die angesprochenen Verkehrskreise den Hersteller der Ware namentlich kennen; erforderlich ist aber, dass sie annehmen, die Ware stamme von einem bestimmten Hersteller, wie auch immer dieser heißen möge, oder sei von einem mit diesem verbundenen Unternehmen in Verkehr gebracht worden (BGH, Urt. v. 16.11.2017, Az. I ZR 91/16, Rn. 14 – Handfugenpistole).

Auf die Neuheit der Gestaltung kommt es ebenso wenig an, wie darauf, ob die zur Gestaltung eines Produktes verwendeten Einzelmerkmale originell sind. Entscheidend ist vielmehr, ob sie in ihrer Kombination den Produkten ein Gepräge geben, das dem angesprochenen Verkehr einen Rückschluss auf die betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten ermöglicht (OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.11.2018, Az. I-15 U 74/17, Rn. 60, zitiert nach juris; OLG Düsseldorf, Urt. v. 31.1.2012, Az. I-20 U 175/11, Rn. 111 – Tablet-PC, zitiert nach juris). Eine hohe Bekanntheit im Verkehr ist dabei nicht Voraussetzung; eine hohe Bekanntheit des Erzeugnisses kann aber das Vorliegen wettbewerblicher Eigenart indizieren oder deren Grad steigern (BGH, Urt. v. 28.05.2009, Az. I ZR 124/06, Rn. 37 – LIKEaBIKE; OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.11.2018, Az. I-15 U 74/17, Rn. 61, zitiert nach juris).

Wettbewerbliche Eigenart liegt insbesondere dann vor, wenn sich das Erzeugnis aufgrund besonderer Gestaltungsmerkmale von anderen Produkten im Marktumfeld so abhebt, dass der Verkehr es einem bestimmten Hersteller zuordnet (BGH, Urt. v. 24.01.2013, Az. I ZR 136/11, Rn. 24 – Regalsystem). Ein Erzeugnis hat hingegen keine wettbewerbliche Eigenart, wenn der angesprochene Verkehr die prägenden Gestaltungsmerkmale des Erzeugnisses nicht (mehr) einem bestimmten Hersteller oder einer bestimmten Ware zuordnet (BGH, Urt. v. 16.11.2017, Az. I ZR 91/16, Rn. 14 – Handfugenpistole). Insoweit ist es erforderlich, dass der Verkehr – anders als dies bei „Allerweltserzeugnissen” oder „Dutzendware” der Fall ist – auf die betriebliche Herkunft des Erzeugnisses Wert legt und gewohnt ist, aus bestimmten Merkmalen auf die betriebliche Herkunft zu schließen (BGH, Urt. v. 15.12.2016, Az. I ZR 197/15, Rn. 38 – Bodendübel; BGH, Urt. v. 22.03.2012, Az. I ZR 21/11, Rn. 34 – Sandmalkasten; BGH, Urt. v. 02.04.2009, Az. I ZR 199/06, Rn. 10 – Ausbeinmesser; BGH, Urt. v. 21.09.2006, Az. I ZR 270/03,Rn. 26 – Stufenleitern; BGH, Urt. v. 03.05.1968, Az. I ZR 66/66, Rn. 41 – Pulverbehälter, zitiert nach juris). Denn die Funktion des (ungeschriebenen) Tatbestandsmerkmals der wettbewerblichen Eigenart besteht darin, den Schutz vor Nachahmung auf solche Leistungsergebnisse zu beschränken, die unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, der Verbraucher, der sonstigen Marktteilnehmer und der Allgemeinheit schutzwürdig sind (vgl. Köhler in: Köhler/ Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl. 2022, § 4 Rn. 3.30).

Angesprochene Verkehrskreise sind hier die Endverbraucher, die die Lichterkette erwerben. Die Kammermitglieder sind in der Lage, die sich insbesondere aus der Gestaltung ergebenden Herkunftsvorstellungen dieses Verkehrskreises aus eigener Sachkunde und Erfahrung zu beurteilen, da sie selbst Teil des angesprochenen Verkehrskreises sind und überdies als Mitglieder einer Spezialkammer für Wettbewerbssachen über besondere Expertise verfügen, die es ihnen ermöglicht, die Herkunftsvorstellungen des gesamten angesprochenen Verkehrskreises im Hinblick auf die streitgegenständlichen Produkte zu beurteilen.

bb. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kommt der Lichterkette der Klägerin keine wettbewerbliche Eigenart zu.

Zwar ist die Klägerin ihrer Darlegungslast nachgekommen und hat zu dem Produkt und dessen Merkmalen, die seine wettbewerbliche Eigenart begründen sollen, konkret vortragen und dies mit Abbildungen veranschaulicht. Insoweit wird auf die im Tatbestand wiedergegebenen Abbildungen und die Merkmalsgliederung Bezug genommen. Beim Markteintritt gab es auch keine Entgegenhaltungen, die dem Entstehen einer wettbewerblichen Eigenart der Lichterketten mit ihren zehn Sternen, die eine Kombination von 14 vierkantigen, spiegelsymmetrisch angeordneten Zacken und einer siebenkantigen Zacke sowie einem siebenkantigen Zackenstumpf aufweisen, entgegenstanden.

Gleichwohl vermochten die Lichterketten keine wettbewerbliche Eigenart zu erlangen, weil es sich um ein „Allerweltserzeugnis“ handelt, bei dem der Verkehr keinen Wert auf die betriebliche Herkunft legt. Die Lichterkette ist ein eher niedrigpreisiger, saisonaler Dekorationsartikel, der beim Discounter ALDI vertrieben wurde. Bei einem solchen Produkt steht für den Verkehr im Vordergrund, zu einem niedrigen Preis ein Erzeugnis zu erwerben, das nur vorübergehend (saisonal) genutzt wird, der Mode unterliegt und vielleicht schon im Folgejahr durch einen anderen Dekorationsartikel ersetzt wird. Es bedarf deshalb auch keiner hervorgehobenen Qualität, sondern vornehmlich eines gefälligen Designs und eines nicht zu hohen Preises. Die Lichterkette wird daher – wie auch die Klägerin annimmt – ohne größere Prüfung und Beschäftigung erworben. Für den Verkehr, der davon ausgeht, dass die notwendige Produktsicherheit und ein Mindestmaß an Qualität durch die Einkaufsabteilung des Discounters sichergestellt werden, ist unerheblich, woher das Produkt kommt. So wird er zwar annehmen, dass das Produkt – wie solche Erzeugnisse häufig – wahrscheinlich in Fernost produziert wurde, sich über die Herkunft aus einem bestimmten Betrieb aber gerade keine Vorstellung machen. Damit geht auch einher, dass die Verpackung zwar einen Hinweis auf den Importeur aufweist, dies aber gänzlich untergeordnet, da die Herkunft den Verkehr regelmäßig nicht interessiert. Auffällig sind vielmehr die Handelsmarke des Discounters und die sich in die Produktlinie der unter dieser Handelsmarke vertriebenen Produkte einfügende Aufmachung, die der Verkehr ebenfalls dem Discounter und nicht etwa dem Hersteller des jeweiligen Erzeugnisses zuordnet.

Insoweit weiß der Verbraucher auch, dass Discounter nicht nur einige wenige Lieferanten haben, sondern mit wechselnden Vertragspartnern erst niedrige Preise im Einkauf erzielen und an die Endkunden weitergeben können. Die üblichen Lieferantenwechsel zeigen sich auch darin, dass auch die Klägerin nunmehr ihr Produkt bei dem Discounter LIDL platziert hat und dort den Lieferanten ersetzt, während 2020 die Lichterkette der Beklagten das Produkt der Klägerin bei dem Discounter ALDI ersetzte, hiernach aber wieder die Klägerin lieferte.

Zurecht weist die Beklagte darauf hin, dass mit den „solange der Vorrat reicht“-Angeboten saisonaler Artikel beim Discounter, grundsätzlich die Erwartung ausgeschlossen wird, dasselbe Erzeugnis in der Folgesaison zu erwerben. Kommt es ihm ausnahmsweise darauf an, wird er mit erhöhter Aufmerksamkeit die Produktübereinstimmung prüfen und die Unterschiede feststellen, wobei es ihm auch dann nicht auf den Hersteller, sondern eben die Produktübereinstimmung ankommt.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Freiburg: ALDI darf in Italien geerntete Bio-Äpfel nicht mit dem Hinweis versehen dass diese aus Deutschland stammen

LG Freiburg
Urteil vom 14.01.2020
12 O 88/19 KfH


Das LG Frankfurt hat entschieden, dass ALDI in Italien geerntete Bio-Äpfel nicht mit dem Hinweis versehen darf, dass diese aus Deutschland stammen. Die Äpfel waren lediglich in Deutschland verpackt worden. Es liegt eine wettbewerbswidrige Irreführung vor.

BGH: Bezeichnung Champagner Sorbet zulässig wenn die Zutat Champagner den Geschmack des Produkts bestimmt

BGH
Urteil vom 19.07.2018
I ZR 268/14
Champagner Sorbet II
Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 Art. 118m; Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 Art. 103; MarkenG § 135


Der BGH hat entschieden, dass die Bezeichnung Champagner Sorbet zulässig ist, wenn die Zutat Champagner den Geschmack des Produkts bestimmt.

Leitsätze des BGH:

a) § 135 MarkenG ist auf Verstöße gegen die in Art. 118m der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und Art. 103 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 geregelten Verletzungstatbestände analog anzuwenden. Für die tatsächlichen Voraussetzungen solcher Verstöße ist der Kläger darlegungs- und beweisbelastet.

b) Das Ansehen der geschützten Ursprungsbezeichnung "Champagne" wird bei der Verwendung für ein als "Champagner Sorbet" bezeichnetes Produkt, das als Zutat Champagner enthält, unter Verstoß gegen Art. 118m Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und Art. 103 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 ausgenutzt, wenn die Zutat Champagner nicht den Geschmack des Produkts bestimmt.

c) Die Zutat Champagner bestimmt nicht den Geschmack eines als "Champagner Sorbet" bezeichneten Produkts, wenn das Produkt zwar einen weinerzeugnisartigen Geschmack aufweist, dieser aber nicht vorrangig durch Champagner, sondern durch andere Inhaltsstoffe hervorgerufen wird. Hierzu ist in einem ersten Schritt der Geschmack des Produkts festzustellen. In einem zweiten Schritt, der die Einholung eines Sachverständigengutachtens erfordern kann, ist der Ursache des Geschmacks nachzugehen.

d) Bestimmt die Zutat Champagner nicht den Geschmack eines als "Champagner Sorbet" bezeichneten Produkts, so liegt regelmäßig zugleich eine Irreführung im Sinne des Art. 118m Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und des Art. 103 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 vor.

BGH, Urteil vom 19. Juli 2018 - I ZR 268/14 - OLG München - LG München I

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



LG Duisburg: Wettbewerbswidrige Irreführung durch Bewerbung von aufgetautem Fisch mit "Einfach mehr Frische"

LG Duisburg
Urteil vom 31.07.2018
22 O 4/18


Das LG Duisburg hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn aufgetauter Fisch mit dem Slogan "Einfach mehr Frische" beworben wird. Ware die tiefgekühlt war, darf nicht als "frisch" beworben werden. Die Verbraucherzentrale hatte Aldi Süd wegen entsprechender Werbung verklagt.

OLG Düsseldorf: Kunsthändler Achenbach muss Aldi-Erben Schadensersatz von über 16 Mio EURO wegen vorsätzliche sittenwidriger Schädigung und Betruges zahlen

OLG Düsseldorf
Urteil vom 28.06.2018
I – 5 U 92/17


Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass der Kunsthändler Achenbach den Aldi-Erben Schadensersatz von über 16 Mio EURO wegen vorsätzliche sittenwidriger Schädigung und Betruges im Zusammenhang mit dem Kauf von Kunstwerken zahlen muss.

Achenbach zu 16,1 Mio EUR Schadensersatz verurteilt

In dem Berufungsverfahren um die Schadensersatzforderungen der Albrecht-Erben gegen den Kunstberater Achenbach hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf unter der Leitung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Jenssen am 28.06.2018 das Urteil verkündet. Danach ist der Beklagte Achenbach den klagenden Albrecht-Erben zu Schadensersatz in Höhe von über 16,1 Mio € verpflichtet.

Nach den Ausführungen des Senats hafte der Beklagte Achenbach den Albrecht-Erben unter anderem wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung und wegen Betruges auf Schadensersatz. Nach einer Vereinbarung sollte Achenbach im eigenen Namen für den Erblasser Kunstwerke bei Galeristen ankaufen und diese an den Erblasser weitergeben. Ab dem Jahr 2010 sollte der Beklagte Achenbach für den Erblasser auch wertvolle Oldtimerfahrzeuge erwerben. Achenbach habe zu dem Erblasser eine Freundschaft gepflegt, deren Beziehung von einem "tiefen unumstößlichen Vertrauen" geprägt war. Dieses Vertrauen habe der Beklagte enttäuscht, indem er nicht nur seine Provisionen berechnet sondern auch weitere nicht vereinbarte Aufschläge auf die Einkaufspreise der Kunstobjekte und Oldtimerfahrzeuge vorgenommen habe. Zum Teil wurden von ihm auch Rechnungen manipuliert, um sein Vorgehen zu verschleiern.

Hinsichtlich der Schadenshöhe ist der Senat hinter den Forderungen der Albrecht-Erben zurückgeblieben. Im Verhandlungstermin am 17.05.2018 hatten die Kläger nach Hinweisen des Senats bereits einen Teil Ihrer Schadensersatzforderungen fallen gelassen und die Klage bezüglich der Werke "Mutter und Sohn" von Kirchner und "Maria" von Richter in Höhe von rund 1,1 Mio EUR zurückgenommen. Bei einigen weiteren Kunstobjekten und Fahrzeugen konnte der Senat entweder eine Täuschung oder eine Preismanipulation nicht feststellen, teilweise waren rechnerische Abzüge zu machen. So war bei dem in der mündlichen Verhandlung angesprochenen Fall des Ankaufs des Objektes "Esquina Positiva" von Munoz eine Manipulation der Rechnung nicht feststellbar. Allein der Umstand, dass auf der Internetseite von Christies ein geringerer Verkaufspreis angegeben war, lasse den Schluss auf eine Übervorteilung nicht zu. Eine solche hätten jedoch die Kläger zu beweisen.

Das Landgericht Düsseldorf hatte den Beklagten Achenbach am 25.04.2017 zur Zahlung von 18.781.095,70 Euro verurteilt und im Übrigen namhafte Beträge zur Insolvenztabelle der unter Insolvenzverwaltung stehenden Unternehmen festgestellt. Gegen dieses Urteil hatte Achenbach wie auch der Insolvenzverwalter der Achenbach-Unternehmen State of the Art AG und Achenbach Kunstberatung GmbH Berufung eingelegt.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Die Sache habe weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordere die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Aktenzeichen OLG: I – 5 U 92/17




EuGH: Eis darf als „Champagner Sorbet“ bezeichnet werden wenn es Champagner enthält und hauptsächlich danach schmeckt - keine Verletzung der geschützten Ursprungsbezeichnung "Champagne" bzw. "C

EuGH
Urteil vom 20.12.2017
C‑393/16
Comité Interprofessionnel du Vin de Champagne
gegen
Aldi Süd Dienstleistungs-GmbH & Co. OHG


Der EuGH hat entschieden, dass Eis als „Champagner Sorbet“ bezeichnet werden darf, wenn es nach Champagner enthält und hauptsächlich danach schmeckt. In einem solchen Fall der Schutzbereich der geschützten Ursprungsbezeichnung "Champagne" bzw. "Champagner" zwar berührt, aber gerechtfertigt.

Die Pressemitteilung des EuGH:

Speiseeis kann unter der Bezeichnung „Champagner Sorbet“ verkauft werden, wenn es als wesentliche Eigenschaft einen hauptsächlich durch Champagner hervorgerufenen Geschmack hat

Wenn das der Fall ist, profitiert diese Bezeichnung des Erzeugnisses nicht unberechtigt von der geschützten Ursprungsbezeichnung „Champagne“

Das Comité Interprofessionnel du Vin de Champagne, eine Vereinigung von Champagnerproduzenten, hat gegen den deutschen Discounter Aldi Süd vor den deutschen Gerichten Klage erhoben mit dem Ziel, Aldi Süd den Verkauf von Speiseeis unter der Bezeichnung „Champagner Sorbet“ zu untersagen. Dieses Sorbet, das Aldi Süd ab Ende 2012 zum Kauf anbot,
enthält 12 % Champagner. Nach Ansicht des Comité verletzt der Vertrieb des Sorbets unter dieser Bezeichnung die geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.) „Champagne“. Der in letzter Instanz mit diesem Rechtsstreit befasste Bundesgerichtshof (Deutschland) ersucht den Gerichtshof um die Auslegung der Unionsvorschriften über den Schutz von g.U. Mit seinem heutigen Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass die rechtswidrige Ausnutzung des Ansehens einer g.U. eine Verwendung dieser g.U. voraussetzt, die darauf abzielt, unberechtigt von ihrem Ansehen zu profitieren.

Es trifft zu, dass die Verwendung der Bezeichnung „Champagner Sorbet“ für ein Sorbet, das Champagner enthält, geeignet ist, auf dieses Erzeugnis das Ansehen der g.U. „Champagne“, die Güte- und Prestigevorstellungen vermittelt, zu übertragen und damit von diesem Ansehen zu profitieren.

Eine solche Verwendung der Bezeichnung „Champagner Sorbet“ profitiert jedoch nicht unberechtigt von der g.U. „Champagne“ (und nutzt daher nicht widerrechtlich deren Ansehen aus), wenn das fragliche Erzeugnis als wesentliche Eigenschaft einen hauptsächlich durch Champagner hervorgerufenen Geschmack hat. Es ist Sache des nationalen Gerichts, anhand der ihm
vorgelegten Beweise zu beurteilen, ob das der Fall ist. Hierzu weist der Gerichtshof darauf hin, dass die im Sorbet enthaltene Menge an Champagner ein wichtiges, aber kein ausreichendes Kriterium darstellt.

Der Gerichtshof stellt außerdem fest, dass die Bezeichnung „Champagner Sorbet“ auf der Aufmachung oder der äußeren Verpackung eines Sorbets, das nicht als wesentliche Eigenschaft einen hauptsächlich durch Champagner hervorgerufenen Geschmack hat, auch als falsche oder irreführende Angabe angesehen werden könnte und deshalb widerrechtlich wäre.
Eine g.U. genießt nämlich nicht nur Schutz vor falschen oder irreführenden Angaben, die geeignet sind, einen falschen Eindruck hinsichtlich des Ursprungs des betreffenden Erzeugnisses zu erwecken, sondern auch vor falschen und irreführenden Angaben, die sich auf die Natur oder die wesentlichen Eigenschaften des Erzeugnisses beziehen.

Schließlich führt der Gerichtshof aus, dass die in der Aufnahme in die Bezeichnung des fraglichen Erzeugnisses bestehende direkte Verwendung der g.U. „Champagne“, durch die offen eine mit ihr zusammenhängende geschmackliche Eigenschaft in Anspruch genommen wird, keine widerrechtliche Aneignung, Nachahmung oder Anspielung im Sinne der Unionsvorschriften über den Schutz von darstellt.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


LG Duisburg: Wettbewerbswidrige Werbung durch Aldi Süd - Lockangebot für Küchenmaschine die kurz nach Öffnung bereits ausverkauft ist

LG Duisburg
Urteil vom 06.12.2016
22 O 40/16


Das LG Duisburg hat entschieden, dass die Werbung von Aldi Süd für eine Küchenmaschine als unzulässiges Lockvogelangebot wettbewerbswidrig war, da diese kurz nach Öffnung der Läden bereits ausverkauft war.

Aus den Entscheidungsgründen:

"1.)
Die beanstandete Werbung verstößt gegen das Verbot von Lockangeboten in Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG.

a)
Nach dieser Vorschrift sind Waren- oder Dienstleistungsangebote im Sinne von § 5 a Abs. 3 UWG zu einem bestimmten Preis unzulässig, wenn der Unternehmer nicht darüber aufklärt, dass er hinreichende Gründe für die Annahme hat, er werde nicht in der Lage sein, diese oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen für einen angemessenen Zeitraum in angemessener Weise zum genannten Preis bereitzustellen oder bereitstellen zu lassen.

Dabei ist nach dieser Vorschrift nicht die unzulängliche Bevorratung der beworbenen Ware, sondern die unzureichende Aufklärung über die Produktverfügbarkeit zu beanstanden (OLG Hamm, GRUR-RR 2015, 533; Köhler/Bornkamm/Bornkamm, UWG, 34. Aufl. 2016, § 5 UWG, Rn. 8.1 b). Der Regelung liegt die rechtfertigende Erwägung zugrunde, dass der Verbraucher, wenn im Handel für den Verkauf bestimmter Waren öffentlich geworben wird, es erwartet, dass die angebotenen Waren zu dem angekündigten oder nach den Umständen zu erwartenden Zeitpunkt in einer solchen Menge vorhanden sind, dass die zu erwartende Nachfrage gedeckt ist. Besteht kein angemessener Warenvorrat, so wird der Verbraucher irregeführt und gegebenenfalls veranlasst, andere Waren zu kaufen (Köhler/Bornkamm/Bornkamm, UWG, 34. Aufl. 2016, § 5 UWG, Rn. 8.2).

Der Zeitraum, innerhalb dessen der Werbende die beworbene Ware zur Vermeidung einer Irreführung Vorhalten muss, lässt sich dabei nicht generell festlegen. Der Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG begründet deshalb in Nr. 5, Satz 2 eine widerlegliche Vermutung dahingehend, dass ein Warenvorrat nicht angemessen ist, wenn er nicht ausreicht, die Nachfrage für 2 Tage zu decken. Bei Unterschreitung dieses Zeitraums ist es zur Widerlegung dieser Vermutung dann Sache des Werbenden, den Nachweis für die eine geringere Vorratshaltung rechtfertigenden Gründe zu führen (Ohly/Sotznitzer/Sotznitzer, UWG, 7. Aufl. 2016, Anhang (zu § 3 Abs. 3), Rn. 17), wobei zu berücksichtigen ist, dass der Verkehr es bei einer einschränkungslos angebotenen Ware regelmäßig erwartet, dass sie in allen Filialen des Unternehmens in ausreichender Menge erworben werden kann (OLG Stuttgart, Urteil vom 13.03.2014, Az. 2 U 90/13, BeckRS 2016, 04133, Rn. 53; Ohly/Sotznitzer/Sotznitzer, UWG, 7. Aufl. 2013, Anhang (zu § 3 Abs. 3), Rn. 17).

Schließlich kann der Werbende eine Irreführung ausschließen, indem er in der Werbung die konkrete Warenmenge angibt oder durch andere aufklärende Hinweise einer Fehlvorstellung der Werbeadressaten entgegenwirkt (BGH, GRUR, 2011, 340; OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.05.2014, Az.: 15 U 44/14, Seite 10 (Bl. 149 GA)).

b)
Gemessen hieran liegt ein Verstoß gegen die vorgenannten Normen vor.

(1)
Unstreitig war die streitgegenständliche Studio Küchenmaschine in einigen Filialen der Beklagten - was nach dem Vorgesagten genügt - bereits um 8.10 Uhr ausverkauft, so dass die vorgenannte Vermutung für einen nicht angemessenen Warenvorrat greift.
(2)
Die Beklagte hat diese Vermutung nicht widerlegt. Sie hat die Angemessenheit ihrer Vorratshaltung bezogen auf die maßgebliche, nicht ausreichende Aufklärung hinsichtlich der Produktverfügbarkeit nicht ausreichend
dargelegt.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Duisburg: Geschwärzte Oliven dürfen nicht als schwarze Oliven beworben - wettbewerbswidrige Irreführung

LG Duisburg
Urteil vom 06.03.2015
2 O 84/14


Das LG Duisburg hat zutreffend entschieden, dass geschwärzte Oliven nicht als "schwarze Oliven" beworben werden dürfen. Das Gericht gab mit der Entscheidung einer Klage des vzbv gegen Aldi statt und sah in der Produktbezeichnung eine wettbewerbswidrige Irreführung.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Zunächst liegt hinsichtlich der Etikettierung, deren Unterlassung unter der Ziffer 1 angeordnet wird (im Zutatenverzeichnis Angabe „schwarze Oliven"), eine Irreführung vor. Denn bei der Bewerbung des Produkts auf der Schauseite des Etiketts mit der Bezeichnung "Spanische schwarze Oliven" handelt es sich eine irreführende Bezeichnung, da es sich tatsächlich nicht um natürlich schwarze Oliven handelt, was durch die Bezeichnung suggeriert wird, sondern lediglich um grüne, schwarz eingefärbte Oliven. Überdies ist nicht einmal in der Zutatenliste angegeben, dass es sich bei dem Inhalt lediglich um schwarz eingefärbte Oliven handelt."

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Düsseldorf: Dr. Oetker verliert erneut Puddingstreit Paula ./. Flecki - auch keine Patentverletzung

LG Düsseldorf
Urteil vom 20.11.2012
4b O 141/12


Dr. Oetker hat - wenig überraschend und völlig zu Recht - erneut im Puddingstreit Paula ./. Flecki eine Niederlage kassiert (siehe dazu auch ( OLG Düsseldorf: Paula gegen Flecki - Dr. Oetker unterliegt im Puddingstreit gegen Aldi ). In diesem Verfahren hatte der Markenherstelle nunmehr eine Patentverletzung bei der Herstellung gerügt. Allerdings stellte das LG Düsseldorf fest, dass bei der Herstellung im technischen Ablauf erhebliche Unterschiede bestehen.



OLG Düsseldorf: Paula gegen Flecki - Dr. Oetker unterliegt im Puddingstreit gegen Aldi

OLG Düsseldorf
Urteil vom 24.07.2012
Paula ./. Flecki


Das OLG Düsseldorf hat völlig zu Recht entschieden, das der von Aldi vertrieben Pudding "Flecki" keine unlautere Nachahmung des Dr. Oetker-Puddings "Paula" ist und auch nicht Rechte von Oetker an dem vom Puddinghersteller eingetragen Geschmacksmuster verletzt.


LG Düsseldorf: Pudding Flecki ist keine unlautere Nachahmung des Puddings Paula - Dr. Oetker ./. Aldi

LG Düsseldorf
Urteil vom 01.03.201
214c O 302/11
Paula ./. Flecki


Das LG Düsseldorf hat im Rechtsstreit zwischen der Dr. Oertker und Aldi entschieden, dass der von Aldi vertrieben Pudding "Flecki" keine unlautere Nachahmung des Puddings "Paula" ist. Aldi hat - so das Gericht - alles Erforderliche getan um eine Herkunftstäuschung zu verhindern. Auch eine Verletzung des eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters lehnte das Gericht ab.


Die vollständige Pressemitteilung des LG Düsseldorf finden Sie hier:
"LG Düsseldorf: Pudding Flecki ist keine unlautere Nachahmung des Puddings Paula - Dr. Oetker ./. Aldi" vollständig lesen