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LAG Köln: Freischaltung der Website eines Konkurrenzunternehmens kann Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot darstellen und eine außerordenrtliche Kündigung rechtfertigen

LAG Köln
Urteil vom 06.06.2024
6 Sa 606/23

Das LAG Köln hat entschieden, dass die Freischaltung der Website eines Konkurrenzunternehmens den Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot darstellen und eine außerordenrtliche Kündigung rechtfertigen kann.

Aus den Entscheidungsgründen:
II. Das Rechtsmittel bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Es kann daher insgesamt auf die ausführlichen Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen werden. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich daher auf Konkretisierungen, soweit sie durch die Berufungsbegründung veranlasst sind.

Die fristlose Kündigung vom 26.05.2023 hat das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien wirksam beendet. Die Firma K GmbH ist ein Konkurrenzunternehmen der Beklagten; seit der Freischaltung der Internetseite war sie werbend am Markt tätig; der Kläger hat durch die Weiterleitung von Kundenmails der Beklagten diese Firma unterstützt und damit gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen; dieser Wettbewerbsverstoß stellt einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB dar; die Kündigung ist innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB ausgesprochen worden; sie ist als ultima ratio verhältnismäßig und interessengerecht; eine Abmahnung war gemäß § 314 Abs. 2 Satz 2 BGB entbehrlich.

Die Rügen des Klägers gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts führen zu keinem anderen Ergebnis.

1. Die Auffassung des Klägers, bei der K GmbH handele es sich nicht um ein Konkurrenzunternehmen der Beklagten, versteht die erkennende Berufungskammer nicht. Daran hat sich auch auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung und durch die darauf abgegebenen Erklärungen des Klägers und seines Prozessbevollmächtigten nichts geändert: Abfall, Kunststoff, Logistik, Beratung. Selten sind Firmenprofile so deckungsgleich wie hier.


2. Mit seiner Auffassung, eine freigeschaltete Internetpräsenz sei keine werbende Tätigkeit, hat der Kläger das Bundesarbeitsgericht nicht an seiner Seite. Der 5. Leitsatz des von beiden Parteien zitierten Urteils vom 24.10.2021 - 10 AZR 8/19 - ist eindeutig: Mit der Freischaltung der Internetpräsenz beginnt die werbende Tätigkeit der fraglichen Firma. Ob der Kläger die Seite selbst freigeschaltet hat oder ob er selbst (Mehrheits-) Inhaber der Firma war, ist für die Frage, ob die Firma werbend tätig war oder nicht, unerheblich.

3. Gegenstand der fristlosen Kündigung wegen eines Wettbewerbsverstoßes ist die Prognose, dass in der Zukunft ein Vertrauensverhältnis nicht mehr bestehen und nicht mehr aufgebaut werden kann. Diese Prognose für die Zukunft ist gerechtfertigt, wenn in der Vergangenheit etwas geschehen ist, was die Arbeitgeberin als Loyalitätsverstoß betrachten kann. Es kommt daher darauf an, was der Kläger tut und nicht darauf, was er verdient. Ob also die Konkurrenzfirma Umsatz oder gar Gewinn erwirtschaftet hat, ist entgegen der Auffassung des Klägers irrelevant.

4. Wer im Vertrieb tätig ist, arbeitet mit Netzwerken, Adressen und Informationen. Wenn diese Informationen im Netz frei verfügbar sind, mögen sie einfacher zu schöpfen sein, als im gegenteiligen Fall. Das bedeutet aber nicht, dass die Weiterleitung von Kunden-Emails an Konkurrenzunternehmen dadurch unbedenklich werden, dass die Weiterleitung nur einen Internetlink betrifft. Denn das Finden dieser Adresse gehört zur Tätigkeit des Vertrieblers.

5. Der Kläger hat vertragswidrig eine Vielzahl an Emails weitergeleitet. Deshalb kommt es auf die eine Email vom 13.04.2023 nicht an und erst recht nicht auf die Frage, ob die Worte „eine sehr interessante Idee“ ironisch gemeint waren oder nicht. Die Annahme von Ironie ist allerdings an dieser Stelle auch nicht plausibel. Hier ist die Berufungskammer erneut der gleichen Auffassung wie das Arbeitsgericht, welches die Behauptung des Klägers nach den Maßstäben des § 286 ZPO als Schutzbehauptung betrachtet hat.

6. Die Einlassung des Klägers, er habe die Emails seiner Arbeitgeberin an seinen Bruder, den Geschäftsführer eines Konkurrenzunternehmens, weitergeleitet, um dessen Kenntnisse und Erfahrungen als Kunststoffexperten zu nutzen, ist nicht plausibel und kann nicht mit dem Inhalt der Emails in Einklang gebracht werden. In keiner der Emails bittet der Kläger seinen Bruder um Rat und nirgends kommt dort eine Motivation des Klägers zum Ausdruck, sich von seinem Bruder (oder dessen Firma) helfen lassen zu müssen.

7. Insgesamt ist die Berufungskammer mit dem Arbeitsgericht nach dem Maßstab des § 286 ZPO einer Meinung, dass der Kläger vorsätzlich ein Konkurrenzunternehmen seiner Arbeitgeberin unterstützt und damit verbotenen Wettbewerb betrieben hat. Das reicht als wichtiger Grund im Sinne des § 626 BGB. Hinsichtlich der Interessenabwägung und der Verhältnismäßigkeit kann wieder auf die Entscheidung des Arbeitsgerichts Bezug genommen werden.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Vorlagebeschluss liegt im Volltext vor - BAG legt EuGH Fragen zur Auslegung von Art. 82 DSGVO und Art. 88 DGSVO vor

BAG
Beschluss vom 22.09.2022
8 AZR 209/21


Wir hatten bereits in dem Beitrag "BAG legt EuGH Fragen zur Auslegung von Art. 82 DSGVO und Art. 88 DGSVO vor - Immaterieller Schadensersatz bei Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses" über die Entscheidung berichtet.

Tenor der Entscheidung:

I. Der Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Art. 267 AEUV um Vorabentscheidung über die Fragen ersucht:

1. Ist eine nach Art. 88 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung; im Folgenden DSGVO) erlassene nationale Rechtsvorschrift – wie etwa § 26 Abs. 4 Bundesdatenschutzgesetz, im Folgenden BDSG -, in der bestimmt ist, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten – einschließlich besonderer Kategorien personenbezogener Daten – von Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses auf der Grundlage von Kollektivvereinbarungen unter Beachtung von Art. 88 Abs. 2 DSGVO zulässig ist, dahin auszulegen, dass stets auch die sonstigen Vorgaben der DSGVO – wie etwa Art. 5, Art. 6 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 DSGVO – einzuhalten sind?

2. Sofern die Frage zu 1. bejaht wird:

Darf eine nach Art. 88 Abs. 1 DSGVO erlassene nationale Rechtsvorschrift – wie § 26 Abs. 4 BDSG – dahin ausgelegt werden, dass den Parteien einer Kollektivvereinbarung (hier den Parteien einer Betriebsvereinbarung) bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Datenverarbeitung im Sinne der Art. 5, Art. 6 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 DSGVO ein Spielraum zusteht, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist?

3. Sofern die Frage zu 2. bejaht wird:

Worauf darf in einem solchen Fall die gerichtliche Kontrolle beschränkt werden?

4. Ist Art. 82 Abs. 1 DSGVO dahin auszulegen, dass Personen ein Recht auf Ersatz des immateriellen Schadens bereits dann haben, wenn ihre personenbezogenen Daten entgegen den Vorgaben der DSGVO verarbeitet wurden oder setzt der Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens darüber hinaus voraus, dass die betroffene Person einen von ihr erlittenen immateriellen Schaden – von einigem Gewicht – darlegt?

5. Hat Art. 82 Abs. 1 DSGVO spezial- bzw. generalpräventiven Charakter und muss dies bei der Bemessung der Höhe des zu ersetzenden immateriellen Schadens auf der Grundlage von Art. 82 Abs. 1 DSGVO zulasten des Verantwortlichen bzw. Auftragsverarbeiters berücksichtigt werden?

6. Kommt es bei der Bemessung der Höhe des zu ersetzenden immateriellen Schadens auf der Grundlage von Art. 82 Abs. 1 DSGVO auf den Grad des Verschuldens des Verantwortlichen bzw. Auftragsverarbeiters an? Insbesondere, darf ein nicht vorliegendes oder geringes Verschulden auf Seiten des Verantwortlichen bzw. Auftragsverarbeiters zu dessen Gunsten berücksichtigt werden?

II. Das Revisionsverfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über das Vorabentscheidungsersuchen ausgesetzt.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BAG legt EuGH Fragen zur Auslegung von Art. 82 DSGVO und Art. 88 DGSVO vor - Immaterieller Schadensersatz bei Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses

BAG
Beschluss vom 22.09.2022
8 AZR 209/21


Der BAG hat dem EuGH Fragen zur Auslegung von Art. 82 DSGVO und Art. 88 DSGVO zur Entscheidung vorgelegt. Es geht dabei um die Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses und möglichen Ansprüchen auf immateriellen Schadensersatz.

Die Vorlagefragen:

I. Der Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Art. 267 AEUV um Vorabentscheidung über die Fragen ersucht:

1. Ist eine nach Art. 88 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung; im Folgenden DSGVO) erlassene nationale Rechtsvorschrift – wie etwa § 26 Abs. 4 Bundesdatenschutzgesetz, im Folgenden BDSG – in der bestimmt ist, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten – einschließlich besonderer Kategorien personenbezogener Daten – von Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses auf der Grundlage von Kollektivvereinbarungen unter Beachtung von Art. 88 Abs. 2 DSGVO zulässig ist, dahin auszulegen, dass stets auch die sonstigen Vorgaben der DSGVO – wie etwa Art. 5, Art. 6 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 DSGVO – einzuhalten sind?

2. Sofern die Frage zu 1. bejaht wird:
Darf eine nach Art. 88 Abs. 1 DSGVO erlassene nationale Rechtsvorschrift – wie § 26 Abs. 4 BDSG – dahin ausgelegt werden, dass den Parteien einer Kollektivvereinbarung (hier den Parteien einer Betriebsvereinbarung) bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Datenverarbeitung im Sinne der Art. 5, Art. 6 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 DSGVO ein Spielraum zusteht, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist?

3. Sofern die Frage zu 2. bejaht wird:
Worauf darf in einem solchen Fall die gerichtliche Kontrolle beschränkt werden?

4. Ist Art. 82 Abs. 1 DSGVO dahin auszulegen, dass Personen ein Recht auf Ersatz des immateriellen Schadens bereits dann haben, wenn ihre personenbezogenen Daten entgegen den Vorgaben der DSGVO verarbeitet wurden oder setzt der Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens darüber hinaus voraus, dass die betroffene Person einen von ihr erlittenen immateriellen Schaden – von einigem Gewicht – darlegt?

5. Hat Art. 82 Abs. 1 DSGVO spezial- bzw. generalpräventiven Charakter und muss dies bei der Bemessung der Höhe des zu ersetzenden immateriellen Schadens auf der Grundlage von Art. 82 Abs. 1 DSGVO zulasten des Verantwortlichen bzw. Auftragsverarbeiters berücksichtig werden?

6. Kommt es bei der Bemessung der Höhe des zu ersetzenden immateriellen Schadens auf der Grundlage von Art. 82 Abs. 1 DSGVO auf den Grad des Verschuldens des Verantwortlichen bzw. Auftragsverarbeiters an? Insbesondere, darf ein nicht vorliegendes oder geringes Verschulden auf Seiten des Verantwortlichen bzw. Auftragsverarbeiters zu dessen Gunsten berücksichtigt werden?

II. Das Revisionsverfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über das Vorabentscheidungsersuchen ausgesetzt.



OLG Frankfurt: Leitende Mitarbeiter können nach § 831 Abs. 1 BGB persönlich auf Unterlassung wegen verunglimpfender Schreiben durch Mitarbeiter in Anspruch genommen werden

OLG Frankfurt
Beschluss vom 15.07.2021
6 W 40/21


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass leitende Mitarbeiter nach § 831 Abs. 1 BGB persönlich auf Unterlassung wegen wettbewerbswidriger verunglimpfender Schreiben durch Mitarbeiter in Anspruch genommen werden können.

Aus den Entscheidungsgründen:

A. Hinsichtlich des Antrags zu II. c) steht der Antragstellerin nach den zutreffenden Erwägungen des Landgerichts zu den - in der Beschwerde nicht mehr relevanten - Anträgen zu II a) und d) ebenfalls ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8 Abs. 1 und 3, 3, 4 Nr. 1 UWG zu.

1. Ob eine Herabsetzung oder Verunglimpfung im Sinne von § 4 Nr. 1 UWG vorliegt, beurteilt sich nach dem Eindruck der angesprochenen Verkehrskreise. Erforderlich ist eine Gesamtwürdigung, bei der die Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Inhalt und die Form der Äußerung, ihr Anlass und der Zusammenhang, in den sie gestellt ist, sowie die Verständnismöglichkeiten des angesprochenen Verkehrs zu berücksichtigen sind (BGH, Urteil vom 1.3.2018 - I ZR 264/16 - Verkürzter Versorgungsweg II, juris Rn 15 = GRUR 2018, 622; Köhler/Bornkamm/Feddersen UWG, 39. Aufl., § 4 RN 1.13 m.w.N.).

Nach diesem Maßstab kann die mit dem Antrag zu II. c) angegriffene Äußerung der Antragsgegner „Wurde Ihnen eine Erbschaft, ein Gewinn oder Ähnliches in Aussicht gestellt?“ im Gesamtzusammenhang des Schreibens vom 29.1.2021 von dem Adressaten nur so verstanden werden, als vermuteten die Antragsteller, dass dieser die streitbefangene Zahlung nur deshalb veranlasst habe, weil ihm - in betrügerischer Absicht - ein entsprechender Vorteil versprochen wurde. Die Frage danach, ob dem Adressaten eine Erbschaft oder ein Gewinn in Aussicht gestellt wurde, rekurriert augenscheinlich auf entsprechende, in der Öffentlichkeit aktuell breit diskutierte Betrugsmaschen. Eine solche Verbindung aber setzt die Dienstleistungen der Antragsgegnerin grundlos im Sinne von § 4 Nr. 1 UWG pauschal herab. Es kommt hinzu, dass die Äußerung zur Erreichung des Ziels der Antragsgegner, den Adressaten im Rahmen ihrer Verpflichtung nach § 675o Abs. 1 BGB über den Grund zu unterrichten, weshalb sein Zahlungsauftrag nicht ausgeführt wurde, gar nicht erforderlich ist.

2. Die Antragsgegner zu 2) und 3) können von der Antragstellerin wegen des Wettbewerbsverstoßes gemäß § 831 Abs. 1 BGB auf Unterlassung persönlich in Anspruch genommen werden (- zur Anwendbarkeit von § 831 BGB im Lauterkeitsrecht vgl. BGH WRP 2012, 1517 - DAS GROSSE RÄTSELHEFT). Die Antragsgegner zu 2) und 3) sind als leitende Mitarbeiter der Antragsgegnerin zu 1) für die Wettbewerbsverstöße verantwortlich, die die ihnen nachgeordneten Mitarbeiter begehen, soweit sie sich nicht gemäß § 831 Abs. 1 Satz 2 exkulpieren können. Insoweit spielt es keine Rolle, dass es sich bei den Unterschriften der Antragsgegner zu 2) und 3) unter dem streitbefangenen Schreiben um Faksimile gehandelt hat und sie an der Erstellung des Schreibens nicht unmittelbar beteiligt waren. Eine Entlastung nach § 831 Abs. 2 BGB würde voraussetzten, dass den Antragsgegnern zu 2) und 3) bei der Auswahl und Überwachung der Mitarbeiter, die das streitgegenständliche Schreiben erstellt haben, keine Pflichtverletzung vorgeworfen werden könnte (Palandt/Sprau BGB; 80. Auflage, § 831 Rn 10 ff. - m.w.N.). Trotz eines entsprechenden Hinweises des Senats haben die insoweit darlegungspflichtigen Antragsgegner jedoch keine Umstände vorgetragen, aus denen sich dies ablesen ließe. Der Umstand, dass die nachgeordneten Mitarbeiter nach den Vorgaben aus einem Organisationshandbuch gehandelt haben, gibt keinen Aufschluss darüber, wie es zu den inhaltlichen Formulierungen in dem streitgegenständlichen Schreiben gekommen ist, und auf welche Weise von den Antragsgegnern zu 2) und 3) überhaupt überwacht wird, welche Formulierungen genutzt werden.

B. Die weiteren Anträge hat das Landgericht allerdings zu Recht zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegner insoweit keinen Anspruch auf Unterlassung nach §§ 8 Abs. 1 und 3, 3, 4 Nr. 1 bzw. 4 Nr. 4 UWG oder auf der Grundlage eines deliktischen Schadenersatzanspruches. Im Einzelnen:

1. Der Unterlassungsantrag zu I., der darauf gerichtet ist, den Antragsgegnern zu verbieten, Zahlungen an die Antragstellerin zu behindern oder Überweisungen, Lastschriften und Einzugsermächtigungen zugunsten der Antragstellerin nicht durchzuführen oder deren Bearbeitung zu verweigern, ist viel zu weit gefasst. Er kann schon aus diesem Grund keinen Erfolg haben, egal auf welche der vorgenannten Anspruchsgrundlage man in stützen wollte.

Das Landgericht hat in dem angefochtenen Beschluss zu Recht festgestellt, dass die von der Antragstellerin gewählte Negativformulierung (auch) eine unzulässige Verpflichtung der Antragsgegner zur Ausführung von Zahlungsaufträgen enthält, die die Antragsgegnerin zu 1) gar nicht ausführen darf, weil die Ausführung gegen von § 675o Abs. 2 BGB gemeinten Rechtsvorschriften verstoßen würde. Es sind zudem andere Konstellationen denkbar, in denen die Antragstellerin zu 1) in rechtmäßiger Weise gehindert ist, einen entsprechenden Auftrag eines ihrer Kunden zugunsten der Antragstellerin auszuführen (z.B. mangelnde Kontodeckung, Widerruf des Auftrags, unzutreffende Kontonummer, erkennbarer Irrtum etc.). Die Antragstellerin hätte deshalb ihr Unterlassungsbegehren inhaltlich konkretisieren, also die zu beseitigende Störung so genau wir möglich beschreiben müssen. Dies hat sie jedoch auch in der Beschwerde nicht getan.

Soweit die Antragstellerin einwendet, das Landgericht hätte auf den - zu weit gefassten - Antrag nach § 308 Abs. 1 ZPO jedenfalls das darin versteckte Weniger zusprechen müssen, macht sie es sich zu leicht. Das Gericht darf im Rahmen von § 308 Abs. 1 ZPO zwar weniger zusprechen als beantragt. Im Falle von Unterlassungsanträgen kommt eine vom Gericht definierte Einschränkung aber dann nicht in Betracht, wenn - wie hier - die Einschränkung des Unterlassungsgebots daran scheitert, dass die Anzahl der Fälle rechtmäßigen alternativen Verhaltens unüberschaubar ist und damit die Gefahr besteht, dass das Gericht das beantragte Verbot inhaltlich verändert oder erweitert oder auf einen vom Kläger nicht geltend gemachten Antragsgrund stützt (vgl. Zöller/Feskorn ZPO, 33. Aufl., § 308 Rn 4a; BGH, Urteil vom 26.9.2000 - VI ZR 279/99, juris Rn 9 ff.).

2. Auch die Anträge zu II. b) sowie III. können keinen Erfolg haben.

a) Die Antragstellerin hat gegenüber den Antragsgegnern insoweit keinen Anspruch auf Unterlassung nach §§ 8 Abs.1 und 3, 3 Abs. 1 i.V.m. § 4 Nr. 1 UWG. In den an den Adressaten des Schreibens vom 29.1.2021 gerichteten Fragen „Sie möchten, dass X das Geld tatsächlich bekommt?“ sowie der Aufforderung „Schicken Sie uns hierzu alle Unterlagen, die Ihnen vorliegen.“ liegt nach den Gesamtumständen keine Herabsetzung oder Verunglimpfung im oben genannten Sinne.

Auch die Antragstellerin stellt nicht in Abrede, dass die Antragsgegnerin zu 1) als Kreditinstitut und Zahlungsdienstleisterin die RTS-Verordnung [(EU) 2018/389] zu beachten hat und danach einen Transaktionsüberwachungsmechanismus unterhalten muss, der ihr für den Zweck der Umsetzung der in der VO genannten Sicherheitsmaßnahmen die Erkennung nicht autorisierter oder betrügerischer Zahlungsvorgänge ermöglicht. Lehnt sie in der Folge einen Zahlungsauftrag ab, ist sie nach § 675o Abs. 1 BGB verpflichtet, den Zahlungsdienstnutzer hierüber unverzüglich zu unterrichten und soweit möglich, die Gründe für die Ablehnung sowie die Möglichkeiten anzugeben, wie die Fehler, die zur Ablehnung geführt haben, berichtigt werden können.

Die Antragsteller waren also nicht nur verpflichtet, dem Kunden Y mitzuteilen, dass sie den Zahlungsauftrag abgelehnt haben, sondern auch, was dieser zu tun hatte, damit der Auftrag dennoch ausgeführt würde. In diese - durch § 675o Abs. 1 BGB veranlasste - Begründung fügt sich die Äußerung: „Sie möchten, dass X das Geld tatsächlich bekommt?“, und weiter: „Veranlassen Sie bitte die Überweisung erneut“ als notwendiges Element ein, ohne das damit irgendeine Bewertung der Antragstellerin oder ihrer Geschäftstätigkeit verbunden wäre, die über die zum Zeitpunkt des Schreibens vom 29.1.2021 bereits erfolgte Ablehnung des Zahlungsauftrages hinausging. Soweit der Adressat Y die Äußerungen der Antragsteller im Hinblick auf die zuvor erfolgte Ablehnung seines Auftrages gleichwohl auf die Geschäftstätigkeit der Antragstellerin bezog, war dies jedenfalls im Rahmen der genannten Verpflichtungen der Antragsgegner unvermeidlich.

Die Wendung „Schicken Sie uns hierzu alle Unterlagen, die Ihnen vorliegen.“ geht zwar über das Handlungspostulat des § 675o Abs. 1 BGB hinaus. Da sie aber außer der Aufforderung keinerlei Aussageinhalt hat, lässt sich die Wendung weder als Herabsetzung noch als Verunglimpfung der Antragstellerin auffassen.

b) Die genannten Äußerungen stellen sich auch nicht als gezielte Behinderung im Sinne von § 4 Nr. 4 UWG dar, die einen Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 und 3, 3 Abs. 1 UWG begründen könnte.

Eine gezielte Behinderung ist anzunehmen, wenn bei objektiver Würdigung eine Maßnahme in erster Linie nicht auf die Förderung der eigenen wettbewerblichen Entfaltung, sondern auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers abzielt, also gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 19.4.2018 - I ZR 154/16 - Werbeblocker II, juris Rn 23 - m.w.N.).

Aus den dargestellten Gründen haben die Antragsgegner das streitbefangene Schreiben nicht mit dem Zweck versandt, die Geschäftstätigkeit der Antragstellerin zielgerichtet zu behindern, sondern ihren Verpflichtungen aus § 675o BGB nachzukommen.

c) Der von der Antragstellerin für sich reklamierte Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 und 3, 3 Abs. 2 UWG kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Vorschrift nicht dem Schutz der Antragstellerin als Mitbewerberin, sondern nur dem Schutz der Verbraucher dient (Köhler/Bornkamm/Feddersen UWG, 39. Aufl., § 3 Rn 2). Es ist indes weder vorgetragen noch ersichtlich, dass das beanstandete Handeln der Antragsgegner die Interessen der Verbraucher beeinträchtigen könnte.

d) Ein Unterlassungsanspruch wegen Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts oder des Rechts der Antragstellerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nach §§ 823, 1004 analog BGB scheitert daran, dass aus den vorgenannten Gründen in den angegriffenen Äußerungen keine rechtswidrige Verletzungshandlung gesehen werden kann.

Weiterhin können die Äußerungen auch nicht als Tatsachen angesehen werden, die einen Anspruch wegen Kreditgefährdung nach § 824 BGB für die Antragstellerin auslösen.

Und schließlich stellen sich die Äußerungen auch nicht als Beleidigungen der Antragstellerin dar, die Unterlassungsansprüche nach §§ 823 Abs. 2 BGB, 185 ff. StGB i.V.m. § 1004 BGB analog begründen könnten.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




LG Essen: 3.000 EURO Vertragsstrafe für fehlende Aufsichtsbehörde im Impressum auf Drittplattform - Unternehmen haftet für Fehler der Mitarbeiter nach § 278 BGB

LG Essen
Urteil vom 03.06.2020
44 O 34/19


Das LG Essen hat entschieden, dass ein Unternehmen hinsichtlich der Einhaltung einer zuvor abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung für seine Mitarbeiter nach § 278 BGB haftet. Vorliegend ging es um ein fehlerhaftes Impressum auf einer Drittplattform.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe in Höhe von 3.000,00 € gegen die Beklagte gemäß § 339 S. 1, 2 BGB in Verbindung mit der Unterlassungserklärung, § 311 Abs. 1 BGB. Die Parteien haben einen wirksamen Unterlassungsvertrag mit einer wirksamen Vertragsstrafenvereinbarung geschlossen. Ein entsprechender Vertrag mit Strafversprechen im Sinne der §§ 339 ff. BGB wurde durch die Unterlassungserklärung der Beklagten vom 28.3.2018 und Annahme seitens des Klägers am 29.3.2018 begründet. In diesem verpflichtet sich die Beklagte gegenüber dem Kläger es zu unterlassen, Telemedien im Sinne des § 1 Abs. 1 TMG anzubieten, ohne innerhalb dieser angebotenen Telemedien leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar im Impressum die zuständige Aufsichtsbehörde anzugeben, die die aus der Erteilung der Erlaubnis nach § 34 c GewO resultierenden Verpflichtungen überwacht. Für den Fall der Zuwiderhandlung verpflichtete sich die Beklagte zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 3.000 Euro an den Kläger.

Dieser Vertrag ist auch entgegen der Ansicht der Beklagten insgesamt wirksam. Insbesondere ergibt sich keine Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 1 BGB. Die §§ 305 ff. BGB sind auf Unterlassungsverträge mit der Maßgabe anwendbar, dass sich die Inhaltskontrolle im unternehmerischen Verkehr nach den §§ 307, 310 Abs. 1 BGB richtet (Schaub in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, Vorbemerkung vor § 339, Rn. 4; ebenda, § 339 BGB, Rn. 1). Es liegt eine allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB vor. Bei der Vereinbarung, die die Grundlage des geltend gemachten Vertragsstrafenanspruchs darstellt, handelt es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung des Klägers, die dieser, ohne vorher im Sinne von § 305 Abs. 3 BGB ausgehandelt worden zu sein, einseitig stellte. Hierfür spricht, dass die Unterlassungserklärung bereits mit der Abmahnung übersandt wurde. Ferner folgt aus der inhaltlichen Gestaltung („Ich/Wir verpflichte(n) mich/uns“), dass es sich um für eine Vielzahl von Fällen vorformulierte Bedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB handelt. Die Inhaltskontrolle ist auch nach § 307 Abs. 3 BGB eröffnet, da es sich nicht um bloß deklaratorische Bestimmungen, sowie nicht Hauptleistungspflichten oder das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung handelt. Es fehlt jedoch an der, von der Beklagten behaupteten, unangemessenen Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben. Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn der Verwender der Klausel missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne die des Vertragspartners von vornherein hinreichend zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 13. November 2013 – I ZR 77/12 – , Rn. 13). Die Prüfung erfolgt dabei anhand eines generalisierenden, überindividuellen Maßstabs, dem eine von den im Einzelfall bestehenden Besonderheiten abstrakte, typisierende Betrachtung zu Grunde zu legen ist (Beater in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 339 BGB (Stand: 01.02.2020), Rn. 75; BGH, Urteil vom 13. November 2013 – I ZR 77/12 –, Rn. 13).

Die Unterlassungserklärung verpflichtet die Beklagte im Sinne dieses generalisierenden Maßstabs nicht, eine ihr unmögliche Handlung vorzunehmen. Die Beklagte hat sich in der Unterlassungserklärung lediglich verpflichtet, das Anbieten von Telemedien ohne die Nennung der Aufsichtsbehörde zu unterlassen. Insofern geht die Behauptung der Beklagten fehl, es liege ein Fall der subjektiven Unmöglichkeit vor, da nicht ersichtlich ist, warum die Nennung der richtigen Aufsichtsbehörde generell nicht durch die Beklagte erfolgen kann.

Die Beklagte kann auch nicht mit der Behauptung gehört werden, eine unangemessene Benachteiligung ergebe sich daraus, dass der Kläger mit Schreiben vom 14.5.2018 mitteilte, dass die für die Beklagte zuständige Aufsichtsbehörde der Kreis S sei. Insoweit ist nicht ersichtlich, wie sich die Äußerung am 14.5.2018 auf die Wirksamkeit der zuvor am 28.3.2018 abgegebene Unterlassungserklärung auswirken soll. Denn der Beurteilungszeitpunkt für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 307 Abs. 1 BGB ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2010 - XI ZR 200/09, NJW 2010, 2041 Rn. 30; BGH, Urteil vom 13. November 2013 – I ZR 77/12 –, Rn. 13).

Eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB durch eine erhebliche und in dieser Höhe unübliche Vertragsstrafe liegt ebenso nicht vor. § 348 HGB wirkt sich auf die Inhaltskontrolle der Klausel nicht aus (Steimle/Dornieden in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 5. Aufl. 2019, § 348 HGB, Rn. 18). Die Höhe der Vertragsstrafe von 3.000 EUR ist angemessen, weil die Beklagte wiederholt gegen den Unterlassungsvertrag verstoßen hat. Die Beklagte muss durch eine hohe Vertragsstrafe dazu angehalten werden, es künftig zu unterlassen, Telemedien im Sinne des § 1 Abs. 1 TMG anzubieten, ohne innerhalb dieser angebotenen Telemedien leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar im Impressum die zuständige Aufsichtsbehörde anzugeben, die die aus der Erteilung der Erlaubnis nach § 34c GewO resultierenden Verpflichtungen überwacht. Im kaufmännischen Verkehr ist der Unterlassungsschuldner generell weniger schutzwürdig und es überwiegt die Präventivfunktion der Strafe (Beater in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 339 BGB (Stand: 01.02.2020), Rn. 83). Auch muss die drohende Strafe hoch angesetzt werden, da der Unterlassungsschuldner nicht etwa, wie bei Austauschverträgen, durch vertragsoriginäres Eigeninteresse zur eigenen Vertragstreue angehalten wird.

Die Grenze, die erst dann überschritten sein soll, wenn die Strafe „bereits auf den ersten Blick außer Verhältnis zu dem mit der Vertragsstrafe sanktionierten Verstoß und den Gefahren steht, die mit möglichen zukünftigen Verstößen für den Unterlassungsgläubiger verbunden sind“ (BGH 13. 11. 2013 - I ZR 77/12, NJW 2014, 2180, Rn, 19), ist hier nicht erreicht.

Denn es handelt sich nicht um nicht abmahnfähige Bagatellverstöße. Dies gilt zum einen, da die vertragsstrafengesicherte Unterlassungserklärung ausdrücklich unter Anerkennung der gerügten Wettbewerbsverstöße erfolgte. Mit der vertraglichen Absicherung einer gesetzlichen Pflicht einigen sich die Parteien in aller Regel auch darüber, dass die gesetzliche Pflicht besteht (vgl. Rieble in: Staudinger (2015), Vorbemerkungen zu §§ 339 ff, Rn. 103). Die Vertragsstrafe dient vorliegend zur Durchsetzung einer solchen gesetzlichen Pflicht aus § 5 Abs. 1 Nr.3 TMG. Insoweit kann die Beklagte nicht damit gehört werden, das Unterlassen der Angabe stelle keinen Verstoß dar, da sie doch gerade diesen Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften zuvor anerkannt hat. Auch liegt tatsächlich ein Verstoß gegen § 3 a UWG vor, so dass der Vertragstext der Unterlassungserklärung nicht weiter geht, als es die gesetzlichen Vorschriften des Wettbewerbsrecht verlangen. § 5 TMG enthält Marktverhaltensregeln. Das Vorenthalten der dort festgelegten Informationspflichten ist stets spürbar im Sinne von § 3 a UWG, da die dort enthaltenen Verbraucherschutzvorschriften der Umsetzung von Unionsrecht dienen (vgl. BGH, Urteil vom 25.02.2016 I ZR 238/14, Rn.34).

Zum anderen steht die Vertragsstrafe auch nicht außer Verhältnis zum sanktionierten Verstoß und den, mit einem etwaigen zukünftigen Verstoß verbundenen Gefahren für den Unterlassungsgläubiger. § 5 Abs. 1 Nr. 3 TMG dient dem Verbraucherschutz und der Transparenz (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.07.2017 I – 15 U 100/16, S.7). Hierdurch soll es dem Verbraucher ermöglicht werden, sich bei der angegebenen Aufsichtsbehörde über den Bestand der Genehmigung (etwa der nach § 34 c I Nr.1 GewO) und somit letztlich über die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zu informieren. Angesichts dieser Zielsetzung wird somit ein wichtiges Ziel, die Einhaltung der Verbraucherschutzvorschriften, angestrebt.

Ferner ist der Verstoß gegen die Marktverhaltensregeln des § 5 TMG auch im Zusammenhang mit dem großen wirtschaftlichen Nutzen des Internets für die Beklagte und der dadurch erreichbaren hohen Reichweite des geschäftlichen Verkehrs zu sehen. Soweit die Beklagte im Internet für ihre Dienstleistungen werben will, hat sie auch die entsprechende unternehmerische Sorgfalt walten und sich anderenfalls die Folgen von fehlerhaften oder fehlenden Informationen vorhalten zu lassen.

Gegen diesen Unterlassungsvertrag wurde verstoßen, indem mindestens am 11.6.2018 die Angabe der zuständigen Aufsichtsbehörde im Impressum des Internetauftritts bei der Plattform G entgegen § 5 Abs. 1 Nr. 3 TMG fehlte und somit die Vertragsstrafe verwirkt wurde, § 339 S. 2 BGB.

Diesen Verstoß hat die Beklagte auch zu vertreten. Der Haftungsmaßstab richtet sich nach den §§ 276, 278 BGB, § 347 I HGB. Für das Fehlen des grundsätzlich vermuteten Verschuldens trägt der Schuldner, also die Beklagte, die Beweislast (Beater in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK- BGB, 9. Aufl., § 339 BGB (Stand: 01.02.2020), Rn. 66). Zwar trägt die Beklagte vor, sie sei ihrer aus der Unterlassungserklärungen resultierenden Pflicht nachgekommen, in dem sie alles versucht habe, um auf den ehemaligen Mitarbeiter einzuwirken und bei G die Löschung beantragt habe.

Dies kann jedoch dahinstehen, da ihr auch ein Verschulden des ehemaligen Mitarbeiters nach § 278 Alt. 2 BGB zuzurechnen ist. Denn hiernach hat der Schuldner sich das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen auch bezüglich einer Unterlassung zurechnen zu lassen (Caspers in: Staudinger, 2019, BGB § 278, Rn. 42; Heymann in: Heymann, HGB, 2. Aufl., § 348, Rn. 5). Dieser Gedanke, wie etwa § 8 Abs. 2 UWG zeigt, ist auch dem Wettbewerbsrecht nicht fremd. Verhindert werden sollen gerade solche Konstellationen, in denen sich der Unternehmensinhaber, hinter seinen Arbeitnehmern verstecken will. Auch das zwischenzeitliche Ausscheiden des Mitarbeiters vermag nicht an der Haftung der Unternehmensinhabers zu ändern (Seichter in: Ullmann, jurisPK-UWG, 4. Aufl., § 8 UWG (Stand: 26.03.2020), Rn. 151). Soweit also die Beklagte vorträgt, der Wettbewerbsverstoß sei nicht von ihr, sondern von einem ehemaligen Mitarbeiter begangen worden, führt dies nicht zu einer Widerlegung der Verschuldensvermutung.

Vielmehr muss sich die Beklagte auch Wettbewerbsverstöße zurechnen lassen (BGH 15.5.1985 - I ZR 25/83, NJW 1986, 127; BGH 30.3.1988 - I ZR 40/86, NJW 1988, 1907, 1908; BGH 22.1.1998 - I ZR 18/96, NJW 1998, 3342, 3343 f.; BGH 30.4.1987 - I ZR 8/85, NJW 1987, 3253 f.; OLG Frankfurt 6.6.1974 - 6 U [Kart] 15/74, NJW 1974, 2239; OLG Jena 5.5.2015 - 2 U 41/15 Rn. 4, WRP 2015, 1016).

Der Verstoß ist auch nicht bereits durch die Zahlung der Beklagten vom 29.5.2018 abgegolten. Denn die Parteien haben in ihrer Strafabrede vereinbart, dass die Vertragsstrafe bei jeder Zuwiderhandlung verwirkt sein soll. Jedenfalls scheint ein Abstand der jeweiligen Mahnung von fast einem Monat nicht dafür zu sprechen, von einem zeitlich einheitlichen Verstoß auszugehen. Ferner spricht der Sinn der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung nicht dafür, von nur einem Verstoß auszugehen. Denn aus der Unterlassungserklärung geht nicht der Wille hervor, nur einen Verstoß mahnen und bestehende oder weitere Verstöße dulden zu wollen.

Auch steht der Geltendmachung der Vertragsstrafe nicht das aus § 242 BGB folgende Gebot „venire contra factum proprium“ entgegen. Der Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens wäre gerechtfertigt, wenn im Rahmen einer wertenden Betrachtung der Gläubiger letztlich für den Strafverfall allein verantwortlich ist. Die Beklagte beruft sich hier auf das Schreiben vom 14.5.2018, in dem der Kläger den „Kreis S, L-Allee … in … S1“ als zuständige Aufsichtsbehörde aufführt.

Insoweit mag der Vorwurf, der Kläger habe sich widersprüchlich verhalten, nicht den Ausschluss nach § 242 BGB begründen. Vorliegend könnte ein relevantes widersprüchliches Verhalten nur angenommen werden, wenn ein Verhalten des Klägers für den Verstoß gegen die Unterlassungserklärung ursächlich gewesen wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Denn eine richtige Impressumsangabe unterblieb gänzlich und erfolgte nicht bloß, wegen des benannten Klägerschreibens, unrichtig.

Hier ist jedoch nicht ersichtlich, warum eine gegebenenfalls ungenaue Angabe der Aufsichtsbehörde durch den Kläger dafür ursächlich war, dass eine Angabe bei G gänzlich unterblieb. Letztlich obliegt es auch der Beklagten sicherzustellen, dass die ihr zuzurechnenden Telemedien den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.

Ferner steht der Geltendmachung der Vertragsstrafe unter diesem Gesichtspunkt auch die aus § 8 Abs. 4 UWG folgende Wertung nicht entgegen. Denn ein Missbrauch würde voraussetzen, dass für den Gläubiger rechtsfremde Motive bei der Geltendmachung leitend waren (Seichter in: Ullmann, jurisPK-UWG, 4. Aufl., § 8 UWG (Stand: 26.03.2020), Rn. 201). Ausschlaggebend bei der Bestimmung eines solchen Missbrauchs muss vorliegend der mit § 8 Abs. 4 UWG intendierte rechtspolitische Zweck, nämlich die Begrenzung eines kommerziellen Abmahnungswesens, sein. Entsprechende Tatsachen, die eine solche Annahme rechtfertigen könnten, wurden von dem Beklagten nicht vorgetragen.

Bezüglich der vorgebrachten subjektiven Unmöglichkeit ist das Vorbringen der Beklagten widersprüchlich, so dass dieses nicht im Rahmen einer, der Inhaltskontrolle nachgeschalteten, Ausübungskotrolle nach § 242 BGB berücksichtigt werden kann. Zwar lässt sie vortragen, dass sie selber die Zugangsdaten für die G-Seite nicht habe. Andererseits behauptet sie in den vorgerichtlichen Schriftsätzen, sie habe die „systemimmanente Löschfunktion“ veranlasst und zitiert die von G verschickte Bestätigung („Bitte beachte, dass deine Seite erst nach 14 Tagen dauerhaft gelöscht wird“). Insoweit ist dem Gericht nicht ersichtlich, wie ohne Kenntnis der Zugangsdaten überhaupt eine solche systemimmanente Löschung erfolgen konnte, die doch zwangsläufig nur von dem autorisierten Betreiber der Seite nach Bestätigung der Zugangsdaten erfolgen kann. Der Beklagten obliegt es insgesamt, wenn sie eine solche Unterlassungserklärung unterzeichnet, bestmöglich sicherzustellen, dass weitere Verstöße unterbleiben (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 2013 – I ZR 77/12 –, Rn. 26). Dies hätte, abstrakt gesehen, einfach erfordert, die richtigen Angaben entsprechend einzufügen. Wählt die Beklagte hingegen von sich aus die Löschung ihres Accounts, so begründet dies keine Verpflichtung zu einer unmöglichen Handlung, sondern ist lediglich Ausdruck ihres Unvermögens im Sinne der abgegebenen Verpflichtung zu handeln. In diesem Sinne hat die Beklagte durch das Einleiten des Löschvorgangs selbstverschuldet den Einfluss aus der Hand gegeben.

Der Geltendmachung steht auch nicht der Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung im Sinne der Verwirkung entgegen. Erforderlich für die Annahme einer Verwirkung ist das Vorliegen eines Zeit- und ein Umstandsmoments. Der Gläubiger muss ein ihm zustehendes Recht innerhalb eines gewissen Zeitraums nicht ausgeübt haben, so dass sich der Schuldner in schutzwürdiger Weise darauf verlassen durfte, nun nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Looschelders/Olzen in: Staudinger, 2019, BGB § 242, Rn. 300). Die Beklagte beruft sich zu Unrecht darauf, der Umstand, dass der Kläger seit dem 22.6.2018 von der Anspruchsverfolgung abgesehen habe, begründe die Verwirkung des Rechts. Denn gerade in dem Schreiben vom 22.6.2018 behält sich der Kläger die Wahrnehmung seiner Rechte vor, indem er klarstellt, dass das momentane Absehen von gerichtlichen Maßnahmen nicht die Duldung bestehender oder weiterer Zuwiderhandlungen enthalte. Ferner spricht gerade der durch § 5 TMG verfolgte Verbraucherschutz und das Interesse der Allgemeinheit an dessen strikter Durchsetzung gegen eine Verwirkung.

Die geltend gemachte Zinsforderung ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286, 288 Abs. 1, 247 BGB. Das Schreiben vom 12.6.2018 hatte verzugsbegründende Wirkung. Die geltend gemachte Vertragsstrafe ist wirksam und durchsetzbar. Nach Fristablauf am 20.6.2018 war die Zahlung fällig, so dass sich die Beklagte am 21.6.2018 im Verzug befand. Die Verschuldensvermutung nach § 286 Abs. 4 BGB wurde nicht widerlegt. Zwar stellt der Kläger in seinem Schreiben vom 15.8.2019 auf das Schreiben vom 14.5.2018 ab, dass den Verzug ab dem 21.06.2018 begründet haben soll. Die in dem Schreiben vom 15.8.2019 geforderte Vertragsstrafe wurde jedoch unstreitig gezahlt, so dass sich die Beklagte mit dieser nicht in Verzug befinden kann. Angesichts des richtig angegeben Verzugsbeginns (21.06.2018) ist das Schreiben der Klägerin jedoch dahingehend auszulegen, dass es sich um das Schreiben vom 12.6.2018 und die darin geforderte erneute Vertragsstrafe handeln soll."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



LAG Düsseldorf: Abmahnung eines Redakteurs eines Wirtschaftsmagazins der ohne die im Anstellungsvertrag vorgesehene Einwilligung des Verlags Artikel in Tageszeitung veröffentlicht gerechtfertigt

LAG Düsseldorf
Urteil vom 26.06.2019
4 Sa 9970/18


Das LAG Düsseldorf hat entschieden, dass die Abmahnung eines Redakteurs eines Wirtschaftsmagazins, der ohne die im Anstellungsvertrag vorgesehene Einwilligung des Verlags einen Artikel in einer Tageszeitung veröffentlicht, gerechtfertigt ist.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Landesarbeitsgericht Düsseldorf: Beitrag des Redakteurs eines Wirtschaftsmagazins ohne Einwilligung des Verlags in einer Tageszeitung - Abmahnung

Verhandlung am 26.06.2019 um 11.30 Uhr in Saal 107 des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf

Der Kläger ist Redakteur eines Wirtschaftsmagazins. Im Rahmen dieser Tätigkeit sollte er über die Eröffnung einer Fabrik eines deutschen Unternehmens in den USA berichten. Dort nahm er an einem Firmenevent teil, über das er für das Wirtschaftsmagazin einen Bericht verfasste. In diesem schilderte er den Verlauf eines Gesprächs mit der ausrichtenden Unternehmerin. Seinen Verzicht etwas zu essen habe er dieser gegenüber damit begründet, dass er "zu viel Speck überm Gürtel“ habe. Die Unternehmerin habe diese Aussage dadurch "überprüft“, dass sie ihm kräftig in die Hüfte gekniffen habe. Diese Passage wurde mit nachträglicher Billigung des Chefredakteurs gestrichen und der Bericht wurde ohne sie veröffentlicht. Der Versuch des Klägers, eine nachträgliche Veröffentlichung im Wirtschaftsmagazin zu erzielen, schlug fehl. Er kündigte darauf an, den Beitrag anderweitig zu ver-öffentlichen. Der Chefredakteur antwortete, dass dies wegen der Konkurrenzklausel im Arbeitsvertrag nicht gehe und verwies den Kläger auf eine Rücksprache mit der Personalabteilung.

Dennoch veröffentlichte der Kläger ohne Einwilligung der Beklagten, dem Verlag des Wirtschaftsmagazins, einen Beitrag mit dem Titel "Ran an den Speck“ in einer Tageszeitung, in dem er seine Erlebnisse über diesen Vorfall schilderte und diese in den Zusammenhang mit der #MeToo-Debatte stellte. Die Beklagte erteilte ihm deshalb eine Abmahnung. Der Kläger hält diese für ungerechtfertigt, weil es sich bei seinem Beitrag nicht um eine Nachricht, sondern um einen Debattenbeitrag feuilletonistischer Art gehandelt habe.

Das Arbeitsgericht hat die Klage auf Entfernung der Abmahnung abgewiesen, weil der Kläger arbeitsvertraglich verpflichtet gewesen sei, vor Ausübung einer Nebentätigkeit die Genehmigung der Beklagten einzuholen und bei Ablehnung ggfs. im Klagewege zu erstreiten. Dies gelte insbesondere, wenn die Kenntnis über die veröffentlichten Inhalte während der bezahlten Tätigkeit des Arbeitnehmers erlangt worden sind.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger weiterhin die Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte. Er verweist u.a. auf seine Meinungs- und Pressefreiheit (Art. 5 GG), die auch ihm als Redakteur zustehe.

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 4 Sa 9970/18

Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 24.08.2018 – 4 Ca 3038/18



OLG Frankfurt: Grundsätze zur Wettbewerbswidrigkeit von Abwerbeversuchen am Arbeitsplatz gilt auch bei Anruf über Privathandy

OLG Frankfurt
Urteil vom 09.08.2018
6 U 51/18


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die Grundsätze zur Wettbewerbswidrigkeit von Abwerbeversuchen am Arbeitsplatz gelten auch bei Anruf über das Privathandy des Angerufenen erfolgt.

Die Pressemitteilung des OLG Frankfurt:

Wettbewerbswidrige Abwerbung von Arbeitnehmern über ihr Privathandy

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute veröffentlichtem Urteil entschieden, dass die höchstrichterlichen Grundsätze zur Wettbewerbswidrigkeit von Abwerbeversuchen am Arbeitsplatz auch gelten, wenn der Arbeitnehmer nicht über den Dienstanschluss, sondern auf seinem privaten Handy angerufen wird. Der Anrufer müsse in diesem Fall zu Beginn des Gespräches nachfragen, ob der Angerufene am Arbeitsplatz sei.

Die Parteien sind jeweils bundesweit tätige Personaldienstleistungsunternehmen; sie überlassen gewerblich Personal an Dritte. Ein Mitarbeiter der Antragsgegnerin kontaktierte einen Mitarbeiter der Antragstellerin innerhalb von fünf Tagen insgesamt sieben Mal auf dessen privatem Handy zur üblichen Arbeitszeit, um ihm eine Arbeitsstelle bei der Antragsgegnerin anzubieten. Nachfragen, ob der Angerufene am Arbeitsplatz sei, erfolgten nicht.

Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin, es zu unterlassen, ihre Mitarbeiter an ihrem Arbeitsplatz zum Zwecke der Abwerbung anzurufen, soweit das Gespräch über eine erste Kontaktaufnahme hinausgeht.

Das Landgericht hat dem Antrag stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung hat auch vor dem OLG keinen Erfolg. Durch die Abwerbeversuche sei die Antragstellerin wettbewerbswidrig gezielt behindert worden.

Grundsätzlich sei das Abwerben von Mitarbeitern eines anderen Unternehmens zwar Bestandteil des freien Wettbewerbs und damit hinzunehmen. Unzulässig seien jedoch Abwerbemaßnahmen, „wenn die Ungestörtheit der Betriebsabläufe beeinträchtigt wird“. Bei der erforderlichen Abwägung, ob Anrufe während der Arbeitszeit unlauter seien, seien „die Interessen aller Beteiligten, also die der Arbeitnehmer sowie die der beteiligten Unternehmensinhaber zu berücksichtigen“. Daraus folge, dass ein Anruf zumutbar sei, „wenn er nur der ersten kurzen Kontaktaufnahme dient, bei welcher sich der Anrufer bekannt macht, den Zweck seines Anrufs mitteilt“ und das Interesse an einem vertieften Kontakt abfragt. „Folgekontakte am Arbeitsplatz“ seien hingegen wettbewerbsrechtlich unzulässig. „Ein Personalberater, der einen Mitarbeiter am Arbeitsplatz telefonisch zum Zwecke der Abwerbung anspricht, betreibt im Betrieb des Arbeitgebers eine gegen diesen gerichtete Werbung zu Gunsten eines Wettbewerbers“, betont das OLG unter Rückgriff auf höchstrichterliche Rechtsprechung. Dies müsse ein Arbeitsgeber „nicht unbeschränkt“ dulden.

Die dargestellten höchstrichterlichen Grundsätze würden auch gelten, wenn der Anruf nicht über das dienstliche Telefon, sondern über das private Handy des Mitarbeiters erfolge. In diesem Fall werde zwar nicht die technische Infrastruktur des Arbeitgebers beansprucht. Dieses Argument habe jedoch „durch die Veränderung in der Arbeitswelt deutlich an Gewicht verloren“.

Der Personalberater könne bei einem Anruf auf einem Mobiltelefon – anders als bei einem betrieblichen Festnetzanschluss – zwar nicht wissen, ob der Angerufene am Arbeitsplatz sei und damit ein Eingriff in die betriebliche Sphäre des Arbeitgebers vorliege. Es sei ihm jedoch zumutbar, dies zu Beginn des Gespräches zu erfragen, um sich ggf. auf eine erste kurze Kontaktaufnahme zur Vermeidung wettbewerbswidrigen Verhaltens zu beschränken. „Diese kurze Nachfrageobliegenheit... belastet den Personalberater nicht über Gebühr und lässt sich zwanglos in eine höfliche Gesprächseröffnung integrieren. Gleichzeitig sind die Interessen des Arbeitgebers gewahrt, nicht über Gebühr durch gegen ihn gerichtete Maßnahmen von Wettbewerbern belästigt zu werden“, fasst das OLG zusammen.

Das Urteil ist rechtskräftig.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 09.08.2018, Az. 6 U 51/18
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 21.02.2018, Az. 2-6 O 319/17)



BGH: Wirksame Zustellung durch widerspruchslose Entgegennahme des zustellenden Schriftstücks durch eine in den Geschäftsräumen beschäftigte Person

BGH
Beschluss vom 04.02.2015
III ZR 513/13
ZPO § 178 Abs. 1 Nr. 2

Leitsatz des BGH:


In der widerspruchslosen Entgegennahme des zustellenden Schriftstücks durch eine in den Geschäftsräumen beschäftigte Person (§ 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) liegt zugleich die (konkludente) Erklärung, dass der Zustellungsadressat abwesend beziehungsweise an der Entgegennahme der Zustellung verhindert ist. Weitere Nachforschungen des Zustellers sind dann regelmäßig nicht veranlasst.

BGH, Beschluss vom 4. Februar 2015 - III ZR 513/13 - OLG Frankfurt am Main - LG Gießen

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BAG: Einwilligung zur Veröffentlichung von Videoaufnahmen eines Arbeitnehmers erlischt nicht automatisch mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses - Widerruf bei plausiblem Grund möglich

Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 19.02.2015
8 AZR 1011/13


Das BAG hat entschieden, dass die Einwilligung zur Veröffentlichung von Videoaufnahmen eines Arbeitnehmers nicht automatisch mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses erlischt, aber widerrufen werden kann, wenn ein plausibler Grund besteht.

DIe Pressemitteilung des BAG:

"Veröffentlichung von Videoaufnahmen eines Arbeitnehmers - Einwilligungserfordernis

Nach § 22 KUG dürfen Bildnisse von Arbeitnehmern nur mit ihrer Einwilligung veröffentlicht werden. Diese muss schriftlich erfolgen. Eine ohne Einschränkung erteilte Einwilligung des Arbeitnehmers erlischt nicht automatisch mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Sie kann aber widerrufen werden, wenn dafür ein plausibler Grund angegeben wird.

Der Kläger war im Sommer 2007 in die Dienste der Beklagten getreten, die ein Unternehmen für Klima- und Kältetechnik mit etwa 30 Arbeitnehmern betreibt. Im Herbst 2008 erklärte der Kläger schriftlich seine Einwilligung, dass die Beklagte von ihm als Teil der Belegschaft Filmaufnahmen macht und diese für ihre Öffentlichkeitsarbeit verwendet und ausstrahlt. Danach ließ die Beklagte einen Werbefilm herstellen, in dem zweimal die Person des Klägers erkennbar abgebildet wird. Das Video konnte von der Internet-Homepage der Beklagten aus angesteuert und eingesehen werden. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien endete im September 2011. Im November 2011 erklärte der Kläger den Widerruf seiner „möglicherweise“ erteilten Einwilligung und forderte die Beklagte auf, das Video binnen 10 Tagen aus dem Netz zu nehmen. Dem folgte die Beklagte - unter Vorbehalt - Ende Januar 2012. Der Kläger verlangt die Unterlassung weiterer Veröffentlichung und Schmerzensgeld.

Die Klage war vor dem Arbeitsgericht teilweise, vor dem Landesarbeitsgericht zur Gänze erfolglos geblieben. Die Revision des Klägers hatte vor dem Achten Senat keinen Erfolg. Unterstellt, die Abbildungen vom Kläger in dem Video bedurften seiner Einwilligung nach § 22 KUG, so hatte die Beklagte diese erhalten. Auch das Erfordernis einer schriftlichen Einwilligung, das sich aus dem Recht des Arbeitnehmers auf informationelle Selbstbestimmung ergibt, war im Falle des Klägers erfüllt. Seine ohne Einschränkungen gegebene schriftliche Zustimmung erlosch nicht automatisch mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Ein späterer Widerruf war grundsätzlich möglich, jedoch hat der Kläger für diese gegenläufige Ausübung seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung keinen plausiblen Grund angegeben. Er kann daher eine weitere Veröffentlichung nicht untersagen lassen und würde durch diese in seinem Persönlichkeitsrecht nicht verletzt werden."



LG Freiburg: Haftung von Unternehmen für Facebook-Postings von Mitarbeitern - Volltext liegt vor

LG Freiburg
Urteil vom 04.11.2013
12 O 83/13


Das LG Freiburg hat entschieden, dass ein Unternehmen auch für private Facebook-Postings durch Mitarbeiter haften kann.

Wir hatten bereits in dem Beitrag "LG Freiburg: Autohaus haftet für Wettbewerbsverstöße in Angeboten auf Facebook-Seite eines angestellten Autoverkäufers" über das Verfahren und die vorab ergangene einstweilige Verfügung berichtet.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Beklagte muss für diese geschäftliche Handlung ihres Mitarbeiters einstehen. Der beworbene Neuwagenverkauf ist ausschließlich auf das Unternehmen der Beklagten bezogen. Auch wenn sich die Werbeaktion des Mitarbeiters in einem privaten Bereich abspielt, geht es um die Förderung des Warenabsatzes eines fremden Unternehmens, in das der Mitarbeiter eingegliedert ist und für welches er mit der streitigen Anzeige wirbt. Dass der Mitarbeiter damit auch seine eigenen Verdienstmöglichkeiten erweitern will, ist für die Zurechnung seines Handelns ohne Bedeutung.

c. Mit dieser Abgrenzung wird der der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung entzogene private Bereich des Mitarbeiters nicht in unzumutbarer Weise beschränkt. Vielmehr hat der Mitarbeiter durch die Einstellung der Werbung für von der Beklagten vertriebene Kraftfahrzeuge den Bereich privater Lebensgestaltung auf Facebook zu Gunsten geschäftlicher Tätigkeit verlassen. Die Werbung zielt auf marktgerichtetes Verhalten der hiervon angesprochenen Personen ab. Dass es sich dabei nur um Freunde und Bekannte des Mitarbeiters handelt, ändert an dem geschäftlichen Charakter der Werbung nichts. Der Begriff der geschäftlichen Handlung setzt nicht voraus, dass eine unbestimmte Vielzahl von Personen angesprochen werden. Erst recht ohne Bedeutung ist, dass es sich hierbei nach dem Vortrag der Beklagten nicht um Geschäftspartner der Beklagten handeln soll. Ein wesentliches Element von Werbung ist, den Kreis der Geschäftspartner zu erweitern.

d. Der Bereich, in dem der Mitarbeiter tätig geworden ist, zählt zu seinem dienstlichen Tätigkeitsbereich, nämlich dem Neuwagenverkauf. Die Beklagte hat hierauf uneingeschränkte Einflussmöglichkeiten."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



LG Freiburg: Autohaus haftet für Wettbewerbsverstöße in Angeboten auf Facebook-Seite eines angestellten Autoverkäufers

LG Freiburg
Beschluss vom 31.07.2013
12 O 83/13


Wie die Wettbewerbszentrale berichtet hat das LG Freiburg eine wettbewerbsrechtliche Verantwortlichkeit des Arbeitgebers für Angebote, die ein Arbeitnehmer ohne Wissen des Arbeitgebers auf seinem eigenen Facebook-Account veröffentlicht, bejaht.

Ein Autoverkäufer hatte auf seiner eigenen Facebook-Seite ein Angebot gepostet. Der Angebotstext enthielt allerdings kein Impressum nach § 5 TMG und auch nicht die nach der Pkw-EnVKV (fehlende "kw"-Angabe) erforderlichen Angaben.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.