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EU-Kommission: Geldbuße gegen Apple über 1,8 Mrd. Euro wegen Kartellrechtsverstoß durch App-Store-Vorschriften für Musikstreaming-Anbieter

Die EU-Kommission hat eine Geldbuße gegen Apple über 1,8 Mrd. Euro wegen Kartellrechtsverstößen durch die App-Store-Vorschriften für Musikstreaming-Anbieter verhängt.

Die Pressemitteilung der EU-Kommission:
Kommission verhängt Geldbuße in Höhe von 1,8 Mrd. EUR gegen Apple wegen kartellrechtswidriger App-Store-Vorschriften für Musikstreaming-Anbieter

Die Europäische Kommission hat gegen Apple wegen Missbrauchs seiner beherrschenden Stellung auf dem Markt für den über seinen App Store laufenden Vertrieb von Musikstreaming-Apps an iPhone- und iPad-Nutzer („iOS-Nutzer“) eine Geldbuße in Höhe von über 1,8 Mrd. EUR verhängt. Insbesondere stellte die Kommission fest, dass Apple App-Entwickler Beschränkungen auferlegte, die sie daran hinderten, iOS-Nutzer über alternative und billigere Musikabonnements zu informieren, die außerhalb der App zur Verfügung stehen. Das verstößt gegen das EU-Kartellrecht.

Zuwiderhandlung

Apple ist derzeit der einzige Anbieter eines App Store, in dem Entwickler ihre Anwendungen an iOS-Nutzer im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) vertreiben können. Apple kontrolliert alle Aspekte der iOS-Nutzererfahrung und legt die Geschäftsbedingungen fest, die Entwickler einhalten müssen, wenn sie im App Store präsent sein und iOS-Nutzer im EWR erreichen möchten.

Die Untersuchung der Kommission hat ergeben, dass Apple es Entwicklern von Musikstreaming-Apps untersagt, iOS-Nutzer umfassend über alternative, billigere Musikabonnements zu informieren, die außerhalb der App verfügbar sind, und Hinweise dazu zu geben, wie solche Angebote abonniert werden können. Die entsprechenden Bestimmungen verbieten den App-Entwicklern u. a. Folgendes:

- Information der iOS-Nutzer in den Apps der Entwickler über die Preise von Abonnements, die außerhalb der App im Internet verfügbar sind

- Information der iOS-Nutzer in den Apps der Entwickler über die Preisunterschiede zwischen In-App-Abonnements (die über den „In-App“-Kaufmechanismus von Apple abgeschlossen werden) und anderswo abgeschlossenen Abonnements

- Einbau von Links in ihre Apps, die iOS-Nutzer zur Website des jeweiligen App-Entwicklers führen, auf der alternative Abonnements angeboten werden. App-Entwickler konnten sich auch nicht an eigene, neu geworbene Nutzer wenden (z. B. per E-Mail), um sie nach Einrichtung des Nutzerkontos über Preisalternativen zu informieren.

Die Kommission befindet in ihrem heutigen Beschluss, dass die in Rede stehenden Bestimmungen von Apple unlautere Handelsbedingungen darstellen und gegen Artikel 102 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verstoßen. Die Bestimmungen sind weder notwendig noch angemessen, um die geschäftlichen Interessen von Apple in Bezug auf den App Store auf intelligenten mobilen Apple-Geräten zu schützen. Sie wirken sich nachteilig für die iOS-Nutzer aus, da sie fundierte und effiziente Entscheidungen darüber verhindern, wo und wie die Nutzer Musikstreaming-Abonnements für ihr Gerät erwerben wollen.

Wegen des Verhaltens von Apple, das fast zehn Jahre andauerte, könnten viele iOS-Nutzer erheblich höhere Preise für Musikstreaming-Abonnements gezahlt haben, denn Apple verlangte von den Entwicklern hohe Provisionen, die über höhere Abopreise für ein und denselben Dienst im App Store von Apple letztlich an die Verbraucher weitergegeben wurden. Die in Rede stehenden Bestimmungen von Apple haben durch Beeinträchtigung der Nutzererfahrung auch nicht-monetären Schaden verursacht: iOS-Nutzer mussten entweder eine aufwendige Suche auf sich nehmen, um zu einschlägigen Angeboten außerhalb der App zu gelangen, oder sie haben nie ein Abo abgeschlossen, da sie ohne Hinweise nicht das richtige finden konnten.



BGH legt EuGH vor: Wann liegt das Tatbestandsmerkmal "infolge einer Verarbeitung" im Sinne von Art. 80 Abs. 2 DSGVO vor

BGH
Beschluss vom 10.11.2022 - I ZR 186/17
App-Zentrum II
Verordnung (EU) 2016/679 Art. 80 Abs. 2; UWG § 8 Abs. 3 Nr. 3; UKlaG §§ 1, 2 Abs. 2 Satz 1
Nr. 11, § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1


Der BGH hat dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt, wann das Tatbestandsmerkmal "infolge einer Verarbeitung" im Sinne von Art. 80 Abs. 2 DSGVO vorliegt.

Leitsatz des BGH:
Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung von Art. 80 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, DSGVO, ABl. L 119 vom 4. Mai 2016, S. 1) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Wird eine Rechtsverletzung "infolge einer Verarbeitung" im Sinne von Art. 80 Abs. 2 DSGVO geltend gemacht, wenn ein Verband zur Wahrung von Verbraucherinteressen seine Klage darauf stützt, die Rechte einer betroffenen Person seien verletzt, weil die Informationspflichten gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 1 DSGVO in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 Buchst. c und e DSGVO über den Zweck der Datenverarbeitung und den Empfänger der personenbezogenen Daten nicht erfüllt worden seien ?

BGH, Beschluss vom 10. November 2022 - I ZR 186/17 - Kammergericht - LG Berlin

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



OLG Hamburg: Verletzung der Unionsmarle "T" der Telekom durch ein aus Punkten bestehendes T-Logo für Apps von Telefonica

OLG Hamburg
Urteil vom 29.09.2022
5 U 91/21


Das OLG Hamburg hat entschieden, dass eine Verletzung der Unionsmarle "T" der Telekom durch ein aus Punkten bestehendes T-Logo, welches von Telefonica für Apps verwendet wird, vorliegt.

Aus den Entscheidungsgründen:
"(e) Bei gesteigerter Kennzeichnungskraft der Verfügungsmarke Abbildung, jedenfalls geringer Zeichenähnlichkeit und Waren/Dienstleistungsidentität oder hoher Ähnlichkeit besteht auch unter Berücksichtigung einer Wechselwirkung eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr.

Beim Zeichenvergleich mit der isolierten Nutzung besteht unmittelbare markenrechtliche Verwechslungsgefahr.

Im Hinblick auf den selbständig kennzeichnenden Zeichenbestandteil Abbildung in den angegriffenen Kombinationszeichen ist von einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn auszugehen. Eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn liegt vor, wenn ein mit der älteren Marke übereinstimmender Bestandteil identisch oder ähnlich in eine komplexe Marke aufgenommen wird, in der er neben einem Unternehmenskennzeichen oder Serienzeichen eine selbstständig kennzeichnende Stellung behält, und wenn wegen der Übereinstimmung dieses Bestandteils mit der älteren Marke bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen wird, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (BGH GRUR 2008, 258 Rn. 33 – INTERCONNECT/T-InterConnect; Büscher/Kochendörfer in BeckOK UMV, Büscher/Kochendörfer, 25. Ed., Art. 8 Rn. 232). Die erforderlichen besonderen Umstände werden eher gegeben sein, wenn der betreffende Zeichenbestandteil mit der Klagemarke identisch oder ihr hochgradig ähnlich ist (Büscher/Kochendörfer in BeckOK UMV, Büscher/Kochendörfer, 25. Ed., Art. 8 Rn. 232). Besondere Umstände, aufgrund deren der Verkehr wirtschaftliche oder organisatorische Zusammenhänge annimmt, können außerdem dann vorliegen, wenn der Verkehr in der älteren Marke zugleich ein Unternehmenskennzeichen oder eine bekannte Marke erkennt (Büscher/Kochendörfer in BeckOK UMV, Büscher/Kochendörfer, 25. Ed., Art. 8 Rn. 232). Vorliegend wird wegen der Ähnlichkeit des Bestandteils Abbildung mit der älteren Marke Abbildung bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Es handelt sich – wie noch auszuführen ist – bei der älteren Marke Abbildung um eine bekannte Marke und zugleich ein Unternehmenskennzeichen. Wie auch das angegriffene Zeichen Abbildung zeigt, ist der Verkehr im maßgeblichen Telekommunikationssektor daran gewöhnt, das verschiedene Unternehmenskennzeichen in Kombination verwendet werden, um die wirtschaftliche Verbindung darzustellen. Diese Gewohnheit des Verkehrs spricht im Streitfall für eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn.

Ob einzelne Waren / Dienstleistungen von einem Verbot gem. Art. 9 Abs. 2 lit. b) UMV auszunehmen sind, kann vorliegend offenbleiben, da – wie noch auszuführen ist – jedenfalls ein umfassender Anspruch aus Bekanntheitsschutz gem. Art. 9 Abs. 2 lit. c) UMV besteht.

(4) Der Antragstellerin stehen die gegenüber der Antragsgegnerin zu 1) verfolgten Ansprüche überwiegend wahrscheinlich aus Bekanntheitsschutz gem. Art. 9 Abs. 2 lit. c) UMV zu, auch hinsichtlich der Anträge I.c) und I.e), die sich gegen firmenmäßige Verwendungen als Kennzeichen für ein Telekommunikationsunternehmen richten und die folgende Zeichennutzungen zum Gegenstand haben:

Abbildung, Abbildung, Abbildung, Abbildung (Antrag I.c)

Abbildung(Antrag I.e).

(a) Art. 9 Abs. 2 lit. c) UMV sieht einen erweiterten Schutz solcher Unionsmarken vor, die in der Union bekannt sind, sofern der Nutzende die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Unionsmarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt. Hintergrund für den erweiterten Schutz des Art. 9 Abs. 2 lit. c) UMV ist der Umstand, dass vor allem bekannten Marken ein eigener wirtschaftlicher Wert zukommt, der unabhängig von den Waren und Dienstleistungen besteht, für die sie eingetragen sind (Grundmann in BeckOK MarkenR, 30. Ed., MarkenG Art. 9 UMV Rn. 32). Schutz gemäß Art. 9 Abs. 2 lit. c) UMV besteht für ähnliche und unähnliche Waren und Dienstleistungen (Müller in in BeckOK UMV, Büscher/Kochendörfer, 25. Ed., Art. 9 Rn. 47). Voraussetzung für den erweiterten Schutz einer Marke insbesondere gegen die Ausnutzung der Unterscheidungskraft und Wertschätzung ist zunächst das Vorliegen einer bekannten Marke, wobei die Bekanntheit im Gebiet eines einzigen Mitgliedstaates ausreichend sein kann (EuGH GRUR 2015, 1002 Rn. 19 – IRON & SMITH/UNILEVER).

Eine Marke ist bekannt, wenn sie einem bedeutenden Teil des Publikums bekannt ist, das von den durch die Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen betroffen ist, ohne dass bestimmte Prozentsätze des Bekanntheitsgrades zu fordern sind (vgl. EuGH GRUR 2009, 1158, 1159 Rn. 24 – PAGO/Tirolmilch; BGH GRUR 2003, 428, 432 – BIG BERTHA; BGH GRUR 2014, 378, 379 Rn. 22 – OTTO CAP). Erforderlich ist eine Bekanntheit als Kennzeichnungsmittel für bestimmte Waren oder Dienstleistungen (vgl. BGH GRUR 2004, 235, 238 – Davidoff II). Maßgeblich sind bei der Prüfung dieser Voraussetzungen alle relevanten Umstände des Falls, also insbesondere der Marktanteil der älteren Marke, die Intensität, die geografische Ausdehnung und die Dauer ihrer Benutzung sowie der Umfang der Investitionen, die das Unternehmen zu ihrer Förderung getätigt hat (BGH GRUR 2011, 1043, 1045 Rn. 42 – TÜV II; BGH GRUR 2014, 378, 379 Rn. 22 – OTTO CAP). Das Merkmal der „Bekanntheit“ ist nicht rein quantitativ im Sinne einer Auswertung demoskopischer Gutachten zu verstehen, sondern es umfasst auch qualitative Aspekte, wobei sämtliche Faktoren in eine wertende Gesamtbeurteilung eingehen (BGH GRUR 2003, 1040, 1044 – Kinder). Die Tatsachen, aus denen sich eine Bekanntheit der Marke ergibt, können allgemeinbekannt und deshalb offenkundig im Sinne des § 291 ZPO sein. Dazu zählt auch, ob die Marke während eines längeren Zeitraums in weitem Umfang auf dem Markt erscheint und jedermann gegenübertritt (BGH GRUR 2014, 378 Rn. 22, 27 – OTTO CAP).

(b) Zu Recht hat das Landgericht eine Bekanntheit der Verfügungsmarke Abbildung im vorgenannten Sinn hinsichtlich des Kernbereichs der Telekommunikationsdienstleistungen und der Telekommunikationstechnologie angenommen. Angesprochener Verkehrskreis ist das allgemeine Publikum, sind also auch die Mitglieder des Senats. Eine 20jährige umfangreiche Nutzung der Verfügungsmarke (auch in abweichender Farbgestaltung) für Telekommunikationsdienstleistungen und Telekommunikationstechnologie und in der Werbung ist – wie ausgeführt – im vorliegenden Verfahren dargetan, glaubhaft gemacht und auch gerichtsbekannt. Hinzu kommt ein unwidersprochen dargetaner hoher Markenwert der Marke Abbildung im Jahr 2021 als zweitwertvollste deutsche Marke mit einem Brand Value von 47,096 Mio. USD (vgl. Anlage Ast 31), der auch auf die Verfügungsmarke Abbildung einzahlt. Schließlich ergibt sich – überwiegend wahrscheinlich – eine Bekanntheit der Marke i.S.v. Art. 9 Abs. 2 lit. c) UMV auch aus der jüngsten von der Antragstellerin vorgelegten Verkehrsbefragung gem. Anlage BB 59 der Pflüger Rechtsforschung GmbH vom 03.08.2022 (Durchführung der Interviews im Juli 2022). Diese Verkehrsbefragung hat für die Verfügungsmarke im Zusammenhang mit Dienstleistungen im Bereich der Telekommunikation bei der Gesamtbevölkerung einen bereinigten Kennzeichnungsgrad von mehr als 80 % (89,2 %, vgl. S. 8 der Anlage BB 59) ergeben. Der erforderliche Grad an Bekanntheit beim maßgeblichen Publikum, dem allgemeinen Publikum in Deutschland, ist damit für den Bereich der Telekommunikationsdienstleistungen glaubhaft gemacht.

(c) Der EuGH legt bei der Beurteilung des Bekanntheitsschutzes anstelle der Verwechslungsgefahr ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der gedanklichen Verknüpfung zu Grunde (EuGH GRUR 2009, 756 Rn. 36 – L’Oréal/Bellure; Mielke in BeckOK Markenrecht, Kur/v. Bomhard/Albrecht, 30. Ed., § 14 Rn. 537). Danach kann ein geringerer Grad an Zeichenähnlichkeit genügen, als er für die Verwechslungsgefahr erforderlich wäre (Mielke in BeckOK Markenrecht, Kur/v. Bomhard/Albrecht, 30. Ed., § 14 Rn. 537). Weiter ist eine herkunftshinweisende Zeichennutzung nicht zwingend erforderlich, wohl aber eine Benutzung, die geeignet ist, eine tatbestandsmäßige Beeinträchtigung der bekannten Marke hervorzurufen (Mielke in BeckOK Markenrecht, Kur/v. Bomhard/Albrecht, 30. Ed., § 14 Rn. 541). Demnach kann auch bei nicht markenmäßiger Benutzung, etwa einem firmenmäßigen Gebrauch wie vorliegend zum Teil angegriffen, ein Anspruch aus Bekanntheitsschutz in Betracht kommen. Zudem stimmt bei Dienstleistungskennzeichen das Zeichen in vielen Fällen mit dem Unternehmenskennzeichen überein, so dass firmenmäßige und markenmäßige Benutzung häufiger ineinander übergehen (BGH GRUR 2008, 616 Rn. 13 – AKZENTA).

Die erforderliche gedankliche Verknüpfung, die einen geringeren Grad an Zeichenähnlichkeit erfordert als die Verwechslungsgefahr, liegt hier insbesondere auch hinsichtlich der mit den Anträgen I.c) und I.e) angegriffenen Zeichennutzungen vor. Hinsichtlich der übrigen Zeichennutzungen kann auf die obigen Ausführungen zur Verwechslungsgefahr verwiesen werden. Der Verkehr nimmt eine gedankliche Verknüpfung zwischen der Verfügungsmarke auch mit den angegriffenen Zeichen

Abbildung, Abbildung, Abbildung, Abbildung (Antrag I.c) und


Abbildung(Antrag I.e) vor. Auch in den vorgenannten zusammengesetzten Zeichen nimmt das Abbildung aus den oben genannten Gründen wiederum jedenfalls eine selbständig kennzeichnende Stellung ein, wenn der Verkehr nicht sogar, was insbesondere beim Zeichen gem. Antrag I.e) naheliegt, eine Mehrfachkennzeichnung annehmen wird, bei der der Bestandteil Abbildungals eigenständiges Zeichen wahrgenommen wird. Da jedoch auch bei Annahme einer selbständig kennzeichnenden Stellung innerhalb eines Kombinationszeichens – wie ausgeführt – eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn überwiegend wahrscheinlich anzunehmen ist, kann im Streitfall die Abgrenzung zwischen einem Kombinationszeichen und einer Mehrfachkennzeichnung offenbleiben.

Randnummer211
Die im Wesentlichen dem Tatrichter obliegende Beurteilung der Frage, ob eine gedankliche Verknüpfung gegeben ist, hat unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des konkreten Falls zu erfolgen, zu denen der Grad der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken, die Art der fraglichen Waren und Dienstleistungen einschließlich des Grads ihrer Nähe, das Ausmaß der Bekanntheit der Klagemarke, ihre originäre oder durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft und das Bestehen von Verwechslungsgefahr zählen (BGH GRUR 2019, 165 Rn. 18 – keine-vorwerk-vertretung).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze und unter Berücksichtigung der vorliegenden Einzelfallumstände liegt hinsichtlich aller angegriffenen Zeichennutzungen eine gedankliche Verknüpfung bei den angesprochenen Verkehrskreisen vor. Die Bekanntheit der Verfügungsmarke ist hoch. Die Parteien zählen zu den großen Telekommunikationsdienstleistern in Deutschland, was eine Nähe zwischen den Unternehmen begründet. Auch unter Berücksichtigung einer aufgrund der grafischen Unterschiede im Ergebnis als mindestens gering anzusehenden Zeichenähnlichkeit wird der Verkehr aufgrund des jedenfalls selbständig kennzeichnenden Zeichenbestandteils Abbildung und des im Kernbereich identischen Waren- und Dienstleistungsangebots eine gedankliche Verknüpfung zur Antragstellerin und deren Produkten herstellen, die über eine bloße Assoziation hinausgeht. Dies gilt hinsichtlich aller angegriffenen Zeichennutzungen, auch wenn der Grad der Nähe der fraglichen Waren und Dienstleistungen z.T. geringer ist. Denn auch dort wirken sich die hohe Bekanntheit der Verfügungsmarke und die Nähe der vorliegend gegenüberstehenden Unternehmen aus.

(d) Offenbleiben kann im Streitfall, ob eine Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft vorliegt, da jedenfalls eine unlautere Ausnutzung der Wertschätzung und Unterscheidungskraft gegeben ist.

(aa) Der Nachweis, dass die Benutzung der jüngeren Marke die Unterscheidungskraft der älteren Marke beeinträchtigt oder beeinträchtigen würde, setzt voraus, dass dargetan wird, dass sich das wirtschaftliche Verhalten des Durchschnittsverbrauchers der Waren oder Dienstleistungen, für die die ältere Marke eingetragen ist, in Folge der Benutzung der jüngeren Marke geändert hat oder dass die ernsthafte Gefahr einer künftigen Änderung dieses Verhaltens besteht (EuGH GRUR 2009, 56 Rn. 77 – Intel Corporation/CPM United Kingdom). Die Anforderungen an die (potentielle) Änderung des Verbraucherverhaltens sind nach jüngster Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht hoch; die Gefahr, dass eine Marke einen Bedeutungsverlust erleidet und damit einhergehend für den Verkehr von abnehmender Relevanz ist, ist für eine solche Annahme bereits ausreichend (vgl. BGH GRUR 2020, 401 Rn. 47 – ÖKO-TEST I; Müller-Broich in Büscher/Kochendörfer, BeckOK UMV, 25. Ed., Art. 8 Rn. 521). Leidet das Ansehen der Marke, so folgt hieraus ohne Weiteres eine hinreichende Gefahr, dass Verbraucher sich bei ihrer Kaufentscheidung in abnehmendem Maße vom Logo der Klägerin beeinflussen lassen (BGH GRUR 2020, 401 Rn. 47 – ÖKO-TEST I). Ob vorliegend durch die angegriffenen Zeichennutzungen ein Ansehensverlust der Verfügungsmarke zu befürchten ist, kann jedoch offenbleiben.

(bb) Denn es liegt – überwiegend wahrscheinlich – eine unlautere Ausnutzung der Wertschätzung und Unterscheidungskraft vor.

(i) Versucht ein Dritter, sich durch die Verwendung eines mit einer bekannten Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens in den Bereich der Sogwirkung dieser Marke zu begeben, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen zu profitieren und, ohne jede finanzielle Gegenleistung und ohne dafür eigene Anstrengungen machen zu müssen, die wirtschaftlichen Anstrengungen des Markeninhabers zur Schaffung und Aufrechterhaltung des Images dieser Marke auszunutzen, so ist der sich aus dieser Verwendung ergebende Vorteil als eine unlautere Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der Marke anzusehen (BGH GRUR 2020, 405 Rn. 58 – ÖKO-TEST II). Anders als bei der Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft kommt es bei deren Ausnutzung nicht darauf an, ob eine Änderung des wirtschaftlichen Verhaltens der von der bekannten Marke angesprochenen Durchschnittsverbraucher festzustellen ist oder droht (Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Aufl., § 14 Rn. 393). Die Ausnutzung der Unterscheidungskraft einer Marke wird oft mit einer Ausnutzung der Wertschätzung einhergehen, dies muss aber nicht sein (Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Aufl., § 14 Rn. 394). Auch ohne eine gedankliche Partizipation an etwaigen mit der Marke verbundenen Gütevorstellungen kann eine Ausnutzung der Unterscheidungskraft in der Weise erfolgen, dass sich der Verletzer den Aufmerksamkeitswert der Marke zunutze machte (Aufmerksamkeitsausbeutung, vgl. BGH GRUR 2005, 583, 584 – Lila-Postkarte, OLG Köln GRUR-RR 2019, 466 Rn. 26 – Küchenmaschinen-Rezepte).

Eine blickfangmäßige Zeichenverwendung, um auf die angebotenen Dienstleistungen aufmerksam zu machen, kann als Zueigenmachen der Werbe- und Kommunikationsfunktion der bekannten Marke angesehen werden, so dass sich das Verletzerzeichen in deren Sogwirkung begibt, um von dem fremden guten Ruf zugunsten des eigenen Absatzes zu profitieren (vgl. OLG Köln GRUR-RR 2019, 466 Rn. 26 – Küchenmaschinen-Rezepte).

(ii) Die vorgenannten Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Durch das vorliegend angegriffene „T-Rebranding“ und den neuen Markenauftritt soll Aufmerksamkeit auf die Dienstleistungen der Antragsgegnerinnen gezogen werden. Dass der neue Markenauftritt der Antragsgegnerinnen zu einer deutlich höheren Aufmerksamkeit mit hierdurch höheren Kaufanreizen führen wird, erscheint naheliegend. Es liegt eine blickfangmäßige Herausstellung des Abbildungvor, worin – wie ausgeführt – ein Zueigenmachen der Werbe- und Kommunikationsfunktion der bekannten Marke Abbildung zu sehen ist. Die Antragsgegnerinnen begeben sich damit in die Sogwirkung der bekannten Marke Abbildung.

(iii) Es liegt auch das Tatbestandsmerkmal der Unlauterkeit vor. Die Unlauterkeit der Zeichenverwendung ist aufgrund aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen und umso eher zu bejahen, desto höher der Bekanntheitsgrad der bekannten Marke, deren Unterscheidungskraft, Originalität und Werbewert sowie die daraus resultierenden Möglichkeiten einer Beeinträchtigung der Marke sind (Mielke in BeckOK Markenrecht, Kur/v. Bomhard/Albrecht, 30. Ed., § 14 Rn. 550). Dabei ist dem Tatbestandsmerkmal des Ausnutzens der Unterscheidungskraft die Unlauterkeit bereits immanent, weshalb eine Markennutzung unter Verwirklichung dieser Eingriffstatbestandsmerkmale stets als unlauter zu qualifizieren ist (BGH GRUR 2005, 583, 584 – Lila Postkarte). So liegt der Fall auch hier.

(e) Aus Bekanntheitsschutz besteht ein Anspruch der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin zu 1) gemäß Antrag I.a). Im Streitfall besteht für den Unterlassungsanspruch auch Erstbegehungsgefahr für eine markenmäßige Verwendung der Kollisionszeichen durch die Markenanmeldung. Denn die Anmeldung eines Zeichens als Marke begründet im Regelfall die Vermutung, dass eine Benutzung des Zeichens für die eingetragenen Waren oder Dienstleistungen in naher Zukunft bevorsteht, wenn keine konkreten Umstände vorliegen, die gegen eine solche Benutzungsabsicht sprechen (st. Rspr, vgl. BGH GRUR 2014, 382 Rn. 30 – REAL-Chips). Im Streitfall greift diese Regelvermutung ein. Gegenteilige Umstände machen die Antragsgegnerinnen nicht geltend und sind auch nicht ersichtlich. Auf eine Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen kommt es für den Anspruch aus Bekanntheitsschutz – wie ausgeführt – nicht an, solange – wie hier – jeweils eine gedankliche Verknüpfung beim angesprochenen Verkehr anzunehmen ist. Einer gedanklichen Verknüpfung steht auch nicht entgegen, dass der Verkehr aufgrund einer Zeichennutzung auf der Webseite der Antragsgegnerinnen eine Verbindung zu diesen herstellt. Denn dies geht nicht über die Verknüpfung über den als Unternehmenskennzeichen erkannten Zeichenbestandteil „Telefónica“ hinaus. Die hohe Bekanntheit der Verfügungsmarke, die Nähe der gegenüberstehenden Unternehmen und die Kennzeichnungsgewohnheiten im Telekommunikationsbereich sprechen vorliegend überwiegend wahrscheinlich auch in diesen Fällen für eine gedankliche Verknüpfung beim angesprochenen Verkehr.

(f) Aus Bekanntheitsschutz besteht auch ein Anspruch der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin zu 1) gemäß Antrag I.b). Ein hinreichender Inlandsbezug der dem Antrag zugrunde liegenden Verletzungshandlung ist gegeben, weshalb Wiederholungsgefahr vorliegt.

(aa) Nicht jedes im Inland abrufbare Angebot für Dienstleistungen oder Waren aus dem Ausland im Internet löst bei Verwechslungsgefahr mit einem inländischen Kennzeichen kennzeichenrechtliche Ansprüche aus. Erforderlich ist, dass das Angebot einen hinreichenden wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug („commercial effect“) aufweist (BGH MMR 2018, 306 Rn. 37 – Resistograph). Es sind im Rahmen einer vorzunehmenden Gesamtabwägung die Auswirkungen der Kennzeichenbenutzung auf die inländischen wirtschaftlichen Interessen des Zeicheninhabers zu berücksichtigen. Weiter ist maßgebend, ob und inwieweit die Rechtsverletzung sich als unvermeidbare Begleiterscheinung technischer oder organisatorischer Sachverhalte darstellt, auf die der in Anspruch Genommene keinen Einfluss hat, oder ob dieser etwa durch die Schaffung von Bestellmöglichkeiten aus dem Inland oder die Lieferung auch ins Inland zielgerichtet von der inländischen Erreichbarkeit profitiert (BGH MMR 2018, 306 Rn. 37 – Resistograph).

(bb) Nach Maßgabe der vorgenannten Grundsätze ist die Annahme eines hinreichenden Inlandsbezugs der in Deutschland im Google Play Store abrufbaren, spanisch-sprachigen „Telefónica Check-in“-App durch das Landgericht zu Recht erfolgt. Die Antragsgegnerinnen haben unter Vorlage der als Anlage LSG 11 vorgelegten eidesstattlichen Versicherung von Herrn Rafael Fernadez de Alarcón zwar geltend gemacht, die App sei ausschließlich für Hostessen in Spanien im Hinblick auf Veranstaltungen wie Messen in Spanien bestimmt gewesen. Jedoch handelte es sich – unwidersprochen – bei der Verfügbarkeit der App im deutschen Google Play Store nicht um eine unvermeidbare technische Begleiterscheinung, da aktiv die Länder ausgewählt werden müssen, in denen die App veröffentlicht werden soll. Durch diese technische Maßnahme ist von einer ursprünglich gezielten Adressierung auch des deutschen Marktes beim Angebot der Check-In App auszugehen. Dies ist vorliegend hinreichend.

(g) Aus Bekanntheitsschutz besteht auch ein Anspruch der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin zu 1) gemäß Antrag I.c) bis I.e). Durch entsprechend dargetane und glaubhaft gemachte Zeichennutzungen mit Inlandsbezug besteht Wiederholungsgefahr. Anspruch besteht auch gegen firmenmäßige Verwendungen, so lange – wie hier – eine gedankliche Verknüpfung vorliegt. Beim hier vorliegenden Dienstleistungskennzeichen gehen zudem – wie ausgeführt – markenmäßiger und firmenmäßiger Gebrauch ineinander über.

bbb. Gegenüber der Antragsgegnerin zu 2) bestehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche aus der nationalen Marke 39529531 Abbildung aufgrund von Verwechslungsgefahr und aus Bekanntheitsschutz gemäß §§ 14 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 MarkenG.

(1) Im Bereich der Identität oder hochgradigen Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen besteht ein Anspruch aus Verwechslungsgefahr gem. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

(a) Die nationale Wort-Bildmarke 39529531 Abbildung ist zugunsten der Antragstellerin am 19.07.1995 angemeldet und am 04.01.1996 eingetragen worden mit Schutz für diverse Waren/Dienstleistungen in den Klassen 9, 14, 16, 18, 25, 28, 36, 37, 38, 41, 42, insbesondere für Reparatur und Installation von Einrichtungen für die Telekommunikation, Telekommunikation, Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation.

(b) Die Marke steht in Kraft. Die von den Antragsgegnerinnen erhobene Einrede der Nichtbenutzung gem. §§ 25, 26 MarkenG bleibt ohne Erfolg. Insoweit gelten die gleichen Grundsätze wie oben zur Unionsmarke ausgeführt, insbesondere zu einer rechtserhaltenden Benutzung in abweichender Form gem. § 26 Abs. 3 MarkenG, so dass auf die obigen Ausführungen verwiesen wird.

(c) Weiter besteht auch aus der nationalen Wort-Bildmarke 39529531 Abbildung – jedenfalls im Waren-/Dienstleistungsidentitätsbereich und hohen Ähnlichkeitsbereich – Verwechslungsgefahr gem. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG im Hinblick auf die gegenüber der Antragsgegnerin zu 2) angegriffenen Zeichennutzungen, hinsichtlich der eine markenmäßige Verwendung beanstandet wird:

Abbildung, Abbildung, Abbildung, Abbildung(Antrag II.a).

(aa) Die Kennzeichnungskraft der nationalen Verfügungsmarke 39529531 Abbildung ist aufgrund langjähriger und umfangreicher Nutzung und Bekanntheit bei den angesprochenen Verkehrskreisen, dem allgemeinen Publikum, hoch, was den Bereich der Telekommunikationsdienstleistungen und der Telekommunikationstechnologie angeht. Eine Schwächung der Kennzeichnungskraft der Verfügungsmarke Abbildung im maßgeblichen Zeitpunkt der konkreten Kollisionslage (hier April / Mai 2021), auf den es für den Grad der Kennzeichnungskraft ankommt, ist nicht anzunehmen. Zum Grad der Kennzeichnungskraft kann insoweit vollumfänglich auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Es ergibt sich hinsichtlich der nationalen Verfügungsmarke keine abweichende Bewertung.

(bb) Es besteht zwischen der Verfügungsmarke Abbildung und den gegenüber der Antragsgegnerin zu 2) angegriffenen Zeichennutzungen wiederum eine jedenfalls geringe Zeichenähnlichkeit und keine – wie die Antragsgegnerinnen geltend machen – absolute Zeichenunähnlichkeit.

Dabei kommt wiederum dem Bestandteil Abbildung in den angegriffenen Zeichennutzungen jedenfalls bei der Prüfung des Gesamteindrucks eine selbständig kennzeichnende Stellung zu, wenn es sich nicht sogar um ein eigenes Zeichen (Zweitzeichen) in einer Mehrfachkennzeichnung handelt. Im Grundsatz gelten auch hier die obigen Ausführungen. Das Bildelement – grafisch ausgestaltetes Abbildung – nimmt in den jeweils angegriffenen zusammengesetzten Zeichen eine abgesonderte Stellung ein, es ist vorangestellt neben vom Verkehr eindeutig als Unternehmenskennzeichen erkannten weiteren Zeichen (Telefónica und O2). Auch „Telefónica Deutschland“ wird vom Verkehr ohne weiteres als Unternehmensbezeichnung erkannt. Die abgesonderte Stellung neben eindeutig als solchen erkannten Unternehmenskennzeichen in der Art eines Logos führt im Streitfall zur Bejahung jedenfalls einer selbständig kennzeichnenden Stellung, wenn nicht insbesondere im Zeichen Abbildunggar zur Annahme einer Mehrfachkennzeichnung. Letztlich kann diese Abgrenzung im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren – wie ausgeführt – offenbleiben, da die Prüfung der Verwechslungsgefahr in beiden Fällen zum gleichen Ergebnis führt.

Beim Bildzeichenvergleich wird der Verkehr wiederum sowohl in der Verfügungsmarke als auch im selbständig kennzeichnenden Zeichenbestandteil ohne Weiteres ein „T“ erkennen können, so dass beide gegenüberstehenden Zeichen auf die gleiche Art ausgesprochen werden können (vgl. EuG BeckRS 2018, 2761 Rn. 64). Klanglich und begrifflich ist daher eine hochgradige Zeichenähnlichkeit gegeben. Jedoch kommt es – wie ausgeführt – beim Bildzeichenvergleich von Einzelbuchstabenmarken maßgeblich auf deren grafische Ausgestaltung an. Hier wird der Verkehr auch bei einem undeutlichen Erinnerungseindruck – wie ausgeführt – die bildlichen Unterschiede zwischen Abbildung und Abbildung wahrnehmen, insbesondere deshalb, weil es sich bei der Verfügungsmarke um eine bekannte Marke handelt, die dem Verkehr besonders im Gedächtnis ist und weil der Verkehr bei Einzelbuchstaben-Bildmarken besonders auf die grafische Ausgestaltung achtet. Dennoch entsteht – wie ausgeführt – kein gänzlich abweichender Gesamteindruck, so dass sich im Ergebnis eine Zeichenähnlichkeit zwischen Abbildung und Abbildung entgegen der Ansicht der Antragsgegnerinnen nicht verneinen lässt.

(cc) Bei gesteigerter Kennzeichnungskraft der Verfügungsmarke Abbildung, jedenfalls geringer Zeichenähnlichkeit und Waren/Dienstleistungsidentität oder hoher Ähnlichkeit besteht auch unter Berücksichtigung einer Wechselwirkung eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr. Wie vorstehend ausgeführt können auch hier die weiteren Einzelheiten dahinstehen.

(2) Die gegenüber der Antragsgegnerin zu 2) geltend gemachten Unterlassungsansprüche sind vorliegend überwiegend wahrscheinlich vollumfänglich aus Bekanntheitsschutz gem. § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG begründet, und zwar auch, soweit sich die Antragstellerin mit ihren Anträgen II.b) und II.c) gegen eine firmenmäßige Zeichenverwendung wendet:

Abbildung (Antrag II.b) und

Abbildung, Abbildung(Antrag II.c).

(a) Die nationale Verfügungsmarke Abbildung ist eine in Deutschland „bekannte Marke“ i.S.v. § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.

(b) Es besteht eine (mindestens geringe) Zeichenähnlichkeit und keine absolute Zeichenunähnlichkeit.

Voraussetzung des Bekanntheitsschutzes ist nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG die Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Zeichen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an die Zeichenähnlichkeit im Rahmen des Bekanntheitsschutzes keine strengeren Anforderungen zu stellen, sondern es ist vielmehr nach den gleichen Maßstäben wie bei Prüfung der Verwechslungsgefahr nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG festzustellen, ob eine klangliche, schriftbildliche oder begriffliche Ähnlichkeit besteht (BGH GRUR 2009, 672 Rn. 49 – OSTSEE-POST). Bei absoluter Zeichenunähnlichkeit kann demzufolge kein Bekanntheitsschutz gewährt werden, selbst wenn das angegriffene Zeichen Assoziationen an die bekannte Marke hervorruft (BGH GRUR 2004, 779 (783) – Zwilling/Zweibrüder).

Im Streitfall liegt eine (mindestens geringe) Zeichenähnlichkeit vor.

(c) Wie ausgeführt ist auch das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal einer gedanklichen Verknüpfung gegeben.

Die rechtsverletzende Benutzung eines mit der bekannten Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG erfordert keine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion (BGH GRUR 2019, 165 Rn. 18 – keine-vorwerk-vertretung). Ausreichend ist, dass die beteiligten Verkehrskreise die einander gegenüberstehenden Zeichen gedanklich miteinander verknüpfen (BGH GRUR 2019, 165 Rn. 18 – keine-vorwerk-vertretung). Dies ist – wie ausgeführt – vorliegend der Fall, und zwar auch hinsichtlich aller drei angegriffenen Zeichennutzungen gegenüber der Antragsgegnerin zu 2) (Anträge II.a), II.b) und II.c)). Es besteht bei den Anträgen gegenüber der Antragsgegnerin zu 2) zudem eine hochgradige Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen bzw. sogar Identität. Die angesprochenen Verkehrskreise werden daher auch unter Berücksichtigung einer aufgrund der grafischen Unterschiede im Ergebnis als mindestens gering anzusehenden Zeichenähnlichkeit aufgrund des Zeichenbestandteils Abbildungund des im Kernbereich identischen Waren- und Dienstleistungsangebots eine gedankliche Verknüpfung zur Antragstellerin und deren Produkten herstellen, die über eine bloße Assoziation hinausgeht, und zwar bei sämtlichen angegriffenen Zeichennutzungen.

(d) Wiederum kann offenbleiben, ob eine Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft vorliegt, da jedenfalls eine unlautere Ausnutzung der Wertschätzung und Unterscheidungskraft vorliegend – wie ausgeführt – gegeben ist. Insoweit kann vollumfänglich auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.

(e) Es besteht jeweils Wiederholungsgefahr, indiziert durch erfolgte Verletzungshandlungen. Ein Unterlassungsanspruch besteht auch gegen firmenmäßige Verwendungen, da – wie hier – eine gedankliche Verknüpfung gegeben ist. Beim hier vorliegenden Dienstleistungskennzeichen gehen zudem – wie ausgeführt – markenmäßiger und firmenmäßiger Gebrauch ineinander über."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



BKartA leitet gegen Apple Verfahren nach § 19a GWB ein - Missbräuchliches Verhalten von Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb

Das Bundeskartellamt hat gegen Apple ein Verfahren nach § 19a GWB (Missbräuchliches Verhalten von Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb) eingeleitet.

Die Pressemitteilung des Bundeskartellamtes:

Verfahren gegen Apple nach neuen Digitalvorschriften (§ 19a Abs. 1 GWB) – Bundeskartellamt prüft Apples marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb

Das Bundeskartellamt hat heute ein Verfahren gegen das Technologieunternehmen Apple nach den neuen kartellrechtlichen Vorschriften für Digitalkonzerne eingeleitet. Es handelt sich insgesamt um das vierte große Digitalunternehmen, gegen das das Amt mit dem neuen Instrument vorgeht. In den vergangenen Monaten wurden bereits gegen Facebook (siehe PM vom 28. Januar 2021), gegen Amazon (siehe PM vom 18. Mai 2021) und gegen Google (PM vom 25. Mai 2021) entsprechende Ermittlungen aufgenommen.

Im Januar 2021 ist die 10. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB-Digitalisierungsgesetz) in Kraft getreten. Eine zentrale neue Vorschrift (§ 19a GWB) ermöglicht der Behörde ein früheres und effektiveres Eingreifen, insbesondere gegen Verhaltensweisen großer Digitalkonzerne. Das Bundeskartellamt kann in einem zweistufigen Verfahren Unternehmen, die eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb haben, wettbewerbsgefährdende Praktiken untersagen.

Eingeleitet hat das Bundeskartellamt heute gegen Apple die erste Stufe, ein Verfahren zur Feststellung dieser marktübergreifenden Bedeutung. Ein Anhaltspunkt für eine solche Position eines Unternehmens kann ein sich über verschiedene Märkte erstreckendes Ökosystem sein. Entsprechende Machtstellungen sind von anderen Unternehmen oft nur schwer angreifbar.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Wir werden jetzt prüfen, ob Apple rund um das iPhone mit dem proprietären Betriebssystem iOS ein digitales Ökosystem über mehrere Märkte errichtet hat. Apple stellt Tablets, Computer und „Wearables“ her und vertreibt eine Reihe gerätebezogener Services und Dienstleistungen. Neben verschiedenen Hardware-Produkten des Konzerns sind im Geschäftsbereich Services der App Store, die iCloud, AppleCare, Apple Music, Apple Arcade, Apple TV+ sowie weitere Dienstleistungen und Services zusammengefasst. Wir werden uns neben der Stellung des Konzerns in diesen Bereichen unter anderem auch mit der weitreichenden Integration über mehrere Marktstufen, der technologischen und finanziellen Ressourcenstärke des Unternehmens sowie seinem Zugang zu Daten beschäftigen. Ein Schwerpunkt der Ermittlungen wird auf dem Betrieb des App Stores liegen, da er Apple vielfach befähigt, Einfluss auf die Geschäftstätigkeit Dritter zu nehmen.“

Ausgehend von diesem ersten Verfahren beabsichtigt das Bundeskartellamt, sich in einem möglichen weiteren Verfahren konkrete Verhaltensweisen von Apple genauer anzusehen. Dem Amt liegen diesbezüglich verschiedene Beschwerden gegen potentiell wettbewerbsgefährdende Praktiken vor. Dazu zählen unter anderem eine Verbändebeschwerde aus der Werbe- und Medienbranche, die sich gegen Apples Tracking-Einschränkung von Nutzern im Zusammenhang mit der Einführung des Betriebssystems iOS 14.5 richtet, und eine Beschwerde gegen die ausschließliche Vorinstallation von konzerneigenen Anwendungen als möglicher Unterfall einer nach § 19a GWB verbotenen Selbstbevorzugung. Darüber hinaus wird von App-Entwicklern der Zwang zur Nutzung des Apple-eigenen Systems für In-App-Käufe (IAP) sowie die damit verbundene Provisionshöhe von 30 Prozent kritisiert. Zudem werden die damit in Zusammenhang stehenden Marketingbeschränkungen im App Store thematisiert. Letztgenannte Beschwerde weist Parallelen zum laufenden Verfahren der Europäischen Kommission gegen Apple wegen der Beschränkungen des Streamingdienstes Spotify und einer entsprechenden Bevorzugung eigener Dienste auf. Das Bundeskartellamt wird sich insoweit ggf. mit der Europäischen Kommission sowie weiteren Wettbewerbsbehörden in Verbindung setzen. Über die Einleitung eines weiteren Verfahrens ist noch nicht entschieden worden.



BMJV: Referententwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinien zur Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen und zur Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften

Das BMJV hat den
Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche in Umsetzung der EU-Richtlinie zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union
und den
Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen vorgelegt.

Die Pressemitteilung des BMJV:

Verbesserter Verbraucherschutz beim Kauf von Software und Apps sowie auf Online-Marktplätzen

Entwürfe zur Umsetzung der Richtlinie über digitale Inhalte und zu den vertraglichen Regelungen der Modernisierungsrichtlinie vorgelegt

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat heute den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen sowie den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche in Umsetzung der EU-Richtlinie zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union veröffentlicht.

Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Christine Lambrecht erklärt:

„Die Regelungen bringen Verbraucherinnen und Verbrauchern zahlreiche Verbesserungen beim Kauf von Software, Apps oder E-Books sowie beim Einkauf auf den bekannten Online-Marktplätzen.

Wenn Verbraucherinnen und Verbraucher Software oder Apps kaufen, ist es nicht hinnehmbar, wenn sie diese nicht über einen längeren Zeitraum nutzen können. Unser Entwurf verpflichtet die Verkäufer nun gesetzlich zur kostenfreien Bereitstellung funktionserhaltender Updates und Sicherheitsupdates.“

Wesentliche Kernpunkte des Umsetzungsgesetzes zur Richtlinie Digitale Inhalte:

Der Entwurf gibt Verbraucherinnen und Verbrauchern umfassende Gewährleistungsrechte für digitale Inhalte (z. B. Musik- und Videodateien, E-Books, Apps, Spiele und sonstige Software) und digitale Dienstleistungen (z. B. soziale Netzwerke, Cloud-Anwendungen und Cloud-Speicherdienste). Die Regelungen gelten auch für körperliche Datenträger, auf denen digitale Inhalte gespeichert sind (z. B. Musik-CDs, DVDs, etc.). Verbraucherinnen und Verbraucher erhalten unabhängig von der Vertragsart Gewährleistungsrechte, wie sie das deutsche Recht bislang nur bei Kauf-, Werk- oder Mietverträgen kennt, beispielsweise das Recht zur Nacherfüllung, zur Minderung und zur Vertragsbeendigung.
Diese Gewährleistungsrechte stehen Verbraucherinnen und Verbrauchern ferner künftig auch bei solchen Verträgen zu, bei denen der Verbraucher anstelle der Zahlung eines Preises personenbezogene Daten zur Verfügung stellt („Bezahlen mit Daten“). Dies betrifft etwa die Nutzung von sozialen Netzwerken.

Durch den Entwurf wird den Anbietern von digitalen Produkten auch eine Updateverpflichtung auferlegt. Haben Verbraucherinnen und Verbraucher ein digitales Produkt erworben, schuldet der Unternehmer auch die Bereitstellung von funktionserhaltenden Updates und Sicherheitsupdates. Bei fortlaufenden Vertragsbeziehungen gilt diese Verpflichtung über die gesamte Vertragsdauer; bei einmalig zu erfüllenden Verträgen wie Kaufverträgen gilt sie für einen Zeitraum, den der Verbraucher vernünftigerweise erwarten kann.

Wesentliche Kernpunkte des Umsetzungsgesetzes zur Modernisierungsrichtlinie:

Für Online-Marktplätze wie etwa eBay oder Amazon gelten zugunsten von Verbraucherinnen und Verbrauchern künftig wesentliche Hinweispflichten:

Sie sind künftig u. a. verpflichtet, bis spätestens ab Beginn des Bestellvorgangs die wesentlichen Kriterien des Rankings von Suchergebnissen und deren Gewichtung offenzulegen.

Sie müssen Verbraucherinnen und Verbraucher künftig darüber informieren, ob es sich bei deren potentiellen Vertragspartnern um Unternehmer oder Verbraucher handelt.

Der Entwurf enthält zugunsten von Verbraucherinnen und Verbrauchern auch eine Neuregelung zum Weiterverkauf von Eintrittskarten über Ticketbörsen. Der Anbieter soll künftig über den vom Veranstalter festgelegten Originalpreis der Eintrittskarte informieren.

Daneben wird für Anbieter eine Informationspflicht eingeführt, wenn ein Preis auf Basis einer automatisierten Entscheidung personalisiert wurde.

Der Entwurf sieht zudem eine Reihe von Verschärfungen bei den Sanktionen von Verstößen vor. Europaweite Verstöße gegen Regelungen des Verbrauchervertragsrechts sollen künftig mit einem Bußgeld geahndet werden können.

Die Entwürfe wurden heute an Länder und Verbände verschickt und auf unserer Homepage veröffentlicht. Die interessierten Kreise haben nun Gelegenheit, bis zum 30. November 2020 Stellung nehmen. Die Stellungnahmen werden auf der Internetseite des BMJV veröffentlicht werden.

BGH setzt Verfahren gegen Facebook wegen möglicher Datenschutzverstöße durch Weitergabe von Nutzer-Daten an Online-Spiele-Anbieter bis zur EuGH-Entscheidung zum Gefällt-Mir-Button aus

BGH
Beschluss vom 11.04.2019
I ZR 186/17


Der BGH hat das Verfahren gegen Facebook wegen möglicher Datenschutzverstöße durch Weitergabe von Nutzer-Daten an Online-Spiele-Anbieter bis zur Entscheidung des EuGH zur datenschutzrechtlichen Problematik des Facebook Gefällt-Mir-Buttons ausgesetzt (siehe dazu OLG Düsseldorf legt EuGH Rechtsfragen im Zusammenhang mit Nutzung des Facebook-Gefällt-Mir-Buttons auf Unternehmenswebseiten vor ).

Die Pressemitteilung des BGH:

Bundesgerichtshof setzt Verfahren gegen Facebook wegen Verstößen gegen Datenschutzrecht bis zu einer Entscheidung des EuGH aus

Der unter anderem für Ansprüche aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute ein bei ihm anhängiges Verfahren des Bundesverbands der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände gegen Facebook wegen Verstößen gegen Datenschutzrecht bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in einem diesem vom Oberlandesgericht Düsseldorf vorgelegten Vorabentscheidungsverfahren ausgesetzt.

Sachverhalt:

Die in Irland ansässige Beklagte, die Facebook Ireland Limited, betreibt das soziale Netzwerk "Facebook". Auf der Internetplattform dieses Netzwerks befindet sich ein "App-Zentrum", in dem die Beklagte den Nutzern ihrer Plattform kostenlos Online-Spiele anderer Anbieter zugänglich macht. Im November 2012 wurden in diesem App-Zentrum mehrere Spiele angeboten, bei denen unter dem Button "Sofort spielen" folgende Hinweise zu lesen waren: "Durch das Anklicken von ‚Spiel spielen" oben erhält diese Anwendung: Deine allgemeinen Informationen, Deine-Mail-Adresse, Über Dich, Deine Statusmeldungen. Diese Anwendung darf in deinem Namen posten, einschließlich dein Punktestand und mehr."

Der Kläger ist der Dachverband der Verbraucherzentralen der Bundesländer. Er ist der Ansicht, die Beklagte verstoße mit dieser Präsentation der Spiele im "App-Zentrum" gegen § 13 Abs. 1 Satz 1 TMG und § 4a Abs. 1 Satz 2 BDSG aF, weil die den Nutzern erteilten Hinweise zu Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung ihrer Daten unzureichend seien und daher keine Grundlage für eine nach § 4a Abs. 1 Satz 1 BDSG aF wirksame Einwilligung in die Nutzung der Daten bilden könnten. Der Kläger ist ferner der Auffassung, dass es sich bei den verletzten datenschutzrechtlichen Vorschriften um Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11 UWG aF (jetzt § 3 Abs. 1, § 3a UWG) handele und ein Verstoß daher wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG begründe, zu deren Geltendmachung er als qualifizierte Einrichtung im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG berechtigt sei.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, es zu unterlassen, auf ihrer Internetseite in einem App-Zentrum Spiele so zu präsentieren, dass Nutzer der Internetplattform mit dem Betätigen eines Buttons wie "Spiel spielen" die Erklärung abgeben, dass der Betreiber des Spiels über das von der Beklagten betriebene soziale Netzwerk Informationen über die dort hinterlegten personenbezogenen Daten erhält und ermächtigt ist, Informationen im Namen der Nutzer zu übermitteln (posten). Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 148 Abs. 1 ZPO bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache C-40/17 über das Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. Januar 2017 (Beschluss vom 19. Januar 2017 - I-20 U 40/16) ausgesetzt. Das Oberlandesgericht hat dem Gerichtshof der Europäischen Union in diesem Verfahren, in dem es um den "Gefällt mir"-Button von Facebook geht, die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Regelungen in Art. 22 bis 24 der Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Datenschutz-Richtlinie) einer nationalen Regelung entgegenstehen, die - wie § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG - gemeinnützigen Verbänden zur Wahrung der Interessen der Verbraucher die Befugnis einräumt, im Falle einer Verletzung von Datenschutzvorschriften gegen den Verletzer vorzugehen. Diese Frage ist auch im vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserheblich und nicht zweifelsfrei zu beantworten. Möglicherweise lässt die Datenschutz-Richtlinie eine Verfolgung von Verstößen allein durch die Datenschutzbehörden und die Betroffenen und nicht durch Verbände zu.

Vorinstanzen:

LG Berlin - Urteil vom 28. Oktober 2014 - 16 O 60/13

Kammergericht Berlin - Urteil vom 22. September 2017 - 5 U 155/14

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 13 Abs. 1 Satz 1 TMG

Der Diensteanbieter hat den Nutzer zu Beginn des Nutzungsvorgangs über Art, Umfang und Zwecke der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten sowie über die Verarbeitung seiner Daten in Staaten außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. EG Nr. L 281 S. 31) in allgemein verständlicher Form zu unterrichten, sofern eine solche Unterrichtung nicht bereits erfolgt ist.

§ 4a Abs. 1 Satz 1 und 2 BDSG aF

Die Einwilligung ist nur wirksam, wenn sie auf der freien Entscheidung des Betroffenen beruht. Er ist auf den vorgesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung sowie, soweit nach den Umständen des Einzelfalles erforderlich oder auf Verlangen, auf die Folgen der Verweigerung der Einwilligung hinzuweisen.

§ 3 Abs. 1 UWG

Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

§ 3a UWG

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

§ 8 Abs. 1 Satz 1 UWG

Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

§ 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG

Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu: qualifizierten Einrichtungen, die nachweisen, dass sie in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes oder in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30) eingetragen sind.

§ 148 Abs. 1 ZPO

Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.


LG Hamburg: Google Gambling Policy im Google-Play Store zulässig - Kein Anspruch auf Werbeeinblendungen für Wettanbieter in Sport-Apps

LG Hamburg
Beschluss vom 05.07.2016
408 HKO 54/16


Das LG Hamburg hat entschieden, dass die Google Gambling Policy im Google-Play Store kartellrechtlich unbedenklich ist und kein Anspruch auf Werbeeinblendungen für Wettanbieter in Sport-Apps besteht. Auch liegt keine wettbewerbsrechtlich unzulässige Behinderung nach § 4 Abs. 4 UWG vor.

Der Volltext der Entscheidung:

Tenor:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerinnen zu 1. und 2. wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Verfahrenswert wird auf Euro 150.000 festgesetzt.

Gründe
I.
Die Antragstellerin möchte erreichen, dass sie auf ihren diversen sog. Sport-Apps weiterhin bezahlte Werbung für Wettanbieter platzieren kann. Dabei ist unstreitig, dass nach den vertraglich einbezogenen Programmrichtlinien für den Vertrieb über den App-Store „G.-Play“ Inhalte oder Dienste, die Online-Glücksspiele unterstützen, generell nicht akzeptiert werden. Darunter fallen auch Sportwetten, um die es der Antragstellerin vorliegend geht. Der Antragstellerin ist es ungeachtet dessen seit August 2013 gelungen, Werbung für Sportwetten in ihre Apps zu integrieren; sie ist jetzt von der Antragsgegnerin ausdrücklich aufgefordert worden, diese Praxis einzustellen.

Die Antragstellerin hält dieser Aufforderung für unzulässig und stützt sich auf unterschiedliche Argumente:

- Obwohl die jetzt angeführte Gambling-Policy seit langer Zeit bestehe, hätten die Antragsgegnerinnen das Anbieten von Apps mit Wettbezug oder mit Bewerbung für Wettanbieter bislang ohne Beanstandung geduldet;

- die Aufforderung sei selektiv und willkürlich nur an einige Anbieter gerichtet worden; nicht aber an bestimmte Wettbewerber der Antragstellerin mit vergleichbaren Angeboten;

- die Antragsgegnerin setzte sich mit dem Verlangen in krassen Widerspruch dazu, dass sie eigene Apps von Sportwettenanbietern zum Verkauf bereit halte;

- die Antragsgegnerin verschaffe sich mit der Durchsetzung des Werbeverbots einen eigenen Wettbewerbsvorteil, indem sie die Anbieter vom Sportwetten indirekt dazu dränge, G.-AdWords Werbung im Rahmen der G.-Suchfunktion zu schalten;

- Werbung für Sportwetten sei heutzutage rechtlich unbedenklich. Ein genereller Ausschluss für Wettwerbung stelle sich als kartellrechtlich relevanter Behinderungsmissbrauch dar.

II.

Ein Anspruch auf Zulassung von Werbeeinblendungen für Wettanbieter für ihre sog. Sport-Apps steht der Antragstellerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu; weder wegen missbräuchlicher Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung (§§ 33, 18, 19 GWB) noch wegen Behinderung (§ 4 Nr. 4 UWG).

Die Kammer kann nicht erkennen, dass es den Antragsgegnerinnen von Rechts wegen untersagt sein soll, Glücksspielwerbung in Form von Sportwetten auf den über den G.-Play Store beziehbaren Apps zu verbieten, wie dies ausweislich der in den Vertrag einbezogenen Gambling-Policy geschieht. Online-Glücksspiele erfreuen sich zwar seit einigen Jahren einer erheblichen Nachfrage. Dies kann aber nicht darüber hinwegtäuschen das Online-Glückspieldienstleistungen zugleich erhebliche Herausforderungen darstellen, was den Schutz der Verbraucher, Minderjähriger und besonders sucht-gefährdeter Gruppen, die Vorbeugung gegen Betrug und Geldwäsche und den Schutz der Integrität des Sports und der Verhütung von Spielabsprachen anbelangt. Dies hat bekanntlich dazu geführt, dass Glücksspiele, Online-Glücksspiele und die Werbung dafür erheblichen ordnungspolitischen Restriktionen unterliegen, wie der Glücksspielstaatsvertrag mit den gerade auch für die Werbung (§ 5 GlüStzV) vorgesehenen Beschränkung deutlich macht. Bekanntlich ist die rechtliche Lage mit der gegenwärtigen Suspendierung von Konzessionsverfahren einigermaßen unübersichtlich. Dies betrifft aber erster Linie das Verhältnis der Anbieter von Sportwetten im Verhältnis zu den obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder. Es ist nicht zu erkennen, warum freien Unternehmen des Wirtschaftsverkehrs gehindert sein sollen, für sich die Entscheidung zu treffen, sich in diesem nach wie vor gräulichem Bereich nicht involvieren zu lassen. Die Antragstellerin erklärt zwar, dass es ihr von vornherein nur darum gehe, Werbung für „erlaubte Anbieter“ einzublenden. Damit ist das Problem aber nicht gelöst, denn bekanntlich gehen die Meinungen darüber stark auseinander, unter welchen Voraussetzungen auf dem Unionsmarkt mit der dort herrschenden Dienstleistungsfreiheit von einer erlaubten Tätigkeit auszugehen ist. Und selbst wenn dies grundsätzlich geklärt sein sollte, wären immer noch Einschränkungen bei der Werbung (§ 5 GlüStzV) zu beachten. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Anbieter des App-Store „G.-Play“ sich der Überprüfung anhand dieser nicht unkomplizierten Rechtslage von vornherein dadurch entzieht, dass er für die von ihm vermittelten Angebote derartige Werbereinblendungen von vornherein ausschließt. Zumal die Überprüfung aufwändig wäre, da sie sich u.U. auf die Inhalte der verlinkten Internetseite der Wettanbieter erstrecken müsste und sowohl diese Inhalte als auch die Werbeeinblendungen als solche einer recht dynamischen Veränderung unterliegen können. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu erkennen, dass der Anbieter des App-Store „G.-Play“ seine Gambling-Policy nicht an einem sachlich vertretbaren Konzept ausgerichtet hat.

Der Vorwurf der Antragstellerin, dass der Anbieter des App-Store „G.-Play“ seine Gambling-Policy selektiv und willkürlich nur gegenüber einigen Anbieter durchsetze, bestimmte Wettbewerber der Antragstellerin demgegenüber unbehelligt blieben, könnte sich im Grundsatz als missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung darstellen. Allerdings reicht hierzu der glaubhaft gemachte Vortrag der Antragstellerin (Ziff. 8 der Anlage Ast. 6) im Tatsächlichen nicht aus. Die Antragstellerin nennt gerade einmal zwei Unternehmen, ohne deren Apps genauer zu bezeichnen und inhaltlich darzustellen. Sie sagt auch nichts dazu, in welchem Umfang Anbieter von Apps das vereinbarte Werbeverbot - gegebenenfalls auch ohne vorausgegangene Abmahnung – beachten, obwohl derartige Werbung naheliegen würde. Auf die sich weiter stellenden Fragen danach, ob Verstöße durch andere Anbieter von der Gegenseite überhaupt zu erkennen waren, so dass eine fehlende Abmahnung sich als Duldung darstellen würde, kommt es deshalb nicht an.

Man wird die Einblendung von Werbung für Sportanbieter auch nicht ohne weiteres damit vergleichen können, dass eigene Apps von Sportwettanbietern bereitgehalten werden oder dass Anbieter vom Sportwetten G.-AdWords Werbung im Rahmen der G.-Suchfunktion schalten. Der Unterschied derartiger Angebote zur Werbeeinblendung besteht darin, dass sie sich von vornherein als solche von Wettanbietern darstellen und sie deshalb einer Überprüfung auf rechtliche Zulässigkeit und sonstige Angemessenheit leichter zugänglich sind, während Werbeeinblendungen nicht gleichermaßen sichtbar sind. Die Frage, ob die von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang angeführten Apps (Anlage Ast. 20) überhaupt für den Abschluss von Sportwetten werben - was von der Gegenseite bestritten wird - kann deshalb dahinstehen. Hinzu kommt, dass Werbung von Glücksspielanbietern von Teilen des Verkehrs als möglicherweise belästigend oder sogar anstößig empfunden wird. Die Intensität stellt sich aber unterschiedlich dar, je nachdem ob sich eine solche Werbung nur bei aktivem Zugriff entfaltet oder ob der Verkehr sich ihr – als Werbung mehr oder weniger kenntlich – passiv ausgesetzt sieht.

Der Vorwurf, dass der Anbieter des App-Store „G.-Play“ das Anbieten von Apps mit Bewerbung für Wettanbieter bislang ohne Beanstandung geduldet habe, ist schon nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Duldung würde voraussetzen, dass der Gegenseite die entsprechenden Werbeinhalte bekannt gewesen sind, sie diese also Verstoß gegen ihre Gambling-Policy erkannt und trotzdem nicht eingeschritten ist. Vorliegend ist ebenso gut denkbar, dass diese Kenntnis gerade nicht vorgelegen hat und die Gegenseite stattdessen davon ausgegangen ist, dass die Antragstellerin sich - entsprechend der vertraglich übernommenen Zusage - vertragstreu verhalte. Dass die Gegenseite den Fall der Antragstellerin - und möglicherweise andere Fälle - nicht früher aufgegriffen hat, kann sich angesichts der Vielzahl von Apps ebenso gut als punktuelle Erscheinung darstellen, ohne dass der Verdacht der Willkür indiziert ist. Und letztlich wird man der Antragsgegnerin mit Blick auf die Vielfalt und Schnelllebigkeit der im Internet angebotenen Glücksspiele einerseits und der ungeklärten rechtlichen Entwicklung für Glücksspielangeboten andererseits auch nicht verwehren können, eine Geschäftspolitik nunmehr konsequent durchzusetzen, die immerhin der vertraglichen Vereinbarung entspricht und der gegenüber sich ein schützenswerter Besitzstand deswegen nicht hat bilden können.

Die Kammer lässt offen, ob eine Verantwortlichkeit der Antragsgegnerin zu 2. überhaupt gegeben ist, was wohl eher nicht der Fall sein dürfte.


LG Karlsruhe: Ingame-Käufe - Beim Kauf von virtuellen Gütern und virtuellem Spielgeld besteht grundsätzlich ein Widerrufsrecht - Verzicht nach Belehrung möglich

LG Karlsruhe
Urteil vom 25.5.2016
18 O 7/16


Das LG Karlsruhe hat entschieden, dass beim beim Kauf von virtuellen Gütern und virtuellem Spielgeld grundsätzlich die Vorschriften über Fernabsatzgeschäfte gelten und ein Widerrufsrecht besteht. Dieses kann nicht von vorneherein ausgeschlossen werden. Vielmehr müssen Verbraucher zunächst per Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehrt werden. Erst dann kann dem Verbraucher die Möglichkeit eingeräumt werden, nach § 356 Abs. 5 BGB auf sein Widerrufsrecht zu verzichten.


§ 356 Abs. 5 BGB:
(5) Das Widerrufsrecht erlischt bei einem Vertrag über die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten auch dann, wenn der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags begonnen hat, nachdem der Verbraucher
1. ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt, und
2. seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er durch seine Zustimmung mit Beginn der Ausführung des Vertrags sein Widerrufsrecht verliert.


Aus den Entscheidungsgründen:

§ 356 Abs. 5 BGB regelt das Erlöschen des Widerrufsrecht bei einem Vertrag über die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten. Ein Recht kann aber nur Erlöschen, wenn es vorher bestanden hat. Nach § 355 Abs. 2 S. 2 BGB beginnt die Widerrufsfrist mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist, so dass zu diesem Zeitpunkt das Widerrufsrecht entsteht, hier also mit dem Zugang der Annahmeerklärung des Verbrauchers auf das Angebot der Beklagten zum Kauf von „NosTalern“. Dann kann aber nicht gleichzeitig mit einer Erklärung der Vertrag zustande kommen und das Widerrufsrecht erlöschen, sondern es ist eine zeitlich spätere gesonderte Erklärung des Verbrauchers über die Bestätigung der Kenntnis über den Verlust des Widerrufsrechts i.S. von § 356 Abs. 5 Nr. 2 BGB erforderlich (ebenso: Erman/Koch, BGB, 14. Aufl., § 356 Rn. 17; Buchmann, Kommunikation & Recht 2014, 621, 624).
bb.


Die Einwände der Beklagten gegen diese rechtliche Beurteilung vermögen nicht zu überzeugen.

(1) Der Wortlaut des § 356 Abs. 5 BGB regelt - wie erwähnt - das Erlöschen des Widerrufsrechts und zwar mit Beginn der Ausführung des Vertrags durch den Unternehmer, also zeitlich nach dem Vertragsschluss. Auch in § 356 Abs. 5 Nr. 1 und Nr. 2 BGB wird darauf abgestellt, dass die Ausführung des Vertrags vor Ablauf des Widerrufsrechts beginnt und der Verbraucher sein Widerrufsrecht verliert, was ebenfalls darauf hinweist, dass der Gesetzgeber von einer zunächst begonnen Widerrufsfrist ausgeht und der Verbraucher durch seine ausdrückliche Zustimmung sein bestehendes Widerrufsrecht verliert.

Zu einer abweichenden Beurteilung gelangt man auch nicht über eine richtlinienkonforme Auslegung. Art. 16 m) der Verbraucherrechte-Richtlinie bestimmt, dass der Verbraucher sein Widerrufsrecht verliert und Erwägungsgrund 19 der Verbraucherrechte-Richtlinie spricht davon, dass der Verbraucher für derartige Verträge ein Widerrufsrecht haben sollte, es sei den er hat während der Widerrufsfrist dem Beginn der Vertragserfüllung zugestimmt und zur Kenntnis genommen, dass er infolgedessen sein Widerrufsrecht verliert. Damit wird aber in der Richtlinie ebenfalls zum Ausdruck gebracht, dass zunächst ein Widerrufsrecht bestehen muss und die Erklärung über den Vertragsabschluss und den Verlust des Widerrufsrechts nicht zusammenfallen können.

(2) Nicht zu überzeugen vermag die weitere Begründung der Beklagten, dass das Erfordernis einer Zustimmung nach Vertragsabschluss nicht im Sinne des Verbrauchers wäre. § 356 Abs. 5 BGB soll zumindest auch dem Schutz des Verbrauchers vor übereilten Entscheidungen dienen. Durch die zwei Stufen - zunächst Vertragsabschluss und dann Zustimmung - wird die Vorschrift diesem Zweck gerecht (ebenso: Eman/Koch a.a.O.). Der Verbraucher ist keiner erhöhten Drucksituation ausgesetzt, jedenfalls keiner, die sich von sonstigen Fernabsatzverträgen, unterscheidet. Indem er durch eine gesonderte Erklärung bestätigen muss, dass er sein Widerrufsrecht verliert, wird er vielmehr vor Übereilung bewahrt, die in einem laufenden Online-Spiel durchaus naheliegt, wenn anders in diesem Moment ein höherer Spielelevel oder eine besondere Spielaktion oder -ausstattung nicht erreicht werden kann.

(3) Auch die Vorschrift des § 271 Abs. 1 BGB spricht nicht für die rechtliche Beurteilung der Beklagten. Zwar kann nach dieser Fälligkeitsvorschrift der Gläubiger die Leistung sofort verlangen. Dies gilt aber nur dann, wenn eine Zeit für die Leistung weder bestimmt ist noch sich aus den Umständen ergibt. Es obliegt daher den Vertragsparteien eine Regelung zu treffen, dass die Beklagte vor Ablauf des Widerrufsrechts nicht leisten muss, falls der Verbraucher auf sein Widerrufsrecht nicht verzichtet, soweit man dies, was nach Auffassung des Gerichts naheliegt, nicht ohnehin aus den Umständen entnehmen muss (vgl. auch: Spindler/Schuster a.a.O. Rn.53).

(4) Die von der Beklagten zitierten Literaturstellen führen ebenfalls zu keiner abweichenden Beurteilung. Weder Fritsche (Münchener Kommentar, BGB, 7.Aufl., § 356 Rn. 37) noch Schütz/Gostomzyk (MMR 2007, 7, 11) befassen sich mit der hier vorliegenden Fallkonstellation, dass Vertragsabschluss und Erlöschen des Widerrufsrechts durch eine Erklärung des Verbrauchers herbeigeführt werden und damit die Widerrufsfrist gar nicht in Lauf gesetzt wurde. Vielmehr erläutert Fritsche, dass maßgeblich der Beginn der Ausführung des Vertrages durch den Unternehmer ist, also der Beginn der Übermittlung von Daten (Münchener Kommentar a.a.O., Rn. 43), so dass auch er kein Erlöschen des Widerrufsrechts bereits durch die auf Vertragsabschluss gerichtete Willenserklärung des Verbrauchers annimmt.

d. Da bereits aus den genannten zeitlichen Gründen der Hinweis der Beklagten unzutreffend und damit irreführend i.S. von § 5 Abs. 1 Nr. 7 UWG ist, kommt es auf die weitere zwischen den Parteien streitige Frage, ob aus sonstigen Gründen eine gesonderte ausdrückliche Erklärung über die Zustimmung des Verbrauchers erforderlich ist, nicht an.

3. Die erforderliche Wiederholungsgefahr gemäß § 8 Abs. 1 UWG liegt ebenfalls vor, denn es ist bereits zu einer Wettbewerbsverletzung seitens der Beklagten gekommen ist und sie sich zu Unrecht geweigert hat, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben.

4. Die Klage ist insgesamt begründet, da es sich um einen einheitlichen Streitgegenstand handelt. Der hinter dem Fragezeichen hinterlegte Text erläutert das Erlöschen des Widerrufs und bezieht sich auf den Text des Buttons „Jetzt kaufen“. Dieser ist unzutreffend und damit irreführend, so dass hiervon auch der Erläuterungstext betroffen ist.

OLG Hamm: Auch beim Verkauf von Waren über iPhone- oder Android-Apps muss der Anbieter über das Widerrufsrecht belehren und die sonstigen Pflichtangaben zur Verfügung stellen

OLG Hamm
Urteil vom 20.05.2010
Az. I-4 U 225/09
Widerrufsbelehrung
Informationspflichten
M-Commerce


Das OLG Hamm hat wenig überraschend entschieden, dass auch beim Verkauf von Produkten über iPhone- oder Android-Apps die Vorschriften für Fernabsatzgeschäfte gelten. Der Anbieter muss daher ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehren und die zahlreichen Pflichtinformationen zur Verfügung zu stellen. Dies muss so geschehen, dass die Informationen ggf. auch auf den verschiedenen möglichen Endgeräten gut sichtbar sind.

M-Commerce-Angebote werden nach wie vor stiefmütterlich behandelt. Die Umsetzung der unnötig komplizierten und umfangreichen gesetzlichen Vorgaben ist sicher weder für den Anbieter wie dem Kunden auch keine Freude. Dennoch ist dabei größte Sorgfalt geboten.

In den Entscheidungsgründen heißt es:

"c) Die Antragsgegnerin haftet für das gegenüber den Nutzern der Apple Endgeräte gesetzwidrige Verhalten auch ohne Kenntnis von der Darstellung des Angebots. Wird ein auf einer Handelsplattform eingestelltes Angebot vom Betreiber der Plattform automatisch für den Abruf durch mobile Endgeräte optimiert und kommt es beim mobilen Abruf dazu, dass Pflichtangaben wie das Bestehen des Widerrufsrechts oder die Anbieterkennzeichnung nicht mehr angezeigt werden, so haftet der Anbieter des Angebots wettbewerbsrechtlich, ohne dass es seinerseits auf ein eigenes Verschulden ankäme (vgl. Krieg, Anmerkung zu LG Köln, Urteil vom 6. August 2009 –31 O 33 /09, jurisPR-ITR 1/2010 Anm. 4). [...] Die Haftung kann somit schon aus dem eigenen Handeln nämlich der Einstellung der Angebote bei F hergeleitet werden.

d) Eine eigene Haftung der Antragsgegnerin als Anbieterin ist außerdem im vorliegenden Fall schon deshalb anzunehmen, weil sie ohnehin verpflichtet gewesen wäre, die Darstellung ihrer Angebote bei den völlig anders gearteten Endgeräten von Apple von sich aus zu überprüfen. Es ging dabei auch nicht etwa darum, die Darstellung ihrer Angebote auf sämtlichen Endgeräten ohne gegebenen Anlass zu kontrollieren. Die Antragsgegnerin hatte hier vielmehr Anlass zur Vorsicht. Ihr war durch das Verfahren betreffend ihren Internetauftritt bei Internetadresse1 bekannt, dass es bei der Darstellung ihrer Angebote auf der Internetplattform F auf bestimmten mobilen Endgeräten im Hinblick auf die Erfüllung der Informationspflichten zu Problemen kommen konnte. Am 6. August 2009 war zu ihren Lasten das Urteil des LG Köln ergangen, das insoweit von ihrer Haftung für die als wettbewerbswidrig angesehene Darstellung ausging. Gerade als Folge dieses Verfahrens lag es nahe, auch bei der nur durch neue Programme möglich zu machenden Darstellung der Angebote auf anderen, teilweise neuen Apple Endgeräten zu kontrollieren, ob durch F auch insoweit die erforderlichen Informationen gegeben wurden, um den Informationspflichten der Antragsgegnerin als Anbieterin gerecht zu werden. "



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