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OLG Nürnberg: Blickfangmäßige Werbung mit Rabatt "auf alle Ostersüßwaren" wettbewerbswidrig wenn per Fußnote diverse Ostersüßwaren von der Rabattaktion ausgeschlossen werden

OLG Nürnberg
Urteil vom 23.07.2024
3 U 392/24 UWG


Das OLG Nürnberg hat entschieden, dass die blickfangmäßige Werbung mit Rabatt "auf alle Ostersüßwaren" wettbewerbswidrig ist, wenn per Fußnote diverse Ostersüßwaren von der Rabattaktion ausgeschlossen werden.

Aus den Entscheidungsgründen:
1. Der Senat wendet zur Prüfung, ob in Fällen der Blickfangwerbung der vorliegenden Art eine Irreführung gegeben ist, in Anschluss an Rechtsprechung und Literatur das folgende Stufenmodell an (OLG Nürnberg,, Beschluss vom 16. August 2022, 3 U 747/22, GRUR-RR 2023, 37, Rn. 11 ff., wiederholt im Beschluss vom 23. Dezember 2023, 3 U 1720/22, GRUR-RS 2022, 46596, Rn. 10 ff.):

a) Handelt es sich um eine falsche Angabe zu einer leicht nachprüfbaren, objektiven Tatsache, für die es keinen vernünftigen Grund gibt (vgl. BGH, GRUR 2001, 78 juris-Rn. 16 – Falsche Herstellerpreisempfehlung), bzw. eine leicht zu vermeidende, eindeutig falsche Werbeaussage, für die kein vernünftiger Anlass besteht (vgl. BGH, GRUR 2012, 81 Rn. 14 – Innerhalb 24 Stunden), liegt eine sogenannte „dreiste Lüge“ vor. In einem solchen Fall der objektiven Unrichtigkeit kann der erzeugte Irrtum nicht durch einen erläuternden Zusatz in Form einer Fußnote oder ähnlichem richtiggestellt werden (Bornkamm/Feddersen, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl. 2022, § 5 Rn. 1.89; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. November 2014 – 15 U 71/14, BeckRS 2015, 2183, Rn. 18).

Um der Erläuterung oder Korrektur zugänglich zu sein, muss die Aussage mithin eine solche sein, die nicht erkennbar unzutreffend ist und an der – trotz ihres irreführenden Charakters – von Seiten des Werbenden ein nachvollziehbares Interesse besteht. Dagegen kann eine dreiste Lüge, für die kein vernünftiger Anlass besteht, auch dann nicht zugelassen werden, wenn ein Sternchenhinweis eine Korrektur enthält (vgl. BGH GRUR 2001, 78 – Falsche Herstellerpreisempfehlung; GRUR 2012, 184 Rn. 28 – Branchenbuch Berg; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bomkamm/Feddersen, 42. Aufl. 2024, UWG § 5 Rn. 1.89).

Nicht durch einen Sternchen- oder Fußnotenhinweis korrekturfähig ist etwa die blickfangmäßige Aussage „20 % auf Alles ohne Wenn und Aber“ (LG Dortmund, Urteil vom 31. Oktober 2018 – 20 O 22/18, juris-Rn. 15) oder die Werbung eines Autohändlers, die den Eindruck vermittelt, dass ein angebotenes „Neufahrzeug“ zu dem angegebenen Preis von jedermann gekauft werden kann, obwohl der Preis nur dann gilt, wenn für den Wagen eine Tageszulassung vorgenommen wird und zum anderen nur für die Verbraucher, die ein Gebrauchtfahrzeug in Zahlung geben (OLG Köln, Urteil vom 5. April 2019 – I-6 U 179/18, juris-Rn. 21 ff.). Gleiches gilt für die Werbeaussage „30 % auf (fast) alles!“, wenn der Verbraucher die Einschränkung „fast“ dahingehend versteht, dass sich diese nur auf die in der Aufzählung nicht genannten Produktkategorien bezieht (OLG Köln, Urteil vom 20. April 2018 – I-6 U 153/17, juris-Rn. 34).

Als nicht korrigierbar wurde auch der Fall angesehen, dass in einem Anschreiben bei flüchtiger Betrachtung gezielt der Eindruck vermittelt wurde, die beworbene Leistung sei bereits bestellt und müsse deshalb bezahlt werden. Bei einer Werbung, die gerade auf den flüchtigen Eindruck ausgerichtet ist, muss davon ausgegangen werden, dass ein ausreichender Teil des in dieser Weise angesprochenen Verkehrs getäuscht wird (BGH GRUR 2012, 184 Rn. 28 – Branchenbuch Berg).

Dagegen wurde das Vorliegen einer dreisten Lüge verneint, wenn erkennbar eine unvollständige Kurzangabe, ähnlich einer Überschrift, vorliegt, die dazu einlädt, die ausführliche und präzise Information zur Kenntnis zu nehmen, auf die der Link verweist (BGH GRUR 2012, 81 Rn. 14 – Innerhalb 24 Stunden).

b) In anderen Fällen, in denen eine blickfangmäßig herausgestellte Angabe in einer Werbung bei isolierter Betrachtung eine fehlerhafte Vorstellung vermittelt, kann der dadurch veranlasste Irrtum durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis ausgeschlossen werden, der selbst am Blickfang teilhat (BGH, GRUR 2016, 207 Rn. 16 – All Net Flat). Dabei reicht es nicht aus, wenn der beworbene Artikel zusammen mit weiteren Artikeln abgebildet wird, ohne die er nicht benutzt werden kann, und der aufklärende Hinweis nur ganz am Ende der Produktinformationen innerhalb der Produktbeschreibung steht, ohne am Blickfang teilzuhaben und die Zuordnung zu den herausgestellten Angaben zu wahren (BGH, GRUR 2003, 249 juris-Rn. 16 – Preis ohne Monitor).

So wurde beispielsweise ein Hinweis in einer Fußnote für unzureichend gehalten, wenn sich die Fußnotenziffer neben einer Preisangabe befindet, der Fußnotentext selbst mit Hinweisen zur Preisgestaltung beginnt und der darin weiter enthaltene Hinweis auf die regionale Verfügbarkeit nicht besonders hervorgehoben ist (OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2015, 150 Rn. 31 f. – Entertain Comfort).

c) Auch ohne Stemchenhinweis oder unmittelbare räumliche Zuordnung zum Blickfang kann ausnahmsweise die Aufklärung in einem kurz und übersichtlich gestalteten weiteren Text genügen, wenn es sich um eine Werbung – etwa für langlebige und kostspielige Güter – handelt, mit der sich der Verbraucher eingehend und nicht nur flüchtig befasst, und die er aufgrund einer kurzen und übersichtlichen Gestaltung insgesamt zur Kenntnis nehmen wird.

2. Nach diesen Kriterien ist die verfahrensgegenständliche Werbung der Fallgruppe a) zuzuordnen, da sie eine aus sich heraus klare Aussage darstellt, die zweifelsfrei unrichtig ist, und hierfür auch keine vernünftigen Gründe sprechen.

a) Die Beklagte bedient sich einer sog. Blickfangwerbung, indem sie durch Verwendung einer großen Schrifttype und kontrastreicher Farben auf der Titelseite ihres Prospekts auf die Rabattaktion betreffend Ostersüßwaren hinweist. Hiergegen erinnert auch die Beklagte nichts.

b) Die Aussage, dass der näher beschriebene Rabatt auf „alle“ Ostersüßwaren gewährt wird, ist aus sich heraus klar verständlich und abschließend. Irgendein Bedarf nach Präzisierung oder Erläuterung stellt sich, weil das Adjektiv „alle“ keinerlei Relativierung enthält und einer solchen auch nicht zugänglich ist, nicht. Dies gilt sowohl, wenn man den Begriff „alle“ im logischen und grammatikalischen Sinn versteht, als auch nach dem Begriffsverständnis der durchschnittlichen Verbraucher als dem angesprochenen Verkehrskreis.

Die Richtigkeit der Aussage, dass die Rabattaktion sämtliche Artikel erfasst, die der Kategorie der Ostersüßwaren zuzuordnen ist, lässt sich leicht nachprüfen; Wertungsspielraum besteht nicht. Entweder gibt es den Rabatt tatsächlich für sämtliche Artikel dieser Kategorie, woran es bereits fehlt, wenn ein einzelnes Produkt ausgenommen sein soll, oder die Aussage ist unwahr.

Die Werbung kann deshalb nicht als erkennbar unvollständige Kurzangabe charakterisiert werden. Eine solche wäre gegeben, wenn klar ersichtlich wäre, dass es im Hinblick auf den „sachlichen Umfang“ weitere Informationen geben muss, um die Bedingungen abschließend wiederzugeben. Vielmehr stellt sich vorliegend der Eindruck ein, dass bereits alles gesagt sei (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. November 2014, 15 U 71/14, BeckRS 2015, 3183, Rn. 23), was den sachlichen Umfang der Rabattaktion – Einbeziehung von Ostersüßwaren – betrifft. Dementsprechend erwartet der Verbraucher auch nicht, dass sich Detailangaben zu diesem Aspekt in der Fußnote finden.

Insoweit betont der Senat, dass die Qualifikation als falsche Angabe oder dreiste Lüge keine Bewertung dahingehend enthält, dass bewusst getäuscht werden soll. Entscheidend ist, dass eine falsche Angabe zu einer leicht nachprüfbaren, objektiven Tatsache vorliegt, für die es keinen vernünftigen Grund gibt, oder eine leicht zu vermeidende, eindeutig falsche Werbeaussage, für die kein vernünftiger Anlass besteht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2011, I ZR 119/10, GRUR 2012, 81 Rn. 14 – Innerhalb 24 Stunden; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. November 2014, 15 U 71/14, BeckRS 2015, 2183, Rn. 18).

Bei Sachverhalten, in denen eine unrichtige, aber vermeidbar unrichtige Aussage vorliegt, kann eine Richtigstellung durch eine erläuternde Angabe nicht erfolgen, auch wenn sie am Blickfang teilnimmt.

c) Die Angabe „alle Ostersüßwaren“ erscheint insbesondere auch deshalb nicht von vornherein erläuterungsbedürftig, weil dem Verbraucher klar sein müsste, dass diese Aussage nicht im strengen Wortsinne generell gemeint sein könne.

Zwar werden pauschale Aussagen mit nachfolgenden Einschränkungen nicht als irreführend angesehen, wenn sich die Einschränkungen im Rahmen dessen bewegen, mit dem der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher ohnehin rechnet (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2011, I ZR 119/10, GRUR 2012, 81 Rn. 12 – Innerhalb 24 Stunden). Es liegt aber nicht von vornherein fern, dass die Beklagte im Rahmen einer Sonderaktion ihr gesamtes Sortiment an Ostersüßwaren einschließlich solcher Artikel, die einem bestimmten Hersteller oder bestimmten Marken zuzuordnen sind, vergünstigt abgeben will. Insoweit ist es nach der Erfahrung des Verbrauchers keineswegs ungewöhnlich, dass Saisonartikel, zu denen Ostersüßwaren zweifellos zählen, in bestimmten Phasen mit besonderen Rabatten beworben werden, selbst wenn sie von Qualitätsherstellern stammen. Dies gilt nicht nur nach Ablauf des Festes, Anlasses etc., zu dem sie einen Bezug aufweisen, sondern kann auch in der Phase vor diesem geschehen.

d) Ohne Erfolg bleibt daher der Hinweis der Beklagten, der Verbraucher lese Handzettel der vorliegenden Art intensiver und gründlicher, als dies bei Plakatwerbung oder Fernsehspots der Fall ist.

e) Aus dem genannten Grund kann auch die Überlegung der Beklagten nicht verfangen, der Verbraucher, der mit Erläuterungen in einer erkennbar angebrachten Fußnote rechnet, lese diese sogleich und nehme deshalb die dort genannte Einschränkung zur Kenntnis, bevor er zu der Information „alle Ostersüßwaren“ gelangt. Der Verbraucher darf bei einer derart klar und einschränkungslos formulierten Aussage darauf vertrauen, dass sie in jeder Hinsicht zutrifft und sich in der angebrachten Fußnote keine Einschränkungen finden, die in diametralem Gegensatz zu der getroffenen Aussage stehen.

f) Eine Präzisierungsbedürftigkeit besteht auch im Übrigen nicht schon aus sachgegebenen Gründen. Eine solche könnte zwar angenommen werden, wenn die Abgrenzung von Ostersüßwaren und zu anderen Süßwaren nicht trennscharf möglich wäre. Die vorliegend unternommene Abgrenzung der erfassten von den nicht erfassten Waren beruht ausschließlich auf dem Hersteller und nicht danach, ob sie einen Bezug zu Ostern aufweisen.

Umgekehrt führt der Umstand, dass der Verbraucher möglicherweise Erläuterungen dazu erwartet oder wünscht, wie Ostersüßwaren von sonstigen Süßwaren abzugrenzen sind, nicht dazu, dass ein beachtlicher Erläuterungsbedarf auch im Hinblick darauf besteht, ob wirklich alle Ostersüßwaren erfasst sein sollen. Wie ausgeführt, lässt die gewählte Formulierung keinen Zweifel offen, dass jeder Artikel, der den „Ostersüßwaren“ zuzuordnen ist, auch von dem Rabatt erfasst sein soll.

g) Jedenfalls erwartet der Verbraucher eine Einschränkung des sachlichen Umfangs der Rabattaktion, d.h. der Produkte, die für einen solchen Rabatt infrage kommen, dann nicht, wenn sich das Fußnotenzeichen bei der Angabe „20 %“ befindet.

Eine Erläuterung wird vom angesprochenen Verkehr tendenziell für die Angabe erwartet, bei der der Hinweis darauf (Sternchen-, Fußnotenzeichen) angebracht ist; findet sie sich am Ende der Aussage, kann sich diese regelmäßig auf alle Elemente beziehen.

Dementsprechend impliziert die vorliegende Gestaltung, die korrespondierende Fußnote enthalte eine weitere Information dazu, wie gerade die Rabattquote von 20 % zu verstehen ist, also etwa, was für deren Berechnung im einzelnen gilt. Dagegen liegt die Vermutung, es solle erläutert werden, für welche Arten von Produkten der Rabatt beansprucht werden könne, eher fern (und zwar gerade dann, wenn man entsprechend der Herangehensweise der Beklagten danach fragt, mit welchen Erläuterungen der Verbraucher dann rechnet, wenn er die Werbeaussage Wort für Wort durchgeht). Eine Richtigstellung mit dem vorliegenden Inhalt, dass bestimmte Ostersüßwaren ausgenommen sind, würde der Verbraucher objektiv beim Wort „alle“ erwarten.

Es kann daher offenbleiben, ob entgegen dem eingangs genannten Stufenprogramm eine Fußnote, die deutlich sichtbar bei einem an sich einschränkungslosen Begriff angebracht ist, in einer eine Fehlvorstellung ausschließenden Weise signalisieren könnte, dass der Begriff doch nicht so zu verstehen sein soll, wie er sich findet.

Unerheblich muss demnach auch sein, dass die Angabe der Rabattquote von 20 % und das dort angebrachte Fußnotzenzeichen drucktechnisch größer gesetzt ist als der Bestandteil „auf alle Ostersüßwaren…“. Da ein Fußnoten-/Stemchenzeichen nicht übersehen werden darf, bedingt dies bereits, es entsprechend größer zu setzen, wenn die Worte, bei denen es sich befindet, größer gedruckt sind. Entscheidend ist aber ohnehin, dass der Verbraucher infolge der Einschränkungslosigkeit des Wortes „alle“ und der Positionierung nach dem %-Zeichen keinen Anlass hat, dem Verweis nachzugehen, um sicher zu sein, dass wirklich alle Ostersüßwaren rabattiert werden.

h) Es ist auch nicht zu erkennen, dass der Beklagte keine zumutbare Alternativen offenstünden, in plakativer und wirkungsvoller Weise mit einem Rabatt, der etwa Ostersüßwaren des Herstellers Ferrero ausnimmt, zu werben.

Der Senat kann dahinstehen lassen, ob der Beklagten die klägerseits vorgeschlagene Lösung „fast alle“ zugemutet werden kann. Aus gegenwärtiger Sicht des Senats kann die Beklagte jedenfalls bei Aktionen der verfahrensgegenständlichen Art mit „20 % auf viele Ostersüßwaren“ oder „20 % auf die meisten Ostersüßwaren“ werben und dann mittels einer Fußnote den genauen Inhalt der entsprechenden Einschränkungen kommunizieren. Es liegt dann eine erkennbar ergänzungs-/erläuterungsbedürftige Aussage vor (weil erkennbar wird, dass zahlreiche, aber nicht sämtliche Ostersüßwaren betroffen sind), bei der der Verbraucher bemerkt, dass noch Detailangaben fehlen, und ihm zugemutet werden kann, dem Fußnotenhinweis nachzugehen. Auf diese Weise lässt sich das Interesse der Beklagten, auch für Rabattaktionen der vorliegenden Art blickfangmäßig werden zu können, umsetzen.

Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall in einem wesentlichen Punkt von dem Sachverhalt, der der Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 13. November 2014 (15 U 71/14, BeckRS 2015, 3183) zugrunde lag. Dort hätte es größeren und zusätzlichen Raum in Anspruch genommen, zu erläutern, dass das Angebot nur für gesetzlich versicherte Personen gilt. Vorliegend lässt sich die gebotene Klarheit aber durch Austausch des Worts „alle“ durch ein oder zwei andere, relativ kurze Worte bewerkstelligen. Die Werbeaussage wird dadurch nicht unübersichtlich oder so lang, dass sie nicht mehr plakativ präsentiert werden könnte. Aus diesem Grund verfängt auch die Überlegung nicht, es liege tendenziell im Interesse der Verbraucher, durch kurze und damit übersichtliche Aussagen auf Angebote hingewiesen zu werden.

Offen bleiben kann damit, ob der Standpunkt der Beklagten zutrifft, bei einer Werbung mit „20 % auf Ostersüßwaren …“ würden nur die Ostersüßwaren erfasst, die auch bildlich dargestellt werden.

i) Die Zulässigkeit der verwendeten Werbung unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit kann entgegen der Auffassung des Landgerichts auch nicht auf den Umstand gestützt werden, dass nach dem unwidersprochen Vorbringen der Beklagten rund 80 % der von ihr bereitgehaltenen Ostersüßwaren von der Rabattaktion erfasst sind.

Der Senat hat bereits Zweifel daran, ob für die an dieser Stelle vorzunehmende Verhältnismäßigkeitsbetrachtung relevant sein kann, in welcher Quote von Fällen eine Aussage zutrifft oder nicht. Ob die Passage in der Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 13. November 2014 (15 U 71/14, BeckRS 2015, 3183, Rn. 22), die Werbeaussage sei für einen erheblichen Teil der angesprochenen Kunden zutreffend, in diesem Sinne zu verstehen ist, wie die Beklagte meint, hält der Senat für zweifelhaft. Jedenfalls hat der Senat nicht in seinem Beschluss vom 23. Dezember 2022, 3 U 1720/22, GRUR-RS 2022, 46596, Rn. 16, eine derartige Betrachtung vorgenommen. Er hat lediglich deshalb auf einen „nicht unwesentliche[n] Teil“ der Waren abgestellt, weil klar sein musste, dass nicht sämtliche Waren aller Abteilungen heruntergesetzt sein sollten; dies stellt aber eine andere Überlegung dar.

Entscheidend ist in jedem Fall, ob es sachliche Gründe dafür gibt, sich einer Erläuterung in einer Fußnote zu bedienen, anstatt sich sogleich korrekt auszudrücken, und der damit verbundene Nachteil für den Verbraucher in einem angemessenen Verhältnis zu den Motiven und Interessen des Werbenden steht. Wie beschrieben, ist dies vorliegend nicht der Fall, weil keine unpräzise oder unvollständige Aussage vorliegt, die nicht in knapper Form korrekt formuliert hätte werden können, und dies ohne Nachteile vermieden hätte werden können.

j) Darauf, dass die Erläuterung ohne großen Aufwand wahrgenommen werden kann, da sie sich auf derselben Seite und in dem Bereich befindet, der zu der Werbung für die Ostersüßwaren gehört, kommt es damit nicht mehr entscheidend an. Soweit der Senat in seinem Beschluss vom 16. August 2022, 3 U 747/22, auf die Notwendigkeit eines Scrollens abgestellt hat, stellte dies lediglich einen zusätzlichen Aspekt dar. Dasselbe gilt im Hinblick darauf, dass vorliegend (anders als in dem Sachverhalt, der dem Beschluss des Senats vom 23. Dezember 2022, 3 U 1720/22 zugrunde lag) nicht die Gefahr besteht, das Fußnotenzeichen könne anderweitig, zum Beispiel als Hinweis auf eine Markeneintragung, verstanden werden.

k) Unerheblich muss schließlich sein, dass der angesprochene Kunde durch sein Kaufverhalten die Voraussetzungen dafür schaffen kann, ob er den Rabatt erhält oder nicht, was die vorliegende Situation wiederum von dem vom OLG Düsseldorf am 13. November 2014 entschiedenen Fall (15 U 71/14, BeckRS 2015, 3183) unterscheidet, weil dort die Eigenschaft als gesetzlich oder privat Versicherter kaum beeinflussbar ist. Der Verbraucher, der den Prospekt sieht, kann sich in der berechtigten Erwartung, auch Ostersüßwaren der in der Fußnote genannten Markenhersteller mit den Rabattkonditionen kaufen zu können, in eine Filiale der Beklagten begeben; der Anlockeffekt ist dann eingetreten. Es ist auch nicht so, dass Süßwaren von Markenherstellern aus Sicht des Kunden in jeder Hinsicht gleichwertig mit Süßwaren anderer Markenhersteller oder unter Eigenmarken vertrieben Süßwaren sind.

l) Auch die vorzunehmende Gesamtbetrachtung führt zu keinem anderen Ergebnis.

Die Beklagte wirbt plakativ mit einer für Lebensmittel relativ hohen Rabattquote von 20 % und gibt weiter an, dass dies für alle Ostersüßwaren gelte, sofern der Einkaufswert 5 € erreicht. Für den Verbraucher, der von einer Sonderaktion anlässlich des bevorstehenden Osterfests ausgeht, erscheint die Aussage nicht weiter erläuterungsbedürftig; er hat keinen Anlass, damit zu rechnen, dass sich hinsichtlich der verbal erfassten Ostersüßwaren Einschränkungen ergeben könnten. Für den Verbraucher ist eine derartige Rabattaktion besonders dann interessant, wenn sie auch Produkte von Markenherstellern erfasst; gerade dies wird aber durch das Wort „alle“ suggeriert. Ostersüßwaren gehören auch nicht zu besonders hochpreisigen und langlebigen Artikeln, denen unterstellt werden kann, dass der Verbraucher sich mit Werbung eingehend befasst (vgl. Senat, Beschluss vom 16. August 2022, 3 U 747/22, GRUR-RR 2023, 37, Rn. 16). Die Fehlvorstellung könnte auf einfache Weise vermieden werden, ohne dass der Werbeeffekt für die Beklagte nennenswert leiden würde.

3. Über die übrigen Voraussetzungen eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs gem. § 8 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. §§ 3, 5 Abs. 1 u. 2 Nrn. 1 u. 2 UWG herrscht zwischen den Parteien kein Streit; auch der Senat konnte keine tatsächlichen oder rechtlichen Aspekte erkennen. Dem Unterlassungsantrag war daher zu entsprechen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: