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OLG Frankfurt: Kein Anspruch eines Arztes auf Löschung seiner Daten in einem Bewertungsportal für Ärzte im Internet

OLG Frankfurt
Urteil vom 08.03.2012
16 U 125/11


Das OLG Frankfurt hat noch einmal die herrschende Rechtsprechung bekräftigt, wonach der Betrieb eines Bewertungsportals im Internet auch aus datenschutzrechtlichen Gesichtspunkte rechtlich nicht zu beanstanden ist. Vorliegend hatte ein Arzt auf Löschung seiner Daten aus einem Online-Bewertungsportal für Ärzte geklagt.


Aus den Entscheidungsgründen:

"Zudem ist auch der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung über die Zulässigkeit des Lehrerbewertungsportals „spickmich“ (Urteil vom 23.6.2009, VI ZR 196/08 = BGHZ 181, 328) davon ausgegangen, dass - trotz Verbreitung von Werbeanzeigen - der Anwendungsbereich des § 29 BDSG eröffnet ist.

Soweit es um den Namen, die Adresse und den Tätigkeitsbereich der Klägerin geht, sind diese Daten bereits in allgemein zugänglichen Quellen (z.B. Gelbe Seiten) vorhanden, so dass ihr Erheben, Speichern, Verändern oder Nutzen nach § 29 Abs. 1 S. 1 Ziff. 2 BDSG grundsätzlich zulässig ist.

Allerdings ist mit dem Bundesgerichtshof (a.a.O.) für die Frage der Zulässigkeit auf eine Würdigung im Zusammenhang mit der Bewertungsmöglichkeit und der Speicherung der Bewertungen abzustellen, weil nur die gemeinsame Verwendung der Daten den von der Beklagten verfolgten Zweck des Betreibens eines Arztempfehlungsportals erfüllt. Danach ist die Datenverarbeitung gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 BDSG zulässig, wenn kein Grund zu der Annahme besteht, dass die Klägerin als Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Erhebung, Speicherung oder Veränderung hat.

Der wertausfüllungsbedürftige Begriff des „schutzwürdigen Interesses“ verlangt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (a.a.O.) eine Abwägung des Interesses des Betroffenen an dem Schutz seiner Daten und des Stellenwerts, den die Offenlegung der Daten für ihn hat, mit den Interessen der Nutzer, für deren Zwecke die Speicherung erfolgt, unter Berücksichtigung der objektiven Wertordnung der Grundrechte. Im Streitfall hat dabei eine Abwägung zwischen dem Schutz des Rechtes der Klägerin auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG und dem Recht auf Kommunikationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG zu erfolgen. Das Landgericht hat diese Abwägung sorgfältig und umfassend vorgenommen und ist zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass kein Grund zu der Annahme vorliegt, dass die Klägerin, die in ihrer Sozialsphäre betroffen ist, ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Datenverarbeitung hat. Die von der Klägerin dagegen erhobenen Einwände rechtfertigen keine abweichende Entscheidung."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Hamburg: Anonyme Bewertungen in Bewertungsportalen im Internet sind rechtlich nicht zu beanstanden

OLG Hamburg
Urteil vom 18.01.2012
5 U 51/11.
Anonyme Hotelbewertung


Das OLG Hamburg hat völlig zu Recht entschieden, dass Bewertungsportale im Internet rechtlich nicht zu beanstanden sind, auch wenn dort anonyme Bewertungen möglich sind. Im vorliegenden Fall wollte ein Hotelbetreiber generell verhindern, dass das Hotel in einem Hotel-Bewertungsportal bewertet werden kann.

Aus der Pressemitteilung des OLG Hamburg:

"Der zuständige 5. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts hat entschieden, die Abwägung der Interessen der Klägerin gegen jene der Beklagten, der Nutzer des Bewertungsportals sowie der an Hotelbewertungsportalen interessierten Öffentlichkeit ergebe, dass der Klägerin der geltend gemachte umfassende Unterlassungsanspruch nicht zustehe. Die Klägerin sei unzutreffenden und für ihren Hotelbetrieb abträglichen Bewertungen nicht schutzlos ausgeliefert, da sie deren Löschung verlangen und dies ggf. auch gerichtlich durchsetzen könne. Das von der Klägerin begehrte allgemeine Bewertungsverbot führe jedoch dazu, dass das von der Rechtsordnung anerkannte Betreiben einer Hotelbewertungsplattform unmöglich gemacht werden könnte. Das liege nicht im Interesse der Allgemeinheit, die ein schutzwürdiges Interesse an Information auch durch derartige Bewertungsportale besitze. An dem Ergebnis der Interessenabwägung ändere sich nichts dadurch, dass die Beklagte eine im Wesentlichen anonyme Bewertung zulasse. Denn auch anonym abgegebene Meinungsäußerungen stünden unter dem Schutz der Meinungs- und Kommunikationsfreiheit."

Damit sind rechtliche Schritte gegen unangemessene und unwahre Bewertungen nicht ausgeschlossen. Werden unwahre Tatsachen verbreitet, geschieht die Bewertung allein mit Schädigungsabsicht (z.B. durch einen Mitbewerber) oder werden die Grenzen zur Schmähkritik überschritten, so besteht im Einzelfall ein Anspruch auf Löschung der konkreten Bewertung.

Die vollständige Pressemitteilung des OLG Hamburg finden Sie hier:



"OLG Hamburg: Anonyme Bewertungen in Bewertungsportalen im Internet sind rechtlich nicht zu beanstanden" vollständig lesen

OLG Hamm: Die Meinungsfreiheit gemäß Artikel 5 GG umfasst auch das Recht seine Meinung im Internet anonym zu äußern

OLG Hamm
Beschluss vom 03.08.2011
I-3 U 196/10
Recht auf Anonymität im Internet

Das OLG Hamm hat entschieden, dass die Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG auch das Recht umfasst, seine Meinung im Internet ggf. anonym zu äußern.

Aus den Entscheidungsgründen:
"Die für das Internet typische anonyme Nutzung entspricht zudem auch der grundrechtlichen Interessenlage, da eine Beschränkung der Meinungsfreiheit auf Äußerungen, die einem bestimmten Individuum zugerechnet werden, mit Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG nicht vereinbar ist. Die Verpflichtung, sich namentlich zu einer bestimmten Meinung zu bekennen, würde allgemein die Gefahr begründen, dass der Einzelne aus Furcht vor Repressalien oder sonstigen negativen Auswirkungen sich dahingehend entscheidet, seine Meinung nicht zu äußern. Dieser Gefahr der Selbstzensur soll durch das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung entgegen gewirkt werden (BGH, Urteil vom 23.06.2009 – VI ZR 196/08 -, MMR 2009, 608, 612)."

Diese Entscheidung ist jedoch kein Freibrief für rechtswidrige Äußerungen (unzulässige Schmähkritik, falsche Tatsachenbehauptungen, reine Schädigungsabsicht) im Internet, da in einem solchen Fall die Grenzen der Meinungsfreiheit überschritten werden.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: