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LG Göttingen: Schadensersatzanspruch aus § 58 Abs. 1,3 TKG in Höhe von 2.810 EURO gegen Mobilfunkbetreiber wegen Ausfalls des Mobilfunkanschlusses - 10 EURO pro Tag

LG Göttingen
Urteil vom 01.09.2023
4 O 78/23


Das LG Göttingen hat einem Verbraucher einen Schadensersatzanspruch aus § 58 Abs. 1,3 TKG in Höhe von 2.810,00 EURO ( 10 EURO pro Tag) gegen einen Mobilfunkanbieter wegen des Ausfalls seines Mobilfunkanschlusses zugesprochen.

Aus den Entscheidungsgründen:
Das Landgericht Göttingen ist gem. § 29 Abs. 1 ZPO zuständig. Nach dieser Vorschrift ist für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.

Der "Vertragsgerichtsstand" des § 29 Abs. 1 erfasst alle Klagen, denen ein auf ein Vertragsverhältnis gestützter Anspruch zugrunde liegt. Um welchen Anspruch es sich handelt, spielt dabei keine Rolle; in Betracht kommen daher außer dem Anspruch auf Erfüllung der Vertragspflichten und Schadensersatzansprüchen wegen der Nicht- oder Schlechterfüllung vertraglicher Haupt- oder Nebenpflichten einschließlich aller Hilfs- und Nebenansprüche auch ein Anspruch auf eine (unselbstständige) Vertragsstrafe wegen der Nicht- oder Schlechterfüllung einer vertraglichen Verpflichtung (BeckOK ZPO/Toussaint, 49. Ed. 1.7.2023, ZPO § 29 Rn. 18, 19). Dies gilt auch, wenn - wie hier - ein gesetzlicher Anspruch das Bestehen eines Vertrages voraussetzt (BGH NJW 2011, 2056 [BGH 18.01.2011 - X ZR 71/10] Rn. 26, beck-online).

Die "streitige Verpflichtung" i. S. v. § 29 Abs. 1 meint sodann nicht nur die jeweilige streitgegenständliche Pflicht, wie hier, die Zahlung der Entschädigung, sondern Vertragspflicht, sondern die (primäre) Vertragspflicht, deren Verletzung dem Anspruch zugrunde liegt (BGHZ 188, 85 (92); BGHZ 195, 243; BeckOK ZPO/Toussaint, 49. Ed. 1.7.2023, ZPO § 29 Rn. 28.1). In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass sich bei Mobilfunkverträgen der Erfüllungsort für Pflichten eines Mobilfunkdiensteanbieters im Sinne von § 269 BGB an jedem Ort im Bereich seines Funknetzes befindet (vgl. KG, Beschluss v. 17.09.2007 - Az.: 2 AR 37/07, MMR 2008, 478 [KG Berlin 17.09.2007 - 2 AR 37/07]). Gemessen hieran kommt es schon nicht darauf an, dass - wie die Beklagte meint - ein gemeinsamer Erfüllungsort betreffend die synallagmatischen Vertragspflichten der Parteien anzunehmen ist oder nicht. Denn die Folge aus der von der Beklagten vertretenen Auffassung ist gerade nicht, dass damit gar kein Erfüllungsort besteht, sondern nur, dass mehr als ein Erfüllungsort in Betracht kommen kann. Ein solcher wiederum ist vorliegend am Wohnort des Klägers anzunehmen, weil dort die streitgegenständliche vertragliche Pflicht, deren Verletzung § 58 Abs. 3 TKG voraussetzt, zu erbringen ist.

II.
1. Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung von 2.810,00 € ergibt sich aus § 58 Abs. 1, 3 TKG. Nach § 58 Abs. 1, 3 TKG kann der Verbraucher von einem Anbieter eines öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdienstes verlangen, dass dieser eine Störung unverzüglich und unentgeltlich beseitigt, es sei denn, der Verbraucher hat die Störung selbst zu vertreten. Wird die Störung nicht innerhalb von zwei Kalendertagen nach Eingang der Störungsmeldung beseitigt, kann der Verbraucher ab dem Folgetag für jeden Tag des vollständigen Ausfalls des Dienstes eine Entschädigung verlangen, es sei denn, der Verbraucher hat die Störung oder ihr Fortdauern zu vertreten, oder die vollständige Unterbrechung des Dienstes beruht auf gesetzlich festgelegten Maßnahmen nach diesem Gesetz, der Verordnung (EU) 2015/2120, sicherheitsbehördlichen Anordnungen oder höherer Gewalt. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

a) Der Kläger ist Verbraucher im Sinne der Vorschrift und die Beklagte Anbieterin eines öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdienstes, da sie dem Kläger vertraglich die Nutzung verschiedener Telekommunikationsdienste im Netz der O schuldet.

b) Es liegt auch eine Störung im Sinne der Vorschrift vor.

Der Begriff Störung ist umfassend zu verstehen und meint jede vom Telekommunikationsanbieter nicht gewollte Veränderung der von ihm genutzten technischen Einrichtungen (BGH NJW 2011, 1509 [BGH 13.01.2011 - III ZR 146/10] (1511)). Eine Störung liegt auch dann vor, wenn die eingesetzte Technik die ihr zugedachten Funktionen nicht mehr richtig oder vollständig erfüllen kann (BGH ZD 2014, 461 (462); BeckOK InfoMedienR/Kiparski, 40. Ed. 1.2.2022, TKG2021 § 58 Rn. 10). Dies ist hier anzunehmen. Zwar hat die Beklagte den vom Kläger behaupteten Ausfall des Sendemastes an dessen Wohnort bestritten, gleichwohl aber dargelegt, dass aufgrund wechselnder Störungen anderer Stationen im näheren Umkreis die den Kläger "versorgende" Basisstation zeitweilig ausgelastet gewesen sei, was vom Kunden als vermeintlich anhaltende Störung empfunden worden sein könne. Letztlich macht dies aber für die Annahme einer Störung keinen Unterschied, da Anspruchsvoraussetzung gerade nicht ein Ausfall eines (bestimmten) Sendemastes ist, sondern nur die technisch bedingte, vom Anbieter nicht gewollte Veränderung im Sinne einer nicht mehr richtigen oder vollständigen Funktion. Dies ist auch dann anzunehmen, wenn eine Station aufgrund wechselnder Störungen anderer Station ausgelastet ist, da die Basisstation ihrer originären Aufgabe dann nicht mehr hinreichend nachkommen kann. Da die insoweit mindestens sekundär darlegungspflichtige Beklagte keine weiteren Angaben dazu gemacht, aus welchem Grund und in welchem Zeitraum die Störungen der anderen Station im näheren Umkreis bestanden haben, ist davon auszugehen, dass diese Störung über den gesamten Zeitraum bestanden hat, zumal die Beklagte gerade nicht bestritten hat, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum nicht habe telefonieren können.

c) Der Kläger hat die Störung auch nicht selbst zu vertreten.

d) Die Störung führte vorliegend zu einem vollständigen Dienstausfall im Sinne der Vorschrift.

Dienst ist der vertraglich mit dem Verbraucher vereinbarte Telekommunikationsdienst. Vollständiger Dienstausfall meint gänzliche Nichtverfügbarkeit des Dienstes. Telekommunikationsanbietern steht es frei, zur Vermeidung eines langandauernden Dienstausfalls und der sich daraus ergebenden Haftungsfolgen, dem Verbraucher eine sinnvolle Ersatzlösung zur Verfügung zu stellen, um die Nutzung der Dienste ganz oder zumindest teilweise zu ermöglichen (BT-Drs. 19/26108, 291; BeckOK InfoMedienR/Kiparski, 40. Ed. 1.2.2022, TKG2021 § 58 Rn. 33, 34).

Der Telekommunikationsdienst muss vollständig ausgefallen sein (BT-Drs. 19/26108, 291). Es spielt dabei keine Rolle, ob es sich um einen Ausfall bei einem einzelnen Verbraucher oder um einen großflächigen Ausfall handelt (BT-Drs. 19/26108, 290). Ferner kann der Telekommunikationsdienst zwar aus einem Bündel von Leistungen bestehen, wie bspw. dem Anschluss, Telefonie, Datenübertragung und bei Mobilfunk noch SMS (BeckOK InfoMedienR/Kiparski, 40. Ed. 1.2.2022, TKG2021 § 58 Rn. 33, 34). Dies bedeutet aber nicht, dass der vollständige Ausfall im Sinne der Vorschrift nur dann anzunehmen wäre, wenn alle in einem Vertrag geschuldeten Leistungen nicht mehr möglich wären. Nach § 3 Nr. 61 TKG sind Telekommunikationsdienste in der Regel gegen Entgelt über Telekommunikationsnetze erbrachte Dienste, die - mit der Ausnahme von Diensten, die Inhalte über Telekommunikationsnetze und -dienste anbieten oder eine redaktionelle Kontrolle über sie ausüben - Internetzugangsdienste, interpersonelle Telekommunikationsdienste und Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen bestehen, wie Übertragungsdienste, die für Maschine-Maschine-Kommunikation und für den Rundfunk genutzt werden, umfassen. Gemessen an dieser Definition ist mit "Telekommunikationsdienst" nicht die Gesamtheit der vertraglich geschuldeten Leistungen gemeint, sondern die jeweilige einzelne Leistung, die vertraglich vereinbart ist, im Falle eines klassischen Mobilfunkvertrages also die Möglichkeit, im Mobilfunknetz Telefonate zu tätigen. Allein die Möglichkeit, dass im Rahmen des Abschlusses von Mobilfunkverträgen die Möglichkeit besteht, Datenoptionen und Telefonie separat zu buchen zeigt, dass es sich dabei um verschiedene Dienste handelt, die ihrerseits zwar in einem Vertrag vereinbart werden können, deshalb aber nicht zu einem einzigen Dienst im Sinne der Norm werden. Ein Ausfall des Dienstes "Telefonie über Mobilfunk" im Sinne der Vorschrift ist hier gegeben. Denn der Kläger konnte unstreitig im streitgegenständlichen Zeitraum in seiner Wohnung mit den genannten Telefonnummern aufgrund der o. g. Störung nicht telefonieren.

Der vollständige Dienstausfall wird hier auch nicht dadurch kompensiert, dass der Kläger und seine Familienangehörigen außerhalb der klägerischen Wohnung telefonieren konnten. Das Wesen der Mobiltelefonie ist die Möglichkeit, zu jeder Zeit und an jedem Ort telefonieren zu können, ohne dafür den Ort wechseln zu müssen. Gerade wenn ein Mobiltelefon, was heutzutage keinesfalls mehr unüblich ist, als Ersatz für ein Festnetztelefon genutzt wird, ist die Nutzbarkeit innerhalb der eigenen Wohnung - beispielsweise auch im Falle eines Notfalles - ein wesentlicher Umstand und führt gerade nicht dazu, dass der Dienst damit nicht vollständig ausgefallen wäre. Es ist in diesem Zusammenhang nicht erforderlich, dass der Dienst in einem bestimmten "Mindestradius" vollständig ausgefallen ist, denn aufgrund des von der Beklagten geschilderten Umstandes, dass Mobilfunkzellen sich überlappen und damit auch bei Ausfall einer Station Randbereiche des Versorgungsgebietes der Station noch versorgt werden könnten, verbliebe dann kein nennenswerter Anwendungsbereich der Norm mehr. Ein vollständiger Dienstausfall ist daher anzunehmen, wenn dem Mobilfunknutzer der Dienst Telefonie innerhalb seiner Wohnung für einen nicht nur vorübergehenden Zeitraum insgesamt nicht mehr möglich ist.

Soweit sich die Beklagte zur Begründung ihrer Auffassung auf das Gesetzgebungsverfahren bezieht, so dringt sie hiermit nicht durch. Die in diesem Zusammenhang zitierten Stellungnahmen haben im Kern die zeitliche Komponente im Blick und setzen sich damit auseinander, dass eben nicht nur ein "vorübergehender" Dienstausfall umfasst sein soll. Dies ist hier aber gar nicht streitig; dass der Kläger den Mobiltelefoniedienst im streitgegenständlichen Zeitraum jedenfalls Zuhause nicht nutzen konnte, ist unbestritten geblieben. Damit ist im hiesigen Fall nur die örtliche Komponente eines Dienstausfalles problematisch, welche - wie dargelegt - jedoch vorliegend erfüllt ist.

Dass der Kläger und seine Familienangehörigen im streitgegenständlichen Zeitraum tatsächlich telefoniert und teilweise mehr Daten verbraucht haben, als im Vorjahreszeitraum, ist unerheblich. Denn es ist, wie dargelegt, gerade das Wesen des Mobilfunks, dass dieser überall genutzt werden kann. Die bloße Nutzung des Mobilfunks vermag daher, solange nicht dargelegt ist, wo diese erfolgt ist, nichts an dem klägerischen Anspruch zu ändern. Denn dass der Kläger außerhalb seiner Wohnung und des näheren Umkreises telefonieren konnte, ist sogar unstreitig und führt nicht zu einem Entfall des Anspruches aufgrund der Nichtverfügbarkeit des Mobiltelefoniedienstes im Bereich der Wohnung des Klägers.

Soweit sich die Beklagte darauf beruft, eine Telefonie sei über WLAN möglich gewesen, so stellt die Telefonie über das Internet einen eigenen Dienst dar, der aber keinen Entfall des Anspruches auf eine Entschädigung nach sich zieht. Denn wie oben bereits ausgeführt, soll die Entschädigung den Anbieter dazu anhalten, die dem Ausfall zu Grunde liegende Störung kurzfristig zu beseitigen. Ein Entfall dieser Entschädigung ist daher nur denkbar, wenn der Nutzer vom Anbieter eine im Wesentlichen gleichwertige Ersatzmöglichkeit für die Nutzung des ausgefallenen Dienstes bereitstellt. Es ist insoweit gerichtsbekannt, dass die Versorgung einer Wohnung oder eines Haues mit WLAN nicht immer gleichmäßig und in zufriedenstellendem Maße erfolgt und daher eine Telefonie über WLAN, die zudem von der verfügbaren Bandbreite abhängt, keine im Wesentlichen gleichwertige Alternative zur Mobilfunktelefonie darstellt. Zudem sind Notrufe beim Telefonieren über WLAN nicht bei allen Internetanbietern gleichermaßen technisch überhaupt möglich, sodass auch insoweit eine wesentliche Einschränkung gegenüber der Mobilfunktelefonie verbleibt.

e) er Kläger kann aber lediglich eine Entschädigung für die von seiner Tochter genutzte Mobilfunknummer 123 beanspruchen.

Hinsichtlich der Nummern 456 sowie 789 erfolgte unstreitig eine Beauftragung erst am 13.03.2022 bzw. 24.04.2022 und damit fast einen Monat bzw. mehr als zwei Monate nach dem Auftreten der Störung. Es ist nach Auffassung des Gerichts nicht mit dem Sinn und Zweck der Entschädigungsregelung vereinbar, dass ein Mobilfunkkunde in dem positiven Wissen um das Bestehen einer längerfristigen Störung einen Mobilfunkvertrag abschließt und im Anschluss eine entsprechende Entschädigung begehrt, womit sich der Kläger treuwidrig i. S. v. § 242 BGB verhalten hat. Wie bereits dargelegt, soll die Entschädigung einen Anreiz für den jeweiligen Anbieter schaffen, eine Störung schnellstmöglich zu beheben. Ein Nutzer soll sich hieran nicht bereichern können. Der Kläger hat indes am 13.03.2023 und damit fast einen Monat nach Auftreten der Störung einen neuen Vertrag geschlossen. Selbst wenn es für ihn "schlicht nicht vorstellbar" gewesen sein soll, dass es in Deutschland im Jahre 2022 nicht möglich sein würde, die technische Störung an einem Mobilfunksendemast in Göttingen innerhalb weniger Tage wiederherzustellen, vermag dies nichts an dem Umstand zu ändern, dass zu diesem Zeitpunkt die Störung bereits bei knapp 3 1/2 Wochen gedauert hat. Daher kommt es auch nicht mehr darauf an, dass eine Rufnummernübernahme und damit Inanspruchnahme vertraglicher Leistungen überhaupt erst ab dem 30.05.2022 möglich gewesen sein soll (wobei der Kläger damit schon dem Grunde nach keinen Anspruch auf Entschädigung für die davorliegende Zeit beanspruchen kann). Dass der dritte Vertrag sogar erst zum 24.04.2022 beauftragt wurde und damit sogar mehr als zwei Monate nach erstem Auftreten der Störung, widerspricht zudem dem Vortrag des Klägers, er sei davon ausgegangen, die Störung würde innerhalb weniger Tage behoben sein.

f) Der Höhe nach kann der Kläger nach § 58 Abs. 3 S. 2 TKG für den dritten und vierten Tag nach Eingang der Störungsmeldung 5 Euro oder 10 Prozent und ab dem fünften Tag 10 Euro oder 20 Prozent der vertraglich vereinbarten Monatsentgelte bei Verträgen mit gleichbleibendem monatlichem Entgelt verlangen, je nachdem, welcher Betrag höher ist. Vorliegend belaufen sich die vertraglich vereinbarten Monatsentgelte auf 5,99 € bzw. 6,99 €, sodass vorliegend die Tagespauschale die höhere Entschädigung darstellt. Die Störungsmeldung betreffend die Rufnummer 123 erfolgte am 22.03.2022, sodass ein Anspruch ab dem 25.03.2022 besteht.

Gemessen hieran steht ihm bezogen auf die Rufnummer 123 eine Entschädigung in Höhe von 2.810,00 €, die sich wie folgt zusammensetzt:

25. - 31. März 2022: 2 Tage à 5,00 Euro, 5 Tage à 10,00 Euro 60,00 Euro
April 2022: 30 Tage à 10,00 Euro 300,00 Euro
Mai 2022: 31 Tage à 10,00 Euro 310,00 Euro
Juni 2022: 30 Tage à 10,00 Euro 300,00 Euro
Juli 2022: 31 Tage à 10,00 Euro 310,00 Euro
August 2022: 31 Tage à 10,00 Euro 310,00 Euro
September 2022: 30 Tage à 10,00 Euro 300,00 Euro
Oktober 2022: 31 Tage à 10,00 Euro 310,00 Euro
November 2022: 30 Tage à 10,00 Euro 300,00 Euro
Dezember 2022: 31 Tage à 10,00 Euro 310,00 Euro
Summe: 2.810,00 Euro

2. Ein Anspruch auf Zahlung von Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.260,00 € seit dem 16.08.2022 ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 286 BGB aufgrund des Anwaltsschreibens vom 29.07.2022, in welchem eine Frist für die Zahlung zum 15.08.2022 gesetzt wurde, weshalb sich die Beklagte nach § 187 Abs. 1 BGB analog seit dem 16.08.2022 in Verzug befindet.

Hinsichtlich weiterer 1.550,00 € ergibt sich ein Anspruch auf Zahlung von Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB seit Rechtshängigkeit, gem. § 187 Abs. 1 BGB analog also ab dem 17.03.2023.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Wiedereinsetzungsantrag wegen eines Computerdefekts muss Darlegungen zu Defekt enthalten und ist abzulehnen wenn Möglichkeit eines Bedienfehlers des Anwalts besteht

BGH
Beschluss vom 01.03.2023
XII ZB 228/22
ZPO §§ 85 Abs. 2, 130 d, 233 E, 236 C; FamFG §§ 113 Abs. 1 Satz 2, 117 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 5


Der BGH hat entschieden, dass ein Wiedereinsetzungsantrag wegen eines Computerdefekts Darlegungen zu Defekt und Behebung enthalten muss. Eine Wiedereinsetzung ist abzulehnen, wenn die Möglichkeit eines Bedienfehlers des Anwalts besteht.

Leitsätze des BGH:
a) Wird ein Wiedereinsetzungsantrag auf einen vorübergehenden Funktionsausfall eines Computers gestützt, bedarf es näherer Darlegungen zur Art des Defekts und seiner Behebung (im Anschluss an BGH Beschluss vom 17. Mai 2004 - II ZB 22/03 - NJW 2004, 2525).

b) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden, wenn nach den glaubhaft gemachten Tatsachen zumindest die Möglichkeit offenbleibt, dass die Fristversäumung von dem Beteiligten bzw. seinem Verfahrensbevollmächtigten verschuldet war (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 6. April 2011 - XII ZB 701/10 - NJW 2011, 1972).

BGH, Beschluss vom 1. März 2023 - XII ZB 228/22 - OLG Rostock - AG Neubrandenburg

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OVG Münster: Rechtsanwälte müssen mobilen Internet-Hotspot vorhalten um bei Ausfall des stationären Internets Schriftsätze fristwahrend als elektronisches Dokument per beA bei Gericht einreichen

OVG Münster
Beschluss vom 06.07.2022
16 B 413/22


Das OVG Münster hat entschieden, dass Rechtsanwälte zusätzlich einen mobilen Internet-Hotspot vorhalten müssen, um bei Ausfall des stationären Internets Schriftsätze fristwahrend als elektronisches Dokument per beA bei Gericht einreichen zu können

Aus den Entscheidungsgründen:
Nach dem seit dem 1. Januar 2022 geltenden § 55d Satz 1 VwGO (eingefügt durch Gesetz vom 10. Oktober 2013, BGBl. I S. 3786) sind vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, als elektronisches Dokument zu übermitteln. Ist eine Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig (§ 55d Satz 3 VwGO). Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen (§ 55d Satz 4 VwGO).

Die am 23. März 2022 beim Oberverwaltungsgericht eingegangene Beschwerdeschrift vom 22. März 2022 entspricht nicht den Vorgaben des § 55d Satz 1 VwGO, weil sie nicht als elektronisches Dokument, sondern per Telefax übermittelt worden ist.

Hierbei handelt es sich auch nicht um eine nach § 55d Satz 3 VwGO zulässige Ersatzeinreichung, weil der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers nicht entsprechend § 55d Satz 4 Halbsatz 1 VwGO glaubhaft gemacht hat, dass die Übermittlung als elektronisches Dokument aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich gewesen ist. Soweit er hierzu vorträgt, "Die Störung der Telefon- und Internetverbindung des Unterzeichners ist von der Deutschen Telekom bisher nicht beseitigt worden; ein Bautrupp hat sich für den 30. März 2022 angesagt, so dass hier lediglich ein Faxgerät von Dritten zur Verfügung steht. Dies wird anwaltlich versichert.", ist mit diesem Vortrag, ungeachtet der Frage, ob die hierzu von ihm abgegebene anwaltliche Versicherung als Mittel der Glaubhaftmachung ausreichend ist,

vgl. R. P. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 27. Auflage 2021, § 55d Rn. 10, wonach für die Glaubhaftmachung die Regelung des § 294 ZPO maßgeblich ist; ebenso AG Hamburg, Beschluss vom 21. Februar 2022 - 67h IN 29/22 -, juris, Rn. 10, und Seiler, in: Thomas/Putzo, ZPO, 43. Auflage 2022, § 130d Rn. 2 jeweils in Bezug auf die inhaltsgleiche Regelung in § 130d ZPO,

schon nicht dargetan, dass die Übermittlung nur vorübergehend nicht möglich i. S. v. § 55d Satz 3 VwGO gewesen ist. Bereits im erstinstanzlichen Verfahren hat der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers dessen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Schriftsatz vom 11. Februar 2022) dem Verwaltungsgericht entgegen § 55d Satz 1 VwGO nicht als elektronisches Dokument, sondern per Telefax übermittelt und dies ebenfalls damit begründet, dass die Störung der Telefon- und Internetverbindung von der Deutschen Telekom bisher nicht beseitigt worden sei, so dass ihm lediglich ein Faxgerät von Dritten zur Verfügung stehe, was anwaltlich versichert werde. Insoweit ist nicht ersichtlich, dass sich der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers bei der Übermittlung der Beschwerdeschrift am 23. März 2022, also mehr als fünf Wochen nach Stellung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, noch mit Erfolg auf das Vorliegen einer vorübergehenden (Hervorhebung durch den Senat) Unmöglichkeit der Übermittlung infolge einer technischen Störung berufen kann. Denn die Regelung des § 55d Satz 3 VwGO entbindet professionelle Einreicher nicht von der Notwendigkeit, die notwendigen technischen Einrichtungen für die Einreichung elektronischer Dokumente vorzuhalten und bei technischen Ausfällen unverzüglich für Abhilfe zu sorgen.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 31. März 2022 - 19 A 448/22.A -, juris, Rn. 4 unter Bezugnahme auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 17/12634 vom 6. März 2013, S. 28 (zur Parallelvorschrift des § 130d ZPO) und vom 9. Mai 2022 - 16 B 69/22 -, juris, Rn. 4.

Dass der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers jedenfalls dem zuletzt genannten Erfordernis, etwa durch ein Hinwirken auf eine schnellere Behebung der von ihm geltend gemachten Störung oder die Beschaffung und Verwendung eines mobilen Hotspots, nachgekommen ist, hat er schon nicht dargelegt.

Die Beschwerde ist zudem auch deshalb unzulässig, weil der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers seiner Verpflichtung aus § 55d Satz 4 Halbsatz 2 VwGO, auf gerichtliche Aufforderung ein elektronisches Dokument nachzureichen, nicht nachgekommen ist. Er ist mit hiesiger Verfügung vom 30. März 2022 aufgefordert worden, die Beschwerdeschrift so bald wie möglich als elektronisches Dokument nachzureichen. Obwohl er in diesem Fall verpflichtet ist, eine Einreichung zusätzlich in elektronischer Form vorzunehmen,

vgl. R. P. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 27. Auflage 2021, § 55d Rn. 11 unter Bezugnahme auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 17/12634 vom 6. März 2013, S. 28,

ist er dieser Aufforderung nicht nachgekommen, obwohl ihm dies schon nach seinem eigenen Vortrag jedenfalls nach dem 30. März 2022 möglich gewesen sein müsste.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Berlin: Unzulässige Klauseln in AGB des Online-Spiels World of Warcraft von Blizzard Entertainment

LG Berlin
Urteil vom 28.01.2014
15 O 300/12


Das LG Berlin hat auf Klage des vzbv wenig überaschend entschieden, dass zahlreiche Klauseln in den AGB / Nutzungsbedingungen des Online-Spiels World of Warcraft von Blizzard Entertainment unzulässig sind. Dazu zählen auch Bestimmungen, wonach Nutzer nahezu willkürlich gesperrt werden können sowie der Leistungsumfang und Nutzungsbedingungen durch den Anbieter nahezu unbegrenzt geändert werden können.

Gerade die AGB amerikanische Anbieter enthalten im Regelfall eine Vielzahl unzulässiger Regelungen, die mit dem deutschen Recht nicht zu vereinbaren sind. Vorliegend waren nicht alle rechtlich bedenklichen Klauseln Gegenstand des Rechtsstreits.

Aus der Pressemitteilung des vzbv:

"Eine fehlgeschlagene Abbuchung von der Kreditkarte des Kunden sollte laut Nutzungsbedingungen des Spieleanbieters reichen, um den Zugang fristlos und ohne vorherige Mahnung zu sperren und den Account zu löschen. Das gleiche sollte für den Fall gelten, dass eine Abbuchung vom Konto des Kunden „aus irgendwelchen Gründen“ zurückbelastet wurde. Danach wäre der sofortige Rausschmiss eines Spielers selbst dann möglich, wenn die gescheiterte Abbuchung auf einem Fehler in der Buchhaltung des Anbieters beruht oder es sich nur um einen Kleinstbetrag handelt. Eine Kündigung drohte auch den Spielern, die eine Lastschrift aus berechtigten Gründen zurückgaben. Eine solche Regelung benachteiligt Kunden, kritisierte der vzbv und bestätigten jetzt die Richter.
[...]
Die Richter beanstandeten zudem, dass die Kündigungsrechte der Kunden selbst nach einem Totalausfall des Online-Spiels stark eingeschränkt oder sogar ausgeschlossen waren. So sollte nach den Nutzungsbedingungen von Blizzard Entertainment ein Spieler nur dann kündigen dürfen, wenn der Service mehr als 72 Stunden in Folge ausgesetzt oder unterbrochen wurde – wenn ein Ausfall vorher angekündigt wurde, entfiel das Kündigungsrecht sogar ganz, unabhängig von der Dauer. Selbst wenn der Telekommunikationsbetreiber für den Ausfall verantwortlich war, wurde eine Kündigung in diesen Fällen ausgeschlossen.

Unzulässig ist laut Gericht auch eine Klausel, mit der sich das Unternehmen das Recht einräumte, Nutzungsbedingungen, Leistungen und Preise jederzeit und nahezu beliebig zu ändern. So sollte die Einführung neuer Gebühren unter anderem zulässig sein, falls das zur Verbesserung des Spielerlebnisses "nützlich" erscheine."



Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



BGH-Entscheidung zum Schadensersatz beim Ausfall des Internetzugangs liegt im Volltext vor

BGH
Urteil vom 24.01.2013
III ZR 98/12
Ausfall des Internetzugangs
BGB § 249


Wir hatten bereits in dem Beitrag "BGH: Schadensersatz bei Ausfall des Internetanschlusses - Nutzbarkeit des Internets ist ein Wirtschaftsgut mit zentraler Bedeutung" über die Entscheidung berichtet.

Leitsatz des BGH:
Es kann einen ersatzfähigen Vermögensschaden darstellen, wenn dem Inhaber eines DSL-Anschlusses die Möglichkeit genommen wird, seinen Zugang zum Internet zu nutzen, ohne dass ihm hierdurch Mehraufwendungen entstanden oder Einnahmen entgangen sind.
BGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - III ZR 98/12 - LG Koblenz - AG Montabaur

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Schadensersatz bei Ausfall des Internetanschlusses - Nutzbarkeit des Internets ist ein Wirtschaftsgut mit zentraler Bedeutung

BGH
Urteil vom 24.01.2013
III ZR 98/12


Aus der Pressemitteilung des BGH:

"Der unter anderem für das Telekommunikationsrecht zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat dem Kunden eines Telekommunikationsunternehmens Schadensersatz für den mehrwöchigen Ausfall seines DSL-Anschlusses zuerkannt.
[...]
Die Nutzbarkeit des Internets ist ein Wirtschaftsgut, dessen ständige Verfügbarkeit seit längerer Zeit auch im privaten Bereich für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist.
[...]
Zur Höhe des Schadensersatzes hat der Senat ausgeführt, dass der Kläger in Übertragung der insoweit von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze auf die vorliegende Fallgestaltung einen Betrag verlangen kann, der sich nach den marktüblichen, durchschnittlichen Kosten richtet, die in dem betreffenden Zeitraum für die Bereitstellung eines DSL-Anschlusses mit der vereinbarten Kapazität ohne Telefon- und Faxnutzung angefallen wären, bereinigt um die auf Gewinnerzielung gerichteten und sonstigen, eine erwerbwirtschaftliche Nutzung betreffenden Wertfaktoren."


Die vollständige Pressemitteilung des BGH finden Sie hier:


"BGH: Schadensersatz bei Ausfall des Internetanschlusses - Nutzbarkeit des Internets ist ein Wirtschaftsgut mit zentraler Bedeutung" vollständig lesen