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LG Frankfurt: Strafzinsen und Verwahrentgelte für Guthaben unzulässig - Klausel in AGB der Commerzbank wegen unangemessener Benachteiligung des Kunden nach § 307 BGB unwirksam

LG Frankfurt
Urteil vom 18.11.2022
2-25 O 228/21


Auch das LG Frankfurt hat entschieden, dass Strafzinsen und Verwahrentgelte für Guthaben unzulässig sind. Die entsprechende Klausel in den AGB der Commerzbank ist wegen unangemessener Benachteiligung des Kunden nach § 307 BGB unwirksam.

BGH: AGB-Klausel die Jahresentgelt in der Ansparphase von Bausparverträgen vorsieht ist unwirksam - unangemessene Benachteiligung nach § 307 BGB

BGH
Urteil vom 15.11.2022
XI ZR 551/21

Der BGH hat entschieden, dass eine AGB-Klausel, die ein Jahresentgelt in der Ansparphase von Bausparverträgen vorsieht. unwirksam ist, da eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 BGB vorliegt.

Die Pressemitteilung des BGH:

Unwirksamkeit der Klausel zu einem Jahresentgelt in der Ansparphase von Bausparverträgen

Der u.a. für das Bank- und Börsenrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bausparkasse enthaltene Klausel, mit der die Bausparkasse von den Bausparern in der Ansparphase der Bausparverträge ein sogenanntes Jahresentgelt erhebt, unwirksam ist.

Sachverhalt und bisheriger Prozessverlauf:

Der Kläger, ein eingetragener Verein, nimmt satzungsmäßig Verbraucherinteressen wahr und ist als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen. Die beklagte Bausparkasse verwendet in ihren Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge u.a. die folgende Bestimmung:

"Die Bausparkasse berechnet während der Sparphase jeweils bei Jahresbeginn – bei nicht vollständigen Kalenderjahren anteilig – für jedes Konto des Bausparers ein Jahresentgelt von 12 EUR p.a."

Der Kläger hält die vorbezeichnete Klausel für unwirksam, da sie die Bausparer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Er nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, es zu unterlassen, diese oder eine inhaltsgleiche Klausel gegenüber Verbrauchern in Bausparverträgen zu verwenden und sich bei der Abwicklung von Bausparverträgen auf die Klausel zu berufen.

Die Vorinstanzen haben der Unterlassungsklage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die angefochtene Klausel der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegt und dieser nicht standhält. Er hat deshalb die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt:

Die Entgeltklausel ist Gegenstand der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB, weil sie eine Preisnebenabrede darstellt. Das in der Ansparphase eines Bausparvertrags erhobene Jahresentgelt ist weder Gegenleistung für eine vertragliche Hauptleistung noch Entgelt für eine Sonderleistung der Beklagten und damit keine kontrollfreie Preishauptabrede. Die von der Bausparkasse in der Ansparphase geschuldete Hauptleistung besteht einerseits in der Zahlung der Zinsen auf das Bausparguthaben sowie andererseits darin, dem Bausparer nach der Leistung der Bauspareinlagen einen Anspruch auf Gewährung eines niedrig verzinslichen Bauspardarlehens aus der Zuteilungsmasse zu verschaffen. Mit dem Jahresentgelt werden demgegenüber Verwaltungstätigkeiten der Beklagten in der Ansparphase bepreist, die sich mit der bauspartechnischen Verwaltung, Kollektivsteuerung und Führung einer Zuteilungsmasse umschreiben lassen. Hierbei handelt es sich lediglich um notwendige Vorleistungen, nicht aber um eine von der Beklagten in der Ansparphase geschuldete Hauptleistung.

Der danach eröffneten Inhaltskontrolle hält die streitige Klausel nicht stand. Sie ist vielmehr unwirksam, weil die Erhebung des Jahresentgelts in der Ansparphase eines Bausparvertrags mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar ist und die Bausparer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Denn mit dem Jahresentgelt werden Kosten für Verwaltungstätigkeiten auf die Bausparer abgewälzt, welche die Bausparkasse aufgrund einer eigenen gesetzlichen Verpflichtung zu erbringen hat. Die Abweichung der Entgeltklausel von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ist auch bei der gebotenen pauschalisierenden Gesamtbetrachtung nicht durch bausparspezifische Individualvorteile der einzelnen Bausparer sachlich gerechtfertigt. Bausparer müssen in der Ansparphase bereits hinnehmen, dass ihre Spareinlagen bezogen auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Bausparvertrags nur vergleichsweise niedrig verzinst werden. Außerdem können Bausparkassen bei Abschluss des Bausparvertrags von den Bausparern eine Abschlussgebühr verlangen. Mit dem Jahresentgelt wird auch kein Beitrag zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Bausparwesens geleistet, der geeignet wäre, die mit seiner Erhebung für den einzelnen Bausparer verbundenen Nachteile aufzuwiegen.

Vorinstanzen:

LG Hannover - Urteil vom 29. Januar 2021 - 13 O 19/20

OLG Celle - Urteil vom 17. November 2021 - 3 U 39/21 (WM 2022, 659)

Die maßgebliche Vorschrift lautet:

§ 307 BGB

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird,

nicht zu vereinbaren ist oder

2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so

einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und § 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.



LG Düsseldorf: Strafzinsen-Klausel in Banken-AGB nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam - Verwahrentgelt ist mit wesentlichen Grundlagen der gesetzlichen Regelung unvereinbar

LG Düsseldorf
Urteil vom 22.12.2021
12 O 34/21

Auch das LG Düsseldorf hat entschieden, dass Strafzinsen-Klauseln in Banken-AGB nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sind. Die Beanspruchung eines Verwahrentgelts bei Zahlungsdiensteverträgen ist mit den wesentlichen Grundlagen der gesetzlichen Regelung unvereinbar. Geklagt hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



LG Berlin: Verwahrentgelt durch Strafzinsen-Klausel für Girokonto und Tagesgeldkonto in Banken-AGB nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam - Kunde hat Anspruch auf Erstattung

LG Berlin
Urteil vom 28.10.2021
16 O 43/21


Das LG Berlin hat entschieden, dass eine Verwahrentgelt durch Strafzinsen-Klausel für Girokonto und Tagesgeldkonto in den Banken-AGB nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist. Der Kunde hat hinsichtlich bereits bezahlter Strafzinsen einen Anspruch auf Erstattung.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage ist aus §§ 307 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit mit §§ 675f Abs. 5 S. 1, 700 Abs. 1, 488 Abs.1 S. 2 BGB begründet, denn die Beanspruchung eines Verwahrernentgeltes bei Zahlungsdienstverträgen ist mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren. Die Klausel benachteiligt den Verbraucher daher unangemessen.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

AG Frankfurt: Telefonische Kartensperre 30 Minuten nach Bemerken des Verlusts kann zu spät sein - dann kein Anspruch gegen Bank auf Erstattung von unbefugten Verfügungen

AG Frankfurt
Urteil vom 31.08.2021
32 C 6169/20 (88)


Das AG Frankfurt hat entschieden, dass eine telefonische Kartensperre 30 Minuten nach Bemerken des Verlusts zu spät sein kann und dann kein Anspruch gegen die Bank auf Erstattung von unbefugten Verfügungen besteht.

Aus den Entscheidungsgründen:

[...]Um 10:42 Uhr jenes Tages teilte die Klägerin der Beklagten telefonisch den Verlust ihrer Debitkarte mit und ließ die Karte sperren. In ihrer gegenüber der Beklagten am 19.11.2019 erklärten schriftlichen Verlustmeldung gab die Klägerin an, dass sie den Verlust um ca. 10:10 Uhr bemerkt hatte. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die mit Anlage B3 vorgelegte Verlustmeldung (Bl. 119 f. der Akte) Bezug genommen.[...].

Die Klägerin kann weder aus § 675u S. 2 BGB, noch aus § 280 Abs. 1 BGB, jeweils in Verbindung mit dem zwischen den Parteien geschlossenen Zahlungsdiensterahmenvertrag, Erstattung oder Wiedergutschrift der streitgegenständlichen Barauszahlungen von der Beklagten verlangen.

Es gilt gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden, dass die streitgegenständlichen Abhebungen mittels der der Klägerin ausgehändigten Originalkarte erfolgt sind. Die in den als solchen inhaltlich unwidersprochenen Transaktionsprotokollen (Anlage B2) aufgeführte Kartennummer stimmt überein mit der von der Klägerin selbst mit der Klageschrift vorgetragenen Kartennummer. Die prozessualen Voraussetzungen eines zulässigen Bestreitens der Verwendung der Originalkarte mit Nichtwissen seitens der Klägerin gemäß § 138 Abs. 4 ZPO liegen daher nicht vor.

Wie die Beklagte zutreffend geltend macht, spricht auf dieser Tatsachengrundlage ein Anscheinsbeweis dafür, dass die Klägerin pflichtwidrig entgegen Ziffer 6.3 der zwischen den Parteien vereinbarten AGB und § 675l Abs. 1 S. 1 BGB die PIN auf der Karte notiert oder gemeinsam mit dieser verwahrt hat (vgl. BGH, Urteil vom 29.11.2011, Az. XI ZR 73/10 = MDR 2012, 239). Tragfähige Anhaltspunkte für einen ernsthaft in Betracht kommenden atypischen Geschehensablauf trägt die Klägerin nicht vor.

Nach der zugrundezulegenden Verwendung der Originalkarte bestehen auch keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür, dass das Sicherheitssystem der Beklagten unzureichend konfiguriert war. Sowohl die (geringe) räumliche Entfernung des Geldautomaten von etwa 50 km vom Wohnort der Klägerin, als auch die im Zuge der streitgegenständlichen Abhebung einmalig erfolgte Falschangabe der PIN stellen weder für sich genommen, noch zusammen hinreichend auffällige Merkmale dar, wie dies etwa bei betragsmäßig, zeitlich und örtlich vom bisherigen Kontonutzungsverhalten ungewöhnlich abweichenden Auslandsverfügungen oder mehrfacher Falscheingabe der PIN der Fall wäre.

Darüber hinaus ist das Gericht auch davon überzeugt, dass der Klägerin ein weiterer Sorgfaltspflichtverstoß dadurch zur Last fällt, dass sie den Verlust der Karte der Beklagten nicht unverzüglich angezeigt hat. Ein erst zeitlich nach den Abhebungen erfolgtes Bemerken des Verlustes hat die Klägerin in Ansehung ihrer eigenen Angaben in der vorgerichtlichen Verlustanzeige (Anlage B3) bereits nicht nachvollziehbar vorgetragen, so dass ein Bemerken des Verlustes 5 Minuten vor der 1. Abhebung wie in der Verlustanzeige angegeben zu Grunde zu legen ist. Ausweislich der polizeilichen Bestätigung über die Erstattung einer Strafanzeige (Anlage B4, Bl. 121 der Akte) verfügt die Klägerin über ein Mobiltelefon. Tragfähige Gründe, warum es ihr nicht möglich war, dieses unmittelbar für eine Verlustmeldung zu nutzen, trägt die Klägerin nicht vor.

Insbesondere kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, dass sie lediglich zu Hause ihre IBAN zur Hand gehabt habe, welche die Beklagte im Rahmen des letztlich erst von dort aus geführten Telefonates verlangt habe. In Ziffer 6.4 Abs. 1 S. 3 der AGB ist insoweit die Angabe der IBAN nur für eine über den Zentralen Sperrannahmedienst erstattete Verlustmeldung als Erfordernis formuliert. Nach S. 1 der Klausel soll die Sperranzeige jedoch möglichst gegenüber der kontoführenden Stelle erfolgen, wofür die Angabe der IBAN nicht in der Klausel vorausgesetzt wird. Hätte sich auch die kontoführende Stelle der Beklagten auf eine sofortige telefonische Verlustmeldung hin nicht in der Lage gesehen, die IBAN aus ihren Systemen zu recherchieren oder auch ohne diese eine Sperrung der Karte zu veranlassen, hätte die Klägerin jedenfalls ihren vertraglichen Sorgfaltspflichten genügt und wäre in einem solch hypothetischen Fall gegebenenfalls dann eine mangelnde eigene Sorgfalt der Beklagten im Rahmen der Reaktion auf eine dann als unverzüglich feststehende Verlustanzeige festzustellen gewesen; als hypothetische Reserveursache vermag eine solche jedoch nicht die Klägerin von den gemäß Ziffer 6.4 Abs. 1 der AGB und § 675l Abs. 1 S. 2 BGB primär ihr obliegenden Sorgfaltspflichten zur unverzüglichen Verlustanzeige zu entbinden.

Nach alledem liegt hinsichtlich der streitgegenständlichen Abhebungen kein Verschulden der Beklagten, jedoch ein zweifacher grober Sorgfaltspflichtverstoß der Klägerin vor mit der Folge, dass die in Ziffer 14.1 Abs. 1 der AGB vereinbarte Haftungsbegrenzung der Klägerin auf 50 € gemäß Abs. 4 der Klausel sowie § 675v Abs. 3 Nr. 2 BGB nicht greift und die Klägerin den ihr durch die Abhebungen entstandenen Schaden in vollem Umfang selbst zu tragen hat.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


Volltext BGH liegt vor: Unzulässige Klausel in Banken-AGB die Zustimmung des Kunden bei einer Änderung der AGB oder Sonderbedingungen der Bank fingiert

BGH
Urteil vom 27.04.2021
XI ZR 26/20
BGB § 307 Abs. 1 und 2, § 675g Abs. 2, § 305 Abs. 2, § 311 Abs. 1, §§ 145 ff.


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Unzulässige Klausel in Banken-AGB die Zustimmung des Kunden bei einer Änderung der AGB oder Sonderbedingungen der Bank fingiert über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

Die von einer Bank für eine Vielzahl von Vertragsverhältnissen vorformulierten Klauseln

a) "Künftige Änderungen dieser Geschäftsbedingungen und der besonderen Bedingungen werden dem Kunden spätestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens in Textform angeboten.
Hat der Kunde mit der Bank im Rahmen der Geschäftsbeziehung einen elektronischen Kommunikationsweg vereinbart (z.B. […] Online-Banking), können die Änderungen auch auf diesem Wege angeboten werden. Die Zustimmung des Kunden gilt als erteilt, wenn er seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen angezeigt hat. Auf diese Genehmigungswirkung wird ihn die Bank in ihrem Angebot besonders hinweisen.
Werden dem Kunden Änderungen von Bedingungen zu Zahlungsdiensten (z. B. Überweisungsbedingungen) angeboten, kann er den von der Änderung betroffenen Zahlungsdiensterahmenvertrag vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen auch fristlos und kostenfrei kündigen. Auf dieses Kündigungsrecht wird ihn die Bank in ihrem Angebot besonders hinweisen."

b) "Änderungen von Entgelten für Bankleistungen, die von Kunden im Rahmen der Geschäftsverbindung typischerweise dauerhaft in Anspruch genommen werden (zum Beispiel Konto- und Depotführung), werden dem Kunden spätestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens in Textform angeboten.
Hat der Kunde mit der Bank im Rahmen der Geschäftsbeziehung einen elektronischen Kommunikationsweg vereinbart (z.B. das Online-Banking), können die Änderungen auch auf diesem Wege angeboten werden. Die Zustimmung des Kunden gilt als erteilt, wenn er seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung angezeigt hat. Auf diese Genehmigungswirkung wird ihn die Bank in ihrem Angebot besonders hinweisen. Werden dem Kunden die Änderungen angeboten, kann er den von der Änderung betroffenen Vertrag vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen auch fristlos und kostenfrei kündigen. Auf dieses Kündigungsrecht wird ihn die Bank in ihrem Angebot besonders hinweisen. Kündigt der Kunde, wird das geänderte Entgelt für die gekündigte Geschäftsbeziehung nicht zugrunde gelegt.
Die vorstehende Vereinbarung gilt gegenüber Verbrauchern nur dann, wenn die Bank Entgelte für die Hauptleistungen ändern will, die vom Verbraucher im Rahmen der Geschäftsverbindung typischerweise dauerhaft in Anspruch genommen werden. Eine Vereinbarung über die Änderung eines Entgelts, das auf eine über die Hauptleistung hinausgehende Zahlung des Verbrauchers gerichtet ist, kann die Bank mit dem Verbraucher nur ausdrücklich vereinbaren."

sind im Verkehr mit Verbrauchern gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

BGH, Urteil vom 27. April 2021 - XI ZR 26/20 - OLG Köln - LG Köln

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Unzulässige Klausel in Banken-AGB die Zustimmung des Kunden bei einer Änderung der AGB oder Sonderbedingungen der Bank fingiert

BGH
Urteil vom 27.04.2021
XI ZR 26/20


Der BGH entschieden, dass eine Klausel in Banken-AGB unwirksam ist, wenn diese die Zustimmung des Kunden bei einer Änderung der AGB oder Sonderbedingungen der Bank fingiert.

Die Pressemitteilung des BGH:

Zur Unwirksamkeit von Klauseln, die die Zustimmung des Kunden bei einer Änderung der AGB der Bank fingieren

Der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat hat heute entschieden, dass Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank unwirksam sind, die ohne inhaltliche Einschränkung die Zustimmung des Kunden zu Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Sonderbedingungen fingieren.

Sachverhalt und bisheriger Prozessverlauf:

Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände, der als qualifizierte Einrichtung nach § 4 UKlaG eingetragen ist. Die beklagte Bank verwendet in ihrem Geschäftsverkehr mit Verbrauchern Allgemeine Geschäftsbedingungen, die Klauseln enthalten, die im Wesentlichen den Nr. 1 Abs. 2 AGB-Banken und Nr. 2 Abs. 1 bis 3 AGB-Sparkassen bzw. den Nr. 12 Abs. 5 AGB-Banken und Nr. 17 Abs. 6 AGB-Sparkassen entsprechen. Danach werden Änderungen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen den Kunden spätestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens in Textform angeboten. Die Zustimmung des Kunden gilt als erteilt, wenn er seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen angezeigt hat. Auf diese Genehmigungswirkung weist ihn die Bank in ihrem Angebot besonders hin. Der Kunde hat die Möglichkeit der Kündigung.

Der Kläger hält die Klauseln für unwirksam. Er begehrt mit seiner Klage, der Beklagten bei Meidung von Ordnungsmitteln aufzugeben, es zu unterlassen, die Klauseln in Verträge mit Verbrauchern einzubeziehen und sich auf die Klauseln zu berufen.

Das Landgericht hat die Klage, mit der der Kläger in erster Instanz außerdem noch die Erstattung von Abmahnkosten nebst Rechtshängigkeitszinsen verlangt hat, abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers, mit der er sein Klagebegehren mit Ausnahme seines Zahlungsantrags weiterverfolgt hat, zurückgewiesen.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat auf die Rechtsmittel des Klägers das Berufungsurteil aufgehoben und die beklagte Bank nach Maßgabe der in zweiter Instanz gestellten Anträge verurteilt.

Die Klauseln unterliegen vollumfänglich der AGB-Kontrolle. Das gilt auch, soweit sie Zahlungsdiensterahmenverträge erfassen. § 675g BGB sperrt die Anwendung der §§ 307 ff. BGB nicht. Das folgt aus dem Unionsrecht (vgl. EuGH, Urteil vom 11. November 2020 - C-287/19, "DenizBank", WM 2020, 2218), dessen Umsetzung § 675g BGB dient und der in diesem Sinne unionsrechtskonform auszulegen ist.

Die Klauseln, die so auszulegen sind, dass sie sämtliche im Rahmen der Geschäftsverbindung geschlossenen Verträge der Beklagten mit ihren Kunden wie etwa auch das Wertpapiergeschäft und den Sparverkehr betreffen, halten der eröffneten AGB-Kontrolle nicht stand.

Nr. 1 (2) der AGB der Beklagten betrifft alle Änderungen "dieser" Geschäftsbedingungen, also der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die zugleich mit Nr. 1 (2) AGB vereinbart werden, und Änderungen (künftiger) "besonderer Bedingungen" für einzelne gesondert vereinbarte Geschäftszweige, die das gesamte Tätigkeitsspektrum der Beklagten umfassen. Sie betrifft nicht nur Anpassungen von einzelnen Details der vertraglichen Beziehungen der Parteien mittels einer fingierten Zustimmung des Kunden, sondern ohne inhaltliche oder gegenständliche Beschränkung jede vertragliche Änderungsvereinbarung. Damit weicht sie von wesentlichen Grundgedanken der § 305 Abs. 2, § 311 Abs. 1, §§ 145 ff. BGB ab, indem sie das Schweigen des Verwendungsgegners als Annahme eines Vertragsänderungsantrags qualifiziert. Diese Abweichung benachteiligt die Kunden der Beklagten unangemessen nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders wird vermutet, wenn eine klauselmäßige Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung gegeben ist. Die allgemeine Änderungsklausel bietet eine Handhabe, unter Zuhilfenahme einer Zustimmungsfiktion im Falle einer fehlenden fristgerechten Ablehnung das Vertragsgefüge insgesamt umzugestalten. Dass "vereinbarte" Änderungen ihrerseits der Ausübungskontrolle unterliegen, gleicht diesen Umstand nicht aus. Für so weitreichende, die Grundlagen der rechtlichen Beziehungen der Parteien betreffende Änderungen, die dem Abschluss eines neuen Vertrags gleichkommen können, ist vielmehr ein den Erfordernissen der § 305 Abs. 2, § 311 Abs. 1, §§ 145 ff. BGB genügender Änderungsvertrag notwendig.

Auch Nr. 12 (5) der AGB der Beklagten hält einer Inhaltskontrolle nicht stand. Die Klausel betrifft Entgelte für Hauptleistungen. Damit benachteiligt die Klausel auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass keine einseitige Anpassungsbefugnis der Beklagten besteht, sondern Änderungen des Vertragsverhältnisses nur im Wege eines - gegebenenfalls fingierten - Konsenses zustande kommen sollen, die Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB). Mittels Zustimmungsfiktion kann die vom Kunden geschuldete Hauptleistung geändert werden, ohne dass dafür Einschränkungen vorgesehen sind. Die Beklagte erhält damit eine Handhabe, das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung erheblich zu ihren Gunsten zu verschieben und damit die Position ihres Vertragspartners zu entwerten. Für solche weitreichenden, die Grundlagen der rechtlichen Beziehungen der Parteien betreffenden Änderungen ist, wie oben ausgeführt, ein den Erfordernissen der § 305 Abs. 2, § 311 Abs. 1, §§ 145 ff. BGB genügender Änderungsvertrag notwendig. Eine Zustimmungsfiktion im Falle einer fehlenden fristgerechten Ablehnung reicht hierfür unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Verwendungsgegners nicht aus.

Vorinstanzen:

Landgericht Köln – Urteil vom 12. Juni 2018 – 21 O 351/17

Oberlandesgericht Köln – Urteil vom 19. Dezember 2019 – 12 U 87/18

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 305 BGB

[…]

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und

2.der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,

und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

[…]

§ 307 BGB

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

§ 311 BGB

(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

[…]

§ 675g BGB

(1) Eine Änderung des Zahlungsdiensterahmenvertrags auf Veranlassung des Zahlungsdienstleisters setzt voraus, dass dieser die beabsichtigte Änderung spätestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens dem Zahlungsdienstnutzer in der in Artikel 248 §§ 2 und 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche vorgesehenen Form anbietet.

(2) Der Zahlungsdienstleister und der Zahlungsdienstnutzer können vereinbaren, dass die Zustimmung des Zahlungsdienstnutzers zu einer Änderung nach Absatz 1 als erteilt gilt, wenn dieser dem Zahlungsdienstleister seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung angezeigt hat. Im Fall einer solchen Vereinbarung ist der Zahlungsdienstnutzer auch berechtigt, den Zahlungsdiensterahmenvertrag vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung fristlos zu kündigen. Der Zahlungsdienstleister ist verpflichtet, den Zahlungsdienstnutzer mit dem Angebot zur Vertragsänderung auf die Folgen seines Schweigens sowie auf das Recht zur kostenfreien und fristlosen Kündigung hinzuweisen.



BGH: Entgeltklausel für Basiskonto gegenüber Verbrauchern unwirksam wenn mit Führung von Basiskonten verbundener Mehraufwand nur auf Basiskonteninhaber umgelegt wird

BGH
Urteil vom 30.06.2020
XI ZR 119/19
Entgeltklausel


Der BGH hat entschieden, dass eine Entgeltklausel für ein Basiskonto in den AGB einer Bank gegenüber Verbrauchern unwirksam ist, wenn der mit der Führung von Basiskonten verbundene Mehraufwand nur auf Basiskonteninhaber umgelegt wird.

Die Pressemitteilung des BGH:

Unwirksame Entgeltklausel für Basiskonto

Der u.a. für das Bank- und Börsenrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Kreditinstituts enthaltenen Entgeltklauseln für ein Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen (Basiskonto) im Verkehr mit Verbrauchern unwirksam sind, wenn bei der Bemessung des Entgelts das kontoführende Institut den mit der Führung von Basiskonten verbundenen Mehraufwand allein auf die Inhaber von Basiskonten umgelegt hat.

Sachverhalt und bisheriger Prozessverlauf:

Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände, der als qualifizierte Einrichtung nach § 4 UKlaG eingetragen ist. Er wendet sich gegen die im Preis- und Leistungsverzeichnis der beklagten Bank ausgewiesenen Entgelte für ein Basiskonto.

Die Beklagte verwendet ein Preis- und Leistungsverzeichnis (Stand: 1. Januar 2017), in dem unter anderem die Preise für ein Basiskonto im Sinne der §§ 30 ff. ZKG geregelt sind. Danach beträgt der monatliche Grundpreis für ein solches Konto 8,99 €. Die in diesem Preis enthaltenen Leistungen umfassen insbesondere die Nutzung von Online-Banking, Telefon-Banking und Bankingterminals, die Nutzung des Bank Card Service, Kontoauszüge am Bankterminal, beleglose Überweisungen sowie die Einrichtung und Änderung von Daueraufträgen über Online-Banking und Bankingterminal. Für beleghafte Überweisungen, für Überweisungen und die Einrichtung oder Änderung von Daueraufträgen über einen Mitarbeiter der Beklagten im telefonischen Kundenservice oder in der Filiale sowie für ausgestellte oder eingereichte Schecks hat der Inhaber eines Basiskontos ein zusätzliches Entgelt von jeweils 1,50 € zu entrichten. Der Kläger hält die Entgeltklauseln wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 41 Abs. 2 ZKG für unwirksam. Die Vorinstanzen haben der Unterlassungsklage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die angefochtenen Klauseln der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegen und dieser nicht standhalten. Er hat deshalb die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt:

Die Entgeltklauseln sind Gegenstand der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB, weil sie von der gesetzlichen Preisregelung des § 41 Abs. 2 ZKG abweichen. Danach muss das Entgelt für die grundlegenden Funktionen eines Basiskontovertrags angemessen sein, wobei für die Beurteilung der Angemessenheit insbesondere die marktüblichen Entgelte und das Nutzerverhalten zu berücksichtigen sind. Die Einhaltung dieser gesetzgeberischen Vorgabe hat im Fall von Entgeltvereinbarungen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen und in Bezug genommene Preis- und Leistungsverzeichnisse durch eine Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB zu erfolgen.

Die Entgeltklauseln halten der Inhaltskontrolle nicht stand und sind deshalb gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Prüfungsmaßstab für die Inhaltskontrolle ist § 41 Abs. 2 ZKG. Nach dessen Satz 1 muss das Entgelt für die von § 38 ZKG erfassten Dienste, d.h. die grundlegenden Funktionen eines Zahlungskontos, nämlich das Ein- und Auszahlungsgeschäft sowie das Lastschrift-, Überweisungs- und Zahlungskartengeschäft, angemessen sein. Für die Beurteilung der Angemessenheit sind nach § 41 Abs. 2 Satz 2 ZKG insbesondere die marktüblichen Entgelte und das Nutzerverhalten zu berücksichtigen. Diese Bewertungsparameter sind jedoch - was sich bereits aus dem Wortlaut ("insbesondere") ergibt - nicht abschließend. Bei der Prüfung der Angemessenheit eines Entgelts für ein Basiskonto ist auch in den Blick zu nehmen, dass die Vorschriften über das Basiskonto allen, d.h. insbesondere auch einkommensarmen Verbrauchern den Zugang zu einem Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen und damit die Teilhabe am Zahlungsverkehr ermöglichen sollen und der zur Verwirklichung dieses Ziels in § 31 Abs. 1 ZKG geregelte Kontrahierungszwang nicht durch zu hohe, prohibitiv wirkende Entgelte unterlaufen werden darf. Das Entgelt für ein Basiskonto ist jedenfalls dann nicht angemessen im Sinne des § 41 Abs. 2 ZKG, wenn in dem verlangten Entgelt Kostenbestandteile enthalten sind, die entweder gar nicht oder jedenfalls nicht nur auf die Nutzer der Basiskonten umgelegt werden dürfen. Diese Vorschrift schließt es nach ihrem Sinn und Zweck insbesondere allgemein aus, den mit der Führung von Basiskonten verbundenen Zusatzaufwand oder die mit der Ablehnung eines Antrags auf Abschluss eines Basiskontos verbundenen Kosten allein auf die Inhaber von Basiskonten umzulegen. Vielmehr müssen diese Kosten von den Instituten durch die im freien Wettbewerb erzielbaren Leistungspreise erwirtschaftet werden. Dagegen hat die Beklagte verstoßen, indem sie nach den von ihr vorgelegten Kostenkalkulationen für das Basiskonto und die übrigen Girokonten den mit der Führung der Basiskonten verbundenen Mehraufwand ausschließlich auf die Basiskonten umgelegt hat.

Vorinstanzen:

LG Frankfurt am Main - Urteil vom 8. Mai 2018 - 2-28 O 98/17

OLG Frankfurt am Main - Urteil vom 27. Februar 2019 - 19 U 104/18 (WM 2019, 2197)

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 307 Abs. 1 und 2 BGB:

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

§ 38 Abs. 1 und 2 ZKG

(1) Durch einen Basiskontovertrag wird das kontoführende Institut verpflichtet, für den Kontoinhaber ein Basiskonto in Euro zu eröffnen und zu führen.

(2) Die Kontoführung nach Absatz 1 muss die Erbringung folgender Zahlungsdienste ohne Kreditgeschäft (Zahlungsgeschäft) ermöglichen:

die Dienste, mit denen Bareinzahlungen auf das Zahlungskonto oder Barauszahlungen von dem Zahlungskonto ermöglicht werden (Ein- oder Auszahlungsgeschäft), sowie alle für die Führung eines Zahlungskontos erforderlichen Vorgänge und

die Ausführung von Zahlungsvorgängen einschließlich der Übermittlung von Geldbeträgen auf ein Zahlungskonto beim kontoführenden Institut des Kontoinhabers oder bei einem anderen Zahlungsdienstleister durch

a) die Ausführung von Lastschriften einschließlich einmaliger Lastschriften (Lastschriftgeschäft),

b) die Ausführung von Überweisungen einschließlich Daueraufträgen (Überweisungsgeschäft),

c) die Ausführung von Zahlungsvorgängen mittels einer Zahlungskarte oder eines ähnlichen Zahlungsinstruments (Zahlungskartengeschäft).

§ 41 Abs. 1 und 2 ZKG

(1) Der Kontoinhaber ist verpflichtet, an das kontoführende Institut für die Erbringung von Diensten auf Grund des Basiskontovertrags das vereinbarte Entgelt zu entrichten.

(2) Das Entgelt für die von § 38 erfassten Dienste muss angemessen sein. Für die Beurteilung der Angemessenheit sind insbesondere die marktüblichen Entgelte sowie das Nutzerverhalten zu berücksichtigen. Die Sätze 1 und 2 gelten für Vereinbarungen über vom Kontoinhaber zu erstattende Kosten entsprechend.

LG Köln: Grobe Fahrlässigkeit des Bankkunden wenn dieser Dritten PIN und TANs für das Online-Banking mitteilt

LG Köln
Urteil vom 10.09.2019
21 O 116/19

Das LG Köln hat entschieden, dass eine grobe Fahrlässigkeit des Bankkunden vorliegt, wenn dieser Dritten PIN und TANs für das Online-Banking mitteilt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Aber auch ein Anspruch des Klägers aus § 675 u Satz 2 BGB besteht nicht, weil die Beklagte diesem Anspruch – der grundsätzlich aufgrund der nicht autorisierten Überweisungen vom 07. bis 09.01.2019 besteht – einen Schadenersatzanspruch nach § 675 v Abs. 3 Nr. 2 BGB entgegenhalten kann. Mit diesem hat sie die Aufrechnung gegen die Klageforderung erklärt.

Der Kläger hat gegen die vertraglichen Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten des Nutzers bei der Verwendung des PIN-TAN-Verfahrens, die – unwidersprochen – bereits bei Vertragsschluss zwischen ihm und der Rechtsvorgängerin der Beklagten Vertragsbestandteil waren (Anlage B 4), grob fahrlässig verstoßen (§ 675 v Abs. § Nr. 2 lit. b). Ziffer 9 lit. a) der AGB in der bei Vertragsschluss geltenden Bedingungen für die Nutzung des OnlineBanking-Angebotes der Stadtsparkasse mit PIN und TAN (bzw. Ziffer 7 der Bedingungen für das Online-Banking in der Fassung vom 13.01.2018) auferlegte dem Kläger die Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass keine andere Person Kenntnis von der PIN und den TANs erlangt.

Gegen diese Verpflichtung hat der Kläger verstoßen, indem er – was zumindest nach seinen Angaben im Rahmen seiner persönlichen Anhörung unstreitig ist – dem angeblichen Mitarbeiter der Beklagten L2 diejenige TAN weitergab, die es diesem ermöglichte, seine eigene Mobiltelefonnummer für die spätere Abfrage von computergenerierten TANs zu hinterlegen.

Diese vertragliche Sorgfaltspflicht verletzte der Kläger grob fahrlässig. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, einfachste und naheliegende Überlegungen nicht anstellt und in der konkreten Situation das nicht beachtet, was sich jedem aufdrängt (MüKoBGB/Zetsche, 7. Auflage 2017, § 675 v Rn 33), wobei sich aus Erwägungsgrund 33 der ZDRL ergibt, dass die Ausgestaltung des Begriffs nationalem Recht überlassen ist (MüKoBGB/Zetsche, a.a.O.). Nach diesen Grundsätzen stellt sich das Verhalten des Klägers in der Gesamtschau als grob fahrlässig dar, wobei – wie nachfolgend aufgezeigt wird – dahin stehen kann, ob bereits der Umstand, dass der Täter die Zugangsdaten zum Online-Banking (Kennwort und PIN) erlangt hat, auf grober Fahrlässigkeit beruhte.

Dem Kläger hätte bereits auffallen müssen, dass es für ein Kreditinstitut absolut außergewöhnlich ist, dass ein angeblicher Mitarbeiter telefonisch ankündigt, ihm eine TAN zu schicken, um das bisherige Kennwort und die bisherige PIN zu ändern. Bereits dies hätte einem durchschnittlich sorgfältigen Online-Banking-Kunden Anlass zu Misstrauen und ggf. einer Vorsprache bei der Bank gegeben. Noch auffälliger und mit den Usancen im Bankverkehr unvereinbar war es, dass der Mitarbeiter sodann die telefonische Durchgabe der TAN verlangte. Bereits dieser – erste – Verstoß gegen die vertraglich vereinbarte Pflicht, die TAN an Dritte weiterzugeben, erfolgte grob fahrlässig. Jedenfalls aber verstieß der Kläger in nicht nachzuvollziehender Weise gegen die ihm obliegenden Sorgfaltspflichten, indem er Herrn L2 am 24.12.2018 eine weitere TAN durchgab, nachdem dieser angegeben hatte, er wolle nunmehr die EC-Karten des Klägers und seiner Ehefrau gegen Angriffe aus dem Ausland sichern (wobei es schon keinen Sinn ergibt, warum hierfür Einstellungen im Online-Banking-Konto vorgenommen werden mussten). Mit dieser TAN war es dem Täter möglich, eine zweite Telefonnummer für die Übermittlung von TANs zu hinterlegen. Insoweit war es aber zum einen wiederum absolut ungewöhnlich, dass ein angeblicher Mitarbeiter des Kreditinstitutes die telefonische Durchgabe einer TAN verlangte, und zum anderen hat der Kläger selbst eingeräumt, die mit der Hinterlegung der Telefonnummer verbundene, unmissverständliche Warnnachricht der Beklagten schlichtweg nicht gelesen zu haben. Darüber hinaus hat er selbst angegeben, dass er in der Folge weitere Online-Banking-Überweisungen getätigt habe, bei denen er zwischen seiner und der neu hinterlegten Telefonnummer auswählen musste. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war ihm sogar bekannt, dass ein weiterer, ihm unbekannter Nutzer von seinem Konto Überweisungen tätigen konnte, zumindest musste sich ihm diese Erkenntnis aufdrängen. Sämtliche, vorstehend aufgeführten und jeder für sich die grobe Fahrlässigkeit begründenden Umstände werden zudem davon umklammert, dass jeglicher (!) Kontakt telefonisch stattfand und es kein einziges Schriftstück der Beklagten betreffend den angeblichen Angriff auf das klägerische Konto gab. Dass es sich bei Herrn L2 um einen psychologisch gut geschulten Täter handelte und der Betrug zulasten des Klägers perfide ausgestaltet war, entlastet ihn angesichts der Vielzahl der vorstehend aufgezählten Umstände, aufgrund deren sich ein Betrugsverdacht aufdrängen musste, und aufgrund der dazwischen liegenden Zeiträume, in denen der Kläger die jeweiligen Vorgänge hätte reflektieren können, nicht. Die Kammer ist nach der durchgeführten Anhörung auch davon überzeugt, dass der Kläger – der bis zum Renteneintritt als Kernphysiker tätig war – von zumindest überdurchschnittlicher Intelligenz ist und daher die Möglichkeit hatte, den Betrug zu seinen Lasten zu erkennen und zu verhindern.

Soweit der Kläger den Vorwurf erhebt, die Beklagte habe keine Sicherheitssysteme gegen „solche Phishing-Angriffe“, erhebt er nach dem Verständnis der Kammer den Einwand des Mitverschuldens betreffend den zur Aufrechnung gestellten Schadenersatzanspruch. Dieser Einwand geht allerdings schon deshalb ins Leere, weil der Kläger nicht Opfer eines Phishing-Angriffs wurde, sondern die schadenauslösende Handlung selbst vorgenommen hat, indem er dem Täter den Zugriff auf die Mobil-TANs ermöglichte (s.o.). Der weitere Vorwurf, die Beklagte habe das Online-Banking-Konto nicht standardmäßig so eingestellt, dass Einzelüberweisungen limitiert seien, geht bereits deshalb ins Leere, weil einerseits eine entsprechende Schadensminderungspflicht nicht erkennbar ist und andererseits der Kläger seit 2002 das Online-Banking nutzt, ohne auch nur die Einrichtung eines Limits angefragt zu haben; dass er nicht gewusst hat, dass ein solches Limit möglich ist, trägt er bereits nicht vor. Ebenso wenig bestand eine Verpflichtung der Beklagten, vor Einzelüberweisungen ins Ausland eine gesonderte Sicherheitsabfrage durchzuführen."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Köln: Banken können Kontoführungsgebühren im Wege der Zustimmungsfiktion ändern sofern Vorgaben von § 675g BGB eingehalten werden

OLG Köln
Urteil vom 19.12.2019
12 U 87/18


Das OLG Köln hat entschieden, dass Banken Kontoführungsgebühren im Wege der Zustimmungsfiktion ändern können, sofern die Vorgaben von § 675g BGB eingehalten werden.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Bank darf Kontoführungsgebühren durch Zustimmungsfiktion ändern, soweit sie das gesetzlich vorgesehene Verfahren hierfür einhält

Klausel, die Änderung der AGB einer Bank mittels Zustimmungsfiktion erlaubt, ist wirksam. Kunden haben in diesem Fall ein kostenfreies Sonderkündigungsrecht.

Der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hat eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einer Bank für wirksam erklärt, nach der diese ihre AGB und insbesondere die Entgelte für Bankleistungen mittels Zustimmungsfiktion ändern kann. Die Bank muss die Kunden dabei allerdings mit einem Vorlauf von zwei Monaten auf die beabsichtigte Änderung und auf die Möglichkeit zur fristlosen und kostenfreien Kündigung in transparenter Form hinweisen.

Die Verbraucherzentrale hatte die Bank verklagt, die streitige Klausel nicht weiter zu verwenden. Sie meint, die Klausel sei intransparent, da der Kunde nicht vorhersehen könne, in welchem Umfang er mit Änderungen zu rechnen habe. Das Landgericht Köln hatte die nach dem Unterlassungsklagegesetz erhobene Klage abgewiesen. Mit Urteil vom 19.12.2019 hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen.

Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt, dass die streitgegenständliche Klausel den gesetzlichen Vorgaben in § 675g Abs. 1 und 2 BGB entspreche. Der deutsche Gesetzgeber habe bewusst nicht eingegrenzt, in welchem Umfang Banken ihre AGB ändern könnten. Angesichts dieser Entscheidung des Gesetzgebers sei es den Gerichten verwehrt, durch Auslegung eine irgendwie geartete Eingrenzung von
§ 675g BGB vorzunehmen, auch nicht vor dem Hintergrund der einschlägigen europarechtlichen Regelungen.

Der Senat hob hervor, dass etwaige konkrete Änderungen der AGB bzw. der Bankgebühren durchaus kontrolliert werden könnten. Die Mitteilung der Bank, mit der sie den Kunden beabsichtigte Änderungen anbiete, müsse transparent sein. Den Kunden müsse die beabsichtigte Änderung spätestens zwei Monate vor dem Wirksamwerden in Textform angeboten werden. Zugleich müssten diese darauf hingewiesen werden, dass Schweigen zu einer Zustimmung ihrerseits führe und dass sie die Möglichkeit zur fristlosen und kostenfreien Kündigung hätten. Damit wisse der Verbraucher spätestens zwei Monate vor einer Änderung, was konkret „auf ihn zukommt“ und dass er dies nicht einseitig hinnehmen muss, sondern sich durch Kündigung vom Vertrag lösen kann. Wenn das Mitteilungsschreiben der Bank nicht dem Transparenzgebot entspreche, sei das Änderungsverlangen unwirksam, so dass auch eine Zustimmungsfiktion seitens des Verbrauchers nicht in Betracht komme.

Der Senat hat die Revision zugelassen, da die fragliche Klausel von zahlreichen Banken und Sparkassen im Bundesgebiet verwendet werde und diesbezüglich keine höchstrichterliche Entscheidung vorliege.

Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 19.12.2019 - Az. 12 U 87/18.

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 675g Änderung des Zahlungsdiensterahmenvertrags

(1) Eine Änderung des Zahlungsdiensterahmenvertrags auf Veranlassung des Zahlungsdienstleisters setzt voraus, dass dieser die beabsichtigte Änderung spätestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens dem Zahlungsdienstnutzer in der in Artikel 248 §§ 2 und 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche vorgesehenen Form anbietet.

(2) Der Zahlungsdienstleister und der Zahlungsdienstnutzer können vereinbaren, dass die Zustimmung des Zahlungsdienstnutzers zu einer Änderung nach Absatz 1 als erteilt gilt, wenn dieser dem Zahlungsdienstleister seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung angezeigt hat. Im Fall einer solchen Vereinbarung ist der Zahlungsdienstnutzer auch berechtigt, den Zahlungsdiensterahmenvertrag vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung fristlos zu kündigen. Der Zahlungsdienstleister ist verpflichtet, den Zahlungsdienstnutzer mit dem Angebot zur Vertragsänderung auf die Folgen seines Schweigens sowie auf das Recht zur kostenfreien und fristlosen Kündigung hinzuweisen.



OLG Dresden: Sparkasse kann Prämiensparverträge mit einer Laufzeit von 99 Jahren nicht vorzeitig kündigen

OLG Dresden
Urteil vom 21.11.2019
8 U 1770/18


Das OLG Dresden hat entschieden, dass die Sparkasse Zwickau Prämiensparverträge mit einer Laufzeit von 99 Jahren nicht vorzeitig kündigen kann.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Urteil im Streit um Prämiensparverträge - Sparkasse darf Prämiensparverträge mit einer Laufzeit von 99 Jahren nicht vorzeitig kündigen

Der Sachverhalt:

Die beklagte Sparkasse Zwickau hatte 1994 und 1996 drei unbefristete Prämiensparverträge abgeschlossen. Die Klägerin ist Erbin der früheren Kunden. 2015 wurden alle drei Verträge auf sie umgeschrieben. Neben einer variablen Verzinsung sehen diese Verträge eine anfänglich wachsende, dem Sparer gutzuschreibende jährliche Prämie vor, die nach 15 Jahren die Hälfte des in dem jeweiligen Jahr vertragsgemäß gezahlten Sparbeitrags erreicht und fortan nicht mehr weiter wächst. In den umgeschriebenen Verträgen heißt es unter Ziffer 4: "Der Vertrag wird mit einer Laufzeit von 1188 Monaten abgeschlossen." In Ziffer 3.2 heißt es, die in der Anlage aufgeführte Prämienstaffel sei für die gesamte Laufzeit des Vertrages fest vereinbart. Die Prämienstaffel listet die Prämie für einen Zeitraum von 99 Jahren auf, wobei jedes Jahr einzeln aufgeführt wird. Die Angabe von 1188 Monaten war in den drei Vertragsurkunden durch die Beklagte vorgegeben, die ausführt, dies beruhe darauf, dass das verwendete EDV-System auch für unbefristete Verträge die Eingabe einer bestimmten Zahl von Monaten verlangte.

Die beklagte Sparkasse kündigte die drei Verträge im Jahr 2017. Die Klägerin hält diese Kündigungen für unwirksam und beantragt, dies festzustellen, sowie festzustellen, dass die Verträge durch die Beklagte nicht vor 2094 bzw. 2096 ordentlich gekündigt werden können. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da in den umgeschriebenen Verträgen keine Laufzeit, sondern nur eine Höchstfrist vereinbart worden sei, die einer früheren Kündigung durch die Beklagte nicht entgegenstehe.

Die Entscheidung:

Der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden hat das Urteil des Landgerichts Zwickau abgeändert und der Klage stattgegeben. In den umgeschriebenen Verträgen sei eine Laufzeit - und nicht nur eine Höchstfrist - von 1188 Monaten (99 Jahren) vereinbart worden. Das folge aus dem Wortlaut der Verträge, die sowohl unter Ziffer 4 als auch unter Ziffer 3 von einer Laufzeit sprächen. Die Prämienstaffel, die die 99 Jahre ausweise, korrespondiere hiermit. Die Verträge sprächen damit an mehreren Stellen einheitlich von einer Laufzeit von 1188 Monaten. Die beklagte Sparkasse müsse sich an dieser durch sie selbst vorformulierten Laufzeit festhalten lassen. Unter Berücksichtigung des Wortlauts der Ziffer 4 und der Tatsache, dass sich diese 99 Jahre auch in der Prämienstaffel wiederfinden, sei die Auslegung, eine solche Laufzeit sei mit der Klausel gemeint, nicht völlig fernliegend. Dass die beklagte Sparkasse und die Klägerin übereinstimmend etwas anderes als das, was beiderseits unterschrieben worden sei, gewollt hätten, hat der Senat nicht feststellen können. Der Sparkasse habe es freigestanden, in diese Spalte keinen bestimmten Wert einzutragen oder einen solchen jedenfalls im ausgedruckten Exemplar zu streichen.

Damit scheide eine ordentliche Kündigung gemäß Nr. 26 Abs. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkassen aus.

Ein wichtiger Grund für die Kündigung läge ebenfalls nicht vor.

OLG Dresden, Urteil vom 21. November 2019, Az.: 8 U 1770/18

In einem weiteren Verfahren, dem ein Prämiensparvertrag zugrunde liegt, bei dem die Prämienstaffel und die Laufzeitangabe nicht übereinstimmen, hat der Senat heute lediglich über die Unzulässigkeit einer Klageerweiterung entschieden, nicht aber in der Sache selbst. Das Verfahren wird fortgesetzt.

OLG Dresden, Urteil und Beschluss vom 21. November 2019, Az.: 8 U 538/19



BGH: Klausel über Bearbeitungsentgelt für Treuhandauftrag bei Darlehensablösung in Sparkassen-AGB gegenüber Verbrauchern unwirksam

BGH
Urteil vom 10.09.2019
XI ZR 7/19


Der BGH hat entschieden, dass eine Klausel in den Sparkassen-AGB über ein Bearbeitungsentgelt für Treuhandaufträge bei Darlehensablösung gegenüber Verbrauchern unwirksam ist.

Die Pressemitteilung des BGH:

Unwirksame Klausel über Bearbeitungsentgelt für Treuhandauftrag bei Darlehensablösung

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Sparkasse enthaltene Klausel

"4. Sonstige Kredite

4.8 Sonstige Entgelte



Bearbeitungsentgelt für Treuhandaufträge Ablösung Kundendarlehen 100,00 €"

bei Bankgeschäften mit Verbrauchern unwirksam ist.

Sachverhalt und bisheriger Prozessverlauf:

Bei dem Kläger handelt es sich um einen Verbraucherschutzverband. Er wendet sich gegen die oben genannte Klausel, welche die beklagte Sparkasse in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis verwendet, und begehrt, dass die Beklagte die weitere Verwendung dieser Klausel unterlässt. Während das Landgericht die Klage abgewiesen hat, hat das Berufungsgericht ihr stattgegeben. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die angefochtene Klausel der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegt und dieser nicht standhält. Er hat deshalb die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt:

Der Klausel unterfallen u.a. solche Fallgestaltungen, in denen Kunden der Beklagten ihre bei dieser bestehende Darlehen von Fremdinstituten ablösen lassen und gestellte Sicherheiten unter Erteilung von Treuhandauflagen auf das Fremdinstitut übertragen lassen möchten. Hat der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber eine Grundschuld zur Sicherung dessen Ansprüche bestellt, so steht ihm als Sicherungsgeber aus der Sicherungsabrede ein Anspruch auf Rückgewähr des Sicherungsmittels zu, wenn der Darlehensgeber die Sicherheiten nicht mehr benötigt. Dabei kann der Darlehensnehmer frei wählen, ob er eine Löschungsbewilligung, eine löschungsfähige Quittung oder die Abtretung der Grundschuld an sich oder einen Dritten wünscht. Lässt sich der Darlehensgeber seine insoweit geschuldete Leistung vergüten, handelt es sich bei der Entgeltklausel um eine Preisnebenabrede, die der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegt.

Aus Sicht eines verständigen und redlichen Vertragspartners ist der Anwendungsbereich der Klausel aber damit nicht erschöpft. Nach ihrem Wortlaut erfasst die Klausel nicht nur den Fall, dass ein von der Beklagten gewährtes Verbraucherdarlehen abgelöst wird und sie an einem von anderer Seite veranlassten Treuhandauftrag mitwirkt, sondern auch den Fall, dass sie als neue Darlehensgeberin im Rahmen der Ablösung eines bei einem anderen Kreditinstitut bestehenden Darlehensvertrags tätig wird. Mit der hierfür nötigen Bestellung, Verwaltung und Verwertung von Sicherheiten verfolgt die Beklagte allein eigene Vermögensinteressen, so dass die Klausel als kontrollfähige Preisnebenabrede einzuordnen ist. Dies gilt auch dann, wenn für die Übertragung von Sicherheiten zu ihren Gunsten ein Treuhandauftrag erforderlich ist.

Die damit als Preisnebenabrede einzuordnende Klausel hält der Inhaltskontrolle nicht stand und ist deshalb gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Der Darlehensgeber nimmt mit der Bestellung, Verwaltung und Verwertung von Sicherheiten eigene Vermögensinteressen wahr, weshalb sein hiermit verbundener Aufwand regelmäßig mit dem gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB zu zahlenden Zins abzugelten ist. Dies gilt auch in Bezug auf den mit der Freigabe der Sicherheit und damit bei der vertragsgemäßen Abwicklung des Darlehensvertrags verbundenen Aufwand, der bei dem Darlehensgeber bei der Erfüllung einer bestehenden eigenen Rechtspflicht anfällt.

Vorinstanzen:

LG Dortmund - Urteil vom 23. Januar 2018 - 25 O 311/17

OLG Hamm - Urteil vom 4. Dezember 2018 - 19 U 27/18

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 307 Abs. 1 und 2 BGB:

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.




BGH: Banken und Sparkassen dürfen an tatsächlichen Kosten orientiertes Entgelt für Bareinzahlungen und Barauszahlungen am Bankschalter erheben - Keine Freipostenregelung erforderlich

BGH
Urteil vom 18.06.2019
XI ZR 768/17

Der BGH hat entschieden, dass Banken und Sparkassen ein an den tatsächlichen transaktionsbezogenen Kosten orientiertes Entgelt für Bareinzahlungen und Barauszahlungen am Bankschalter erheben dürfen. Eine Freipostenregelung ist nach aktueller Rechtslage nicht mehr erforderlich.

Die Pressemitteilung des BGH:

Bundesgerichtshof entscheidet über Entgelte für Bareinzahlungen und Barauszahlungen am Bankschalter

Der u.a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat hat entschieden, dass Banken seit dem Inkrafttreten des auf europäischem Richtlinienrecht beruhenden Zahlungsdiensterechts im Jahr 2009 in ihren Preis- und Leistungsverzeichnissen dem Grunde nach Entgelte für Bareinzahlungen und Barauszahlungen auf oder von einem Girokonto am Bankschalter vorsehen dürfen, und zwar ohne dass dem Kunden zugleich im Wege einer sogenannten Freipostenregelung eine bestimmte Anzahl von unentgeltlichen Barein- und Barauszahlungen eingeräumt sein muss. Seine zur früheren Rechtslage ergangene Rechtsprechung, nach der solche Freipostenregelungen erforderlich waren, hat der Senat angesichts dieser geänderten Rechtslage aufgegeben. Im Rechtsverkehr mit Verbrauchern kann aber die Entgelthöhe der richterlichen Inhaltskontrolle unterliegen.

Sachverhalt:

Der Kläger, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V., begehrt von der beklagten Sparkasse, es zu unterlassen, in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis für Bareinzahlungen und Barabhebungen am Bankschalter ein Entgelt vorzusehen.

Die beklagte Sparkasse bietet entgeltliche Giroverträge in unterschiedlichen Gestaltungen an. Bei dem Vertragsmodell "S-Giro Basis" verlangt sie - bei einem monatlichen Grundpreis von 3,90 € - in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis für die Leistung

"Beleghafte Buchungen und Kassenposten mit Service, je Buchung"

ein Entgelt von 2 €. Bei dem Vertragsmodell "S-Giro Komfort" mit höherem monatlichen Grundpreis beträgt das Entgelt für dieselbe Leistung 1 €.

Hierauf gestützt berechnet die Beklagte bei beiden Vertragsmodellen für jede Ein- oder Auszahlung von Bargeld auf bzw. von einem bei ihr unterhaltenen Girokonto am Bankschalter ein Entgelt von 1 € oder 2 €. Bareinzahlungen sowie Barabhebungen am Geldautomaten, letztere täglich bis zu einem Betrag von 1.500 €, sind bei jedem Vertragsmodell im Grundpreis inklusive.

Der Kläger hält solche Entgeltklauseln für Bareinzahlungen und Barauszahlungen am Bankschalter für unwirksam, wenn nicht durch eine sog. Freipostenregelung monatlich mindestens fünf Bareinzahlungen oder Barauszahlungen am Bankschalter "und/oder" am Geldautomaten entgeltfrei gestellt werden.

Bisheriger Prozessverlauf:

Die in der Hauptsache auf Unterlassung gerichtete Klage hat das Landgericht abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der XI. Zivilsenat hat auf die Revision des Klägers das angefochtene Urteil insoweit aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen, als das Berufungsgericht hinsichtlich der von der Beklagten konkret verwendeten Klauseln "Beleghafte Buchungen und Kassenposten mit Service, je Buchung … Euro" bislang nicht überprüft hat, ob das dort vorgesehene Entgelt von 1 € oder 2 € im Rechtsverkehr mit Verbrauchern der Höhe nach einer richterlichen Inhaltskontrolle standhält. Im Übrigen, also insbesondere soweit der Kläger es der Beklagten generell untersagen lassen möchte, für Barein- und Barauszahlungen am Bankschalter ohne angemessene Freipostenregelung überhaupt ein Entgelt zu verlangen, hat der XI. Zivilsenat die Revision zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt:

Soweit der Kläger der Beklagten die Verwendung von Barein- und Barauszahlungsentgeltklauseln ohne angemessene Freipostenregelung generell, also unabhängig von der konkreten Ausgestaltung, verbieten lassen möchte, ist die Unterlassungsklage unbegründet.

Nach der früheren Rechtsprechung des XI. Zivilsenats hätte die Unterlassungsklage allerdings Erfolg gehabt. Nach dieser unterlagen solche Entgeltklauseln sowohl im Verbraucher- als auch im Unternehmerverkehr der richterlichen Inhaltskontrolle und waren wegen unangemessener Benachteiligung des Kunden unwirksam, wenn sie keine angemessene Freipostenregelung vorsahen. Hintergrund dieser Rechtsprechung war, dass Ein- und Auszahlungen auf oder von einem Girokonto nach Darlehensrecht (§§ 488 ff. BGB) oder dem Recht der unregelmäßigen Verwahrung (§ 700 BGB) zu beurteilen sind, welches weder für die Begründung noch für die Erfüllung von Darlehens- bzw. Verwahrungsverhältnissen ein Entgelt vorsieht (siehe BGH, Urteile vom 30. November 1993 - XI ZR 80/93, BGHZ 124, 254 ff. und vom 7. Mai 1996 - XI ZR 217/95, BGHZ 133, 10 ff.).

An dieser Rechtsprechung hat der XI. Zivilsenat aufgrund geänderter gesetzlicher Vorgaben nicht mehr festgehalten. Zwar weist der Girovertrag nach wie vor die für ihn charakteristischen darlehens- und verwahrungsrechtlichen Elemente auf. Allerdings bestimmt das im Jahre 2009 in Kraft getretene Zahlungsdiensterecht (§§ 675c ff. BGB), mit dem der deutsche Gesetzgeber europäisches Richtlinienrecht, nämlich die Zahlungsdiensterichtlinie 2007 sowie deren Nachfolgerichtlinie aus dem Jahr 2015, umgesetzt hat, dass für die Erbringung eines Zahlungsdienstes das "vereinbarte Entgelt zu entrichten" ist (§ 675f Abs. 5 Satz 1 BGB). Danach sind auch Bareinzahlungen auf und Barabhebungen von einem Girokonto Zahlungsdienste (§ 675c Abs. 3 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 ZAG). Für diese darf - auch ohne Freipostenregelung - ein Entgelt verlangt werden.

Davon unabhängig unterliegen die von der Beklagten verwendeten Klauseln allerdings im Rechtsverkehr mit Verbrauchern im Hinblick auf die Höhe des vereinbarten Entgelts der richterlichen Inhaltskontrolle. Denn insoweit greift die zu Gunsten von Verbrauchern (halb-)zwingende Preisregelung des § 312a Abs. 4 Nr. 2 BGB ein. Mit dieser Vorschrift hat der deutsche Gesetzgeber - wenn auch richtlinienüberschießend - Vorgaben der europäischen Verbraucherrechterichtlinie umgesetzt, indem er gemäß § 312 Abs. 5 BGB in rechtlich unbedenklicher Weise auch Finanzdienstleistungen in den Anwendungsbereich dieser Vorschrift einbezogen hat. Die Erfüllung einer vertraglichen Pflicht im Sinne des § 312a Abs. 4 Nr. 2 BGB ist auch die (teilweise) Rückführung eines überzogenen Girokontos durch eine Bareinzahlung am Bankschalter. Mit den in Streit stehenden Entgeltklauseln "Beleghafte Buchungen und Kassenposten mit Service, je Buchung … Euro" bepreist die Beklagte unter anderem auch einen solchen Zahlungsvorgang, so dass eine Entgeltkontrolle eröffnet ist.

Ob das von der Beklagten verlangte Entgelt von 1 € und 2 € im Rechtsverkehr mit Verbrauchern der Entgeltkontrolle standhält, hat das Berufungsgericht nicht überprüft. Der Senat hat das Berufungsurteil deswegen insoweit aufgehoben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Für die vom Berufungsgericht nunmehr vorzunehmende Entgeltkontrolle hat der XI. Zivilsenat darauf hingewiesen, dass gemäß § 312a Abs. 4 Nr. 2 BGB nur solche Kosten umlagefähig sind, die unmittelbar durch die Nutzung des Zahlungsmittels, d.h. hier die Barzahlung, entstehen (sogenannte transaktionsbezogene Kosten). Gemeinkosten wie allgemeine Personalkosten und Kosten für Schulungen und Geräte, deren Anfall von dem konkreten Nutzungsakt losgelöst sind, sind dagegen nicht umlagefähig.

Vorinstanzen:

LG Memmingen - Urteil vom 16. November 2016 - 1 HK O 893/16

OLG München - Urteil vom 12. Oktober 2017 - 29 U 4903/16

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 675f Abs. 5 BGB:

Der Zahlungsdienstnutzer ist verpflichtet, dem Zahlungsdienstleister das für die Erbringung eines Zahlungsdienstes vereinbarte Entgelt zu entrichten. Für die Erfüllung von Nebenpflichten nach diesem Untertitel hat der Zahlungsdienstleister nur dann einen Anspruch auf ein Entgelt, sofern dies zugelassen und zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister vereinbart worden ist; dieses Entgelt muss angemessen und an den tatsächlichen Kosten des Zahlungsdienstleisters ausgerichtet sein.

§ 1 Abs. 1 Satz 2 ZAG:

Zahlungsdienste sind

1.die Dienste, mit denen Bareinzahlungen auf ein Zahlungskonto ermöglicht werden, sowie alle für die Führung eines Zahlungskontos erforderlichen Vorgänge (Einzahlungsgeschäft);

2.die Dienste, mit denen Barauszahlungen von einem Zahlungskonto ermöglicht werden, sowie alle für die Führung eines Zahlungskontos erforderlichen Vorgänge (Auszahlungsgeschäft);

[…]

§ 312a Abs. 4 Nr. 2 BGB:

Eine Vereinbarung, durch die ein Verbraucher verpflichtet wird, ein Entgelt dafür zu zahlen, dass er für die Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten ein bestimmtes Zahlungsmittel nutzt, ist unwirksam, wenn

1. […]

2.das vereinbarte Entgelt über die Kosten hinausgeht, die dem Unternehmer durch die Nutzung des Zahlungsmittels entstehen.





OLG Frankfurt: Kosten für Basiskonto zu hoch - Monatlicher Grundpreis von 8,99 EURO und 1,50 EURO für jede beleghafte Überweisung

OLG Frankfurt
Urteil vom 27.02.2019
19 U 104/18


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die Kosten für ein Basiskonto angemessen sein müssen. Ein monatlicher Grundpreis von 8,99 EURO und 1,50 EURO für jede beleghafte Überweisung sind nach Ansicht des Gerichts zu hoch.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Preisklauseln für Basiskonto unangemessen

Ein monatlicher Grundpreis von 8,99 € sowie Kosten von 1,50 € für eine beleghafte Überweisung im Rahmen eines Basiskontos sind unangemessen hoch und damit unwirksam. Basiskonten müssen zwar nicht als günstigstes Kontomodell eines Kreditinstituts angeboten werden, die Preise sollen aber das durchschnittliche Nutzerverhalten dieser Kontoinhaber angemessen widerspiegeln, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit heute verkündetem Urteil.
Nr. 15/2019

Der Kläger ist ein Verbraucherverband. Er wendet sich gegen zwei Preisklauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des beklagten deutschen Kreditinstituts. Sie betreffen das sog. Basiskonto der Beklagten. Die Beklagte verlangt dort einen monatlichen Grundpreis von 8,99 € sowie 1,50 € für eine „beleghafte Überweisung (SEPA) bzw. Überweisung über einen Mitarbeiter im telefonischen Kundenservice oder der Filiale“. Sie bietet Kontenmodelle zwischen 0,00 € und 9,99 € monatlich an.

Der Kläger hält die Preisklauseln des Basiskontos hinsichtlich des Grundpreise und der Überweisungskosten für unangemessen hoch.

Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Bank hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Bei den angegriffenen Klauseln handele es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen, stellt das OLG klar. Sie seien kontrollfähig, soweit sie von gesetzlichen Preisregelungen abwichen. Dies sei bei sog. Basiskontoverträgen der Fall. Bei Basiskonten handele es sich um Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen für besonders schutzbedürftige Verbraucher. Das Zahlungskontengesetz (ZKG) enthalte für diese Konten Grundregelungen zur Bestimmung eines angemessenen Entgelts. Von diesen Vorschriften dürfe nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden. Die hier angegriffenen Klauseln seien mit wesentlichen Grundgedanken dieser gesetzlichen Regelungen nicht zu vereinbaren und benachteiligten die Kunden der Beklagten entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben unangemessen.

Ausgangspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit seien die marktüblichen Entgelte sowie das Nutzerverhalten unter Berücksichtigung des Umfangs der von der Bank zu erbringenden Leistungen. Besondere Bedeutung erlange hier, dass „die wirtschaftliche Lage der betroffenen Verbraucher, die Basiskonten beantragen, regelmäßig angespannt ist, weshalb zugrunde gelegt werden kann, dass sie regelmäßig nur wenige Zahlungen über das Basiskonto abwickeln“. Nutzer des Basiskontos seien zwar zum Teil Personen, die individuelle Hilfe bei der Erledigung der Zahlungsvorgänge benötigten. Zu einem anderen Teil handele es sich aber auch um Verbraucher mit einer hohen Affinität zu Mobilgeräten, die ihre Bankgeschäfte selbständig online erledigten. Die Bank sei zwar im Hinblick auf den dargestellten Aufwand nicht verpflichtet, das Basiskonto als günstigstes Modell anzubieten. Die Höhe des Entgelts müsse aber „das durchschnittliche Nutzerverhalten aller Kontoinhaber angemessen widerspiegeln“. Dies könne hier nicht festgestellt werden. Die Beklagte lege vielmehr zahlreiche Kostenelemente auf die Kunden des Basiskontenmodells um, mit denen sie die Kunden vergleichbarer anderer Kontenmodelle nicht belaste. Zudem wälze sie zahlreiche Kostenpositionen auf die Nutzer eines Basiskontos ab, die „Ausfluss gesetzlicher Prüfungen oder Informationspflichten seien sowie die Ausbuchungen von ausgefallenen Kundengeldern anderer Basiskontobesitzer betreffen“. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei es jedoch unzulässig, Aufwand für Tätigkeiten auf den Kunden zu verlagern, zu denen die Beklagte gesetzlich verpflichtet sei oder die sie überwiegend im eigenen Interesse erbringe.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, da die Sache im Hinblick auf eine unbestimmte Vielzahl von betroffenen Basiskonteninhabern und Bankinstituten grundsätzliche Bedeutung habe.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 27.02.2019, Az. 19 U 104/18
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 08.05.2018, Az. 2/28 O 98/17)

Erläuterungen:
Das Zahlungskontengesetz setzt die Zahlungskontenrichtlinie der EU (RL 2014/92 EU) um. Ziel dieser Richtlinie ist es, kontolosen, schutzbedürftigen Verbrauchern den Zugang zu Zahlungskonten zu ermöglichen, weil ein Leben ohne Girokonto praktisch nicht möglich sei. Diese Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen sollen zu besonders vorteilhaften Bedingungen, beispielsweise unentgeltlich, angeboten werden (Erwägungsgrund 46 RL 2014/92 EU). Deutschland hat diese Richtlinie durch das Zahlungskontengesetzes (ZKG) vom 19.6.2016 umgesetzt und das „Basiskonto“ eingeführt.

§ 41 Zahlungskontengesetz Entgelte, Kosten und Verbot von Vertragsstrafen
(1) Der Kontoinhaber ist verpflichtet, an das kontoführende Institut für die Erbringung von Diensten auf Grund des Basiskontovertrags das vereinbarte Entgelt zu entrichten.

(2) Das Entgelt für die von § 38 erfassten Dienste muss angemessen sein. Für die Beurteilung der Angemessenheit sind insbesondere die marktüblichen Entgelte sowie das Nutzerverhalten zu berücksichtigen. Die Sätze 1 und 2 gelten für Vereinbarungen über vom Kontoinhaber zu erstattende Kosten entsprechend.

(3) ...




OLG Oldenburg: Kunde haftet selbst für Schaden durch Banking-Trojaner wenn Kunde angeblich von Onlinebanking-Seite geforderte Testüberweisung ohne Überprüfung durchführt

OLG Oldenburg
Beschluss vom 21.08.2018
8 U 163/17


Das OLG Oldenburg hat entschieden, dass ein Kunde selbst für den Schaden durch einen Banking-Trojaner haftet, wenn der Kunde angeblich von Onlinebanking-Seite geforderte Testüberweisung ohne Überprüfung durchführt.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Aufgepasst beim Online-Banking

Online-Banking wird immer beliebter. Vom heimischen PC aus die Bankgeschäfte erledigen, spart so manchen Gang zur Bank. Dabei muss man aber auch wachsam – und manchmal misstrauisch – bleiben. Sonst kann es zu bösen Überraschungen kommen, wie in einem vom 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg entschiedenen Fall.

Der klagende Bankkunde hatte sich einen sogenannten Banking-Trojaner eingefangen. Dieser forderte ihn – vermeintlich von der Onlinebanking-Seite der Bank aus – auf, zur Einführung eines neuen Verschlüsselungsalgorithmus eine Testüberweisung vorzunehmen und mit seiner TAN (Transaktionsnummer), die er per Mobiltelefon erhalten habe, zu bestätigen. In der Überweisungsmaske stand in den Feldern „Name“, „IBAN“ und „Betrag“ jeweils das Wort „Muster“. Der Kläger bestätigte diese vermeintliche Testüberweisung mit der ihm übersandten TAN. Tatsächlich erfolgte dann aber eine echte Überweisung auf ein polnisches Konto. Über 8.000,- Euro waren „weg“.

Der Kläger verlangte diesen Betrag von der Bank zurück. – Ohne Erfolg. Der Kläger habe grob fahrlässig gegen die Geschäftsbedingungen der Bank verstoßen, so der Senat. Da sei nämlich vorgesehen, dass der Kunde bei der Übermittlung seiner TAN die Überweisungsdaten, die in der SMS erneut mitgeteilt werden, noch einmal kontrollieren müsse. Dies hatte der Kläger nicht getan. Er hatte lediglich auf die TAN geachtet und diese in die Computermaske eingetippt. Anderenfalls, so die Richter, hätte es ihm auffallen müssen, dass er eine Überweisung zu einer polnischen IBAN freigebe. Der Kunde müsse vor jeder TAN-Eingabe den auf dem Mobiltelefon angezeigten Überweisungsbetrag und die dort ebenfalls genannte Ziel-IBAN überprüfen. Dies nicht zu tun, sei grob fahrlässig. Der Kläger hätte im Übrigen bereits aufgrund der völlig unüblichen Aufforderung zu einer Testüberweisung misstrauisch werden müssen. Hinzu komme, dass die Bank auf ihrer Log-In-Seite vor derartigen Betrügereien gewarnt und darauf hingewiesen habe, dass sie niemals zu „Testüberweisungen“ auffordere. Vor diesem Hintergrund sei der Kunde selbst für den Verlust seines Geldes verantwortlich.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Oberlandesgericht Oldenburg, Az. 8 U 163/17, Hinweisbeschluss vom 28.06.2018, Beschluss vom 21.08.2018.