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OLG Hamm: Online-Händler haftet für von Google verursachte Wettbewerbsverstöße in Google-Shopping auf Grundlage der Beauftragtenhaftung gemäß § 8 Abs. 2 UWG

OLG Hamm
Beschluss vom 25.11.2024
4 U 87/24


Das OLG Hamm hat entschieden, dass ein Online-Händler für von Google verursachte Wettbewerbsverstöße in Google-Shopping auf Grundlage der Beauftragtenhaftung gemäß § 8 Abs. 2 UWG verschuldenunabhängig haftet.

Dem betroffenen Händler bleiben in einem solchen Fall nur Regressansprüche gegen Google.

Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Berufung hat nach der einstimmigen Überzeugung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

Weder beruht die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung. Vielmehr hat das Landgericht die Beklagte zu Recht und mit zutreffender Begründung wie geschehen zur Unterlassung verurteilt.

1. Der – verschuldensunabhängige – Anspruch des insoweit unstreitig aktivlegitimierten Klägers folgt (jedenfalls) aus § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1, Abs. 2 Hs. 1, § 8 Abs. 1, Abs. 2 UWG.

Danach kann derjenige unlauter handelnde Marktteilnehmer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, der durch einen Mitarbeiter oder Beauftragten eine unzulässige – weil irreführende – geschäftliche Handlung vornimmt, was wiederum dann der Fall ist, wenn die geschäftliche Handlung unwahre Angaben enthält und geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

So liegt der Fall hier.
a. Unstreitig bewarb die Beklagte (vgl. hierzu im Einzelnen die nachfolgenden Ausführungen) die Herrenarmbanduhr „Q.“ am 00.10.2023 über die von Google unterhaltene Shoppingseite zu einem Preis von 398,00 €, obwohl die Uhr zu diesem Zeitpunkt schon lange nicht mehr lieferbar und auch schon zuvor zu keinem Zeitpunkt für diesen Preis zu erwerben war.

Soweit die Beklagte die Echtheit der vom Kläger zum Nachweis des Wettbewerbsverstoßes vorgelegten Screenshots u. a. vom 00.10.2023 in erster Instanz noch in Zweifel gezogen hat, hält sie nach ihrem Berufungsvorbringen, wonach das Landgericht sie zu Unrecht für die „unstreitig fehlerhafte Anzeige“ verantwortlich gemacht habe, hieran jedenfalls im Berufungsrechtszug nicht weiter fest.

Damit enthielt die vom Beklagten zu verantwortende (s.u.) Werbung eine objektiv unwahre Angabe in Bezug auf das von ihr beworbene Produkt, so dass es nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht weiter darauf ankommt, ob diese Angabe darüber hinaus auch zur Täuschung geeignet gewesen ist (vgl. BeckOK UWG/Rehart/Ruhl/Isele, 26. Ed. 1.10.2024, UWG § 5 Rn. 64, beck-online).

b. Die beanstandete geschäftliche Handlung besitzt auch die von § 5 Abs. 1 UWG geforderte geschäftliche Relevanz, da sie geeignet (gewesen) ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte, was von der Berufung jedoch auch nicht in Abrede gestellt wird.

Die geschäftliche Entscheidung, zu deren Veranlassung die Irreführung gemäß § 5 Abs. 1 UWG geeignet sein muss, ist nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH ist der Begriff der „geschäftlichen Entscheidung“ dabei weit auszulegen. Er erfasst ist nicht nur die Entscheidung über den Erwerb oder Nichterwerb eines Produkts, sondern auch damit unmittelbar zusammenhängende, aber vorgelagerte Entscheidungen wie insbesondere das Betreten des Geschäfts oder das Aufsuchen eines Verkaufsportals im Internet. Daher sind auch solche Irreführungen von Relevanz, die lediglich einen sog. Anlockeffekt bewirken, selbst wenn es nicht zur endgültigen Marktentscheidung – etwa dem Kauf der Ware – kommt (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, 42. Aufl. 2024, UWG § 5 Rn. 1.195, beck-online u. a. unter Verweis auf EuGH GRUR 2014, 196 Rn. 36 – Trento Sviluppo; BGH GRUR 2017, 1269 Rn. 19 – MeinPaket.de II).

Bei der Verfügbarkeit und dem Preis einer beworbenen Ware handelt es sich um Produktmerkmale von so zentraler Bedeutung, dass aus der Feststellung der Irreführung hierüber auf die wettbewerbliche Relevanz geschlossen werden kann, weil derartige Eigenschaften stets geeignet sind, den vorbeschriebenen Anlockeffekt zu bewirken oder gar die Kaufentscheidung zu beeinflussen (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, 42. Aufl. 2024, UWG § 5 Rn. 1.182, beck-online mwN).

c. Gemäß § 8 Abs. 2 UWG hat die Beklagte auch für die unzutreffende Werbeanzeige einzustehen, weil Google vorliegend als Beauftragter der Beklagten handelte.

Nach § 8 Abs. 2 UWG sind der aus § 8 Abs. 1 UWG folgende Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet, wenn die Zuwiderhandlungen in dem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen werden.

aa. Die verfassungskonforme Vorschrift regelt den Unterlassungsanspruch gegen den Unternehmensinhaber bei Zuwiderhandlungen seiner Mitarbeiter und Beauftragten im Sinne einer Erfolgshaftung ohne Entlastungsmöglichkeit und schließt Schutzlücken, die bestünden, wenn die allgemeine deliktsrechtliche Haftung des Unternehmers für seine Mitarbeiter wegen Exkulpation entfiele oder bei vertraglicher Übertragung von Verkehrspflichten die Haftung des Überträgers nach § 823 BGB aufgrund der Verengung seiner Pflichten auf Auswahl-, Instruktions- oder Überwachungspflichten ausgeschlossen wäre. Der Inhaber des Unternehmens, dem die geschäftlichen Handlungen zugutekommen sollen, soll sich nicht hinter von ihm abhängigen Dritten verstecken können. Seine Haftung rechtfertigt sich daraus, dass er durch den Einsatz von Mitarbeitern und Beauftragten seinen Geschäftskreis erweitert und damit zugleich das Risiko von Zuwiderhandlungen innerhalb seines Unternehmens schafft. Da er die Vorteile der arbeitsteiligen Organisation in Anspruch nimmt, soll er auch die damit verbundenen und in gewisser Weise auch beherrschbaren Risiken tragen. Darauf, ob diese Risiken im Einzelfall für ihn tatsächlich beherrschbar sind, ob etwa die Zuwiderhandlung ohne sein Wissen oder gar gegen seinen Willen erfolgt, kommt es hingegen nicht an (vgl. statt vieler: Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Feddersen, 42. Aufl. 2024, UWG § 8 Rn. 2.33, beck-online mwN).

In Anbetracht dessen ist eine weite Auslegung der Tatbestandsmerkmale „in einem Unternehmen“ und „Mitarbeiter“ und „Beauftragte“ geboten (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Feddersen, 42. Aufl. 2024, UWG § 8 Rn. 2.34, beck-online unter Verweis auf BGH GRUR 1995, 605 (607) – Franchise-Nehmer; GRUR 2009, 1167 Rn. 21 – Partnerprogramm; OLG Köln GRUR-RR 2006, 205 (206); OLG Stuttgart GRUR-RR 2009, 343 (346)).

bb. Beauftragter ist danach jeder, der, ohne Mitarbeiter zu sein, für das Unternehmen eines anderen auf Grund eines vertraglichen oder anderen Rechtsverhältnisses tätig ist und dabei in die betriebliche Organisation dergestalt eingliedert ist, dass einerseits der Erfolg seiner Handlung zumindest auch dem Unternehmensinhaber zugutekommt und andererseits dem Unternehmensinhaber ein bestimmender und durchsetzbarer Einfluss jedenfalls auf die beanstandete Tätigkeit eingeräumt ist. Ob der Unternehmensinhaber von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, ist jedoch unerheblich. Ausreichend ist es vielmehr, dass sich der Unternehmensinhaber einen solchen Einfluss sichern konnte und musste. Unterlässt er dies, handelt er auf eigenes Risiko. Beauftragter eines Unternehmens ist dagegen nicht, wer von diesem lediglich eine Leistung bezieht, die er im eigenen Namen an Endkunden anbietet, sofern er in der Gestaltung seines Vertriebskonzepts sowie seiner Verkaufskonditionen grds. frei ist, weil es in diesem Fall es an der Möglichkeit eines bestimmenden und durchsetzbaren Einflusses des Unternehmens auf den Vertragspartner fehlt (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Feddersen, 42. Aufl. 2024, UWG § 8 Rn. 2.41, beck-online mwN).

(1) Ausgehend hiervon ist Google im vorliegenden Fall als Beauftragter der Beklagten tätig geworden. Unstreitig besteht zwischen der Beklagten und Google ein Vertrag, aufgrund dessen sich Google dazu verpflichtet hat, die von der Beklagten im Internet angebotenen Produkte im Rahmen und nach den Konditionen seines sog. Adwords-Programms zu bewerben. Damit wird Google im Rahmen der bestehenden vertraglichen Abreden zugunsten der Beklagten tätig, indem es diese beim Warenabsatz unterstützt. Dabei ist Google auch im erforderlichem Umfang in das Unternehmen der Beklagten eingebunden. Zum einen kommt der Erfolg der Handlungen von Google auch der Beklagten zugute, was sich bereits unmittelbar daraus ergibt, dass eine Vergrößerung der Reichweite der Shoppingseiten von Google automatisch eine Reichweitenvergrößerung für die Beklagte nach sich zieht, deren Werbung damit einen (potentiell) größeren Kundenstamm erreicht. Zum anderen steht der Beklagten – entgegen ihrer Sichtweise – auch ein bestimmender und durchsetzbarer Einfluss auf die Werbetätigkeit von Google zu. Anders als die Beklagte meint, spielt es in diesem Zusammenhang keine Rolle, dass sie keinen Einblick in und keinen Einfluss auf die von Google zur Generierung der konkreten Suchergebnisse verwendeten Algorithmen hat. Entscheidend ist insoweit allein, dass die Beklagte – durch die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Daten an Google – bestimmt, zu welchen Zeitpunkten Google für welche Produkte und zu welchen Konditionen konkret in ihrem Namen werben darf. Dass dies so ist, folgt unmittelbar aus dem Sachvortrag der Beklagten, wonach Folgendes gilt (vgl. Seite 3 f. der Berufungsbegründung vom 12.11.2024):

„Die Beklagte hat die gesamte Produktpalette zu ihrem Warenbestand elektronisch erfasst und kann diesen Datenbestand im Rahmen des Vertrages mit der Google-Shoppingplattform so zur Verfügung stellen, dass Google bei Erfüllung der Suchfunktionen auf den Datenbestand aus dem Haus der Beklagten zurückgreifen kann.

Das geschieht über eine Schnittstelle, die es Google ermöglicht, bei Eingabe von Suchwörtern auch den Datenbestand der Beklagten mit einzubeziehen.

Bis zur Schnittstelle hat die Beklagte Einflussmöglichkeiten auf den Inhalt der zur Verfügung stehenden Dateien. Danach entscheidet Google automatisiert, in welchem Zusammenhang bei Eingabe von Suchwörtern, seien das Produkt- oder Herstellernamen oder Anbieternamen, diese auf den Googleplattformen wiedergegeben werden.“

Damit steht fest, dass die Beklagte durch die Veränderung des Datenbestandes, den sie Google zur Verfügung stellt, unmittelbar beeinflussen kann, ob und ggf. zu welchen Konditionen die von ihr angebotenen Waren – eine vertragsgemäße Umsetzung durch Google vorausgesetzt – auf den Shoppingseiten von Google erscheinen. Letztlich hat sie hiervon auch in Bezug auf die streitgegenständliche Werbeanzeige Gebrauch gemacht, indem sie „durch einen einfachen Klick auf der eigenen Plattform“ (Seite 5 der der Berufungsbegründung vom 12.11.2024) und das Leeren des Cachs dafür gesorgt hat, dass das unzutreffend beworbene Produkt nicht mehr auf den Google-Shoppingseiten erscheint.

(2) Dass Google von der Beklagten für den bereitgestellten Service auf der Grundlage der durch die Werbung erreichten Klickzahlen gesondert vergütet wird, ändert nichts daran, dass Google als Beauftragter der Beklagte tätig geworden ist.

Insbesondere macht es aus Google keinen sog. Affiliate, der in eigener Verantwortung und im eigenen Interesse ein Produkt – etwa eine redaktionelle Internetseite – gestaltet, im Rahmen dessen auf die Internetseite des begünstigten Unternehmens verwiesen wird, um im Falle eines dort erfolgten Vertragsabschlusses eine Provision zu erhalten (BGH, Urteil vom 26. Januar 2023 – I ZR 27/22 – Haftung für Affiliates, GRUR 2023, 343). Denn weder besteht zwischen der Beklagten und Google eine Provisionsabrede (vielmehr erfolgt die Vergütung von Google – wie dargelegt – anhand der generierten Klickzahlen), noch gestaltet Google ein eigenes Produkt in vorbeschriebenen Sinn. Insbesondere fehlt es an einer – wie auch immer gearteten – redaktionellen oder anderweitigen schöpferischen Leistung von Google, die es rechtfertigen würde, von der eigenverantwortlichen Vermarktung eines anderen Produkts auszugehen.

(3) Schließlich verfängt auch der Verweis der Beklagten auf die Rechtsprechung des OLG Frankfurt a. M. nicht, da der in Bezug genommenen Entscheidung (OLG Frankfurt, Urteil vom 22 August 2019 – 6 U 83/19 –, juris) ein in wesentlichen Punkten anderes gelagerter Sachverhalt zugrunde lag. Dort bestand nämlich – anders als im vorliegenden Fall – kein Vertrag zwischen dem in Anspruch genommenen Verletzer und Google, aufgrund dessen Google im Auftrag des Verletzers Online-Marketingmaßnahmen – insbesondere auf den von Google unterhaltenen Shoppingseiten – entfalten sollte. Vielmehr hat sich das OLG Frankfurt lediglich damit auseinandergesetzt, ob und in welchem Maß ein Unternehmer dafür verantwortlich ist, dass von ihm zu verantwortende Webseiteninhalte, die gegen lauterkeitsrechtliche Bestimmungen verstoßen, von Suchmaschinenbetreibern auch nach einer Abänderung der Inhalte in der ursprünglichen, zu beanstandenden Form unter den Ergebnissen einer „normalen“ Websuche als sog. Snippet wiedergegeben werden.

d. Nach alledem ist es für die Begründetheit des verschuldensunabhängigen Unterlassungsanspruchs aus § 8 Abs. 1 UWG unerheblich, dass die unzutreffende Werbeanzeige nach dem Sachvortrag der Beklagten auf einen von Google zu vertretenden Fehler zurückzuführen sein soll. Ob und in welchem Umfang die Beklagte bei Google ggf. Regress nehmen kann, hat der Senat vorliegend nicht zu entscheiden.

2. In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen ist die vom Kläger ausgesprochene Abmahnung berechtigerweise erfolgt, so dass er gemäß § 13 Abs. 3 UWG von der Beklagten auch Ersatz der hierfür erforderlichen – und von der Berufung nicht in Abrede gestellten – Aufwendungen verlangen kann.

II. Die Sache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats auf Grund mündlicher Verhandlung, die auch sonst nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO).


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


Volltext BGH liegt vor: Affiliate-Programm-Anbieter haftet nicht für irreführende Werbung von Affiliate-Partner wenn dieser im Rahmen eines eigenen Produkt- oder Dienstleistungsangebots tätig wird

BGH
Urteil vom 26.01.2023
I ZR 27/22
Haftung für Affiliates
UWG § 8 Abs. 2

Wir hatten bereits in dem Beitrag "BGH: Anbieter eines Affiliate-Programms haftet nicht für irreführende Werbung von Affiliate-Partner wenn dieser im Rahmen eines eigenen Produkt- oder Dienstleistungsangebots tätig wird - Amazon" über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:
a) Der innere Grund für die Zurechnung der Geschäftstätigkeit des Beauftragten gemäß § 8 Abs. 2 UWG liegt vor allem in einer dem Betriebsinhaber zugutekommenden Erweiterung des Geschäftsbetriebs und einer gewissen Beherrschung des Risikobereichs durch den Betriebsinhaber (Anschluss an BGH, Urteil vom 7. Oktober 2009 - I ZR 109/06, GRUR 2009, 1167 [juris Rn. 21] = WRP 2009, 1520 - Partnerprogramm, mwN).

b) Entwickeln Affiliates eigene Produkte oder Dienstleistungen, deren Inhalt sie nach eigenem Ermessen gestalten und zum Verdienst von Provisionen bei verschiedenen Anbietern einsetzen, ist die Werbung über den Affiliate-Link ein Teil des Produkts, das inhaltlich von den Affiliates in eigener Verantwortung und im eigenen Interesse gestaltet wird. Die Links werden von ihnen nur gesetzt, um damit zu ihren Gunsten Provisionen zu generieren. Ein solcher eigener Geschäftsbetrieb eines Affiliates stellt keine Erweiterung des Geschäftsbetriebs des Betriebsinhabers dar.

BGH, Urteil vom 26. Januar 2023 - I ZR 27/22 - OLG Köln - LG Köln

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Anbieter eines Affiliate-Programms haftet nicht für irreführende Werbung von Affiliate-Partner wenn dieser im Rahmen eines eigenen Produkt- oder Dienstleistungsangebots tätig wird - Amazon

BGH
Urteil vom 26.01.2023
I ZR 27/22

Das BGH hat entschieden, dass der Anbieter eines Affiliate-Programms (hier: Amazon) nicht für irreführende Werbung von Affiliate-Partnern haftet, wenn diese im Rahmen eines eigenen Produkt- oder Dienstleistungsangebots tätig werden.

Die Pressemitteilung des BGH:

Zur wettbewerbsrechtlichen Haftung für Affiliate-Partner

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Betreiber eines Affiliate-Programms nicht für die irreführende Werbung eines Affiliate-Partners haftet, wenn dieser im Rahmen eines eigenen Produkt- oder Dienstleistungsangebots tätig geworden ist und es deshalb an einer Erweiterung des Geschäftsbetriebs des Betreibers des Affiliate-Programms fehlt.

Sachverhalt:

Die Klägerin ist eine Matratzenherstellerin. Die Beklagten sind Gesellschaften der Amazon-Gruppe und in unterschiedlichen Funktionen am Betrieb der Online-Verkaufsplattform "Amazon" beteiligt. Im Rahmen des von der Beklagten zu 1 betriebenen Amazon-Partnerprogramms steht es Dritten, sogenannten Affiliates, frei, auf der eigenen Webseite Links auf Angebote der Verkaufsplattform zu setzen. Wird dadurch ein Verkauf vermittelt, erhält der Affiliate als Provision einen prozentualen Anteil am Kaufpreis. Im Jahr 2019 warb ein Affiliate auf seiner Webseite, die sich im weitesten Sinne mit den Themen Schlaf und Matratzen befasste und zumindest optisch einem redaktionellen Online-Magazin entsprach, unter anderem für Matratzen unter Verwendung von Links auf entsprechende Angebote auf der Verkaufsplattform. Die Klägerin hält die Werbung des Affiliates für irreführend und hat die Beklagten, denen der Wettbewerbsverstoß ihres Affiliates gemäß § 8 Abs. 2 UWG zuzurechnen sei, auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die beanstandete Werbung sei zwar irreführend und daher wettbewerbswidrig. Die Beklagten hafteten für diesen Wettbewerbsverstoß des Affiliates aber nicht als Täter oder Teilnehmer. Auch die Voraussetzungen einer Haftung des Unternehmensinhabers für Beauftragte nach § 8 Abs. 2 UWG lägen nicht vor.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Der innere Grund für die Zurechnung der Geschäftstätigkeit des Beauftragten gemäß § 8 Abs. 2 UWG liegt vor allem in einer dem Betriebsinhaber zugutekommenden Erweiterung des Geschäftsbetriebs und einer gewissen Beherrschung des Risikobereichs durch den Betriebsinhaber. Unter Berücksichtigung der Ausgestaltung des Amazon-Partnerprogramms sowie der beanstandeten Webseite des Affiliates fehlt es im Streitfall an einer solchen Erweiterung des Geschäftsbetriebs der Beklagten zu 1 und damit am inneren Grund der Zurechnung gemäß § 8 Abs. 2 UWG. Entwickeln Affiliates eigene Produkte oder Dienstleistungen - hier eine Internetseite mit redaktionell gestalteten Beiträgen zu den Themen Schlaf und Matratzen -, deren Inhalt sie nach eigenem Ermessen gestalten und zum Verdienst von Provisionen bei verschiedenen Anbietern einsetzen, ist die Werbung über den Affiliate-Link ein Teil des Produkts, das inhaltlich von den Affiliates in eigener Verantwortung und im eigenen Interesse gestaltet wird. Die Links werden von ihnen nur gesetzt, um damit zu ihren Gunsten Provisionen zu generieren. Ein solcher eigener Geschäftsbetrieb eines Affiliates stellt keine Erweiterung des Geschäftsbetriebs der Beklagten zu 1 dar.

Es fehlt im Streitfall auch an der für eine Haftung nach § 8 Abs. 2 UWG erforderlichen Beherrschung des Risikobereichs durch die Beklagte zu 1. Der Affiliate wird bei der Verlinkung nicht in Erfüllung eines Auftrags beziehungsweise der mit Amazon geschlossenen Vereinbarung tätig, sondern im Rahmen des von ihm entwickelten Produkts und allein im eigenen Namen und im eigenen Interesse. Die Beklagte zu 1 musste sich einen bestimmenden und durchsetzbaren Einfluss auch nicht sichern, weil sie mit dem Produkt des Affiliates ihren Geschäftsbetrieb nicht erweitert hat.

Vorinstanzen:

LG Köln - Urteil vom 20. Mai 2021 - 81 O 62/20

OLG Köln - Urteil vom 11. Februar 2022 - 6 U 84/21

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 3 Abs. 1 UWG

Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

§ 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 UWG

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. …

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.



OLG Karlsruhe: Amazon haftet nicht nach den Grundsätzen der Beauftragtenhaftung gemäß § 8 Abs. 2 UWG für Wettbewerbsverstöße seiner Affiliates

OLG Karlsruhe
Urteil vom 13.05.2020
6 U 127/19


Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass mazon haftet nach den Grundsätzen der Beauftragtenhaftung (§ 8 Abs. 2 UWG) für Wettbewerbsverstöße seiner Affiliates haftet.

Aus den Entscheidungsgründen:

"3. Ob der Klägerin ein Unterlassungsanspruch zusteht, beurteilt sich nach deutschem Recht.

Das anwendbare Recht ist nach den Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-II-Verordnung) zu bestimmen. Nach deren Art. 6 Abs. 1 ist auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus unlauterem Wettbewerbsverhalten das Recht des Staates anzuwenden, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden sind oder wahrscheinlich beeinträchtigt werden. Das anwendbare Recht bestimmt sich damit maßgeblich nach dem Marktort. Danach ist deutsches Recht anzuwenden, weil in Deutschland durch das von der Klägerin beanstandete Verhalten durch die Webseite www.xyz.de auf die Entschließung der deutschen Verbraucher eingewirkt werden soll und damit droht, dass deren Interessen beeinträchtigt werden.

4. Die Klägerin ist für den geltend gemachten Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG jedenfalls gegenüber der Beklagten Ziff. 2 antragsbefugt. Denn die Klägerin ist Mitbewerberin der Beklagte Ziff. 2. Die Antragsbefugnis der Klägerin bezüglich der weiteren Beklagten kann aus den in Ziff. 6 genannten Gründen offenbleiben.

a) Mitbewerber im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG ist jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist immer dann gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und daher das Wettbewerbsverhalten des einen den anderen beeinträchtigen, d.h. im Absatz behindern oder stören kann. Dies setzt voraus, dass sich die beteiligten Unternehmen auf demselben sachlich, räumlich und zeitlich relevanten Markt betätigen, ohne dass sich der Kundenkreis und das Angebot der Waren oder Dienstleistungen vollständig decken müssen (vergleiche BGH WRP 2014, 552 Rn. 15 – Werbung für Fremdprodukte, BGH GRUR 2007,1079 Rn. 22 – Bundesdruckerei; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl., § 2 Rn. 108 ff.).

b) Die Beklagte Ziff. 2 verkauft unter anderem Matratzen. Auch die Klägerin verkauft Matratzen. Zwischen der Klägerin und der Beklagten Ziff. 2 besteht daher ein konkretes Wettbewerbsverhältnis. Die Klägerin ist Mitbewerberin der Beklagten Ziff. 2.

c) Ob es nach den oben genannten Maßstäben an einem solchen konkreten Wettbewerbsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten Ziff. 1 und Ziff. 3 deshalb fehlt, da der von diesen Geförderte (Betreiber der Website www.xyz.de) selbst nicht Wettbewerber der Klägerin ist, oder ob dieses unter dem Aspekt der Förderung fremden Wettbewerbs bejaht werden kann, kann aus den in Ziff. 6 genannten Gründen offen bleiben.

5. Der Senat lässt, da der Verfügungsantrag schon aus anderen Gründen zurückzuweisen ist, offen, ob die angegriffene Werbung auf www.xyz.de gemäß Anlage AS 1 wegen des Erweckens objektiver Matratzenempfehlungen und Produktvergleiche irreführend im Sinne des § 5 UWG und darüber hinaus als verschleierte Werbemaßnahme nach § 5 a Abs. 6 UWG und wegen fehlender Aufklärung nach § 5 a Abs. 2 UWG über das Affiliate-Verhältnis unlauter ist. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob der Hinweis auf der Website „Die Redaktion von Xyz.de arbeitet unabhängig von Herstellern. Dabei verlinken wir auf ausgewählte Online-Shops und Partner, von denen wir ggf. eine Vergütung erhalten“ (Wiedergabe in Antragsschrift S. 14 unter Hinweis auf Anl. AS 1 und 10) der von der Klägerin behaupteten Irreführung nach dem Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise ausreichend entgegenwirkt.

6. Für die - hier unterstellte - unlautere geschäftliche Handlung haben die Beklagten nicht einzustehen.

a) Schuldner der in § 8 Abs. 1 UWG geregelten Abwehransprüche ist jeder, der durch sein Verhalten den objektiven Tatbestand einer Zuwiderhandlung selbst, durch einen anderen oder gemeinschaftlich mit einem anderen adäquat kausal verwirklicht oder sich als Teilnehmer an der deliktischen Handlung eines Dritten beteiligt. Dabei haftet im Fall einer Verbreitung wettbewerbswidriger Äußerungen in Medien neben dem Verbreitenden selbst jeder an der Weitergabe und der Verbreitung beteiligte, soweit sein Verhalten eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG darstellt. Zu Recht macht die Klägerin weder bezüglich der Beklagten Ziff. 2, noch bezüglich der übrigen Beklagten eine (Mit-)Täterschaft oder Gehilfenschaft an dem vom Inhaber und Betreiber der Website www.xyz.de angeblich begangenen Wettbewerbsverstoß geltend. Es fehlt insoweit an der für die Haftung für eigene Handlungen erforderlichen Kenntnis der Beklagten von dem beanstandeten Wettbewerbsverstoß vor der Abmahnung durch die Klägerin.

b) Die Klägerin macht aber geltend, die Unlauterkeit der Werbung gemäß Anlage AS 1 auf der Webseite www.xyz.de könne den Beklagten nach § 8 Abs. 2 UWG wie eine eigene Handlung zugerechnet werden.

aa) Dem Inhaber eines Unternehmens werden nach § 8 Abs. 2 UWG Zuwiderhandlungen seiner Mitarbeiter und Beauftragten (ohne Entlastungsmöglichkeit) wie eigene Handlungen zugerechnet, weil die arbeitsteilige Organisation des Unternehmens die Verantwortung für die geschäftliche Tätigkeit nicht beseitigen soll. Der Unternehmensinhaber, dem die Geschäftstätigkeit seiner Beauftragten zugute kommt, soll sich bei seiner Haftung nicht hinter dem von ihm abhängigen Dritten verstecken können (BGH GRUR 2009, 1167 Rn. 21 – Partnerprogramm). Der innere Grund für die Zurechnung der Geschäftstätigkeit des Beauftragten liegt vor allem in einer dem Betriebsinhaber zugute kommenden Erweiterung des Geschäftsbetriebs und einer gewissen Beherrschung des Risikobereichs durch den Betriebsinhaber (BGH GRUR 1995, 605, 607 –Franchise-Nehmer; GRUR 2009, 1167 Rn. 21 – Partnerprogramm). Deshalb ist es unerheblich wie die Beteiligten ihre Rechtsbeziehung ausgestaltet haben. Beauftragter kann auch ein selbstständiges Unternehmen sein, etwa eine Werbeagentur (vergl. BGH GRUR 1993, 772, 774 – Anzeigenrubrik I; BGHZ 124, 230, 237 – Warnhinweis). Entscheidend ist, dass der Werbepartner in die betriebliche Organisation des Betriebsinhabers in der Weise eingegliedert ist, dass der Erfolg der Geschäftstätigkeit des beauftragten Unternehmens dem Betriebsinhaber zugute kommt und der Betriebsinhaber einen bestimmenden, durchsetzbaren Einfluss auf diejenige Tätigkeit des beauftragten Unternehmens hat, in deren Bereich das beanstandete Verhalten fällt (BGH GRUR 2009, 1167 Rn. 21 – Partnerprogramm; GRUR 19 95, 605, 607 – Franchise-Nehmer; GRUR 2005, 864, 865 – Meißner Dekor II). Dabei kommt es nicht darauf an, welchen Einfluss sich der Betriebsinhaber gesichert hat, sondern welchen Einfluss er sich sichern konnte und musste (BGH GRUR 1995, 605, 607 – Franchise-Nehmer). Der Unternehmensinhaber haftet daher gegebenenfalls auch für ohne sein Wissen und gegen seinen Willen von einem Beauftragten begangene Rechtsverstöße. Dabei ist anerkannt, dass - entgegen der Auffassung der Beklagten - die Mehrstufigkeit eines Beauftragungsverhältnisses der Anwendung des § 8 Abs. 2 UWG nicht entgegensteht (BGH MD 2012, 802 Juris Rn. 7; BGHZ 28, 1, 13 – Bruchteilsgemeinschaft II; BGH GRUR 2012, 82 Rn. 13 – Auftragsbestätigung).

Allerdings haftet der Auftraggeber nicht als Unternehmensinhaber im Sinne von § 8 Abs. 2 UWG, wenn das betreffende geschäftliche Handeln nicht der Geschäftsorganisation des Auftraggebers, sondern derjenigen eines Dritten oder aber des Beauftragten selbst zuzurechnen ist. Die Haftung nach § 8 Abs. 2 UWG erstreckt sich nicht auf jegliche geschäftliche Tätigkeit des (Unter-)Beauftragten.

Maßgeblich für die Haftung der Beklagten nach § 8 Abs. 2 UWG ist vielmehr, ob der Werbende auf der Webseite www.xyz.de so in die betriebliche Organisation der Beklagten als Betriebsinhaber eingegliedert ist, dass der Erfolg der Geschäftstätigkeit seiner Webseite als beauftragtes Unternehmen den Beklagten als Betriebsinhaber zugute kommt und darüber hinaus die Beklagten als Betriebsinhaber einen bestimmenden, durchsetzbaren Einfluss auf diejenige Tätigkeit des Inhabers der Webseite als beauftragtes Unternehmen haben, in deren Bereich das beanstandete Verhalten fällt.

bb) Der Werbende auf der Webseite www.xyz.de ist nicht in der von § 8 Abs. 2 UWG geforderten Weise in die betriebliche Organisation der Beklagten als Betriebsinhaber eingegliedert. Eine Zurechnung des von ihm – hier unterstellten Wettbewerbsverstoßes – auf die Beklagten scheidet daher aus.

(1) Das bloße Nennen einer Bezugsquelle oder das einseitige Setzen eines Links durch den Inhaber der Webseite www.xyz.de (“Verkauf durch Amazon“) würde nicht zur Annahme eines Auftragsverhältnisses seitens der Beklagten gegenüber dem Inhaber und Betreiber der Webseite www.xyz.de führen. Der Betreiber der Webseite hat aber nicht nur einen schriftlichen Hinweis auf die Bezugsquelle der Matratzen angegeben, sondern er hat es durch Bereitstellung des Links gemäß dem Amazon-Partnerprogramm ermöglicht, dass die Interessenten unmittelbar auf das Angebot der Beklagten bzw. der auf dem dortigen Marketplace tätigen Händler zugreifen können. Der Link ist Folge eines von der Beklagten Ziff. 1 betriebenen Partnerprogrammes, im Rahmen dessen die Beklagte Ziff. 1 das Setzen des Links unter bestimmten Voraussetzungen gestattet und damit die Verbindung zwischen den Affiliates als Werbepartner und den die Waren anbietenden Händlern herstellt.

(2) Ob die Vereinbarung zur Teilnahme am Amazon-Partnerprogramm, der in den Anlagen AG 2/AS 14 vorliegt, den Inhaber oder Betreiber der Domain www.xyz.de zum Beauftragten der Beklagten Ziff. 1 und mittelbar der Beklagten Ziff. 2 und 3 macht, oder ob dieser statt im Rahmen eines Auftrags und eingegliedert in die betriebliche Organisation der Beklagten, für sich als selbstständiges Unternehmen handelt, muss sich aus dem Inhalt des Amazon-Partnerprogramms und der Beantwortung der Frage ergeben, inwieweit sich die Beklagten einen für ein Auftragsverhältnis ausreichenden Einfluss sichern konnten und mussten. Nicht ergeben kann sich dies unmittelbar aus dem BSA-Vertrag der Beklagten Ziff. 3 mit den auf dem Marketplace tätigen Händlern. Da der Affiliate nicht Vertragspartner des BSA-Vertrages mit der Beklagten Ziff. 3 ist, kann sich aus diesem kein Einfluss der Beklagten Ziff. 3 auf ihn ergeben.

(i) Das Landgericht hat zum Inhalt des Amazon-Partnerprogramms festgestellt, dass über das Partnerprogramm registrierte Affiliates (also Werbepartner wie der Inhaber und Betreiber der Webseite www.xyz.de) Links auf Unterseiten von Amazon.de setzen können. Dies hat die Folge, dass dann, wenn Kunden über den Affiliate-Link auf Amazon.de geführt werden und einen Kauf tätigen, der Affiliate von der Beklagten Ziff. 1 eine so genannte Werbekostenerstattung (also eine Provision) erhält. Im Fall der Webseite www.xyz.de führt der Link in manchen Fällen direkt auf das Amazon-Angebot einer Matratze durch die Beklagte Ziff. 2 („Verkauf und Versand durch Amazon“) und in anderen Fällen führt der Link zu einem Händler, der die beworbene Matratze auf dem von der Beklagten Ziff. 3 betriebenen Amazon-Marketplace verkauft. Die Beklagte Ziff. 1 vermittelt den Drittanbietern den Zugang zur technischen Infrastruktur des Amazon Marketplace. Verkauft ein Händler auf dem Amazon-Marketplace eine Ware, erhält der Betreiber des Amazon-Marketplace, also die Beklagte Ziff. 3, eine Provision von dem Händler.

(ii) Nach der Ausgestaltung des Partnerprogrammes sind die Werbepartner des Amazon-Partnerprogramms gemäß Anlagen AG 2/AS 14 (und damit auch der Inhaber und Betreiber der Webseite www.xyz.de) insoweit in die betriebliche Organisation der Beklagten eingegliedert, als der Erfolg der Werbung der Werbepartner (also auf der Webseite www.xyz.de) den Beklagten finanziell zugute kommt.

Im Fall dessen, dass der Link zu einem Verkauf durch die Beklagte Ziff. 2 selbst führt, profitiert diese unmittelbar von der Werbung, in dem Fall, dass der Link zu einem Händler führt und dieser sein Produkt auf dem Amazon-Marktplace verkauft, besteht der finanzielle Vorteil im Erhalt der Provision von dem Händler. Auch die Beklagte Ziff. 1 profitiert als technischer Betreiber der Webseite amazon.de und als diejenige, die den Drittanbietern Zugang zur technischen Infrastruktur des Amazon Marketplace vermittelt, allgemein vom Absatz der über den Link erfolgten Verkäufe. Anderenfalls würde sie keine Provisionen (Werbekostenzuschüsse) für über den Link getätigte Käufe an die Affiliates auskehren. Die Werbepartnerschaft ist ausweislich der Ziff. 6 des Amazon-Partnerprogrammvertrages auch auf Dauer ausgelegt, die Provisionszahlungen richteten sich nach der Anzahl der zu einem Kauf führenden Weiterleitungen in dem jeweiligen Abrechnungszeitraum.

iii) Fraglich ist damit allein, ob die Beklagten über den Umstand des finanziellen Profitierens hinaus auch über einen bestimmenden, durchsetzbaren Einfluss auf die Werbetätigkeit ihrer Werbepartner wie auf den Inhaber und Betreiber der Website www.xyz.de verfügen.

Der Bundesgerichtshof hat die Verantwortlichkeit des Betreibers einer solchen Werbepartnerschaft für den vom Werbepartner begangenen Markenverstoß als Beauftragten nach § 14 Abs. 7 MarkenG bejaht (Urt. v. 7.10.2009 GRUR 2009, 1167 – Partnerprogramm). Für die Zurechnung einer Handlung nach § 8 Abs. 2 UWG gelten dieselben Voraussetzungen, denn für die Auslegung des § 14 Abs. 7 MarkenG greift die Rechtsprechung uneingeschränkt auf die zu § 8 Abs. 2 UWG (und § 14 As. 3 UWG a.F.) geltenden Grundsätze einer weiten Haftung des Geschäftsherrn für Beauftragte zurück (BGH GRUR 2005, 864 f. – Meißner Dekor II; GRUR 2009, 1167 Juris Rn. 21– Partnerprogramm).

Allerdings unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von demjenigen, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs „Partnerprogramm“ zugrunde lag. Zwar muss auch hier sich ein interessierter Werbepartner auf der Internetseite der dortigen Beklagten anmelden und sich für das Partnerprogramm der Beklagten „bewerben“. Anders als in dem vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall, ist jedoch nicht ersichtlich, dass die Zulassung als Werbepartner von einer Prüfung der Internetseite des Bewerbers von Seiten der Beklagten abhängt. Die Links müssen lediglich der Vereinbarung entsprechen und es müssen die von der Beklagtenseite bereitgestellten markierten Link-Formate verwendet werden (Ziff. 1 der Vereinbarung über das Amazon-Partnerprogramm). Nach Ziff. 4 gewährleisten nicht etwa die Beklagten, sondern der Partner selbst, dass dieser seine Webseite erstellt, pflegt und betreibt und dass weder dessen Teilnahme am Partnerprogramm, noch die Erstellung, Pflege oder der Betrieb der Webseite gegen anwendbare gesetzliche Bestimmungen, Verordnungen, Vorschriften, Anordnungen, Konzessionen, Richtlinien, Verhaltenskodizes, Branchenstandards, Selbstregulierungsregeln, Gerichtsurteile und -beschlüsse oder andere Auflagen (…) verstoßen. In Ziff. 12 letzter Absatz wird festgehalten, dass das Verhältnis zwischen dem Werbepartner und der Beklagtenseite ein solches unabhängiger Vertragspartner sei und dass keine Bestimmung dieser Vereinbarung eine Partnerschaft, ein Joint-Venture, ein Vertretungsverhältnis, eine Franchisevereinbarung, eine Handelsvertreterbeziehung oder ein Anstellungsverhältnis zwischen der Beklagtenseite bzw. jeweils verbundenen Unternehmen und dem Werbepartner begründet. Ein Auftragsverhältnis sollte demnach mit dieser Vereinbarung erkennbar nicht begründet werden. Anders als in dem vom Bundesgerichtshof zu beurteilenden Fall „Partnerprogramm“ ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagtenseite den Bewerber nach Prüfung der Internetseite, also der Prüfung des Inhalts der Internetseite, zulässt und diesem unter bestimmten Voraussetzungen Zugang zu einem internen Partnerbereich gewährt, wo diesem dann Dienste zur Verfügung gestellt werden, wie z.B. der Zugriff auf die Datenbank des Unternehmers. Nur auf der Grundlage des dortigen Sachverhalts hatte der Bundesgerichtshofs angenommen, dass sich die dortige Beklagte einen bestimmenden Einfluss auf ihre Werbepartner sicherte. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Vorliegend hat sich zwar die Beklagte Ziff. 1 als Vertragspartner der Werbepartner Ziff. 12 ebenfalls Rechte vorbehalten. Dort heißt es:

„Ferner dürfen wir (a) Informationen über ihre Webseite und die Nutzer ihrer Webseite, die wir im Zusammenhang mit ihrer Darstellung von Partner-Links und Programminhalten erhalten, überwachen, aufzeichnen, nutzen und weitergeben (beispielsweise dass ein bestimmter Amazon-Kunde vor dem Kauf eines Produktes auf der Amazon-Webseite über einen auf ihrer Webseite platzierten Partner Link auf die Amazon-Webseite kann, (b) ihre Webseite prüfen, überwachen und anderweitig untersuchen, um die Einhaltung dieser Vereinbarung sicherzustellen und (c) die in ihrer Webseite dargestelltes Logo und die auf ihrer Webseite dargestellte Implementierung von Programminhalten als Best-Praktice-Beispiele in unseren Schulungsmaterialien nutzen, reproduzieren, verbreiten und darstellen.“

Aus dieser Regelung ergibt sich aber kein bestimmender, durchsetzbarer Einfluss auf die Werbetätigkeit des Inhabers und Betreiber der Webseite www.xyz.de durch die Beklagten Ziff. 1 sowie der weiteren Beklagten. Diesen konnten und mussten sich die Beklagten bei dieser Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses auch bei wertender Betrachtung nicht sichern. Zwar haben sich die Beklagten nach der vorgenannten Regelung vorbehalten, die Webseite des Werbepartners zu prüfen, zu überwachen und anderweitig zu untersuchen. Dies ist aber auf die Einhaltung der Vereinbarung beschränkt. Erkennbar bezieht sich die Regelung auf die Überwachung der Webseite hinsichtlich der mit der Partner-Vereinbarung einzugehenden Verpflichtungen, also der Form der Gestaltung des Links, des ausreichenden Hinweises auf die Provisionszahlungen und nicht etwa als Möglichkeit auf eine Einflussnahme auf die allgemeine Werbetätigkeit des Werbepartners. Nicht vorgesehen ist, dass die Website des Affiliate-Partners „abgenommen“ oder aber an der Werbedarstellung des Produktes selbst von Seiten der Beklagten mitgewirkt wird. Auch der Umstand, dass die Beklagte Ziff. 1 in der Beschreibung des Partnerprogramms sich vorbehält, zur Unterstützung der Werbung für Produkte oder Leistungen, Daten, Bilder, Texte, Linkformate, Widgets, Links, Marketing-Inhalte und andere -Verlinkungtools, Schnittstellen für Anwendungsprogramme und weitere Informationen im Zusammenhang mit dem Partnerprogramm zur Verfügung zu stellen, ergibt keinen bestimmenden Einfluss der Beklagtenseite auf den Inhaber und Betreiber der Webseite www.xyz.de als deren Werbepartner. Dieser ist mit der Vereinbarung auch keine Verpflichtung zum Setzen von Links auf seiner Homepage eingegangen. Dieser handelt ausweislich dieser Vereinbarung und bei wertender Betrachtung vielmehr selbständig, allein in eigener Verantwortung, für sich und nicht als Beauftragter der Beklagten.

Damit fehlt es an der für die Anwendung nach § 8 Abs. 2 UWG erforderlichen Eingliederung in die betriebliche Organisation der Beklagten als Betriebsinhaber und ist der Antrag der Klägerin auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen. Der Klägerin steht der geltend gemachte Verfügungsanspruch nicht zu. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim bleibt damit im Ergebnis ohne Erfolg."

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Braunschweig: Vergibt ein Markeninhaber eine Herstellungslizenz und bringt der Lizenznehmer die Ware weisungswidrig in den Verkehr, so tritt markenrechtliche Erschöpfung ein

LG Braunschweig
Urteil vom 03.04.2014
22 O 334/14


Das LG Braunschweig hat entschieden, dass auch dann markenrechtliche Erschöpfung eintritt, wenn der Markeninhaber eine Herstellungslizenz vergibt und der Lizenznehmer die Ware weisungswidrig in den Verkehr bringt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Wenn der Markeninhaber - wie hier - eine Herstellungslizenz vergibt, ist für den Eintritt der Erschöpfung entscheidend, wo der Hersteller ansässig ist:

Wenn der Hersteller - wie hier - im europäischen Wirtschaftsraum ansässig ist, tritt Erschöpfung ein (Ingerl/Rohnke, aaO., § 24 Rdnr. 36, Fezer, MarkenG, 4. Auflg., § 24 Rn 34).

a.) Dies gilt auch dann, wenn nicht die Markeninhaberin selbst die Ware in den Verkehr gesetzt hat sondern der Hersteller, der dazu keine Erlaubnis erteilt hatte. Insoweit muss sich der Markeninhaber bei einer Auftragsproduktion rechtlich so behandeln lassen, als ob er die Ware selbst in Verkehr gesetzt hätte (BGH GRUR 1984, 545, 547 - „Schamotte-Einsätze“). Insoweit liegt die Sache nicht anders, als wenn der Markeninhaber die Kennzeichnung innerhalb seines eigenen Unternehmens vorgenommen hätte und dort infolge eines betrieblichen Organisationsfehlers die Ware weisungswidrig ausgeliefert worden wäre (BGH, aaO.)."


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LG Aachen: Haftung für Wettbewerbsverstöße nach den Grundsätzen der Beauftragtenhaftung, auch wenn der Beauftragte seine vertraglichen Befugnisse überschreitet

LG Aachen
Urteil vom 04.09.2012
41 O 56/12


Ein Unternehmen haftet auch dann nach den Grundsätzen der Beauftragtenhaftung für Wettbewerbsverstöße, wenn sich der Beauftragte über vertraglich vereinbarte Belehrungen missachtet und seine vertraglich eingeräumten Befugnisse überschreitet.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Beklagte kann sich nicht mit dem Hinweis entlasten, dass sie ihre Beauftragten dahin schule und vertragliche Weisungen erteile, die das festgestellte Verhalten untersagen.

Denn der Unternehmensinhaber wird nicht dadurch entlastet, dass er den Beauftragten und über ihn gegebenenfalls den Unterbeauftragten vertraglich gebunden und sich der Beauftrage und/oder Unterbeauftragte über diese vertraglichen Einschränkungen seiner Befugnisse hinweggesetzt hat (vgl.: BGH, Beschluss vom 4.12.2012 zu I ZR 103/11)."


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