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BGH: Urheberrechtsverletzung einer Behörde durch Veröffentlichung von urheberechtlich geschützten Kartenmaterials im Internet in Unterlagen im Rahmen eines Bauplanungsverfahrens

BGH
Urteil vom 21.01.2021
I ZR 59/19
Kastellaun
UrhG § 2 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2, §§ 5, 19a, 45 Abs. 1 und 3


Der BGH hat entschieden, dass eine Urheberrechtsverletzung einer Behörde durch Veröffentlichung von urheberechtlich geschützten Kartenmaterials im Internet in Unterlagen im Rahmen eines Bauplanungsverfahren vorliegt.

Leitsätze des BGH:
a) Die Stellungnahme eines privaten Bauinteressenten in einem bauplanungsrechtlichen Verfahren, die die Behörde im Zuge der Beteiligung der Öffentlichkeit im Vorfeld einer bauplanungsrechtlichen Entscheidung mittels Verlinkung auf ihren Internetauftritt öffentlich zugänglich macht, ist kein amtliches Werk im Sinne des § 5 UrhG.

b) Macht eine Behörde im Rahmen eines Verfahrens der Bauleitplanung eine bei ihr eingegangene Stellungnahme eines privaten Bauinteressenten im Internet mittels Verlinkung auf ihren Internetauftritt öffentlich zugänglich, handelt es sich um eine nach § 45 Abs. 1 und 3 UrhG zulässige Verwendung in einem Verfahren vor einer Behörde, wenn die Voraussetzungen der Veröffentlichungspflicht nach § 4a Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB vorliegen und ein hinreichender sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zum bauplanungsrechtlichen Verfahren besteht.

c) Im Falle der öffentlichen Zugänglichmachung über das Internet ist der nach § 45 UrhG erforderliche hinreichende sachliche Zusammenhang zum behördlichen Verfahren gegeben, wenn sie mittels einer Verlinkung auf den behördlichen Internetauftritt erfolgt und durch die Art der Präsentation ein Bezug zum konkreten Verwaltungsverfahren hergestellt wird. Der erforderliche anfängliche zeitliche Zusammenhang besteht jedenfalls, wenn das behördliche
Verfahren bereits begonnen hat. Mit dem Abschluss des behördlichen Verfahrens endet die Zulässigkeit der von § 45 UrhG erfassten Handlungen.

BGH, Urteil vom 21. Januar 2021 - I ZR 59/19 - OLG Zweibrücken - LG Frankenthal

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




OVG Lüneburg: Behörde muss bei Übermittlung personenbezogener Daten per Fax zur Gewährleistung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung Sicherungsvorkehrungen treffen

OVG Lüneburg
Beschluss vom 22.07.2020
11 LA 104/19


Das OVG Lüneburg hat entschieden, dass eine Behörde bei Übermittlung personenbezogener Daten per Fax zur Gewährleistung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen Sicherungsvorkehrungen treffen muss.

Leitsätze des Gerichts:

1. Ob die Übermittlung eines Bescheides, der personenbezogene Daten enthält, durch die Behörde per Fax rechtswidrig war, kann im Wege einer Feststellungsklage bei Vorliegen eines Feststellungsinteresses zur Überprüfung gestellt werden.

2. Bei der Übermittlung von personenbezogenen Daten per Fax muss die Behörde zur Gewährleistung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen Sicherungsvorkehrungen treffen. Welches Schutzniveau dabei einzuhalten ist, richtet sich nach der Sensibilität und Bedeutung der zu übermittelnden Daten, den potentiellen Gefahren bei der Faxübermittlung, dem Grad der Schutzbedürftigkeit des Betroffenen und dem mit den Sicherungsmaßnahmen verbundenen Aufwand.

Den Volltext der Entscheidung hier:

VG Gera: Zur örtlichen Zuständigkeit bei Klagen gegen Landesdatenschutzbeauftragten

VG Gera
Beschluss vom 16.01.2019
2 K 2281/18 Ge


Die Entscheidungsgründe:

Der Beklagte hat die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gerügt, sodass das Verwaltungsgericht Gera nach Anhörung der Beteiligten vorab über seine Zuständigkeit zu entscheiden hat (§§ 83 Satz 1 i.V.m. 17a Abs. 3 GVG).

Die Klägerin wendet sich gegen eine Entscheidung des Beklagten, mit der dieser eine Beschwerde der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen hat (§§ 6 Abs. 2 Ziffer 6, 8 Abs. 1 des Thüringer Datenschutzgesetzes (ThürDSG) vom 6. Juni 2018 - GVBl. S. 229 - ). Gemäß § 4 Abs. 1 ThürDSG ist der Beklagte Aufsichtsbehörde nach Artikel 51 der Verordnung (EU) 2016/679 mit Dienstsitz in Erfurt. Damit ist der Beklagte für einen Bereich zuständig, der mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke umfasst.

Die örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts richtet sich somit nach § 52 Ziffer 3 Satz 2 VwGO, wonach in diesem Fall das Verwaltungsgericht örtlich zuständig ist, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Die Klägerin hat ihren Wohnsitz im Bezirk des Verwaltungsgerichts Gera, sodass dieses zur Entscheidung über den Rechtsstreit örtlich zuständig ist.

Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, örtlich zuständig sei das Verwaltungsgericht Weimar und dies mit der bundesrechtlichen Regelung des § 20 Abs. 3, Abs. 1 BDSG begründet, ist festzustellen, dass der Anwendungsbereich des BDSG vorliegend nicht eröffnet ist. Das BDSG gilt gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch öffentliche Stellen der Länder, soweit der Datenschutz nicht durch Landesgesetz geregelt ist. Da das ThürDSG gemäß § 2 Abs. 1 „… für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Behörden, die Gerichte und die sonstigen öffentlichen Stellen des Landes… “ gilt, wurde mit dem ThürDSG eine eigene landesrechtliche Vollregelung des Datenschutzes geschaffen, sodass das BDSG bezogen auf den öffentlichen Bereich in Thüringen unanwendbar ist.

Eine anderslautende Zuständigkeit ergibt sich auch nicht aus § 9 Abs. 1 ThürDSG. Dem Sachverhalt liegt keine Streitigkeit zwischen einer öffentlichen Stelle und dem Landesbeauftragten für den Datenschutz zugrunde, sodass § 20 Abs. 3 BDSG auch nicht über die Verweisung in § 9 Abs. 1 Satz 2 ThürDSG Anwendung findet.

Schließlich ist auch § 9 Abs. 2 ThürDSG weder direkt noch analog anwendbar. Nach der Gesetzesbegründung wird in Abs. 2 - in Umsetzung von Artikel 78 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2016/679 und Artikel 53 Abs. 2 der Richtlinie (EU) 2016/680 - der Rechtsschutz auf Fälle der Untätigkeit des Landesbeauftragten für den Datenschutz ausgedehnt (vgl. ThürLTDrs. 6/4943, Gesetzesentwurf der Landesregierung zum Thüringer Gesetz zur Anpassung des Allgemeinen Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 (Thüringer Datenschutz-Anpassungs- und -Umsetzungsgesetz EU - ThürDSAnpUG-EU -), S. 93). Eine solche Untätigkeit ist hier jedoch nicht gegeben.

Eine Analogie zur Übertragung einer gesetzlichen Regelung auf einen Sachverhalt, der von der betreffenden Vorschrift nicht erfasst wird, ist nur geboten, wenn dieser Sachverhalt mit dem geregelten vergleichbar ist, nach dem Grundgedanken der Norm und dem mit ihr verfolgten Zweck dieselbe rechtliche Bewertung erfordert und eine (unbewusste) planwidrige Regelungslücke vorliegt (vgl. BVerfGE 82, 6, 11 f., m.w.N.; BSGE 77, 102 ff.; BSGE 89, 199 ff.). Für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit für die Fälle, in denen der Beauftragte eine Beschwerde für unbegründet gehalten und diese abgewiesen hat, liegt keine
planwidrige Regelungslücke vor. Für eine analoge Anwendung des § 9 Abs. 2 ThürDSG verbleibt bereits deshalb kein Raum, da sich die örtliche Zuständigkeit in diesem Fall unmittelbar aus § 52 VwGO ergibt.

Eine anderslautende Zuständigkeit ergibt sich auch nicht aus Artikel 78 Abs. 3 der Verordnung (EU) 2016/679, wonach bei Verfahren gegen eine Aufsichtsbehörde die Gerichte des Mitgliedsstaats zuständig sind, in dem die Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat. Hierin ist keine Regelung über die örtliche Zuständigkeit der Gerichte im föderalen System der Bundesrepublik Deutschland zu erblicken. Nach dem Erwägungspunkt 143 der Verordnung sollten Verfahren gegen eine Aufsichtsbehörde bei den Gerichten des Mitgliedstaats angestrengt werden, in dem die Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat, und sollten im Einklang mitdem Verfahrensrecht dieses Mitgliedstaats durchgeführt werden. Mit dieser Regelung soll vermieden werden, dass über die Wahrnehmung der Aufgaben einer Aufsichtsbehörde ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats entscheidet (vgl. Europäischer Rat, Dok. 16226/3/13REV3 vom 2. Dezember 2013, Ziffer 26). Welches Gericht des Mitgliedstaats sodann örtlich zuständig ist, richtet sich nach den Bestimmungen des jeweiligen Mitgliedstaats.

Hinweis: Die Beschluss ist unanfechtbar, § 83 Satz 2 VwGO.


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EuGH: Zwangshaft gegen Verantwortliche nationaler Behörden wegen Nichtumsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität nur bei hinreichend präziser Rechtsgrundlage und Wahrung der Verhäl

EuGH
Urteil vom 19.12.2019
C-752/18
Deutsche Umwelthilfe ./. Freistaat Bayern


Der EuGH hat entschieden, dass die Verhängung von Zwangshaft gegen Verantwortliche nationaler Behörden wegen Nichtumsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität nur bei hinreichend präziser Rechtsgrundlage und Wahrung der Verhältnismäßigkeit zulässig ist. Dies habe ier Bayerische Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Fall nun zu prüfen.

Die Pressemitteilung des EuGH:

Um die Verantwortlichen des Freistaats Bayern dazu anzuhalten, in München Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität (wie ein Verkehrsverbot für bestimmte Dieselfahrzeuge) zu treffen, kann nur dann Zwangshaft gegen sie verhängt werden, wenn es dafür im nationalen Recht eine hinreichend zugängliche, präzise und in ihrer Anwendung vorhersehbare Rechtsgrundlage gibt und wenn die Zwangsmaßnahme verhältnismäßig ist

Es ist Sache des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, zu prüfen, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind

Mit seinem heutigen Urteil hat sich der Gerichtshof erstmals dazu geäußert, ob die nationalen Gerichte befugt oder sogar verpflichtet sind, Zwangshaft gegen die Verantwortlichen nationaler Behörden zu verhängen, die sich beharrlich weigern, einer gerichtlichen Entscheidung nachzukommen, mit der ihnen aufgegeben wird, ihre unionsrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen.

Der Gerichtshof ist im Rahmen eines Rechtsstreits angerufen worden, den die Deutsche Umwelthilfe, eine deutsche Umweltschutzorganisation, gegen den Freistaat Bayern wegen dessen beharrlicher Weigerung führt, zur Umsetzung der Richtlinie 2008/50 über Luftqualität die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit in der Stadt München der Grenzwert für Stickstoffdioxid eingehalten wird. Der Freistaat Bayern wurde im Jahr 2012 dazu verurteilt, seinen für diese Stadt geltenden Luftreinhalteplan zu ändern. Im Jahr 2016 wurde er unter Androhung von Zwangsgeld aufgefordert, seinen Verpflichtungen nachzukommen, u. a. durch Verkehrsverbote für bestimmte Fahrzeuge mit Dieselmotor in Teilen des Stadtgebiets. Da der Freistaat sich jedoch weigerte, diese Anordnungen zu befolgen, wurde im Jahr 2017 ein Zwangsgeld in Höhe von 4 000
Euro gegen ihn festgesetzt, das er beglich. Er weigert sich weiterhin, die Anordnungen zu befolgen, und seine Vertreter haben öffentlich erklärt, dass er seinen Verpflichtungen nicht nachkommen werde. Deshalb beantragte die Deutsche Umwelthilfe zum einen, gegen ihn ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 4 000 Euro festzusetzen. Diesem Antrag wurde mit Beschluss vom 28. Januar 2018 stattgegeben. Zum anderen beantragte sie, gegen die Verantwortlichen des Freistaats (die Staatsministerin für Umwelt und Verbraucherschutz oder, hilfsweise, den Ministerpräsidenten) Zwangshaft zu verhängen. Dies wurde mit Beschluss gleichen Datums abgelehnt. Der vom Freistaat angerufene Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Festsetzung des Zwangsgelds bestätigt und den Gerichtshof um Vorabentscheidung darüber ersucht, ob
Zwangshaft verhängt werden kann. Er hat ausgeführt, die Auferlegung von Zwangsgeldern sei nicht geeignet, an dem Verhalten des Freistaats etwas zu ändern, da sie ihm wieder zuflössen und nicht mit einer Vermögenseinbuße einhergingen. Überdies sei die Verhängung von Zwangshaft aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen ausgeschlossen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat dem Gerichtshof daher die Frage vorgelegt, ob das Unionsrecht, insbesondere das durch Art. 47 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantierte Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf, dahin auszulegen ist, dass es die nationalen Gerichte zum Erlass einer solchen Maßnahme ermächtigt oder sogar verpflichtet.

Der Gerichtshof hat entschieden, dass unter Umständen, die durch die beharrliche Weigerung einer nationalen Behörde gekennzeichnet sind, einer gerichtlichen Entscheidung nachzukommen, mit der ihr aufgegeben wird, eine klare, genaue und unbedingte Verpflichtung zu erfüllen, die sich aus dem Unionsrecht, etwa aus der Richtlinie 2008/50, ergibt, das zuständige nationale Gericht Zwangshaft gegen die Verantwortlichen des Freistaats Bayern zu verhängen hat, sofern zwei Voraussetzungen erfüllt sind. Zum einen muss es im innerstaatlichen Recht eine hinreichend zugängliche, präzise und in ihrer Anwendung vorhersehbare Rechtsgrundlage für den Erlass einer solchen Maßnahme geben. Zum anderen muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden.

Insoweit hat der Gerichtshof zunächst darauf hingewiesen, dass die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung des Unionsrechts zu gewährleisten haben, dass das sowohl in Art. 47 der Charta als auch, für den Umweltbereich, in Art. 9 Abs. 4 des Aarhus-Übereinkommens verankerte Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gewahrt ist. Dieses Recht ist umso bedeutsamer, als das Unterbleiben der von der Richtlinie 2008/50 vorgegebenen Maßnahmen die Gesundheit von Personen gefährden würde. Nationale Rechtsvorschriften, die zu einer Situation führen, in der das Urteil eines Gerichts wirkungslos bleibt, verletzen aber den Wesensgehalt dieses Rechts und nehmen ihm jede praktische Wirksamkeit. In einem solchen Fall muss das nationale Gericht sein nationales Recht so auslegen, dass es so weit wie möglich im Einklang mit den Zielen der genannten Bestimmungen steht; ist es dazu außerstande, muss es jede nationale Bestimmung unangewendet lassen, die dem unmittelbare Wirkung entfaltenden Unionsrecht entgegensteht.

Der Gerichtshof hat jedoch hinzugefügt, dass die Beachtung der letztgenannten Verpflichtung nicht dazu führen darf, dass ein anderes Grundrecht verletzt wird, und zwar das durch Art. 6 der Charta garantierte und durch die Zwangshaft eingeschränkte Recht auf Freiheit. Da das Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz kein absolutes Recht ist und nach Art. 52 Abs. 1 der Charta Einschränkungen unterliegen kann, ist eine Abwägung der in Rede stehenden Grundrechte vorzunehmen. Um den Anforderungen von Art. 52 Abs. 1 der Charta zu genügen, muss eine Rechtsvorschrift, die es einem Gericht gestattet, einer Person ihre Freiheit zu entziehen, zunächst hinreichend zugänglich, präzise und in ihrer Anwendung vorhersehbar sein, um jede Gefahr von Willkür zu vermeiden; dies zu beurteilen ist Sache des vorlegenden Gerichts. Überdies darf auf die Verhängung von Zwangshaft, da mit ihr ein Freiheitsentzug verbunden ist, aufgrund der Anforderungen, die sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergeben, nur zurückgegriffen werden, wenn es keine weniger einschneidende Maßnahme (wie z. B. mehrere hohe Geldbußen in kurzen Zeitabständen, die nicht letzten Endes dem Haushalt zufließen, aus dem sie stammen) gibt; auch dies hat das
vorlegende Gericht zu prüfen. Nur für den Fall, dass die mit der Verhängung von Zwangshaft verbundene Einschränkung des Rechts auf Freiheit diesen Voraussetzungen genügt, würde das Unionsrecht den Rückgriff auf eine solche Maßnahme nicht nur gestatten, sondern gebieten. Hinzu kommt, dass ein Verstoß gegen die Richtlinie 2008/50 vom Gerichtshof im Rahmen einer Vertragsverletzungsklage festgestellt werden und zur Haftung des Staates für die daraus resultierenden Schäden führen kann.


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VG Gelsenkirchen: Polizei darf Twitter aktiv nutzen - Tweets müssen Gebote der Sachlichkeit und Richtigkeit einhalten

VG Gelsenkirchen
Urteil vom 06.06.2019
18 K 16606/17


Das VG Gelsenkirchen hat entschieden, dass die Polizei Twitter aktiv nutzen darf. Die Tweets müssen dabei insbesondere die Gebote der Sachlichkeit und Richtigkeit einhalten.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Einstellung des beanstandeten Tweets war rechtmäßig und hat die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt.

Bei der Maßnahme handelt es sich um das Zugänglichmachen einer Information für die Öffentlichkeit, also um ein staatliches Informationshandeln. Auf dessen Zulässigkeit hat die Wahl des zeitgemäßen Mediums Twitter grundsätzlich keinen Einfluss. Eine Aufgabenzuweisung berechtigt zu staatlicher Informationstätigkeit im Rahmen der Wahrnehmung dieser Aufgabe, selbst wenn dadurch mittelbar-faktisch Grundrechtsbeeinträchtigungen herbeigeführt werden, ohne dass eine darüber hinausgehende Ermächtigungsgrundlage erforderlich ist,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 670/91 -, juris Rn 76.

Die Ermächtigung für den Beklagten zur Erteilung derartiger Informationen ergibt sich vorliegend aus der der Polizei zugewiesenen Aufgabe, Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Polizeigesetz NRW –PolG NRW–). Von der Gefahrenabwehr erfasst ist auch die Gefahrenvorsorge im Vorfeld konkreter Gefahren, um die Entstehung von Gefahren zu verhindern und eine wirksame Bekämpfung sich später realisierender Gefahren zu ermöglichen. Erst wenn sich die Maßnahme nach der Zielsetzung und ihren Wirkungen als Ersatz für eine staatliche Maßnahme darstellt, die als Grundrechteingriff im herkömmlichen Sinne zu qualifizieren ist, verlangt der Vorbehalt des Gesetzes eine besondere Ermächtigungsgrundlage

vgl. BVerfG Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 670/91 -, juris a.a.O.

In der Veröffentlichung des Textes in Verbindung mit der Bildaufnahme auf der Kommunikationsplattform Twitter liegt kein solches funktionales Äquivalent eines Eingriffs in ein Grundrecht der Klägerin

Aus den oben im Rahmen der Zulässigkeitserwägungen genannten Gründen kommt eine Beeinträchtigung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit aus Art. 8 GG mangels Vorliegen einer Versammlung bereits nicht in Betracht.

Die Klägerin ist auch nicht in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art 1 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung beeinträchtigt worden. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung schützt den Einzelnen gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe der auf ihn bezogenen individualisierten oder individualisierbaren Daten. Vorliegend ist der Text des verfahrensgegenständlichen Tweets derart unbestimmt und allgemein gehalten, dass er für sich genommen keinen Rückschluss auf konkrete Personen zulässt. Im Falle einer Bildaufnahme ist ein Eingriff mangels personenbezogener, individualisierbarer Daten ausgeschlossen, wenn sie die Identifizierung der betroffenen Person nicht ermöglicht,

BVerfG, Beschluss vom 12. August 2010 - 2 BvR 1447/10 -, juris, Rn 16f; Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages: Öffentlichkeitsarbeit von Polizeibehörden in sozialen Medien, WD 3 – 3000 – 157/17 v. 21. Juli 2015, S. 14.

Die Erkennbarkeit des Abgebildeten muss sich nicht zwingend aus der Abbildung als solcher ergeben. Es genügt, wenn begleitende Umstände die Erkennbarkeit zur Folge haben; insbesondere reicht es aus, wenn sich diese aus dem zum Bild gehörenden Text ergibt. Die Klägerin ist auf dem im Tweet eingebundenen Bild nicht erkennbar. Sowohl die von ihr eingereichten Fotos der Bildschirmansicht des Tweets wie auch der vergrößerte Bildausschnitt einer Person im weißen Regencape, bei der es sich nach dem Vortrag der Klägerin um sie selbst handelt, lassen keinen Schluss auf ihre Person zu. Sämtliche Fotos enthalten nur unscharfe Konturen; selbst durch das Heranzoomen sind weder Gesichtszüge noch sonstige nur der Klägerin zukommende Merkmale erkennbar geworden. Mit Sicherheit lässt sich nicht einmal bei dem vergrößerten Bildausschnitt sagen, ob es sich bei der durch einen roten Kreis gekennzeichneten Person um einen Mann oder eine Frau handelt. Allein durch schlichtes Fokussieren ist mithin keine Erkennbarkeit gegeben. Darauf, ob eine Individualisierung durch die abstrakte Möglichkeit einer technischen Bearbeitung des in den Tweet eingebundenen Fotos erfolgen kann, kommt es nicht an. Allein der unsubstantiierte Vortrag der Klägerin, sie sei von zahlreichen Personen auf den Tweet angesprochen worden, führt zu keiner anderen Beurteilung. Auch im Zusammenhang mit dem Text des Tweets ergeben sich keine Hinweise, die zu einer Individualisierung der Klägerin hätten führen können.

Aus dem oben Genannten ergibt sich zugleich, dass auch das vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art 2 Abs. 1 GG umfasste Recht am eigenen Bild der Klägerin mangels Erkennbarkeit ihrer Person nicht beeinträchtigt worden ist.

Die Einstellung des Tweets im sozialen Netzwerk Twitter verletzt auch keine sonstigen subjektiven Rechte der Klägerin.

Aufgrund der Aufgabenzuweisungsnorm in § 1 PolG NRW, die den Beklagten auch zur Gefahrenvorsorge ermächtigt, durfte er den streitgegenständlichen Tweet absetzen. Der Tweet wies auf den Stau am Gästeeingang hin und war als Form der schnellen und weitreichenden Kommunikation darauf gerichtet, insbesondere die wartenden Fans weiter hinten in der Schlange zu erreichen, um sie über die Umstände und die Ursachen der eingetretenen Stockung zu informieren. Die Aufklärung sollte dazu dienen, die Gästefans von einem Drängen nach vorne abzuhalten und dem Entstehen von Unruhe aufgrund der ungewissen Einlasssituation vorzubeugen. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin liegt auch kein Kompetenzverstoß vor. Die von ihr hierzu zur Begründung herangezogenen Vorschrift des § 43 Landesbeamtengesetz NRW regelt lediglich die Zuständigkeitsfrage bei Erteilung von Auskünften, etwa nach § 4 PresseG NRW, an die Öffentlichkeit. Im Übrigen ist vorliegend die Entscheidung über die Einstellung des Tweets unwidersprochen durch den zuständigen Pressesprecher der einsatzbegleitenden Einheit „Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“ des Beklagten getroffen worden.

Amtliche Äußerungen haben sich, auch wenn sie mangels Grundrechtseingriffs über die Aufgabenzuweisung hinaus keiner besonderen gesetzlichen Ermächtigung bedürfen, an den allgemeinen Grundsätzen für rechtsstaatliches Verhalten in der Ausprägung des Willkürverbots und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu orientieren. Daraus leiten sich die Gebote der Richtigkeit und Sachlichkeit ab,

vgl. BVerfG Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 558/91 -, 1 BvR 1438/91 -, juris Rn 59 ff; OVG NRW, Beschluss vom 23. April 2012 - 13 B 127/12 -, juris Rn 16.

Vorliegend ist ein Verstoß gegen die inhaltliche Richtigkeit nicht gegeben.

Der erste Teil des Textes „Stau am Gästeeingang, einige Fans haben sich Regencapes angezogen“ schildert die objektive Situation und gibt das tatsächliche Geschehen zutreffend wieder. Auch die weitere Information „um die Durchsuchung zu verhindern“ war aus Sicht der eingesetzten Beamten inhaltlich zutreffend. Der Beklagte musste und durfte berücksichtigen, dass das Fußballspiel als Risikospiel eingestuft war und ca. 400 sog. Problemfans der oberen Risikogruppen B (leicht erhöhtes Risiko) und ca. 120 Problemfans der Risikogruppe C (erhöhtes Risiko) der Gastmannschaft erwartet wurden. Zudem bestand die Gefahr des Einsatzes von Pyrotechnik durch Fans aus dem Gästelager. Dieser Hintergrund sowie die objektiven Gegebenheiten vor Ort ließen den Schluss auf das Vorliegen der benannten Absicht bei einigen Fans zu. Der Beklagte konnte sicher davon ausgehen, dass das Überziehen der Regencapes nicht dem Schutz vor Nässe dienen sollte, denn das Wetter war zum Zeitpunkt des Anziehens der Capes niederschlagsfrei. Dies wird durch die vom Beklagten vorgelegte Amtliche Auskunft des Deutschen Wetterdienstes vom 21. November 2017 bestätigt. Gegenteiliges hat die Klägerin für den maßgeblichen Zeitpunkt auch nicht vorgetragen. Aus der Tatsache, dass die Fans die Regencapes noch vor der Einlasskontrolle angezogen hatten, durfte der Beklagte darauf schließen, dass das Anlegen des Regenschutzes nicht lediglich der Durchführung einer Choreographie im Stadion, die im Übrigen nicht angemeldet war, dienen sollte. Wäre dies der einzige Zweck gewesen, hätte es ausgereicht, die Regencapes nach Passieren der Eingangskontrolle erst im Stadion überzuzuziehen. In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, ob die Aufforderung der Polizei an die Fans, die Capes abzulegen, vor oder - wie der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erstmals in der mündlichen Verhandlung behauptet hat - nach der Einstellung des streitgegenständlichen Tweets erfolgt ist. Ungeachtet der Frage, ob die diesbezügliche Lautsprecherdurchsage wirklich um 17.47 Uhr erfolgt ist, hatten die Fans die Regencapes jedenfalls auch um 17.55 Uhr noch nicht abgelegt. Denn ausweislich der Verwaltungsvorgänge wurde zu diesem Zeitpunkt eine polizeiliche Sperrlinie vor dem Gästeeingang gezogen, um das Weitergehen der mit Capes bekleideten Fans zu unterbinden. Die Polizei musste auch davon ausgehen, dass zumindest einige Fans die Capes dazu nutzen wollten, eine Durchsuchung zu behindern oder sogar zu verhindern. Die Regencapes waren undurchsichtig und ohne Öffnungsmöglichkeit, sodass Gegenstände wie z. B. pyrotechnische Mittel darunter leicht zu verbergen waren. Wirkungsvolle visuelle Vorkontrollen, die nach Angaben des Beklagten geplant waren, ließen sich nicht durchführen. Eine Durchsuchung und ein individuelles Abtasten der einzelnen Personen blieb zwar, wie die Klägerin geltend macht, möglich und wurde durch das Überziehen der Capes im Einzelfall nicht verhindert, sondern lediglich erschwert. Jedoch war es nahliegend, dass es wegen der nicht möglichen visuellen Vorbegutachtung und der Erschwerung der einzelnen Durchsuchungen zu erheblichen Verzögerungen kommen würde und möglicherweise nicht alle Personen würden überprüft werden können. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Einsatz von Pyrotechnik, der ins Stadion mitgeführt werden musste, erwartet wurde, lag der Schluss auf die Absicht zumindest einiger Fans, die Durchsuchung im Einzelfall zu verhindern, nahe.

Es liegt auch kein Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot vor. Eine behördliche Information darf auch bei zutreffendem Inhalt in der Form weder unsachlich noch herabsetzend formuliert sein und muss mit angemessener Zurückhaltung erfolgen,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 558/91, 1 BvR 1428/91 -, juris Rn 61.

Der Tweet enthält weder unsachliche Bestandteile oder Formulierungen, die die Fans diffamieren oder verächtlich machen sollen, noch suggestive Formulierungen, die darauf gerichtet sind, die Bürger hinsichtlich der Fans negativ zu beeinflussen. Bei objektiver Betrachtung kann das Wort „einige“ in diesem Zusammenhang nur die Bedeutung haben, dass von den auf dem Foto abgelichteten Personen nicht alle, sondern nur einige die genannte Absicht hatten. Gerade das Abstellen auf lediglich „einige Fans“ entspricht somit auch der gebotenen zurückhaltenden Formulierung."

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



VG Regensburg: Die Vorgaben der DSGVO stehen einer Fahrtenbuchauflage nicht entgegen

VG Regensburg
Urteil v. 17.04.2019
RN 3 K 19.267


Das VG Regensburg hat entschieden, dass die Vorgaben der DSGVO einer Fahrtenbuchauflage nicht entgegenstehen.

Aus den Entscheidungsgründen:

Dem kann der Kläger vorliegend jedenfalls nicht entgegenhalten, durch die Verordnung (EU) Nr. 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) vom 27. April 2016 an der Preisgabe des Namens der Fahrzeugführerin gehindert gewesen zu sein. Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) findet für die Ermittlungen der Polizei nämlich von vornherein wohl schon keine unmittelbare Anwendung oder es würde sich wenigstens um eine nach den Anforderungen der Datenschutz-Grundverordnung auch ohne Einwilligung der betreffenden Person gerechtfertigte Datenverarbeitung gehandelt haben:

a) Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. d DSGVO ist von deren sachlichem Anwendungsbereich die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung, einschließlich des Schutzes vor und der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit ausgenommen. Dabei ist der Begriff der Straftaten europarechtlich zu verstehen und er wird nicht nur die Straftaten im Sinne des deutschen Strafrechts umfassen, sondern weiter zu verstehen sein. Dies zeigt ein Blick auf die zeitgleich mit der Datenschutz-Grundverordnung erlassene Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zweck der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates. Diese Richtlinie hat den durch Art. 2 Abs. 2 Buchst. d DSGVO von der Anwendung der DSGVO ausgenommenen Bereich zum Gegenstand. In ihrem Erwägungsgrund 13 ist klargestellt, dass eine Straftat im Sinne der Richtlinie ein eigenständiger Begriff des Unionsrechts ist. Die Richtlinie (EU) 2016/680 wurde in Deutschland insbesondere durch Regelungen im Teil 3 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) vom 30. Juni 2017 in nationales Recht umgesetzt, dessen Anwendungsbereich nach § 45 Satz 1 BDSG die Ermittlung, Verfolgung, Ahndung und Vollstreckung von Ordnungswidrigkeiten ausdrücklich mit umfasst. Zu dieser Erstreckung des Anwendungsbereichs ist in der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 18/11325, S. 110) unter anderem ausgeführt:
„…; dies wird durch Erwägungsgrund 13 der Richtlinie (EU) 2016/680 unterstützt. Hierdurch wird insbesondere erreicht, dass die polizeiliche Datenverarbeitung einheitlichen Regeln folgt, unabhängig davon, ob eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit in Rede steht. Aus dem Ziel, dem Ordnungswidrigkeitenverfahren einheitliche datenschutzrechtliche Regeln gegenüberzustellen, folgt, dass somit auch in Bezug auf die Datenverarbeitung durch Behörden, die nicht Polizeibehörden sind, soweit sie aber Ordnungswidrigkeiten verfolgen, ahnden und vollstrecken, der Teil 3 des vorliegenden Gesetzes gilt und die Datenverarbeitung auch sonst Regeln folgen muss, welche die Richtlinie (EU) 2016/680 umsetzen.“

Eine dem § 45 BDSG entsprechende Regelung findet sich für die bayerischen Behörden in Art. 28 des Bayerischen Datenschutzgesetzes (BayDSG), der für diese die Regelungen zu Verarbeitungen im Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2016/680 auf die Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung, Verfolgung oder Ahndung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten einschließlich des Schutzes vor und der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit erstreckt. Hierzu heißt es in der einschlägigen Gesetzesbegründung (LT-Drs 17/19628, S. 47) unter anderem:
„Der Begriff der „Straftat“ ist gemäß Erwägungsgrund 13 DSGVO autonom im Sinne der Rechtsprechung des EuGH auszulegen und erfasst auch den nach dem deutschen Rechtsverständnis hiervon zu unterscheidenden Begriff der Ordnungswidrigkeiten.“

Wenn aber dem entsprechend davon auszugehen ist, dass der Bereich der Ermittlung, Verfolgung, Ahndung und Vollstreckung von Ordnungswidrigkeiten dem Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2016/680 unterfällt, wird dieser Bereich im Umkehrschluss und unter Berücksichtigung von Art. 2 Abs. 2 Buchst. d DSGVO gerade nicht unmittelbar dem in Art. 2 DSGVO bestimmten sachlichen Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung unterfallen.

b) Selbst soweit eine Anwendbarkeit der Datenschutz-Grundverordnung mittelbar, etwa über Art. 2 BayDSG, gegeben ist, wäre eine von der Polizei erfolgte Verarbeitung personenbezogener Daten durch deren Erhebung beim Kläger nach Art. 6 Abs. 1

Buchst. e DSGVO i.V.m. Art. 2 und 28 Abs. 2 Nr. 2 BayDSG auch ohne Einwilligung der betroffenen Person gerechtfertigt, da die Verarbeitung im Rahmen des Ordnungswidrigkeitenverfahrens insoweit für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde. Soweit für die darauf beruhende Herausgabe von personenbezogenen Daten durch den Kläger die Datenschutz-Grundverordnung wiederum anwendbar sein sollte, wäre er hierfür auch ohne Einwilligung der betroffenen Person nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. c DSGVO berechtigt gewesen, da dies zur Erfüllung seiner rechtlichen Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeughalters (vgl. zu dieser z.B. BVerwG B.v. 14.5.1997 - 3 B 28/97 - juris) erforderlich gewesen wäre.

Der Kläger konnte sich daher in Bezug auf das fragliche Ordnungswidrigkeitenverfahren gegenüber der ermittelnden Polizei also auch nicht auf die Datenschutz-Grundverordnung berufen, um sich

4. Auch dem präventiv angeordneten Führen eines Fahrtenbuches steht die Datenschutz-Grundverordnung nicht entgegen. Soweit diese trotz der Regelung in Art. 2 Abs. 2 Buchst. d DSGVO, die die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit vom Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung ausnimmt, etwa auch wegen Art. 2 BayDSG überhaupt anwendbar ist, ist auch insoweit eine entsprechende Verarbeitung der Daten der jeweiligen Fahrzeugführer wiederum über die vorgenannten Bestimmungen in Art. 6 Abs. 1 Buchst. c und e DSGVO auch ohne Einwilligung der betreffenden Personen gerechtfertigt.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BVerwG: Voten der Berichterstatter des Bundeskartellamts unterliegen dem Vertraulichkeitsschutz für Beratungen von Behörden nach dem Informationsfreiheitsgesetz

BVerwG
Urteil vom 09. 05.2019
7 C 34.17


Das BVerwG hat entschieden, dass die Voten der Berichterstatter des Bundeskartellamts dem Vertraulichkeitsschutz für Beratungen von Behörden nach dem Informationsfreiheitsgesetz unterliegen. Diese müssen daher nicht nach dem Informationsfreiheitsgesetz herausgegeben werden.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Voten der Berichterstatter des Bundeskartellamts vor Informationszugang geschützt

Vorbereitende Vermerke (Voten) der Berichterstatter von Beschlussabteilungen des Bundeskartellamts unterliegen dem Vertraulichkeitsschutz für Beratungen von Behörden nach dem Informationsfreiheitsgesetz. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.

Der Kläger ist ein Journalistenverband, der vom beklagten Bundeskartellamt Zugang zu Informationen begehrt, die die kartellrechtliche Beurteilung eines Fusionsvorhabens von zwei Zeitungsverlagen betrafen. Er verlangte u. a. Zugang zu dem Votum des Berichterstatters der zuständigen Beschlussabteilung. Widerspruch, Klage und Berufung gegen die ablehnende Entscheidung blieben ohne Erfolg.


Das Bundesverwaltungsgericht hat die hiergegen gerichtete Revision des Klägers zurückgewiesen. Ein Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen ist nach dem Informationsfreiheitsgesetz ausgeschlossen, wenn und solange die Beratungen von Behörden beeinträchtigt werden. Der vom Gesetz geschützte Beratungsprozess zeichnet sich durch einen offenen Meinungsaustausch aus, der durch Elemente der Besprechung, Beratschlagung und Abwägung geprägt ist. Der Prozess der Meinungsbildung wäre gefährdet, wenn das schriftliche Votum als Diskussionsbeitrag eines Mitglieds der Beschlussabteilung, die als Kollegialorgan entscheidet, gesondert der Öffentlichkeit zugänglich gemacht würde und der getroffenen Entscheidung gegenüber gestellt werden könnte.


Fußnote:
Informationsfreiheitsgesetz:


§ 1 Abs. 1 Satz 1:


Jeder hat nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen.


§ 3 Nr. 3 Buchst. b:


Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht, […] wenn und solange […] die Beratungen von Behörden beeinträchtigt werden.

Urteil vom 09. Mai 2019 - BVerwG 7 C 34.17 -

Vorinstanzen:

OVG Münster, 15 A 530/16 - Urteil vom 18. Oktober 2017 -

VG Köln, 13 K 5012/13 - Urteil vom 28. Januar 2016 -


OLG Zweibrücken: Behörde darf urheberrechtlich geschütztes Werk nach § 5 UrhG nur veröffentlichen wenn der Urheber der Aufnahme in ein amtliches Werk zugestimmt hat

OLG Zweibrücken
Urteil vom 28.02.2019
4 U 37/18


Das OLG Zweibrücken hat entschieden, dass eine Behörde ein urheberrechtlich geschütztes Werk (hier; Landkartenausschnitt) nach § 5 UrhG nur veröffentlichen darf, wenn der Urheber der Aufnahme in ein amtliches Werk zugestimmt hat.

Aus den Entscheidungsgründen:

Das verfahrensrechtlich bedenkenfreie und somit zulässige Rechtsmittel führt in der Sache zum Erfolg.

Der Klägerin steht als Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an der streitgegenständlichen Karte (§ 31 Abs. 3 UrhG) gegen die Beklagte ein (verschuldensunabhängiger) Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG zu, da diese sie in dem Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung des Werkes (§ 19 a UrhG) verletzt hat. Entgegen der Meinung des Landgerichts ist der Urheberrechtsschutz für die Klägerin im Streitfall nicht nach § 5 UrhG ausgeschlossen.

Im Einzelnen gilt dazu Folgendes:

1. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der streitgegenständliche Kartenausschnitt als Darstellung wissenschaftlich-technischer Art gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG Urheberrechtsschutz genießt; denn es handelt sich nach Darstellungsweise, Farbgebung und Beschriftung um eine persönliche geistige Schöpfung im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG (vgl. auch Cloos, WRP 2015, 35, 36). Die dahingehende Beurteilung durch das Erstgericht wird von der Beklagten im zweiten Rechtszug auch nicht in Zweifel gezogen.

2. In das der Klägerin exklusiv zugewiesene Nutzungsrecht zur öffentlichen Zugänglichmachung hat die Beklagte eingegriffen, indem sie den Kartenausschnitt ohne Zustimmung der Klägerin auf der von ihr betreuten Webseite der Stadt K... online gestellt hat. Das Tun der Beklagten war widerrechtlich, denn es lag dafür keine Einwilligung der Klägerin vor. Unstreitig standen die Parteien hierzu vor der Veröffentlichung im Internet nie in Kontakt, insbesondere fehlt es an jeder rechtsgeschäftlichen Grundlage für eine Einwilligung. Auf ein Verschulden der Beklagten hinsichtlich der Urheberrechtsverletzung kommt es für das mit der Klage verfolgte Unterlassungsbegehren nicht an.

3. Entgegen der rechtlichen Einschätzung des Landgerichts ist der urheberrechtliche Schutz für die Klägerin unter den tatsächlichen Umständen des vorliegenden Falles nicht nach § 5 Abs. 1 UrhG zu verneinen.

a) § 5 UrhG stellt amtliche Werke urheberrechtsfrei, um einem öffentlichen Informationsinteresse zu genügen. Die Vorschrift soll nicht nur der Publizität von Normsetzungen dienen, sondern auch ihre Auslegung und Anwendung durch Verwaltungsbehörden und Gerichte öffentlich zugänglich machen. Die Öffentlichkeit soll Äußerungen von Hoheitsträgern, die für deren Amtsausübung bedeutsam sind, zur Kenntnis nehmen können, ohne daran durch urheberrechtliche Befugnisse an Werken, die zu ihrer Abfassung benutzt worden sind, gehindert zu sein (von Ungern-Sternberg, GRUR 2008, 193, 195). Dies bedeutet, dass an Schöpfungen, die amtlichen und damit öffentlichkeitsrelevanten Zwecken dienen, von vornherein kein Urheberrecht entsteht, was im Übrigen auch urheberpersönlichkeitsrechtliche Befugnisse einschließt, so dass in diesen Fällen auch keine Verpflichtung zur Verfassernennung besteht (Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 6. Aufl., 2018, § 5 Rdnr. 1).

Die Rechtfertigung für diesen Eingriff in das von der Eigentumsgarantie des Art 14 Abs. 1 GG geschützte (BVerfG GRUR 2018, 829, 830 m.w.N.) Urheberrecht speist sich aus zwei Gedanken:

Zum Ersten muss ein allgemeines Bedürfnis dafür bestehen, dass nicht nur das „Amt“, sondern jedermann berechtigt sein soll, das amtliche Werk zu nutzen (Publizitätsinteresse; BeckOK UrhR/Ahlberg, UrhG 22. Edition, Stand: 20.04.2018, § 5 Rdnrn. 3).

Zum Zweiten erhält der regelmäßig im öffentlichen Dienst tätige Urheber für seine Leistung eine Besoldung dafür, dass er auch amtliche Werke verfasst bzw. mitverfasst (BeckOK UrhR aaO, § 5 Rdnr. 24). Die eigentumsbeschränkende Wirkung des § 5 UrhG lässt sich also (allgemein) aus dem Publizitätsinteresse der Öffentlichkeit und (individuell) mit dem Alimentierungsgedanken, der dem Urheberrecht insgesamt nicht fremd ist, erklären.

Auf dieser Grundlage ist der für § 5 Abs. 1 und Abs. 2 UrhG zentrale Begriff des „amtlichen Werks“ auszulegen, was vorliegend zu dem Ergebnis führt, dass ein solches nicht vorliegt. Denn bei der gebotenen engen Auslegung (BeckOK UrhR aaO § 5 Rdnr. 3) der Ausnahmevorschrift des § 5 UrhG kann von einem amtlichen Werk nur dann ausgegangen werden, wenn dieses Werk von vornherein hoheitlichen Zwecken zu dienen bestimmt war. Die Vorschrift rechtfertigt es hingegen nicht, Werke, die ursprünglich zu nicht amtlichen Zwecken erstellt wurden und demzufolge Urheberrechtsschutz genossen haben, zu amtlichen Äußerungen „umzuwidmen“ und auf diese Weise eine nachträgliche „Enteignung“ privater Urheber im Wege einer Art von vergütungsloser Zwangslizenz herbeizuführen.

Bereits ein (allgemeines) besonderes Publizitätsinteresse an dem streitgegenständlichen Kartenmaterial liegt nicht vor. Ein solches könnte sich insbesondere aus dem „regelnden“ Charakter eines Werkes ergeben. Das streitgegenständliche Kartenmaterial erfüllt diese Voraussetzung jedoch gerade nicht. Das besondere Informationsinteresse an Werken mit regelndem Charakter beruht gerade auf der Singularität dieser Werke (Regelungen), aus welcher sich das Publizitätsgebot speist. Diese Singularität haftet dem hier in Rede stehenden Material jedoch nicht an: Die Karte wäre ohne Weiteres (entgeltlich) auf dem Markt zu beschaffen gewesen.

Daneben trägt der von dem Landgericht gebilligte Rechtsstandpunkt der Beklagten auch dem der Vorschrift des § 5 UrhG zugrundeliegenden (individuellen) Alimentierungsgedanken, sei es als Besoldung öffentlich Bediensteter oder in Form einer privaten Urhebervergütung, nicht hinreichend Rechnung. Zwar kann die öffentliche Hand sich privater Schöpfer bedienen, um amtliche Werke zu erschaffen (von Ungern-Sternberg, GRUR 1977, 766, 768). Wie das Erstgericht insoweit zutreffend ausführt, richtet sich in diesen Fällen der amtliche Charakter eines Werks allein danach, ob sein Inhalt dem Amt zuzurechnen, also auf den Träger öffentlicher Gewalt zurückzuführen ist (BeckOK UrhR aaO § 5 Rdnr. 7). Vorliegend hat die Beklagte die Klägerin jedoch nicht beauftragt und sich ihrer somit auch nicht „bedient“; das streitgegenständliche Kartenmaterial (Werk) wurde ursprünglich nicht im öffentlichen Auftrag und nicht zu amtlichen, sondern zu gewerblichen Zwecken geschaffen. Das Vorgehen der Beklagten gleicht somit nicht einer „Beauftragung“, sondern liefe im Ergebnis darauf hinaus, einen privaten Anbieter wie die Klägerin dazu zu verpflichten, entgeltfrei Kartenmaterial zu erstellen und dies der öffentlichen Hand zur Verfügung zu stellen - unter Verzicht auf sämtliche urheberrechtlichen Befugnisse, einschließlich der persönlichkeitsrechtlichen.

Eine andere Beurteilung rechtfertigt sich auch nicht aus der von der Beklagten angeführten höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 6. Juli 2006, I ZR 175/03, BGHZ 168, 266 bis 276 „Vergaberichtlinien“). Die dort entschiedene Fallkonstellation unterscheidet sich von der hiesigen nämlich gerade dadurch, dass die Klägerin hoheitlich (von dem Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen) beauftragt worden war. Als Schöpfer des Materials, für welches im dortigen Fall Urheberrechtsschutz reklamiert wurde, kamen nur Staatsbedienstete in Betracht, weswegen der Bundesgerichtshof „ohne Weiteres“ davon ausging, dass dieser Personenkreis der Verwendung seiner Beiträge in amtlichen Verlautbarungen zugestimmt hatte. Folglich war der dem § 5 UrhG zugrundeliegende Besoldungsmechanismus gewahrt. So verhält es sich im hier zu entscheidenden Fall nicht.

Soweit die Beklagte sich darauf beruft, es sei „üblich“, auf private Dritte zurückzugreifen, ließe sich hiermit zwar die Schutzfreiheit von öffentlich in Auftrag gegebenen (und gegebenenfalls vergüteten) Werken privater Urheber rechtfertigen, nicht hingegen die „Veramtlichung“ von an und für sich urheberrechtlich geschütztem Material, welches gerade nicht für öffentliche Zwecke oder im Zusammenhang mit hoheitlichen Tätigkeiten geschaffen wurde.

§ 5 Abs. 1 und Abs. 2 UrhG gewähren nach der Rechtsüberzeugung des erkennenden Senates keine kostenfreie Zwangslizenz, sondern schränken das Eigentum unter Zugrundelegung des Besoldungs- bzw. Vergütungsgedankens ein. Dies wird im Übrigen auch durch die in Abs. 3 der Vorschrift enthaltene Regelung bestätigt: Denn dort ist für private Normwerke eine Art von Zwangslizenz vorgesehen - allerdings „zu angemessenen Bedingungen“ und damit (systemkonform) vergütungsabhängig.

b) Bei seiner vorstehend dargestellten rechtlichen Beurteilung sieht sich der Senat in Übereinstimmung mit den grundsätzlichen Erwägungen in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Juli 1998, 1 BvR 1143/90 (veröffentlicht u.a. in NJW 1999, 414 und in juris).

Dort wird ausgeführt (vgl. insbesondere Rdnrn. 23, 27 ff), dass die Vorschrift in § 5 UrhG eine verfassungsmäßige Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG darstellt, sofern es um den Ausschluss des urheberrechtlichen Schutzes für private Werke geht, die mit Zustimmung des Urhebers (Hervorhebung durch den Senat) in amtlichen Verlautbarungen Verwendung finden. Jedoch könne sowohl die Verpflichtung aus dem öffentlichen Dienstverhältnis wie das fehlende Eigeninteresse an einer Verwertung bei einem privaten Urheber nicht unterstellt werden. Das größere Gewicht der Individualinteressen bei Werken privater Verfasser könne auch nicht ohne Weiteres im Blick auf die hohe Bedeutung der Publizität amtlicher Werke durch Veröffentlichung und Verbreitung übergangen werden. Das Verfügungsrecht als Ausschließlichkeitsrecht stelle für den Urheber das Mittel dar, um mit dem Interessenten vor der Nutzung eine Vergütung aushandeln zu können. An eine Beschränkung dieses Rechts, wenn über das Verfügungsrecht hinaus auch das Verwendungsrecht eingeschränkt werden und die Benutzung ohne Vergütungsanspruch zugelassen werden solle, seien deshalb hohe Anforderungen zu stellen. Durch den Abdruck des Werkes eines privaten Urhebers als Teil einer amtlichen Verlautbarung im Sinne von § 5 UrhG gingen dem Urheber nicht nur das Verfügungs- und Verwertungsrecht hinsichtlich einzelner Nutzungen verloren; vielmehr genieße das Werk insgesamt gemäß § 5 Abs. 1 UrhG keinen urheberrechtlichen Schutz mehr. Dies sei mit Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG vereinbar, solange für den Abdruck die Zustimmung des privaten Urhebers verlangt werde (Hervorhebung durch den Senat). Denn damit werde die Entscheidung in seine Hand gelegt und ihm die Möglichkeit gegeben, eine angemessene Vergütung auszuhandeln (BVerfG aaO Rdnr. 32).

4. Die von der Beklagten sonach begangene Urheberrechtsverletzung indiziert die Wiederholungsgefahr. Hinzu kommt, dass sich die Beklagte zu ihrem Tun auch weiterhin als nach § 5 UrhG berechtigt ansieht.

Die Androhung von Ordnungsmitteln zusammen mit der Titulierung des Verbotes findet ihre Grundlage in § 890 Abs. 2 ZPO.

Da es sich bei der beklagten Verbandgemeinde um eine juristische Person des öffentlichen Rechts handelt, muss der Wille ihres gesetzlichen Vertreters gebeugt werden. Die Ordnungsmittel sind deshalb gegen den Bürgermeister der Beklagten (§ 47 Abs. 1 Satz 1 GemO Rheinland-Pfalz) anzudrohen. Eine Unterscheidung zwischen Ordnungsgeld und Ordnungshaft ist dabei nicht erforderlich; denn beide Ordnungsmittel werden zur Erreichung desselben Zwecks eingesetzt (Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 6. Aufl., § 888 ZPO Rdnr. 36 m.w.N.).

5. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat lässt gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Revision zu. Bei der Anwendung von § 5 Abs. 1 UrhG geht es um die Austarierung der Reichweite der Schutzsphäre des Urhebers auf der einen und des Allgemeininteresses an der Publizität von „amtlichen Werken“ auf der anderen Seite. Dabei hat die Frage, ob die Urheberrechtsfreiheit nach § 5 Abs. 1 UrhG für ein sogenanntes amtliches Werk auch dann eintritt, wenn der private Rechtehalter der Verwendung seines Werkes hierfür - wie im Streitfall - nicht zugestimmt hat, grundsätzliche Bedeutung und kann sich auch künftig in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen erneut stellen. Der Bundesgerichthof hat diese Rechtsfrage, soweit für den Senat ersichtlich, bislang nicht entschieden (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juli 2006, I ZR 175/03, Rdnr. 19).


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


VG Braunschweig: Bürger haben wegen Diesel-Affäre keinen Anspruch auf gewerbrechtliches Einschreiten der Stadt Wolfsburg gegen VW

VG Braunschweig
Entscheidung vom 25.06.2018
1 B 112/18


Das VG Braunschweig hat entschieden, dass Bürger wegen der Diesel-Affäre keinen Anspruch auf gewerbrechtliches Einschreiten der Stadt Wolfsburg gegen VW hat.

Die Pressemitteilung des Gerichts

Kein Anspruch auf gewerberechtliches Einschreiten gegen Volkswagen

Bürger können von der Stadt Wolfsburg nicht unter Berufung auf die sogenannte Diesel-Affäre verlangen, gewerberechtlich gegen die Volkswagen AG einzuschreiten und dem Unternehmen den Verkauf von Kraftfahrzeugen zu untersagen. Dies hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts in einem Eilverfahren entschieden.

Der in Potsdam wohnende Antragsteller hatte sich an das Gewerbeamt der Stadt Wolfsburg gewandt und beantragt, VW die Gewerbeausübung zu untersagen. Er machte unter anderem geltend, die Verantwortlichen des Unternehmens seien gewerberechtlich unzuverlässig; außerdem sei die Gewerbeuntersagung zum Schutz seiner Gesundheit erforderlich. Die Behörde hatte Maßnahmen abgelehnt und zur Begründung unter anderem mitgeteilt, sie wolle die strafrechtlichen Ermittlungen abwarten. Dass solche Ermittlungen eingeleitet seien, halte sie angesichts der Unschuldsvermutung nicht für ausreichend, um eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit anzunehmen und Maßnahmen gegen das Unternehmen zu treffen. Schließlich sei eine vollständige Gewerbeuntersagung nach derzeitigem Stand auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil sie erhebliche Arbeitslosigkeit und einen gesamtwirtschaftlichen Schaden mit sich brächte.

Den daraufhin vom Antragsteller beim Verwaltungsgericht gestellten Eilantrag gegen die Stadt Wolfsburg hat das Gericht als unzulässig abgelehnt. Zur Begründung führt die Kammer im Wesentlichen aus: Über einen Eilantrag dürfe das Verwaltungsgericht nach den allgemein geltenden prozessrechtlichen Regelungen nur dann inhaltlich entscheiden, wenn die Möglichkeit bestehe, dass der Antragsteller durch die Maßnahme einer Behörde in eigenen Rechten verletzt ist. Diese Voraussetzung sei hier nicht erfüllt. Die Regelungen der Gewerbeordnung über die Gewerbeuntersagung gäben dem Antragsteller keine eigenen Rechte; sie schützten nach ständiger Rechtsprechung nur die Allgemeinheit und die im Betrieb beschäftigten Personen. Der Antragsteller könne sich auch nicht auf sein Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz) berufen. Dass seine Gesundheit konkret bedroht wäre, sei bereits nicht dargetan. Im Übrigen habe der Staat einen weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum bei der Beantwortung der Frage, wie er seine Schutzpflichten aus diesem Grundrecht erfülle. Der Gesetzgeber sei möglichen Gesundheitsgefahren, die auf den Ausstoß von Schadstoffen zurückzuführen seien, bereits auf vielfältige Weise begegnet. Das Gericht verweist dazu auf die staatlichen Vorschriften über den zulässigen Schadstoffausstoß sowie vielfältige staatliche Aktivitäten, auch des Kraftfahrt-Bundesamtes, im Zuge der sog. Diesel-Affäre. Dass diese Vorkehrungen evident gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, sei nicht ersichtlich. Die Kammer hatte die Volkswagen AG zu dem Verfahren beigeladen.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts ist am 25. Juni ohne Verhandlung ergangen. Er wurde den Verfahrensbeteiligten inzwischen zugestellt. Gegen den Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg gegeben.

Beim Verwaltungsgericht ist noch das Hauptsacheverfahren (Klageverfahren) anhängig. Wann es in diesem Verfahren zu einer Verhandlung kommen wird, ist gegenwärtig noch nicht abzusehen.

(Aktenzeichen: 1 B 112/18; Hauptsacheverfahren: 1 A 111/18)




BGH: Schmerzensgeld-Anspruch auch bei rechtmäßigen Behördenmaßnahmen und Polizeieinsätzen möglich

BGH
Urteil vom 07.09.2017
III ZR 71/17


Der BGH hat entschieden, dass ein Schmerzensgeld-Anspruch auch bei rechtmäßigen Behördenmaßnahmen und Polizeieinsätzen bestehen kann.

Die Pressemitteilung des BGH:

Schmerzensgeld auch für Verletzungen bei rechtmäßigen Behördenmaßnahmen möglich

Der für das Recht der öffentlich-rechtlichen Ersatzleistungen zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Anspruch auf Entschädigung für hoheitliche Eingriffe in Leben, körperliche Unversehrtheit oder Freiheit (sog. Aufopferung) auch einen Schmerzensgeldanspruch umfasst.

Sachverhalt:

Der Kläger verlangt Schadensersatz wegen einer Verletzung, die er bei einem Polizeieinsatz erlitt.

Am 23. Oktober 2010 wurde aus einem fahrenden PKW ein Schuss auf ein Döner-Restaurant in einem hessischen Ort abgegeben. Im Zuge der darauf eingeleiteten Fahndungsmaßnahmen entdeckte eine Polizeistreife auf einem Tankstellengelände das mutmaßliche Tatfahrzeug. Der Kläger befand sich zusammen mit einem Mitarbeiter im Verkaufsraum der Tankstelle. Weil auch die grobe Personenbeschreibung der Täter auf den Kläger und seinen Begleiter passte, gingen die Polizeibeamten davon aus, dass es sich bei ihnen um die Tatverdächtigen handele. Nachdem eine weitere Streifenwagenbesatzung zur Verstärkung eingetroffen war, liefen die Polizeibeamten in den Tankstellenverkaufsraum. Da sie vermuteten, der Kläger und dessen Mitarbeiter führten eine Schusswaffe mit sich, forderten sie zur Eigensicherung beide auf, die Hände hoch zu nehmen, brachten sie zu Boden und legten ihnen Handschellen an. Dabei erlitt der Kläger eine Schulterverletzung. Es stellte sich alsbald heraus, dass er und sein Mitarbeiter mit der Schussabgabe nichts zu tun hatten. Darauf wurden ihnen die Handfesseln abgenommen. Der Kläger verlangt Ersatz des aufgrund der Verletzung erlittenen Vermögensschadens und ein Schmerzensgeld.

Prozessverlauf:

Die Vorinstanzen haben angenommen, die Polizeibeamten hätten angesichts der Sachlage, die sich ihnen dargeboten habe, zwar rechtmäßig unmittelbaren Zwang zur Durchsetzung einer Identitätsfeststellung gemäß § 163b Abs. 1 StPO* angewendet. Jedoch habe der Kläger einen Entschädigungsanspruch aus Aufopferung. Auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haben das Land- und das Oberlandesgericht allerdings nur einen Ausgleich für den erlittenen materiellen Schaden zuerkannt. Die Schmerzensforderung haben sie für unbegründet gehalten.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der III. Zivilsenat hat unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung darauf erkannt, dass der Entschädigungsanspruch aus Aufopferung auch den Ausgleich immaterieller Schäden, mithin auch ein Schmerzensgeld, umfasst.

Der Senat hat in seiner früheren "Grundentscheidung" vom 13. Februar 1956 (III ZR 175/54, BGHZ 20, 61, 68 ff) ausgeführt, aus der Gesamtbetrachtung der Rechtsordnung ergebe sich, dass Ersatz für immaterielle Schäden grundsätzlich nicht geschuldet werde. Nur in jeweils ausnahmsweise ausdrücklich gesetzlich normierten Fällen gebe es einen Ersatzanspruch auch für Nichtvermögensschäden. Eine entsprechende Bestimmung fehle für den allgemeinen Aufopferungsanspruch, der sich gewohnheitsrechtlich aus §§ 74**, 75*** der Einleitung des Allgemeinen Landrechts für die Preußischen Staaten vom 1. Juni 1794 entwickelt habe.

Der Senat hat in seinem jetzigen Urteil ausgeführt, von einem Willen des Gesetzgebers, die Ersatzpflicht bei Eingriffen in immaterielle Rechtsgüter grundsätzlich auf daraus folgende Vermögensschäden zu beschränken, könne nicht mehr ausgegangen werden. Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl. I S. 2674) und der hierdurch bewirkten Ausweitung des Schmerzensgeldanspruchs infolge der Änderung des § 253 BGB habe der Gesetzgeber den Grundsatz, auf den der Senat sein Urteil vom 13. Februar 1956 gestützt habe, verlassen. Dies ergebe sich auch aus der Änderung der Vorschriften über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen im Jahr 1971, nach denen für zu Unrecht erlittene Haft eine Entschädigung auch für Nichtvermögensschäden gewährt werde. Zudem habe mittlerweile eine Vielzahl von Bundesländern Bestimmungen eingeführt, nach denen Ersatz auch des immateriellen Schadens bei Verletzung des Körpers oder der Gesundheit infolge präventiv-polizeilicher Maßnahmen geschuldet werde.

§ 163b Abs. 1 StPO

Ist jemand einer Straftat verdächtig, so können die Staatsanwaltschaft und die Beamten des Polizeidienstes die zur Feststellung seiner Identität erforderlichen Maßnahmen treffen; § 163a Abs. 4 Satz 1 gilt entsprechend. Der Verdächtige darf festgehalten werden, wenn die Identität sonst nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen von Satz 2 sind auch die Durchsuchung der Person des Verdächtigen und der von ihm mitgeführten Sachen sowie die Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen zulässig.

§ 74 EinlALR

Einzelne Rechte und Vortheile der Mitglieder des Staats müssen den Rechten und Pflichten zur Beförderung des gemeinschaftlichen Wohls, wenn zwischen beyden ein wirklicher Widerspruch (Collision) eintritt, nachstehen.

§ 75 EinlALR

Dagegen ist der Staat denjenigen, welche seine besonderen Rechte und Vortheile dem Wohle des gemeinen Wesens aufzuopfern genöthigt wird, zu entschädigen gehalten.

Vorinstanzen:

LG Wiesbaden - Urteil vom 26. November 2014 – 5 O 109/13

OLG Frankfurt am Main - Urteil vom 26. Januar 2017 – 1 U 31/15



EuGH: Werden personenbezogene Daten zwischen zwei Verwaltungsbehörden übermittelt müssen die Betroffenen zuvor davon unterrichtet werden

EuGH
Urteil vom 01.10.2015
C-201/14


Der EuGH hat entschieden, dass wenn personenbezogene Daten zwischen zwei Verwaltungsbehörden zum Zwecke der Verarbeitung übermittelt werden, die Betroffenen zuvor davon unterrichtet werden müssen.

Die Pressemitteilung des EuGH:

"Werden personenbezogene Daten zwecks Verarbeitung zwischen zwei Verwaltungsbehörden eines Mitgliedstaats übermittelt, müssen die betroffenen Personen zuvor davon unterrichtet werden

Die Datenschutzrichtlinie regelt die Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einer Datei gespeichert sind oder gespeichert werden sollen.

Die Kläger des Ausgangsverfahrens, Frau Smaranda Bara und mehrere andere rumänische Staatsangehörige, sind selbständig tätig. Die rumänische Steuerverwaltung übermittelte die von ihnen erklärten Einkünfte der Nationalen Kasse der Krankenversicherungen, die daraufhin die Zahlung rückständiger Krankenversicherungsbeiträge verlangte.

Die Kläger rügen bei der Curtea de Apel Cluj (Berufungsgericht Cluj, Rumänien), dass diese Übermittlung gegen die Richtlinie verstoße. Ihre Daten seien zu anderen Zwecken als denen, zu denen sie ursprünglich der Steuerverwaltung mitgeteilt worden seien, und ohne ihre vorherige Unterrichtung verwendet worden.

Das rumänische Recht gestattet es öffentlichen Einrichtungen, den Krankenkassen personenbezogene Daten zu übermitteln, damit diese die Versicherteneigenschaft der betroffenen Personen feststellen können. Diese Daten betreffen die Personalien (Vor- und Zuname sowie Anschrift), schließen aber keine Informationen über die erzielten Einkünfte ein.

In diesem Kontext möchte die Curtea de Apel Cluj vom Gerichtshof wissen, ob es gegen das Unionsrecht verstößt, wenn eine Verwaltungsbehörde eines Mitgliedstaats personenbezogene Daten zu ihrer anschließenden Verarbeitung an eine andere Verwaltungsbehörde übermittelt, ohne dass die betroffenen Personen von der Übermittlung und der Verarbeitung unterrichtet wurden. In seinem heutigen Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass das Erfordernis, personenbezogene Daten nach Treu und Glauben zu verarbeiten, eine Verwaltungsbehörde verpflichtet, die betroffenen Personen davon zu unterrichten, dass ihre Daten einer anderen Verwaltungsbehörde übermittelt werden, um von dieser in ihrer Eigenschaft als deren Empfänger verarbeitet zu werden. Die Richtlinie verlangt ausdrücklich, dass eventuelle Beschränkungen der Informationspflicht durch Rechtsvorschriften vorgenommen werden.

Das rumänische Gesetz, das vorsieht, dass den Krankenkassen die personenbezogenen Daten kostenfrei übermittelt werden, stellt keine vorherige Unterrichtung dar, die es ermöglichen würde, den für die Verarbeitung Verantwortlichen von seiner Pflicht zu entbinden, die Personen zu unterrichten, bei denen er die Daten erhebt. Dieses Gesetz legt nämlich weder die übermittlungsfähigen Informationen noch die Übermittlungsmodalitäten fest; diese sind lediglich in einem bilateralen Protokoll enthalten, das zwischen der Steuerverwaltung und der Krankenkasse geschlossen wurde.

Hinsichtlich der anschließenden Verarbeitung der übermittelten Daten sieht die Richtlinie vor, dass der für die Verarbeitung Verantwortliche den betroffenen Personen seine eigene Identität, die Zweckbestimmungen der Verarbeitung sowie weitere Informationen mitteilt, die notwendig sind, um eine Verarbeitung der Daten nach Treu und Glauben zu gewährleisten. Zu diesen weiteren Informationen gehören die Datenkategorien, die verarbeitet werden, sowie das Bestehen von Auskunfts- und Berichtigungsrechten.

Der Gerichtshof weist darauf hin, dass die Verarbeitung der von der Steuerverwaltung übermittelten Daten durch die Krankenkasse voraussetzte, dass die betroffenen Personen über die Zweckbestimmungen der Verarbeitung sowie über die verarbeiteten Datenkategorien unterrichtet werden. Im vorliegenden Fall ist keine solche Unterrichtung durch die Krankenkasse erfolgt.

Der Gerichtshof gelangt daher zu dem Ergebnis, dass das Unionsrecht einer ohne vorherige Unterrichtung der betroffenen Personen erfolgenden Übermittlung personenbezogener Daten zwischen zwei Verwaltungsbehörden eines Mitgliedstaats zwecks Verarbeitung entgegensteht.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


VG Berlin: Journalisten haben auch bei früherer Antragsstellung keinen Anspruch auf bevorzugte Informationserteilung - hier: Antrag auf Archivauskunft beim Bundeskanzleramt

VG Berlin
Urteil vom 12.03.2015
27 K 183/12


Das VG Berlin hat entschieden, dass Journalisten auch bei früherer Antragsstellung (hier: Antrag auf Archivauskunft beim Bundeskanzleramt) keinen Anspruch auf bevorzugte bzw. schnellere Informationserteilung haben.

Die Pressemitteilung des VG Berlin:

"Journalisten können nicht allein wegen einer frühzeitigeren Antragstellung verlangen, bevorzugt vor der Konkurrenz informiert zu werden. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden.

Der Kläger, Reporter eines großen Boulevardblattes, wandte sich dagegen, dass das Bundeskanzleramt dem Journalisten einer anderen Zeitschrift zeitgleich mit ihm erbetene Archivauskünfte erteilt hat. Er machte geltend, dass er früher als dieser die Auskunft beantragt habe und daher vor seinem Konkurrenten hätte informiert werden müssen. Die parallele Information berühre seine Recherche und seine wirtschaftlichen Interessen.

Das Bundeskanzleramt verteidigte seine Praxis. Betreffe die Prüfung von Unterlagen mehrere Auskunftsbegehren zum selben Aktenbestand, gewähre es den verschiedenen Antragsstellern parallel und damit zeitgleich die Informationen, wenn und soweit die Anträge gleichzeitig bescheidungsreif seien.

Die 27. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin hat das Vorgehen der Behörde in diesem Fall als rechtmäßig bestätigt. Für den Staat bestehe gegenüber den Trägern der Pressefreiheit eine Neutralitätspflicht. Wegen des Verbotes der Einflussnahme auf Inhalt und Gestaltung einzelner Presseerzeugnisse sei es staatlichen Stellen verboten, zwischen einzelnen Trägern der Pressefreiheit bei der Entscheidung über Zeitpunkt, Inhalt und Umfang zu erteilender Informationen zu differenzieren und damit gezielt einen Aktualitätsvorsprung zu gewähren. Der Kläger, der seinen Antrag früher gestellt habe als sein Konkurrent, habe tatsächlich zahlreiche Dokumente früher als dieser erhalten. Erst zu einem späteren Zeitpunkt seien Dokumente zeitgleich herausgegeben worden. Es entspreche den Grundsätzen der Effizienz und Effektivität des Verwaltungsverfahrens, wenn über Anträge, die gleichzeitig entscheidungsreif seien, gleichzeitig entschieden werde. Das Risiko paralleler Recherche und des Verlustes der Exklusivität einer Recherche liege in der Sphäre der Presse.

Gegen das Urteil kann der Antrag auf Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gestellt werden.

Urteil der 27. Kammer vom 12. März 2015 (VG 27 K 183.12)"



EU-Verordnung über Meldepflicht für die Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten tritt am 25.08.2013 in Kraft.

Am Sonntag, den 25.08.2013 tritt die Meldepflicht bei Datenschutzverstößen durch die Verordnung (EU) Nr. 611/2013 der Kommission vom 24. Juni 2013 über die Maßnahmen für die Benachrichtigung von Verletzungen des Schutzes personenbezogener Daten in Kraft. Betreiber öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste sind nunmehr verpflichtet, Verletzungen des Schutzes personenbezogener Daten den nationalen Behörden zu melden sowie ggf. auch die betroffenen Personen zu informieren.

Den vollständigen Verordnungstext finden Sie hier:


"EU-Verordnung über Meldepflicht für die Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten tritt am 25.08.2013 in Kraft." vollständig lesen

BVerwG: Journalisten haben Auskunftsanspruch gegen Bundesbehörden unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (Pressefreiheit)

BVerwG
Urteil vom 20.02.2013
6 A 2.12


Das BVerwG hat völlig zu Recht entschieden, dass Journalisten auch gegen Bundesbehörden einen Auskunftsanspruch haben. Dies folgt - so das Gericht - unmittelbar aus der Pressefreiheit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Der Bundesnachrichtendienst hatte die Anfrage eines Journalisten verweigert und darauf verwiesen, dass die landesrechtlichen Pressegesetze, die einen entsprechenden Anspruch vorsehen, nicht auf Bundesbehörden anzuwenden seien. Die Klage auf Auskunftserteilung wurde dennoch abgewiesen.Das BVerwG führt aus, dass sich der Auskunftsanspruch sich nur auf Informationen bezieht, die bei der auskunftspflichtigen Behörde aktuell vorhanden sind und dies vorliegend nicht der Fall sei.

Die Pressemitteilung des BVerwG finden Sie hier:

"BVerwG: Journalisten haben Auskunftsanspruch gegen Bundesbehörden unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (Pressefreiheit)" vollständig lesen

OLG Frankfurt: Störerhaftung der DENIC für sich aufdrängende Namensrechtsverletzungen - regierung-oberbayern.de

OLG Frankfurt
Urteil vom 17.06.2010
16 U 239/09
regierung-oberbayern.de


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die DENIC eG bei einer sich aufdrängenden Namensrechtsverletzung verpflichtet ist, die Registrierung zu löschen. In den Entscheidungsgründen heißt es dazu:

"Die Beklagte ist jedoch wegen Vorliegens einer eindeutigen, sich aufdrängenden Namensrechtsverletzung zur Löschung der Domainregistrierungen verpflichtet. [...] Bei den vorliegenden Namen wird jedoch bereits durch die Bezeichnung "Regierung" in Verbindung mit dem Zusatz allgemein bekannter geographischer Regionen deutlich, dass der Name allein einer staatlichen Stelle zugeordnet sein kann, sie weist damit auch einen Sachbearbeiter der Beklagten, der über keine namensrechtlichen Kenntnisse verfügt, eindeutig auf einen bestimmten Namensträger hin, der allein als Rechtsinhaber in Betracht kommen kann, während gleichnamige Dritte, die ebenfalls zur Registrierung des Domainnamens berechtigt sind, nicht existieren können. "