Das OLG Köln hat entschieden, dass die Berichterstattung in der Bild Zeitung und bei Bild-Online über Kardinal Woelki teilweise unzulässig war.
Die Pressemitteilung des Gerichts: Urteilsverkündung in den Berufungsverfahren 15 U 120/22 und 15 U 131/22
Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hat am heutigen Tag in den vorbezeichneten Verfahren entschieden und insoweit unter teilweiser Abänderung der landgerichtlichen Entscheidungen den Beklagten das Verbreiten bzw. Verbreiten lassen einzelner Äußerungen untersagt.
Im Verfahren 15 U 120/22 verlangt der Kläger, Kardinal der römisch-katholischen Kirche und Erzbischof von Köln, von der Beklagten zu 1 als Betreiberin eines Online-Portals und dem Beklagten zu 2, dem Chefreporter des Portals, die Unterlassung von fünf Äußerungen aus einem Artikel sowie der Äußerung aus einem Kommentar, die sich mit der vom Kläger ausgesprochenen Beförderung eines Priesters befassen.
Das Landgericht Köln hat der Klage mit Urteil vom 18. Mai 2022 antragsgemäß stattgegeben (Az. 28 O 276/21, abrufbar über die Datenbank NRWE). Auf die dagegen seitens der Beklagten eingelegte Berufung hin hat der Senat die Entscheidung des Landgerichts dahingehend abgeändert, dass es die Beklagten in Bezug auf vier von sechs angegriffenen Äußerungen zu unterlassen haben, diese zu verbreiten oder verbreiten zu lassen; im Übrigen ist die Klage abgewiesen worden. Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt, die sechs angegriffenen Äußerungen berührten den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers. In Bezug auf vier der sechs Äußerungen liege auch ein rechtswidriger Eingriff vor; im Rahmen der gebotenen Abwägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers mit dem Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit überwiege das Schutzinteresse des Klägers die schutzwürdigen Belange der anderen Seite. Dies sei hinsichtlich der zwei weiteren Äußerungen nicht der Fall. Im Einzelnen:
Als unwahre Tatsachenbehauptungen unzulässig seien die Äußerungen, der Priester habe "der Polizei 2001 sexuelle Handlungen mit einem Minderjährigen gestanden" beziehungsweise er habe "bei polizeilicher Vernehmung […] Sex mit dem obdachlosen und minderjährigen Prostituierten gestanden". Sie seien deshalb unwahr, weil ein unbefangener und verständiger Leser sie nur so verstehen könne, dass der Priester gegenüber der Polizei Angaben zur Minderjährigkeit seines Sexualpartners gemacht habe, was tatsächlich im Rahmen seiner (alleinigen) Vernehmung als Zeuge - nicht als Beschuldigter - nicht der Fall gewesen sei. Die Beklagte habe zudem die Leser zur Vermeidung einer fehlerhaften Vorstellung darüber aufklären müssen, dass das von dem Priester gegenüber der Polizei eingeräumte - zum damaligen Zeitpunkt nach staatlichem Recht unzweifelhaft nicht strafbare - Verhalten nicht Gegenstand eines staatlichen Ermittlungsverfahrens gewesen sei.
Unzulässig sei auch die Äußerung "obwohl dieser zuvor Kindesmissbrauch gestanden hat". Es handele sich um eine irreführende Meinungsäußerung mit einem unwahren Tatsachenkern. Namentlich sei im Rahmen der Zeugenvernehmung des Priesters, wie ausgeführt, die Minderjährigkeit von dessen Sexualpartner überhaupt nicht zur Sprache gekommen.
Auch die Äußerung "Ungeachtet dessen befördert […] diesen Sexualstraftäter nur zwei Jahre später […]." enthalte mit der Bezeichnung des Priesters als "Sexualstraftäter" im Zusammenhang mit dessen im Artikel angegebenen angeblichen Äußerungen bei der Polizei, er habe Sex bzw. sexuelle Handlungen mit einem Minderjährigen bzw. Kindesmissbrauch gestanden, eine weitere irreführende und in Ermangelung einer Erläuterung ebenfalls unzulässige Meinungsäußerung. Sie verstärke die Gefahr eines fehlerhaften Verständnisses dahingehend, dass die staatlichen Ermittlungsbehörden gegen diesen ermittelt hätten.
Um zulässige Meinungsäußerungen handele es sich dagegen bei der von dem Kläger angegriffenen Artikelüberschrift "Obwohl er von den Vorwürfen wusste - Kardinal Woelki beförderte Missbrauchs-Priester" und bei der angegriffenen Äußerung aus dem Kommentar "Kardinal Woelki, der Erzbischof von Köln, hat einen Missbrauchspriester befördert". Zwar enthielten diese eine scharfe und zugespitzte Kritik an der Amtsführung des Kardinals. Diese Kritik müsse sich der Kläger als Träger eines hohen kirchlichen Amtes aber u.a. im Lichte der breiten öffentlichen Diskussion um sein Verhalten im Zusammenhang mit der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche gefallen lassen.
Die Bezeichnung des Priesters als "Missbrauchs-Priester" sei - jedenfalls im Verhältnis der Beklagten zum Kläger - rechtmäßig. Die Frage, ob ein Verhalten als Missbrauch anzusehen sei, unterliege der rechtlichen oder moralischen Bewertung. Mangels Vorliegens eines unwahren tatsächlichen Bestandteils stehe den Beklagten die Bewertung als Missbrauch frei mit der Konsequenz, dass sie den Priester dementsprechend in einer zugespitzten Wertung als "Missbrauchs-Priester" bezeichnen könne. Bei der Äußerung, der Kläger habe "von den Vorwürfen" gewusst, handele es sich auf der Grundlage des diesbezüglichen Parteivortrags ebenfalls um eine auf Tatsachen fußende Schlussfolgerung auf das Vorliegen einer inneren Tatsache.
Auch in dem Verfahren 15 U 131/22 streiten die Parteien um die Zulässigkeit verschiedener Äußerungen. Das Landgericht Köln hat der Klage antragsgemäß mit Urteil vom 8. Juni 2022 stattgegeben (Az. 28 O 295/21, abrufbar über die Datenbank NRWE). Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hat auf die Berufung der Beklagten das angegriffene Urteil teilweise abgeändert. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, ein Unterlassungsanspruch bestehe hinsichtlich einzelner der vom Kläger angegriffenen Äußerungen. Im Einzelnen:
Abgesehen von einem Äußerungsteil, der von dem titulierten Verbot auszunehmen sei, habe das Landgericht zu Recht angenommen, dass dem Kläger ein Unterlassungsanspruch zustehe bezüglich der - in Artikeln mit der Überschrift "Die Vertuschungs-‚Mafia‘ im Erzbistum Köln" und "VERTUSCHUNGS-‚MAFIA‘ im Erzbistum Köln" veröffentlichten - Äußerungen "DIESER bislang geheim gehaltene Bericht aus dem Giftschrank des Erzbistums Köln" und "wo er bis heute liegt".
Diese Äußerungen beträfen den Kläger; aus den Überschriften und dem weiteren Text der beiden Artikel ergebe sich, dass das fragliche Dokument - der in dem Artikel genannte Bericht eines anonymen Insiders - dem Kläger seit dem Jahr 2015 bekannt gewesen sei. Die angegriffenen Äußerungen seien auch geeignet, sich abträglich auf das Ansehen des Klägers als Träger eines hohen kirchlichen Amtes auszuwirken. Denn dem Leser werde die Schlussfolgerung nahe gelegt, er habe die Aufklärung der Vorwürfe, die in dem angeblich geheim gehaltenen Dokument erhoben beziehungsweise wiedergegeben werden, nicht beziehungsweise nicht ernsthaft betrieben. Die Äußerungen seien als unzulässige Meinungsäußerungen mit einem unwahren, jedenfalls aber nicht erweislich wahren Tatsachenkern einzuordnen.
Dazu hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt, in den Äußerungen vermengten sich tatsächliche und wertende Elemente in der Weise, dass die Äußerungen insgesamt noch als Werturteil anzusehen seien. Bei derartigen Äußerungen falle bei der Abwägung der Wahrheitsgehalt der tatsächlichen Bestandteile ins Gewicht; ausgehend davon trete hier das Grundrecht der Meinungsfreiheit hinter den Schutzinteressen des von der Äußerung Betroffenen zurück. Denn nach dem bewiesenen Vortrag des Klägers sei davon auszugehen, dass das von den Beklagten in Bezug genommene Dokument, nachdem es zuvor auch anderen Anwälten zur Kenntnis gebracht worden sein soll, im Jahr 2020 an die mit der Erstellung eines Missbrauchsgutachtens beauftragte Kanzlei übergeben worden sei. Eine andere Beurteilung ergebe sich aber auch dann nicht, wenn man von einem Tatsachenkern mit ungeklärtem Wahrheitsgehalt ausgehen wolle. Nach den im Verfahren maßgeblichen Tatsachenfeststellungen im landgerichtlichen Urteil sei im Übrigen davon auszugehen, dass die Kanzlei den Auftrag gehabt habe, die gesichteten Dokumente, sofern zur Verfolgung konkreter Strafverdachtsmomente als notwendig erachtet, an die Staatsanwaltschaft weiterzuleiten. Der mit der Weitergabe der Informationen an eine solche Stelle verbundene Kontrollverlust sei mit der Annahme, die Informationen seien weiterhin geheim gehalten worden, auch unter Berücksichtigung erheblicher Wertungsspielräume nicht mehr vereinbar. Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang einen weiteren, den damaligen Generalvikar betreffenden Äußerungsteil untersagt habe, sei dieser dagegen auszunehmen. Dieser sei äußerungsrechtlich in Bezug auf den Kläger nicht zu beanstanden.
Hinsichtlich weiterer verfahrensgegenständlicher Äußerungen sei bereits der Schutzbereich des Persönlichkeitsrechts des Klägers nicht berührt, da diese ihn entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht beträfen. Dies gelte u.a. für die Überschrift "Die Vertuschungs-Mafia im Erzbistum Köln". Dazu hat der Senat unter näherer Darlegung ausgeführt, die Überschrift dürfe nicht isoliert von dem dazugehörigen Zeitungsbericht betrachtet werden.
Der im Übrigen angegriffene Äußerungsteil "bringt Kardinal Woelki (64) in Erklärungsnot" betreffe zwar den Kläger, diesen müsse er indes hinnehmen. Es handele sich dabei um eine zulässige Bewertung der Umstände, dass der Kläger das Schreiben nicht zum Anlass genommen habe, von einer Beförderung abzusehen, und dass er auf Anfrage der Beklagten zu diesem Vorgang Stellung genommen habe.
In beiden Verfahren ist die Revision vom Senat nicht zugelassen worden.
BGH
Urteil vom 08.112022 VI ZR 22/21
BGB § 823, § 1004 Abs. 1 Satz 2; KUG § 22, § 23 Abs. 1 Nr. 1
Der BGH hat entschieden, das die Bildberichterstattung über einen Bundespolizisten bei einem Einsatz mit einem unverpixelten Foto nach Abwägung aller Umstände zulässig sein kein.
Leitsatz des BGH:
Zur Zulässigkeit einer Bildberichterstattung über einen Bundespolizisten, der bei einem Einsatz anlässlich eines Neonazifestivals Aufnäher an seiner Uniform trug.
BGH, Urteil vom 8. November 2022 - VI ZR 22/21 - OLG Naumburg - LG Dessau-Roßlau
Aus den Entscheidungsgründen:
b) Nach diesen Maßstäben stellt das unverpixelte Foto des Klägers in den im Wesentlichen gleichlautenden Artikeln auf www.bild.de und www.bz-berlin.de mit der Überschrift "Aufregung um Polizisten-Abzeichen bei Neonazi-Treffen" ein Bildnis der Zeitgeschichte dar. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die im Rahmen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vorzunehmende Abwägung hier zugunsten der Beklagten ausfällt. aa) Das portraitähnliche Foto zeigt den Kläger mit unverpixeltem und halb ins Profil gedrehtem Kopf ohne Kopfbedeckung. Er trägt eine Sonnenbrille; sein
Gesicht mit Ausnahme seiner Augen ist gut zu erkennen. Aufgrund des portraitartigen Charakters des Bildes kann er im Kollegen- und Bekanntenkreis identifiziert werden. Er steht vor einem Einsatzfahrzeug der Polizei in Uniform. Zu sehen ist nur der Oberkörper. Auf seiner Schutzweste ist in Brusthöhe der Schriftzug "POLIZEI" zu lesen. Unter diesem Schriftzug sind zwei Aufnäher zu erkennen.
Der eine zeigt ein Schwert mit nach unten zeigender Spitze und einem auf der Klinge des Schwertes unterhalb des Griffs angebrachten Schild mit rotem Kreuz. Rechts und links der Klinge sind Flügel mit Federn zu sehen. Über dem Schwert steht in Großbuchstaben "RECTE FACIENDO NEMINEM TIMEAS", übersetzt: "Tue Recht und scheue niemand". Auf dem zweiten Aufnäher ist ein griechisches Omega zu sehen. Das Rund des griechischen Buchstabens umschließt einen Spartanerhelm mit zwei gekreuzten Schwertern. Unterhalb des Buchstabens steht "ΜΟΛΟΝ ΛΑΒΕ" (Molon Labe), übersetzt: "Komm und hol sie dir"
Für den unvoreingenommenen und verständigen Leser (vgl. Senatsurteile vom 27. April 2021 - VI ZR 166/19, AfP 2021, 336 Rn. 11; vom 17. Mai 2022 - VI ZR 141/21, juris Rn. 29; jeweils mwN) wirft die Bildberichterstattung im Gesamtzusammenhang die offene Frage auf, ob der Kläger mit der rechten Szene
sympathisiert. Mit diesem Informationsgehalt beeinträchtigt die angegriffene Berichterstattung das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers zusätzlich in seinen Ausprägungen des Schutzes der Berufsehre und der sozialen Anerkennung (vgl. dazu Senatsurteile vom 27. September 2016 - VI ZR 250/13, NJW 2017, 482 Rn. 17, 31; vom 26. Januar 2021 - VI ZR 437/19, VersR 2021, 856 Rn. 18).
bb) Den Berichterstattungen kommt erheblicher Informationswert zu. Der Artikel befasst sich bereits in seinem ersten Absatz, in dem der Inhalt des Tweets der Initiative "Rechts rockt nicht!" erläutert wird, auch mit der Problematik, inwieweit Polizisten mit rechtsnationalen oder gar rechtsradikalen Gruppierungen sympathisieren. Anders als die Revision meint, beschäftigt er sich nicht nur damit, welche Bedeutung die vom Kläger getragenen Aufnäher haben könnten und ob diese Abzeichen an der Uniform erlaubt gewesen seien.
[...]
(1) Das Bild des Klägers mit dem Text des Tweets der Initiative "Rechts rockt nicht!" illustriert die sachlich gehaltene Textberichterstattung der Beklagten zu der Thematik, dass ein Bundespolizist bei einem dienstlichen Einsatz anlässlich eines Neonazifestivals am 22. Juni 2019 zwei fragwürdige Aufnäher an der
Uniform getragen habe. Der Kläger hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts eingeräumt, dass einzelne auf den Aufnähern zu erkennende Elemente in der rechten Szene Verwendung finden. Er hat nur bestritten, dass die beiden Aufnäher in ihrer Gesamtheit in diesen Kreisen benutzt würden. Da die Berichterstattung gerade nicht die Tatsachenbehauptung aufstellt, die vom Kläger auf dem Bild getragenen Aufnäher würden in ihrer Gesamtheit in der rechten Szene verwendet, musste das Berufungsgericht dieser Frage nicht nachgehen. Es musste auch die vom Kläger behauptete teils religiöse Bedeutung der Aufnäher nicht weiter aufklären. Schließlich konnte offen bleiben, ob der Spruch "Molon Labe", wie im Artikel behauptet und vom Kläger bestritten, tatsächlich auch von "Waffen-Fans in den USA" genutzt wird. Selbst wenn sich diese Tatsachenbehauptung als falsch herausstellen sollte, änderte dies am Aussagegehalt des Artikels in Bezug auf den Kläger, der eingeräumt hat, dass jedenfalls einzelne Elemente der beiden Aufnäher in der rechten Szene Verwendung finden, nichts Entscheidendes.
Das OLG Köln hat entschieden, dass die öffentliche Wiedergabe bzw. das Restreamen der "Berliner Runde" des ZDF durch ein Medienunternehmen über 13 Minuten weder eine zulässige Berichterstattung über Tagesereignisse nach § 50 UrhG darstellt noch vom Zitatrecht nach § 51 UrhG gedeckt ist.
Die Pressemitteilung des Gerichts: Rechtmäßigkeit der Weitersendung und öffentlichen Zugänglichmachung einer Funksendung Wahlberichterstattung über die Bundestagswahl – "Berliner Runde"
Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hat im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahren die 13 minütige Live-Weitersendung der Funksendung "Berliner Runde" bzw. deren öffentliche Zugänglichmachung durch die Antragsgegnerinnen als urheberrechtswidrig beurteilt und insoweit die vorangegangenen Entscheidungen des Landgerichts Köln bestätigt. Die Sendung betrifft die Berichterstattung über die Bundestagswahl am 26. September 2021.
Die Antragstellerin ist eine gebührenfinanzierte, öffentlich - rechtliche Rundfunkanstalt in der Bundesrepublik Deutschland, die unterschiedliche mediale Angebote betreibt, darunter das bundesweit ausgestrahlte Fernsehprogramm ZDF. Die Antragsgegnerin zu 1 ist ein bundesdeutsches Medienunternehmen und als solches hundertprozentiges Tochterunternehmen der Antragsgegnerin zu 3, die ihrerseits ein großes europäisches Verlagshaus und Alleingesellschafterin der Antragsgegnerin zu 2 ist. Gegenstand der Antragsgegnerin zu 2 ist die Entwicklung, Erstellung, Verbreitung und Vermarktung von Multimedia-Inhalten auf unterschiedlichen Medienplattformen.
Am Tag der Bundestagswahl strahlte die Antragstellerin im Rahmen ihres Fernsehprogramms u.a. die Wahlberichterstattung "Berliner Runde" aus, welche zwischen 20:15 und 21:15 Uhr gesendet wurde. Die ersten 13 Minuten der Sendung wurden auf dem von der Antragsgegnerin zu 1 betriebenen Fernsehsender zeitgleich zwischen 20:15 und 20:28 Uhr gezeigt und im Internet unter der URL https://www.[...] sowie über YouTube unter der URL https://www.youtube.com/[...] bereitgehalten.
Mit einstweiliger Verfügung vom 22. Oktober 2021 hatte das erstinstanzlich zuständige Landgericht Köln der Antragsgegnerin zu 1 verboten, Ausschnitte der Funksendung "Berliner Runde" der Antragstellerin ohne Zustimmung der Berechtigten zu senden und/oder senden zu lassen. Den Antragsgegnerinnen zu 2 und 3 hatte das Landgericht verboten, Ausschnitte der bezeichneten Funksendung ohne Zustimmung der Berechtigten öffentlich zugänglich zu machen und/oder öffentlich zugänglich machen zu lassen (Az. 14 O 354/21 [...]). Auf den gegen den Beschluss gerichteten Widerspruch der Antragsgegnerinnen hin hatte das Landgericht die einstweilige Verfügung mit am 3. März 2022 verkündeten Urteil (Az. 14 O 354/21 [...]) bestätigt.
Die dagegen gerichtete Berufung der Antragsgegnerinnen hat der Senat nun mit am 21. Oktober 2022 verkündeten Urteil zurückgewiesen. Mit dem Landgericht hat er namentlich einen Unterlassungsanspruch der Antragstellerin aus §§ 97, 87 Abs. 1 UrhG bejaht. Die Antragsgegnerinnen haben - so der Senat - in die Rechte der Antragstellerin eingegriffen. Dies betreffe zunächst das Recht der Weitersendung; auch im Lichte an dem Sendesignal vorgenommener optischer Änderungen und eingeblendeter inhaltlicher Ergänzungen liege eine Weitersendung durch die Antragsgegnerin zu 1 vor. Seitens der Antragsgegnerinnen zu 2 und 3 sei ein Eingriff in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung hinsichtlich des Senderechts der Antragstellerin erfolgt. Die Eingriffe seien auch rechtswidrig, namentlich führten die Schrankenregelung der Berichterstattung über Tagesereignisse (§ 50 UrhG) und das Zitatrecht (§ 51 UrhG) zu keinem anderen Ergebnis. Die Berichterstattung der Antragsgegnerinnen betreffe schon nicht ein im Laufe eines Tagesereignisses wahrnehmbar gewordenes Werk, zudem habe sich der von der Antragstellerin beanstandete Eingriff in das Recht des Sendeunternehmens nicht in einem durch ihren Zweck gebotenen Umfang gehalten. Die Berichterstattung sei gemäß § 50 UrhG nur dann privilegiert, wenn sie verhältnismäßig sei; hieran fehle es, da die 13-minütige Weitersendung auch unter Berücksichtigung des hohen Informationsinteresses der Öffentlichkeit nicht erforderlich gewesen sei. Vielmehr hätten ohne Verfehlung des Informationszwecks auch einzelne pointierte Aussagen der Politiker dargestellt werden können, auch wenn hierfür ein gewisser zeitlicher Versatz notwendig gewesen wäre. Das Zitatrecht nach § 51 UrhG streite nicht für die Antragstellerin, da der Umfang der Darstellung vom Zitatzweck nicht umfasst sei.
Das Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 21. Oktober 2022 - Az.: 6 U 61/22 - ist rechtskräftig.
Das Kammergericht hat entschieden, dass die zeitgleiche Ausstrahlung der ARD-Wahlsendung zur Bundestagswahl 2021 durch BILD LIVE anlässlich der Bundestagswahl 2021 weder eine zulässige Berichterstattung über Tagesereignisse noch von Zitatrecht gedeckt und somit rechtswidrig war.
Der BGH hat entschieden, dass die Berichterstattung über die Liebesbeziehung eines Comedians mit einer Sex-Bloggerin jedenfalls dann zulässig ist, wenn diese bei Instagram gemeinsame Urlaubsfotos veröffentlich haben.
Leitsatz des BGH:
Zur Zulässigkeit einer Berichterstattung, die über eine Liebesbeziehung spekuliert (Fortführung und Abgrenzung Senat, Urteil vom 2. Mai 2017 - VI ZR 262/16, NJW-RR 2017, 1516).
BGH, Urteil vom 2. August 2022 - VI ZR 26/21 - KG Berlin - LG Berlin
Das LG Köln hat den Klagen des Kardinals Woelki gegen die Bild Zeitung bzw. Bild Online teilweise stattgegegben.
Die Pressemitteilung des Gerichts: Landgericht Köln hat in zwei Urteilen über die Berichterstattung der Bildzeitung über Kardinal Woelki entschieden
Das Landgericht Köln hat heute zwei Urteile verkündet: In dem einen wurde die Berichterstattung in der online Ausgabe der Bildzeitung als unzulässig untersagt. Ein weiterer Artikel durfte so erscheinen.
Der Kardinal der römisch-katholischen Kirche und Erzbischof von Köln, Rainer Maria Woelki, wehrt sich gegen die Berichterstattung der Bildzeitung in insgesamt fünf Verfahren, denen zum Teil bereits einstweilige Verfügungen vorausgegangen sind. Es geht um die Berichterstattung der Bildzeitung über den sog. „Woelki-Skandal“, den sog. „Missbrauchs- und Vertuschungsskandal“ in der katholischen Kirche sowie über die Beförderung eines Priesters und dessen Vergangenheit.
In dem einen heute verkündeten Urteil (28 O 276/21) hat die Kammer unter Vorsitz von Dr. Dirk Eßer da Silva dem Verlag untersagt, in zwei am 27.04.2021 in der Online Ausgabe der Bildzeitung veröffentlichten Artikeln mit den Überschriften: „Kardinal Woelki beförderte Missbrauchs-Priester“ und „Stoppen Sie den Kardinal!“ konkrete Behauptungen zu veröffentlichen. Dies verstoße gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers.
Die Bildzeitung dürfe u.a. nicht berichten: „Ungeachtet dessen beförderte Woelki diesen Sexualstraftäter nur zwei Jahre später zum VizeStadtdechanten von Düsseldorf.“ Diese Meinungsäußerung mit Tatsachenkern sei unzutreffend, weil der Priester keine nach dem Strafgesetzbuch strafbare Tat begangen habe. Der Durchschnittsleser verstehe diese Äußerung auch nicht so, dass es sich um einen Verstoß nur gegen das Kirchenrecht handele.
Auch die Äußerung, Kardinal Woelki habe einen Priester befördert, obwohl dieser zuvor einen Kindesmissbrauch gestanden habe, sei unzulässig, weil dies in mehrfacher Hinsicht nicht den Tatsachen entspreche. Es habe sich in diesem Zusammenhang nicht um ein Kind gehandelt, sondern um einen Jugendlichen, mit dem es zu einvernehmlichen sexuellen Handlungen ohne gegenseitige Berührungen gekommen sei. Es sei nicht sicher, ob dem Priester die Minderjährigkeit zu diesem Zeitpunkt bewusst gewesen sei. Der Priester dürfe aus diesen Gründen auch nicht als „Missbrauchs-Priester“ bezeichnet werden. Daher komme es auch nicht mehr darauf an, ob Kardinal Woelki selbst von diesem Vorfall Kenntnis gehabt habe.
In dem weiteren heute verkündeten Urteil (28 O 279/21) haben die Richter der Pressekammer die Klage des Kardinal Woelki abgewiesen. Der beklagte Verlag durfte den Artikel mit der Überschrift: „Wegen Woelki-Skandal – Treten ALLE deutschen Bischöfe zurück?“ so in ihrem Online-Portal bild.de am 28.06.2021 veröffentlichen. Der Leser verstehe nämlich die Angaben in dem konkreten Artikel nicht so, dass allein und ausschließlich wegen des „Woelki-Skandals“ alle deutschen Bischöfe gegenüber dem Papst ihren Rücktritt anbieten. Der Leser verstehe den „Woelki-Skandal“ als mitursächlich. Aus dem weiterem
Artikel ergebe sich zweifellos, dass allgemein der „Vertuschungs- und Missbrauchsskandal“ in der katholischen Kirche und auch Verfehlungen anderer Mitglieder der katholischen Kirche Hintergrund dieser Überlegungen sei.
Die Bezeichnung als „Woelki-Skandal“ sei eine zulässige Bewertung des Sachverhalts, dass in der katholischen Kirche, u.a. vom Papst selbst, offen kommuniziert wurde, dass Kardinal Woelki in der Herangehensweise an die Frage der Aufarbeitung, vor allem auf der Ebene der Kommunikation, große Fehler gemacht habe. Die Äußerung „Missbrauchs- und Vertuschungsskandal“ stelle dabei ebenfalls eine zulässige Wertung dar. Es sei unstreitig, dass es in der katholischen Kirche einen Missbrauchsskandal gebe. Auch sei dieser vertuscht worden. Dies stehe aufgrund der unstreitigen Tatsache fest, dass ein Gutachten dazu nicht veröffentlicht worden sei.
Es liege in diesem Artikel auch keine Verdachtsberichterstattung, zu dem der Kardinal hätte zuvor angehört werden müssen. Es sei für den Kläger nicht ehrenrührig, wenn ein Geschehen vorliege, dass zulässigerweise als „Woelki-Skandal“, bzw. als „Missbrauchs- und Vertuschungsskandal“ bewertet werden dürfe und aufgrund dessen ein Rücktritt aller deutschen Bischöfe diskutiert werde.
Es besteht die Möglichkeit, gegen die Urteile beim Oberlandesgericht Köln Berufung einzulegen.
Weitere Entscheidungen in den noch anhängigen Verfahren vor der 28. Zivilkammer werden am 08.06.2022 und am 22.06.2022 verkündet.
Das LG Berlin hat entschieden, dass die zeitgleiche Übernahme der ARD Wahlprognose und Hochrechnung durch BILD LIVE weder eine zulässige Berichterstattung über Tagesereignisse nach § 50 UrhG noch vom Zitatrecht nach § 51 UrhG gedeckt war. Die zeitversetze Ausstrahlung eines Politikerinterviews war nach Ansicht des Gerichts nach § 50 UrhG zulässig.
Die Pressemitteilung des Gerichts:
Landgericht Berlin: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen Ausstrahlung von ARD-Wahlberichterstattung vom 26. September 2021 auch im Fernsehsender BILD LIVE teilweise erfolgreich
Die Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin hat heute über einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung verhandelt, der von neun Rundfunksendeanstalten der ARD (Antragstellerinnen) eingereicht worden war und sich gegen drei Gesellschaften eines privaten Medienkonzerns (Antragsgegnerinnen) richtet.
Die Antragstellerinnen halten die Übernahme von Ausschnitten aus ihrer am 26. September 2021 ausgestrahlten Wahlberichterstattung in das Fernsehprogramm von „BILD LIVE“, welches von den Antragsgegnerinnen betrieben und verantwortet wird, für unzulässig. Sie machen daher Ansprüche auf Unterlassung gegen die Antragsgegnerinnen geltend, die teilweise auf die Verletzung urheberrechtlicher Leistungsschutzrechte, teilweise auf die Verletzung des wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutzes gestützt wird.
Die Kammer hat dem Antrag in ihrem am Schluss der Sitzung verkündeten Urteil teilweise stattgegeben und ihn im Übrigen zurückgewiesen. Sie sah in der zeitgleichen Übernahme eines Ausschnittes aus dem Programm der Antragstellerinnen, der die Prognose und die erste Hochrechnung enthielt, in das Programm von „BILD LIVE“ eine Verletzung der Leistungsschutzrechte, die § 87 UrhG Sendeunternehmen gewährt. Die Übernahme sei nicht unter dem Gesichtspunkt einer Berichterstattung über Tagesereignisse (§ 50 UrhG) und auch nicht als urheberrechtlich zulässiges Zitat (§ 51 UrhG) gerechtfertigt gewesen.
Im Übrigen sah die Kammer die Antragstellerinnen durch das angegriffene Verhalten der Antragsgegnerinnen nicht als in ihren Rechten verletzt an. Dies betrifft zum einen das aus der Wahlberichterstattung der Antragstellerinnen zeitversetzt übernommene Interview mit dem CDU-Generalsekretär. Denn insoweit hielt die Kammer die Übernahme durch die Antragsgegnerinnen im Zusammenhang mit ihrer Berichterstattung über den Ausgang der Wahl gemäß § 50 UrhG für gerechtfertigt. Zum anderen sah die Kammer die von den Antragstellerinnen geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Ansprüche nicht als gegeben an, weil diese im konkreten Fall nicht als Mitbewerber i. S. d. Wettbewerbsrechts (UWG) und damit nicht als anspruchsbefugt angesehen werden könnten.
Die Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin hat in der heutigen mündlichen Verhandlung die Sach- und Rechtslage mit den Parteien erörtert, am Schluss der heutigen Sitzung aber nur den Tenor des Urteils verkündet. Wegen der Einzelheiten der Gründe für diese Entscheidung müssen daher die schriftlichen Urteilsgründe abgewartet werden, die noch nicht vorliegen.
Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig; es kann dagegen Berufung beim Kammergericht innerhalb von einem Monat nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe eingelegt werden.
Landgericht Berlin: Urteil vom 9. Dezember 2021, Aktenzeichen: 16 O 297/21
Leitsätze des BGH:
a) Das Berufungsgericht ist bei der Überprüfung eines erstinstanzlichen Grundurteils auch dann befugt, über den Betrag des Klageanspruchs zu entscheiden, wenn es das Grundurteil nicht beanstandet und der Streit über den Betrag zur Entscheidung reif ist. Hierfür bedarf es weder einer Anschlussberufung des Klägers noch einer Zustimmung der Parteien noch einer Wiederholung des erstinstanzlichen Sachantrags des Klägers.
b) Die Nutzung des Bildnisses einer prominenten Person im Internet als "Clickbait" ("Klickköder") ohne redaktionellen Bezug zu dieser greift in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt ihres Rechts am eigenen Bild ein.
c) Eine prominente Person muss nicht hinnehmen, dass ihr Bildnis von der Presse unentgeltlich zur Werbung für redaktionelle Beiträge eingesetzt wird, die sie nicht betreffen.
BGH, Urteil vom 21. Januar 2021 - I ZR 120/19 - OLG Köln - LG Köln
Ein Foto, das eine prominente Person zeigt und von einem breiten Publikum als Symbolbild (hier: für eine Kreuzfahrt) angesehen wird, darf - selbst in einem redaktionellen Kontext - nicht schrankenlos zur Bebilderung eines Presseartikels (hier: über ein Gewinnspiel, dessen Hauptgewinn eine Kreuzfahrt ist) genutzt werden. Der Symbolcharakter des Fotos ist vielmehr in die nach §§ 22, 23 KUG vorzunehmende umfassende Abwägung der widerstreitenden Interessen einzustellen.
BGH, Urteil vom 21. Januar 2021 - I ZR 207/19 - OLG Köln - LG Köln
1. Die Veröffentlichung eines Fotos auf einer Fanpage bei Facebook, auf dem Personen identifizierbar sind, stellt eine Verarbeitung personenbezogener Daten dar, die einer Legitimation nach datenschutzrechtlichen Vorschriften bedarf.
2. Kann das Ziel einer Datenverarbeitung auch durch die Veröffentlichung anonymisierter Daten erreicht werden, ist eine unanonymisierte Veröffentlichung nicht erforderlich.
3. Bei einem auf einer Fanpage bei Facebook veröffentlichten Foto, auf dem Personen identifizierbar sind, die in die Veröffentlichung nicht eingewilligt haben, ist im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO zugunsten der betroffenen Personen u.a. zu berücksichtigen, dass eine solche Veröffentlichung aufgrund bestehender Missbrauchsmöglichkeiten sowie aufgrund der großen Reichweite derartiger Netzwerke mit erheblichen Risiken verbunden ist.
4. Art. 21 GG, § 1 ParteienG stellen keine spezifischen Rechtsgrundlagen zur Verarbeitung personenbezogener Daten i.S.v. Art. 6 Abs. 1 lit. e, Abs. 2 und Abs. 3 DS-GVO dar.
5. Zur Frage, wann eine Datenverarbeitung zur journalistischen Zwecken i.S.d. Art. 85 Abs. 2 DS-GVO vorliegt.
Aus den Entscheidungsgründen:
"Rechtsgrundlage der Verwarnung der Beklagten vom 9. Januar 2019 ist Art. 58 Abs. 2 lit. b der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, Abl. Nr. L 119, S. 1, im Folgenden: DS-GVO). Nach dieser Vorschrift hat die Aufsichtsbehörde gemäß Art. 51 DS-GVO die Befugnis, einen Verantwortlichen zu verwarnen, wenn er mit Verarbeitungsvorgängen gegen die Datenschutz-Grundverordnung verstoßen hat. Vorliegend stellt die vom Kläger vorgenommene Veröffentlichung des streitgegenständlichen Fotos auf seiner Fanpage bei Facebook am 17. September 2018 eine Verarbeitung personenbezogener Daten dar, die nicht nach Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 DS-GVO gerechtfertigt war und damit gegen die Datenschutz-Grundverordnung verstoßen hat.
Bei der Veröffentlichung des streitgegenständlichen Fotos durch den Kläger auf seiner Fanpage bei Facebook handelt es sich um eine Verarbeitung personenbezogener Daten der abgebildeten Personen i.S.d. Art. 2 Abs. 1, Art. 4 Nrn. 1 und 2 DS-GVO. Als Betreiber der Fanpage bei Facebook ist der Kläger für die streitgegenständliche Datenverarbeitung gemeinsam mit Facebook Verantwortlicher i.S.d. Art. 4 Nr. 7 DS-GVO (vgl. EuGH, Urt. v. 5.6.2018 - C 210/16 -, juris, Leits. 1 bei juris und Rn. 30 ff.; BVerwG, Urt. v. 11.9.2019 - 6 C 15/18 -, juris, Rn. 21). Nach Art. 6 Abs. 1 DS-GVO ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der insgesamt sechs im Einzelnen in lit. a bis lit. f dieser Vorschrift aufgeführten Voraussetzungen erfüllt ist. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Veröffentlichung des streitgegenständlichen Fotos auf der Fanpage des Klägers bei Facebook nicht nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO gerechtfertigt war (dazu unter a)). Entgegen dem Zulassungsvorbringen des Klägers kann er sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die streitgegenständliche Veröffentlichung nach Art. 6 Abs. 1 lit. e DS-GVO i.V.m. Art. 21 GG, § 1 ParteienG (dazu unter b)) oder nach §§ 22, 23 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (Kunsturhebergesetz - KUG -, dazu unter c)) zulässig war.
a) Gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO ist eine Verarbeitung rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine zentrale Abwägungsnorm in der Datenschutz-Grundverordnung (vgl. Albers/Veit, in: Wolff/Brink, BeckOK Datenschutzrecht, Stand: 1.5.2020, Art. 6 DS-GVO, Rn. 45 f.; Schulz, in: Gola, DS-GVO, 2. Aufl. 2018, Art. 6, Rn. 56; Buchner/Petri, in: Kühling/Buchner, DS-GVO/BDSG, 3. Aufl. 2020, Art. 6 DS-GVO, Rn. 141).
aa) Unter dem Begriff der berechtigten Interessen i.S.d. Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO sind „die vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person“ (siehe Erwägungsgrund 47 DS-GVO), also sämtliche rechtlichen, wirtschaftlichen oder ideellen Interessen zu verstehen (vgl. Albers/Veit, in: Wolff/Brink, a.a.O., Art. 6 DS-GVO, Rn. 48 f.; Schulz, in: Gola, a.a.O., Art. 6, Rn. 57; Frenzel, in: Paal/Pauly, DS-GVO/BDSG, 3. Aufl. 2021, Art. 6 DS-GVO, Rn. 28). Vorliegend diente die Veröffentlichung des streitgegenständlichen Fotos auf der Fanpage bei Facebook dazu, über die parteipolitischen Aktivitäten des Klägers und ihre Erfolge zu informieren und damit - jedenfalls mittelbar - auch an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken. Dieses Anliegen stellt ein berechtigtes Interesse i.S.d. Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO dar.
bb) Die Veröffentlichung des streitgegenständlichen Fotos war jedoch nicht erforderlich i.S.d. Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO. Der in der Datenschutz-Grundverordnung nicht gesondert definierte Begriff der Erforderlichkeit ist unter Berücksichtigung von Erwägungsgrund 39 Satz 9 DS-GVO dahingehend auszulegen, dass die Erforderlichkeit zu bejahen ist, wenn der Zweck der Verarbeitung nicht in zumutbarer Weise durch andere Mittel erreicht werden kann (vgl. Frenzel, in: Paal/Pauly, a.a.O., Art. 6 DS-GVO, Rn. 29; Buchner/Petri, in: Kühling/Buchner, a.a.O., Art. 6 DS-GVO, Rn. 147 a). Im Gegensatz zu den weit auszulegenden „berechtigten Interessen“ ist der Begriff der Erforderlichkeit eng auszulegen (Buchner/Petri, in: Kühling/Buchner, a.a.O., Art. 6 DS-GVO, Rn. 147 a; Schantz, in: Simitis/Hornung/Spiecker, Datenschutzrecht, 1. Aufl. 2019, Art. 6 Abs. 1 DS-GVO, Rn. 100, jeweils m.w.N.). Zur Bejahung der Erforderlichkeit reicht somit weder eine bloße Zweckdienlichkeit oder eine bestmögliche Effizienz der Datenverarbeitung, noch kann die Erforderlichkeit allein damit begründet werden, dass es sich bei der beabsichtigten Datenverarbeitung um die aus Sicht des Verantwortlichen wirtschaftlich sinnvollste Alternative handelt (vgl. Buchner/Petri, in: Kühling/Buchner, a.a.O., Art. 6 DS-GVO, Rn. 147 a, m.w.N.). Kann das Ziel einer Datenverarbeitung auch durch die Verarbeitung anonymisierter Daten erreicht werden, ist eine unanonymisierte Verarbeitung nicht erforderlich (vgl. EuGH, Urt. v. 16.12.2008 - C-524/06 -, juris, Rn. 65; Schantz, in: Simitis/Hornung/Spiecker, a.a.O., Art. 6 Abs. 1 DS-GVO, Rn. 100). Die Datenverarbeitung ist somit auf das „absolut Notwendige“ zu begrenzen (vgl. EuGH, Urt. v. 4.5.2017 - C-13/16 -, juris, Rn. 30; Schantz, in: Simitis/Hornung/Spiecker, a.a.O., Art. 6 Abs. 1 DS-GVO, Rn. 100).
Ausgehend von diesen Maßstäben hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass die Veröffentlichung des streitgegenständlichen Fotos durch den Kläger bei Facebook nicht erforderlich i.S.d. Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO war. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass es vorliegend zur Wahrung der berechtigten Interessen des Klägers nicht darauf ankomme, dass gerade die Eheleute F. als solche in einen spezifischen Kontext zur politischen Tätigkeit des Klägers gesetzt würden, sondern es dem Kläger nur darum gegangen sei, zu dokumentieren, dass das Thema, für das er sich politisch eingesetzt habe, eine größere Anzahl von Personen interessiere. In diesem Fall reiche es aus, das streitgegenständliche Foto unter Unkenntlichmachung der abgebildeten Personen, z.B. durch Verpixelung der Gesichter, zu verwenden.
Die vom Kläger diesbezüglich im Zulassungsverfahren vorgebrachten Einwände begründen keine ernstlichen Richtigkeitszweifel an der angefochtenen Entscheidung. Soweit er in diesem Zusammenhang anführt, dass das Verwaltungsgericht für das Kriterium der Erforderlichkeit zu Unrecht den deutschen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit herangezogen habe, ist dieser Einwand als unzutreffend zurückzuweisen. Denn das Verwaltungsgericht hat gerade nicht den deutschen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit herangezogen, sondern - wie vom Kläger im Zulassungsverfahren gefordert - unter expliziter Berücksichtigung von Erwägungsgrund 39 Satz 9 DS-GVO darauf abgestellt, dass kein milderes, wirtschaftlich gleich effektives Mittel zur Verfügung stehen darf, um den entsprechenden Zweck mit gleicher Sicherheit zu verwirklichen. Unabhängig davon hat der Kläger im Zulassungsverfahren auch nicht dargelegt, dass bzw. unter welchem Gesichtspunkt aufgrund der vermeintlich fehlerhaften Anwendung des deutschen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes anzunehmen ist, dass die Durchführung eines Berufungsverfahrens zu einer Änderung des Ergebnisses der angefochtenen Entscheidung führen wird.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist ihm eine Unkenntlichmachung derjenigen Personen, die auf dem Foto identifizierbar sind und die in die Veröffentlichung nicht eingewilligt haben, auch zumutbar. Seine Einwände, die Veröffentlichung eines teilweise verpixelten Fotos sei nicht glaubwürdig, nicht authentisch und unseriös, zudem käme die Verpixelung von Personen bzw. ihrer Gesichter einer „unglaublichen Puzzelarbeit gleich“, rechtfertigen keine andere Beurteilung. Wie bereits das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, kann eine Verpixelung mit Hilfe gängiger Bildbearbeitungssoftware ohne erheblichen Kosten- und Zeitaufwand umgesetzt werden. Dieser Annahme ist der Kläger im Zulassungsverfahren nicht substantiiert entgegengetreten. Seine - weder belegte noch näher begründete - Behauptung, dass Gericht habe nicht geprüft, ob entsprechende Software dies tatsächlich leicht ermögliche, vermag die im Zulassungsverfahren erforderliche konkrete Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht zu ersetzen. Entgegen der Ansicht des Klägers würde eine Unkenntlichmachung der Gesichter der Eheleute F. (und ggf. weiterer auf dem Foto identifizierbarer Personen, die in die Veröffentlichung nicht eingewilligt haben) auch nicht dazu führen, dass der Kläger das von ihm mit der Veröffentlichung verfolgte Ziel nicht mehr erreichen kann. Insofern teilt der Senat die von der Beklagten im Zulassungsverfahren vorgetragenen Erwägungen, dass eine Unkenntlichmachung von Personen u.a. durch Verpixelung in veröffentlichten Fotos weit verbreitet und allgemein anerkannt ist, um die häufig widerstreitenden Interessen der Öffentlichkeit an Information einerseits und dem Persönlichkeits- und Datenschutzrecht der abgebildeten Personen andererseits in einen angemessenen Ausgleich zu bringen. Vor diesem Hintergrund ist weder davon auszugehen, dass eine Unkenntlichmachung der Gesichter der Eheleute F. auf dem streitgegenständlichen Foto zu einem Wegfall der Glaubwürdigkeit bzw. Seriosität des Facebook-Posts und des vom Kläger mit der Veröffentlichung verfolgten Ziels geführt hätte, noch, dass durch eine Unkenntlichmachung die Mitwirkung an der politischen Willensbildung maßgeblich beeinträchtigt worden wäre. Dem Kläger ging es mit der Veröffentlichung des Facebook-Posts am 17. September 2018 darum aufzuzeigen, dass er sich erfolgreich für die Interessen einer größeren Anzahl von Anwohnern eingesetzt hat und die von den Anwohnern gewünschte Ampelanlage nunmehr „endlich“ gebaut wird. Um diese für den Kläger maßgeblichen Gesichtspunkte zu vermitteln, war es jedoch nicht erforderlich, dass die Eheleute F. auf dem streitgegenständlichen Foto aufgrund ihrer (Gesichts)Merkmale identifizierbar sind. Insofern hätte der vom Kläger veröffentlichte Post seine maßgebliche Aussagekraft auch nicht verloren, wenn die Eheleute F. auf dem Foto nicht mehr identifizierbar gewesen wären.
Entgegen dem Zulassungsvorbringen des Klägers bedeutet die vom Verwaltungsgericht und dem Senat vertretene Auffassung auch nicht, dass die Gesichter aller Teilnehmer an der Veranstaltung hätten unkenntlich gemacht werden müssen. Sämtliche Personen, die in die Veröffentlichung eingewilligt haben, durften auch ohne Unkenntlichmachung abgebildet werden (vgl. allgemein zur Einwilligung i.S.d. DS-GVO die Begriffsbestimmung in Art. 4 Nr. 11 DS-GVO sowie speziell zu den an eine Einwilligungserklärung nach Art. 6 Abs. 1 lit. a DS-GVO zu stellenden Anforderungen: Albers/Veit, in: Wolff/Brink, a.a.O., Art. 6 DS-GVO, Rn. 19 f., m.w.N.). So durfte insbesondere der Vorsitzende des Klägers, dessen besondere Rolle auf dem Foto auch durch die halbkreisförmige Anordnung der um ihn versammelten Personengruppe erkennbar ist und dessen entsprechendes Auftreten überhaupt erst den unmittelbaren Zusammenhang zu den parteipolitischen Aktivitäten des Klägers begründet, aufgrund seiner (konkludenten) Einwilligung gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. a DS-GVO auch ohne Unkenntlichmachung abgebildet werden.
Der BGH hat entschieden, dass Clickbaiting mit dem Foto eines Prominenten ohne Bezug zum redaktionellen Inhalt eine Verletzung des Rechts am Eigenen Bild ist und einen Anspruch auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr auslöst.
Die Pressemitteilung des BGH:
Unzulässige Nutzung eines Prominentenbildes als "Klickköder
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass die Nutzung des Bildes eines Prominenten als "Clickbait" ("Klickköder") für einen redaktionellen Beitrag ohne Bezug zu dem Prominenten in dessen Recht am eigenen Bild eingreift und das Presseunternehmen zur Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr an den Prominenten verpflichtet.
Sachverhalt:
Der Kläger ist ein in Deutschland sehr bekannter und beliebter Fernsehmoderator. Die Beklagte bietet eine Programmzeitschrift an und unterhält zudem eine Internetseite sowie ein Facebook-Profil. Auf diesem Profil postete sie am 18. August 2015 folgende Meldung:
+++ GERADE VERMELDET +++ Einer dieser TV-Moderatoren muss sich wegen KREBSERKRANKUNG zurückziehen. Wir wünschen, dass es ihm bald wieder gut geht.
Der Post enthielt vier Bilder prominenter Fernsehmoderatoren, darunter ein Bild des Klägers, der der Verwendung seines Bildes nicht zugestimmt hatte. Beim Anklicken des Posts wurde der Leser auf das Internetangebot der Beklagten weitergeleitet, wo wahrheitsgemäß über die tatsächliche Erkrankung eines der drei anderen Fernsehmoderatoren berichtet wurde. Informationen über den Kläger fanden sich dort nicht. Die Beklagte gab die vom Kläger geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Wegen der Nutzung seines Bildnisses hat der Kläger die Beklagte auf Zahlung einer angemessenen fiktiven Lizenzgebühr, mindestens jedoch 20.000 €, in Anspruch genommen.
Bisheriger Prozessverlauf:
Das Landgericht hat entschieden, dass die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt ist. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Beklagte zur Zahlung von 20.000 € verurteilt.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten, mit der sie weiterhin die Abweisung der Klage erstrebte, zurückgewiesen und das Berufungsurteil damit bestätigt.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2, § 818 Abs. 2 BGB auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr für die Nutzung seines Bildnisses zu. Die Entscheidung, ob und in welcher Weise das eigene Bildnis für Werbezwecke zur Verfügung gestellt werden soll, ist wesentlicher - vermögensrechtlicher - Bestandteil des Persönlichkeitsrechts. Das Berufungsgericht hat aus dem Umstand, dass der Kläger von der redaktionellen Berichterstattung in dem verlinkten Artikel selbst nicht betroffen war, zutreffend geschlossen, dass die Beklagte sein Bildnis allein zu dem Zweck verwendet hat, die Aufmerksamkeit der Leser auf ihr Presseerzeugnis zu lenken. Eine solche Nutzung des Bildnisses des Klägers als "Clickbait" ("Klickköder") ohne redaktionellen Bezug zu ihm greift in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt seines Rechts am eigenen Bild ein.
Dieser Eingriff ist rechtswidrig. Eine Einwilligung des Klägers (§ 22 Satz 1 KUG) liegt nicht vor. Die Beurteilung, ob das Bildnis dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG) zuzuordnen ist und damit ohne Einwilligung des Abgebildeten genutzt werden darf, erfordert eine Abwägung zwischen dem Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit und dem von der Beklagten wahrgenommenen Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Mit Recht hat das Berufungsgericht die Interessen des Klägers höher gewichtet als die der Beklagten. Auf Seiten der Beklagten hat es keine berechtigten Belange mit Gewicht in die Abwägung eingestellt und dies unter anderem damit begründet, dass das Posting bezogen auf den Kläger an der Grenze zu einer bewussten Falschmeldung und damit allenfalls am äußersten Rand des Schutzbereichs der Pressefreiheit liege. Mit dem durch den Klickköder veranlassten Anklicken des Posts werden zwar Werbeeinnahmen erzielt, die der Finanzierung der journalistischen Arbeit dienen; dies rechtfertigt es aber nicht, das Bildnis einer prominenten Person für eine Berichterstattung zu nutzen, die keinen inhaltlichen Bezug zu ihr aufweist. Der Kläger muss nicht hinnehmen, dass sein Bildnis von der Presse unentgeltlich zur Werbung für redaktionelle Beiträge eingesetzt wird, die ihn nicht betreffen.
Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die von der Beklagten an den Kläger zu zahlende fiktive Lizenzgebühr mit 20.000 € bemessen hat. Das Berufungsgericht hat mit Recht einerseits den ganz überragenden Markt- und Werbewert und die außergewöhnlich hohe Beliebtheit des Klägers berücksichtigt. Es hat andererseits zutreffend angenommen, dass bei der hier allein vorliegenden Aufmerksamkeitswerbung im Vergleich etwa zu einer unzulässigen Testimonial-Werbung mit einem Prominenten eine der eher schwächeren Werbeformen vorliegt. Es hat ferner dem Umstand, dass die Beklagte mit der beanstandeten Nutzung des Bildnisses eine Krebserkrankung des Klägers als möglich in den Raum gestellt hat, ohne Rechtsfehler wesentliche Bedeutung für die Höhe der Lizenzgebühr beigemessen.
Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet.
Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.
(1) Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden:
1. Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;
(…)
(2) Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird.
Der BGH hat entschieden, dass die Werbung der Bild am Sonntag für ein Gewinnspiel ("Urlaubslotto") mit dem Foto eines ehemaligen Traumschiffkapitäns ohne Zustimmung des Schauspielers eine Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellt.
Die Pressemitteilung des BGH:
Unzulässige Nutzung eines Prominentenbildes für die Bebilderung eines "Urlaubslottos"
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass die Nutzung des Bildnisses und des Namens eines prominenten Schauspielers zur Bebilderung des "Urlaubslottos" einer Sonntagszeitung einen rechtswidrigen Eingriff in den vermögensrechtlichen Bestandteil seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts dargestellt hat.
Sachverhalt:
Der Kläger ist Schauspieler und spielte im Zeitraum von 2014 bis 2019 in der ZDF-Serie "Das Traumschiff" den Kapitän. Die Beklagte verlegt unter anderem eine Sonntagszeitung.
Am 18. Februar 2018 erschien in der Sonntagszeitung unter der Überschrift "Gewinnen Sie Bares und eine Traumreise" ein Artikel zur Aktion "Urlaubslotto". Hierfür wurde bis auf die linke Spalte die gesamte Zeitungsseite genutzt. Unterhalb der Überschrift befand sich ein Foto, auf dem der Kläger als Kapitän mit zwei anderen Schauspielern der Serie in ihren jeweiligen Rollen abgebildet war. Das Foto nahm etwa ein Drittel des Artikels ein und wurde durch eine Bildunterschrift ergänzt, in der auch der bürgerliche Name des Klägers genannt war.
Unterhalb des Fotos wurde das "Urlaubslotto" erläutert. Zudem waren dort vier stilisierte Reisekoffer abgebildet. Jeder Koffer war mit einem aufgedruckten individuellen Zahlencode versehen. Die Leser konnten bis zum 24. Februar 2018 um 24 Uhr per Anruf oder SMS an eine Mehrwertdienstenummer zu regulären Kosten von jeweils 50 Cent überprüfen, ob auf diese Zahlencodes ein Bargeldgewinn von 100 €, 1.000 € oder 5.000 € entfiel. Unter allen Teilnehmern wurde außerdem als Hauptgewinn eine 13-tägige Kreuzfahrt verlost. Dies wurde im unteren Teil des Artikels unter der Überschrift "So können Sie auf dem Luxusschiff in See stechen" näher ausgeführt.
Im Wege der Stufenklage hat der Kläger die Beklagte auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Erstattung von Abmahnkosten (erste Stufe) und Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr (zweite Stufe) in Anspruch genommen.
Bisheriger Prozessverlauf:
Das Landgericht hat der Klage auf der ersten Stufe durch Teilurteil stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht unter Neufassung des erstinstanzlichen Urteilstenors zurückgewiesen.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten, mit der sie weiterhin die Abweisung der Klage erstrebt hat, überwiegend zurückgewiesen und das Berufungsurteil damit bestätigt. Lediglich hinsichtlich des Auskunftsanspruchs hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsanspruch mit Recht zuerkannt. Die Beklagte hat in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt des Rechts am eigenen Bild des Klägers eingegriffen. Die Entscheidung, ob und in welcher Weise das eigene Bildnis für Werbezwecke zur Verfügung gestellt werden soll, ist wesentlicher - vermögensrechtlicher - Bestandteil des Persönlichkeitsrechts. Ein Eingriff in dieses Recht folgt im Streitfall bereits daraus, dass die Verwendung des Fotos - wie vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen - zu einem gewissen Imagetransfer vom Kläger in seiner beliebten Serienrolle auf den Hauptgewinn des Preisausschreibens der Beklagten geführt hat.
Dieser Eingriff ist rechtswidrig. Eine Einwilligung des Klägers (§ 22 Satz 1 KUG) liegt nicht vor. Die Beurteilung, ob das Bildnis dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG) zuzuordnen ist und damit ohne Einwilligung des Abgebildeten genutzt werden darf, erfordert eine Abwägung zwischen dem Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit und dem von der Beklagten wahrgenommenen Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Mit Recht hat das Berufungsgericht die Interessen des Klägers höher gewichtet als die der Beklagten. Zu Gunsten der Beklagten ist zu berücksichtigen, dass sie ein Foto genutzt hat, das auch als Symbolbild für eine Kreuzfahrt im Sinne einer "Traumreise" steht und sich dadurch teilweise von der Person des Klägers gelöst hat. Dies führt jedoch nicht dazu, dass das Foto - selbst in einem redaktionellen Kontext - schrankenlos für die Bebilderung einer Kreuzfahrt genutzt werden darf. Der Symbolcharakter des Fotos ist vielmehr in die Interessenabwägung einzustellen. Diese fällt zu Gunsten des Klägers aus. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, die Veröffentlichung des Bildnisses sei nicht geeignet, einen nennenswerten Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung zu leisten. Es hat der überwiegend kommerziellen Nutzung des Bildnisses des Klägers daher mit Recht entscheidende Bedeutung beigemessen. Die Informationen, die der Beitrag mit Blick auf die Person des Klägers und seine Rolle als Kapitän in der Fernsehserie "Das Traumschiff" enthält, sind der Bewerbung des "Urlaubslottos" der Beklagten funktional untergeordnet. Die Beklagte hat ihr Gewinnspiel dadurch aufgewertet, dass sie eine gedankliche Verbindung zwischen dem ausgelobten Hauptpreis einer Kreuzfahrt und der Fernsehserie "Das Traumschiff" hergestellt hat.
Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht zudem einen Unterlassungsanspruch wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in der Ausprägung des Rechts am eigenen Namen des Klägers bejaht.
Ein Anspruch auf Auskunft über die Druckauflage der Sonntagszeitung der Beklagten vom 18. Februar 2018 steht dem Kläger jedoch nicht zu. Zur Bezifferung seines Anspruchs kann er sich auf die im Internetauftritt der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW) verfügbare Durchschnittsauflage im I. Quartal 2018 stützen.
Vorinstanzen:
LG Köln - Urteil vom 30. Januar 2019 - 28 O 216/18
OLG Köln - Urteil vom 10. Oktober 2019 - 15 U 39/19
(1) Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden:
1. Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;
(…)
(2) Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird.
Der BGH hat entschieden, dass die identifizierende Bildberichterstattung über die G20-Ausschreitungen in Hamburg "GESUCHT! Wer kennt diese G20-Verbrecher" auf der Titelseite einer Zeitung zulässig war.
Leitsätze des BGH:
a) Zum Begriff des Bildnisses im Sinne von § 22 Satz 1 KUG
b) Zur Zulässigkeit einer identifizierenden Bildberichterstattung im Zusammenhang mit der Berichterstattung über Ausschreitungen anlässlich des Treffens der Gruppe der zwanzig führenden Industrie- und Schwellenländer Anfang Juli 2017 in Hamburg (G20-Gipfel).
BGH, Urteil vom 29. September 2020 - VI ZR 449/19 - OLG Frankfurt am Main - LG Frankfurt am Main
Das VG Hannover hat entschieden, dass die Veröffentlichung von Fotos einer Person auf der Facebook-Fanpage des Ortsvereins einer Partei ohne Einwilligung nach den Vorhaben des KUG und der DSGVO unzulässig ist.
Aus den Entscheidungsgründen:
"Die Verwarnung ist formell rechtmäßig.
Zuständige Aufsichtsbehörde ist hier die Beklagte. Dies ergibt sich aus § 40 Abs. 1 BDSG und § 22 Satz 1 Nr. 1 NDSG. Nach § 40 Abs. 1 BDSG bestimmt das Landesrecht die Aufsichtsbehörden nach Artikel 51 DS-GVO, die im Anwendungsbereich der DS-GVO dafür zuständig sind, die Anwendung der Vorschriften über den Datenschutz bei den nichtöffentlichen Stellen zu überwachen. Nach § 22 Satz 1 Nr. 1 NDSG ist die Beklagte in diesem Sinne die in Niedersachsen zuständige Aufsichtsbehörde für die Datenverarbeitung durch nichtöffentliche Stellen. Der Kläger ist als privatrechtlich organisierter Ortsverein einer politischen Partei eine solche nichtöffentliche Stelle (§ 2 Abs. 4 BDSG).
Im Übrigen richten sich die Anforderungen an das Verfahren gemäß Artikel 58 Abs. 4 DS-GVO nach dem Recht des betreffenden Mitgliedstaats – hier: § 1 Abs. 1 des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (NVwVfG) i. V. m. den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) –, das im Einklang mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und unter Berücksichtigung des Erwägungsgrundes 129 der DS-GVO anzuwenden und auszulegen ist.
Die Verwarnung leidet danach nicht an Form- oder Verfahrensfehlern.
Insbesondere ist der Bescheid der Beklagten vom 9. Januar 2019 hinsichtlich der Verwarnung hinreichend bestimmt (§ 1 Abs. 1 NVwVfG i. V. m. § 37 Abs. 1 VwVfG; Erwägungsgrund 129 der DS-GVO: „klar und eindeutig“). Denn in dem Bescheid werden das beanstandete Verhalten des Klägers, die Vorschrift, gegen die dieses Verhalten nach Auffassung der Aufsichtsbehörde verstoßen hat (Artikel 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. f DS-GVO), und die wegen dieses Verstoßes gegen ihn erlassene Maßnahme (Verwarnung nach Artikel 58 Abs. 2 Buchst. b DS-GVO) unzweifelhaft angegeben. Weitergehende Anforderungen sind insoweit nicht zu stellen, zumal durch eine Verwarnung nur ein Verstoß gegen eine Vorschrift über den Datenschutz festgestellt wird, ohne dass dem Adressaten ein ggf. näher zu bestimmendes Tun, Dulden oder Unterlassen aufgegeben wird.
Der Bescheid ist insoweit auch in formeller Hinsicht hinreichend begründet (§ 1 Abs. 1 NVwVfG i. V. m. § 39 Abs. 1 VwVfG; Erwägungsgrund 129 der DS-GVO: „Begründung“). Denn die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe, die die Beklagte zu ihrer Entscheidung bewogen haben, einschließlich Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit der Maßnahme, werden angegeben. Ob die angegebenen Gründe die Entscheidung in rechtlicher Hinsicht tragen, ist eine Frage der materiellen Rechtsmäßigkeit des Verwaltungsakts.
Ferner ist der Kläger ausreichend angehört worden (§ 1 Abs. 1 NVwVfG i. V. m. § 28 Abs. 1 VwVfG; Erwägungsgrund 129 der DS-GVO: „das Recht einer jeden Person, gehört zu werden …“). Sein Vorbringen in dem Schreiben seiner Rechtsanwältin vom 16. Dezember 2018 ist von der Beklagten in ihrem Bescheid vom 9. Januar 2019 offensichtlich auch berücksichtigt worden, indem sie sich mit der Argumentation des Klägers zu § 23 KUG und zu seinem berechtigten Interesse im Hinblick auf seinen verfassungsrechtlichen Auftrag nach Artikel 21 Abs. 1 Satz 1 GG auseinandergesetzt hat.
Die Verwarnung ist auch materiell rechtmäßig.
Tatbestandsvoraussetzung für eine Verwarnung nach Artikel 58 Abs. 2 Buchst. b DS-GVO ist, dass der Adressat der Verwarnung – hier: der Kläger – als Verantwortlicher personenbezogene Daten verarbeitet hat, und er damit gegen die DS-GVO – oder eine Rechtsvorschrift eines Mitgliedstaats über den Datenschutz – verstoßen hat.
Der Kläger hat vorliegend als Verantwortlicher personenbezogene Daten verarbeitet. Die Veröffentlichung des streitgegenständlichen Fotos durch den Kläger auf seiner Fanpage bei Facebook stellt eine automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten der abgebildeten Personen dar (Artikel 2 Abs. 1, Artikel 4 Nrn. 1 und 2 DS-GVO). Ausnahmen vom sachlichen Anwendungsbereich nach Artikel 2 Abs. 2 und 3 DS-GVO liegen nicht vor. Als Betreiber einer Fanpage bei Facebook ist der Kläger für die streitgegenständliche Datenverarbeitung auch Verantwortlicher im Sinne des Artikels 4 Nr. 7 DS-GVO (EuGH, Urteil vom 5. Juni 2018 – C210/16 –, juris Rn. 25 ff.).
Zudem hat der Kläger durch die Veröffentlichung des Fotos auf seiner Fanpage bei Facebook gegen die DS-GVO bzw. Vorschriften des KUG verstoßen. Hierbei kann offen bleiben, ob sich die Rechtmäßigkeit – wie der Kläger meint – nach §§ 22, 23 KUG i. V. m. Artikel 85 Abs. 2 DS-GVO oder – wie die Beklagte meint – nach Artikel 6 Abs. 1 DS-GVO richtet. Denn sowohl nach den §§ 22, 23 KUG (hierzu unter a) als auch unter Berücksichtigung von Artikel 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. e und f DS-GVO (hierzu unter b) war die Veröffentlichung rechtswidrig.
a. Der Kläger beruft sich auf eine Erlaubnis zur Veröffentlichung des Fotos nach § 23 KUG i. V. m. Artikel 85 Abs. 2 DS-GVO. Dies setzt voraus, dass die §§ 22 und 23 KUG auf Grundlage des Artikels 85 DS-GVO als gegenüber Artikel 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. f DS-GVO vorrangige Rechtsvorschriften des nationalen Rechts anzusehen sind und damit auch nach Inkrafttreten der DS-GVO noch anwendbar sind.
Die Anwendbarkeit der Vorschriften des KUG seit Inkrafttreten der DS-GVO ist umstritten. Grundsätzlich genießt die DS-GVO Anwendungsvorrang vor nationalen Regelungen, da europäisches Sekundärrecht gegenüber nationalen Regelungen Anwendungsvorrang genießt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.12.2015 – 2 BvR 2735/14 –, juris Rn. 37 ff. m. w. N.; EuGH, Urteil vom 15.7.1964 – Rs. 6.64 – Costa/E.N.E.L, juris). Die §§ 22, 23 KUG können deshalb nur dann angewendet werden, wenn und soweit sie sich auf Artikel 85 DS-GVO als Öffnungsklausel stützen lassen.
Nach Artikel 85 Abs. 2 DS-GVO dürfen die Mitgliedstaaten der EU Abweichungen und Ausnahmen von Kapitel 2 der DS-GVO (und damit auch von Artikel 6) vorsehen, wenn dies erforderlich ist, um das Recht auf Schutz personenbezogener Daten mit der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit in Einklang zu bringen (vgl. Grages in Plath, DSGVO/BDSG, Kommentar, 3. Aufl. 2018, Artikel 85 DSGVO Rn. 3). Dies gilt jedoch nur insoweit, als es um eine Verarbeitung zu journalistischen, wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken geht. In diesen Fällen kann sich § 23 KUG als eine Spezifizierung von Artikel 6 Abs. 1 Abs. 1 Buchst. f DS-GVO qualifizieren lassen und neben der DS-GVO anwendbar sein. Ein solcher Fall ist hier aber nicht gegeben.
Der Kläger kann sich insbesondere nicht darauf berufen, dass die Verarbeitung des Fotos journalistischen Zwecken diente. Zwar ist der Begriff des Journalismus weit auszulegen (vgl. Erwägungsgrund 153 der DS-GVO). Journalismus bezeichnet die publizistische Arbeit von Journalisten bei der Presse, in Online-Medien oder im Rundfunk mit dem Ziel, Öffentlichkeit herzustellen. Der Kläger hat mit seiner Fanpage in erster Linie zum Ziel, für seine Interessen und seine Arbeit zu werben, den Erfolg der eigenen Arbeit zu veranschaulichen und sich dadurch selbst darzustellen. Bildveröffentlichungen, die der Selbstdarstellung dienen, lassen sich aber nicht mehr als eine Verarbeitung zu journalistischen Zwecken qualifizieren (vgl. Benedikt/Kranig, „DS-GVO und KUG – ein gespanntes Verhältnis“ in ZD 2019, S. 4; Lauber-Rönsberg/Hartlaub, „Personenbildnisse im Spannungsfeld zwischen Äußerungs- und Datenschutzrecht“ in NJW 2017, S. 1057, 1061).
Ob die §§ 22, 23 KUG als Normen im Sinne von Artikel 85 Abs. 1 DS-GVO für Fälle wie den vorliegenden, der nicht unter journalistische, wissenschaftliche, künstlerische oder literarische Zwecke im Sinne von Artikel 85 Abs. 2 DSGVO fällt, weiter gelten oder nicht (zum Streit darüber, ob Artikel 85 Abs. 1 DSGVO einen zwingend durch die Mitgliedstaaten zu erfüllenden Regelungsauftrag enthält – so die überwiegende Auffassung – oder die §§ 22, 23 KUG insoweit fortgelten können, s. Benedikt/Kranig, „DS-GVO und KUG – ein gespanntes Verhältnis“ in ZD 2019, S. 4 m. w. N.), kann offen bleiben. Denn die Voraussetzungen der §§ 22, 23 KUG liegen nicht vor.
Nach § 22 KUG dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit Einwilligung der abgebildeten Person verbreitet werden. Eine ausdrückliche Einwilligung liegt nicht vor. Da das KUG für das Recht am eigenen Bild keine Formerfordernisse normiert, ist zwar auch eine konkludente Einwilligung möglich (vgl. BGH, Urteil vom 11.11.2014 – VI ZR 9/14 –, juris Rn. 6). Auch eine solche liegt jedoch nicht vor. Hier hat der Kläger über die örtliche Presse zu der Veranstaltung im Sommer 2014 eingeladen. Aufgrund der Art der Veranstaltung als öffentliche Veranstaltung des Klägers, über die in der örtlichen Presse eingeladen worden ist, muss zwar damit gerechnet werden, dass Fotos erstellt werden, die in der Presse veröffentlicht werden, und man mit der Teilnahme an einer solchen Veranstaltung konkludent darin einwilligt. Keinesfalls willigt man aber mit der Teilnahme an der Veranstaltung zugleich in die Veröffentlichung von Fotos auf einer Fanpage bei Facebook ein. Eine Veröffentlichung von Bildern auf einer Fanpage einer Partei bei Facebook hat eine ganz andere Qualität als die Veröffentlichung in der Presse, zumal wenn, wie hier anzunehmen ist, keine Vereinbarung nach Artikel 26 DS-GVO zwischen Facebook und dem Betreiber der Fanpage - hier: dem Kläger - abgeschlossen wurde. Denn die Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Veröffentlichung von Daten auf einer Fanpage bei Facebook mit unkalkulierbaren Risiken für die betroffenen Personen verbunden ist, insbesondere keine effektive Kontrolle mehr über die Weiterverwendung der Daten ausgeübt und auch ein etwaiger Löschungsanspruch nicht mehr wirksam durchgesetzt werden kann. Gemäß den Nutzungsbedingungen mit Facebook werden mit dem Teilen von Inhalten, wie es der Kläger mit der Veröffentlichung des Fotos unternommen hat, weitreichende, weltweite Lizenzen an Facebook erteilt, die geteilten Inhalte zu verwenden, zu verbreiten, zu modifizieren, auszuführen, zu kopieren und öffentlich vorzuführen. In den USA, in denen die Facebook Inc. ihren Firmensitz hat, sind die Datenschutzstandards außerdem gegenüber dem europäischen Datenschutzstandard erheblich geringer.
Ohne die nach § 22 KUG erforderliche Einwilligung dürfen nach § 23 Abs. 1 KUG verbreitet werden Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte (Nr. 1), Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen (Nr. 2), Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben (Nr. 3), und Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient (Nr. 4).
Hier liegen zwar die Voraussetzungen der Nr. 3 vor. Unter den Erlaubnistatbestand der Nr. 3 fallen Bildberichterstattungen über Menschenansammlungen verschiedenster Art wie Demonstrationen, Sportveranstaltungen, Konzerte, Karnevalsumzüge, Tagungen, Parteitage, Hochzeiten und Trauerfeiern. Voraussetzung ist, dass nicht einzelne Personen gezeigt werden, sondern ein Vorgang. Es muss sich um eine größere Anzahl von Personen handeln, so dass sich der Einzelne nicht mehr aus ihr hervorhebt (vgl. von Strobl-Albeg in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl. 2018, Kap. 8 Rn. 77). Bei der öffentlichen Veranstaltung im Sommer 2014, bei der über den Bau einer Ampelanlage gesprochen wurde, handelt es sich um eine Versammlung bzw. einen ähnlichen Vorgang in diesem Sinne. Die auf dem bei Facebook veröffentlichten Foto abgebildeten Personen waren bewusst auf der Veranstaltung des Klägers und haben somit an ihr teilgenommen. Gegenüber der abgebildeten Menge treten die einzelnen der insgesamt etwa 30 Personen auch in den Hintergrund.
Die Befugnis nach § 23 Abs. 1 KUG erstreckt sich nach § 23 Abs. 2 KUG jedoch nicht auf eine Verbreitung, durch die ein berechtigtes Interesse der abgebildeten Person verletzt wird. Der Grundsatz des § 23 KUG ist ein wichtiges Korrektiv zur Wahrung des Persönlichkeitsrechts des Abgebildeten, der auch in den gesetzlichen Ausnahmefällen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 KUG eine Interessenabwägung vorschreibt (vgl. hierzu Götting in Urheberrecht, Kommentar, 5. Aufl. 2017, § 23 KUG Rn. 106 ff.). Die abgebildeten Personen haben – wie oben dargelegt – ein erhebliches Interesse daran, dass kein Foto, auf dem sie individuell erkennbar sind, auf einer Fanpage bei Facebook veröffentlicht wird. Nicht nur, dass eine Veröffentlichung von Daten auf einer Fanpage bei Facebook mit unkalkulierbaren Risiken für die betroffenen Personen verbunden ist, insbesondere keine effektive Kontrolle mehr über die Weiterverwendung der Daten ausgeübt und auch ein etwaiger Löschungsanspruch nicht mehr wirksam durchgesetzt werden kann, vielmehr wird durch das Foto auf einer Fanpage auch eine – möglicherweise nicht bestehende – Zustimmung der abgebildeten Personen zu der politischen Tätigkeit des Klägers suggeriert.
Die Veröffentlichung des Fotos auf der Fanpage bei Facebook war somit gemäß § 23 Abs. 2 KUG unzulässig.
b. Die Veröffentlichung des Fotos war auch nicht nach Artikel 6 Abs. 1 DS-GVO gerechtfertigt. Danach ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nur rechtmäßig, wenn eine der dort im Folgenden geregelten Bedingungen erfüllt ist. Da die abgebildeten Personen – wie oben dargelegt – nicht in die Veröffentlichung des Fotos eingewilligt haben (Artikel 6 Abs. 1 Abs. 1 Buchst. a i. V. m. Artikel 4 Nr. 11 und Artikel 7 DS-GVO), kommt hier nur der Tatbestand nach Artikel 6 Abs. 1 Abs. 1 Buchst. f DS-GVO in Betracht. Danach ist eine Verarbeitung rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen.
Ein „berechtigtes Interesse“ an der Veröffentlichung des Fotos durch den Kläger auf seiner Fanpage liegt vor. Der Begriff der „berechtigten Interessen“ ist in der DS-GVO nicht definiert. Der sehr weite Begriff der „berechtigten Interessen“ erfasst jedes von der Rechtsordnung anerkannte Interesse (vgl. Plath in Plath, DSGVO/BDSG, Kommentar, 3. Aufl. 2018, Art. 6 DSGVO Rn. 53, 54). Der Kläger hat als politische Partei ein berechtigtes Interesse daran, auch durch die öffentliche Verwendung von Fotos für seine politische Tätigkeit zu werben und damit gemäß Artikel 21 Abs. 1 Satz 1 GG an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken.
Die Verwendung eines Fotos, auf dem bestimmte Personen erkennbar abgebildet sind, ist aber nicht „erforderlich“. Auch der Begriff der „Erforderlichkeit“ ist in der DS-GVO nicht weiter definiert (vgl. aber Artikel 5 Abs. 1 Buchst. c DS-GVO – Grundsatz der Datenminimierung –). Unter Berücksichtigung von Erwägungsgrund 39 ist die Verarbeitung „erforderlich“, wenn kein milderes, wirtschaftlich gleich effektives Mittel zur Verfügung steht, den entsprechenden Zweck mit gleicher Sicherheit zu verwirklichen (vgl. Plath in Plath, DSGVO/BDSG, Kommentar, 3. Aufl. 2018, Art. 6 DSGVO Rn. 17, 56). Gemessen hieran war die Veröffentlichung des Fotos ohne Unkenntlichmachung der abgebildeten Personen nicht „erforderlich“, da es hier nicht darauf ankommt, dass gerade die abgebildeten Personen als solche in einen spezifischen Kontext zur politischen Tätigkeit des Klägers gesetzt werden, sondern es dem Kläger nur darum geht, zu dokumentieren, dass das Thema, für das er sich politisch eingesetzt hat, eine größere Anzahl von Personen interessiert. In diesem Fall reicht es aus, das Foto unter Unkenntlichmachung der abgebildeten Personen, z. B. durch Verpixelung der Gesichter, zu verwenden. Die Verwendung des Fotos mit einer Abbildung individuell erkennbarer Personen hingegen ist zur Erreichung des vom Kläger angestrebten Zwecks nicht erforderlich. Mit seinem Einwand, eine Unkenntlichmachung sei ihm aufgrund fehlender finanzieller oder organisatorischer Mittel nicht möglich, hat der Kläger schon deshalb keinen Erfolg, weil eine Verpixelung mit Hilfe gängiger Bildbearbeitungssoftware ohne erheblichen Zeit- und Kostenaufwand umgesetzt werden kann.
Ungeachtet dessen überwiegt aber auch das Interesse der abgebildeten Personen das Interesse des Klägers an der Verwendung der Fotos zur Werbung für seine politischen Tätigkeiten.
Bei einer Abwägung der widerstreitenden Interessen sind die „vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person“ und die „Absehbarkeit“ einer möglichen Datenverarbeitung der betroffenen Person zu berücksichtigen (vgl. Erwägungsgrund 47). Die abgebildeten Personen haben ein Interesse daran, dass kein Foto, auf dem sie individuell erkennbar sind, auf einer Fanpage bei Facebook veröffentlicht wird. Zwar mussten die Teilnehmer der Veranstaltung erwarten, dass unmittelbar nach der Veranstaltung im Sommer 2014, auf der erkennbar fotografiert worden ist, eine Veröffentlichung zu journalistischen Zwecken etwa in den örtlichen Tageszeitungen erfolgt. Wie oben dargelegt, fällt aber eine Veröffentlichung auf einer Fanpage, die in erster Linie der Darstellung der Partei dient, nicht darunter. Im Übrigen führt der Umstand, dass ein Presseunternehmen oder Privatpersonen Fotos anfertigen, nicht zugleich zu der Erwartung, dass andere, insbesondere der Kläger, die Fotos für eigene Zwecke veröffentlichen. Schließlich war mit einer Veröffentlichung nach vier Jahren nicht mehr zu rechnen.
Die Veröffentlichung des Fotos war entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht nach Artikel 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. e DS-GVO gerechtfertigt.
Der Kläger kann sich nicht unmittelbar auf Artikel 6 Abs. 1 Abs. 1 Buchst. e DS-GVO berufen. Dies folgt schon daraus, dass diese Regelung selbst keine Rechtsgrundlage für eine Datenverarbeitung bildet, sondern, wie sich aus Artikel 6 Abs. 3 Satz 1 DS-GVO ergibt, auf die Umsetzung durch eine gesonderte Rechtsgrundlage im Unionsrecht oder im Recht eines Mitgliedstaates angewiesen ist. Als eine solche Rechtsgrundlage könnte hier nur § 3 BDSG oder § 3 Satz 1 NDSG in Betracht kommen. Im ersten Fall müsste der Kläger eine öffentliche Stelle des Bundes im Sinne des § 2 Abs. 1, ggf. i. V. m. Abs. 4 Satz 2 BDSG, im zweiten Fall eine öffentliche Stelle des Landes im Sinne von § 2 Abs. 2, ggf. i. V. m. Abs. 4 Satz 2 BDSG (zur Zuordnung vgl. Eßer in Auernhammer, DSGVO/BDSG, Kommentar, 6. Aufl. 2018, § 2 BDSG Rn. 24) bzw. eine öffentliche Stelle im Sinne des § 1 Abs. 1 NDSG sein. Auch dies ist nicht der Fall. Eine öffentliche Stelle im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 BDSG, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NDSG ist der Kläger schon deshalb nicht, weil er als Ortsverein einer politischen Partei keine „öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtung“ im Sinne dieser Vorschriften ist. Politische Parteien nehmen zwar eine öffentliche Aufgabe wahr (§ 1 Abs. 1 Satz 2 des Parteiengesetzes), sind jedoch weder funktional noch organisatorisch Teil des Staates (BVerfG, Beschluss vom 6.12.2013 – 2 BvQ 55/13 –, juris Rn. 6 m. w. N.), sondern dem gesellschaftlichen Bereich angehörende Vereinigungen von Bürgern (§ 2 des Parteiengesetzes). Der Kläger ist auch nicht als Beliehener eine öffentliche Stelle nach § 2 Abs. 4 Satz 2 BDSG oder § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 NDSG. Denn dafür müsste ihm eine „Aufgabe der öffentlichen Verwaltung“ übertragen worden sein. Um eine solche Aufgabe handelt es sich bei der öffentlichen Aufgabe einer politischen Partei nach § 1 Abs. 1 Satz 2 des Parteiengesetzes aber nicht (dazu, dass politische Parteien keine öffentliche Gewalt ausüben, vgl. auch BVerfG, a. a. O., Rn. 5 m. w. N.). Schließlich liegen auch die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 3 NDSG nicht vor, weil der Kläger eben keine Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt und an ihm auch keine juristischen Personen des öffentlichen Rechts beteiligt sind, wie es die Vorschrift voraussetzt. Politische Parteien sind mithin nicht-öffentliche Stellen im Sinne des § 2 Abs. 4 Satz 1 BDSG (so auch der Beschluss der Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder - Datenschutzkonferenz - vom 5.9.2018, dort unter 5.) und können sich daher für ihre Datenverarbeitung nicht auf die für öffentliche Stellen geltenden Rechtsgrundlagen nach Artikel 6 Abs. 3 Satz 1 DS-GVO berufen.
Die Veröffentlichung des Fotos auf der Fanpage bei Facebook war somit weder gemäß § 23 Abs. 2 KUG noch nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e und f DS-GVO gerechtfertigt, so dass die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 58 Abs. 2 DS-GVO vorliegen.
Das ihr nach Art. 58 Abs. 2 DS-GVO zustehende Ermessen (vgl. hierzu Martini/Wenzel: „Gelbe Karte von der Aufsichtsbehörde: die Verwarnung als datenschutzrechtliches Sanktionenhybrid“ in PinG 2017, S. 92, 96) hat die Beklagte rechtsfehlerfrei ausgeübt. Insbesondere ist die Verwarnung geeignet und erforderlich, um gegenüber dem Kläger das datenschutzrechtswidrige Verhalten verbindlich festzustellen. In dem nach Eingriffsintensität abgestuften Instrumentarium des Artikels 58 DS-GVO sind Warnungen und Verwarnungen die mildesten Mittel, da sie sich auf die Feststellung des Datenschutzverstoßes beschränken."
Das LG Frankfurt hat entschieden, dass der Versand eines Bildnisses per E-Mail ein Verbreiten gemäß §§ 22, 23 KUG ist. Die Normen des KUG gelten im Rahmen von Art. 85 Abs. 2 DSGVO auch nach Inkrafttreten der DSGVO weiterhin.
Aus den Entscheidungsgründen:
"1. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Unterlassung der Äußerung gemäß dem Klageantrag zu II. Ein solcher ergibt sich auch nicht aus den §§ 823, 1004 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG.
a. Wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (BGH NJW 2016, 789 Rn. 20; BGH NJW 2016, 56 Rn. 29; BGH NJW 2014, 2029 Rn. 22; jew. m.w.N.).
Hier ist das Schutzinteresse aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG mit dem Recht auf Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK abzuwägen.
Stehen sich als widerstreitende Interessen – wie vorliegend – die Meinungs- bzw. Pressefreiheit und das Allgemeine Persönlichkeitsrecht gegenüber, kommt es für die Zulässigkeit einer Äußerung maßgeblich darauf an, ob es sich um Tatsachenbehauptungen oder Meinungsäußerungen handelt (LG Köln, Urt. v. 10.06.2015 – 28 O 564/14 Rn. 33).
Bei Tatsachenbehauptungen hängt die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen maßgeblich vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie für den Betroffenen nachteilig sind – jedenfalls, wenn sie nicht die Intim-, Privat- oder Vertraulichkeitssphäre, sondern die Sozialsphäre betreffen (BVerfG NJW 1999, 1322, 1324) –, unwahre dagegen nicht (BVerfG NJW 2012, 1643 Rn. 33). Außerhalb des Schutzbereichs des Art. 5 Abs. 1 GG stehen – abgesehen von solchen Tatsachenbehauptungen, die von vornherein Dritten nicht zur Meinungsbildung dienen können (BGH GRUR-RR 2008, 257 Rn. 12 m.w.N.) – aber nur bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen und solche, deren Unwahrheit bereits im Zeitpunkt der Äußerung feststeht, denn an der Aufrechterhaltung und Weiterverbreitung herabsetzender Tatsachenbehauptungen, die als unwahr anzusehen sind, besteht unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit regelmäßig kein schützenswertes Interesse (BGH GRUR 2014, 693 Rn. 23 – Sächsische Korruptionsaffäre). Alle übrigen Tatsachenbehauptungen mit Meinungsbezug genießen den Grundrechtsschutz, auch wenn sie sich später als unwahr herausstellen (BGH GRUR 2013, 312 – IM Christoph; BGH GRUR 2014, 693 Rn. 23 – Sächsische Korruptionsaffäre).
b. Bei der angegriffenen Äußerung
„Es ist theoretisch auch denkbar, dass die Abmahnung nicht von Hr. mandatiert, sondern ohne sein Wissen von Dritten mittels Urkundenfälschung fingiert wurde.“
handelt es sich um eine .
Bei der Frage, ob eine Äußerung ihrem Schwerpunkt nach als Tatsachenbehauptung oder als Meinungsäußerung anzusehen ist, kommt es entscheidend auf den Gesamtkontext der fraglichen Äußerung an (vgl. BVerfG AfP 2013, 389, juris-Rn. 18). Von einer Tatsachenbehauptung ist auszugehen, wenn der Gehalt der Äußerung entsprechend dem Verständnis des Durchschnittsempfängers der objektiven Klärung zugänglich ist und als etwas Geschehenes grundsätzlich dem Beweis offen steht. Soweit eine Tatsachenbehauptung mit einem Werturteil verbunden ist bzw. beides ineinander übergeht, ist darauf abzustellen, was im Vordergrund steht und damit überwiegt. Wird eine Äußerung in entscheidender Weise durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt oder ist der tatsächliche Gehalt der Äußerung so substanzarm, dass er gegenüber dem Wertungscharakter in den Hintergrund tritt, liegt eine Meinungsäußerung vor. Vom Überwiegen des tatsächlichen Charakters ist auszugehen, wenn die Wertung sich als zusammenfassender Ausdruck von Tatsachenbehauptungen darstellt (vgl. Wenzel/Burkhardt, Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl. 2018, Kap. 4 Rn. 50 ff.).
Hierbei sind Äußerungen entsprechend dem Verständnis des unbefangenen Durchschnittsempfängers zu interpretieren (Wenzel/Burkhardt, a.a.O., Kap. 4 Rn. 4; Soehring/Hoene, Presserecht, 6. Aufl. 2019, § 14 Rn. 6; jew. m.w.N.).
c. In Anwendung dieser Grundsätze überwiegt in der angegriffenen Äußerung der wertende und meinende Anteil und gibt dieser sein Gepräge. Im Gesamtkontext der Äußerung stellt der Beklagte dar, dass er – möglicherweise – eine problematische Situation mit dem Kläger als Mitarbeiter des E hat. Hierbei erläutert der Beklagte, dass er über das Verhalten des Klägers überrascht sei und die Behauptungen des Klägers haltlos seien (vgl. Anlage K6, Bl. 25 d.A.). Der Beklagte sei irritiert, dass der Kläger eine parallele Beschäftigung bei einem Mitbewerber behaupte. Sodann erläutert der Beklagte, dass es sich insgesamt um eine Art Missverständnis handeln könnte, dass nämlich der Kläger in die dem Beklagten gegenüber ausgesprochenen Abmahnung nicht involviert sei.
Aus Sicht des Durchschnittslesers stellt sich dies lediglich als eine Möglichkeit dar, die der Beklagte aufwirft, nicht aber als faktischen oder bewiesenen Sachverhalt. Dem Empfänger der E-Mail wird daher entgegen der Auffassung des Klägers nicht als unabweisliche Schlussfolgerung oder rein rhetorische Frage unterbreitet, dass der Kläger ohne sein Wissen für eine Abmahnung „missbraucht“ worden sei (vgl. insoweit BGH NJW 2017, 482 Rn. 14 f.).
Diesem Verständnis steht auch nicht der in der mündlichen Verhandlung erhobene Vortrag des Klägers entgegen, dass sein Prozessbevollmächtigter dem Beklagten vor dem Versand der streitgegenständlichen E-Mail erläutert habe, dass er persönlich vom Kläger mandatiert worden sei, ihm sei eine unterschriebene Vollmachtserklärung zugesandt worden.
Denn dieser Umstand ändert an dem Verständnis der streitgegenständlichen Äußerung aus Sicht des Durchschnittsempfängers, dem diese Umstände unbekannt sind und der selbst bei Kenntnis hiervon die Äußerung des Beklagten als eine Vermutung, eine Theorie und nicht als eine Tatsache auffasst, nichts.
Die Meinungsäußerung des Beklagten überschreitet auch nicht die Grenze zur Schmähkritik, da sie nicht außerhalb jeglichen Sachkontextes steht (vgl. BVerfG NJW 2016, 2870 Rn. 17 m.w.N.; BVerfG NJW 2017, 1460 – „Obergauleiter der SA-Horden“).
2. Der Kläger hat weiter Anspruch auf Ersatz seiner Rechtsverfolgungskosten nach den §§ 683, 677, 670 BGB (Antrag zu III.), jedoch nicht im geltend gemachten Umfang.
Der Kläger hat mit seiner Abmahnung gemäß Anlage K3 gestützt auf KUG und UrhG gerügt, dass der Beklagte das Bildnis per E-Mail versandt und dadurch vervielfältigt hat. Darüber hinaus hat er sich wegen der Verbreitung des Bildnisses auf §§ 823, 1004 BGB, 22, 23 KUG „(ggfl. i.V.m. der DSGVO“) gestützt (Anlage K3, Bl. 15/18 d.A.). Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger erklärt, dass er den Anspruch auf Ersatz von Abmahnkosten nicht mehr auf das UrhG stützen will, nachdem die Kammer zu erkennen gegeben hat, dass hinsichtlich der urheberrechtlichen Ansprüche ggf. eine Beweisaufnahme erforderlich werden könnte.
a. Die Abmahnung war im Hinblick auf den vom Kläger geltend gemachten Anspruch aus den §§ 823, 1004 BGB i.V.m. §§ 22 f. KUG, Art. 85 DSGVO berechtigt.
aa. Der Beklagte hat das Bildnis des Klägers verbreitet, indem er es in einer E-Mail verwendet hat. Hierbei ist vom Vorgang der Verbreitung auch die unkörperliche Übermittlung erfasst (OLG Frankfurt a.M. MMR 2004, 683; LG Frankfurt a.M., Beschl. v. 28.05.2015 - 2-03 O 452/14, MMR 2016, 482; Dreier/Schulze-Specht, UrhG, 6. Aufl. 2018, § 22 KUG Rn. 9; Wenzel/v.Strobl-Albeg, a.a.O., Kap. 7 Rn. 139; a.A. BeckOK-InfoMedienR/Herrmann, 24. Ed. 1.5.2019, § 22 KUG Rn. 11).
bb. Der Kläger hat in die Verwendung auch nicht im Sinne von § 22 KUG eingewilligt. Eine solche Einwilligung ist insbesondere auch nicht im Einstellen des Bildnisses als Profil bei „Xing“ zu ersehen (vgl. ebenso OLG München MMR 2016, 414).
cc. Der Beklagte kann sich auch nicht auf ein berechtigtes Interesse gemäß § 23 KUG berufen. Eine Ausnahme vom Einwilligungserfordernis nach § 23 Abs. 1 KUG liegt nicht vor. Denn weder handelt es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte, noch um ein solches, auf dem der Kläger nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheint, noch um ein Bildnis von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen oder um ein Bildnis, dessen Verbreitung einem höheren Interesse der Kunst dient.
dd. Bei der dargestellten Abwägung hat die Kammer ferner berücksichtigt, dass seit dem 25.05.2018 die DSGVO Geltung erlangt hat. Insoweit wendet die Kammer jedoch unter Berücksichtigung von Art. 85 Abs. 2 DSGVO die §§ 22 f. KUG und die hierzu in der Rechtsprechung ergangenen Grundsätze mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO an (LG Frankfurt a.M., Urt. v. 13.09.2018 – 2-03 O 283/18, ZD 2018, 2018, 587; so wohl auch OLG Köln, Urt. v. 28.03.2019 – 15 U 155/18, BeckRS 2019, 13613 Rn. 26; vgl. auch LG Frankfurt a.M., Urt. v. 27.09.2018 – 2-03 O 320/17; Sydow/Specht, DSGVO, 2. Aufl. 2018, Art. 85 Rn. 13 ff.; Lauber-Rönsberg/Hartlaub, NJW 2017, 1057, 1060).
b. Soweit der Kläger hingegen Kosten für die Abmahnung, gestützt auf die Äußerung gemäß Klageantrag zu II., verlangt hat, war die Abmahnung unberechtigt, so dass der Kläger Kosten hierfür nicht verlangen konnte (siehe oben).
c. Der vom Kläger geltend gemachte Gegenstandswert von insgesamt 20.000,- EUR für die Abmahnungen ist jedoch übersetzt. Der Kläger wendet sich einerseits gegen die Vervielfältigung und Verbreitung eines Bildnisses, wobei das Bildnis lediglich an wenige Empfänger verbreitet wurde und andererseits gegen eine – ebenfalls nur in einer E-Mail getätigte Äußerung. Die Kammer erachtet hierfür einen Gegenstandswert von 10.000,- EUR unter Berücksichtigung des nach der Praxis der Kammer üblichen Streitwerts für Veröffentlichungen im Internet in Höhe von 15.000,- EUR jeweils für übersetzt, da der Versand per E-Mail mit wenigen Empfängern hiermit kaum vergleichbar ist.
Die Kammer geht insoweit davon aus, dass ein Gegenstandswert von jeweils 6.000,- EUR, insgesamt also 12.000,- EUR angemessen ist.
Im Hinblick auf die Ansprüche wegen der Verwendung des Bildnisses hat der Kläger deutlich gemacht, dass sein Hauptinteresse an der Verhinderung der weiteren Verbreitung des Bildnisses in Form des Versandes der E-Mail liegt. Zwar hat er auch die Vervielfältigung und Bearbeitung auf dem Computer des Beklagten angegriffen, dieser Teil des Anspruch ist jedoch in der Intensität und dem erklärten Interesse des Klägers deutlich niedriger zu bewerten, die Kammer geht insoweit davon aus, dass auf den Anspruch nach KUG ein Gegenstandswert von 5.000,- EUR und auf den Anspruch nach UrhG ein Gegenstandswert von 1.000,- EUR entfällt.
d. Ausgehend hiervon konnte der Kläger Ersatz von Abmahnkosten aus einem Gegenstandswert von 5.000,- EUR verlangen, nämlich inklusive Auslagenpauschale und Umsatzsteuer insgesamt 492,54 EUR.
Denn richtet sich die Höhe der Abmahnkosten nach dem Gegenstandswert der Abmahnung, sind die Kosten einer nur teilweise berechtigten Abmahnung nur zu ersetzen, soweit die Abmahnung berechtigt war. Dabei ist die Höhe des Ersatzanspruchs durch Ermittlung des nach dem berechtigten Teil der Abmahnung zu ermittelnden Gegenstandswert zu bestimmen (BGH (VI. Zivilsenat) NJW 2017, 1550 Rn. 28 – Michael Schumacher; anders im Bereich des Wettbewerbsrechts BGH (I. Zivilsenat) GRUR 2010, 744 Rn. 52 – Sondernewsletter: Quotelung).
Hiervon war eine 0,65-Gebühr in Abzug zu bringen, also 196,95 EUR, so dass 295,59 EUR verbleiben.
Der Zinsanspruch des Klägers ergibt sich aus den §§ 288, 286 BGB.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91a, 92 Abs. 1 ZPO.
Im Hinblick auf den ursprünglichen Klageantrag zu I. war gemäß § 91a ZPO über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Denn die Parteien haben den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
a. Soweit der Kläger seine Ansprüche gemäß dem Klageantrag zu I. auf die §§ 823, 1004 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG gestützt hat, wäre der Klage nach bisherigem Sach- und Streitstand stattzugeben gewesen (siehe oben).
b. Soweit der Kläger seine Ansprüche gemäß dem Klageantrag zu I. hingegen auf die §§ 72, 97 Abs. 1 UrhG in der Handlungsform des Vervielfältigens gestützt hat, waren die Kosten beiden Parteien zu gleichen Teilen aufzuerlegen. Denn über die zwischen den Parteien streitige Frage, ob der Kläger urheberrechtlich aktivlegitimiert war, hätte nach bisherigem Sach- und Streitstand der vom Kläger angebotene Zeuge B2 gehört werden müssen.
c. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kläger seinen Klageantrag zu I. auch auf eine Verletzung von datenschutzrechtlichen Vorschriften gestützt hat. Nachdem, wie oben dargelegt, die Tathandlung des „Verbreitens“ auf das KUG gestützt wurde und die Tathandlung des „Vervielfältigens“ auf urheberrechtliche Ansprüche, kam es auf die datenschutzrechtlichen Ansprüche nicht mehr an, da das „Verbreiten“ bereits nach KUG zu untersagen war. Die Kammer legt den Klageantrag zu I. unter Berücksichtigung der Begründung in der Klageschrift (S. 7, Bl. 9 d.A.) dahingehend aus, dass sich der Kläger mit seinem datenschutzrechtlichen Anspruch ebenfalls allein gegen die angegriffene Tathandlung des „Verbreitens“ durch Versand der E-Mail und nicht auch diejenige des „Vervielfältigens“ richtet, was sich auch mit den Ausführungen des Klägers in der Abmahnung deckt. Der Kläger moniert diesbezüglich allein, dass „in dem Versand eines Personenbildnisses zugleich auch die Verwendung eines personenbezogenen Datums“ liege. Der Unterlassungsanspruch ergebe sich daher aus § 1004 BGB i.V.m. Art. 6 DSGVO. Erst anschließend begründet der Kläger seinen Klageantrag auf Unterlassung der Vervielfältigung (allein) unter Verweis auf § 16 UrhG."