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OLG Nürnberg: Blickfangmäßige Werbung mit Rabatt "auf alle Ostersüßwaren" wettbewerbswidrig wenn per Fußnote diverse Ostersüßwaren von der Rabattaktion ausgeschlossen werden

OLG Nürnberg
Urteil vom 23.07.2024
3 U 392/24 UWG


Das OLG Nürnberg hat entschieden, dass die blickfangmäßige Werbung mit Rabatt "auf alle Ostersüßwaren" wettbewerbswidrig ist, wenn per Fußnote diverse Ostersüßwaren von der Rabattaktion ausgeschlossen werden.

Aus den Entscheidungsgründen:
1. Der Senat wendet zur Prüfung, ob in Fällen der Blickfangwerbung der vorliegenden Art eine Irreführung gegeben ist, in Anschluss an Rechtsprechung und Literatur das folgende Stufenmodell an (OLG Nürnberg,, Beschluss vom 16. August 2022, 3 U 747/22, GRUR-RR 2023, 37, Rn. 11 ff., wiederholt im Beschluss vom 23. Dezember 2023, 3 U 1720/22, GRUR-RS 2022, 46596, Rn. 10 ff.):

a) Handelt es sich um eine falsche Angabe zu einer leicht nachprüfbaren, objektiven Tatsache, für die es keinen vernünftigen Grund gibt (vgl. BGH, GRUR 2001, 78 juris-Rn. 16 – Falsche Herstellerpreisempfehlung), bzw. eine leicht zu vermeidende, eindeutig falsche Werbeaussage, für die kein vernünftiger Anlass besteht (vgl. BGH, GRUR 2012, 81 Rn. 14 – Innerhalb 24 Stunden), liegt eine sogenannte „dreiste Lüge“ vor. In einem solchen Fall der objektiven Unrichtigkeit kann der erzeugte Irrtum nicht durch einen erläuternden Zusatz in Form einer Fußnote oder ähnlichem richtiggestellt werden (Bornkamm/Feddersen, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl. 2022, § 5 Rn. 1.89; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. November 2014 – 15 U 71/14, BeckRS 2015, 2183, Rn. 18).

Um der Erläuterung oder Korrektur zugänglich zu sein, muss die Aussage mithin eine solche sein, die nicht erkennbar unzutreffend ist und an der – trotz ihres irreführenden Charakters – von Seiten des Werbenden ein nachvollziehbares Interesse besteht. Dagegen kann eine dreiste Lüge, für die kein vernünftiger Anlass besteht, auch dann nicht zugelassen werden, wenn ein Sternchenhinweis eine Korrektur enthält (vgl. BGH GRUR 2001, 78 – Falsche Herstellerpreisempfehlung; GRUR 2012, 184 Rn. 28 – Branchenbuch Berg; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bomkamm/Feddersen, 42. Aufl. 2024, UWG § 5 Rn. 1.89).

Nicht durch einen Sternchen- oder Fußnotenhinweis korrekturfähig ist etwa die blickfangmäßige Aussage „20 % auf Alles ohne Wenn und Aber“ (LG Dortmund, Urteil vom 31. Oktober 2018 – 20 O 22/18, juris-Rn. 15) oder die Werbung eines Autohändlers, die den Eindruck vermittelt, dass ein angebotenes „Neufahrzeug“ zu dem angegebenen Preis von jedermann gekauft werden kann, obwohl der Preis nur dann gilt, wenn für den Wagen eine Tageszulassung vorgenommen wird und zum anderen nur für die Verbraucher, die ein Gebrauchtfahrzeug in Zahlung geben (OLG Köln, Urteil vom 5. April 2019 – I-6 U 179/18, juris-Rn. 21 ff.). Gleiches gilt für die Werbeaussage „30 % auf (fast) alles!“, wenn der Verbraucher die Einschränkung „fast“ dahingehend versteht, dass sich diese nur auf die in der Aufzählung nicht genannten Produktkategorien bezieht (OLG Köln, Urteil vom 20. April 2018 – I-6 U 153/17, juris-Rn. 34).

Als nicht korrigierbar wurde auch der Fall angesehen, dass in einem Anschreiben bei flüchtiger Betrachtung gezielt der Eindruck vermittelt wurde, die beworbene Leistung sei bereits bestellt und müsse deshalb bezahlt werden. Bei einer Werbung, die gerade auf den flüchtigen Eindruck ausgerichtet ist, muss davon ausgegangen werden, dass ein ausreichender Teil des in dieser Weise angesprochenen Verkehrs getäuscht wird (BGH GRUR 2012, 184 Rn. 28 – Branchenbuch Berg).

Dagegen wurde das Vorliegen einer dreisten Lüge verneint, wenn erkennbar eine unvollständige Kurzangabe, ähnlich einer Überschrift, vorliegt, die dazu einlädt, die ausführliche und präzise Information zur Kenntnis zu nehmen, auf die der Link verweist (BGH GRUR 2012, 81 Rn. 14 – Innerhalb 24 Stunden).

b) In anderen Fällen, in denen eine blickfangmäßig herausgestellte Angabe in einer Werbung bei isolierter Betrachtung eine fehlerhafte Vorstellung vermittelt, kann der dadurch veranlasste Irrtum durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis ausgeschlossen werden, der selbst am Blickfang teilhat (BGH, GRUR 2016, 207 Rn. 16 – All Net Flat). Dabei reicht es nicht aus, wenn der beworbene Artikel zusammen mit weiteren Artikeln abgebildet wird, ohne die er nicht benutzt werden kann, und der aufklärende Hinweis nur ganz am Ende der Produktinformationen innerhalb der Produktbeschreibung steht, ohne am Blickfang teilzuhaben und die Zuordnung zu den herausgestellten Angaben zu wahren (BGH, GRUR 2003, 249 juris-Rn. 16 – Preis ohne Monitor).

So wurde beispielsweise ein Hinweis in einer Fußnote für unzureichend gehalten, wenn sich die Fußnotenziffer neben einer Preisangabe befindet, der Fußnotentext selbst mit Hinweisen zur Preisgestaltung beginnt und der darin weiter enthaltene Hinweis auf die regionale Verfügbarkeit nicht besonders hervorgehoben ist (OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2015, 150 Rn. 31 f. – Entertain Comfort).

c) Auch ohne Stemchenhinweis oder unmittelbare räumliche Zuordnung zum Blickfang kann ausnahmsweise die Aufklärung in einem kurz und übersichtlich gestalteten weiteren Text genügen, wenn es sich um eine Werbung – etwa für langlebige und kostspielige Güter – handelt, mit der sich der Verbraucher eingehend und nicht nur flüchtig befasst, und die er aufgrund einer kurzen und übersichtlichen Gestaltung insgesamt zur Kenntnis nehmen wird.

2. Nach diesen Kriterien ist die verfahrensgegenständliche Werbung der Fallgruppe a) zuzuordnen, da sie eine aus sich heraus klare Aussage darstellt, die zweifelsfrei unrichtig ist, und hierfür auch keine vernünftigen Gründe sprechen.

a) Die Beklagte bedient sich einer sog. Blickfangwerbung, indem sie durch Verwendung einer großen Schrifttype und kontrastreicher Farben auf der Titelseite ihres Prospekts auf die Rabattaktion betreffend Ostersüßwaren hinweist. Hiergegen erinnert auch die Beklagte nichts.

b) Die Aussage, dass der näher beschriebene Rabatt auf „alle“ Ostersüßwaren gewährt wird, ist aus sich heraus klar verständlich und abschließend. Irgendein Bedarf nach Präzisierung oder Erläuterung stellt sich, weil das Adjektiv „alle“ keinerlei Relativierung enthält und einer solchen auch nicht zugänglich ist, nicht. Dies gilt sowohl, wenn man den Begriff „alle“ im logischen und grammatikalischen Sinn versteht, als auch nach dem Begriffsverständnis der durchschnittlichen Verbraucher als dem angesprochenen Verkehrskreis.

Die Richtigkeit der Aussage, dass die Rabattaktion sämtliche Artikel erfasst, die der Kategorie der Ostersüßwaren zuzuordnen ist, lässt sich leicht nachprüfen; Wertungsspielraum besteht nicht. Entweder gibt es den Rabatt tatsächlich für sämtliche Artikel dieser Kategorie, woran es bereits fehlt, wenn ein einzelnes Produkt ausgenommen sein soll, oder die Aussage ist unwahr.

Die Werbung kann deshalb nicht als erkennbar unvollständige Kurzangabe charakterisiert werden. Eine solche wäre gegeben, wenn klar ersichtlich wäre, dass es im Hinblick auf den „sachlichen Umfang“ weitere Informationen geben muss, um die Bedingungen abschließend wiederzugeben. Vielmehr stellt sich vorliegend der Eindruck ein, dass bereits alles gesagt sei (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. November 2014, 15 U 71/14, BeckRS 2015, 3183, Rn. 23), was den sachlichen Umfang der Rabattaktion – Einbeziehung von Ostersüßwaren – betrifft. Dementsprechend erwartet der Verbraucher auch nicht, dass sich Detailangaben zu diesem Aspekt in der Fußnote finden.

Insoweit betont der Senat, dass die Qualifikation als falsche Angabe oder dreiste Lüge keine Bewertung dahingehend enthält, dass bewusst getäuscht werden soll. Entscheidend ist, dass eine falsche Angabe zu einer leicht nachprüfbaren, objektiven Tatsache vorliegt, für die es keinen vernünftigen Grund gibt, oder eine leicht zu vermeidende, eindeutig falsche Werbeaussage, für die kein vernünftiger Anlass besteht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2011, I ZR 119/10, GRUR 2012, 81 Rn. 14 – Innerhalb 24 Stunden; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. November 2014, 15 U 71/14, BeckRS 2015, 2183, Rn. 18).

Bei Sachverhalten, in denen eine unrichtige, aber vermeidbar unrichtige Aussage vorliegt, kann eine Richtigstellung durch eine erläuternde Angabe nicht erfolgen, auch wenn sie am Blickfang teilnimmt.

c) Die Angabe „alle Ostersüßwaren“ erscheint insbesondere auch deshalb nicht von vornherein erläuterungsbedürftig, weil dem Verbraucher klar sein müsste, dass diese Aussage nicht im strengen Wortsinne generell gemeint sein könne.

Zwar werden pauschale Aussagen mit nachfolgenden Einschränkungen nicht als irreführend angesehen, wenn sich die Einschränkungen im Rahmen dessen bewegen, mit dem der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher ohnehin rechnet (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2011, I ZR 119/10, GRUR 2012, 81 Rn. 12 – Innerhalb 24 Stunden). Es liegt aber nicht von vornherein fern, dass die Beklagte im Rahmen einer Sonderaktion ihr gesamtes Sortiment an Ostersüßwaren einschließlich solcher Artikel, die einem bestimmten Hersteller oder bestimmten Marken zuzuordnen sind, vergünstigt abgeben will. Insoweit ist es nach der Erfahrung des Verbrauchers keineswegs ungewöhnlich, dass Saisonartikel, zu denen Ostersüßwaren zweifellos zählen, in bestimmten Phasen mit besonderen Rabatten beworben werden, selbst wenn sie von Qualitätsherstellern stammen. Dies gilt nicht nur nach Ablauf des Festes, Anlasses etc., zu dem sie einen Bezug aufweisen, sondern kann auch in der Phase vor diesem geschehen.

d) Ohne Erfolg bleibt daher der Hinweis der Beklagten, der Verbraucher lese Handzettel der vorliegenden Art intensiver und gründlicher, als dies bei Plakatwerbung oder Fernsehspots der Fall ist.

e) Aus dem genannten Grund kann auch die Überlegung der Beklagten nicht verfangen, der Verbraucher, der mit Erläuterungen in einer erkennbar angebrachten Fußnote rechnet, lese diese sogleich und nehme deshalb die dort genannte Einschränkung zur Kenntnis, bevor er zu der Information „alle Ostersüßwaren“ gelangt. Der Verbraucher darf bei einer derart klar und einschränkungslos formulierten Aussage darauf vertrauen, dass sie in jeder Hinsicht zutrifft und sich in der angebrachten Fußnote keine Einschränkungen finden, die in diametralem Gegensatz zu der getroffenen Aussage stehen.

f) Eine Präzisierungsbedürftigkeit besteht auch im Übrigen nicht schon aus sachgegebenen Gründen. Eine solche könnte zwar angenommen werden, wenn die Abgrenzung von Ostersüßwaren und zu anderen Süßwaren nicht trennscharf möglich wäre. Die vorliegend unternommene Abgrenzung der erfassten von den nicht erfassten Waren beruht ausschließlich auf dem Hersteller und nicht danach, ob sie einen Bezug zu Ostern aufweisen.

Umgekehrt führt der Umstand, dass der Verbraucher möglicherweise Erläuterungen dazu erwartet oder wünscht, wie Ostersüßwaren von sonstigen Süßwaren abzugrenzen sind, nicht dazu, dass ein beachtlicher Erläuterungsbedarf auch im Hinblick darauf besteht, ob wirklich alle Ostersüßwaren erfasst sein sollen. Wie ausgeführt, lässt die gewählte Formulierung keinen Zweifel offen, dass jeder Artikel, der den „Ostersüßwaren“ zuzuordnen ist, auch von dem Rabatt erfasst sein soll.

g) Jedenfalls erwartet der Verbraucher eine Einschränkung des sachlichen Umfangs der Rabattaktion, d.h. der Produkte, die für einen solchen Rabatt infrage kommen, dann nicht, wenn sich das Fußnotenzeichen bei der Angabe „20 %“ befindet.

Eine Erläuterung wird vom angesprochenen Verkehr tendenziell für die Angabe erwartet, bei der der Hinweis darauf (Sternchen-, Fußnotenzeichen) angebracht ist; findet sie sich am Ende der Aussage, kann sich diese regelmäßig auf alle Elemente beziehen.

Dementsprechend impliziert die vorliegende Gestaltung, die korrespondierende Fußnote enthalte eine weitere Information dazu, wie gerade die Rabattquote von 20 % zu verstehen ist, also etwa, was für deren Berechnung im einzelnen gilt. Dagegen liegt die Vermutung, es solle erläutert werden, für welche Arten von Produkten der Rabatt beansprucht werden könne, eher fern (und zwar gerade dann, wenn man entsprechend der Herangehensweise der Beklagten danach fragt, mit welchen Erläuterungen der Verbraucher dann rechnet, wenn er die Werbeaussage Wort für Wort durchgeht). Eine Richtigstellung mit dem vorliegenden Inhalt, dass bestimmte Ostersüßwaren ausgenommen sind, würde der Verbraucher objektiv beim Wort „alle“ erwarten.

Es kann daher offenbleiben, ob entgegen dem eingangs genannten Stufenprogramm eine Fußnote, die deutlich sichtbar bei einem an sich einschränkungslosen Begriff angebracht ist, in einer eine Fehlvorstellung ausschließenden Weise signalisieren könnte, dass der Begriff doch nicht so zu verstehen sein soll, wie er sich findet.

Unerheblich muss demnach auch sein, dass die Angabe der Rabattquote von 20 % und das dort angebrachte Fußnotzenzeichen drucktechnisch größer gesetzt ist als der Bestandteil „auf alle Ostersüßwaren…“. Da ein Fußnoten-/Stemchenzeichen nicht übersehen werden darf, bedingt dies bereits, es entsprechend größer zu setzen, wenn die Worte, bei denen es sich befindet, größer gedruckt sind. Entscheidend ist aber ohnehin, dass der Verbraucher infolge der Einschränkungslosigkeit des Wortes „alle“ und der Positionierung nach dem %-Zeichen keinen Anlass hat, dem Verweis nachzugehen, um sicher zu sein, dass wirklich alle Ostersüßwaren rabattiert werden.

h) Es ist auch nicht zu erkennen, dass der Beklagte keine zumutbare Alternativen offenstünden, in plakativer und wirkungsvoller Weise mit einem Rabatt, der etwa Ostersüßwaren des Herstellers Ferrero ausnimmt, zu werben.

Der Senat kann dahinstehen lassen, ob der Beklagten die klägerseits vorgeschlagene Lösung „fast alle“ zugemutet werden kann. Aus gegenwärtiger Sicht des Senats kann die Beklagte jedenfalls bei Aktionen der verfahrensgegenständlichen Art mit „20 % auf viele Ostersüßwaren“ oder „20 % auf die meisten Ostersüßwaren“ werben und dann mittels einer Fußnote den genauen Inhalt der entsprechenden Einschränkungen kommunizieren. Es liegt dann eine erkennbar ergänzungs-/erläuterungsbedürftige Aussage vor (weil erkennbar wird, dass zahlreiche, aber nicht sämtliche Ostersüßwaren betroffen sind), bei der der Verbraucher bemerkt, dass noch Detailangaben fehlen, und ihm zugemutet werden kann, dem Fußnotenhinweis nachzugehen. Auf diese Weise lässt sich das Interesse der Beklagten, auch für Rabattaktionen der vorliegenden Art blickfangmäßig werden zu können, umsetzen.

Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall in einem wesentlichen Punkt von dem Sachverhalt, der der Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 13. November 2014 (15 U 71/14, BeckRS 2015, 3183) zugrunde lag. Dort hätte es größeren und zusätzlichen Raum in Anspruch genommen, zu erläutern, dass das Angebot nur für gesetzlich versicherte Personen gilt. Vorliegend lässt sich die gebotene Klarheit aber durch Austausch des Worts „alle“ durch ein oder zwei andere, relativ kurze Worte bewerkstelligen. Die Werbeaussage wird dadurch nicht unübersichtlich oder so lang, dass sie nicht mehr plakativ präsentiert werden könnte. Aus diesem Grund verfängt auch die Überlegung nicht, es liege tendenziell im Interesse der Verbraucher, durch kurze und damit übersichtliche Aussagen auf Angebote hingewiesen zu werden.

Offen bleiben kann damit, ob der Standpunkt der Beklagten zutrifft, bei einer Werbung mit „20 % auf Ostersüßwaren …“ würden nur die Ostersüßwaren erfasst, die auch bildlich dargestellt werden.

i) Die Zulässigkeit der verwendeten Werbung unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit kann entgegen der Auffassung des Landgerichts auch nicht auf den Umstand gestützt werden, dass nach dem unwidersprochen Vorbringen der Beklagten rund 80 % der von ihr bereitgehaltenen Ostersüßwaren von der Rabattaktion erfasst sind.

Der Senat hat bereits Zweifel daran, ob für die an dieser Stelle vorzunehmende Verhältnismäßigkeitsbetrachtung relevant sein kann, in welcher Quote von Fällen eine Aussage zutrifft oder nicht. Ob die Passage in der Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 13. November 2014 (15 U 71/14, BeckRS 2015, 3183, Rn. 22), die Werbeaussage sei für einen erheblichen Teil der angesprochenen Kunden zutreffend, in diesem Sinne zu verstehen ist, wie die Beklagte meint, hält der Senat für zweifelhaft. Jedenfalls hat der Senat nicht in seinem Beschluss vom 23. Dezember 2022, 3 U 1720/22, GRUR-RS 2022, 46596, Rn. 16, eine derartige Betrachtung vorgenommen. Er hat lediglich deshalb auf einen „nicht unwesentliche[n] Teil“ der Waren abgestellt, weil klar sein musste, dass nicht sämtliche Waren aller Abteilungen heruntergesetzt sein sollten; dies stellt aber eine andere Überlegung dar.

Entscheidend ist in jedem Fall, ob es sachliche Gründe dafür gibt, sich einer Erläuterung in einer Fußnote zu bedienen, anstatt sich sogleich korrekt auszudrücken, und der damit verbundene Nachteil für den Verbraucher in einem angemessenen Verhältnis zu den Motiven und Interessen des Werbenden steht. Wie beschrieben, ist dies vorliegend nicht der Fall, weil keine unpräzise oder unvollständige Aussage vorliegt, die nicht in knapper Form korrekt formuliert hätte werden können, und dies ohne Nachteile vermieden hätte werden können.

j) Darauf, dass die Erläuterung ohne großen Aufwand wahrgenommen werden kann, da sie sich auf derselben Seite und in dem Bereich befindet, der zu der Werbung für die Ostersüßwaren gehört, kommt es damit nicht mehr entscheidend an. Soweit der Senat in seinem Beschluss vom 16. August 2022, 3 U 747/22, auf die Notwendigkeit eines Scrollens abgestellt hat, stellte dies lediglich einen zusätzlichen Aspekt dar. Dasselbe gilt im Hinblick darauf, dass vorliegend (anders als in dem Sachverhalt, der dem Beschluss des Senats vom 23. Dezember 2022, 3 U 1720/22 zugrunde lag) nicht die Gefahr besteht, das Fußnotenzeichen könne anderweitig, zum Beispiel als Hinweis auf eine Markeneintragung, verstanden werden.

k) Unerheblich muss schließlich sein, dass der angesprochene Kunde durch sein Kaufverhalten die Voraussetzungen dafür schaffen kann, ob er den Rabatt erhält oder nicht, was die vorliegende Situation wiederum von dem vom OLG Düsseldorf am 13. November 2014 entschiedenen Fall (15 U 71/14, BeckRS 2015, 3183) unterscheidet, weil dort die Eigenschaft als gesetzlich oder privat Versicherter kaum beeinflussbar ist. Der Verbraucher, der den Prospekt sieht, kann sich in der berechtigten Erwartung, auch Ostersüßwaren der in der Fußnote genannten Markenhersteller mit den Rabattkonditionen kaufen zu können, in eine Filiale der Beklagten begeben; der Anlockeffekt ist dann eingetreten. Es ist auch nicht so, dass Süßwaren von Markenherstellern aus Sicht des Kunden in jeder Hinsicht gleichwertig mit Süßwaren anderer Markenhersteller oder unter Eigenmarken vertrieben Süßwaren sind.

l) Auch die vorzunehmende Gesamtbetrachtung führt zu keinem anderen Ergebnis.

Die Beklagte wirbt plakativ mit einer für Lebensmittel relativ hohen Rabattquote von 20 % und gibt weiter an, dass dies für alle Ostersüßwaren gelte, sofern der Einkaufswert 5 € erreicht. Für den Verbraucher, der von einer Sonderaktion anlässlich des bevorstehenden Osterfests ausgeht, erscheint die Aussage nicht weiter erläuterungsbedürftig; er hat keinen Anlass, damit zu rechnen, dass sich hinsichtlich der verbal erfassten Ostersüßwaren Einschränkungen ergeben könnten. Für den Verbraucher ist eine derartige Rabattaktion besonders dann interessant, wenn sie auch Produkte von Markenherstellern erfasst; gerade dies wird aber durch das Wort „alle“ suggeriert. Ostersüßwaren gehören auch nicht zu besonders hochpreisigen und langlebigen Artikeln, denen unterstellt werden kann, dass der Verbraucher sich mit Werbung eingehend befasst (vgl. Senat, Beschluss vom 16. August 2022, 3 U 747/22, GRUR-RR 2023, 37, Rn. 16). Die Fehlvorstellung könnte auf einfache Weise vermieden werden, ohne dass der Werbeeffekt für die Beklagte nennenswert leiden würde.

3. Über die übrigen Voraussetzungen eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs gem. § 8 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. §§ 3, 5 Abs. 1 u. 2 Nrn. 1 u. 2 UWG herrscht zwischen den Parteien kein Streit; auch der Senat konnte keine tatsächlichen oder rechtlichen Aspekte erkennen. Dem Unterlassungsantrag war daher zu entsprechen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


OLG München: Wettbewerbswidrige Irreführung durch Werbung mit 0%-Finanzierung im Online-Shop von Saturn und Mediamarkt wenn zugleich Rahmenkreditvertrag abgeschlossen wird

OLG München
Urteil vom 19.10.2023
6 U 3908/22


Das OLG München hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung durch Werbung mit "0%-Finanzierung" im Online-Shop von Saturn und Mediamarkt vorliegt, wenn zugleich ein Rahmenkreditvertrag abgeschlossen wird

Aus den Entscheidungsgründen:
2) Indem die Beklagte eine 0%-Finanzierung zum Erwerb im Rahmen ihrer Online-Shops unter www.s...de und www.m...de blickfangmäßig beworben und lediglich im Rahmen eines nur schwer leserlichen und inhaltlich nicht hinreichend klaren auflösenden Hinweises zu einem Sternchenvermerk darauf hingewiesen hat, dass über die Finanzierung des Produkts hinaus ein zeitlich unbefristeter Rahmenkreditvertrag bis zu einem Nettodarlehensvertrag von EUR 10.000,00 mit dem Kreditinstitut BNP P. mit einer veränderlichen Sollzinsbelastung von 14,84% (15,9% effektiver Jahreszinssatz) abgeschlossen wird, hat sie gegen das Irreführungsverbot gemäß § 5 Abs. 1 UWG verstoßen.

a) Gemäß § 5 Abs. 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

aa) Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Tatsachen oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die in § 5 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 7 UWG genannten Umstände enthält. Hierzu zählen gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG insbesondere die wesentlichen Merkmale der fraglichen Ware oder Dienstleistung einschließlich deren Art, Risiken und Zusammensetzung. Zur Täuschung im Sinne von § 5 Abs. 2 Alt. 2 UWG geeignet und damit irreführend ist eine Angabe, wenn sie bei den angesprochenen Kunden eine Vorstellung erzeugt, die mit den wirklichen Verhältnissen nicht im Einklang steht, wobei es für die Beurteilung auf den Gesamteindruck ankommt, den die geschäftliche Handlung bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorruft (st. Rspr., statt vieler: BGH, Urt. v. 12.05.2022, Az. I ZR 203/20, GRUR 2022, 925 Tz. 18 – Webshop Awards; BGH, Urt. v. 04.07.2019, Az. I ZR 161/18, GRUR 2020, 299 Tz. 10 – IVD-Gütesiegel; Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Aufl. 2023, § 5 Rn. 1.56). Wird dabei eine Angabe blickfangmäßig herausgestellt, darf diese für sich genommen nicht unrichtig oder für den Verkehr missverständlich sein (st. Rspr., statt vieler: BGH, Urt. v. 15.10.2015, Az. I ZR 260/14, GRUR 2016, 207 Tz. 16 – All Net Flat; BGH, Urt. v. 18.12.2014, Az. I ZR 129/13, GRUR 2015, 698 Tz. 16 – Schlafzimmer komplett; BGH, Urt. v. 19.04.2007, Az. I ZR 57/05, GRUR 2007, 981 Tz. 23 – 150% Zinsbonus). Vermittelt eine blickfangmäßig herausgestellte Angabe für sich genommen eine fehlerhafte Vorstellung, kann der dadurch veranlasste Irrtum nur durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis ausgeschlossen werden, der seinerseits selbst am Blickfang teilhaben muss, was nur dann der Fall ist, wenn der situationsadäquat aufmerksame Verbraucher die aufklärenden Hinweise auch wahrnimmt (BGH, Urt. v. 18.12.2014, Az. I ZR 129/13, GRUR 2015, 698 Tz. 16 – Schlafzimmer komplett; BGH, Urt. v. 19.04.2007, Az. I ZR 57/05, GRUR 2007, 981 Tz. 23 – 150% Zinsbonus). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Zweck des Irreführungsverbotes der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (Richtlinie Nr. 2005/29/EG) entsprechend darin besteht, den Verbraucher in seiner Fähigkeit zu einer freien und informationsgeleiteten Entscheidung zu schützen (BGH, Urt. v. 15.10.2015, Az. I ZR 260/14, GRUR 2016, 207 Tz. 18 – All Net Flat).

bb) Diese Maßstäbe zugrunde gelegt ist eine Irreführung über die Art und Zusammensetzung der von der Beklagten im Zusammenhang mit dem Erwerb verschiedener Elektrogeräte angebotenen Dienstleistung einer 0%-Finanzierung im vorliegenden Fall zu bejahen, § 5 Abs. 2 Alt. 2 Nr. 1 UWG.

(1) Dabei sieht sich der Senat im Rahmen der vorzunehmenden rechtlichen Würdigung an die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts gebunden. Insbesondere mit Blick auf den vom Landgericht auf Seiten 3 und 4 des angegriffenen Urteils festgestellten Inhalt der klarstellenden Hinweise ist daher davon auszugehen, dass die von der Beklagten im Rahmen ihrer Online-Shops verwendeten Hinweistexte jeweils übereinstimmen. Dass ausweislich der Anlage K 3 betreffend das im Online-Shop www.s...de angebotene Produkt LG OLED55CX9LA OLED TV der Sternchenvermerk (***) nicht die eigentliche 0%-Finanzierung näher erläutert, sondern zunächst darauf hinweist, dass das Angebot „nur für direkt von Saturn angebotene Produkte“ gilt, mit der H. Bank GmbH & Co KG, …, im Fortfolgenden ein weiterer Finanzierungspartner genannt wird und auch der Satz, wonach der Partner für den Onlineshop der MMS E-C. GmbH die BNP P. S.A. …, … sei, fehlt, war im Rahmen der Irreführungsprüfung daher nicht zu berücksichtigen. Gleiches gilt im Ergebnis hinsichtlich des im Online-Shop www.m. .de angebotenen Produkts LG OLED65CX9LA OLED TV, bei dem ebenfalls der weitere Finanzierungspartner H. Bank …, genannt ist und der Hinweis, wonach der Partner für den Onlineshop der MMS E-C. GmbH die BNP P. S.A. sei, fehlt (Anlage K 4). Der Tatbestand des landgerichtlichen Urteils weist insoweit keine Widersprüche, Lücken oder Unklarheiten auf und wurde von den Parteien auch nicht mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag angegriffen. Ein Rückgriff auf die von der Klägerin vorgelegten Anlagen und den sich hieraus ergebenden tatsächlichen Text der Hinweise ist dem Senat daher verwehrt (vgl. BGH, Urt. v. 01.07.2021, Az. I ZR 137/20, WRP 2022, 48 Tz. 27 f. – Kaffeebereiter).

(2) Ungeachtet dessen stellt sich aber die streitgegenständlich beworbene 0%-Finanzierung unter Berücksichtigung des vom Landgericht festgestellten Hinweistextes als irreführend dar (nachfolgend (a)). Die zu den Sternchenvermerken von der Beklagten abgedruckten Hinweise genügen nicht, um eine Irreführung im vorliegenden Fall auszuschließen. Dem Verbraucher wird die entgegen der beworbenen 0%-Finanzierung tatsächlich mögliche Zinsbelastung in den in der Fußzeile der jeweiligen Homepage abgedruckten Hinweisen nicht hinreichend klar und unmissverständlich erläutert (nachfolgend (b)).

(a) Die streitgegenständliche 0%-Finanzierung wurde von der Beklagten blickfangmäßig in einem Kästchen unmittelbar unterhalb der Preisangabe des jeweils zu erwerbenden Produkts beworben und herausgestellt. Mit der blickfangmäßigen Herausstellung der 0%-Finanzierung einschließlich der mit der Höhe und Anzahl der Raten klar bezeichneten wesentlichen Konditionen weckt die Beklagte bei dem angesprochenen Verbraucher die Erwartungshaltung, im Zusammenhang mit dem Erwerb der jeweiligen Ware keine, auch keine potentielle weitere Zinsbelastung tragen zu müssen. Dieser Verbrauchervorstellung entsprechen die tatsächlichen Verhältnisse nicht. Denn tatsächlich wird dem Verbraucher bei einem Einkauf über die Online-Shops der Beklagten unter www.s. .de und www.m. .de mit der Wahl der ihm angebotenen 0%-Finanzierung nicht nur eine entsprechende zinsfreie Finanzierung des tatsächlich erworbenen Produkts in Form eines Ratenkredits ermöglicht, sondern darüber hinaus ein zeitlich unbefristeter Rahmenkreditvertrag über einen Nettodarlehensbetrag bis zu EUR 10.000,00 mit dem Kreditinstitut BNP P.vermittelt und hierzu eine Mastercard zugesandt, bei deren Gebrauch dem Verbraucher erhebliche weitere Kosten in Höhe eines veränderlichen Sollzinssatzes von 14,84% (15,9% effektiver Jahreszinssatz) entstehen können.

Ihrem Inhalt nach richtet sich die streitgegenständliche Werbung an Endverbraucher. Maßgeblich ist damit die Sichtweise des durchschnittlich informierten, verständigen und der Situation, in der er mit der Aussage konfrontiert wird, entsprechend aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers (st. Rspr., statt vieler: BGH, Urt. v. 19.04.2007, Az. I ZR 57/05, GRUR 2007, 981 Tz. 20 – 150% Zinsbonus; BGH, Urt. v. 24.10.2022, Az. I ZR 50/500, GRUR 2003, 163, 164 – Computerwerbung II). Da die Mitglieder des erkennenden Senats zu den von der streitgegenständlichen Werbung angesprochenen Verkehrskreisen zählen, können diese die mit der von der Beklagten angebotenen 0%-Finanzierung erzeugte Vorstellung aus eigener Anschauung selbst beurteilen. Angesichts der dem Wortlaut nach auf eine Finanzierung zu 0% Zinsen gerichteten Werbung und der zugleich angegebenen Anzahl und Höhe der zu bezahlenden Raten versteht der angesprochene Durchschnittsverbraucher die ihm dargebotene Finanzierungsmöglichkeit dahingehend, das fragliche Produkt gegen Zahlung der nach Anzahl und Höhe benannten Raten ohne jede zusätzliche Zinsbelastung erwerben zu können.

Dabei ist zwar entgegen dem Landgericht davon auszugehen, dass der durchschnittliche Verbraucher die fragliche Werbung nicht lediglich flüchtig wahrnehmen wird. Denn bei den streitgegenständlichen Produkten, hier Fernseher der Marken Sony und LG mit OLED-Technologie, handelt es sich um hochpreisige Güter, die nicht Gegenstand alltäglicher Erwerbsgeschäfte sind, sondern typischerweise auf einer überlegten und geplanten Kaufentscheidung beruhen. Daher wird der Durchschnittsverbraucher im Grundsatz den unmittelbar in dem unterhalb der Preisangabe des jeweiligen Produkts blickfangmäßig hervorgehobenen Kästchen als solchen erkennbaren Sternchenvermerk zu der dort angebotenen 0%-Finanzierung wahrnehmen und diesem auch nachgehen. Da dem Verbraucher aber die zum Zwecke der Finanzierung primär relevanten Informationen betreffend die Höhe und Anzahl der von ihm zu zahlenden Raten bereits aus der eigentlichen Blickfangwerbung bekannt sind, wird er im Rahmen des Sternchenvermerks allenfalls ergänzende Informationen zur Abwicklung des Ratenkredits, insbesondere zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Raten und den zur Zahlungsabwicklung benötigten Bank- und Kontodaten des Zahlungsempfängers, erwarten. Stattdessen enthält der Sternchenvermerk aber neben der Angabe verschiedener in Betracht kommender Zahlungsdienstleister den Hinweis auf einen im Falle des Einkaufs über den jeweiligen Online-Shop mit dem Finanzierungspartner BNP P. zustande kommenden Rahmenkreditvertrag sowie auf eine in diesem Zusammenhang dem Verbraucher zur Verfügung gestellte Mastercard, bei deren Gebrauch ihm möglicherweise Zinszahlungspflichten in Höhe von bis zu 15,9% effektiver Jahreszins des aus dem Kreditrahmen in Anspruch genommenen Betrages entstehen können. Der Inhalt des streitgegenständlichen Sternchenvermerks begründet mithin einen angesichts der aus dem Blickfang heraus klaren Verbrauchervorstellung einer vollständig zinsfreien Finanzierung eines spezifischen Erwerbsgeschäfts überraschenden Widerspruch zu der dem Verbraucher letztlich bei Gebrauch der im Zusammenhang mit der 0%-Finanzierung übersandten Mastercard möglicherweise entstehenden Zinszahlungspflicht und belegt somit das für die Annahme der Irreführung entscheidende Auseinanderfallen von Verbrauchervorstellung einerseits und tatsächlicher Situation andererseits.

Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang das mit Schriftsatz vom 29.08.2023 sowie in der mündlichen Verhandlung von dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten vertiefte Argument, wonach dem relevanten Durchschnittsverbraucher aus verschiedenen Internetveröffentlichungen bekannt sei, dass auch im Falle von 0%-Finanzierungen alles seinen Preis habe und insoweit verschiedene Geschäftsmodelle einschließlich des zugleich mit dem Warenerwerb erfolgenden Verkaufs von Kreditkarten praktiziert würden. Von Verbraucherschutzorganisationen und Anbietern von Verbraucherinformationen veröffentlichte Hinweise und Warnungen vor versteckten Kostenfallen sind insoweit bereits im Ansatz nicht geeignet, das Vorstellungsbild des maßgeblichen Durchschnittsverbrauchers dahingehend zu prägen, dass dieser im Hinblick auf die im Einzelfall zu beurteilende Werbung keiner Fehlvorstellung unterliegt. Die von der Beklagten vorgelegten Internetpublikationen zeigen im Gesamtbild vielmehr, wie unklar und heterogen sich die Gestaltung von 0%-Finanzierungen darstellt. Hieraus folgt aber gerade nicht, dass eine Irreführung mangels entsprechender Fehlvorstellung des maßgeblichen Durchschnittsverbrauchers per se ausgeschlossen ist. Vielmehr ist damit im Gegenteil umso mehr belegt, dass der Anbieter einer 0%-Finanzierung gerade unmissverständlich und hinreichend klar erläutern muss, mit welchen möglichen Zusatzkosten ein Verbraucher gegebenenfalls rechnen muss, um in dem jeweiligen Einzelfall eine Irreführung auszuschließen.

(b) Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung sind die zu den Sternchenvermerken vorgehaltenen Hinweise weder nach Art noch nach Inhalt hinreichend klar, um die dargelegte Irreführung zu beseitigen. Die in der Fußzeile der streitgegenständlichen Internet-Webseiten von der Beklagten abgedruckten Hinweise genügen den Anforderungen an einen dem Bundesgerichtshof zufolge im Falle einer durch eine blickfangmäßige Werbung verursachten Fehlvorstellung notwendigen klarstellenden Hinweis nicht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der angesprochene Verbraucher auf Grund der wortlautgemäß eindeutigen Blickfangwerbung für die streitgegenständliche 0%-Finanzierung keinerlei Anlass hat, damit zu rechnen, dass ihm aus oder im Zusammenhang mit dieser Finanzierung weitere Zinsbelastungen entstehen können. Im Gegenteil darf der Verbraucher aufgrund der seitens der Beklagten erfolgten Werbung gerade berechtigter Weise davon ausgehen, mit keinerlei Zinszahlungspflichten belastet zu werden, sodass entsprechend der auch vom Landgericht im Ergebnis zu Recht vertretenen Auffassung strenge Anforderungen an den im Streitfall erforderlichen klarstellenden Hinweis zu stellen sind.

Die streitgegenständlichen Hinweise sind bereits der Art ihrer Darstellung nach nicht hinreichend klar. Selbst wenn man – was der Senat im vorliegenden Fall zugunsten der Beklagten unterstellt – im Hinblick auf die streitgegenständlichen hochpreisigen Produkte davon ausgeht, dass der angesprochene Verbraucher angesichts der wirtschaftlichen Tragweite der entsprechenden Kaufentscheidung dem Sternchenvermerk nachgeht, kann dessen Inhalt von dem angesprochenen Durchschnittsverbraucher innerhalb der ohne erkennbare Absätze aneinandergereihten Liste verschiedener Klarstellungen nicht hinreichend klar zur Kenntnis genommen werden. Angesichts der eindeutigen blickfangmäßigen Bewerbung der 0%-Finanzierung und der daraus resultierenden Erwartung einer auch im Übrigen nicht bestehenden Zinsbelastung ist insoweit zu erwarten, dass die Beklagte, die als verantwortliche Anbieterin einem Kunden mit der 0%-Finanzierung zugleich eine dessen Erwartungshaltung kontrastierenden Rahmenkreditvertrag mit potentiell erheblicher Zinsbelastung vermitteln will, einen Hinweis so gestaltet, dass sich dieser seiner Darstellung nach der blickfangmäßig beworbenen 0%-Finanzierung entsprechend dem Kunden leicht erkennbar und klar erschließt. Diesen Anforderungen wird der streitgegenständliche Hinweis aber nicht gerecht. Schriftart und -größe sind im Vergleich zu der im Übrigen erfolgten Gestaltung der jeweiligen Online-Shops ersichtlich unauffällig und nur schwer leserlich gestaltet. Gleiches gilt für die von der Beklagten im Vergleich zu den sonstigen Textdarstellungen gewählte magere Schriftstärke. In ausgedruckter Form sind die Hinweise, wie aus Anlagen K 3 und K 4 ersichtlich, allenfalls bei höchster Konzentration unter Zuhilfenahme von Seh- oder Lesehilfen entzifferbar.

Nichts anderes ergibt sich insoweit auch aus dem Argument der Beklagten, dass der Verbraucher seinerseits den Text über die sogenannte Zoomfunktion vergrößern und jedenfalls sodann klar wahrnehmen könne. Hierzu hat der Verbraucher im vorliegenden Fall angesichts der durch die eindeutige Blickfangwerbung geweckten Erwartung, keinerlei Zinsbelastungsrisiken ausgesetzt zu sein, bereits keinen Anlass. Will der verantwortliche Betreiber eines Online-Shops einem Kunden einen Vertragsschluss vermitteln, der ihn zu einer Leistung verpflichtet (hier: mögliche Zinsbelastung), welche gerade im Gegensatz zu der durch eine Blickfangwerbung geweckten Erwartungshaltung (hier: keinerlei Zinsbelastung) steht, hat vielmehr der Anbieter selbst dafür Sorge zu tragen, dass entsprechende Hinweise hardwareunabhängig mittels geeigneter Voreinstellungen des von ihm gestalteten Online-Shops leicht zur Kenntnis genommen werden können. Dies ist vorliegend indes nicht der Fall. Vielmehr geht der Hinweis auf den zusätzlichen Abschluss eines Rahmenkreditvertrages samt möglicher zusätzlicher Zinsbelastung dem Gesamteindruck der Gestaltung der streitgegenständlichen Online-Shops nach in dem einheitlichen Textblock verschiedenster Hinweise unter, sodass zumindest ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Durchschnittsverbraucher diesen nicht zur Kenntnis nehmen wird (vgl. BGH, Urt. v. 15.10.2015, Az. I ZR 260/14, GRUR 2016, 207 Tz. 20 – All Net Flat).

Darüber hinaus sind auch die Umstände der 0%-Finanzierung und der in diesem Zusammenhang erfolgten Kreditvergabe durch das Kreditinstitut BNP P. ihrem Inhalt nach nicht hinreichend klar und unmissverständlich erläutert. Ergänzend zu den insoweit zutreffenden Ausführungen des Landgerichts (Bl. 88/89 d. Akte, dort: Ziff. 2.2.4) ist insoweit darauf hinzuweisen, dass insbesondere auch die Formulierung, dass „danach und für alle weiteren Verfügungen“ der veränderliche Sollzinssatz „(jährlich) 14,84% (15,9% effektiver Jahreszinssatz)“ betrage, missverständlich ist. Die Beklagte trägt zwar gemäß Rn. 33 ihrer Berufungsbegründung vom 12.09.2022 (Bd. 2, Bl. 22 d. Akte) vor, dass die 0%-Finanzierung auch für alle weiteren Produktangebote ihres Online-Shops gälte, sofern diese ebenfalls mit „0% Finanzierung“ beworben würden. Dem Wortlaut des von der Beklagten verwendeten Hinweises zufolge ist aber eine Auslegung gerade nicht ausgeschlossen, wonach im Falle einer Finanzierung eines jeden weiteren über den jeweiligen Online-Shop der Beklagten getätigten Erwerbsgeschäfts der vorstehende genannte veränderliche Sollzinssatz fällig wird. Hinzu kommt, dass jedwede nähere Erläuterung zu den Nutzungsbedingungen der dem Hinweis zu Folge einem Verbraucher zur Verfügung gestellten MasterCard fehlt. Insoweit bleibt es für den Verbraucher insbesondere unklar, ob er den veränderlichen Sollzinssatz schon bei jeder weiteren Bestellung über den fraglichen Online-Shop der Beklagten zu bezahlen hat oder ob dies nur bei gesonderter Inanspruchnahme der Master-Card zur Finanzierung von Produkten dritter Anbieter der Fall ist.

Die Beklagte kann dem auch nicht entgegenhalten, mit den Angaben zum Abschluss des Rahmenkreditvertrages lediglich gesetzliche Informationspflichten erfüllt zu haben. Diese von dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten als solche bezeichnete Dilemmasituation ist aber unter dem Gesichtspunkt des wettbewerbsrechtlichen Irreführungsverbotes bereits aus dem Grund in rechtlicher Hinsicht unbeachtlich, weil die vermeintliche Pflichtenkollision gerade nicht unvermeidlich ist, sondern allein auf die von der Beklagten selbst getroffene geschäftliche Entscheidung zurückgeht, dem Kunden eine Warenfinanzierung in Verbindung mit einem mit dem Finanzierungspartner zusätzlich abzuschließenden Rahmenkreditvertrag anzubieten. Wie der streitgegenständliche Hinweis der Beklagten selbst auf die weiteren Finanzierungspartner zeigt, ist eine 0%-Finanzierung dagegen zweifellos auch in der Gestaltung eines auf das entsprechende Erwerbsgeschäft beschränkten Ratenkredits möglich und wird so von der Beklagten selbst in anderen Fällen wie etwa beim Erwerb in physischen Ladengeschäften auch praktiziert. Vor diesem Hintergrund kann der Senat die Frage offenlassen, ob die mit Blick auf den dem Verbraucher mit dem Abschluss einer 0%-Finanzierung zugleich vermittelten Rahmenkreditvertrag in dem streitgegenständlichen Hinweis enthaltenen Informationen überhaupt den sich insbesondere aus § 491a BGB i.V.m. Art. 247 § 3 EGBGB ergebenden strengen gesetzlichen Anforderungen entsprechen (zur Anwendbarkeit der §§ 491 ff. BGB auf Zahlungsinstrumente mit Rahmenkreditabrede siehe etwa Jungmann, in Ellenberger/Bunte, Bankrechts-Handbuch, 6. Aufl. 2022, § 56 Rn. 57).

Darüber hinaus ist auch der auf Homepage des Online-Shops der Beklagten enthaltene Link „0%-Finanzierung“ nicht geeignet, die Irreführung zu beseitigen. Zwar ist der Text insoweit zumindest leicht leserlich. Ungeachtet dessen ist aber der nach dem insoweit unstreitigen Parteivortrag mit den streitgegenständlichen Sternchenvermerken identische Text – wie ausgeführt – seinem Inhalt nach nicht hinreichend klar und verständlich. Letztlich kommt es hierauf aber gar nicht an. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann in Fällen, in denen eine blickfangmäßige Werbung bei isolierter Betrachtung eine fehlerhafte Vorstellung vermittelt, der dadurch veranlasste Irrtum regelmäßig nur durch einen solchen klaren und unmissverständlichen Hinweis ausgeschlossen werden, der seinerseits selbst am Blickfang teilhat (BGH, Urt. v. 15.10.2015, Az. I ZR 260/14, Tz. 16 m.w.N. – All Net Flat). Diese Voraussetzung ist indes hinsichtlich des in der Titelleiste der Homepage der Online-Shops der Beklagten enthaltenen Links „0%-Finanzierung“ nicht erfüllt. Denn der fragliche Link ist in der Titelzeile der Online-Shops der Beklagten enthalten und nimmt somit aufgrund der sich daraus ergebenden klaren optischen Trennung nicht an der unterhalb der jeweiligen Preisangabe enthaltenen blickfangmäßigen Bewerbung der für das konkrete Produkt angebotenen 0%-Finanzierung teil.

bb) Die nach alledem vorliegende Irreführung ist wettbewerblich relevant. Die wettbewerbliche Relevanz ergibt sich – wie das Landgericht zutreffend ausführt – bereits aus der mit der streitgegenständlichen Blickfangwerbung verbundenen Anlockwirkung. Denn eine wie hier blickfangmäßig beworbene 0%-Finanzierung veranlasst den angesprochenen Durchschnittsverbraucher gerade dazu, sich mit dem Erwerb der entsprechenden hochpreisigen Waren näher auseinanderzusetzen (vgl. BGH, Urt. v. 28.04.2016, Az. I ZR 23/15, MMR 2015, 680 Tz. 35 – Geo-Targeting; OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 16.09.2021, Az. 6 U 133/20, GRUR-RR 2022, 94 Tz. 20; Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, 41. Aufl. 2023, § 5 Rn. 1.195 m.w.N.).


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



BGH: Blickfangmäßige Werbung mit All Net Flat - aufklärender Hinweis zu Einschränkungen des Leistungsumfangs müssen klar und deutlich erkennbar sein

BGH
Urteil vom 15.10.2015
I ZR 260/14
All Net Flat
UWG § 5 Abs. 1


Der BGH hat entschieden, dass bei blickfangmäßigen Werbeaussagen (hier: All Net Flat ) ein aufklärender Hinweis zu Einschränkungen des Leistungsumfangs klar und deutlich erkennbar sein müssen.

Leitsatz des BGH:

Die Annahme, der Verbraucher werde die Einschränkung einer blickfangmäßig herausgestellten Werbeaussage durch eine andere Aussage in der Werbung erkennen, zu der er nicht durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis an der blickfangmäßig herausgestellten Aussage hingeführt wird, ist nur unter engen Voraussetzungen gerechtfertigt (Ergänzung zu BGH, Urteil vom
18. Dezember 2014 - I ZR 129/13, GRUR 2015, 698 Rn. 16 = WRP 2015, 851 - Schlafzimmer komplett).

BGH, Urteil vom 15. Oktober 2015 - I ZR 260/14 - OLG Karlsruhe - LG Offenburg

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